soziologie heute Februar 2017
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FILM<br />
Der Film als Medium des Fremden, des<br />
Eigenen und der kulturellen Indifferenz<br />
von Ulrike Jaspers, Goethe-Universität Frankfurt am Main<br />
Werbeplakat für den 1927 erschienenen Dokumentarfilm<br />
„Namook of the North“.<br />
Robert J. Flannery, wikimedia commons<br />
„Der Film als mobiles Medium der Moderne produziert<br />
unablässig Erfahrungen von Eigenem<br />
und Fremdem, von Identität und Differenz“, betont<br />
der Filmwissenschaftler Prof. Dr. Vinzenz<br />
Hediger in seinem Beitrag in Forschung Frankfurt<br />
(2/2016), dem Wissenschaftsmagazin der<br />
Goethe-Universität.<br />
Zeigten die Reisefilme zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
bewusst die „wunderbare Differenz“<br />
zur eigenen Wirklichkeit, wurde in der heilen<br />
Welt der Heimatfilme nach Ende des Zweiten<br />
Weltkriegs das Eigene für den Konsum verfügbar<br />
gemacht.<br />
Erst die Hollywood-Blockbuster verfolgten die<br />
Strategie, das kulturell Fremde so zu minimieren,<br />
dass daraus der für alle verständliche „Dialekt<br />
der Moderne“ wurde.<br />
Als eigenes Genre vermittelte der Film in<br />
seiner frühen Phase die Erfahrung des<br />
Naturschönen, gleichzeitig stand die Erfahrung<br />
mit dem Fremden und der kulturellen<br />
Differenz im Vordergrund. „Die<br />
Sujets umfassten das ganze Repertoire<br />
der ethnologischen Feldforschung:<br />
Handwerk, Nahrungszubereitung, Kleidungsstile,<br />
Tänze, Rituale“, so Hediger<br />
über die Dokumentationen und Reisefi<br />
lme mit ethnografi schen Motiven, die<br />
in Deutschland „Kulturfi lme“ genannt<br />
wurden. Filme lösten ortgebundene Formen<br />
des Spektakels ab wie die legendären<br />
„Völkerschauen“ des Hamburger<br />
Zoounternehmers Hagenbeck. So griff<br />
auch Robert Flaherty in „Nanook of<br />
the North“ das Alltagsleben einer Inuit-<br />
Familie auf; er rekonstruierte aber eine<br />
Lebensform mit Kleidern und Gerätschaften,<br />
die schon längst nicht mehr<br />
38 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2017</strong>