soziologie heute Oktober 2009
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<strong>Oktober</strong> <strong>2009</strong> <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> 29<br />
Die vergleichende Analyse ist ein<br />
multiparadigmatischer und methodenpluralistischer<br />
Weg in der Forschung<br />
. Nach Lueger kann man auf<br />
drei Arten Informationen zum Phänomen<br />
liefern bzw. Konsequenzen<br />
überprüfen, nämlich interne, externe<br />
und vergleichbare Daten. (Lueger,<br />
231)<br />
„We should examine a problem from as many<br />
methodological perspectives and Theories as<br />
possible.” (Denzin, 234)<br />
Diese zwei Perspektiven von Lueger<br />
und Denzin zeigen, dass vergleichende<br />
Analysen für alle Forschungsmethoden<br />
relevant sind.<br />
Auch Feyerabends Feststellung<br />
bringt Licht in unsere Betrachtung,<br />
„…denn wie kann man wohl eine Theorie<br />
prüfen oder ihre Grundsätze verbessern, die<br />
so gebaut ist, dass sich jedes denkbare Ereignis<br />
in ihr beschreiben und jede denkbare<br />
Schwierigkeiten mit ihrer Hilfe erklären<br />
lässt? Die einzige Möglichkeit der Prüfung<br />
einer solchen Theorie wäre der Vergleich mit<br />
einer anderen, ebenso umfassenden…“<br />
Vergleichende Theorie ist - wie jede<br />
andere Theorie -- nicht ein „Allheilmittel“.<br />
Sie kann uns nicht alles beibringen,<br />
was wir erreichen möchten<br />
bzw. welche Ergebnisse tatsächlich<br />
erzielt werden. Hierzu meinte Popper:<br />
„Theorien können strenger oder weniger<br />
strenger überprüfbar sein, ‚leichter‘ oder<br />
‚weniger leicht‘ falsifizierbar“.<br />
Als „Königsweg der Forschung“ kann<br />
man die vergleichende Theorie folgendermaßen<br />
charakterisieren (Dogan<br />
und Pelassy 1984, s.5, Dentswcher,<br />
s.4):<br />
- Sie ist traditional und reicht bis zu<br />
Autoren wie Thukydides und Aristoteles<br />
zurück.<br />
- Bei allen wissenschaftlichen Forschungen<br />
hat sie ihren Anwendungsbereich.<br />
- Durch Vergleichen kann man zwei<br />
oder mehrere Situationen empirisch<br />
überprüfen.<br />
- Man kann sehr klar zeigen, dass<br />
eine Sache nicht gleich der anderen<br />
ist (z.B. Äpfel sind keine Birnen, weil<br />
wir sie miteinander vergleichen können).<br />
Außerdem hat die „vergleichenden<br />
Methode“ folgende Vorteile :<br />
- Der Vergleich wirtschaftlicher, politischer<br />
Systeme und Kulturen macht<br />
es möglich, Klassifikationen, Typologien<br />
und Rangordnungsmaßstäbe<br />
zu entwickeln, die sich notwendigerweise<br />
aus der Gegenüberstellung<br />
von Gleichem und Differenziertem<br />
ergeben und die politischen Kulturen<br />
und wirtschaftliche Systeme<br />
unter ein spezifisches Begriffsinstrumentarium<br />
einordnen lassen.<br />
- Der Vergleich politischer Systeme<br />
erlaubt die Darstellung eines panoramischen<br />
Paradigmas der universalen<br />
Gestalt von Politik überhaupt. Dieses<br />
universale Paradigma ermöglicht<br />
die Bestimmung von spezifischen<br />
systemimmanenten Tendenzen und<br />
Entwicklungen sowie übergreifende<br />
qualitative Generalisierungen.<br />
- Vergleichen ist die Methode, die<br />
Identifikation von Uniformitäten<br />
der politischen Phänomene und<br />
Charakteristika herbeizuführen.<br />
Der Unterschied des Grades der<br />
Interdependenz verschiedener politischer<br />
verschiedener politischer<br />
Phänomene erlaubt somit die Identifikation<br />
und Typologisierung der<br />
jeweiligen politischen Kultur und<br />
bestimmt gleichzeitig den Typus. Die<br />
Methode erlaubt darüber hinaus das<br />
Feststellen bestimmter einheitlicher<br />
politischer Prozesse und Verhaltensweisen<br />
innerhalb der verschiedenen<br />
politischen Kulturen.<br />
Vergleichen bedeutet schließlich<br />
erkenntnisvermittelnde Erfassung<br />
und Erklärung, der den politischen<br />
Kulturen und Systeme zugrunde liegenden<br />
Kausalitäten. Einerseits ist<br />
es die Aufgabe des Vergleichs, die<br />
Unterschiede der verschiedenen<br />
politischen Kulturen festzustellen,<br />
andererseits aber auch deren Identifikation<br />
herauszustellen. In diesem<br />
Sinne ist die vergleichende Analyse<br />
ein Weg, die Variablen und konstanten<br />
politischen Elemente politischer<br />
Strukturen herauszufinden, welcher<br />
dann in der statistischen Analyse zur<br />
Anwendung kommt, sobald es gilt,<br />
eine große Anzahl von Variablen zu<br />
untersuchen.<br />
Eine vergleichende Analyse benötigt<br />
Fachwissen in einem entsprechenden<br />
Bereich. Eine bloße Analyse<br />
im Rahmen der Vergleichsanalyse<br />
wird wenig empirisch und konkret<br />
sein. Deshalb braucht es Experten<br />
hierzu.<br />
Für den Datenschnitt ist es wichtig,<br />
dass man sich für einen Wendepunkt<br />
entscheidet. Z. B. wenn man Statistiken<br />
bestimmter Ereignisse heranzieht,<br />
soll man nach verschiedenen<br />
Kriterien der Zeit diese Ereignisse<br />
begrenzen. Historiker haben die Welt<br />
durch das Ereignis der Geburt Christi<br />
zeitlich geordnet (v. Chr. und n.<br />
Chr.). Forscher sollten auch Daten,<br />
Fakten sowie Statistiken von Phänomenen<br />
nach dem Zweck und den<br />
Kriterien der Untersuchung vom Gesamten<br />
lösen bzw. begrenzen.<br />
Vergleichende Analysen gewinnen<br />
innerhalb der wirtschaftlichen und<br />
politikwissenschaftlichen Forschung<br />
zunehmend an Bedeutung. Die Methode<br />
ist besonders für die ländervergleichende<br />
Forschung (EU, OECD,<br />
Dritte Welt Länder etc…), Umfrageforschung<br />
und Ranking Agenturen<br />
(Standard and Poors etc…) relevant.<br />
Bei der Auswertung der Informationen<br />
ist es nicht von Bedeutung, ob<br />
man mehr quantitativen oder qualitativen<br />
Methoden folgt. Schließlich<br />
braucht man für jedes Phänomen<br />
Daten und Statistiken, die uns dieses<br />
näher erklären können. Hier spielt<br />
das Vertrauen zu Daten eine entscheidende<br />
Rolle bei der Sicherstellung<br />
der Forschungsergebnisse.<br />
Besonders schwierig ist es, Daten der<br />
Dritten Welt zu erheben und sie zu<br />
überprüfen. Solche Daten stehen oftmals<br />
aus praktischen, technischen,<br />
politischen und logistischen Gründen<br />
nicht zur Verfügung oder - wenn<br />
sie dennoch vorliegen - werden sie<br />
häufig nicht ernst genommen.<br />
Ein weiteres Problem findet sich in<br />
der Definition des Untersuchungsgegenstandes<br />
und in der Begrenzung<br />
desselben.<br />
Daten können sich aus verschiedenen<br />
Gründen schnell verändern.<br />
Dies ist auch ein Grund, warum sie<br />
für die Forschung aus mangelnder<br />
Aktualität nicht mehr optimal erscheinen.<br />
Z. B. ein Regierungswechsel,<br />
Revolutionen, Putsch, Naturkatastrophen,<br />
starke Immigration<br />
etc… wirken über wirtschaftliche,<br />
politische und demographische Daten.<br />
Forscher müssen gerade solch<br />
radikale Veränderungen mitberücksichtigen.