03.01.2018 Aufrufe

interesse_06_2017

In der Ausgabe 6/2017 widmet sich inter|esse folgenden Schwerpunkten: Anpassung der Wirtschafts- und Währungsunion, Sind treue Bankkunden bequem oder einfach zufrieden?, Wohneigentum: Eine Frage des Mögens und des Vermögens, Bitcoin: Es könnte mit einem Crash enden

In der Ausgabe 6/2017 widmet sich inter|esse folgenden Schwerpunkten: Anpassung der Wirtschafts- und Währungsunion, Sind treue Bankkunden bequem oder einfach zufrieden?, Wohneigentum: Eine Frage des Mögens und des Vermögens, Bitcoin: Es könnte mit einem Crash enden

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

inter|esse<br />

Ausgabe 6 ◆ <strong>2017</strong><br />

Banken und Gesellschaft<br />

Sind treue Bankkunden bequem<br />

oder einfach zufrieden? S. 4<br />

Wohneigentum: Eine Frage<br />

des Mögens und des Vermögens S. 6<br />

Bitcoin:<br />

Es könnte mit einem Crash enden S. 8<br />

Europa erneuern<br />

Die Wirtschafts- und Währungsunion anpassen<br />

In die europäische Reformdebatte ist Schwung gekommen:<br />

Der französische Staatspräsident hat vielfältige<br />

Denkanstöße geliefert und die EU-Kommission Anfang<br />

Dezember einen Fahrplan für die Vertiefung der Wirtschafts-<br />

und Währungsunion vorgelegt. Auch eine neue<br />

Bundesregierung wird sich, sobald sie im Amt ist, zur<br />

Weiterentwicklung Europas positionieren. Aus Sicht der<br />

privaten Banken sind Anpassungen der Europäischen<br />

Wirtschafts- und Währungsunion ein wichtiger Reformbaustein.<br />

Mit einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier<br />

beteiligt sich der Bankenverband an der Debatte.<br />

Der folgende Beitrag fasst die Kernpunkte zusammen.<br />

Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion hat<br />

stürmische Zeiten hinter sich. Zunächst war auch die<br />

Eurozone von der internationalen Finanzmarktkrise betroffen.<br />

Ihr folgte ab Anfang 2010 die Staatsschuldenkrise.<br />

Die unmittelbaren Folgen dieser Krise wurden<br />

mit Notmaßnahmen bekämpft, mit denen es gelang<br />

die Stabilität des Euroraums inzwischen wieder weitgehend<br />

zu festigen. Offenkundig ist aber, dass für eine<br />

dauerhafte Stabilisierung grundlegende Reformen in<br />

den Eurostaaten sowie auf Gemeinschaftsebene unverzichtbar<br />

sind. Wesentliche Grundprinzipien, denen sie<br />

folgen sollten, sind:<br />

Wachstum durch Wettbewerbsfähigkeit<br />

Ein stetiges und hinreichend starkes Wirtschaftswachstum<br />

ist eine zentrale Voraussetzung für ein hohes<br />

Beschäftigungsniveau und für solide soziale Sicherungssysteme.<br />

Dabei bildet der europäische Binnenmarkt den<br />

Kern für das wirtschaftliche, gesellschaftliche und auch<br />

politische Zusammenwachsen in Europa. eder Mitgliedstaat<br />

muss dabei selbst wesentlich zu seiner eigenen<br />

Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Nur auf der Ebene der<br />

Mitgliedstaaten sind Herausforderungen im Bereich der


Bildung, der Innovation oder der Infrastruktur zu lösen,<br />

und nur dort kann der demografische Wandel einschließlich<br />

seiner Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme<br />

bewältigt werden.<br />

Entscheidung und Verantwortung gehören auf dieselbe<br />

Ebene<br />

Die gemeinsame Wahrnehmung von Entscheidungsmacht<br />

auf Gemeinschaftsebene muss mit entsprechender<br />

Verantwortung und Haftung eben auf der<br />

Gemeinschaftsebene einhergehen. Umgekehrt gilt, dass<br />

die Mitgliedstaaten die Konsequenzen von Politik, die<br />

auf ihrer Ebene verantwortet wird, nicht auf die Gemeinschaftsebene<br />

abschieben dürfen.<br />

Die gemeinsame Wahrnehmung von Souveränität auf<br />

der Gemeinschaftsebene funktioniert nicht immer nach<br />

dem staatsrechtlichen Lehrbuch. Gemeinsam festgelegte<br />

Regeln können– wenn sie respektiert und als bindend<br />

betrachtet werden – als Zwischenlösung dienen, solange<br />

auf der zentralen Ebene noch nicht alle (demokratischen)<br />

„Check and Balance“-Instrumente aufgebaut sind.<br />

Integration, Subsidiarität und Solidarität sind kein<br />

Widerspruch<br />

Bei der Fortsetzung der europäischen Integration wird<br />

es keine einheitliche Lösung geben: Manche Fragen wie<br />

die Binnenmarktintegration oder die Außen- und Sicherheitspolitik<br />

sind zwingend europäisch zu lösen. In vielen<br />

Fragen – beispielsweise der Wirtschaftsförderung oder<br />

der Bildungspolitik – besteht dieser Bedarf nicht. Lösungsansätze<br />

sollten dem Subsidiaritätsprinzip folgend<br />

auf Ebene der Mitgliedstaaten oder auch regionaler Ebene<br />

darunter angegangen werden, wenn eine Lösung auf<br />

europäischer Ebene nicht zwingend erforderlich ist.<br />

In der aktuellen Situation sind Änderungen der europäischen<br />

Verträge sowohl langwierig als auch mit erheblichen<br />

politischen Risiken belastet. Die Fortentwicklung der<br />

Wirtschafts- und Währungsunion sollte deshalb bis auf<br />

weiteres im Rahmen der bestehenden Verträge oder über<br />

die intergouvernementale Methode verfolgt werden.<br />

Für ein Europa der variablen Schnittmengen<br />

Zur europäischen Realität gehört heute, dass zwischen<br />

den Mitgliedstaaten kein vollständiger Konsens darüber<br />

besteht, auf welchen Feldern und in welchem Maße die<br />

europäische Integration fortgesetzt werden soll. Dies ist<br />

zu bewältigen, solange ein Kernbestand an gemeinsamen<br />

Auffassungen – zum Beispiel zum Binnenmarkt und<br />

zur Rechtsstaatlichkeit – besteht und Staaten, die schneller<br />

vorangehen wollen, daran nicht gehindert werden.<br />

Ein Europa der variablen Schnittmengen, bei dem die Mitgliedstaaten<br />

in unterschiedlichen Formaten und Zusammensetzungen<br />

einzelne Integrationsschritte mittragen,<br />

wird für lange Zeit die europäische Realität bestimmen.<br />

Voraussetzung eines solchen Modells der abgestuften<br />

Integrationstiefe sind Transparenz und die Möglichkeit<br />

der europäischen Staaten, auf Wunsch an bestimmten<br />

Integrationsschritten ebenfalls teilzunehmen.<br />

Projekte zur notwendigen Anpassung der Wirtschaftsund<br />

Währungsunion sind:<br />

2 inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong>


ankenverband<br />

Erweiterung der Eurozone<br />

Für die Eurozone gibt es ein klares und gültiges Vertragswerk,<br />

das die Mitgliedschaft sowie den Beitritt zur<br />

Währungsunion regelt. Die privaten Banken sind davon<br />

überzeugt, dass langfristig der Beitritt aller EU-Mitgliedstaaten<br />

zur Währungsunion ökonomisch und politisch<br />

sinnvoll ist – vorausgesetzt, die vertraglichen Grundlagen<br />

sind erfüllt. Die wichtigste Aufgabe liegt in der Fortentwicklung<br />

der EWWU; ein Zwang zum Beitritt gegen<br />

den Willen eines Mitgliedstaates kann es nicht geben.<br />

Europäischer Währungsfonds<br />

Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) sollte zu<br />

einem Europäischen Währungsfonds (EWF) ausgebaut<br />

werden. Dieser wäre dann vor allem mit der laufenden<br />

Haushaltsüberwachung der Mitgliedstaaten, den daraus<br />

abgeleiteten Empfehlungen an die Euro-Gruppe<br />

sowie der Koordinierung einer Notfallfazilität für Mitgliedstaaten<br />

mit Zahlungsproblemen zu betrauen.<br />

Für die Überwachung des vorgegebenen haushaltspolitischen<br />

Rahmens der Mitgliedstaaten muss dem EWF<br />

eine überzeugende Autorität verliehen werden. Mit<br />

der Bereitstellung von Finanzhilfen sollten zudem Auflagen<br />

und Durchgriffsrechte auf die nationale Haushaltspolitik<br />

verbunden sein. Klar muss aber sein, dass<br />

die Eurostaaten als ESM-Eigner die Verfügungsgewalt<br />

über den Fonds in ihrer Hand behalten und sie nicht<br />

der Kommission übertragen sollte.<br />

Eurozonen-Budget<br />

Neben dem EWF mit einer Notfall-Fazilität für Mitgliedstaaten<br />

mit Zahlungsproblemen wäre auch die Einrichtung<br />

von zwei zweckgebundenen Eurozonen-Fazilitäten<br />

sinnvoll. Eine erste Fazilität könnte für besondere Notfälle,<br />

wie etwa Naturkatastrophen oder schwere, asymmetrische<br />

konjunkturelle Schocks, zur Verfügung stehen<br />

(„Rainy-Day-Fonds“). Aufgabe der zweiten Fazilität wäre<br />

es, notwendige strukturelle Reformen in den Mitgliedstaaten<br />

zu fördern (Strukturanpassungsmittel). Beide<br />

Fazilitäten sollten durch Zuweisungen der Mitgliedstaaten<br />

finanziert werden. Ein weitergehender Haushalt der<br />

Eurozone erscheint hingegen nicht erforderlich.<br />

Euro-Finanzminister<br />

Solange nicht alle EU-Mitgliedstaaten auch den Euro<br />

als Währung haben, kann der Euro-Finanzminister nur<br />

ein Vertreter der Euro-Zone sein. Analog zum Ratspräsidenten<br />

sollte er ebenfalls hauptamtlich arbeiten.<br />

Seine Aufgaben sollten den Vorsitz der Euro-Gruppe<br />

sowie die Außenvertretung der Euro-Staaten in Währungsfragen<br />

umfassen. Zudem läge die Verwaltung<br />

der neu zu schaffenden Eurozonen-Fazilität in seinem<br />

Verantwortungsbereich.<br />

Die demokratische Legitimierung des Euro-Finanzministers<br />

und der von ihm verwalteten Fazilitäten erfolgt<br />

durch die Nationalstaaten, insbesondere ihre Zustimmung<br />

zur Finanzierung und Mittelverwendung. Ein besonderes<br />

Parlament für die Länder der Währungsunion<br />

ist für diese Integrationsschritte nicht notwendig.<br />

Das vollständige Positionspapier zum Download unter:<br />

bankenverband.de/fachthemen<br />

inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong> 3


Kontenwechsel:<br />

Sind treue Bankkunden bequem oder einfach zufrieden?<br />

Zwei Drittel der Bundesbürger (67 %) haben noch nie<br />

ihre Hauptbank gewechselt. Und bei dem Drittel, das<br />

dies doch schon einmal getan hat, liegt es in den meisten<br />

Fällen länger zurück. Denn nur sieben Prozent der<br />

Kunden haben den Wechsel in den letzten drei Jahren<br />

vollzogen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des<br />

Bankenverbands hervor.<br />

Was treibt die Deutschen um, ihre Bank zu wechseln,<br />

oder aber ihr treu zu bleiben? Dass ein Bankkontenwechsel<br />

für den Verbraucher selbst mit hohen Kosten<br />

oder größere Mühen verbunden wäre, kann heute eigentlich<br />

nicht mehr das schlagende Argument sein.<br />

Neben den schon bis dahin vielfältigen Angeboten der<br />

Banken für einen „Kontoumzugsservice“ haben die Verbraucher<br />

seit September 2016 auch einen gesetzlichen<br />

Anspruch darauf, dass ihre Bank ihnen beim Kontowechsel<br />

umfassend hilft, ihnen die Arbeit fast vollständig<br />

abnimmt.<br />

Von der gesetzlich geregelten Kontowechselhilfe hat<br />

nach der repräsentativen Umfrage, die die Gesellschaft<br />

für Konsumforschung (GfK) gerade unter 1.000 Bundesbürgern<br />

im Auftrag des Bankenverbands durchgeführt<br />

hat, auch schon fast jeder Zweite (45 %) gehört. Davon<br />

Gebrauch gemacht haben allerdings bisher die wenigsten.<br />

Von denjenigen, die ihr Kreditinstitut schon einmal<br />

wechselten, geben 13 Prozent an, die Wechselhilfe in<br />

Anspruch genommen zu haben; das entspricht nur etwa<br />

vier Prozent aller Befragten.<br />

Hohe Zufriedenheit mit Leistungen der Hausbank<br />

Aus den Ergebnissen der Umfrage ergibt sich für die<br />

geringe Wechselbereitschaft der Verbraucher unterdessen<br />

eine relativ einfache Erklärung. Die allermeisten<br />

Bankkunden sind schlicht mit ihrer Bank im Großen und<br />

Ganzen zufrieden. 84 Prozent geben das an: 56 Prozent<br />

sagen, sie seien mit den Dienstleistungen ihres Kreditinstituts<br />

„zufrieden“, weitere 28 Prozent sind damit „sehr<br />

zufrieden“.<br />

Nur wer schon einmal gewechselt hat (33 %), gibt als<br />

Grund dafür mit jeweils rund einem Drittel auch „Unzufriedenheit“,<br />

„Kostengründe“ oder „eigenen Umzug“<br />

an. Die große Mehrheit der Kunden aber, die noch nie<br />

der Hausbank den Rücken gekehrt haben, sieht keinen<br />

Grund, über einen solchen Schritt nachzudenken. Lediglich<br />

17 Prozent von ihnen, und damit nur neun Pro-<br />

„Mit den Dienstleistungen meiner<br />

Bank bin ich…“<br />

„Ich habe meine Hauptbank...“<br />

Gedanken an einen Bankwechsel<br />

sehr<br />

unzufrieden<br />

unzufrieden<br />

10<br />

keine<br />

Dienstleistung<br />

3<br />

3<br />

28<br />

sehr<br />

zufrieden<br />

...schon einmal<br />

gewechselt<br />

33<br />

ja<br />

...in den letzten<br />

3 Jahren gewechselt<br />

7<br />

17<br />

Nur Befragte, die noch nie die<br />

Hauptbank gewechselt haben<br />

ja<br />

56<br />

67<br />

nein<br />

93<br />

83<br />

nein<br />

Ernsthaft über einen<br />

Wechsel nachgedacht?<br />

zufrieden<br />

Quelle: Bankenverband/GfK; Oktober <strong>2017</strong>; Angaben in Prozent.<br />

4 inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong>


ankenverband<br />

zent aller Befragten, geben an, dass sie jemals einen<br />

Wechsel ernsthaft in Erwägung gezogen hätten.<br />

Ist der Deutsche damit per se ein „Wechselmuffel“? Oder<br />

liegt es gar an den Kreditinstituten, dass die Verbraucher<br />

in Sachen Kontowechsel nicht mobiler sind? Wer das Argument<br />

einmal aus der Perspektive der Banken betrachtet,<br />

wird schnell feststellen, dass die Institute sich kaum<br />

etwas mehr wünschen, als Kundenmobilität – freilich<br />

Gründe für einen Bankwechsel<br />

Nur Befragte, die schon einmal die Bank gewechselt haben (33 %).<br />

vorwiegend in Richtung des eigenen Instituts. Um Neukunden<br />

zu gewinnen und aktuelle zu halten, gibt es in<br />

der Finanzwirtschaft hierzulande einen harten Wettbewerb.<br />

Ein solcher Anbieter-Wettbewerb ist das eine Kernstück<br />

einer erfolgreichen Marktwirtschaft, ein gut informierter<br />

Verbraucher, der unter den vielen Angeboten selbstbestimmt<br />

wählen kann, das andere. Muss man aber deshalb<br />

jedes halbe Jahr die Bank wechseln,<br />

um ein „guter“ Verbraucher zu sein und<br />

jeden noch so kleinen (Preis-)Vorteil mitzunehmen?<br />

Mit dem Service der Bank unzufrieden<br />

Aus Kostengründen / günstigere Alternative<br />

Umzug / Wohnortwechsel<br />

Schlechte Erreichbarkeit<br />

1<br />

Schließung der Bank / Bankfiliale<br />

2<br />

Private Gründe<br />

3<br />

Weiß nicht<br />

6<br />

Quelle: Bankenverband/GfK; Oktober <strong>2017</strong>; Mehrfachnennungen; Angaben in Prozent.<br />

33<br />

31<br />

31<br />

Dem Kunden, der – trotz der heute einfachen<br />

Möglichkeiten eines Kontowechsels<br />

– dies nicht möchte, sollte man kein<br />

schlechtes Gewissen einreden oder mit erhobenem<br />

Zeigefinger entgegentreten. Es<br />

ist sein gutes Recht und seine Freiheit als<br />

Verbraucher, die Wahl eines Kreditinstituts<br />

nach seinen Maßstäben und Vorstellungen<br />

vorzunehmen. Eine Kultur der schnellen<br />

Schnäppchenjägerei wäre gewiss nicht besser<br />

als eine Kultur, die von längerfristigen<br />

Kundenbindungen geprägt wird.<br />

inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong> 5


Wohneigentum:<br />

Eine Frage des Mögens und des Vermögens<br />

Die Zinsen für Darlehen sind weiterhin sehr günstig,<br />

Baukosten und Immobilienpreise in den letzten Jahren<br />

jedoch teilweise stark gestiegen. Letzteres macht Verbrauchern,<br />

die bisher nicht über Wohneigentum verfügen,<br />

aber von den eigenen vier Wänden träumen,<br />

die Entscheidung nicht unbedingt leichter. Wie eine<br />

internationale Studie im Auftrag der ING Bank zeigt,<br />

ist Wohneigentum zwar begehrt, viele zweifeln aber<br />

daran, ob sie es sich leisten können – in Deutschland<br />

sogar mehr als anderswo in Europa.<br />

Mieten oder Kaufen? – das Thema, das Generation um<br />

Generation immer wieder von neuem umtreibt, ist in<br />

den meisten Fällen nicht nur eine Frage des Mögens,<br />

sondern auch des Vermögens! Wenn es nur um das<br />

Mögen ginge, wäre die Sache schnell entschieden. Wie<br />

eine in 13 europäischen Ländern (sowie in den USA<br />

und Australien) im Auftrag der ING Bank durchgeführte<br />

Studie ergab, fällt das Urteil der Bevölkerung recht eindeutig<br />

aus: 60 Prozent von jenen, die zur Miete wohnen,<br />

wünschen sich schon ein eigenes Zuhause; bei den<br />

Jüngeren zwischen 18 und 34 Jahren sind es sogar 70<br />

Prozent. Umgekehrt möchte lediglich einer von zehn<br />

Befragten, die bereits in eigenen vier Wänden leben,<br />

(wieder) lieber zur Miete wohnen.<br />

Gleichzeitig geht aber fast die Hälfte der Befragten<br />

(48 %), die über keine eigene Immobilie verfügen, davon<br />

aus, dass sie sich auch künftig kein Wohneigentum<br />

wird leisten können. Die meisten mit einer solchen Einschätzung<br />

finden sich überraschenderweise mit je 56<br />

Prozent in Deutschland und Großbritannien.<br />

„Ich werde mir wahrscheinlich nie leisten können, Wohneigentum<br />

zu erwerben.“<br />

Anteile in Prozent: „stimme zu“ und „stimme sehr zu“*<br />

Europäische Verbraucher 48<br />

Türkei 29<br />

Rumänien 31<br />

Spanien 43<br />

Tschechische Republik 43<br />

Niederlande 44<br />

Polen 45<br />

Luxemburg 46<br />

Belgien 46<br />

Österreich 48<br />

Italien 48<br />

Frankreich 53<br />

Deutschland 56<br />

Großbritannien 56<br />

Quelle: ING-Bank/Ipsos, Juni <strong>2017</strong>; *nur Befragte, die kein Wohneigentum besitzen. Angaben in Prozent.<br />

Wohneigentum hoch im Kurs<br />

Das bedeutet aber nicht, dass die „Europäer“<br />

insgesamt oder die Mehrzahl<br />

der Deutschen mit ihrer Wohnsituation<br />

unglücklich wären. Im Gegenteil: Sieben<br />

von zehn aller Befragten und zwei<br />

Drittel der Deutschen (66 %) zeigen<br />

sich damit sogar ausgesprochen zufrieden.<br />

Allerdings gibt es Unterschiede: 78<br />

Prozent der Eigentümer sagen, sie seien<br />

zufrieden, bei den Mietern sind es<br />

mit 59 Prozent deutlich weniger.<br />

Vielleicht liegt dies nicht alleine an<br />

den Eigentumsverhältnissen. Naheliegend<br />

ist, dass Käufer von Immobilien<br />

im Durchschnitt finanziell besser gestellt<br />

sind und über einen allgemein<br />

höheren Lebensstandard verfügen.<br />

Tatsache bleibt aber, dass Wohneigentum<br />

in allen untersuchten Ländern<br />

generell positiv bewertet wird: Zwei<br />

Drittel meinen, dass jeder Wohneigentum<br />

erwerben würde, wenn er es sich<br />

denn leisten könne. Fast ebenso viele<br />

6 inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong>


ankenverband<br />

(65 %) sehen Immobilienbesitz als ein äußeres Zeichen Zur Studie<br />

von Erfolg; am häufigsten wird diese Einschätzung in Die Umfrage wurde im Juni <strong>2017</strong> vom Marktforschungsinstitut<br />

Polen (72 %) geteilt, gefolgt von der Türkei und Rumänien<br />

Ipsos im Auftrag der ING-Bank unter rund 15.000<br />

(je 70 %) sowie Italien (68 %). Nicht nur angesichts Personen aus 13 europäischen Ländern sowie den USA<br />

der in vielen Ländern steigenden Immobilienpreise und Australien durchgeführt. Aus jedem Land stammten<br />

durchaus plausibel, halten auch zwei Drittel (68 %) aller rund 1.000 Befragte, mit Ausnahme Luxemburgs mit 500<br />

in den europäischen Ländern Befragten den Kauf von Befragten. Der hier veröffentlichte Beitrag bezieht sich<br />

Wohneigentum für eine kluge Finanzentscheidung. Nur ausschließlich auf die in den europäischen Ländern erhobenen<br />

acht Prozent meinen das vom Mieten einer Immobilie.<br />

Daten aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Groß-<br />

britannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich,<br />

Mieter versus Eigentümer<br />

Polen, Rumänien, Spanien, Tschechische Republik und<br />

Natürlich kann es auch gute Gründe geben, die für Türkei, nicht auf jene der USA und Australiens. Alle Daten<br />

das Mieten sprechen. Eine höhere räumliche Mobilität der Studie unter: https://think.ing.com/reports/homesand-mortgages-renting-versus-owning-november-<strong>2017</strong>/<br />

etwa oder mehr Flexibilität bei Veränderungen der jeweilige<br />

Familien- bzw. Lebenssituation.<br />

Dabei stimmen mit rund<br />

der Hälfte der Befragten (49 %)<br />

die Deutschen der Sichtweise am<br />

„‘Es ist eine kluge Finanzentscheidung.‘ Trifft dies eher auf Mieten zu, auf<br />

Kaufen, auf beides oder auf nichts von beidem?“<br />

häufigsten zu, dass Mieten eine<br />

Kaufen Beides Mieten Nichts<br />

höhere Flexibilität mit sich bringe<br />

als Kaufen. Ist ja logisch, wird man<br />

als in Deutschland Sozialisierter Europäische Verbraucher 68 13 8 11<br />

da denken, aber schon im Nachbarland<br />

Belgien stimmen mit 28<br />

Spanien 47 24 17 12<br />

Prozent kaum mehr als halb so<br />

Niederlande 66 16 7 12<br />

viele der These zu. 16 Prozent sagen<br />

Deutschland 66<br />

12 6 17<br />

dort, das Leben sei als Mieter<br />

einfacher, in Deutschland glaubt<br />

Österreich 67<br />

12 5 16<br />

das fast jeder Dritte (27 %).<br />

Italien 69<br />

16 8 8<br />

Türkei 70<br />

13 11 7<br />

In den Daten spiegelt sich, dass<br />

Großbritannien 71<br />

12<br />

6 12<br />

Deutschland mit seiner hohen<br />

Mietquote im internationalen<br />

Vergleich noch immer eher eine<br />

Mieternation denn ein Land der<br />

Wohneigentümer ist. Eine klare<br />

Rumänien 72<br />

Frankreich 73<br />

Belgien 78<br />

Polen 79<br />

15<br />

10<br />

9<br />

9<br />

7 7<br />

5 13<br />

10<br />

6 7<br />

mehrheitliche Präferenz für die<br />

Tschechische Republik 79<br />

9<br />

8<br />

eigene Immobilie zeigt sich nichtdestotrotz<br />

auch hierzulande.<br />

Luxemburg 83<br />

Quelle: ING-Bank/Ipsos, Juni <strong>2017</strong>, Angaben in Prozent.<br />

9<br />

6<br />

inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong> 7


Bitcoin:<br />

Es könnte mit einem Crash enden<br />

Die Kursentwicklung des Bitcoin kennt momentan nur<br />

eine Richtung: steil nach oben. Die Kryptowährung eilt<br />

von einem Allzeithoch zum nächsten und hat im zurückliegenden<br />

Jahr rund 1700 Prozent gut gemacht. Wen<br />

wundert es da, dass davon scharenweise Investoren<br />

angelockt werden – gerade in Zeiten ultraniedriger Zinsen.<br />

Doch Vorsicht ist geboten. Die völlig neue Art einer<br />

digitalen Internetwährung birgt viele Unbekannte. Historisch<br />

ist hingegen die Erfahrung: Wenn das Herdenverhalten<br />

überhandnimmt, ist der Absturz meist nicht weit.<br />

Seit dem 11. Dezember gibt es das erste Finanzprodukt,<br />

mit dem Bitcoins an regulierten Börsen gehandelt werden<br />

können. Mit dem Future ist es möglich, auf steigende<br />

oder fallende Kurse zu setzen, selbst wenn der Anleger<br />

nicht im Besitz eigener Bitcoins ist. Am ersten Börsentag<br />

in Chicago wurde der Terminkontrakt so lebhaft gehandelt,<br />

dass sein Preis mehrmals in die Höhe schoss und der<br />

Handel deshalb zeitweise ausgesetzt werden musste.<br />

Experten fürchten, dass die geplante Platzierung weiterer<br />

Bitcoin-Finanzprodukte an US-Börsenplätzen zu neuerlichen<br />

Marktverwerfungen führen könnte. Bitcoin sei keine<br />

Währung, sondern ein spekulatives Produkt, meinte etwa<br />

EZB-Ratsmitglied und österreichischer Notenbank-Gouverneur,<br />

Ewald Nowotny. Er brachte damit eine mögliche<br />

Regulierung von Cyber-Währungen ins Spiel. Eine potenzielle<br />

Gefahr für die Stabilität der Finanzmärkte sieht<br />

Nowotny, wenn sich zunehmend Menschen verleiten lassen,<br />

Kredite aufzunehmen, um sich damit an der Bitcoin-<br />

Spekulation zu beteiligen. Schon jetzt bestehe zudem die<br />

Sorge, dass digitale Währungen zur Geldwäsche oder<br />

anderen illegalen Finanztransaktionen genutzt werden.<br />

Auch die Deutsche Bundesbank hatte kürzlich vor der Unberechenbarkeit<br />

der Kryptowährung gewarnt.<br />

Bitcoins werden weder von Regierungen noch Zentralbanken<br />

herausgegeben. Die Währung wurde vielmehr<br />

von einer oder mehreren Privatpersonen unter dem Pseudonym<br />

„Satoshi Nakamoto“ entwickelt und basiert auf<br />

der sogenannten Blockchain-Technologie. Deren Nutzen<br />

ist für andere Anwendungsfälle im Kontext dezentraler<br />

Buchungs- und Beurkundungsvorgänge längst erkannt.<br />

Ein Vorteil ist, dass dabei alle Transaktionen in der Blockchain<br />

für die Marktteilnehmer transparent gespeichert<br />

werden. Die Anhänger der Cyber-Währung versprechen<br />

sich davon eine hohe Fälschungssicherheit. Mittlerweile<br />

findet Bitcoin als Zahlungsmittel jedoch kaum noch Verwendung.<br />

Viele hoffen eher darauf, dass Bitcoin, ähnlich<br />

wie Gold, irgendwann den Nimbus einer krisensicheren<br />

Anlageklasse erlangt.<br />

Tatsächlich haben Gold und Bitcoin einige Gemeinsamkeiten.<br />

So sind beide Investments auf „Wertaufbewahrung“<br />

ausgelegt, nicht darauf, eine realwirtschaftliche Rendite<br />

zu erzielen. Die Spekulation der Nachfrager richtet sich<br />

darauf, beim späteren Verkauf in Relation zum Kaufpreis<br />

einen Gewinn zu erlösen. Beide Investments ziehen ihren<br />

Wert auch aus dem Umstand, dass sie sich nicht beliebig<br />

vermehren lassen. Während Gold das Argument auf seiner<br />

Seite hat, dass es selbst über Jahrtausende hinweg nie<br />

wertlos wurde, lässt sich dies von der noch sehr jungen<br />

Digitalwährung natürlich nicht behaupten. Hier versetzt<br />

der Glaube an eine zukünftige Wertsteigerung die Berge.<br />

Gold hat als Edelmetall zudem in der realen Welt immer<br />

auch einen Wert an sich, der auf seinen Materialeigenschaften<br />

und vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten<br />

beruht. Neben dem nahezu unvergänglichen Platz in der<br />

Blockchain bleibt einem Bitcoin-Besitzer im Falle eines<br />

crashbedingten Totalverlusts hingegen allenfalls eine „virtuelle“<br />

Erinnerung.<br />

Impressum | Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken e. V., Postfach 040307, 10<strong>06</strong>2 Berlin | Verantwortlich: Oliver Santen<br />

Redaktion: Christian Jung, Telefon +49 30 1663-1293, annette.matthies-zeiss@bdb.de, bankenverband.de<br />

Druck: PieReg Druckcenter Berlin GmbH | Gestaltung: doppel:punkt redaktionsbüro janet eicher, Bonn |<br />

Fotos: fotolia: BillionPhotos.com; action press: Jochen Zick; iStock; vm, skodonnell; Harry Schnitger<br />

8 inter|esse 6 ◆ <strong>2017</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!