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BestOff 2016 Katalog

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LIVE IN YOUR HEAD war das Motto am Cover des ungewöhnlichen <strong>Katalog</strong>s „When Attitudes Become Form. Works – Concepts – Processes – Situations – Information“<br />

von Harald Szeemanns legendärer Ausstellung 1969. Der junge Ausstellungsmacher und Urvater meiner Zunft entwickelte aus diesem Konzept auch<br />

die Doucmenta 5 – erstmals keine retrospektive Kunstausstellung in Form von Werken. „Nicht mehr das Hauptmerk heutiger Kunst, die Gestaltung des Raumes,<br />

sondern die Tätigkeit des Menschen, des Künstlers ist Hauptthema und Inhalt. Von daher ist auch der Titel (ein Satz und kein Schlagwort) der Ausstellung zu verstehen: noch nie<br />

wurde die innere Haltung des Künstlers so direkt zum Werk.“ 1 Kunst ist immer eine Form von Haltung, und auch die heurige Ausstellung von Studierenden und<br />

AbsolventInnen soll sich nicht in der Präsentation von jurierten Einzelwerken erschöpfen, sondern die 37 „Positionen“ – KünstlerInnen, Wissenschaftler-<br />

Innen, aber auch Gruppen – ins Zentrum rücken und breiter vorstellen. In der Kommunikation wird dieses Konzept von der Agentur Lichtschimmer<br />

unterstützt, die lustvoll die Kopiegraphie der 1980er Jahre aufnehmen und Portraits der ausstellenden Persönlichkeiten zum zentralen Motiv für Werbung,<br />

<strong>Katalog</strong> und Leitsystem machen. Es geht einerseits um die Stärkung der Identität nach Innen und andererseits darum, das Projekt über eine interne<br />

Leistungsschau hinaus auch außen hin zu öffnen -> kunst linz.<br />

Der Ort ist zum dritten und letzten Mal die Großbetriebsprüfung, bevor sie umgebaut wird. <strong>BestOff</strong>, gegründet 2004 von der damaligen Vizerektorin und<br />

Professorin für Malerei und Graphik Ursula Hübner, hat als Format und Aushängeschild der Kunstuniversität nach unterschiedlichen Varianten, u. a.<br />

in Linzer Kunstinstitutionen, seine Form gefunden. Die externen KuratorInnen, allesamt AbsolventInnen der Bildungsstätte, treffen inzwischen abseits<br />

der Studienhierarchie eine Auswahl der „Besten“, folgen der Doktrin des Titels diese „raus“ zu bringen und loten in der Ausstellung das Potential ehemaliger<br />

oder zukünftiger Räume der Kunstuniversität aus. Neben der Künstlerorientierung steht der Untertitel „Ausstellung – Party – Performance“ für<br />

eine Programmatik, die in den Folgejahren das etablierte Format erweitern könnte.<br />

VORWORT<br />

Eine Auswahl der besten Köpfe aus mehr als 250 Einreichungen von Studierenden und AbsolventInnen ist eine große Herausforderung, die – wie bei<br />

Thomas Edlinger, Radiomacher, Kurator und Leiter des donaufestival in Krems – nur Dank der breiten Kompetenz der Jury in Kunstproduktion, Rezeption<br />

und Theorie zu stemmen war. Hildegard Fraueneder, Leiterin der „Galerie 5020“ und Lehrbeauftragte am Mozarteum in Salzburg, Alexandra Grausam,<br />

Kuratorin von „das weisse haus“ in Wien und Andrei Siclodi, Direktor des „Künstlerhaus Büchsenhausen“ mit seinem „Internationalen Fellowship-Programm für<br />

Kunst und Theorie“ in Innsbruck stehen aber auch für Kunstinstitutionen und erste Adressen, bei denen sich junge KünstlerInnen direkt bewerben können.<br />

Auf die erstaunliche Breite der Einreichungen hin – nicht nur aus der Bildenden Kunst sondern genauso aus den Lehrämtern, der visuellen Gestaltung,<br />

den Raum- und Designstrategien und aus den Zeitbasierte Medien, Interface Culture und den Theoriestudien – wurden die eingereichten Arbeiten rein<br />

nach ihrem eigenen Anspruch – als Kunst, Gestaltung, oder auch Publikation, wissenschaftliche Arbeit – beurteilt. Die Felder und die Kunstrichtungen<br />

mischen sich, Kunst wird offensichtlich über die Disziplinen hinweg gelehrt und produziert.<br />

„Immer mehr neigen Ausstellungen dazu, nicht mehr Ausstellungen von Kunstwerken zu sein, sondern sich selbst als Kunstwerk auszustellen.“ 2 war der Vorwurf von Daniel<br />

Buren an Harald Szeemanns Documenta 5, 1972, die Werke wie Farbtupfer eines Bildes einzusetzen und alles dem Konzept des Kurator-Künstlers unterzuordnen.<br />

So sehr ich den Künstler als Theoretiker und kämpferischen Geist schätze, so wenig teile ich hier seine Meinung. Im Gegensatz zu Charles Esche<br />

und Vasif Kortun, die bei ihrer Istanbul Biennale 2005 zum Verhältnis von Kuratoren zu KünstlerInnen meinten, im besten Fall sind Künstler „friendly<br />

enemies“ (freundliche Feinde) – versuchte Szeeman „seine“ KünstlerInnen umfassend zu verstehen. Er ging ein geradezu symbiotisches Verhältnis mit<br />

ihnen ein und hat sie Kraft seiner Autorität zum Teil auch im Kunstbetrieb „durchgesetzt“.<br />

„It is all about relation“ brachte ein befreundeter Kurator seine Haltung auf den Punkt: Die kuratorische Arbeit bewegt sich in der Beziehung zum Künstler,<br />

Raum und Werk, eben „curare“ – sich kümmern, sorgen, pflegen, verwalten aber auch behandeln. Eine Ausstellung entsteht im gemeinsamen Tun.<br />

KuratorInnen und KünstlerInnen gehen eine Allianz ein und können und sollen sich zwischen den Polen Auftragsarbeit und künstlerischer Autonomie<br />

reiben. In der Reibung entsteht produktive Energie (Theaster Gates), und im Sprechen und Tun „Raum“ (Hannah Arendt).

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