Kalk in der Krise - Rheinkalk
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Top Thema Rhe<strong>in</strong>kalk<br />
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Als die Geschäftsführung von Rhe<strong>in</strong>kalk<br />
im Herbst letzten Jahres mit den Betriebsräten<br />
über e<strong>in</strong>e Kurzarbeitsregelung<br />
gesprochen hat, g<strong>in</strong>gen noch alle<br />
Teilnehmer von e<strong>in</strong>er schweren aber<br />
überschaubaren Wirtschaftskrise aus. So<br />
wurden <strong>in</strong> dieser Phase fast ausschließlich<br />
Vere<strong>in</strong>barungen getroffen, die e<strong>in</strong>e<br />
schnelle, aber lei<strong>der</strong> nur begrenzte Kostenentlastung<br />
br<strong>in</strong>gen können.<br />
Zum beispiel kurZarbeiT<br />
An allen Standorten ist den dort tätigen<br />
Fremdfirmen – soweit es möglich ist –<br />
gekündigt und den eigenen Mitarbeitern<br />
e<strong>in</strong> Abbau <strong>der</strong> Überstunden angeordnet<br />
worden. Neue Mitarbeiter durften nicht<br />
mehr e<strong>in</strong>gestellt werden, bestehende<br />
Zeitverträge sollten auslaufen. Auch die<br />
Anordnung von krisenbed<strong>in</strong>gten Urlaubstagen<br />
konnte die Lage des Unternehmens<br />
nicht entscheidend verbessern, so dass<br />
im nächsten Schritt die Kurzarbeit folgen<br />
musste. Seit Wochen bef<strong>in</strong>den sich Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen an verschiedenen<br />
Standorten <strong>in</strong> Kurzarbeit, aber die erhoffte<br />
nachhaltige, wirtschaftliche Verbesserung<br />
ist bisher nicht e<strong>in</strong>getreten.<br />
alle kundengruppen beTroffen<br />
Noch nie ist die Stahlkonjunktur <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Nachkriegszeit so stark e<strong>in</strong>gebrochen wie<br />
2009 zum Vorjahr. Die Wirtschaftsvere<strong>in</strong>igung<br />
Stahl meldet beispielsweise e<strong>in</strong>e<br />
Halbierung <strong>der</strong> Auftragse<strong>in</strong>gänge und<br />
man geht davon aus, dass die Rohstahlproduktion<br />
<strong>in</strong> Deutschland noch unter das<br />
Niveau <strong>der</strong> 60er Jahre s<strong>in</strong>ken wird. Fast<br />
je<strong>der</strong> zweite Stahlarbeiter arbeitet kurz.<br />
Die Produktionskapazitäten <strong>der</strong> Stahl-<br />
%<br />
4,0<br />
2,0<br />
0,0<br />
-2,0<br />
-4,0<br />
-6,0<br />
-8,0<br />
branche seien <strong>der</strong>zeit allenfalls zu 60%<br />
ausgelastet, so Verbandspräsident Hans<br />
Jürgen Kerkhoff für die bedeutendste<br />
Kundengruppe von Rhe<strong>in</strong>kalk.<br />
Und auch bei den an<strong>der</strong>en Abnehmern<br />
von <strong>Kalk</strong>produkten sieht es nicht viel<br />
besser aus. Im jüngsten Quartalsbericht<br />
bilanziert <strong>der</strong> Verband <strong>der</strong> Chemischen<br />
Industrie (VCI) e<strong>in</strong>en Rückgang von 17,6%.<br />
Hervorzuheben ist, dass am stärksten<br />
von <strong>der</strong> Rezession die Petrochemie und<br />
Kunststoffchemie betroffen s<strong>in</strong>d. Beide<br />
Bereiche s<strong>in</strong>d wichtige Abnehmer<br />
unserer <strong>Kalk</strong>produkte. Die Auslastung<br />
<strong>der</strong> Produktionsanlagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chemischen<br />
Industrie ist auf 70% gesunken.<br />
Anzeichen für e<strong>in</strong>e nachhaltige Erholung<br />
s<strong>in</strong>d nicht zu erkennen, so <strong>der</strong> VCI.<br />
Ähnlich sieht es im Baugewerbe aus. Da<br />
verzeichnet das Statistische Bundesamt<br />
17,5% weniger Auftragse<strong>in</strong>gänge als im<br />
entsprechenden Vorjahresmonat. Hierbei<br />
ist beson<strong>der</strong>s zu erwähnen, dass <strong>der</strong><br />
Hochbau mit den Produktgruppen <strong>Kalk</strong>sandste<strong>in</strong>e<br />
und Porenbetone stärker betroffen<br />
ist als <strong>der</strong> Tiefbau. Und auch im<br />
sche<strong>in</strong>bar so sicheren <strong>Kalk</strong>-Absatzbereich<br />
Umweltschutz werden heute weniger<br />
Produkte nachgefragt. Die Braunkohle-Kraftwerke<br />
produzieren wegen<br />
<strong>der</strong> stehenden Industrieanlagen deutlich<br />
weniger Strom, benötigen somit auch weniger<br />
<strong>Kalk</strong> für ihre Rauchgasre<strong>in</strong>igung.<br />
Insgesamt ist durch die Wirtschaftskrise<br />
<strong>der</strong> Absatz von Rhe<strong>in</strong>kalk Monat für Monat<br />
beträchtlich gesunken. So wurden im<br />
Mai 45% gebrannte und 30% ungebrannte<br />
Produkte weniger verkauft.<br />
Entwicklung des Brutto<strong>in</strong>landsprodukts<br />
Entwicklung Preisbere<strong>in</strong>igt des Brutto<strong>in</strong>landsprodukts, preisbere<strong>in</strong>igt<br />
Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1<br />
2006<br />
2007<br />
2008 2009<br />
Verän<strong>der</strong>ung<br />
zum Vorquartal<br />
Verän<strong>der</strong>ung<br />
zum Vorjahresquartal<br />
-3,8<br />
-6,7<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Erstmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegsgeschichte <strong>der</strong><br />
Firma reichen die E<strong>in</strong>nahmen nicht aus,<br />
um die laufenden Ausgaben zu decken.<br />
Rhe<strong>in</strong>kalk lebt also von <strong>der</strong> Substanz,<br />
und Gespräche mit Kunden zeigen, dass<br />
frühere Absatzmengen <strong>in</strong> absehbarer Zeit<br />
nicht mehr erreicht werden können. Es ist<br />
an <strong>der</strong> Zeit, sich auf diese neue Situation<br />
e<strong>in</strong>zustellen.<br />
sTandorTe analysierT<br />
Die Geschäftsführung von Rhe<strong>in</strong>kalk hat<br />
deshalb Ende März beschlossen, ausnahmslos<br />
alle Sachkosten und Unternehmensstandorte<br />
auf ihre zukünftige Notwendigkeit<br />
h<strong>in</strong> zu überprüfen. Reduziert<br />
o<strong>der</strong> ganz gestrichen wurden zum Beispiel<br />
viele freiwillige Sachkosten wie Mitgliedschaften,<br />
Spenden und Sponsor<strong>in</strong>g.<br />
Alle Rhe<strong>in</strong>kalk-Werke und die Wülfrather<br />
Hauptverwaltung s<strong>in</strong>d dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
mehrere Wochen andauernden Prozess<br />
<strong>in</strong>tern analysiert worden.<br />
ergebnisse <strong>der</strong> unTersuchung<br />
Die aus <strong>der</strong> Analyse abgeleiteten Maßnahmen<br />
werden zu e<strong>in</strong>er Optimierung des<br />
<strong>in</strong>dustriellen Produktionsnetzwerkes <strong>der</strong><br />
Rhe<strong>in</strong>kalk-Gruppe führen.<br />
Im E<strong>in</strong>zelnen bedeutet dies:<br />
• Der Standort Lengerich wird geschlossen.<br />
• Der Betrieb Dornap wird teilweise<br />
geschlossen.<br />
• Die Werke Flan<strong>der</strong>sbach und Hönnetal<br />
s<strong>in</strong>d von e<strong>in</strong>em erheblichen Arbeitsplatzabbau<br />
betroffen.<br />
• Die Analyse <strong>der</strong> Hauptverwaltungsfunktionen<br />
ist noch nicht gänzlich abgeschlossen.<br />
Hier werden die Ergebnisse<br />
zum 1. Oktober diesen Jahres erwartet.<br />
Alle zuvor beschriebenen sowie die bereits<br />
seit dem 1. Januar 2009 e<strong>in</strong>geleiteten<br />
Maßnahmen führen letztendlich zu e<strong>in</strong>em<br />
Abbau von mehr als 200 Arbeitsplätzen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> gesamten Gruppe. Die Umsetzung<br />
muss fast ausnahmslos noch im Jahre<br />
2009 erfolgen. Die daraus resultierenden<br />
Kostenentlastungen werden ab 2010 dazu<br />
beitragen, die Zukunft des Unternehmens<br />
auf Dauer zu sichern.<br />
Oberstes Ziel aller Maßnahmen ist die<br />
Sicherung <strong>der</strong> Marktführerschaft durch:<br />
• die Erreichung <strong>der</strong> Kostenführerschaft,<br />
• den Ausbau <strong>der</strong> Kernkompetenz,<br />
• die Erschließung neuer Märkte.<br />
(Olivier Drevon)