RAL 1015 taxi news Heft 10-2017
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echt & steuern<br />
The winner takes it all<br />
Garantiert ohne Lametta!<br />
Spielen – und vor allem<br />
gewinnen – war schon immer<br />
meins. Während ich dieser Tage<br />
mit mittelmäßiger Begabung<br />
und entsprechendem Erfolg<br />
Schach über eine App mit Spielern aus<br />
aller Welt spiele, waren es in meiner Kindheit<br />
Brett- und Kartenspiele. Mein Opa war<br />
die strategische Abteilung Mühle/Dame,<br />
meine Oma die Emotionale mit „Mensch<br />
ärgere Dich nicht“ und „Fang den Hut“;<br />
war die Familie voll versammelt gab es<br />
gern das furchtbare Spiel „Malefiz“ aber<br />
die Krönung von allem waren die Gefechte<br />
mit meiner Schwester am Monopoly-Brett,<br />
die wir zuweilen über Tage ausgedehnt<br />
haben. Gut, ich gebe zu, dass ich auch mal<br />
geschummelt habe, wenn ich die Hoheit<br />
über die „Bank“ hatte – von nichts kommt<br />
bekanntermaßen nichts –; da kam es wohl<br />
zuweilen vor, dass ich mal einen Griff in<br />
die Kasse gemacht habe, wenn Schwesterlein<br />
gerade nicht hingeguckt hat, aber<br />
das waren allesamt seltene Ausnahmen,<br />
öhem. Dürfte im Übrigen auch der Verjährung<br />
unterliegen.<br />
MONEY MONEY MONEY<br />
Ich weiß nicht, was uns an diesem Spiel<br />
so fasziniert hat, aber ich kann heute<br />
noch die Mieten von Post-, Bad-, Wienerund<br />
Hauptstraße etc. herunter beten mit<br />
und ohne Häuser- oder Hotelbebauung.<br />
Auch die Texte von Ereignis- und Gemeinschaftskarten<br />
haben sich in mein Hirn<br />
sprichwörtlich eingebrannt. Normalerweise<br />
werden Spiele ja dann langweilig,<br />
wenn man den Ausgang vorhersehen<br />
kann; bei Monopoly ist das regelmäßig der<br />
Fall, wenn alle Straßen verkauft sind. Ab<br />
diesem Zeitpunkt ist klar, wer das Spiel<br />
gewinnt. Das Würfelglück kann einen da<br />
noch so oft auf das „Los“-Feld verschlagen<br />
(Ziehen Sie 8.000!), ein einziger Besuch<br />
auf der mit einem Hotel bebauten Schlossallee<br />
schlägt mit 40.000 zu Buch, aua.<br />
NAME OF THE GAME<br />
Spielerisch erlernt der Proband mit<br />
Monopoly wie das ist entweder gemütlich<br />
am längeren Hebel zu sitzen oder die<br />
Leiden des armen Schluckers durchzustehen,<br />
der sich kaum mehr traut, die<br />
Würfel zu werfen, weil es ihn entweder<br />
auf eine sündhaft teure Straße oder in<br />
das Gefängnis verschlägt. Nach meiner<br />
Erinnerung war ich zuweilen sehr froh<br />
ins Gefängnis zu kommen, um ja nicht die<br />
teuren Etablissements meiner Schwester<br />
besuchen zu müssen. Mit einem beruhigenden<br />
Fettpölsterchen aus mehreren<br />
Milliarden US Dollar verhält sich das Start<br />
Up Uber genauso wie seinerzeit meine<br />
Schwester: Aussitzen und Abwarten, bis<br />
der Kontrahent (Arschloch Taxi) die weiße<br />
Flagge hisst. Die zahlreichen Skandale<br />
des Unternehmens der letzten Jahre und<br />
Monate entnehmen Sie bitte anderen<br />
einschlägigen Magazinen, hier möchte ich<br />
nur noch einmal kurz aufzeigen wie es in<br />
Berlin begann und wohin die Reise wohl<br />
gehen wird.<br />
SUPER TROUPER<br />
Im Jahr 2013 wurde der hiesige Taximarkt<br />
mit dem Service-Mietwagenangebot<br />
UberBLACK konfrontiert. Ab 2014 kam<br />
noch UberPOP (gewerbliche Personenbeförderung<br />
von Privaten für Private)<br />
hinzu. Nach einem Marsch durch die zivilrechtlichen<br />
Instanzen in Berlin, untersagte<br />
das Kammergericht 2015 dem Unternehmen<br />
die Vermittlung UberBLACK in<br />
Berlin. Zum einen, da Uber seine Fahrer<br />
zumindest in einem Fall dazu angehalten<br />
hatte, gegen die Rückkehrverpflichtung zu<br />
verstoßen, zum anderen, da die Vermittlung<br />
des Fahrauftrages systematisch<br />
direkt in das Fahrzeug des Mietwagenunternehmers<br />
erfolgte, ohne dass der<br />
Auftrag vorab – wie es das Gesetz vorsieht<br />
– am Betriebssitz des Unternehmers<br />
einging. Im selben Jahr erging auch ein<br />
Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin<br />
gegen Uber, welches das LABO initiiert<br />
hatte. Oh Wunder: Uber fügte sich. Außer<br />
in München wurden alle Geschäftsbetriebe<br />
vorerst eingestellt.<br />
SOS<br />
Im Frühjahr des Jahres 2016 meldete<br />
sich der Konzern zurück und bot alten<br />
Wein in neuen Schläuchen an. Aus Raider<br />
wurde Twix, aus UberBLACK uberX. Nach<br />
Ansicht von Uber hatte man nun ein<br />
neues Vermittlungssystem entworfen,<br />
welches gesetzeskonform ist. Was hat sich<br />
geändert? Ich darf es vorausschicken: im<br />
Ergebnis nichts. Uber bietet weiter Taxenverkehr<br />
mit Mietwagen an. Aber der Reihe<br />
nach. Während früher bei UberBLACK der<br />
Fahrauftrag zeitgleich bei Mietwagenunternehmen<br />
und Mietwagenfahrer einging<br />
aber nur der Fahrer letztlich entscheiden<br />
konnte, ob er den Auftrag annimmt, oder<br />
nicht, soll bei uberX angeblich zunächst<br />
eine Email beim Unternehmer eingehen.<br />
Diese Email hat zum Inhalt, dass ein<br />
Fahrauftrag vorliegt und der Unterneh-<br />
Grafik: Scharwel<br />
<strong>10</strong>/<strong>2017</strong> · <strong>RAL</strong> <strong><strong>10</strong>15</strong> <strong>taxi</strong><strong>news</strong> 5
echt & steuern<br />
mer durch Betätigung eines Links nun<br />
entscheiden möge, ob er a) den Auftrag<br />
annimmt oder b) den Auftrag ablehnt.<br />
Wählt der Unternehmer Variante a) wird<br />
automatisch (von Uber) an den Fahrer eine<br />
SMS versendet, er möge doch bitte den<br />
Auftrag ausführen. Nach Versenden dieser<br />
SMS erhält der Fahrer sodann von Uber<br />
über die Applikation die Wahlmöglichkeit,<br />
den Auftrag anzunehmen oder ihn mit<br />
„Nein, danke“ abzulehnen.<br />
KNOWING YOU KNOWING ME<br />
Auch wenn Sie für das Lesen der letzten<br />
drei Zeilen 20 Sekunden gebraucht haben,<br />
werden Sie sich als digitaler Zeitgenosse<br />
vorstellen können, dass dieser angeblich<br />
DECKER & KOLLEGEN<br />
Rechtsanwälte und Steuerberaterin<br />
<br />
<br />
Verkehrsrecht · Immobilienrecht<br />
Wettbewerbsrecht · Urheberrecht<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
rege Email-/SMS-Austausch zwischen<br />
Uber/Mietwagenunternehmer und Fahrer<br />
in Nanosekunden verläuft und eine reine<br />
Makulatur darstellt, um das Gesetz zu<br />
umgehen. Am Ende ist alles gleich geblieben:<br />
Der Fahrer erhält den Auftrag und<br />
lehnt ihn ab oder nicht. Man möge mir<br />
einen einzigen vernünftigen Grund nennen,<br />
warum ein Mietwagenunternehmer, der<br />
mit Uber zusammenarbeitet und dessen<br />
Fahrer über die App angezeigt hat, dass er<br />
Aufträge annehmen kann und will, einen<br />
Auftrag ablehnen sollte. Man möge mir<br />
auch erklären, wie sichergestellt werden<br />
kann, dass die Email an den Unternehmer<br />
überhaupt am Betriebssitz des Unternehmers<br />
und nicht direkt im Mietwagen<br />
beim Fahrer auf dessen Smartphone<br />
eingeht, der dann fröhlich den Link und<br />
damit die Bitte den Auftrag auszuführen<br />
selber auslöst. Digitaler Mummenschanz<br />
und Popanz, wenn man mich fragt.<br />
ONE OF US<br />
Die hiesige Ordnungsbehörde hat sich<br />
allerdings von diesem neuen Vermittlungssystem<br />
blenden lassen und – ich<br />
wundere mich bis heute, dass mein<br />
Haupthaar darob nicht ergraut ist –<br />
sich nicht entblödet per Email an Uber<br />
mitzuteilen, man sähe nunmehr keinen<br />
Gesetzesverstoß mehr gegen das PBefG.<br />
Das Knallen der Champagnerkorken<br />
zu diesem idiotischen Freibrief aus der<br />
Puttkamerstraße in die Schlossallee kann<br />
man sich gut vorstellen. Tatsächlich sind<br />
die Folgen dieser kolossal behördlichen<br />
Fehleinschätzung erst ab Frühjahr <strong>2017</strong><br />
merklich zu spüren.<br />
MAMA MIA<br />
Das noch 2016 in Insolvenz taumelnde<br />
Mietwagenunternehmen ROCVIN Dienste<br />
GmbH hat von einem Unternehmen aus<br />
dem Harz eine Finanzspritze unbekannter<br />
Herkunft (woher wohl? aus den Niederlanden<br />
gar?) erhalten und arbeitet seit<br />
<strong>2017</strong> mit Uber zusammen. ROCVIN wiederum<br />
vergibt Aufträge an Subunternehmer,<br />
deren Betriebssitze hauptsächlich im<br />
Landkreis Dahme Spreewald (LDS, LN<br />
und KW) zu finden sind. Plötzlich und<br />
erwartet tummeln sich täglich mehrere<br />
hundert Mietwagen auf Berliner Straßen<br />
die nichts anderes als Taxiservice unter<br />
dem Mantel von Mietwagenverkehr<br />
anbieten. Die Fahrer der brandenburgischen<br />
Unternehmer haben „Ihren“<br />
Betriebssitz noch nie von innen gesehen.<br />
Es sei ihnen auch davon abzuraten, denn<br />
sie müssten sich hierzu einschrumpfen<br />
und in einen Briefkasten krabbeln.<br />
WATERLOO<br />
Die hiesig zuständige Behörde tut nichts<br />
und erklärt sich in Hinsicht auf die auswärtigen<br />
Brandenburger für unzuständig.<br />
In Brandenburg freut man sich über<br />
sprudelnde Steuereinnahmen –<br />
verständlich. Uber sitzt weiter aus.<br />
CHIQUITA<br />
Es laufen derzeit noch Verfahren am<br />
EuGH, die sich mit der Frage beschäftigen,<br />
ob das Technologieunternehmen nicht<br />
sowieso von Beschränkungen des<br />
nationalen Verkehrsrechts befreit ist,<br />
was dem Konzern ohnehin Narrenfreiheit<br />
bescheinigen würde. Eine nächste<br />
Entscheidung ergeht hierzu am 20.12.<strong>2017</strong><br />
ab 09.30 Uhr. Die Prognosen für Uber<br />
sehen allerdings gar nicht gut aus. Der<br />
zuständige Generalanwalt am EuGH hat<br />
sich sehr deutlich gegen Uber ausgesprochen.<br />
In der zeitlichen Abfolge<br />
bedeutet dieses aber nichts weiter, als<br />
dass der Rechtsstreit des Berliner Taxiunternehmers<br />
vom EuGH zurück an den<br />
BGH verwiesen wird. Dieser wird dann<br />
voraussichtlich im Jahr 2018/2019<br />
entscheiden, dass UberBLACK in der<br />
Version 2013/14 ungesetzlich war und ist;<br />
Uber wird aber ungeachtet einer solchen<br />
Entscheidung mit Verweis auf ein völlig<br />
„neues“ System mit Sicherheit weitermachen,<br />
um Ihr Gewerbe zu übernehmen.<br />
TAKE A CHANCE ON ME!<br />
Gute Kasse!<br />
Alexandra Decker<br />
Rechtsanwältin<br />
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