events <strong>ınwıen</strong>® 4 MUSIK Orchestraler Executive Class Punk. Sting hat sein Punk-Image längst abgelegt – nun tourt er mit Orchester. TEXT VON PETER ZIRBS Man mag über Stings karitative Regenwald-Ambitionen denken, was man will. Eines kann man ihm jedenfalls nicht absprechen: Der Mann hat mit seiner Band „The Police“ und auch solo Popklassiker für die Ewigkeit geschaffen – „Roxanne“ oder „Every Breath You Take“, um nur zwei Titel aus dem viele Klassiker umfassenden Repertoire des ehemaligen Englisch- und Musiklehrers zu nennen. Doch so seriös und ernst, wie wir Sting die letzten zwei Jahrzehnte erlebt haben, war er ursprünglich nicht: Seine New Wave- und Punk-Attitüde, die nicht nur zu hören, sondern aufgrund seiner wasserstoffblonden Stehfrisur auch zu sehen war, galt in den frühen 1980er-Jahren als wesentlicher Teil seines Erscheinungsbildes. Punk ist allerdings nicht gleich Punk; schon damals grenzten sich Stings Texte dank ihres intellektuellen Inhaltes deutlich von denen der Genre-Kollegenschaft ab. Der Mann, der sich häuten kann Nach The Police begann Stings Solo- Phase, bei der er mit Jazz liebäugelte, ebenso kamen Weltmusik und Ethno- Sounds ins musikalische Spiel des Briten. Das scheint dem Mann, der seinen Spitznamen einem gelbschwarz gestreiften Pullover verdankt, aber noch nicht genug der Stilvielfalt zu sein – oder hat er sich am Ende doch seines finanziellen Status besonnen, einen Blick aufs Konto geworfen und beschlossen, 22 <strong>ınwıen</strong> ® sich dementsprechend zu inszenieren? Das klingt vielleicht hämischer, als es gemeint ist, aber: Wenn ein Ex-Punk nun mit dem Royal Philharmonic Concert Orchestra auf Tournee geht und dabei seine neue Platte „Symphonicity“ (in Anspielung an „Synchronicity“ von The Police aus dem Jahr 1983) vorstellt, dann darf man durchaus ein klein wenig verwundert sein. … und er kann! Es wäre aber nicht Sting, wenn nicht auch dieses Experiment zumindest in musikalischer Hinsicht ein voller Erfolg wäre: Stings im Laufe der Jahre samtiger gewordene, wenn auch immer noch in erstaunlich hoher Lage angesiedelte Stimme hat nichts an Ausdruckskraft verloren, und die zum Besten gegebenen Kompositionen sind ohnehin über jeden Verdacht erhaben. Apropos „Kompositionen“: Der Einstieg in die Orchester-Welt wird Sting-Fans überaus leicht gemacht, denn am Programm stehen viele Hits von Sting und The Police: Die bereits eingangs erwähnten Evergreens natürlich, aber auch „Every Little Thing She Does Is Magic“, „Russians“ und „Englishman In New York“ und viele weitere Songs, die den Wespenmann nun bereits über 30 Jahre so populär gemacht haben. /// www.stadthalle.com FR 5MUSIK Sting Wiener Stadthalle, Halle D november 2010 2010 november „Ich komme aus einer Familie der Verlierer – doch ich habe es abgelehnt, so zu werden wie sie.“ Sting FOTOS: CLIVE BARDA/DG , PHILIPP MUELLER MO 22 MUSIK David Garrett Wiener Stadthalle, Halle D 4 KLASSIK Brahms meets Metallica Mit Kinderstars ist es ja immer so eine Sache – einige Jahre lang verzaubern sie das Publikum, bis das Kindchenschema erschöpft ist und neue Wunderkinder geboren werden. David Garrett hat genau diesen Werdegang durchlaufen: Nach einer Zeit des Erfolgs kam der Bruch, der Musiker zog sich aus dem Business zurück. Nun ist er seit einigen Jahren mit einem neuen Programm wieder auf der Bühne, spielt neben klassischen Werken auch Cross-over-Stücke und ist damit höchst erfolgreich. Seine neue Plattenfirma hat geschaffen, wofür es schon lange Zeit war: einen Klassik-Rockstar. Garrett ist ein Musterbeispiel für gutes Marketing, mit Sonnenbrille, langen blonden Haaren, verwegenem Blick und halb offenem Hemd wirkt er eher wie ein Mitglied einer Boygroup als ein Violinvirtuose. Bislang sowohl musikalisch als auch optisch einzigartig, erntet er neben Begeisterung auch harte Rezensionen – Kritiker bezeichnen sein „Ausweichen“ auf Cross-over-Stücke als Mangel an musikalischer Begabung und Qualität. Die Fakten sprechen für Garrett: zahlreiche Alben, ausverkaufte Hallen, enthusiastische Fans in David-Garrett-T-Shirts, ausstaffiert mit Transparenten, die zu seiner Interpretation von „Nothing Else Matters“ mitsingen. Ist die Klassik-Szene unfähig, sich auf Neues einzulassen? Oder machen hier clevere Produzenten einen Durchschnittsgeiger zum Weltstar? David Garrett wäre sicher nicht so berühmt, wenn er nicht talentiert wäre, er spielt sauber und nuancenreich. Trotz allem ist der Hype um seine Person etwas übertrieben. Fazit: Falls Sie keine Tickets mehr bekommen sollten, dann reicht auch der CD-Kauf. Und wenn Hilary Hahn oder Nigel Kennedy einmal in der Stadt sein sollten, dann beeilen Sie sich aber mit dem Ticketkauf ... DAVID GARRETT 22. November, 19.30 Uhr, Wiener Stadthalle, Halle D www.stadthalle.com <strong>ınwıen</strong> ® 23