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City-Magazin Ausgabe-2018-02 STEYR

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Thomas<br />

Duschlbauer<br />

ZU GUTER LETZT …<br />

BÖSES ARSCHLOCH<br />

Das mit dem guten Gewissen ist heute so eine<br />

Sache. Schnell sagt man genau das Falsche und<br />

muss sich dafür schämen. Überall lauern die<br />

Fettnäpfchen, in die man steigt oder die Nesseln,<br />

in die man sich setzt. Das liegt wahrscheinlich daran,<br />

dass heute alles so unheimlich kompliziert geworden ist<br />

und sich beinahe beliebig interpretieren lässt. Die<br />

Begriffe sind mit der Zeit und ihrem Gebrauch so<br />

dehnbar geworden. Es gibt kaum noch Wörter oder<br />

Formulierungen, die nicht historisch und gesellschaftlich<br />

belastet sind und einem nicht schlecht ausgelegt<br />

werden können. Vielleicht ist das noch relativ klar, wenn<br />

jemand „Arschloch“ zu mir sagt. Das ist dann zwar auch<br />

irgendwie ein dehnbarer Begriff, jedoch kann ich schon<br />

sagen, dass das nicht gerade schmeichelhaft für mich<br />

wäre. Aber selbst da, könnte es doch vielleicht Situationen<br />

geben, in denen das in einem freundschaftlichen<br />

Umfeld durchaus liebevoll, ja sogar bewundernd,<br />

gemeint ist. Etwa, wenn jemand etwas ganz genial<br />

Mutiges und Verwegenes gemacht hat, das zwar cool<br />

jedoch schon dicht an der Grenze zum Verbotenen<br />

anzusiedeln wäre. Eine richtig fiese Aktion also, die aber<br />

jemanden trifft, der es eh schon längst „verdient“ hat.<br />

Das „Arschloch“ ist dann ein Kompliment, dass man<br />

sich gerne an die stolz geschwellte Brust heftet. Für den<br />

gefeierten Täter gilt gegenüber anderen natürlich auch<br />

die so genannte Unschuldsvermutung. Ein großartiger<br />

Begriff, den es sicherlich schon lange gibt. Wahrscheinlich<br />

seit Mariä Empfängnis. Ursprünglich war das<br />

offenbar auch so gemeint, um jemanden in Schutz zu<br />

nehmen. Heute bin ich mir da nicht so sicher, denn das<br />

Gelten der Unschuldsvermutung wird in sozialen Medien<br />

sowie in - sagen wir einmal so - geistig etwas weniger<br />

fordernden Medien oft genau deshalb in den Raum<br />

gestellt, um erst recht darauf hinzuweisen, dass jemand<br />

etwas auf dem Kerbholz hat. „Es gilt die Unschuldsvermutung“,<br />

heißt dann so viel wie, „das Gfrast ist schuldig<br />

und gehört in den Häfn, aber bis jetzt kann man ihm<br />

leider noch nix nachweisen.“ So ist das heute mit der<br />

politischen Korrektheit.<br />

Foto: Sokoloff, Prof. Peter Rechenberg<br />

Was wurde aus ...? Prominente von gestern heute betrachtet<br />

Peter Rechenberg<br />

Steckbrief:<br />

Peter Rechenberg (geb. 1933 in Berlin)<br />

ist ein Pionier in der Entwicklung der<br />

Programmiersprachen. Diese Systeme<br />

von Codes ermöglichen Computern,<br />

unsere Befehle auszuführen. Seine<br />

Arbeit hat dazu beigetragen, dass<br />

der Rechner in allen Lebensbereichen<br />

Einzug gehalten hat. Rechenberg promovierte<br />

1969 in Elektrotechnik und<br />

wurde als Professor an die TU Berlin<br />

berufen. Von 1974 bis 1999 wirkte er<br />

als Professor für Informatik an der<br />

Linzer Johannes Kepler Universität.<br />

54<br />

RECHENBERG MEINT. Informatik ist nicht alles.<br />

Rechenberg befasst sich nun mit kulturellen und humanistischen Beobachtungen.<br />

Informatik bildet nicht mehr den Mittelpunkt seiner Welt. Durchaus<br />

skeptisch betrachtet er die allumfassende Digitalisierung, für die er mitverantwortlich<br />

ist, und auch Geräte wie Handys „mit denen man so schön spielen kann“.<br />

Gern zitiert er Goethe: „Wer nicht von 3.000 Jahren / sich weiß Rechenschaft zu<br />

geben / bleib im Dunkel unerfahren / mag von Tag zu Tage leben.“ Die Naturwissenschaften<br />

mögen zwar großartig sein, aber sie sind nicht alles. Wer geistig auf der<br />

Höhe bleiben will, muss eine historische Perspektive haben. Rechenberg leidet an<br />

einer unheilbaren Krankheit, die ihm zunehmend das Augenlicht nimmt. Seit 2006<br />

kann er nicht mehr schreiben und lesen. Er vermag nur mit zehnfacher Vergrößerung<br />

am Computer zu arbeiten und hört sich Literatur auf CDs an. Früher eroberte<br />

er Berge, nun absolviert er Spaziergänge. Mit seiner Ehefrau, der Konzertpianistin<br />

Ursula Müller, besucht er musikalische Veranstaltungen. Noch lange nach der Emeritierung<br />

gab er mit Gustav Pomberger das Informatik-Handbuch heraus, dass das<br />

Gesamtwissen des Faches knapp und für Spezialisten zusammenfasst.

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