BestOff 2016 Katalog
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RICO HENTSCHEL<br />
Flaneur /// 2015, dreiteilige Skulpturengruppe<br />
Raum, hm, Gestöber aus Kristallen, ein Spektrum, Ups! (Rico Hentschel).<br />
Das Bild der Verdichtung in Form der maximal 17 Silben eines klassischen<br />
Haikus an Stelle einer Beschreibung vermittelt die Suche nach Zuspitzung,<br />
Präzision, aber auch Transzendenz in Rico Hentschels Arbeiten. Die Vorstellungskraft,<br />
aber auch die Fähigkeit viele Bezüge zu einer offenen, feindeutigen<br />
„Situation“ und Szenographie zusammenzufügen, sind bestimmende<br />
Elemente in seinem skulpturalen, transmedialen Ansatz.<br />
„Hm“ – ein Nachdenken über das Wesen des Raums, Möglichkeiten ihn zu<br />
modellieren und ästhetisch zu inszenieren, trifft auch die Setzung an der<br />
Eingangstreppe. Das Gestöber von Kristallen verweist in der klassischen<br />
Form des japanischen Gedichtes auf eine Jahreszeit und Stimmung, schafft<br />
aber auch ein poetisches Vorstellungsbild. Kristalle stehen für komplexe<br />
Konstruktionen, eine Ordnung, einen innewohnenden Bauplan – eine<br />
Architektur. Der Raum ist kein festes Gefüge, sondern entsteht erst im<br />
Wandel („Gestöber“). In Hannah Arendts Sinn entwickelt sich Raum<br />
zwischen Menschen im Handeln und Sprechen. Ein Spektrum verweist<br />
semantisch auf eine Erscheinung, einen Geist – vielleicht eine Analogie<br />
zum abgehängten raumgreifenden Gewebe. „Ups“ vermittelt eine überraschende<br />
Erkenntnis, eine unmittelbare Erfahrung. In seinen Arbeiten<br />
schafft er Situationen, die im Dazwischen, im Wechselspiel zwischen<br />
innerem und äußerem Raum und in der Bewegung und Nutzung einen<br />
Handlungsraum[1] definieren und so ihre transformatorische Kraft entfalten.<br />
(Genoveva Rückert)<br />
[1] Hannah Arendt, Vita Activa oder vom tätigen Leben, München und Zürich: Piper 2002<br />
(orig. engl: The Human Condition 1958, dt: 1967), bes. S. 213–234.