19.03.2018 Aufrufe

Landraub - Indigener Widerstand in Lateinamerika

Der Fortbestand kolonialistischer Muster und die grotesken Auswüchse des Kapitalismus, in deren Zuge auch die letzten gemeinschaftlich genutzten Ressourcen wie Land, Wasser oder indigenes Wissen privatisiert und zu Geld gemacht werden, verhindern in unseren lateinamerikanischen Partnerländern auch heute noch allzuoft Gerechtigkeit für indigene Völker. Viele indigene Gruppen leisten beharrlich Widerstand gegen den unersättlichen Landhunger nationaler und internationaler Konzerne. Von diesem Widerstand möchten wir Ihnen in der presente 1/2018 berichten. Viel Freude bei der Lektüre!

Der Fortbestand kolonialistischer Muster und die grotesken Auswüchse des Kapitalismus, in deren Zuge auch die letzten gemeinschaftlich genutzten Ressourcen wie Land, Wasser oder indigenes Wissen privatisiert und zu Geld gemacht werden, verhindern in unseren lateinamerikanischen Partnerländern auch heute noch allzuoft Gerechtigkeit für indigene Völker. Viele indigene Gruppen leisten beharrlich Widerstand gegen den unersättlichen Landhunger nationaler und internationaler Konzerne.
Von diesem Widerstand möchten wir Ihnen in der presente 1/2018 berichten.
Viel Freude bei der Lektüre!

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h<strong>in</strong>terfragen diese Stereotype<br />

und zeigen dabei,<br />

dass beispielsweise von<br />

Karl May-geprägte Bilder<br />

mit den Realitäten<br />

wenig zu tun haben.<br />

Der Anspruch, unter<br />

entwicklungspolitischen<br />

Institutionen <strong>in</strong> Solidarität<br />

mit marg<strong>in</strong>alisierten<br />

Kämpfen <strong>in</strong> Mittelamerika<br />

zu handeln, bedeutet, diesen<br />

Bildern vielfältige Stimmen entgegenzusetzen<br />

und die H<strong>in</strong>tergründe heutiger<br />

Ungleichheiten zu h<strong>in</strong>terfragen: Was hat die<br />

aktuelle Ausbeutung von <strong>in</strong>digenen Frauen <strong>in</strong><br />

Maquilas <strong>in</strong> Mittel amerika mit Kolonialismus<br />

<strong>in</strong> der Region zu tun? Wer def<strong>in</strong>iert eigentlich,<br />

was „Entwicklung“ bedeutet? Woran misst<br />

sich Armut? Warum s<strong>in</strong>d mittelamerikanische<br />

Länder zumeist „Hilfe-Empfänger“?<br />

Und: Wie sehen sich weiße entwicklungspolitisch<br />

Aktive selbst im Spiegel des „Anderen“?<br />

Mit Weißse<strong>in</strong> ist hier e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Position im gesellschaftlichen Gefüge geme<strong>in</strong>t,<br />

die im hiesigen gesellschaftlichen<br />

Kontext als neutral/normal gilt und dementsprechend<br />

zumeist unsichtbar bleibt. Jedoch<br />

entfalten sich die damit e<strong>in</strong>hergehenden<br />

Privilegien unabhängig davon, ob die Person<br />

diese Position selbst wahrnimmt.<br />

Wie Peggy Piesche und Susan Arndt herausstellen,<br />

macht Rassismus weißen Menschen<br />

Angst. 4 Und zwar Angst davor, mit<br />

Rassismus <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht zu werden.<br />

Der Versuch, dies zu vermeiden, führt<br />

oft dazu, überhaupt nicht über Rassismus zu<br />

sprechen. Kritische Weißse<strong>in</strong>sforschung<br />

nimmt sich diesem Verdrängen an und legt<br />

die historischen, kulturellen und sozio-ökonomischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen von Rassismus offen.<br />

Übertragen auf die entwicklungspolitische<br />

Arbeit lässt sich damit fragen: Warum ersche<strong>in</strong>en<br />

die Länderpapiere über sogenannte<br />

Entwicklungsländer als objektive<br />

Berichte e<strong>in</strong>er externen,<br />

neutralen Betrachter*<strong>in</strong>?<br />

Wie kommt<br />

es, dass das hiesige Bild<br />

von „<strong>in</strong>digenen Gruppen“<br />

kaum geprägt ist<br />

von aktivem <strong>Widerstand</strong>,<br />

der ohne weiße<br />

„Hilfe“ auskommt? Wer<br />

wird als handlungsfähig dargestellt?<br />

Könnte es e<strong>in</strong> weißes<br />

europäisches Privileg se<strong>in</strong>, Menschen<br />

<strong>in</strong> Gruppen e<strong>in</strong>zuteilen und von außen<br />

zu beraten?<br />

Woh<strong>in</strong> geht die Reise?<br />

Es ist mehr als an der Zeit, Entwicklungszusammenarbeit<br />

und Anti-Rassismus-Arbeit<br />

aktiv zu verknüpfen. Dazu gehört auch der<br />

Blick <strong>in</strong> die eigenen Institutionen, auf die<br />

eigenen Praktiken, Wertvorstellungen und<br />

Motivationen. Dabei kann es nicht nur um<br />

abgewandelte Spendenaufrufe für „Hilfe-<br />

Empfänger*<strong>in</strong>nen“ gehen – Das koloniale<br />

Erbe der Entwicklungszusammenarbeit und<br />

dessen Effekte müssen <strong>in</strong> den Blick rücken.<br />

E<strong>in</strong>e kritische entwicklungspolitische Tätigkeit<br />

muss <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, vielfältige<br />

Positionen, Privilegien und Perspektiven <strong>in</strong><br />

Ideen solidarischer Arbeit e<strong>in</strong>zubeziehen –<br />

sowohl im direkten Arbeitsumfeld <strong>in</strong><br />

Deutschland, als auch <strong>in</strong> der Arbeit mit Partnerorganisationen.<br />

Gerade der Anspruch, <strong>in</strong><br />

Solidarität mit denjenigen zu handeln, die<br />

von Ausbeutung, Vertreibung und Ausschluss<br />

betroffen s<strong>in</strong>d, macht es nötig, die Zusammenarbeit<br />

macht- und diskrim<strong>in</strong>ierungskritisch<br />

zu überdenken.<br />

Joseph<strong>in</strong>e Brämer hat zwei Jahre <strong>in</strong> Nicaragua gelebt<br />

und beschäftigt sich viel mit postkolonialer Theorie und<br />

Entwicklungspolitik - u.a. gibt sie rassismuskritische<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs.<br />

4<br />

Arndt 2011: Wie Rassismus aus Wörtern spricht, S. 192.<br />

presente 1/2018 7

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