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events<br />
<strong>ınwıen</strong>®<br />
4 AUSSTELLUNG<br />
Playboy Picasso, diesmal politisch.<br />
Er hatte nicht nur einen Hang zu Geld und<br />
Ruhm. Er war auch Kommunist und Pazifist.<br />
Picasso ist wieder in der Stadt.<br />
TEXT VON HENRIETTE HORNY<br />
32 <strong>ınwıen</strong> ®<br />
Ab MI<br />
22<br />
Pablo Picasso<br />
Albertina<br />
september 2010<br />
FOTOS: SUCCESSION PICASSO/VBK WIEN 2010 (3)<br />
Jeder sieht nur das, was er sehen<br />
will. Das gilt auch für die Gesellschaft<br />
und somit auch für die Wissenschaft.<br />
Die globale Finanzkrise<br />
hat eines gebracht, dass man nicht<br />
mehr nur über Geld und seine Vermehrung,<br />
sondern auch über seine<br />
Verteilung spricht. Politik ist wieder<br />
Thema. In der Kunst heißt das: Picasso,<br />
der Held der Helden, ist wieder<br />
Thema. Diesmal allerdings nicht<br />
2010 september<br />
als Playboy, sondern als politischer<br />
Aktivist. Dass Picasso ein großer<br />
Künstler war, ist unbestritten. Analysiert<br />
wurde nicht nur sein Werk,<br />
sondern auch sein Leben. Insbesondere<br />
seine Virilität bis ins hohe<br />
Alter, sein Hang zu Geld und<br />
Ruhm. Weniger interessant schien<br />
in den letzten Jahren, dass der<br />
Mann auch bekennender Pazifist<br />
war. Eine Facette, die die Albertina<br />
jetzt mit „Picasso: Frieden und Freiheit“<br />
zum Strahlen bringt. Die<br />
Schau entstand in enger Zusammenarbeit<br />
mit Tate Liverpool.<br />
Grundthema ist Picassos Darstellung<br />
von Krieg und Frieden während<br />
des Kalten Krieges. Der<br />
Künstler war ab 1944 bis zu seinem<br />
Tod im Jahr 1973 engagiertes Mitglied<br />
der Kommunistischen Partei.<br />
Sein Werk aus dieser Zeit spiegelt<br />
sein tiefes politisches und soziales<br />
Interesse wider und gilt als das letzte<br />
unerforschte Terrain.<br />
Politischer Picasso<br />
In der Albertina begegnet man Picasso<br />
als einen hochpolitischen Maler,<br />
Friedensaktivisten und unermüdlichen<br />
Unterstützer politisch<br />
linker Zirkel. Briefe belegen seine<br />
Vernetzung. So gratulierte Fidel<br />
Castro Picasso telegrafisch zum<br />
Friedenspreis der Sowjetunion.<br />
Auch Nelson Mandela und Ho Chi<br />
Minh schrieben ihm Briefe.<br />
Die Ausstellung beschäftigt sich mit<br />
Picasso als „Historienmaler“ in der<br />
marxistischen Tradition und geht in<br />
historisch-chronologischer Abfolge<br />
auf die zwischen 1944 und dem<br />
Tod des Künstlers entstandenen<br />
Historienbilder ein. Weltpolitisch<br />
gesehen waren die Jahrzehnte eine<br />
unruhige Zeit. Der Kalte Krieg, ein<br />
Wettlauf zwischen der Sowjetunion<br />
und den USA um die Vormachtstellung<br />
in der Welt, begann 1945 und<br />
endete 1991. Der Koreakrieg, eine<br />
Auseinandersetzung, bei der die<br />
Demokratische Volksrepublik Korea<br />
(Nordkorea) und die Volksrepublik<br />
China auf der einen Seite und<br />
die Republik Korea (Südkorea) zusammen<br />
mit UNO-Truppen, vor<br />
allem den USA, auf der anderen<br />
Seite standen, forderte zwischen<br />
information<br />
Picasso<br />
Die Albertina erweitert für die großen<br />
Herbstausstellungen „Picasso:<br />
Frieden und Freiheit“ (ab 22. September)<br />
sowie „Michelangelo. Zeichnungen<br />
eines Genies“ (ab Oktober)<br />
ihre Öffnungszeiten.<br />
Die Ausstellungen können täglich<br />
von 10 bis 19 Uhr, mittwochs von<br />
10 bis 21 Uhr besucht werden.<br />
ALBERTINA<br />
1., Albertinaplatz 1<br />
www.albertina.at<br />
Foto links: Fliegende Taube im Regenbogen<br />
(1952). Fotos unten: Denkmal für<br />
die für Frankreich gefallenen Spanier<br />
(1947); Stillleben mit Gitarre (1942)<br />
1950 und 1953 das Leben von<br />
940.000 Soldaten und etwa drei<br />
Millionen Zivilisten. Mit der Kubakrise,<br />
vom 16. bis 28. Oktober<br />
1962, erreichte der Kalte Krieg eine<br />
neue Qualität. Ein Atomkrieg rückte<br />
in greifbare Nähe. Für Picasso<br />
Ereignisse, die er in Bildern verarbeitete.<br />
Darunter „Das Beinhaus“,<br />
„Das Massaker in Korea“, „Krieg<br />
und Frieden“, „Der Raub der Sabinerinnen“,<br />
ein Bild, das Picasso zur<br />
Zeit der Kubakrise malte, und eine<br />
Serie von Stillleben mit Tierschädeln<br />
und Totenköpfen.<br />
Friedenstaube<br />
Ein anderes in diesem Zeitraum in<br />
Erscheinung tretendes ikonografisches<br />
Schlüsselmotiv ist die Friedenstaube,<br />
die während des Kalten<br />
Krieges zu einem der wichtigsten<br />
Hoffnungssymbole wurde. Picassos<br />
Friedenstaube, ein Plakatmotiv, das<br />
er 1949 für den Pariser Weltfriedenskongress<br />
entwarf, wurde weltweit<br />
zum Friedenssymbol. Seine<br />
1949 geborene Tochter nannte er<br />
Paloma, zu deutsch „Taube“. Mit<br />
dem Taube-Motiv gestaltete Picasso<br />
auch Plakate für die Friedenskonferenzen<br />
in Breslau, Paris, Stockholm,<br />
Sheffield und Rom. Mit zahlreichen<br />
Varianten dieses Motivs unterstützte<br />
Picasso die kommunistische Partei<br />
in Frankreich und anderen Ländern<br />
sowie radikale Organisationen<br />
im Westen. Die Zeichnungen, die<br />
er zu Stalins Geburtstag im Jahr<br />
1949 und zum Tod des Sowjetführers<br />
im Jahr 1953 für die Kommunistische<br />
Partei der Sowjetunion<br />
schuf, waren in ihrer Aussage kontrovers.<br />
Mit der Ausstellung „Picasso:<br />
Frieden und Freiheit“ zeigt die<br />
Albertina nicht nur einen interessanten<br />
Aspekt des Künstlers, sie<br />
vermittelt auch historische Fakten.<br />
„Picasso war der unpolitischste<br />
Künstler, der mir begegnet ist“, betonte<br />
der Kunsthändler Daniel-<br />
Henry Kahnweiler, der Picasso gut<br />
kannte.<br />
Da hat er wohl einiges übersehen. ///<br />
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