Vergessene Kinos in Bonn
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Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium <strong>Bonn</strong><br />
<strong>Vergessene</strong> <strong>K<strong>in</strong>os</strong> <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Facharbeit im Fach Geschichte<br />
Nico El-Nawab<br />
Geschichte Leistungskurs 1 Q1<br />
Schuljahr 2017/18<br />
E<strong>in</strong>gereicht am 23.02.2018<br />
Betreut durch Barbara Altmann<br />
Benotung: sehr gut
Inhaltsverzeichnis<br />
1. E<strong>in</strong>leitung……………………………………………….………………...…………...…...…3<br />
2. Hauptteil………………………………………………………………………...…………….4<br />
2.1 Allgeme<strong>in</strong>e Entwicklung der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft seit 1945.………………………..…4<br />
2.2 <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong>…………………………………………………………………...….9<br />
2.3 K<strong>in</strong>okultur <strong>in</strong> Wandel ………………………………………………………………..….13<br />
2.3.1 Gegenüberstellung von Woki und Universum……………………………………..13<br />
2.3.2 Das „Neue Woki“…………………………………………………………………..14<br />
2.3.3 Stirbt die K<strong>in</strong>okultur?................................................................................................15<br />
3. Fazit………………………………………………………………………………………….18<br />
4. Literaturverzeichnis ………………………………………………..………………..……..20<br />
5. Anhang…………………………………………………………...……………………...…..23<br />
5.1 Liste aller <strong>Bonn</strong>er <strong>K<strong>in</strong>os</strong><br />
5.2 Timel<strong>in</strong>e – graphische Darstellung der Entwicklung der <strong>Bonn</strong>er<br />
K<strong>in</strong>olandschaft von 1945 bis heute<br />
5.3 Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto<br />
5.4 Ausgewählte Zeitungsartikel<br />
6. Selbstständigkeitserklärung………………………………………………………….24<br />
7. Protokoll der Beratungsgespräche……………….......………………………………25<br />
2
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
An das erste K<strong>in</strong>o, das im <strong>Bonn</strong>er Stadtgebiet errichtet wurde, er<strong>in</strong>nert sich heute niemand<br />
mehr: das „Tonbilder- und K<strong>in</strong>ematographentheater“ 1 , 1907 <strong>in</strong> der <strong>Bonn</strong>gasse 5-7 eröffnet.<br />
2 3 Seit diesem Tag eröffneten <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> 53 Filmtheater, viele von ihnen wurden wieder<br />
geschlossen. Heute s<strong>in</strong>d es nur noch sieben <strong>K<strong>in</strong>os</strong>. Wie kam diese Entwicklung zustande<br />
und was führte zum <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben?<br />
Mit dieser Arbeit möchte ich die Veränderung der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft seit dem Zweiten<br />
Weltkrieg zusammenfassen, und herausf<strong>in</strong>den, wodurch das <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> verursacht<br />
wurde und ob damit e<strong>in</strong> Sterben der K<strong>in</strong>okultur e<strong>in</strong>hergeht. Um die letztgenannte<br />
Fragestellung zu erörtern, werde ich exemplarisch drei <strong>K<strong>in</strong>os</strong> und ihre Konzepte untersuchen.<br />
Als K<strong>in</strong>o def<strong>in</strong>iere ich kommerziell geführte Institutionen mit eigens für die Filmvorführung<br />
ausgestatteten Theatersälen.<br />
Zusätzlich bef<strong>in</strong>det sich im Anhang e<strong>in</strong>e Liste aller <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, deren Gründungs- sowie<br />
Schließungsdaten, sowie dem Standort. Außerdem habe ich e<strong>in</strong>e Übersicht über die Entwicklung<br />
der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Timel<strong>in</strong>e angelegt, damit der Leser<br />
e<strong>in</strong>en schnellen Überblick über die Entwicklung bekommen kann.<br />
Me<strong>in</strong>e Informationen stammen hauptsächlich aus dem <strong>Bonn</strong>er Stadtarchiv und aus e<strong>in</strong>em<br />
Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, dem WOKI-Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus war das Internet e<strong>in</strong>e wichtige Informationsquelle. 4<br />
1<br />
Der K<strong>in</strong>ematograph 45/1907, nach: k<strong>in</strong>owiki.de<br />
2<br />
In Bad Godesberg, damals noch eigenständige Stadt, begannen 1906 die „Mehlemer Lichtspiele“ im<br />
Hotel Villa Friede <strong>in</strong> der Ma<strong>in</strong>zer Straße mit regelmäßigen Filmvorstellungen. Erst 28 Jahre später, im<br />
Jahr 1933 bekam auch Beuel mit der „Filmbühne“ <strong>in</strong> der Friedrich-Breuer-Straße e<strong>in</strong> eigenes K<strong>in</strong>o.<br />
3<br />
Das „Stern“ zitiert auf https://www.c<strong>in</strong>estar.de/blog/k<strong>in</strong>oportrait-sternlichtspiele-bonn/ e<strong>in</strong>en Zeitungsartikel,<br />
demzufolge es selber 1913 das erste <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>o sei. Jedoch wird hier anders als auf K<strong>in</strong>owiki<br />
nur die Zeitung, nicht aber die Ausgabe benannt.<br />
4<br />
Siehe Quellenverzeichnis<br />
3
2. Hauptteil<br />
2.1 Allgeme<strong>in</strong>e Entwicklung der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft seit 1945 5<br />
So wie für ganz Deutschland, war der Zweite Weltkrieg auch für die <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schneidendes Ereignis. In ke<strong>in</strong>em <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>o wurden nach Kriegsende<br />
noch Filme gezeigt. Viele <strong>K<strong>in</strong>os</strong> wurden nie wiedereröffnet. Insgesamt überlebten nur<br />
zehn <strong>K<strong>in</strong>os</strong> den Krieg.<br />
Das Wiederaufleben der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>okultur begann mit der Beueler Filmbühne, die als<br />
erstes K<strong>in</strong>o im gesamten <strong>Bonn</strong>er Stadtgebiet im Juli 1945 wiedereröffnete. 6 Nach und<br />
nach folgten nun auch andere <strong>K<strong>in</strong>os</strong>. Das „Metropol“ am Markt konnte 1946 wieder die<br />
ersten Besucher empfangen. Drei Jahre später folgte das, sich ebenfalls am Markt bef<strong>in</strong>dende<br />
„Stern“.<br />
Der Krieg hatte jedoch nicht nur für Schließungen gesorgt, er hatte auch das e<strong>in</strong>e oder<br />
andere K<strong>in</strong>o durch Bombenangriffe zerstört. „Am 28. Dezember 1944 gab es abends<br />
Alarm […]. Alle Besucher mussten runter <strong>in</strong> den Keller. E<strong>in</strong>e Luftm<strong>in</strong>e traf genau <strong>in</strong> den<br />
<strong>K<strong>in</strong>os</strong>aal, und machte ihn dem Erdboden gleich. […] Doch alle Besucher kamen mit dem<br />
Leben davon“ 7 . Durch das Engagement des Besitzers Veith wurde das „Union“ dennoch<br />
bis 1949 wiederaufgebaut.<br />
Noch härter traf es das „Gangolf“ nahe des Bahnhofs. Es musste nach dem Krieg komplett<br />
abgerissen werden und konnte erst nach e<strong>in</strong>em totalen Neubau Anfang der 50er erneut<br />
Filme vorführen. „Das Gangolfhaus soll e<strong>in</strong>e Visitenkarte der jungen Bundeshauptstadt<br />
werden“, schrieb der General-Anzeiger über das noch zerstörte Gebäude. 8 Ebenfalls überlebten<br />
<strong>in</strong> der Innenstadt das „Moderne Theater“ und das „Scala“. In Beuel zeigten die<br />
„Lichtspiele Beuel“, ab 1960 <strong>in</strong> „Rhe<strong>in</strong>gold “umbenannt, wieder Filme. Seit se<strong>in</strong>er Eröffnung<br />
1923 wechselte das K<strong>in</strong>o weitere Male den Namen: von Beueler „Tonlichtspiele“<br />
5<br />
Obwohl Beuel und Bad Godesberg 1945 noch selbstständige Städte waren, wird me<strong>in</strong>e Facharbeit das<br />
gesamte heutige <strong>Bonn</strong>er Stadtgebiet behandeln.<br />
6<br />
vgl. Beg<strong>in</strong>n <strong>in</strong> wirtschaftlich schwerer Zeit, Generalanzeiger 1983<br />
7<br />
vgl. Zwischen Melb und Weiher, Signal, 1986<br />
8<br />
vgl. Demnächst <strong>in</strong> diesem Theater, General-Anzeiger, 1950<br />
4
zu „Roxy“, von „Reg<strong>in</strong>a“ zu „Lichtspiele Beuel“ zu „Rhe<strong>in</strong>gold“ . 9 Parallel dazu öffneten<br />
<strong>in</strong> Bad Godesberg die „Kurlichtspiele“ ihre Tore.<br />
Die 50er Jahre waren von e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>oboom gekennzeichnet. In den Nachkriegsjahren<br />
wuchsen <strong>in</strong>sgesamt neun <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, angefangen mit den „Apollo-Lichtspielen“ 10 1949 <strong>in</strong><br />
Gronau, <strong>in</strong> das Stadtleben h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Das „Woki“ <strong>in</strong> der Innenstadt begann zum Beispiel<br />
1954 damit, Wochenschauen zu zeigen. Auch der „Stern“ konnte mit dem „Filmstudio“,<br />
das im Nachbarhaus untergebracht war und zum „Stern“ gehörte, 1959 se<strong>in</strong> Angebot vergrößern<br />
und auf den neuesten technischen Stand br<strong>in</strong>gen. Damals berichtete der General-<br />
Anzeiger ausführlich über die moderne Ausstattung: „E<strong>in</strong> Druck auf den Knopf füllt die<br />
Le<strong>in</strong>wand mit Bildern“ 11 . Im selben Jahrzehnt, 1951, eröffnete auch das „Odeon“ <strong>in</strong><br />
Beuel, 1959 das „K<strong>in</strong>o-Tannenbusch“ 12 und 1952 das heute noch existierende „Rex“ <strong>in</strong><br />
Endenich. Auch das „City“ 13 <strong>in</strong> der <strong>Bonn</strong>gasse empf<strong>in</strong>g <strong>in</strong> diesen Jahren erste Kundschaft.<br />
E<strong>in</strong>e zentrale Rolle für die <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>ogeschichte stellt die K<strong>in</strong>okette Krüger 14 dar. Sie<br />
begann <strong>in</strong> diesen Jahren mehrere <strong>K<strong>in</strong>os</strong> zu eröffnen und prägte damit die K<strong>in</strong>olandschaft<br />
für Jahrzehnte. Die eben benannten <strong>K<strong>in</strong>os</strong> „Scala“ und „Gangolf“ gehörten zu dieser<br />
Kette. Ebenso das „Moderne“, es wurde 1954 zu „Atrium“ umbenannt und widmete sich<br />
fortan dem Action-Genre. Zusätzlich wurden 1956 das „Universum“ am Bertha-von-Suttner<br />
Platz und das riesige „Hansa-Theater“ 15 am Kaiserplatz, das mit 1200 Plätzen größer<br />
als die heutige <strong>Bonn</strong>er Oper war, <strong>in</strong> die Kette e<strong>in</strong>gereiht.<br />
Das etwas weiter entfernt liegende Bad Godesberg machte dieselbe Entwicklung durch:<br />
Im Jahr 1949 wurden die „Burglichtspiele“ e<strong>in</strong>geweiht sowie das Vorkriegsk<strong>in</strong>o „Kammerspiele“<br />
als „Residenz“ neueröffnet. Sechs Jahre später folgte das „Capitol“. In Mehlem<br />
schuf man 1950 das „Meli“. Auch das heutige Theater „Kammerspiele“ wurde 1952<br />
als „Stadttheater“ eröffnet. Schon damals gab es dort Theateraufführungen. Der General-<br />
9<br />
vgl. Schmidt, Besonders die Kirchen lehnten e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o als lästige Konkurrenz ab, 1998<br />
10<br />
Schließungsdatum unbekannt; ke<strong>in</strong>e weiteren Meldungen im Stadtarchiv nach e<strong>in</strong>em Neubau 1965<br />
11<br />
vgl. e. r.: Neues K<strong>in</strong>o <strong>in</strong> Violett, Rot und Grau, General-Anzeiger 1959<br />
12<br />
Ke<strong>in</strong>e weiteren H<strong>in</strong>weise auf den Fortbestand dieses <strong>K<strong>in</strong>os</strong><br />
13<br />
Sowohl e<strong>in</strong>e Suche im Stadtarchiv wie im Internet ergaben ke<strong>in</strong> Schließungsdatum, da Ra<strong>in</strong>er Otto das<br />
„City“ nicht erwähnte, gehe ich davon aus, dass es nicht vor oder <strong>in</strong> den 80ern geschlossen wurde<br />
14<br />
Geführt von Münchner Karl He<strong>in</strong>z Krüger, Krüger GmbH & Co. KG<br />
15<br />
Das „Hansa“ bestand damals aus e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen, riesigen Saal mit 1200 Plätzen<br />
5
Anzeiger schrieb damals „Im `Zwitter` Stadttheater brachte die Bühne Klasse, der Film<br />
Kasse“ 16 .<br />
E<strong>in</strong>geleitet 1962 mit der Schließung des „Residenz-Theaters“ <strong>in</strong> Bad Godesberg, e<strong>in</strong> erster<br />
Vorbote des großen <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terbens 17 , vollzog sich <strong>in</strong> den 70er und 80er Jahren e<strong>in</strong>e<br />
gegensätzliche Bewegung: Der K<strong>in</strong>oboom stoppte, erste <strong>K<strong>in</strong>os</strong> begannen zu schließen.<br />
Tatsächlich traf es Bad Godesberg bei weitem am heftigsten. Nach dem „Residenz“<br />
wurde im Jahr 1971 das „Capitol“ geschlossen sowie das Mehlemer „Meli“ - es wurde<br />
zum Vere<strong>in</strong>shaus umgebaut. Im selben Jahr musste die „Burglichtspiele“ den Spielbetrieb<br />
e<strong>in</strong>stellen und wurden drei Jahre später im Zuge der Godesberger Altstadtsanierung abgerissen.<br />
18 Der Besitzer dieser Lichtspiele, Theo Schultheis, hatte jedoch im selben Jahr<br />
die seit 1911 bestehenden „Kurlichtspiele“ gekauft und eröffnete diese als „City-C<strong>in</strong>ema“<br />
und „Filmpassage“. Beide Häuser wurden schon 1987 wieder geschlossen. Mit dieser<br />
letzten Schließung sollte es die nächsten zehn Jahre ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o südlich der Innenstadt geben.<br />
19<br />
Auch die anderen Stadtteile hatten unter dem <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben zu leiden. In Beuel schloss<br />
1973 das „Odeon“. Das „Rhe<strong>in</strong>gold“, das zwei Jahre später schließen musste, ist seit 1979<br />
Sitz vom „Jungen Theater <strong>Bonn</strong>“. Obwohl 1986 die „Brotfabrik“ ihrem Kulturzentrum<br />
e<strong>in</strong>en <strong>K<strong>in</strong>os</strong>aal h<strong>in</strong>zufügte, war auch das Beueler K<strong>in</strong>oangebot deutlich geschrumpft. Außerdem<br />
übernahm das Endenicher „Rex“ im selben Jahr die Leitung der Filmbühne, sie<br />
heißt seitdem „Neue Filmbühne“.<br />
In der Innenstadt musste zusätzlich das „Scala“ der Krüger-Kette wegen des Baus des<br />
Stadthauses <strong>in</strong> den 70ern schließen und wurde abgerissen. Auch das „Woki“ musste se<strong>in</strong>en<br />
Saal räumen, da die Volksbank, der das Gebäude gehörte, Pläne hatte, die E<strong>in</strong>gangshalle<br />
zu erweitern. Die Krüger-Kette schloss 1975 ebenfalls das „Atrium“, der gesamte<br />
Häuserblock wurde zur Sternpassage umgebaut, da e<strong>in</strong>e Passage rentabler war als e<strong>in</strong><br />
K<strong>in</strong>o. Dieser Bewegung folgend, wurde auch das „Hansa-Theater“ 1978 zur heutigen<br />
Kaiserpassage umgebaut. Zwei kle<strong>in</strong>e <strong>K<strong>in</strong>os</strong>äle wurden jedoch an der Stelle der ehema-<br />
16<br />
vgl. Das Fernsehen bedeutete das Ende für das „todsichere“ Geschäft K<strong>in</strong>o, General-Anzeiger, 1984<br />
17<br />
graphisch gut <strong>in</strong> der Timel<strong>in</strong>e erkennbar<br />
18<br />
vgl. B.R., Alte Tonhalle wird abgerissen, <strong>Bonn</strong>er Rundschau 1974<br />
19<br />
vgl. Schampel, Als <strong>in</strong> Godesberg die Bilder laufen lernten, 1997<br />
6
ligen Balkone des <strong>K<strong>in</strong>os</strong> e<strong>in</strong>gerichtet. In Poppelsdorf musste zuletzt 1978 das Vorkriegsk<strong>in</strong>o<br />
„Union“ dem Bau e<strong>in</strong>es Autobahnzubr<strong>in</strong>gers weichen. Es kam allerd<strong>in</strong>gs auch<br />
zu e<strong>in</strong>er Eröffnung: Das Programmk<strong>in</strong>o Atlantis zeigte von 1983 bis zur Jahrtausendwende,<br />
als es geschlossen wurde, se<strong>in</strong>e Filme.<br />
Mit den 1980ern beg<strong>in</strong>nt auch die wechselhafte Zeit des Prachtk<strong>in</strong>os „Metropol“. Es<br />
wurde 1982 von der Versicherungsfirma WWK 20 gekauft und wechselte zwei Jahre später<br />
den Pächter: Die Krüger-Kette. Elf Jahre später wurde es an die K<strong>in</strong>okette UFA 21 weiterverkauft.<br />
Auch das „Stern“ gehörte seit 1990 zu dieser Kette. Der Pachtvertrag mit Krüger<br />
blieb jedoch erhalten, was dazu führte, dass nun die beiden Konkurrenzunternehmen zusammen<br />
im „Metropol“ ihre Filme zeigten. Während Krüger se<strong>in</strong>e Vorführungen <strong>in</strong> den<br />
beiden <strong>K<strong>in</strong>os</strong>älen im Untergeschoss zeigte, blieb der große Saal und der Kuppelsaal der<br />
UFA überlassen. Diese g<strong>in</strong>g jedoch Anfang der 2000er <strong>in</strong>solvent und wurde von der K<strong>in</strong>okette<br />
C<strong>in</strong>eStar aufgekauft. Bis zur Schließung des „Metropols“ 2006 teilte sich nun<br />
C<strong>in</strong>eStar weiterh<strong>in</strong> mit der Krüger-Kette das K<strong>in</strong>o. Nach e<strong>in</strong>er Zwangsversteigerung des<br />
Gebäudes wurde das „Metropol“ vom neuen Besitzer zum Buchladen „Thalia“ umgebaut.<br />
Noch heute betreibt C<strong>in</strong>eStar weiterh<strong>in</strong> das „Stern“ als e<strong>in</strong>es von vielen ihrer <strong>K<strong>in</strong>os</strong> <strong>in</strong><br />
Deutschland. Das dazugehörige „Filmstudio“ wurde im Zuge von Renovierungsarbeiten<br />
im „Stern“ 2013 geschlossen.<br />
Die Krüger-Kette hatte sich <strong>in</strong> den Jahren zuvor von se<strong>in</strong>en übrigen <strong>K<strong>in</strong>os</strong> getrennt: Nachdem<br />
schon das „Scala“ und das „Atrium“ geschlossen hatten, wurden auch die übrigen<br />
zwei Säle des „Hansa“ <strong>in</strong> den 90ern dichtgemacht. Das Flaggschiff der Kette, das „Gangolf“<br />
wurde ebenfalls <strong>in</strong> diesen Jahren geschlossen. Kurzzeitig wurde es zum Eventcenter<br />
umgebaut. Heute bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> dem Gebäude der Biomarkt „Basic“. 1997 wurde auch<br />
das „Universum“ geschlossen, da im selben Jahr <strong>in</strong> Bad Godesberg das Multiplexk<strong>in</strong>o 22<br />
„K<strong>in</strong>opolis“ se<strong>in</strong>e elf Säle eröffnete. Das „Universum“ wurde jedoch e<strong>in</strong> Jahr später als<br />
„Woki“ wiedereröffnet und bietet uns seitdem täglich Vorführungen.<br />
20<br />
Münchner Witwen- und Waisenkasse (WWK)<br />
21<br />
Universum Film Aktiengesellschaft (UFA), Gegründet 1917<br />
22 E<strong>in</strong> Multiplex ist e<strong>in</strong> „komfortabel ausgestattetes K<strong>in</strong>ocenter mit m<strong>in</strong>destens acht Sälen und 1.600 Sitzplätzen.<br />
[…] Multiplex-<strong>K<strong>in</strong>os</strong> verstehen sich selbst als Freizeitzentren und s<strong>in</strong>d umgeben von Restaurants,<br />
Bistros, Spielhallen, Fanartikelläden und ähnlichem. E<strong>in</strong> wesentlicher Teil des E<strong>in</strong>spieles der <strong>K<strong>in</strong>os</strong><br />
(20%) resultiert aus Nebengeschäften wie dem Getränke-, Popcorn- und Süßwarenverkauf. Die <strong>K<strong>in</strong>os</strong> erwirtschaften<br />
e<strong>in</strong>e Auslastung von deutlich über 30%.“ (filmlexikon.uni-kiel.de)<br />
7
Seit e<strong>in</strong>em Umbau im Jahr 2003 zeigt auch das bekannte „LVR-Landesmuseum“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Kooperation mit der „Brotfabrik“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen <strong>K<strong>in</strong>os</strong>aal im Untergeschoss Filme. 23<br />
Heute s<strong>in</strong>d von den <strong>in</strong>sgesamt 26 <strong>K<strong>in</strong>os</strong> seit Kriegsende nur sieben erhalten geblieben:<br />
das K<strong>in</strong>o im „LVR-Landesmuseum“, das K<strong>in</strong>o <strong>in</strong> der „Brotfabrik“, das „K<strong>in</strong>opolis“, die<br />
„Neue Filmbühne“, das „Rex“, das „Stern“ und das „Woki“. 24<br />
23<br />
Nach dem Umbau 1999-2003 g<strong>in</strong>g das Landesmuseum die Kooperation mit der „<strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>emathek“<br />
(auch „Brotfabrik“ genannt) e<strong>in</strong>.<br />
24<br />
Mehrere <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, wie z.B. die „Lichtburg“, werden <strong>in</strong> dieser Facharbeit nicht erwähnt, da ihre Existenz<br />
durch das Stadtarchiv nicht belegt werden konnten. Sie werden allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> der „Liste aller <strong>Bonn</strong>er <strong>K<strong>in</strong>os</strong>“<br />
im Anhang aufgeführt.<br />
8
2.2 <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Schaut man sich die beschriebene Entwicklung der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft seit dem Krieg<br />
an, stellt man fest, dass es heutzutage deutlich weniger <strong>K<strong>in</strong>os</strong> gibt als <strong>in</strong> den 50ern. Wirft<br />
man e<strong>in</strong>en weiteren Blick auf diese Entwicklung, sieht man, dass es ke<strong>in</strong> Auf und Ab ist,<br />
sondern dass stufenartig immer mehr <strong>K<strong>in</strong>os</strong> verschw<strong>in</strong>den 25 . Auf den Bauboom kurz nach<br />
dem Krieg folgten nun Schließungen. Natürlich wurden auch <strong>in</strong> der Zeit danach weitere<br />
<strong>K<strong>in</strong>os</strong> gebaut, umgebaut, neueröffnet, allerd<strong>in</strong>gs nicht annähernd so viele wie <strong>in</strong> den<br />
50ern und noch nicht e<strong>in</strong>mal genug, um das <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben auszugleichen. Wie ist es zu<br />
dieser Entwicklung gekommen?<br />
Die Geschichte des <strong>K<strong>in</strong>os</strong> als Ort, um mit bewegten Bildern Geschichten zu erzählen,<br />
beg<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts. 26 Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden<br />
<strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> sowie <strong>in</strong> ganz Deutschland viele <strong>K<strong>in</strong>os</strong> eröffnet. Der Krieg unterbrach diese Entwicklung<br />
abrupt. Viele <strong>K<strong>in</strong>os</strong> überlebten ihn nicht, wurden zum Beispiel zerstört oder<br />
blieben nach Kriegsende e<strong>in</strong>fach geschlossen. Erst nach und nach wurde e<strong>in</strong> Teil der <strong>K<strong>in</strong>os</strong><br />
wiedereröffnet, teilweise sogar wiederaufgebaut, um die Bevölkerung wieder mit Filmen<br />
zu versorgen. Mit dem Ende des Krieges kam es nun <strong>in</strong> den 50ern zum K<strong>in</strong>oboom.<br />
Die Menschen wollten durch das K<strong>in</strong>o den Er<strong>in</strong>nerungen des Krieges und der Alltagstristesse<br />
entfliehen. 27<br />
Es gibt mehrere Phasen des <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terbens, von denen e<strong>in</strong>e der wichtigsten durch die Verbreitung<br />
des Mediums Fernsehen ausgelöst wurde. Das K<strong>in</strong>o boomte <strong>in</strong> den 50ern, weil<br />
die meisten Haushalte sich ke<strong>in</strong>en Fernsehapparat leisten konnten. 28 In den 60ern und<br />
70ern wurde dieser Luxus jedoch langsam <strong>in</strong> den Alltag e<strong>in</strong>gegliedert. Das K<strong>in</strong>o verlor<br />
das Monopol an Filmen und besonders an Wochenschauen. Dies hatte zur Folge, dass die<br />
Publikumsmassen immer weiter abnahmen und viele <strong>K<strong>in</strong>os</strong> schließen mussten. In Bad<br />
Godesberg lässt sich dieser Rückgang besonders gut erkennen: Statistiken der Godesberger<br />
Stadtverwaltung belegen e<strong>in</strong>e Zunahme von 2.000 auf 10.000 Fernsehanschlüssen<br />
25<br />
Ungefähre Anzahl an <strong>K<strong>in</strong>os</strong>: 1950: 12, 1960: 23, 1970: 19, 1980: 12, 1990: 9, 2000: 8, 2018: 7<br />
26<br />
vgl. Janick Gootz, <strong>in</strong>: Facharbeit „Fasz<strong>in</strong>ation K<strong>in</strong>o“ S. 4, <strong>Bonn</strong> 2015<br />
27<br />
vgl. ndr.de<br />
28<br />
vgl. Küpper, Das Fernsehen bedeutete das Ende für das “todsichere“ Geschäft K<strong>in</strong>o, General-Anzeiger<br />
1984<br />
9
zwischen 1957 und 1962, parallel zu e<strong>in</strong>em Rückgang an K<strong>in</strong>obesuchern von e<strong>in</strong>er Million<br />
auf ungefähr 440.000. 29 Bis <strong>in</strong> die 80er zog sich der Prozess h<strong>in</strong>, am Ende schloss<br />
auch das letzte Godesberger K<strong>in</strong>o. Auch <strong>in</strong> Beuel kam es <strong>in</strong> dieser Zeit zu mehreren<br />
Schließungen.<br />
In der <strong>Bonn</strong>er Innenstadt war die Lage jedoch ganz anders. „Ich wüsste jetzt ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o,<br />
dass [wegen des Fernsehens] pleite gegangen ist“ 30 , erklärt Ra<strong>in</strong>er Otto über die Krüger-<br />
Kette. Sie hatte <strong>in</strong> dieser Zeit als e<strong>in</strong>ziges K<strong>in</strong>ounternehmen Schließungen <strong>in</strong> der Innenstadt<br />
zu verzeichnen. Ke<strong>in</strong>e davon hängt direkt mit s<strong>in</strong>kenden Besucherzahlen zusammen,<br />
die <strong>K<strong>in</strong>os</strong> mussten äußeren Umständen weichen. Zum Beispiel dem Stadthaus. Als es <strong>in</strong><br />
den 70ern gebaut wurde, wurden ganze Straßenabschnitte abgerissen, so auch das<br />
„Scala“. Die Stadt <strong>Bonn</strong> ist neben diesem K<strong>in</strong>o auch für e<strong>in</strong>e weitere Schließung verantwortlich.<br />
Das Poppelsdorfer „Union“ wurde abgerissen, um Platz für e<strong>in</strong>en Autobahnzubr<strong>in</strong>ger<br />
zu schaffen.<br />
E<strong>in</strong>en ganz anderen Fall stellt die Schließung des „Atrium“ dar. Seit vielen Jahren war es<br />
e<strong>in</strong> fester Bestandteil der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>okultur, bis der Besitzer des Gebäudes entschied,<br />
die Sternpassage zu bauen. Das K<strong>in</strong>o musste dem profitversprechenden Unterfangen weichen.<br />
Das „Hansa“ dieser Kette wurde mit dem nahezu gleichen Problem konfrontiert. Es<br />
stand an der Stelle der heutigen Kaiserpassage. Auch hier versprach e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kaufspassage<br />
höhere Pachte<strong>in</strong>nahmen. Der riesige Saal wurde abgerissen. Jedoch wurden an der Stelle<br />
das ehemaligen Balkons des <strong>K<strong>in</strong>os</strong> zwei kle<strong>in</strong>e Säle erbaut, „[…] die furchtbar waren,<br />
weil sie die ganz unglücklich re<strong>in</strong>geschnitten haben“ 31 .<br />
Diese Art des <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terbens durch Kündigung der Pachtverträge vonseiten der Vermieter<br />
zieht sich durch die ganze <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>ogeschichte. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel ist das „Woki“<br />
<strong>in</strong> der Gangolfstraße. Bis zu se<strong>in</strong>er Schließung lief es immer noch gut, es gehörte zu Bestzeiten<br />
sogar zu den vier meistbesuchten <strong>K<strong>in</strong>os</strong> Deutschlands. 32 Dann beschloss die Volksbank,<br />
die Räume selber nutzen zu wollen, um ihre E<strong>in</strong>gangshalle zu erweitern.<br />
29<br />
vgl. Im letzten Bad Godesberger K<strong>in</strong>o geht bald das Licht aus, <strong>Bonn</strong>er Rundschau 1987<br />
30<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S.4<br />
31<br />
vgl. ebda., S. 3<br />
32<br />
vgl. Schmitz, Programmk<strong>in</strong>o, General-Anzeiger 1970<br />
10
Die „Digitalisierung“ stellt e<strong>in</strong>en der wichtigsten Meilenste<strong>in</strong>e der K<strong>in</strong>ogeschichte dar.<br />
Geme<strong>in</strong>t ist damit die Umstellung von analog auf digital, also von Filmrolle auf Speicherkarte.<br />
Abgesehen von den immensen Vorteilen, welche die Digitalisierung mit sich<br />
brachte, hatte die K<strong>in</strong>olandschaft stellenweise darunter zu leiden. Kle<strong>in</strong>e <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, besonders<br />
<strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>städten und <strong>in</strong> den äußeren Stadtbezirken, konnten das nötige Geld (etwa<br />
70000 Euro) für die Umstellung nicht aufbr<strong>in</strong>gen, weswegen sie nicht mit dem neuen<br />
Standard mithalten konnten. 33 Als Folge kam es zu Schließungen. Alle <strong>Bonn</strong>er <strong>K<strong>in</strong>os</strong><br />
meisterten jedoch diese Herausforderung.<br />
Sogar das Multiplex „K<strong>in</strong>opolis“ verdrängte mit se<strong>in</strong>er Größe und neuesten Technik 34<br />
anders, als man es vermuten könnte, ke<strong>in</strong>e Konkurrenten. Vielmehr schloss es e<strong>in</strong>e große<br />
kulturelle Lücke <strong>in</strong> Bad Godesberg.<br />
Heutzutage bereitet vor allem das Streamen von Filmen durch Internet-Plattformen wie<br />
„Netflix“ oder „Amazon Prime“ dem K<strong>in</strong>o Probleme. Die Besucherzahlen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />
letzten Jahren deutlich gesunken, was zu e<strong>in</strong>em Ansteigen der Preise führte. Dadurch<br />
konnten sich alle betroffenen <strong>Bonn</strong>er <strong>K<strong>in</strong>os</strong> bis jetzt halten.<br />
Trotz der vielen Schließungen – von 22 Lichtspielhäusern im Jahr 1960 bis zu sieben<br />
heute - stellt sich die Frage: Verkle<strong>in</strong>ert sich die <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft wirklich? Um<br />
das zu beantworten lohnt sich e<strong>in</strong> Blick auf das „K<strong>in</strong>opolis“. Mit elf Sälen und 2435 Plätzen<br />
ist es ist so groß wie mehrere der Nachkriegsk<strong>in</strong>os zusammen. 35 Vergleicht man weiter<br />
die Anzahl der <strong>Bonn</strong>er <strong>K<strong>in</strong>os</strong>äle 1960 und heute, stellt man fest: Die Veränderung ist<br />
nicht annähernd so extrem wie befürchtet. Auch wenn vielleicht die Anzahl der Sitze<br />
<strong>in</strong>sgesamt geschrumpft ist, macht sich <strong>in</strong> der angebotenen Vielfalt an Vorstellungen kaum<br />
e<strong>in</strong>e Veränderung bemerkbar. Zwar ist der Zuschauer durch Fernsehen, Stream<strong>in</strong>g und<br />
die gestiegenen K<strong>in</strong>opreise wählerischer geworden und geht seltener <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>o, doch eben<br />
das führte zur Errichtung nahezu ebenso vieler Säle wie <strong>in</strong> der Hochzeit des <strong>Bonn</strong>er Nachkriegsk<strong>in</strong>os,<br />
damit e<strong>in</strong> möglichst großes Angebot von Filmen 36 und Vorführungen bestehen<br />
kann.<br />
33<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 7<br />
34<br />
vgl. M.W., Nicht nur <strong>in</strong>teressant für K<strong>in</strong>ogänger, Haus & Grund 1998<br />
35<br />
vgl. k<strong>in</strong>opolis.de<br />
36<br />
wobei die meisten <strong>K<strong>in</strong>os</strong> Erstaufführungen zeigen<br />
11
Diese Entwicklung mag sich von der <strong>in</strong> anderen Städten, die andere Voraussetzungen<br />
haben, unterscheiden. In <strong>Bonn</strong> konnte die K<strong>in</strong>okultur durch mehrere Faktoren hochgehalten<br />
werden. E<strong>in</strong> Grund war der Umzug der Telekom und der Post nach <strong>Bonn</strong>. Viele Angestellte<br />
zogen nun <strong>in</strong> die Stadt, darunter viele k<strong>in</strong>o<strong>in</strong>teressierte junge Menschen. Denn<br />
diese gehen häufiger als ältere Leute <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>o. 37 Zum anderen ist die <strong>Bonn</strong>er Universität<br />
sehr wichtig für die lokalen <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, da Studenten häufig <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>o gehen. 38 Und außerdem<br />
39 40<br />
ist <strong>Bonn</strong> e<strong>in</strong>e überdurchschnittlich wohlhabende Stadt.<br />
37<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 8<br />
38<br />
vgl. ebda., S. 8<br />
39<br />
vgl. ebda., S. 8. Nicht die Stadt <strong>Bonn</strong>, die Bewohner s<strong>in</strong>d hier geme<strong>in</strong>t.<br />
40<br />
Der landesweite E<strong>in</strong>kommensdurchschnitt pro Jahr (im Jahr 2013) lag bei 36244 Euro, der von <strong>Bonn</strong><br />
lag bei 42404 Euro (it.nrw.de).<br />
12
2.3 K<strong>in</strong>okultur im Wandel<br />
2.3.1 Gegenüberstellung von Woki und Universum<br />
Das „Woki“ wurde 1954 <strong>in</strong> der Gangolfstraße als Wochenschautheater eröffnet. Aus diesen<br />
Zeiten stammt auch der Name „Woki“ (Wochenschauk<strong>in</strong>o). Es hob sich jedoch von<br />
anderen Wochenschautheatern ab, da Gerhard Zimmermann, Geschäftsführer des „Wokis“,<br />
aus allen damals angebotenen Wochenschauen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige zusammenschnitt. 41<br />
Als sich das Fernsehen allmählich durchsetzte, stieg das „Woki“ darauf e<strong>in</strong>, Vorführungen<br />
nach dem „Nonstopkonzept“ zu geben. Mit Nonstop ist geme<strong>in</strong>t, dass e<strong>in</strong> meist relativ<br />
kurzer Film ohne Unterbrechung oder Pause immer wieder wiederholt wird. Die Zuschauer<br />
können kommen und gehen, wann sie wollen, und das zu e<strong>in</strong>em sehr ger<strong>in</strong>gen<br />
Preis. Nicht selten kam es dazu, dass man zuerst das Ende des Filmes sah, erst danach<br />
den Anfang.<br />
Das Programm lief damals von 9 bis 17 Uhr. Das Konzept war besonders für Schüler sehr<br />
verlockend, was zu regelmäßigem Schulschwänzen führte. „[…] Manchmal kam auch<br />
das Ordnungsamt re<strong>in</strong> und hat die ganzen Schüler rausgeholt, oder Lehrer kamen tatsächlich<br />
auch vom EMA“ 42 43 . Abends wurde das „Woki“ zum Programmk<strong>in</strong>o und zeigte<br />
anspruchsvollere Filme. 44 Durch diese Komb<strong>in</strong>ation wurde es mit bis zu 350.000 Besuchern<br />
pro Jahr zum erfolgreichsten K<strong>in</strong>o <strong>Bonn</strong>s und gehörte sogar zu den fünf erfolgreichsten<br />
<strong>K<strong>in</strong>os</strong> <strong>in</strong> Deutschland 45 .<br />
Weil das <strong>Bonn</strong>er „Woki“ so gut lief, wurde e<strong>in</strong>e Kette gegründet. Zur Bestzeiten besaß<br />
sie ungefähr 13 <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, die alle aber im Laufe der Jahre wieder geschlossen wurden, sodass<br />
das <strong>Bonn</strong>er „Woki“ sowohl das erste als auch das letzte K<strong>in</strong>o der Kette war.<br />
Das Ende des „Wokis“ kam 1984, als der Besitzer des Gebäudes, die Volksbank, den<br />
Pachtvertrag nicht verlängerte. Auch e<strong>in</strong>e Ausweichmöglichkeit für das K<strong>in</strong>o wurde nicht<br />
gefunden, es war gezwungen, zu schließen. Und das, obwohl das Geschäft noch gut lief.<br />
41<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 1<br />
42<br />
Ra<strong>in</strong>er Otto war von 1975 bis 1984 Schüler des EMAs<br />
43<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 1<br />
44<br />
Zeitweise war es das e<strong>in</strong>zige <strong>Bonn</strong>er Programmk<strong>in</strong>o<br />
45<br />
Zum Vergleich: Das Woki hatte 240 Sitze, das erfolgreichste K<strong>in</strong>o Deutschlands etwa 1000<br />
13
Otto beschreibt die Schließung als „[…] erschütternd“ 46 . Zuletzt wurde aus dem K<strong>in</strong>o die<br />
E<strong>in</strong>gangshalle der Volksbankfiliale.<br />
*<br />
Das „Universum“ steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em starken Kontrast zum „Woki“. Es wurde 1956 gegründet,<br />
zwei Jahre nach dem „Woki“, und gehörte zur K<strong>in</strong>okette Krüger. Zu Anfang widmete<br />
sich das K<strong>in</strong>o den Erstaufführungen, zeigte diese sogar <strong>in</strong> 70mm-Qualität 47 . In den 70ern<br />
änderte das „Universum“ se<strong>in</strong> Konzept und wurde zum Pornok<strong>in</strong>o. Da es zu der Zeit nur<br />
drei Fernsehsender und noch ke<strong>in</strong>e Videocassetten gab, florierte das Pornogeschäft. In<br />
den 80ern stoppte das K<strong>in</strong>o se<strong>in</strong> Pornoprogramm, es lohnte sich nicht mehr, da immer<br />
weniger Zuschauer kamen. Jedoch blieb dem „Universum“ der Ruf des „Schmuddelk<strong>in</strong>os“,<br />
weswegen es nur sehr schlecht lief. Als Teil der Kette wurde es nun zur letzten<br />
Abspielstation.<br />
Mit dem Bau des konkurrierenden „K<strong>in</strong>opolis“ entschied sich der Besitzer der Kette, das<br />
K<strong>in</strong>o 1997 zu schließen, weil er e<strong>in</strong>en weiteren Zuschauerrückgang befürchtete. Da er<br />
nicht mehr <strong>in</strong> das „Universum“ <strong>in</strong>vestiert hatte, hätte es nicht gegen das Multiplex durchgehalten.<br />
48 Die Eigentümer des Gebäudes entschieden sich allerd<strong>in</strong>gs dafür, auch weiterh<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o beherbergen zu wollen.<br />
2.3.2 Das „Neue Woki“<br />
Zwei riesige K<strong>in</strong>oketten, UFA und „K<strong>in</strong>opolis“, kämpften um das „Universum“. 49 Ra<strong>in</strong>er<br />
Otto war völlig überrascht, als man ihm das K<strong>in</strong>o anbot, ergriff jedoch die Chance und<br />
begann, se<strong>in</strong> Konzept zu planen. 50 Es war se<strong>in</strong> großer Traum gewesen, e<strong>in</strong> eigenes K<strong>in</strong>o<br />
zu gründen. 51<br />
46<br />
Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 2.<br />
47<br />
Standard waren 35mm Filme. Mit 70mm war die Auflösung doppelt so hoch.<br />
48<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 3<br />
49<br />
vgl. Kl<strong>in</strong>kertz, WOKIs Rückkehr, Schnüss 1998<br />
50<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 5<br />
51<br />
(Korrekterweise: Abgeschreckt von dem Aufwand und den Kosten e<strong>in</strong>es solchen Unterfangens war dies<br />
nicht durchgehend se<strong>in</strong> Traum) vgl. ebda, S. 5<br />
14
Schließlich legte er den Besitzern se<strong>in</strong> neues Konzept vor: Nicht mehr Filmkunst, wie es<br />
se<strong>in</strong> ursprünglicher Plan gewesen war, sondern One-Dollar-K<strong>in</strong>o, angelehnt an das Konzept<br />
des alten „Wokis“. Jeder Film für 2,50 €, egal ob lang oder kurz, neu oder alt, verbunden<br />
mit Nonstopvorstellungen. „Die s<strong>in</strong>d ausgeflippt, das Konzept fanden die so geil<br />
[…] .Wir [haben] e<strong>in</strong>en Pachtvertrag gemacht, und dann war’s vom Start weg e<strong>in</strong> Erfolg“<br />
52 erzählt Otto über die Reaktion der Vermieter. Er entschied sich dafür, se<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o<br />
als Hommage ebenfalls „Woki“ zu nennen. Das Nonstopkonzept funktionierte allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht ganz wie geplant, da das neue „Woki“ zu unbekannt war. Schon nach fünf Wochen<br />
stellte das „Woki“ deswegen se<strong>in</strong> Programm um. Von nun an setzte Ra<strong>in</strong>er Otto auf<br />
Filme, die schon vor Wochen, sogar schon vor Monaten durch die <strong>K<strong>in</strong>os</strong> gelaufen waren,<br />
und musste so nur e<strong>in</strong>en deutlich ger<strong>in</strong>geren Preis an die Filmverleiher zahlen. Indem er<br />
dieses Konzept auf die Spitze trieb, konnte er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Woche bis zu 35 verschiedene<br />
Filme zeigen und lockte massenweise Zuschauer an. „Wir haben mehr Besucher im Nachspiel<br />
gemacht, als die <strong>K<strong>in</strong>os</strong> <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> zum Start.“ 53 . 2003 fand e<strong>in</strong>e weitere Umstellung<br />
des Konzeptes statt, da die ursprünglichen 4,99 Mark nicht mehr ausreichten, um das<br />
K<strong>in</strong>o am Leben zu erhalten. Das „Woki“ bewegte sich von nun an immer weiter Richtung<br />
Erstaufführungsschiene, die Preise stiegen. Darunter musste die Vielfalt des Angebots<br />
leiden. „Wir versuchen immer noch, so viel wie möglich rauszuholen“ 54 erklärt Otto. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
gestaltet sich das mit den s<strong>in</strong>kenden Besucherzahlen immer schwieriger.<br />
Heute konzentriert sich das „Woki“ auf Erstaufführungen. Ra<strong>in</strong>er Otto schaut optimistisch<br />
<strong>in</strong> die Zukunft des „Wokis“ und me<strong>in</strong>t, dass auch <strong>in</strong> 20 Jahren die Menschen Geld<br />
dafür ausgeben werden, zusammen mit anderen Filme zu schauen: „Das reißt e<strong>in</strong>fach mit,<br />
wenn alle Leute lachen oder […] we<strong>in</strong>en und gerührt s<strong>in</strong>d von e<strong>in</strong>em Film.“ 55<br />
2.3.3 Stirbt die K<strong>in</strong>okultur?<br />
Seit der Erf<strong>in</strong>dung des Filmes hat das K<strong>in</strong>o e<strong>in</strong>e lange Entwicklung h<strong>in</strong>ter sich. Besonders<br />
der Gedanke h<strong>in</strong>ter dem K<strong>in</strong>o hat sich häufig verändert. Der Ort, an dem man Wochenschauen<br />
sehen kann, wird durch das Fernsehen abgelöst, das K<strong>in</strong>o beg<strong>in</strong>nt verstärkt,<br />
52<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 5<br />
53<br />
vgl. ebda., S. 6<br />
54<br />
vgl. ebda., S. 7<br />
55<br />
vgl. ebda., S. 7<br />
15
Filme zu zeigen. Nonstopk<strong>in</strong>o, Programmk<strong>in</strong>o, Erstaufführungen, Nachspiel, Pornok<strong>in</strong>o<br />
s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Beispiele.<br />
Am Beispiel der drei oben beschriebenen <strong>K<strong>in</strong>os</strong> kann man exemplarisch diese Entwicklung<br />
erkennen. Das „Woki“ beg<strong>in</strong>nt als Wochenschauk<strong>in</strong>o, wird allerd<strong>in</strong>gs nach e<strong>in</strong>igen<br />
Jahren zum Nonstopk<strong>in</strong>o und Programmk<strong>in</strong>o. Das „Universum“ beg<strong>in</strong>nt mit Erstaufführungen,<br />
wird der E<strong>in</strong>nahmen wegen aber zum Pornok<strong>in</strong>o. Als Videocassetten aufkommen,<br />
übernehmen diese das Pornogeschäft und lassen den betroffenen <strong>K<strong>in</strong>os</strong> nur e<strong>in</strong>en<br />
schlechten Ruf. Das „Universum“ versucht nun, sich wieder normalen Filmen zu widmen,<br />
und muss trotzdem schließen. Das neue K<strong>in</strong>o, das nun anstelle des „Universums“ zur<br />
<strong>Bonn</strong>er Filmlandschaft gehört, versucht mit dem Namen „Woki“ an das alte „Woki“ zu<br />
er<strong>in</strong>nern und versucht es ebenfalls mit Nonstopprogramm. Allerd<strong>in</strong>gs ist ansche<strong>in</strong>end die<br />
Zeit dieses Konzeptes vorbei, das Konzept des Nachspielens von Filmen läuft besser.<br />
Aber auch das funktioniert nicht ewig. Ab 2003 muss das „Woki“ wegen s<strong>in</strong>kender Besucherzahlen<br />
das Konzept abermals anpassen und widmet sich nun den Erstaufführungen.<br />
56 Durch die Umstrukturierung konnte das K<strong>in</strong>o überleben. Diese Möglichkeit hatte<br />
das „Universum“ ansche<strong>in</strong>end nicht, der Ruf als Schmuddelk<strong>in</strong>o war zu stark <strong>in</strong> den Köpfen<br />
der Besucher gefestigt.<br />
Und trotzdem g<strong>in</strong>g mit jedem K<strong>in</strong>o, das im Laufe der Zeit geschlossen wurde, e<strong>in</strong> Stück<br />
K<strong>in</strong>okultur verloren. Doch mussten sie möglicherweise nur deswegen schließen, weil sie<br />
unfähig waren, sich zu verändern? Denn es gibt genug <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, die all die schweren Zeiten<br />
überlebt haben. Und zwar durch Anpassung an das Verhalten der K<strong>in</strong>obesucher. Natürlich<br />
könnte man auch hier von Verlusten sprechen, wenn die Vielfalt geschmälert wird.<br />
Aber letztendlich ist es wahrsche<strong>in</strong>lich nur e<strong>in</strong>e Anpassung an die parallel laufende Entwicklung<br />
der Gesellschaft. Und warum spricht man bei Schließungen von Kulturverlust,<br />
bei fortschreitenden Entwicklungen aber nur selten? Denn eigentlich unterscheiden sich<br />
solche Fälle nur <strong>in</strong> dem Punkt, dass die E<strong>in</strong>en es geschafft haben, sich anzupassen, und<br />
die Anderen nicht.<br />
Das würde heißen, dass man nicht von e<strong>in</strong>em Sterben der K<strong>in</strong>okultur sprechen kann. Die<br />
Kultur g<strong>in</strong>g bis jetzt nicht verloren, sie veränderte sich nur. Es stimmt, dass die Besucherzahlen<br />
gesunken s<strong>in</strong>d, aber „die meisten Menschen empf<strong>in</strong>den […] e<strong>in</strong> Grundverlangen,<br />
56<br />
vgl. Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, S. 6<br />
16
das K<strong>in</strong>o zu besuchen und es somit am Leben zu erhalten“ 57 . Und solange dies der Fall<br />
ist, kann das K<strong>in</strong>o nicht sterben oder se<strong>in</strong>e Kultur verlieren.<br />
57<br />
Facharbeit Janick Gootz, S. 7<br />
17
3. Fazit<br />
Die K<strong>in</strong>olandschaft <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> hat seit den Anfängen im frühen 20. Jahrhundert e<strong>in</strong>e lange<br />
Geschichte h<strong>in</strong>ter sich. Viele <strong>K<strong>in</strong>os</strong> wurden eröffnet, noch mehr wurden geschlossen,<br />
häufig nur wegen äußerer Umstände, die nichts mit dem Rückgang der Besucherzahlen<br />
zu tun hatten. Aber auch der Besucherrückgang führte zu e<strong>in</strong>igen Schließungen, allerd<strong>in</strong>gs<br />
hauptsächlich <strong>in</strong> Bad Godesberg. Und dennoch g<strong>in</strong>gen aus jeder Phase des <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terbens<br />
neue <strong>K<strong>in</strong>os</strong> hervor, oder alte <strong>K<strong>in</strong>os</strong> konnten sich an die Entwicklung der Gesellschaft<br />
anpassen. Diejenigen <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, die dazu nicht <strong>in</strong> der Lage waren, g<strong>in</strong>gen unter, was<br />
von vielen als Verlust betrachtet wurde. Auch den <strong>K<strong>in</strong>os</strong>, die überlebten, war es durch<br />
die stetige Entwicklung der Gesellschaft nicht möglich, ursprüngliche Konzepte beizubehalten.<br />
Aber gerade dadurch wurde Platz für neue Konzepte geschaffen, die neue Besucherströme<br />
anlockten.<br />
Und auch die <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft an sich verkümmert nicht. Neue <strong>K<strong>in</strong>os</strong> wurden gebaut,<br />
sogar riesige K<strong>in</strong>ocenter, die zum<strong>in</strong>dest die Zahl der <strong>K<strong>in</strong>os</strong>äle fast ausgleichen<br />
konnten. Diese widmen sich hauptsächlich Erstaufführungen, und das Konzept geht bis<br />
jetzt auf. Aber falls <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>oform nicht mehr funktionieren sollte, zeigt die<br />
Vergangenheit, dass die betroffenen <strong>K<strong>in</strong>os</strong> überleben werden, wenn sie sich umorientieren<br />
und der neuen Zeit anpassen.<br />
*<br />
Als ich die Fragestellung me<strong>in</strong>er Facharbeit formuliert habe, hatte ich gedacht, dass <strong>Bonn</strong><br />
seit den 70ern e<strong>in</strong> bis heute andauerndes <strong>K<strong>in</strong>os</strong>terben erlebt. Während me<strong>in</strong>er Recherche<br />
musste ich jedoch feststellen, dass diese Annahme nicht komplett richtig war. Mich hat<br />
sehr bee<strong>in</strong>druckt, wie Quellenarbeit und Gespräche mit Zeitzeugen die Sicht auf D<strong>in</strong>ge<br />
ändern können. Ich konnte me<strong>in</strong>e These nun von e<strong>in</strong>er völlig anderen Seite betrachten<br />
und kam dementsprechend auf e<strong>in</strong> komplett unerwartetes Fazit für me<strong>in</strong>e Arbeit.<br />
Wenn ich im Rückblick me<strong>in</strong>e Arbeitsweise analysiere, stelle ich fest, dass ich bei künftigen<br />
Projekten noch mehr Zeit als schon dieses Mal für die Quellenforschung e<strong>in</strong>planen<br />
muss. Es ist zwar richtig, vor der Befragung der Zeitzeugen das Archivmaterial zu sammeln<br />
und zu sichten, aber es hat sich gezeigt, dass auch nach den Gesprächen Recherchen<br />
18
<strong>in</strong> den Archiven notwendig s<strong>in</strong>d, da neue Fragen aufgeworfen werden. Diese erneute Recherche<br />
hat mich sehr unter Zeitdruck gesetzt. Außerdem hatte ich ke<strong>in</strong>e Zeit dafür e<strong>in</strong>geplant,<br />
widersprüchliche Quellen auf ihre Richtigkeit zu prüfen.<br />
Von me<strong>in</strong>er Arbeit ausgehend, könnte man jetzt das Thema noch <strong>in</strong>tensiver erörtern, <strong>in</strong>dem<br />
man zum Beispiel weitere Zeitzeugen befragt. Alternativ wäre es möglich, me<strong>in</strong>e<br />
Fragestellung zu erweitern und sich der Vorkriegszeit widmen, oder die Entwicklung der<br />
<strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft mit der anderer Städte <strong>in</strong> Deutschland zu vergleichen.<br />
19
4. Literaturverzeichnis<br />
Interview:<br />
Mit Ra<strong>in</strong>er Otto am 08.02.2018 (siehe Anhang)<br />
Zeitungsartikel: 58<br />
bm., Metropol <strong>in</strong> Gefahr, <strong>in</strong>: Schnüss, <strong>Bonn</strong> 09.1982 (Stadtarchiv 134/2090)<br />
Bode, Britta, Kulturelle Lücke muß geschlossen werden, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong><br />
04.08.1990 (Stadtarchiv 142/271)<br />
B.R., Alte Tonhalle wird Abgerissen, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong> 12.09.1974 (Stadtarchiv<br />
126/552)<br />
Dietl, He<strong>in</strong>z, Am 1. Oktober öffnet <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> e<strong>in</strong> neues…,<strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 19.09.1998<br />
(Stadtarchiv 150/2214)<br />
ee, „Kennen sie K<strong>in</strong>o“, <strong>in</strong>: Schaufenster, <strong>Bonn</strong> 24/25.10.1973 (Stadtarchiv 125/1712)<br />
e.r., Neues K<strong>in</strong>o <strong>in</strong> Violett, Rot und Grau, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 28.08.1959 (Stadtarchiv<br />
109/413)<br />
Freynhagen, Ra<strong>in</strong>er, Das Woki schloß für immer se<strong>in</strong>e Türen, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Anzeigenblatt, <strong>Bonn</strong><br />
18.04.1984 (Stadtarchiv 136/37)<br />
Grote, Dom<strong>in</strong>ique, Die Wiedergeburt des WOKI, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Illustrierte, <strong>Bonn</strong> 10.1998 (Stadtarchiv<br />
150/2214)<br />
H.G., HANSAKINO öffnete se<strong>in</strong>e Glastüren, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong> 29.11.1956 (Stadtarchiv<br />
105/115)<br />
hs, Das neue Residenz-Theater, Zeitung unbekannt, <strong>Bonn</strong> 24.10.1949 (Stadtarchiv 100/748)<br />
Kl<strong>in</strong>kertz, Ulli, WOKIs Rückkehr, <strong>in</strong>: Schnüss, <strong>Bonn</strong> 10.1998 (Stadtarchiv 150/2214)<br />
Küpper, Jürgen, Das Fernsehen bedeutete das Ende für das `todsichere` Geschäft K<strong>in</strong>o, <strong>in</strong>: General-Anzeiger,<br />
<strong>Bonn</strong> 31.01.1984 (Stadtarchiv 136/403)<br />
M.W., Nicht nur <strong>in</strong>teressant für K<strong>in</strong>ogänger, <strong>in</strong>: Haus & Grund, <strong>Bonn</strong> 04.1998 (Stadtarchiv<br />
150/186)<br />
Schampel, Ingrid, Als <strong>in</strong> Godesberg die Bilder laufen lernten, Zeitung unbekannt, <strong>Bonn</strong> 10.1997<br />
(Stadtarchiv 149/3323)<br />
Schneider, Peter, Ungewisse Zukunft für Universum-K<strong>in</strong>o, <strong>Bonn</strong> 20.10.1997 (Stadtarchiv<br />
149/2339)<br />
58<br />
Quellen s<strong>in</strong>d nach Autor sortiert. Ist ke<strong>in</strong> Autor verzeichnet, s<strong>in</strong>d die Quellen nach Titel sortiert. Fehlende<br />
Angaben konnten nicht ermittelt werden.<br />
20
Schmidt, Patric, Besonders die Kirchen lehnten e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o als lästige Konkurrenz ab, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er<br />
Rundschau, <strong>Bonn</strong> 05.01.1998 (Stadtarchiv 150/129)<br />
Schmitz, Klaus, Programmk<strong>in</strong>o, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 20-21.01.1970 (Stadtarchiv 131/1)<br />
Stoffel, Gernot, ATLANTIS – vom Niedergang e<strong>in</strong>es <strong>Bonn</strong>er Programmk<strong>in</strong>os, <strong>Bonn</strong> 1984 (Stadtarchiv<br />
136/1293)<br />
Tanski, Rolf, K<strong>in</strong>o-König rettet das Metropol, <strong>in</strong>: Express, <strong>Bonn</strong> 05.04.1984 (Stadtarchiv<br />
136/12)<br />
Ärger mit Vere<strong>in</strong>shaus Mehlem, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong> 04.08.1971 (Stadtarchiv 123/95)<br />
Atrium-Lichtspiele ERÖFFNUNG, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 26.02.1954 (Stadtarchiv<br />
1081/411)<br />
Bauaufsicht verh<strong>in</strong>dert K<strong>in</strong>o-Eröffnung, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 11./12.1965 (Stadtarchiv<br />
117/946)<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>in</strong> wirtschaftlich schwerer Zeit, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 16.11.1983 (Stadtarchiv<br />
135/2538)<br />
<strong>Bonn</strong>s jüngstes K<strong>in</strong>o mit Hausnummer 13, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong> 3.10.1957<br />
Das Odeon-Theater schließt se<strong>in</strong>e Pforten, <strong>in</strong>: Beueler Nachrichten, <strong>Bonn</strong> 24.08.1973 (Stadtarchiv<br />
125/1449)<br />
Demnächst <strong>in</strong> diesem Theater, Zeitung unbekannt, <strong>Bonn</strong> 26.08.1950 (Stadtarchiv 100/515)<br />
Der äußere E<strong>in</strong>druck täuscht nur, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong> 05.8.1986 (Stadtarchiv<br />
138/2335)<br />
Der K<strong>in</strong>o-Krieg, <strong>in</strong>: Schnüss, <strong>Bonn</strong> 10.1990 (Stadtarchiv 142/3104)<br />
Film ab: Ex-Chef im neuen WOKI, <strong>in</strong>: Express, <strong>Bonn</strong> 02.10.1998 (Stadtarchiv 150/2214)<br />
Im letzten Bad Godesberger K<strong>in</strong>o geht bald das Licht aus, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong><br />
16.09.1987 (Stadtarchiv 139/2457)<br />
„Kennen Sie K<strong>in</strong>o?“, <strong>in</strong>: Schaufenster, <strong>Bonn</strong> 24/25.10.1973 (Stadtarchiv 125/1712)<br />
KINO IN BONN nach 30 Jahren…, <strong>in</strong>: Schnüss, <strong>Bonn</strong> 05.05.1984<br />
Lichtspieltheater-Jubiläum, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong> 09.11.1960 (Stadtarchiv 100/3287)<br />
Metropol wird wiedereröffnet, Zeitung unbekannt, <strong>Bonn</strong> 05.07.1946 (Stadtarchiv 100/500)<br />
Metropol-Theater, Zeitung unbekannt, <strong>Bonn</strong>, Datum unbekannt<br />
Optimale K<strong>in</strong>otechnik, <strong>in</strong>: Express, <strong>Bonn</strong> 10.1998 (Stadtarchiv 150/2214)<br />
Wohnungs-Turm beherrscht „Universum-Haus“ am Suttner-Platz, <strong>in</strong>: General-Anzeiger, <strong>Bonn</strong><br />
15.09.1956 (Stadtarchiv 105/457)<br />
Woki – Das war doch…Ne<strong>in</strong>, das wird wieder se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>: Schaufenster, <strong>Bonn</strong> 23.09.1998<br />
21
WOKI-<strong>K<strong>in</strong>os</strong>: Große Filme zu kle<strong>in</strong>em Preis, <strong>in</strong>: Express, <strong>Bonn</strong> 01.10.1998 (Stadtarchiv<br />
150/2214)<br />
Zwei Herrscher <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>o-Szene, <strong>in</strong>: <strong>Bonn</strong>er Rundschau, <strong>Bonn</strong> 29.07.1993 (Stadtarchiv<br />
145/1807)<br />
Zwischen Melb und Weiher – das Union-Theater <strong>in</strong> Poppelsdorf, <strong>in</strong>: Signal Jg 16 Nr 4, S.12-15,<br />
<strong>Bonn</strong> 1986<br />
Internetseiten:<br />
C<strong>in</strong>eStar (c<strong>in</strong>estar.de): K<strong>in</strong>oportrait: Sternlichtspiele <strong>Bonn</strong>, URL: https://www.c<strong>in</strong>estar.de/blog/k<strong>in</strong>oportrait-sternlichtspiele-bonn/,<br />
letzter Zugriff 12.02.2018<br />
Filmlexikon (filmlexikon.uni-kiel.de): Multiplex-<strong>K<strong>in</strong>os</strong>, 30.07.2011, URL:http://filmlexikon.uni-kiel.de/<strong>in</strong>dex.php?action=lexikon&tag=det&id=1856<br />
General-Anzeiger (general-anzeiger-bonn.de): Sorge um die Kaiserpassage <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong>,<br />
URL:http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Sorge-um-die-Kaiserpassage-<strong>in</strong>-<br />
<strong>Bonn</strong>-article3598450.html, letzter Zugriff 17.02.2018<br />
Information und Technik Nordrhe<strong>in</strong>-Westfahlen (it.nrw.de): E<strong>in</strong>kommen der Lohn- und<br />
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Zugriff 15.02.2018<br />
Sonstiges:<br />
Gootz, Janick, Facharbeit: Fasz<strong>in</strong>ation K<strong>in</strong>o, <strong>Bonn</strong> 09.06.201<br />
22
5. Anhang<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Timel<strong>in</strong>e – graphische Darstellung der Entwicklung der <strong>Bonn</strong>er K<strong>in</strong>olandschaft von<br />
1945 bis heute 59<br />
Liste alle <strong>Bonn</strong>er <strong>K<strong>in</strong>os</strong><br />
Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto<br />
Ausgewählte Zeitungsartikel<br />
59<br />
Sowohl die <strong>in</strong> der Timel<strong>in</strong>e und der Tabelle genannten Daten beruhen auf den Informationen, die ich<br />
aus Quellen des <strong>Bonn</strong>er Stadtarchives zusammengetragen habe. Fehlende Informationen habe ich durch<br />
persönliche Gespräche, <strong>in</strong>sbesondere das Interview mit Ra<strong>in</strong>er Otto, als auch durch Internetrecherche ergänzt.<br />
Siehe Quellenverzeichnis.<br />
23