23.11.2017 Aufrufe

A publication in the framework of the exhibition "Zeich(n)en vom Wandel - Vom revolutionären zum post-postsowjetischen Raum"

The solo exhibition by Victoria LOMASKO takes place at the University library of the Ruhr-Universität Bochum, Germany from November 8th through December 30th. Curator of the show Timur H KISELEV.

The solo exhibition by Victoria LOMASKO takes place at the University library of the Ruhr-Universität Bochum, Germany from November 8th through December 30th. Curator of the show Timur H KISELEV.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sechste schuldet se<strong>in</strong>em Arbeitgeber Geld und wird dadurch zu e<strong>in</strong>er Geisel, es lieg<strong>en</strong><br />

Fälle von Arbeitssklaverei vor.<br />

Der vielleicht auffälligste Unterschied zwisch<strong>en</strong> dem russisch<strong>en</strong> Modell und e<strong>in</strong>ig<strong>en</strong><br />

europäisch<strong>en</strong> Gesellschaft<strong>en</strong> ist das Fehl<strong>en</strong> e<strong>in</strong>er ausgeprägt<strong>en</strong> städtisch<strong>en</strong> Segregation<br />

– ethnischer Enklav<strong>en</strong> und Ghettos. Wie auch <strong>in</strong> Deutschland besuch<strong>en</strong> K<strong>in</strong>der<br />

von Migrant<strong>en</strong> öff<strong>en</strong>tliche Schul<strong>en</strong> und werd<strong>en</strong> <strong>in</strong> all<strong>en</strong> Fächern auf Russisch unterrichtet.<br />

In d<strong>en</strong> letzt<strong>en</strong> 20 Jahr<strong>en</strong> ist e<strong>in</strong>e neue G<strong>en</strong>eration aufgewachs<strong>en</strong>, die sozial<br />

und kulturell <strong>in</strong>tegriert ist, <strong>in</strong> der Produktion, im Handel und im kulturell<strong>en</strong> Bereich<br />

tätig ist. Das wichtigste und spann<strong>en</strong>dste Elem<strong>en</strong>t des <strong>post</strong>kolonial<strong>en</strong> Zustandes ist<br />

jedoch die befristete Arbeitsmigration. In der russisch<strong>en</strong> kollektiv<strong>en</strong> Wahrnehmung<br />

s<strong>in</strong>d Straß<strong>en</strong>arbeiter oder Re<strong>in</strong>igungskräfte <strong>in</strong> orang<strong>en</strong>er Uniform zu e<strong>in</strong>er typisch<strong>en</strong><br />

Figur geword<strong>en</strong>, so wie das Klischee des türkisch<strong>en</strong> Döner-Verkäufers <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Das Bild e<strong>in</strong>er verletzlich<strong>en</strong> und unangepasst<strong>en</strong> M<strong>in</strong>derheit kontrastiert <strong>in</strong> Russland,<br />

wie auch <strong>in</strong> ander<strong>en</strong> Gesellschaft<strong>en</strong>, mit der wirtschaftlich<strong>en</strong> und sozial<strong>en</strong> Rolle der<br />

Gr<strong>en</strong>zbewohner. Der Anteil der E<strong>in</strong>wanderer aus d<strong>en</strong> Nachbarländern beträgt knapp<br />

10 % der russisch<strong>en</strong> Bevölkerung. Etwa e<strong>in</strong> Drittel davon ist im Baugewerbe beschäftigt,<br />

e<strong>in</strong> Viertel im Di<strong>en</strong>stleistungssektor, etwas mehr als e<strong>in</strong> Zehntel im Handel.<br />

Noch spürbarer ist dieser <strong>post</strong>koloniale Effekt <strong>in</strong> d<strong>en</strong> Gesellschaft<strong>en</strong>, welche für die<br />

Suche nach dem Glück verlass<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>. In e<strong>in</strong>ig<strong>en</strong> Region<strong>en</strong> bildet die Hälfte der<br />

erwachs<strong>en</strong><strong>en</strong> Bevölkerung die Arbeitsmigration. Russland nimmt d<strong>en</strong> dritt<strong>en</strong> Platz<br />

nach d<strong>en</strong> USA und Saudi-Arabi<strong>en</strong> unter d<strong>en</strong> Ländern e<strong>in</strong>, aus d<strong>en</strong><strong>en</strong> Geldüberweisung<strong>en</strong><br />

<strong>in</strong>s Ausland getätigt werd<strong>en</strong>. In d<strong>en</strong> letzt<strong>en</strong> Jahr<strong>en</strong> mach<strong>en</strong> diese Transfers e<strong>in</strong><br />

Volum<strong>en</strong> <strong>in</strong> Höhe von 30 % (Kirgisistan) und sogar 50 % (Tadschikistan) der Volkswirtschaft<br />

aus.<br />

Migrant<strong>en</strong> mach<strong>en</strong> sich Sorg<strong>en</strong> über ihre Akzeptanz und Integration <strong>in</strong> der russisch<strong>en</strong><br />

Gesellschaft. Für sie s<strong>in</strong>d die Hauptprobleme das Erlern<strong>en</strong> der russisch<strong>en</strong><br />

Sprache und Ausbildung, Arbeitsuche und Sicherheit, soziale Fe<strong>in</strong>dseligkeit und <strong>in</strong>stitutioneller<br />

Rassismus, Erhalt ihrer Id<strong>en</strong>tität und Befriedigung ihrer Konsumbedürfnisse.<br />

Aus dem „groß<strong>en</strong> Bruder“, welch<strong>en</strong> Russland lange Zeit nach 1917 darstellte,<br />

wurde e<strong>in</strong> Ort der Erfolge, Gefahr<strong>en</strong>, Träume, Leid<strong>en</strong>, Karrier<strong>en</strong> für M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> aus<br />

b<strong>en</strong>achbart<strong>en</strong> Gesellschaft<strong>en</strong>, zu welch<strong>en</strong> die Art der Beziehung nach wie vor noch<br />

e<strong>in</strong>e <strong>of</strong>f<strong>en</strong>e Frage ist.<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!