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Roter Bulle trifft ins Herz

RB Leipzig ist für die Region zu einem wichtigen Image- und Wirtschaftsfaktor avanciert.

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HORIZONT 22/2018 30. Mai 2018<br />

report REGIONALE KOMMUNIKATION 33<br />

<strong>Roter</strong> <strong>Bulle</strong><br />

<strong>trifft</strong> <strong>ins</strong> <strong>Herz</strong><br />

Vom Hass­ zum Kultobjekt: RB Leipzig ist für die Region zu<br />

einem wichtigen Image­ und Wirtschaftsfaktor avanciert<br />

VonJochen Zimmer<br />

Von Oberliga bis Champions<br />

League: Der rasante Aufstieg<br />

von RB Leipzig zwischen 2009<br />

und 2017 zählt zu den spektakulärsten<br />

in der deutschen Fußballclubgeschichte<br />

– und zu den umstrittensten.<br />

Denn das Kürzel RB für Rasenballsport<br />

steht auch für den Vere<strong>ins</strong>gründer, Investor<br />

und Hauptsponsor Red Bull – und<br />

stößt vor allem bei den Fans der Traditionsvereine<br />

auf lautstarke Ablehnung.<br />

Doch die Erfolgsgeschichte des angeblichen<br />

Retortenclubs ist nicht nur sportlicher<br />

Natur: Ebenso rasant hat sich RB<br />

Leipzig (RBL) in die <strong>Herz</strong>en der Fans in<br />

Stadt und Region gespielt und zu einem<br />

wichtigen Image­ und Wirtschaftsfaktor<br />

entwickelt. Laut einer repräsentativen<br />

Umfrage von Nielsen Sports unter Fußballinteressierten<br />

im Mai 2018 ist RBL der<br />

Lieblingsclub von 26 Prozent der Sachsen.<br />

In der Saison 2014/15 waren es erst 8<br />

Prozent. In Ostdeutschland inklusive Berlin<br />

ist die Beliebtheitskurve von unter 3<br />

Prozent auf aktuell17 Prozent geklettert.<br />

„Ein Verein wie RB Leipzig erzielt zudem<br />

pro Saison eine direkte ökonomische<br />

Wertschöpfung für die Region in<br />

Höhe eines niedrigen dreistelligen Millionenbetrags“,<br />

erläutert Sebastian Kube,<br />

Fußballexperte bei Nielsen Sports, und<br />

verweist auf Ausgaben für Übernachtung,<br />

Verpflegung und Shopping im Rahmen<br />

der Spieltage sowie Clubumsätze durch<br />

Medien­ und Sponsoringerlöse. „Zudem<br />

profitiert die Stadt von der umfassenden<br />

medialen Präsenz des Clubs mit hierzulande<br />

rund 1000 Stunden TV­Berichterstattung<br />

und weltweit 10000 Stunden pro<br />

Saison“, so Kube. Dies erhöhe die Bekanntheit<br />

der Stadt und verändere die<br />

Wahrnehmung positiv.<br />

Für Timo Meynhardt ist die Strahlkraft<br />

von RBL in der Region und<br />

darüber hinaus jedoch kein Zufall,<br />

sondern resultiert aus der<br />

speziellen Konstellation. Der Professor für<br />

Wirtschaftspsychologie an der HHL Leipzig<br />

Graduate School of Management hatte<br />

2016 eine unabhängige Studie zum Gemeinwohlpotenzial<br />

des Clubs durchgeführt<br />

und kam bereits im Aufstiegsjahr in<br />

Liga 1 zu einem positiven Fazit – in dem er<br />

sich inzwischen mehr als bestätigt sieht.<br />

„Wir hätten nicht gedacht, dass sich die<br />

Schulterschluss: RB Leipzig hat sich in kürzester Zeit eine große Fanbasis in und um Leipzig erschlossen<br />

FOTO: FIRO SPORTPHOTO/ FABIAN SIMONS / DPA/PICTURE ALLIANCE<br />

Stadt so mit dem Club identifiziert“, sagt<br />

Meynhardt und sieht dies auch in der Tradition<br />

der stolzen Messe­ und Sportstadt<br />

Leipzig begründet (siehe Seite 32).<br />

Sport habe in der Stadt schon immer<br />

einen hohen Stellenwert und etablierte<br />

Strukturen <strong>ins</strong>besondere zur Talentförderung.<br />

Das von Sportdirektor Ralf<br />

Rangnick etablierte, auf Nachwuchsarbeit<br />

setzende Konzept von RBL entfalte in<br />

diesem Umfeld eine andere Kraft als etwa<br />

in Hoffenheim, wo Rangnick zuvor ebenfalls<br />

erfolgreich gewirkt hatte. „Das System<br />

RB Leipzig wird von der Stadt und<br />

dem Umland getragen und deshalb gehe<br />

ich von einer nachhaltigen Entwicklung<br />

aus“, sagt Meynhardt. Red­Bull­Gründer<br />

Dietrich Mateschitz habe sich bewusst für<br />

Leipzig entschieden und sei dem Projekt<br />

langfristig verbunden. Mit Geschäftsführer<br />

Oliver Mintzlaff hat soeben eine der<br />

neben Rangnick prägenden Figuren seinen<br />

Vertrag bis zum Jahr 2023 verlängert.<br />

„Es muss doch erlaubt sein, mit etwas<br />

Neuem zu beginnen“, sagte Mintzlaff,<br />

von HORIZONT Sportbusiness 2017 zum<br />

Player des Jahres gekürt, im Preisträger­<br />

Interview zum Vorwurf fehlender Tradition:<br />

„Wir sind sehr stolz darauf, einen<br />

Ort zurück auf die Fußball­Landkarte gebracht<br />

zu haben – die regionale Verankerung<br />

ist sehr zentral für uns.“ Meynhardt<br />

bestätigt Mintzlaffs Aussage und sieht<br />

RBL als ersten postmodernen Club, der<br />

ohne das „Gefängnis“ Tradition neue und<br />

unterschiedliche Narrative e<strong>ins</strong>etzen<br />

könne – und dies auch tue. „Das unbedingte<br />

Bekenntnis zum Leistungsprinzip<br />

sowie zur Offenheit auf und neben dem<br />

Platz hat RB Leipzig bislang konsequent<br />

durchgehalten und damit auch der Region<br />

zu neuem Selbstbewusstsein verholfen“,<br />

sagt Meynhardt. Im nächsten Schritt<br />

komme es nun darauf an, dieses Bekenntnis<br />

zur Region noch klarer zu festigen.<br />

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