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Modelprojekt Vernetzung und Suchtprävention im Landkreis Biberach

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„Migration <strong>und</strong> Sucht:<br />

Beispielhafte Projekte <strong>und</strong><br />

Hilfsangebote für junge<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten“<br />

Dokumentation 4/2002<br />

Dokumentation der Tagung des Landeszentrums für Zuwanderung NRW<br />

in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales, Qualifikation<br />

<strong>und</strong> Technologie NRW <strong>und</strong> in Kooperation mit dem Diakonischen<br />

Werk Duisburg am 09. Mai 2001 <strong>im</strong> Technologiezentrum Duisburg


Impressum<br />

Herausgeber<br />

Landeszentrum für Zuwanderung NRW<br />

Keldersstr. 6<br />

42697 Solingen<br />

Telefon: 0212-23239-0<br />

Telefax: 0212-23239-18<br />

E-Mail: lzz-nrw@lzz-nrw.de<br />

www.lzz-nrw.de<br />

Redaktion<br />

Lydia Anita Jendryschik<br />

Kirsten Laasner<br />

Christel Schenk<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort 5<br />

ODAK e.V. – Perspektiven interkultureller Jugend- <strong>und</strong> Suchtarbeit in 7<br />

Deutschland von Orhan Akbíyík<br />

Drogenabhängige Migranten in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie 20<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie Warstein von Bernhard Bätz<br />

Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V. von Viktor Brakowski 45<br />

<strong>Vernetzung</strong> <strong>und</strong> <strong>Suchtprävention</strong> <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> <strong>Biberach</strong> 51<br />

von Viktor Betger<br />

Drogenberatung für inhaftierte Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten 61<br />

von Erdal Çenan<br />

Migrationssozialarbeit als Aufgabenfeld der Drogenprävention 66<br />

von Mathias Hofmann<br />

Das Projekt NOKTA – Interkulturelle Sozialtherapieeinrichtung für 79<br />

drogenabhängige MigrantenInnen von Mehmet Riza Kavasoglu<br />

DONÜS von Dogan Kaya 84<br />

Projekt <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> –beratung für junge Spätaus- 93<br />

siedlerinnen u. Spätaussiedler von Eva Kohl<br />

Search von Roland Lutz 106<br />

Verein Krisenhilfe Essen e.V. von Birgit Pannenbecker 116<br />

Suchthilfe <strong>und</strong> Migration – Ansätze <strong>und</strong> Strategien der Beratung <strong>und</strong> 119<br />

Prävention in Hannover durch das Ethno-Medizinische Zentrum<br />

von Ramazan Salman<br />

Migration, Drogenkonsum <strong>und</strong> Drogenhilfe: Empirische Gr<strong>und</strong>lagen 128<br />

<strong>und</strong> Konsequenzen für die Drogenhilfe von Martin Schmid<br />

Projekt INDRO: Aufsuchende, stadtteilorientierte, psychosoziale 141<br />

Begleitung / Betreuung von russlanddeutschen Drogenkonsumenten<br />

von Dr. Wolfgang Schneider<br />

Weiterbildungskonzept „Migration <strong>und</strong> Sucht“ von Georg Seegers 147<br />

Streetwork <strong>und</strong> CASE-Management als <strong>Vernetzung</strong>s- <strong>und</strong> 150<br />

Integrationsmaßnahme zur Veränderung suchtabhängiger<br />

Lebensstile junger Aussiedler <strong>im</strong> ländlichen Bereich von Kurt Thünemann<br />

3


Adressverzeichnis 157<br />

Publikationsliste 182<br />

Endnoten 185<br />

4


Vorwort<br />

Sehr geehrte Referentinnen <strong>und</strong> Referenten,<br />

meine sehr verehrten Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

zu unserer heutigen Fachtagung darf ich Sie als Leiterin des Landeszentrums für Zuwanderung<br />

Nordrhein-Westfalen ganz herzlich begrüßen. Ich freue mich darüber, dass Sie so zahlreich<br />

hierher in das Technologiezentrum in Duisburg gekommen sind. Ich hoffe, dass Sie alle<br />

eine gute Anfahrt hatten, insbesondere auch diejenigen, die von außerhalb Nordrhein-<br />

Westfalens den Weg gef<strong>und</strong>en haben.<br />

Zunächst möchte ich – wie bereits in der Einladung hervorgehoben –betonen, dass der<br />

Großteil der Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> mit Sucht bzw. Suchtmittel kein Problem<br />

hat, es aber einen bedenklichen Anstieg insbesondere bei jungen Migranten gibt, die suchtgefährdet<br />

sind.<br />

Das Thema, das wir hier am heutigen Tag diskutieren werden, hat in den letzten Jahren an<br />

trauriger Brisanz zugenommen: Eine steigende Anzahl von jungen Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />

macht von Suchtmitteln Gebrauch, die Zahl der Drogentoten mit Migrationshintergr<strong>und</strong> ist<br />

gestiegen. Ursachen, warum Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten in eine Suchtmittelabhängigkeit<br />

geraten, gibt es viele. Einige können auch direkt aus dem eigenen Migrationserlebnis oder<br />

dem der Eltern resultieren, wie z.B. die berufliche Marginalisierung, Stabilitätsverlust <strong>und</strong><br />

daraus resultierende Perspektivlosigkeit. 1<br />

Der Ende April vorgestellte Sucht- <strong>und</strong> Drogenbericht 2001 hat auf die alarmierende Entwicklung<br />

unter jungen Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong> Spätaussiedlern hingewiesen. Hier ist u.a. aufgezeigt<br />

worden, dass „in best<strong>im</strong>mten Gruppen von sozial <strong>und</strong> kulturell kaum integrierten jungen<br />

Aussiedlern der besonders riskante Mischkonsum von Alkohol <strong>und</strong> Opiaten zun<strong>im</strong>mt“. 2 Auch<br />

<strong>im</strong> Landesprogramm gegen Sucht des Landes Nordrhein-Westfalen sind „Migranten <strong>und</strong><br />

Aussiedler“ eine der „besonderen Zielgruppen“, die eine gesonderte Aufmerksamkeit erfahren<br />

<strong>und</strong> vor allem in der Zukunft erfahren werden. 3<br />

Auch die Stadt Duisburg, <strong>und</strong> vor allem der Norden dieser Stadt, kennt die beschriebene<br />

Situation <strong>und</strong> Problemlage. Neben den Hilfen aller Wohlfahrtsverbände, die in Duisburg angeboten<br />

werden, beschäftigt sich ein vom Diakonischen Werk Duisburg durchgeführtes Projekt<br />

mit der <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> -beratung für junge Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong> Spätaussiedler,<br />

das hier <strong>im</strong> Norden der Stadt seinen Sitz hat.<br />

Darüber hinaus wird <strong>im</strong> Sucht- <strong>und</strong> Drogenbericht für das Jahr 2001 explizit erwähnt, dass<br />

die Personen – mit denen wir uns heute hier beschäftigen werden – „durch unsere Hilfsangebote<br />

nur schwer erreicht werden“. Beraterinnen <strong>und</strong> Berater, Therapeutinnen <strong>und</strong> Therapeuten<br />

werden <strong>im</strong>mer stärker mit den – nun schon nicht mehr ganz jungen – Herausforderungen<br />

der multikulturellen Gesellschaft konfrontiert. Dieses Faktum wird von den meisten<br />

Einhe<strong>im</strong>ischen wahrgenommen, es wird mehr oder weniger akzeptiert, aber die Mehrzahl der<br />

Bevölkerung muss sich <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>e mit dieser Tatsache nicht auseinandersetzen. Anders<br />

ergeht es den BeraterInnen <strong>und</strong> TherapeutInnen. Sie kommen <strong>im</strong> beruflichen Kontext den<br />

Lebenswirklichkeiten der MigrantInnen so nah wie wenige andere. Sie sind diejenigen, die<br />

sich mit der multikulturellen Gesellschaft <strong>und</strong> ihren Problemen nicht <strong>im</strong> abstrakten Raum,<br />

sondern in konkreten Fällen auseinandersetzen müssen.<br />

Beratung <strong>und</strong> Therapie sind eine schwierige Materie. Da versucht sich ein Mensch in die<br />

Welt, die Denkart <strong>und</strong> die Problematik eines anderen Menschen hineinzuversetzen, versucht,<br />

ihm zu helfen. Es ist schon kaum zu bewältigen, wenn sich zwei Menschen aus der<br />

gleichen Teilkultur gegenüber sitzen. Verunsicherungen resultieren nicht nur aus sprachlichen<br />

Schwierigkeiten, sondern auch aus der für die Therapeutinnen <strong>und</strong> Therapeuten teil-<br />

5


weise weitgehend unbekannten Mentalität der Klientinnen <strong>und</strong> Klienten. Hier sind somit interkulturelle<br />

Konzepte gefordert. Zugangsbarrieren für Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten zu<br />

Suchtberatungsstellen, <strong>und</strong> hier besonders die Therapieeinrichtungen, müssen abgebaut<br />

werden. Zudem müssen Fortbildungen angeboten werden, die auf diesen Adressatenkreis<br />

spezialisierte Fachkräfte ausbilden.<br />

Lassen Sie mich an dieser Stelle speziell auf die Rolle der Sprache in der Beratung <strong>und</strong> Therapie<br />

eingehen. Wie kein anderes Medium drückt die Sprache das Lebensgefühl einer best<strong>im</strong>mten<br />

Kultur aus. Ob blumig mit viel Pathos, ob kurz <strong>und</strong> knapp, jeder Kulturkreis hat seine<br />

Art, miteinander zu kommunizieren <strong>und</strong> die Angesprochenen wissen, wie es gemeint ist.<br />

Und je ähnlicher sich die Lebensarten <strong>und</strong> Wirklichkeiten zweier Kulturkreise sind, um so<br />

ähnlicher sind ihre Redewendungen, ihre Sprichwörter <strong>und</strong> Aphorismen; das heißt, ihre<br />

Sprachen nicht von der Grammatik oder vom Aufbau her, sondern auf einer Metaebene.<br />

Sprache spiegelt nicht nur die Wirklichkeit einer Kultur wider. Sprache <strong>und</strong> Kultur stehen in<br />

einer Wechselwirkung, <strong>und</strong> schaffen eine Wirklichkeit, die auch die Identität des Einzelnen in<br />

diesem Kulturkreis mitbest<strong>im</strong>mt.<br />

Neben dem so beschriebenen Problem existiert die Schwierigkeit, dass Symptome <strong>und</strong><br />

Krankheitsbilder kulturabhängig sind. Probleme, die in einer monokulturellen Kommunikation<br />

entstehen, sind dagegen eher schicht- oder gruppenspezifisch.<br />

Wir wollen heute Projekte <strong>und</strong> Hilfsangebote für junge suchtkranke <strong>und</strong> suchtgefährdete<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten in den Blick nehmen. Ich freue mich darauf, dass aufgeworfene<br />

Fragen von kompetenten <strong>und</strong> ausgewiesenen Fachleuten erörtert werden <strong>und</strong> wir mit ihnen<br />

in die Diskussion einsteigen können. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch für die gute<br />

Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales, Qualifikation <strong>und</strong> Technologie<br />

sowie mit dem Diakonischen Werk Duisburg.<br />

Nach dem wissenschaftlichen Einführungsvortrag werden uns in drei Sektionen verschiedene<br />

Projekte, Institutionen <strong>und</strong> Organisationen vorgestellt, die allesamt unter dem Titel „good<br />

practice“ laufen. Die Referentinnen <strong>und</strong> Referenten kommen aus unterschiedlichen Bereichen<br />

des Arbeitsfeldes „Sucht“ – von der Prävention über Beratung bis zur Therapie –, so<br />

dass wir differente <strong>und</strong> spannende Einblicke erhalten werden.<br />

Ich freue mich, dass das Thema dieser Tagung einen so guten Anklang gef<strong>und</strong>en hat <strong>und</strong><br />

sich der Kreis der Teilnehmenden aus so mannigfachen Bereichen zusammensetzt. Neben<br />

Wissenschaftlerinnen <strong>und</strong> Wissenschaftlern begrüße ich auch ganz herzlich die vielen<br />

Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertreter aus der Verwaltung <strong>und</strong> Migrationspraxis. Eine der Aufgaben<br />

des Landeszentrums ist die <strong>Vernetzung</strong> von Forschung <strong>und</strong> Praxis, ich hoffe, dass dieses<br />

uns am heutigen Tag gelingen wird <strong>und</strong> wichtige Impulse weitergegeben werden.<br />

Ich wünsche Ihnen <strong>und</strong> mir eine produktive Konferenz, engagierte Diskussionen <strong>und</strong> einen<br />

vertiefenden Einblick in die Thematik.<br />

An dieser Stelle möchte ich gleich überleiten zu unserem wissenschaftlichen Hauptvortrag,<br />

den Herr Martin Schmid vom Institut für Suchtforschung an der Fachhochschule Frankfurt<br />

am Main halten wird. Herr Schmid wird sich mit Ergebnissen der Empirie <strong>und</strong> deren Konsequenzen<br />

für die Drogenhilfe auseinandersetzen.<br />

Im Anschluss werde ich eine kurze – vor allem organisatorische – Einführung in die darauf<br />

folgende Sektionsarbeit geben.<br />

Dr. Lale Akgün<br />

(Leiterin des Landeszentrums für Zuwanderung NRW)<br />

6


ODAK e.V.<br />

PERSPEKTIVEN INTERKULTURELLER JUGEND- UND SUCHT-<br />

ARBEIT IN DEUTSCHLAND<br />

Orhan Akbíyík<br />

Seit Beginn der Anwerbung „ausländischer Arbeitskräfte“ wurden <strong>und</strong> werden die Fragen<br />

bezüglich der psychosozialen Situation sowie über die Qualität der Versorgung der MigrantInnen<br />

von Wissenschaftlern <strong>und</strong> Fachleuten <strong>im</strong>mer wieder in ihren unterschiedlichsten Aspekten<br />

thematisiert. Unterschiedliche Ansätze zur psychosozialen Versorgung von MigrantInnen<br />

wurden entwickelt <strong>und</strong> eingesetzt. In diesen Entwicklungsphasen wurde über den Ist-<br />

Zustand der MigrantInnen <strong>im</strong> Jugend- <strong>und</strong> Suchthilfesystem der Länder der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland erörtert. Dieses wichtige Thema findet jedoch gleichzeitig <strong>im</strong> Rahmen der psychosozialen-,<br />

ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> bildungspolitischen Debatte, insbesondere bei den aktuellen<br />

Diskussionen um die künftige Struktur des psycho-sozialen Versorgungssystems, höchstens<br />

am Rande Beachtung.<br />

Auch <strong>im</strong> vierzigsten Jahr der Arbeitsmigration gibt es keine Gewähr, dass z. B. Drogengefährdete<br />

<strong>und</strong> Drogenabhängige nichtdeutscher Herkunft ohne Sprach- <strong>und</strong> Kulturzwang beraten,<br />

betreut, diagnostiziert <strong>und</strong> therapiert werden. Es wird heute kaum noch in Frage gestellt,<br />

dass gerade bei MigrantInnen aufgr<strong>und</strong> der jeweiligen Migrationserfahrungen <strong>und</strong> Lebensbedingungen<br />

in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland besondere Belastungen für Körper<br />

<strong>und</strong> Psyche auftreten können, insbesondere auch aufgr<strong>und</strong> der latent wahrgenommenen<br />

Ausgrenzung <strong>und</strong> Fremdenfeindlichkeit.<br />

Unserer Ansicht nach ist Sucht das Resultat sehr vieler, unterschiedlicher Einflüsse in einer<br />

Gesellschaft. Hierbei wirken individuelle, soziale, psychologische <strong>und</strong> politische Aspekte zusammen.<br />

Drogenmissbrauch <strong>und</strong> Abhängigkeit lassen auf Hinweise schließen, welche als<br />

soziale Missstände <strong>und</strong> Belastungen die Kraft des Einzelnen übersteigen.<br />

Meiner Meinung nach gibt es bisher in Deutschland lediglich einzelne Versuche, die ausgehend<br />

von einer Notwendigkeit <strong>im</strong> Jugend- <strong>und</strong> Suchthilfesystem entsprechend der regionalen<br />

Nachfrage ein Angebot z. B. an abhängige MigrantInnen unterbreiten. Diese wenigen Projekte<br />

<strong>im</strong> ganzen B<strong>und</strong>esgebiet, deren Zahl nicht mehr als fünf ist, lassen keinen perspektivischen<br />

Einblick in eine interkulturelle Suchthilfe zu. Jedoch mit ihrem Einsatz <strong>und</strong> ihren Erfahrungen<br />

kann ein Zeichen <strong>im</strong> Hinblick auf einen interkulturellen Ansatz in der Jugend- <strong>und</strong><br />

Suchthilfe gesetzt werden.<br />

Wir sind der älteste <strong>und</strong> traditionsreichste Träger unter diesen Projekten. Wir versuchen seit<br />

über fünfzehn Jahren, <strong>im</strong> Rahmen der begrenzten Möglichkeiten in Berlin unter der Trägerschaft<br />

ODAK e.V. ein angemessenes Beratungs-, Betreuungs- <strong>und</strong> Therapieangebot auch<br />

an MigrantInnen zu machen. Zugleich sind wir ein Produkt des Migrationsprozesses <strong>und</strong><br />

auch der gesellschaftlichen Nachfrage.<br />

ZUGANG ZUM INTERKULTURELLEN ANSATZ<br />

In dem interkulturellen Ansatz müssen sich nahezu alle Menschen, die in diesem Land leben,<br />

wieder finden <strong>und</strong> sich mit dessen Inhalt identifizieren können. Sich nur mit einer Minderheitengruppe<br />

zu befassen oder lediglich einige Sprachmittler ohne Einbeziehung von<br />

Fachkräften <strong>und</strong> MigrantInnen einzusetzen, begründet noch keinen interkulturellen Ansatz.<br />

7


Vielmehr kann ein interkultureller Ansatz nur durch Einbeziehung aller Lebensbedingungen<br />

von MigrantInnen mit ihrer aktiven Teilnahme am Leben in einem Land entwickelt werden.<br />

Interkulturalität bedeutet meiner Ansicht nach; das gegenseitige Geben, Schaffen <strong>und</strong> Nehmen<br />

der Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilnahme am alltäglichen Leben.<br />

In Bezug auf eine Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe, insbesondere in den Schulen, nehmen z.B. viele<br />

Fachpersonen (SozialpädagogInnen u.a.) bei ihren nichtdeutschen KlientInnen, ausgehend<br />

von ihrer eigenen Sozialisation, zumeist lediglich Defizite wahr, insbesondere <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit der Sprache. Häufig besteht auf Seiten der MigrantInnen ein sprachliches Defizit.<br />

Gerade dann, wenn die MigrantInnen sich nicht ausreichend <strong>und</strong> präzise artikulieren<br />

können, kann übersehen werden, dass sie andere Zugangsmöglichkeiten zu unterschiedlichsten<br />

Problembereichen haben. Hierbei werden vielmehr die in der Kommunikationsvoraussetzung<br />

fehlenden Komponenten, besser gesagt die sichtbaren Defizite in den sozialen<br />

Beziehungen – z. B. bei Beratungsgesprächen – auf Sprachdefizite reduziert. In diesem Zusammenhang<br />

werden die Migrantenkinder z. B. in den Schulen einfach als Schüler mit<br />

sprachlichen Defiziten angesehen, jedoch werden die kulturellen Hintergründe dabei häufig<br />

ignoriert. Im Umgang mit kultureller Differenz gibt es nicht selten zwei pädagogische Fehlhaltungen:<br />

1. Diese entweder zu ignorieren <strong>und</strong> so zu tun, als gäbe sie überhaupt nicht<br />

oder<br />

2. die Differenz zu verabsolutieren <strong>und</strong> für unüberwindbar zu halten.<br />

Damit wird dazu beigetragen, dass die Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen anderer kultureller Herkunft<br />

vielmehr auf ihre fremde Mentalität „fixiert“ werden.<br />

Diese oben aufgeführte pädagogische Haltung wirkt entlastend, denn<br />

a. bei einer Leugnung der Differenz braucht die Fachperson sich nicht um ein interkulturelles<br />

Verstehen zu bemühen, mit der Annahme, dass sie nicht auf die kulturellen Spezifika<br />

<strong>im</strong> Lernprozess einzugehen braucht,<br />

b. bei Verabsolutierung wird die Entscheidung getroffen mit dem Urteil: „Sie haben eben<br />

eine andere Mentalität“.<br />

Es ist sehr schwierig, die unterschiedlichsten Kulturelemente bei verschiedenen Migranten,<br />

in der psycho-sozialen Arbeit zu berücksichtigen. Diese Annahme berechtigt jedoch nicht,<br />

die Lernfähigkeit der Fachleute in Frage zu stellen. Jede Person, die sich <strong>im</strong> psycho-sozialen<br />

<strong>und</strong> pädagogischen Bereich als Fachkraft betätigt, muss in der Lage sein, sich entsprechend<br />

zu bilden, beziehungsweise dafür zu sorgen, dass ihre Arbeitsstelle entsprechende Voraussetzungen<br />

zur Öffnung eines interkulturellen Ansatzes aktiv schafft.<br />

Wenn wir unter diesem Aspekt, die heute in Deutschland lebenden MigrantInnen soziologisch<br />

betrachten, sind wir mit folgenden Gruppen konfrontiert:<br />

1. Gruppe: Arbeitsmigranten <strong>und</strong> deren Angehörigen aus den europäischen Peripherie-<br />

Staaten<br />

a. aus den Peripherie-Staaten Mitteleuropas,<br />

b. aus der osteuropäischen Peripherie.<br />

2. Gruppe: Arbeitsmigranten <strong>und</strong> deren Angehörige aus den außereuropäischen Staaten<br />

a. aus dem christlichen Kulturleben,<br />

b. aus dem islamischen Kulturleben.<br />

8


3. Gruppe: VertragsarbeitnehmerInnen <strong>und</strong> deren Angehörige aus den „ehemalig sozialistischen<br />

Ländern“.<br />

4. Gruppe: MigrantInnen, die aufgr<strong>und</strong> von wirtschaftlichen, kriegerischen <strong>und</strong> politischen<br />

Krisen ihr Land verlassen haben <strong>und</strong> in der Hoffnung auf ein „besseres Leben“ in die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland gekommen sind.<br />

5. Gruppe: Unbegleitete inderjährige <strong>und</strong> heranwachsende MigrantInnen, die teilweise<br />

ohne gültigen Ausweis bzw. Reisedokumente einreisen. Es handelt sich hier vorwiegend<br />

um Menschen aus Kriegs - <strong>und</strong> Krisengebieten (z.B. aus dem Libanon, Kurden aus der<br />

Türkei, Iran, Irak, Syrien, sowie aus Rumänien, ehemaliges Jugoslawien, Thailand,<br />

Kambodscha <strong>und</strong> aus afrikanischen Ländern).<br />

6. Gruppe: deutschstämmige (Spät-) Aussiedler aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion,<br />

Rumänien u.a.<br />

7. Gruppe<br />

Migranten, die zum Zweck einer Hochschulausbildung in die B<strong>und</strong>esrepublik gekommen<br />

sind.<br />

Von diesen oben aufgeführten Gruppen, insbesondere den unter Nummer 3, 4 <strong>und</strong> 5 genannten,<br />

konnten <strong>und</strong> können die in der B<strong>und</strong>esrepublik RD erreichten Integrationsmöglichkeiten<br />

kaum bzw. sehr wenig in Anspruch genommen werden.<br />

In den letzten Jahren konnten bei den unterschiedlichsten Migrantengruppen, verstärkt folgende<br />

Probleme beobachtet werden:<br />

o ungenügende oder kaum ausreichende Sprachkenntnisse,<br />

o zum Teil daraus resultierende erschwerte Schul- <strong>und</strong> Ausbildungsbedingungen,<br />

o ein unsicherer rechtlicher Status (aufenthalts- <strong>und</strong> arbeitsrechtliche Belange),<br />

o ein eingeschränkter Zugang zu Serviceangeboten (Bevorm<strong>und</strong>ung, Ablehnung bzw.<br />

Ausgrenzung),<br />

o eine in Deutschland nicht anerkannte Berufsausbildung oder nicht ausreichendes Bildungsniveau,<br />

o Trennungs- <strong>und</strong> Verlustgefühle,<br />

o Auflösung des Familienverbandes,<br />

o Anpassungsdruck an andere Normen <strong>und</strong> Werte,<br />

o unsichere Zukunftsperspektiven,<br />

o Benachteiligung, Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>und</strong> Erleben des täglichen Rassismus (z.B. auf dem<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Wohnungsmarkt),<br />

o Identitäts- <strong>und</strong> Entwurzelungsproblematik,<br />

o Armut,<br />

o Kr<strong>im</strong>inalisierung <strong>und</strong> Konfrontation mit der Kr<strong>im</strong>inalität,<br />

o Konfrontation mit Sucht.<br />

Am Beispiel der unbegleiteten minderjährigen <strong>und</strong> heranwachsenden MigrantInnen möchte<br />

ich die Problembereiche zu spezialisieren versuchen:<br />

Zugehörige zu dieser Gruppe sind:<br />

a. Jugendliche, deren Eltern bereits in Deutschland waren.<br />

b. Jugendliche, die aus wirtschaftlicher <strong>und</strong>/oder aus politischer Not nach Deutschland<br />

gebracht wurden oder gekommen sind.<br />

Beide Gruppen haben folgende Gemeinsamkeiten:<br />

9


1. Sie möchten in Deutschland bleiben, müssen jedoch um ihren Status kämpfen.<br />

a. Sie verfügen über keine Deutsch-Kenntnisse.<br />

2. Daher sind diese Jugendlichen nur schwer erreichbar.<br />

3. Aufgr<strong>und</strong> ihrer schwierigen Lebenssituation kommen sie keiner sozialen Verpflichtung<br />

nach, gehen nicht zur Schule <strong>und</strong> können ihre Zukunft nicht planen.<br />

4. Nichtsdestotrotz sind sie gezwungen, Geld zu verdienen, um damit ihre zurückgebliebenen<br />

Familien in ihrem Herkunftsland zu unterstützen oder um Schulden zu begleichen.<br />

5. Bedingt durch ihre extrem benachteiligte Lebenssituation <strong>und</strong> ihr soziales Umfeld werden<br />

sie zwangsläufig mit Drogen, Prostitution <strong>und</strong> Obdachlosigkeit konfrontiert. Eine<br />

Kr<strong>im</strong>inalisierung ist dabei kaum auszuschließen.<br />

a. Die Gruppe ist gemischt geschlechtlich. Das Alter liegt zwischen 13 <strong>und</strong> 25 Jahren.<br />

b. Sie wohnen überwiegend in Asylunterkünften.<br />

c. Sie haben keine direkte Betreuung in Bezug auf ihre rechtlichen, sozialen, schulischen<br />

<strong>und</strong> kulturelle Belange.<br />

d. Es besteht eine Abhängigkeit zur eigenen Gruppe.<br />

Wenn wir auf einen Teil der Problembereiche der 2. bzw. 3. Generation der ArbeitsmigrantInnen<br />

eingehen, begegnen wir folgenden Problembereichen <strong>und</strong> Gemein-samkeiten, die<br />

sich wie folgt definieren lassen:<br />

e. Durch die erfolgten Schulbesuche <strong>und</strong> Bildungsmöglichkeiten sind die Kinder der zweiten<br />

bzw. der dritten Generation <strong>im</strong> Vergleich zu ihren Eltern weitestgehend integriert.<br />

f. Es herrscht ein Generations- <strong>und</strong> Kulturkonflikt zwischen Kindern <strong>und</strong> Eltern.<br />

g. Resultierend daraus haben viele Kinder dieser Gruppe Identitätskrisen zu bewältigen.<br />

h. Es besteht eine nicht unerhebliche Gefährdung in Bezug auf Sucht <strong>und</strong> suchtbegleitende<br />

Symptome.<br />

Wenn wir die Suchtprobleme der zweiten <strong>und</strong> dritten Generation der ArbeitsmigrantInnen<br />

betrachten, sind wir mit folgenden Problemen konfrontiert:<br />

1. Ihre Eltern haben keine Informationen über Präventionsmaßnahmen in Bezug auf<br />

Suchtverhalten.<br />

2. Bedingt durch ihren kulturellen Hintergr<strong>und</strong> sind bei Sucht- <strong>und</strong> Devianzverhalten Familien<br />

bzw. einzelne Bezugspersonen einer drohenden Isolation ausgesetzt.<br />

3. Viele Familienangehörige haben keine oder wenig deutsche Sprachkenntnisse.<br />

4. Eine große Zahl der Eltern <strong>und</strong> Angehörigen hat kaum Kontakt zur deutschen Bevölkerung<br />

<strong>und</strong> sie wohnt in ghettoähnlichen Siedlungen.<br />

Einerseits haben diese oben in groben Zügen zusammengefassten Migrantengruppen in<br />

Deutschland in den unterschiedlichsten Bereichen des psycho-sozialen Versorgungssystems<br />

vergleichbare Probleme mit den Einhe<strong>im</strong>ischen sowie gemeinsame Charakteristika als so<br />

genannte Nichtdeutsche. Zusätzlich bestehen sehr spezifische, differenzierte Probleme untereinander<br />

<strong>und</strong> zu vergleichbaren einhe<strong>im</strong>ischen Gruppen.<br />

Die Differenz möchte ich am Beispiel der ArbeitsmigrantInnen zu erläutern versuchen.<br />

Ausgangsposition ist für dies Erklärungsmodell der lösungsorientierte pädagogische Ansatz:<br />

Wenn ein Mensch mit einer Konfliktsituation konfrontiert wird, versucht er diesen Konflikt mit<br />

individuellen Sozialisationsressourcen zu lösen bzw. darauf zu reagieren.<br />

10


INDIVIDUELLE<br />

SOZIALISATION<br />

1. GENERATION<br />

Kulturaustausch<br />

bzw.<br />

Kultureller Vergleich<br />

+<br />

+<br />

KONFLIKT<br />

_<br />

_<br />

R E A K T I O N E N<br />

ÜBERWINDUNGS-<br />

STRATEGIEN<br />

ÜBERWINDUNGS-<br />

STRATEGIEN<br />

SOZIALISATION<br />

IN DER HEIMAT<br />

_<br />

_<br />

SOZIALISATION<br />

IM<br />

AUSLAND<br />

KONFLIKT<br />

- Verständnislosigkeit,<br />

- Unsicherheit/Angst,<br />

- Hilflosigkeit,<br />

- Rigidität,<br />

- Ritualität.<br />

11


2. GENERATION<br />

Reaktion<br />

+ / -<br />

I<br />

SOZIALISATION<br />

IN DER<br />

HEIMAT<br />

II<br />

SOZIALISATION<br />

IN<br />

KONFLIKT<br />

GESAMTREAKTION<br />

- Einfluss der Eltern<br />

- Einfluss der Umwelt<br />

-<br />

Reaktion<br />

+ / -<br />

12


3. GENERATION<br />

SOZIALISATION<br />

IM<br />

ELTERNHAUS<br />

(He<strong>im</strong>atkultur,<br />

Urlaubserlebnisse)<br />

INTERKULTURELLE<br />

SOZIALISATION<br />

KONFLIKT<br />

KLARE REAKTIONEN<br />

(Wenn interkulturelle<br />

Handlungskompetenzen<br />

vorhanden sind)<br />

SOZIALISATION<br />

IN<br />

DEUTSCHLAND<br />

(Kindergarten, Schule,<br />

Freizeit, Medien, u.a.)<br />

Im interkulturellen Kontext, wie oben an den dargestellten Grafiken zu erkennen ist, hat die<br />

Familie in der Gesellschaft eine große Bedeutung, um diese verstehen zu können, ist es erforderlich,<br />

ein Mindestwissen über die Differenzen der Migrantengruppen zu haben. Diese<br />

differenzierten Lebensformen, möchte ich soziologisch betrachtet am Beispiel der türkischen<br />

Familie aufzuzeigen versuchen:<br />

13


FAMILIEN<br />

TYPEN<br />

„KONSERVATIVE FAMILIE“<br />

Die orthodox- religiöse Familie<br />

Sie sind sehr fanatisch an die<br />

religiösen Regeln <strong>und</strong> Normen<br />

geb<strong>und</strong>en.<br />

„RELIGIÖSE FAMILIE“<br />

Familie reflektiert eine gemäßigt<br />

Orthodoxe Lebensweise. Sie sind<br />

auch an die Regeln <strong>und</strong> Normen<br />

der Religion geb<strong>und</strong>en, sind jedoch<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Möglichkei-<br />

DIE „ÄUßERLICH ANGEPASSTE FA-<br />

MILIE“<br />

Diese Familie zeigt sich äußerlich<br />

an die hiesige Gesellschaft angepasst,<br />

ist jedoch <strong>im</strong> inneren Leben<br />

sehr orthodox.<br />

DIE „ AMBIVALENTE FAMILIE“<br />

Sie können sich nicht entscheiden,<br />

keine Konsequenz. Sie sind<br />

von Situation zu Situation beeinflussbar.<br />

DIE „ BIKULTURELLE FAMILIE“<br />

Die beide Kulturen in ihrem Leben<br />

reflektierende Familie.<br />

DIE „INTEGRIERTE FAMILIE“<br />

Diese Familien sind in diese<br />

Gesellschaft voll integriert<br />

<strong>und</strong> betrachten ihre Herkunftskultur<br />

kritisch <strong>und</strong> hal-<br />

Die interkulturelle Konzeption muss daher in der Lage sein, auf die gesamte Problematik<br />

sowie auf spezielle Fragen entsprechende Antworten zu geben. Hierbei soll nicht behauptet<br />

werden, dass die MigrantInnen von Natur aus eine psycho-sozial betreuungsbedürftige<br />

Gruppe darstellen. MigrantInnen brauchen genau so viel oder wenig Betreuung, wie alle anderen<br />

Menschen in Deutschland. Es muss trotzdem hier betont werden, dass die Einwanderung<br />

nach Deutschland ein Umdenken in allen Bereichen des sozialen <strong>und</strong> politischen Lebens<br />

erfordert. Es ist somit auch richtig, dass es viele Probleme gibt, die nicht nur durch angemessene<br />

Beratung, Betreuung verhindert <strong>und</strong> / oder bewältigt werden können.<br />

14


Hierbei sind zu erwähnen:<br />

Die Benachteiligung<br />

a. auf dem Arbeitsmarkt,<br />

b. bei der Wohnungsvermittlung,<br />

c. bei der politischen Mitwirkung <strong>und</strong><br />

d. die allgemeine Auswirkung von institutioneller <strong>und</strong> gesellschaftlicher Diskr<strong>im</strong>inierung.<br />

Wir wissen, dass in häufigen Fällen die Gesamtheit der objektiven Faktoren in Verbindung<br />

mit subjektiven Gegebenheiten Auslöser von persönlichen oder anderen Konflikten ist. Aus<br />

vielen Gründen muss deshalb eine Beendigung der bisher verfolgten, zum Teil zwar wohlmeinenden,<br />

aber wenig hilfreichen paternalistischen Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungspolitik angestrebt<br />

werden. Dies setzt bewusstseinsbildende Prozesse bei Politik <strong>und</strong> Verwaltung, aber<br />

auch selbstkritische Reflexion bei Beratern <strong>und</strong> Betreuungspersonal voraus. Das Entgegenwirken<br />

gegenüber migrantenspezifischen Problemen bzw. Lösungsstrategien zu Problemstellungen<br />

können nicht allein durch die formelle Gleichstellung der MigrantInnen mit Deutschen<br />

erreicht werden, wenn dies auch eine unverzichtbare Voraussetzung für die Problembewältigung<br />

bei MigrantInnen ist. Die Bewältigungsstrategien zur Lösung der psychosozialen<br />

Probleme bei MigrantInnen erfordern ein systematisches <strong>und</strong> flächendeckendes<br />

interkulturell angelegtes Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsangebot, ebenso wie professionelle <strong>und</strong><br />

geduldige Begleitung aller mit der Akkulturation befassten Institutionen <strong>und</strong> Personen.<br />

Sowohl die MigrantInnen als auch die Einhe<strong>im</strong>ischen in Deutschland brauchen bei der Verarbeitung<br />

tief greifender Veränderungen in ihrem Alltagsleben unterschiedlichste Hilfestellungen.<br />

Auf diese differenzierten <strong>und</strong> ständigen Veränderungen unterworfenen Bedürfnisse<br />

müssen sich alle Institutionen einstellen. In Bezug auf diese Tatsache ist es erforderlich, interkulturelle<br />

Beratungs-, Betreuungs- <strong>und</strong> Kommunikationsangebote zu entwickeln.<br />

Mehrere Schritte müssen dafür umgesetzt werden, die auch eine Trennung von vertrauten<br />

Strukturen <strong>und</strong> Arbeitsmethoden bedeuten: die Öffnung der Regeldienste <strong>und</strong> die Qualifizierung<br />

der dort beschäftigten MitarbeiterInnen zu interkulturellen Arbeitsansätzen sowie die<br />

Einstellung von Experten ausländischer Herkunft. Diese können ihre durch eigene Migration<br />

bedingte Kulturation <strong>und</strong> muttersprachliche Fähigkeiten den Übergang von herkömmlichen<br />

auf die interkulturellen Arbeitsweisen erleichtern. Weiterhin kann eine Förderung von Beratungs-,<br />

Betreuungs- <strong>und</strong> Hilfsangeboten in Migrantenvereinen oder vergleichbaren Initiativen<br />

bei gleichzeitiger Verpflichtung zu best<strong>im</strong>mten qualitativen Standards in einer multikulturellen<br />

Gesellschaft die interkulturellen Arbeitsweisen erreichen. Es entspricht <strong>im</strong> Übrigen der gesellschaftlichen<br />

Realität <strong>und</strong> Multikulturalität neben den großen Trägereinrichtungen auch<br />

kleine alternative Angebote zu erhalten, da manche zudem einen guten <strong>und</strong> besonderen<br />

Zugang zu ihrer eigenen Klientel entwickelt haben. Die Umstellung auf Beratung, Betreuung<br />

<strong>und</strong> Rehabilitation von MigrantInnen kann auf dieser Weise leichter erreicht werden.<br />

Dies ist nur möglich, wenn alle, die mit Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten <strong>und</strong> deren Problemen<br />

konfrontiert werden, bereit sind, sich auf Neues einzulassen, Neues zu lernen <strong>und</strong> neue Methoden<br />

einzusetzen.<br />

Die augenblicklichen finanziellen Engpässe sollten in diesem Kontext kein Hindernis sein,<br />

diese Herausforderung anzunehmen, wenn wir einer bereits stattgef<strong>und</strong>enen <strong>und</strong> weiterhin<br />

stattfindenden Entwicklung nicht hinterherlaufen möchten, <strong>und</strong> der staatlichen Politik nicht<br />

stillschweigend zust<strong>im</strong>men wollen. Auch mit dem Wissen, dass der soziale Friede in vielen<br />

Großstädten auch durch die tatsächliche Einbeziehung der Problemlösungen von Migrantinnen<br />

<strong>und</strong> Migranten hergestellt werden kann. Dies bedeutet, dass der Abbau sozialer Defizite<br />

<strong>und</strong> die Bewältigung der Konflikte durch einen ernsthaften Beitrag zur Modernisierung <strong>und</strong><br />

15


Qualifizierung der Beratungs-, Betreuungs- <strong>und</strong> Hilfsangebote mit interkultureller Kompetenz<br />

bzw. Ansatz auf allen gesellschaftlichen Ebenen möglich sind.<br />

Für eine migrantenspezifische Beratung <strong>und</strong> Betreuung bedeutet dies nicht anderes, als das<br />

Heranziehen von transkulturellen <strong>und</strong> interdisziplinären Ansätzen.<br />

Ausgehend von dieser Beschreibung der Zugangsnotwendigkeit zum interkulturellen Ansatz,<br />

möchte ich <strong>im</strong> Folgenden Versuchen, die Hypothesen auf Indikatoren für Spezialdienste bei<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten in Stichpunkten darzustellen.<br />

INDIKATOREN FÜR SPEZIALDIENSTE BEI MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN:<br />

DIE WIRKUNG DES MIGRATIONSPROZESSES<br />

1. Entwurzelung aus vertrauten familiären, sozialen <strong>und</strong> kulturellen Beziehungen <strong>und</strong> Bezügen.<br />

2. Verlust der Verhaltenskontrolle in der Fremde.<br />

3. Entfremdung zwischen den Familienmitgliedern durch langjährige Trennung <strong>und</strong> anderweitige<br />

Bindungen (Verlust des Urvertrauens durch Wechsel der frühkindlichen Bezugspersonen).<br />

4. Leben <strong>im</strong> Provisorium <strong>und</strong> permanente Ambivalenz bei Konflikten (schwankende Zukunftspläne/Schwanken<br />

zwischen traditionellen <strong>und</strong> modernen Werten).<br />

5. Unvereinbarkeit der Lebensentwürfe <strong>und</strong> Zukunftspläne (Rückkehr, Heirat/Beruf der<br />

Kinder) von Eltern <strong>und</strong> Kindern.<br />

6. Unsichere Zukunftsperspektiven durch unsichere Beschäftigungslage <strong>und</strong> Wohnsituation,<br />

rechtliche Unsicherheit <strong>und</strong> fremdenfeindliche Wellen.<br />

7. Statusdiskrepanz durch längerfristige Erwartungsenttäuschungen (Ausbleiben des eigenen<br />

sozialen Aufstiegs, der erfolgreichen Rückkehr <strong>und</strong>/oder des Aufstiegs der Kinder).<br />

8. Antagonistisches Verhalten in Bezug auf Loyalität bzw. Widersprüchlichkeit in Loyalitätsfragen<br />

(sowohl der Herkunftskultur <strong>und</strong> dem Herkunftsland gegenüber loyal sein zu wollen,<br />

als auch dem Aufnahmeland, der Aufnahmekultur gegenüber).<br />

9. Überforderung mit der Erziehung der Kinder <strong>und</strong> mit den komplizierten gesellschaftlichen<br />

Bedingungen.<br />

10. Soziale Isolation.<br />

11. Belastung durch Ängste <strong>und</strong> Demütigungen, u.U. Entwicklung einer labilen Minderheitenidentität<br />

(Schwanken zwischen Selbsthass <strong>und</strong> nationalistischen/religiösen Größenphantasien)<br />

INNERFAMILIÄRE KONFLIKTE<br />

1. Norm- <strong>und</strong> Rollenkonflikte innerhalb der Familie (zwischen den Ehepartnern <strong>und</strong> den<br />

Generationen).<br />

2. Entfremdung der Generationen durch Schw<strong>und</strong> der gemeinsamen Verständigungsbasis,<br />

u. U. Verinnerlichung des negativen Fremdbildes der Herkunftskultur durch die Kinder.<br />

INDIKATOREN FÜR DIE ZUGANGSBARRIEREN<br />

1. Die Sprachbarriere: Wo sprachliche Hindernisse <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, muss der Akzent<br />

der Begegnung auf die nonverbale, empathische Kommunikation gelegt werden.<br />

2. Mangelndes Vertrauen in die interkulturelle Verständigungsmöglichkeit.<br />

16


3. Misstrauen des Minderheitenangehörigen gegenüber den Repräsentanten der dominanten<br />

Mehrheitsgesellschaft, kulturelle Hemmnisse (Krankheitsverständnis/Schamkultur).<br />

4. Mittelschichtsorientierter Beratungsansatz.<br />

5. Angst bzw. Befürchtungen vor Stigmatisierungen<br />

6. oder als Versager verurteilt bzw. germanisiert zu werden.<br />

7. Segmentierter, nicht ganzheitlicher Problemlösungsansatz (isolierte, auf das Individuum<br />

gerichtete sozialpädagogische Beratung <strong>und</strong> psychosoziale Betreuung).<br />

8. Unkenntnis des Versorgungssystems.<br />

9. Behörden<strong>im</strong>age.<br />

10. Entfernung vom Wohnort.<br />

11. Abwehr der Reflexion der eigenen Anteile.<br />

12. Fatalistische Weltanschauung ( z.B. Gott hat es so gewollt, oder Gott ist groß, Gott wird<br />

helfen).<br />

13. Angst vor aufenthaltsrechtlichen Folgen.<br />

Unter Berücksichtigung dieser obigen Indikatoren ist es sehr deutlich <strong>und</strong> unmissverständlich,<br />

dass ein unübersehbarer Bedarf an migrantenspezifischen Angeboten auch <strong>im</strong><br />

Jugend- <strong>und</strong> Suchthilfesystem unter Einbeziehung von nichtdeutschen Fachkräften vorhanden<br />

ist. Es ist Zeit entsprechende Maßnahmen <strong>im</strong> Jugend- Suchthilfesystem aufzu-greifen.<br />

Dass das Suchthilfesystem bisher in dieser Richtung keine ernsthaften Schritte unternommen<br />

hat, ist ein Ausdruck dafür, wie Migranten <strong>und</strong> deren Probleme gesehen werden.<br />

Sind die Strukturen <strong>und</strong> Einstellungen dieser Einrichtungen überhaupt offen für ausländische<br />

KollegInnen?<br />

Sind Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen bereit, sich mit neuen Arbeitsweisen <strong>und</strong> transkulturellen Gegebenheiten<br />

zu konfrontieren?<br />

Wir meinen, durch multikulturelle Teams kann die Arbeit mit Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />

noch effektiver gestaltet bzw. erst ermöglicht werden.<br />

Zum Beispiel auf den folgenden Ebenen:<br />

1. Auf der Sachinformationsebene ist es möglich, differenzierte Anamnesen zu erstellen.<br />

2. Auf der Ebene der Selbstoffenbarung können Gefühle <strong>und</strong> Gedanken besser zum Ausdruck<br />

gebracht werden, wenn kein Sprachzwang existiert.<br />

3. Auf der Ebene als Medium des Appells kann sich der Berater/die Beraterin leichter mitteilen.<br />

4. Auf der Ebene der Herstellung der Beziehungen ist Vertrautheit <strong>und</strong> Entgegenkommen<br />

spürbarer, echter <strong>und</strong> übersichtlicher.<br />

5. Migrations- <strong>und</strong> Minderheitenerfahrung der ausländischen MitarbeiterInnen bzw. Einrichtungen<br />

bringt die Gr<strong>und</strong>voraussetzungen zur opt<strong>im</strong>alen Verständigungsmöglichkeit <strong>und</strong><br />

erzeugt Zugehörigkeitsgefühl.<br />

Der erste Schritt zu einer besseren Beratung, Betreuung <strong>und</strong> Behandlung der abhängigen<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten <strong>und</strong> deren Angehörigen ist die Einstellung von Migranten als<br />

Fachpersonal. Im Team einen/eine MitarbeiterIn als MigrantInnen zu haben <strong>und</strong> diese nur für<br />

MigrantInnen zuständig zu erklären, sollte jedoch nicht das Ziel sein.<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzungen des interkulturellen Ansatzes in einem multikulturellen Team sind m.<br />

E. nach folgende:<br />

1. Annerkennung multikultureller Kompetenzen bei Qualifikationen, Sprachkenntnissen,<br />

spezifischen Kenntnissen, Erfahrungen des kulturellen Hintergr<strong>und</strong>es, der Migrationsproblematik,<br />

subkulturellen Verarbeitungsformen der Minderheitensituation.<br />

2. Gleichberechtigung durch paritätische Besetzung der Teams, Repräsentanz der MigrantInnen<br />

auch in der Hierarchie.<br />

17


3. Keine strikte Arbeitsteilung, d.h. prinzipiell sollen alle Mitarbeiter mit allen Klienten arbeiten<br />

können.<br />

4. Entwicklung <strong>und</strong> effizienzsteigernde, interkulturelle Kooperationslinien statt lähmender<br />

Konkurrenz <strong>und</strong> Machtkampf.<br />

5. Entwicklung <strong>und</strong> Einsatz von Methoden der interkulturellen Beratungs-, Betreuungs-,<br />

<strong>und</strong> Behandlungstechniken.<br />

6. Entwicklung eines auf Akzeptanz der fremdkulturellen Klientel ausgerichteten Verhaltenskodex<br />

der MitarbeiterInnen.<br />

7. Erlernen wichtiger Zielsprachen (z.B. Floskeln <strong>und</strong> allgemeine Redewendungen, mindestens<br />

jedoch sollen die Namen nicht eingedeutscht werden).<br />

Zur Überprüfung der eigenen Arbeit <strong>und</strong>/oder der Einrichtung bzw. des Trägers zur interkulturellen<br />

Arbeit möchte ich folgende Fragen zur Selbstbeantwortung einfügen:<br />

1. Ziel meiner Arbeit, meiner Einrichtung, meines Trägers?<br />

2. Welche Kompetenzen besitzt die Einrichtung/der Träger, um dieses Ziel zu erreichen?<br />

3. Ist die Migrantenarbeit ein integriertes Ziel meiner Einrichtung/meines Trägers?<br />

4. Entsprechen meine Angebote dem Ziel des integrierten Ansatzes?<br />

5. Besteht eine Nachfrage vonseiten der MigrantInnen an meine Einrichtung?<br />

6. Warum besteht eine solche Nachfrage?<br />

7. Besteht keine Nachfrage vonseiten der MigrantInnen an meine Einrichtung/meinen<br />

Träger?<br />

8. Warum besteht eine solche Nachfrage nicht?<br />

9. Was soll die eigene Einrichtung/der eigene Träger gesamtorganisatorisch verändern,<br />

um den genannten Bevölkerungsanteil in die Beratung <strong>und</strong> Versorgung einzubeziehen?<br />

10. Welche Erwartungen habe ich bei der Erfüllung der Voraussetzungen zur interkulturellen<br />

Öffnung?<br />

18


Literatur<br />

Akbiyik, O.: Thesen zur <strong>Suchtprävention</strong> für MigrantInnen aus der Sicht der interkulturellen<br />

Beratung <strong>und</strong> Therapie (unveröffentlichtes Manuskript) Berlin 1999.<br />

Ders.: Ausweisungspraxis bei drogenabhängigen MigrantInnen (unveröffentlichtes<br />

Manuskript) Berlin 1999.<br />

Ders.: Zur Notwendigkeit interkultureller Suchthilfedienste für Migranten. In: Handbuch<br />

interkulturelle Suchthilfe; Salman, Tuna, Lessing. Gießen 1999.<br />

Ders.: Drogenabhängigkeit bei Migranten. In: Jäger (Hrsg.): AIDS - Herausforderung für<br />

Forschung, Behandlung <strong>und</strong> das Leben mit HIV. Lech 2000.<br />

Ders.: Drogengefährdete minderjährige <strong>und</strong> heranwachsende MigrantInnen. Thesen<br />

zum Fachgespräch über vietnamesische Abhängige. 17.12.1999, Berlin.<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (Hrsg.): Dokumentation gemeindenaher<br />

Projekte zur Drogenprävention.<br />

Chakrabarti, J.: Was heißt denn multikulturelle Gesellschaft. In: Sucht Report 6. 1997.<br />

Czycholl, D.: Krank in der Fremde oder Krank durch die Fremde ? In: Sucht Report 6 1997.<br />

Ders.: Abhängigkeitserkrankung bei Migranten <strong>und</strong> ihre Behandlung. In : Landesstelle gegen<br />

die Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration: Fachtagung 1996.<br />

Stuttgart.<br />

Frankfurter AK Migration <strong>und</strong> psychische Ges<strong>und</strong>heit (Hrsg.): Anhörung zur psychosozialen<br />

Versorgung von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten am Mittwoch, den 26. Januar 1994, <strong>im</strong><br />

Römer der Stadtverordnetenversammlung. Dokumentation 1994.<br />

Gaitanides, S.: Zugangsbarrieren von Migranten zu den Drogendiensten. In: Deutsche<br />

Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hrsg.): Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft.<br />

1998.<br />

Ders.: Psychosoziale Versorgung von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten in Frankfurt am<br />

Main. In: Informationsdienst zur Ausländerarbeit: Begegnung mit dem Fremden Nr. 3-4 1992.<br />

Hinz-Rommel, Wolfgang: Interkulturelle Kompetenz. 1994<br />

Koch, Eckhard; Özek, Metin, u.a.: Chancen <strong>und</strong> Risiken von Migration. 1998.<br />

Landesverband Westfalen/Lippe, Abt. Ges<strong>und</strong>heitswesen (Hrsg.): Sucht kennt keine<br />

Ausländer. 13. Fachtagung. Dokumentation 1994.<br />

Öztoprak, Ü.: Kultivation persönlicher Identitäten in kulturellen Übergängen Exposé zum<br />

Dissertationsvorhaben.<br />

Pochanke Alff, A.: Ges<strong>und</strong>heitsversorgung von Migranten <strong>und</strong> Migrantinnen in Berlin-<br />

Kreuzberg. Projektbericht 1977, Berlin.<br />

Wagner Claudia: Zugangsbarrieren von Migranten zu den Drogendiensten. Zur Notwendig-<br />

keit einer interkulturellen Öffnung des Suchthilfesystems. Studienarbeit <strong>im</strong> Fachbereich<br />

Sozialwesen an der Gesamthochschule Kassel. 1999.<br />

19


Drogenabhängige Migranten in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie Warstein<br />

1. Einleitung<br />

Bernhard Bätz<br />

„Gesicherte Informationen zum Suchtverhalten <strong>und</strong> zum Ausmaß von Suchterkrankungen<br />

bei Migranten liegen derzeit kaum vor.“ (BMG 2000) Diese Feststellung ist verw<strong>und</strong>erlich<br />

angesichts einer ausländischen Bevölkerung von 7.343.600 in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

(Stand: 31.12.1999 lt. Statistisches Jahrbuch 2000), von 12.200.000 Vertriebenen (die<br />

bis 1950 nach Deutschland kamen) <strong>und</strong> 5.124.482 Aussiedlern (die in der Zeit von 1950 bis<br />

2000 nach Deutschland aussiedelten) (Welt 2001). Handlungsbedarf besteht, da Deutschland<br />

von der schnellen <strong>und</strong> stetig anwachsenden Zunahme der Migration, einem prägenden<br />

Phänomen der letzten 25 Jahre, besonders betroffen ist (Collatz 1996).<br />

Suchterkrankungen bei Migranten in Deutschland wurden in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg,<br />

als eine Vielzahl von Flüchtlingen, He<strong>im</strong>atvertriebenen <strong>und</strong> Aussiedlern aufgenommen<br />

wurde, nicht überproportional häufig beobachtet. So fanden Ebermann <strong>und</strong> Möllhoff (1957)<br />

bei he<strong>im</strong>atvertriebenen Donaudeutschen männlichen Geschlechts eine Häufigkeit von Alkoholproblemen,<br />

welche sich nicht von der einhe<strong>im</strong>ischer Deutscher unterschied; bei Aussiedlerfrauen<br />

aus diesem Herkunftsgebiet gab es bei der von ihnen untersuchten Gruppe überhaupt<br />

keinen Fall einer Alkoholabhängigkeit. Kienle (1965) hob bei der Beschreibung der<br />

Entwurzelungsreaktion der Balkandeutschen hervor, dass in keinem Fall eine Neigung zu<br />

Alkoholexzessen nachweisbar war.<br />

Benkert et al. (1974) beschrieben bei 4% der 130 in 1970 <strong>und</strong> 1971 in der Psychiatrischen<br />

Universitätsklinik Düsseldorf aufgenommenen Ausländer eine Suchterkrankung <strong>und</strong> bei 3%<br />

von ihnen ein Delir oder Prädelir. In den 70er Jahren fanden Häfner et al. (1977) bei türkischen<br />

Arbeitsmigranten in Deutschland wohl depressive <strong>und</strong> psychosomatische Syndrome<br />

als Reaktion auf die Einwanderung, jedoch wurde in keinem Fall süchtiges Verhalten beschrieben.<br />

Binder <strong>und</strong> S<strong>im</strong>oes (1978) führten - ähnlich wie Lichter (1993) - aus, dass kürzlich<br />

Eingewanderte Anpassungsprobleme haben, welche durch exzessiven Alkoholkonsum oder<br />

die Flucht in psychosomatische Erkrankungen „gelöst“ werden. Lazaridis (1987) fand bei<br />

ausländischen Männern eine hohe Alkoholismusrate, welche nationalitätenspezifische Unterschiede<br />

aufwies: sie war bei Jugoslawen signifikant erhöht, bei Türken <strong>und</strong> Griechen signifikant<br />

erniedrigt.<br />

Drogenabhängige Migranten wurden erst in den letzten Jahren ein Thema in der Fachöffentlichkeit.<br />

Die Diskussion über die Drogenabhängigkeit von Migranten nahm in den letzten Jahren<br />

erheblich zu, es ist hier ein zunehmendes Problembewusstsein zu bemerken (Akbiyik<br />

1991).<br />

Die Suchtproblematik wurde in der öffentlichen Diskussion von psychischen Erkrankungen<br />

<strong>und</strong> psychosozialen Störungen von ausländischen Arbeitnehmern häufig ausgeklammert,<br />

obwohl aus der Praxis von Suchtberatungsstellen <strong>und</strong> Suchtfachkrankenhäusern <strong>im</strong>mer wieder<br />

Hinweise auf eine zunehmende Suchtproblematik dieser Personengruppe kamen - „<strong>und</strong><br />

zwar vor allem auf die Alkoholabhängigkeit bei erwachsenen ausländischen Arbeitnehmern<br />

der so genannten ersten Generation <strong>und</strong> auf die Heroinabhängigkeit bei den Heranwachsenden<br />

der zweiten Ausländergeneration.“ (Brakhoff, Schmidtobreick 1982, S. 38). Migrationsdienste<br />

in Baden-Württemberg schätzen nach einer Umfrage der Landesstelle gegen die<br />

Suchtgefahren etwa 15% ihrer Klientel als suchtkrank ein, in den dortigen Drogentherapieeinrichtungen<br />

stellen Ausländer etwas mehr als 18% der Klienten (Baudis 1997).<br />

Auch Matakas (1981) berichtete von einem erhöhten Anteil an Flüchtlingen <strong>und</strong> Vertriebenen<br />

an den Suchtkranken. Schulz <strong>und</strong> Weiß-Lehnhardt (1988) fanden bei 25,1% der Suchtpati-<br />

20


enten des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Königslutter eine „Entwurzelungsproblematik“,<br />

bei 10,4% von ihnen handelte es sich um DDR-Flüchtlinge, bei 14,7% um Flüchtlinge,<br />

Vertriebene <strong>und</strong> Aussiedler aus Ländern des Ostblocks. Nur bei 2,0% der Suchtkranken<br />

dieses Krankenhauses handelte es sich um Arbeitsmigranten („Gastarbeiter“), welche damit<br />

deutlich seltener dort waren als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprach.<br />

Pavkovic (1993a) legte dar, dass Suchterkrankungen bei Migranten sehr verbreitet seien.<br />

Andererseits wurden bei einer Befragung von Ärzten zu den häufigsten psychischen <strong>und</strong><br />

psychosomatischen Krankheiten der ausländischen Bevölkerung keine Suchtprobleme angegeben,<br />

während Krankenhäuser mit psychiatrischen Abteilungen bei derselben Frage<br />

Suchtkrankheiten an neunter Stelle angaben (Lajios 1993).<br />

Hinweise auf eine zunehmende Suchtproblematik bei Aussiedlern wurden in den 90er Jahren<br />

von Mies-van Engelshoven (1993, 1996, 1997, 1998, 1999), Wilkiewicz (1993), Bauer<br />

(1996), Giest-Warsewa (1996, 1997, 1998a,b), Ausobsky (1997, 1998), Czycholl (1997 a, b,<br />

c, 1998, 1999), Thielemann-Dyballa (1997), Preiser <strong>und</strong> Schlachter (1998), Schiermeister-<br />

Dill et al. (1998), u.a. gegeben.<br />

Die Suchthilfeeinrichtungen sind nicht ausreichend auf die Zielgruppe der abhängigkeitskranken<br />

Migranten eingerichtet (Nickels 1999). Im „Landesprogramm gegen Sucht“ des Landes<br />

NRW wird festgehalten, dass für diese Personengruppe ein zunehmender Hilfebedarf<br />

bestehe. Drogenabhängige Aussiedler werden –wie auch andere Gruppen drogenabhängiger<br />

Migranten - durch die „Hilfsangebote (der Suchthilfe, d.Ref.) nur sehr schwer erreicht“<br />

(Caspers-Merk 2001). Dass sich der Anteil der durch Rauschgiftkonsum verstorbenen Aussiedler<br />

<strong>im</strong> Jahr 2000 <strong>im</strong> Vergleich mit dem Vorjahr mehr als vervierfacht hat, wird u.a. auf<br />

deren fehlende Bereitschaft zur Annahme von Hilfsangeboten zurückgeführt (B<strong>und</strong>eskr<strong>im</strong>inalamt<br />

2001).<br />

2. Gibt es migrationsspezifische Suchtrisiken?<br />

Mehrere Autoren heben unterschiedliche Problemlagen der Migranten hervor, welche sie mit<br />

deren erhöhtem Suchtrisiko in Verbindung bringen.<br />

• Unbewältigte Entwicklungsaufgaben <strong>und</strong> wenig realistische Zukunftsperspektiven erhöhen<br />

die Suchtgefährdung von Migranten (Macek 1997).<br />

• Die Bedingungsfaktoren der Sucht erscheinen wie die Beschreibung einer prototypischen<br />

Migrationskonstellation mit dem Auflösen der Grenzen zwischen den Generationen <strong>und</strong><br />

mit einem Harmoniebedürfnis in den Familien, so dass Konflikte nicht offen angesprochen<br />

<strong>und</strong> ausgetragen werden (Özelsel 1995).<br />

• Dem Drogenkonsum der Migranten wird die Funktion eines Ventils <strong>im</strong> Umgang mit erfahrenen<br />

Diskr<strong>im</strong>inierungen zugeschrieben (Kavasoglu 1995).<br />

• Aussiedler bilden zum Teil hermetisch abgeschlossene subkulturelle Gruppen, in welchen<br />

delinquenzfördernde Normen herrschen (Czycholl 1997 c). Der gemeinsame Drogenkonsum<br />

hat dort die Funktion eines identitätsstiftenden Rituals (Schwichtenberg, Weig 1999).<br />

Verwahrlosungstendenzen werden deutlich bei der Bandenbildung mit Vandalismus, Gewalt<br />

untereinander, Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum (Vormberg 2000, Tertilt 1996).<br />

• Die Belastungen der Jugendlichen innerhalb <strong>und</strong> außerhalb ihrer Familien werden größer,<br />

ihre Familien werden instabiler. Diese Belastungen machen sie für Suchtmittelkonsum anfälliger<br />

(Müller 1993).<br />

• Als krankmachend <strong>und</strong> als Risikofaktor für den Drogenkonsum bei Migranten angesehen<br />

wird die Migration besonders <strong>im</strong> Pubertätsalter, aber auch die Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>im</strong> Aufnahmeland<br />

(van Bekkum 1999).<br />

• Die nicht gelungene Integration in die Aufnahmegesellschaft hier wird in Zusammenhang<br />

mit der Sucht gesehen (Treder 1996, 1998).<br />

21


• Die als aussichtslos empf<strong>und</strong>ene Situation der Migranten drückt sich in deren Drogenkonsum<br />

aus (Schmidt 1998). Werden sie mit ihren Familien in ihrer Perspektiv- <strong>und</strong> Orientierungslosigkeit<br />

sich selbst überlassen, wird Sucht - neben Aggressionen <strong>und</strong> Kr<strong>im</strong>inalität -<br />

als Folge davon sichtbar (Ceschan 1997).<br />

• Je unsicherer die berufliche Zukunft der Migranten ist, je mehr sie vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt<br />

werden, desto mehr sind sie auf tradierte Maßstäbe von Männlichkeit angewiesen,<br />

was sich auch <strong>im</strong> Umgang mit Suchtmitteln ausdrückt (Kranz 1999, Kotter 2000).<br />

• Krick (1998) sieht einen Zusammenhang zwischen der mangelnden Sprachfähigkeit <strong>im</strong><br />

Deutschen, dem Selbstbewusstsein <strong>und</strong> dem Drogenkonsum.<br />

• Migration kann als ein Trauma angesehen werden mit der möglichen Folge einer Identitätsdiffusion<br />

(Musa, Bebek 1997). Be<strong>im</strong> Verlust von Bekanntem, von Fre<strong>und</strong>en, Sprache,<br />

Kultur, Beruf <strong>und</strong> Identität kann eine Schein-Lösung dieser Probleme <strong>im</strong> Konsum von<br />

Suchtmitteln gesucht werden - eine Schein-Beziehung, eine Schein-Sicherheit, eine<br />

Schein-Geborgenheit etc. wird so gef<strong>und</strong>en (Czycholl 1996). Dabei entsteht ein Teufelskreis,<br />

in welchem einerseits Integrationsprobleme eine Sucht bedingen <strong>und</strong> verstärken,<br />

andererseits die Sucht Integrationsprobleme bedingt <strong>und</strong> verstärkt (Czycholl 1997 d).<br />

• In den asiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken sind Drogen leichter erhältlich als in den<br />

anderen Ländern der vormaligen UdSSR; <strong>und</strong> gerade aus Zentralasien kamen in den letzten<br />

Jahren sehr viele Aussiedler nach Deutschland (Afanasiev 1997).<br />

• In den letzten Jahren ist die Zahl der suchtgefährdeten Jugendlichen in den Ländern der<br />

ehemaligen UdSSR sehr angestiegen (von Roll [2000] für Omsk/Westsibirien beschrieben).<br />

• Kasachstan, das Herkunftsland von nahezu 48% der Aussiedler <strong>im</strong> Jahr 2000 (B<strong>und</strong>esminister<br />

des Inneren 2001), n<strong>im</strong>mt in der ehemaligen Sowjetunion eine führende Rolle als<br />

Rohstofflieferant für Cannabis <strong>und</strong> Mohn ein.<br />

• Viele Aussiedler haben bereits in den Herkunftsländern Erfahrungen mit Alkohol oder<br />

Drogen gemacht (Groß 1997), zum Teil kommen sie bereits als Abhängige vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der stark verankerten Ritualisierung des Alkoholkonsums in deren Herkunftsgesellschaften<br />

(Weber 1997).<br />

• Die wachsende Arbeitslosigkeit in der ehemaligen UdSSR führt dort zu einem Anwachsen<br />

der Jugendkr<strong>im</strong>inalität, der Prostitution <strong>und</strong> des Drogenkonsums (Rewenko 1993).<br />

• Die Einbindung von Aussiedlern in den Drogenhandel soll zum Drogenkonsum bei diesen<br />

führen (Miretski, Schmidt 2000).<br />

• Ein Wegfall protektiver Faktoren (Boos-Nünning 1998) wird mit dem zunehmenden Drogenkonsum<br />

dieser Personengruppe in Verbindung gebracht.<br />

• Sucht wird bei jugendlichen Ausländern als eine Suche nach einem Ausweg aus der Situation<br />

des Lebens zwischen zwei Kulturen oder Welten (Peterburs 1999, Sivrikozoglu<br />

1997), aus Unwohlsein <strong>und</strong> Zwängen, aus Loyalitätskonflikten, auch als Suche nach Anerkennung<br />

angesehen (Aksoy 1997).<br />

• Der Drogenkonsum vieler jugendlicher Migranten wird auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />

Fremdenfeindlichkeit von Teilen der deutschen Bevölkerung <strong>und</strong> politisch kaum geförderter<br />

Hilfen zur Bewahrung einer eigenen Identität der Migranten gesehen (Gruber 1997).<br />

Aus diesen Angaben ergeben sich Hinweise auf eine größere Suchtgefährdung von Migranten<br />

bei der problematischen Integration in Deutschland, aber auch zum Teil bereits in deren<br />

Herkunftsländern. Migration als ein Life Event, als ein kritisches Lebensereignis, wirkt sich<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit des Menschen aus, sie kann die Suchtgefährdung auch erhöhen (Tuna<br />

1999b).<br />

22


3. Drogenkonsum von Migranten - ein zunehmendes Problem?<br />

In der Fachöffentlichkeit wird seit Anfang der 90er Jahre vermehrt über den Drogenkonsum<br />

von Migranten publiziert. Es liegen aber derzeit keine epidemiologischen Studien in Deutschland<br />

vor, welche eindeutig die Entwicklung des Drogenkonsums bei dieser Personengruppe<br />

nachvollziehen.<br />

Macek (1995) berichtete von einer Anfang der 90er Jahre rapide zunehmenden Drogenabhängigkeit<br />

bei jungen Migranten. Salman geht davon aus, dass „Sucht-erkrankungen bei<br />

Migranten mit großer Wahrscheinlichkeit zum größten sozialen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Problem<br />

der Migranten in Deutschland werden“ (Salman, 1998). Brand (1995) gab eine Überrepräsentation<br />

von nicht-deutschen Tatverdächtigen bei BtMG-Vergehen an. Peterburs (1999)<br />

geht davon aus, dass etwa ein Drittel der Drogenabhängigen der offenen Szene in Hannover<br />

Migranten sind. Sertkaya (1998) berichtet, dass 1988 4% der ambulant betreuten Drogenabhängigen<br />

einer Frankfurter Drogenberatungsstelle Ausländer waren, derzeit seien es 35%.<br />

Nach Kaya (1999) nahm in den letzten Jahren der Anteil der ausländischen Drogenkonsumenten<br />

stetig zu. Huck (1996) zeigt auf, dass in der Zeit von 1970 bis 1981 in der Abteilung<br />

für Drogenabhängige des Westfälischen Instituts für Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Heilpädagogik in<br />

Hamm lediglich ein ausländischer Klient behandelt wurde, dass der Ausländeranteil dort seit<br />

1990 aber etwa 10% beträgt.<br />

Bei jugendlichen Aussiedlern wird von einem zunehmenden Drogenkonsum ausgegangen<br />

(Rösler 1999, Mies-van Engelshoven 2000, Giest-Warsewa 2000). In einigen Ballungsgebieten<br />

von Aussiedlern weisen die Suchtberatungsstellen einen erheblichen Zulauf dieser Personengruppe<br />

aus: So waren 1998 64% der Klienten, welche erstmals Kontakt mit der Suchtberatungsstelle<br />

Detmold aufnahmen, in der ehemaligen UdSSR geboren (Drogenberatungsstelle<br />

Detmold 1999). Dies belegt auf der Ebene der Inanspruchnahme, dass bei dieser Personengruppe<br />

ein großes <strong>und</strong> zunehmendes Drogenproblem vorliegt.<br />

Bei einer Fragebogenuntersuchung gaben 18% der jugendlichen Aussiedler an, schon einmal<br />

Haschisch konsumiert zu haben, nicht einer von ihnen wollte jemals andere illegale Drogen<br />

konsumiert haben (Kohl 1999). Bei einer anderen Fragebogenuntersuchung (Strobel,<br />

Kühnel, Heitmeyer 1999; Strobl, Kühnel 2000) ergab sich auch ein signifikant niedrigerer<br />

selbstberichteter Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum bei den jugendlichen Aussiedlern <strong>im</strong> Vergleich<br />

mit anderen deutschen Jugendlichen.<br />

Bei der Interpretation dieser widersprüchlichen Ergebnisse ist aber die bei Aussiedlern möglicherweise<br />

ausgeprägtere Antworttendenz <strong>im</strong> Sinne der sozialen Erwünschtheit zu beachten<br />

(Braun 1998).<br />

Wie wird die Situation <strong>im</strong> Hinblick auf Drogenkonsum bei Migranten <strong>im</strong> Ausland eingeschätzt?<br />

Baeten (1995) fand eine überproportionale Repräsentation der Migranten in Belgien<br />

bei den Drogenkonsumenten. Carron (1999) berichtete, dass die schweizerischen Fachleute<br />

- ohne über entsprechende Daten zu verfügen (Fahrenkrug 1998) - davon ausgehen, dass<br />

die Migranten besonders stark vom Drogenproblem betroffen seien. In den Niederlanden<br />

weisen verschiedene Migrantengruppen einen höheren Anteil an Drogenabhängigen auf als<br />

die allgemeine Bevölkerung (van de Wijngaart 1999), Migranten stellen dort 6% der Gesamtbevölkerung,<br />

aber etwa 28% der Klienten der Drogenhilfeeinrichtungen (Trautmann 1998).<br />

23


4. Zur Definition von Migranten<br />

Migranten stellen eine heterogene Gruppe dar. Die Sprachregelung ist auch bei denen, die<br />

sich professionell mit Migranten befassen, unscharf.<br />

So macht z.B. Macek (1997) den Begriff „Migrant“ daran fest, dass dieser eine Migration, d.h.<br />

eine Wanderung von einem Land in ein anderes, vollzogen haben muss. Für ihn sind deshalb<br />

in Deutschland geborene Migranten der 2. oder 3. Generation „keine Migranten, da sie<br />

nicht migriert sind.“ (Macek 1997, S. 2) Damit st<strong>im</strong>mt er überein mit der UN-Definition, nach<br />

der Migranten Menschen sind, die ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlegen (Berg 1998).<br />

Akgün (1993) unterteilt Migranten in Flüchtlinge, Gastarbeiter <strong>und</strong> Siedler. David <strong>und</strong> Borde<br />

(1998) reservieren diesen „politisch korrekten“ Begriff für „nichtdeutsche Zuwanderer“. Nach<br />

Collatz (1998) sind zu den Migranten auch Aussiedler <strong>und</strong> Asylbewerber zu rechnen.<br />

Der Begriff des Migranten schließt die Binnenwanderungen aus (Collatz 1995).<br />

Der in den Niederlanden benutzte Begriff ist viel weiter, er umfasst auch die ehemaligen Ausländer<br />

mit niederländischer Nationalität sowie auch deren Nachkommen bis in die dritte Generation,<br />

sofern sie sich mit der Kultur ihrer (Groß-)Eltern identifizieren (Braam et al. 1998).<br />

In dieser Darstellung sollen als Migranten folgende Gruppen aufgefasst werden:<br />

• Ausländer: diese umfassen unabhängig vom Aufenthaltsstatus Arbeitsmigranten <strong>und</strong> deren<br />

Nachkommen, Asylbewerber (anerkannt oder geduldet), De-facto-Flüchtlinge <strong>und</strong><br />

Kontingentflüchtlinge,<br />

• Aussiedler.<br />

Nicht dargestellt werden in dieser Untersuchung andere Personen mit einem Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

wie<br />

• <strong>im</strong> Ausland geborene Kinder deutscher Eltern,<br />

• Deutsche mit einem ausländischen Elternteil,<br />

• DDR-Übersiedler oder -Flüchtlinge,<br />

• eingebürgerte Ausländer mit deutscher Staatsangehörigkeit,<br />

• Staatenlose.<br />

Es handelt sich hierbei um eine sehr heterogene Personengruppe mit zum Teil sehr ausgeprägter<br />

Migrationsgeschichte, wie in einigen Fallbeispielen verdeutlicht werden soll:<br />

• die in Australien geborene <strong>und</strong> aufgewachsene Tochter deutscher Geschäftsleute, die in<br />

der Pubertät mit den Eltern erstmals nach Deutschland kam <strong>und</strong> hier blieb;<br />

• den in Südamerika geborenen Sohn eines deutschen Entwicklungshelfers <strong>und</strong> einer Lateinamerikanerin,<br />

der mit 3 Jahren nach Deutschland kam; sein Aussehen ist typisch südländisch,<br />

was zuweilen zu Problemen führt;<br />

• die in Deutschland geborene Tochter einer deutschen Mutter <strong>und</strong> eines holländischen<br />

Vaters; sie besuchte häufig nach der Scheidung der Eltern den Vater in Holland, kam dabei<br />

auch erstmals mit Heroin, „China rocks“, in Berührung;<br />

• die in der Türkei geborene syrisch-orthodoxe Aramäerin, deren Mutter die libanesische,<br />

deren Vater die syrische Staatsangehörigkeit hatte; die Eltern lebten als Nomaden <strong>im</strong> Gebiet<br />

zwischen Syrien, dem Libanon <strong>und</strong> der Türkei; als die Tochter geboren wurde, waren<br />

sie zufällig in der Türkei; diese Familie kam dann als wegen ihres Glaubens in einem islamischen<br />

Land Verfolgte nach Deutschland, das Asylrecht wurde gewährt, später nahm<br />

sie die deutsche Staatsangehörigkeit an;<br />

• den in Deutschland geborenen Sohn einer Deutschen <strong>und</strong> eines während des Zweiten<br />

Weltkrieges nach Deutschland verbrachten Fremdarbeiters aus Polen; seine Mutter verlor<br />

wegen der Eheschließung mit ihrem polnischen Ehemann während des Krieges die deut-<br />

24


sche Staatsangehörigkeit <strong>und</strong> wurde eine Staatenlose, das Kind aus dieser Beziehung<br />

wurde ebenfalls staatenlos; obwohl er in Deutschland geboren <strong>und</strong> aufgewachsen ist <strong>und</strong><br />

auch die Möglichkeit hätte, die deutsche Staatsangehörigkeit zu bekommen, zieht er es<br />

vor, ein Staatenloser zu sein;<br />

• den <strong>im</strong> Libanon geborenen Palästinenser, der seit über 15 Jahren in Deutschland ein abgelehnter,<br />

aber geduldeter Asylbewerber ist; er hat weder die libanesische noch die palästinensische<br />

Staatsangehörigkeit, er ist staatenlos;<br />

• den in Kirgisien geborenen Sohn einer Halbjüdin mit russischem Vater <strong>und</strong> eines Griechen;<br />

er ist von der Konfession her russisch-orthodox; er kam mit der Mutter als Kontingentflüchtling<br />

nach Deutschland; nachdem seine Mutter einen Deutschen heiratete, wurde<br />

er von diesem adoptiert <strong>und</strong> bekam so die deutsche Staatsangehörigkeit;<br />

• den in der ehemaligen DDR geborenen Sohn einer ungarischen Mutter <strong>und</strong> eines polnischen<br />

Vaters; nach der Öffnung der Grenzen kam er mit seiner Mutter in die alten B<strong>und</strong>esländer,<br />

er hat die deutsche Staatsangehörigkeit.<br />

Diese Gruppe von „anderen Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>“ stellte 3,5% der bis Ende<br />

2000 in der WKPP Warstein von illegalen Drogen entzogenen Patienten. Bei der folgenden<br />

Darstellung wird also mit einer Nichtberücksichtigung dieser Personengruppe der Anteil der<br />

Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> unterschätzt.<br />

5. Das Behandlungsangebot der Abteilung Suchtmedizin der WKPP Warstein<br />

Die Abteilung Suchtmedizin ist in hohem Maße differenziert. Es werden Entzugsbehandlungen<br />

von Alkohol in einer offenen <strong>und</strong> in einer geschlossenen Station durchgeführt. In der<br />

Station „Sprungbrett“ erfolgt ein qualifizierter Drogenentzug, in der Station „Kompass“ der<br />

Drogenentzug für Migranten. In einer weiteren Station werden suchtkranke Patienten mit<br />

komorbiden Störungen behandelt. Der Behandlungsschwerpunkt einer weiteren Station ist<br />

„Sucht <strong>und</strong> Psychose“.<br />

Bei den Alkoholabhängigen stellen Aussiedler in den 90er Jahren einen zunehmenden Anteil<br />

an Patienten, was sicherlich mitbedingt ist durch die Tatsache, dass in der Rehabilitationsabteilung<br />

„Stillenberg“ der WKPP Warstein seit 1997 auf der Station „Elisabeth“ ein spezielles<br />

Setting für die Entwöhnung Alkoholabhängiger Aussiedler aus den Ländern der ehemaligen<br />

UdSSR <strong>und</strong> aus Polen installiert wurde. Der Ausländeranteil be<strong>im</strong> Alkoholentzug beträgt<br />

konstant in den letzten Jahren etwa 2%. Auf eine Darstellung dieser Patientengruppe soll <strong>im</strong><br />

Folgenden aber nicht eingegangen werden.<br />

Wegen der Zunahme des Anteils an Migranten bei den Drogenabhängigen in der WKPP<br />

Warstein wurde für diese Personengruppe ein besonderes Setting eingeführt. Im Folgenden<br />

sollen einige Aspekte dieser Gruppe dargestellt werden. Dabei werden anhand des vorliegenden<br />

Datenmaterials die drogenabhängigen Migranten nicht nur als eine Gruppe dargestellt<br />

<strong>und</strong> den drogenabhängigen Deutschen gegenübergestellt, sondern es wird auch überprüft,<br />

ob es sich bei den drogenabhängigen Migranten um eine homogene Gruppe handelt –<br />

wie es möglicherweise durch den Begriff „Migrant“ suggeriert wird - oder ob zwischen den<br />

verschiedenen Migrantengruppen – Aussiedler <strong>und</strong> Ausländer – sowie zwischen den größeren<br />

Nationalitäten <strong>im</strong> Hinblick auf einige ausgewählte Indikatoren Unterschiede bestehen.<br />

6. Drogenabhängige Migranten in der WKPP Warstein<br />

In der WKPP Warstein werden seit Mitte/Ende der 80er Jahre zunehmend Entzugsbehandlungen<br />

Drogenabhängiger durchgeführt. 5.035 Drogenabhängige unterzogen sich dort bisher<br />

einem stationären Entzug von illegalen Drogen.<br />

25


Tabelle 1: Migrantenanteil nach Jahr der Behandlung<br />

Auss TR and.Ausl.<br />

1988 6,7 6,7 6,7<br />

1989 1,8 1,8 1,8<br />

1990 12,8 12,8 6,4 2,1 4,3<br />

1991 2,8 2,8 2,8<br />

1992 10,5 10,5 1,4 4,9 4,2<br />

1993 14,6 14,6 4,5 10,1<br />

1994 16,1 16,1 5,4 6,7 4<br />

1995 18 18 8,9 5,8 3,3<br />

1996 23,8 23,8 8,4 9,3 6,1<br />

1997 25,8 25,8 9,2 8,3 8,3<br />

1998 44,4 44,4 26,9 8,5 9<br />

1999 49,5 49,5 35,7 8,4 5,4<br />

2000 51,5 51,5 37,2 5,1 9,2<br />

Bis 2000 fanden sich 1706 Migranten <strong>und</strong> 3154 drogenabhängige Deutsche in der WKPP<br />

Warstein zur Entzugsbehandlung von illegalen Drogen ein. Der Migrantenanteil bei den Drogenabhängigen<br />

in dieser Klinik seit Mitte der 80er Jahre betrug insgesamt 35,1%, <strong>im</strong> Jahr<br />

2000 waren 51,5% der Patienten <strong>im</strong> Drogenentzug Migranten nach der obigen engen Definition.<br />

Während der Ausländeranteil von 1990 an etwa kontinuierlich bis 1995 zunahm <strong>und</strong><br />

sich dann bei einem Anteil von etwa 14% stabilisierte, stellte sich ab 1995 ein sprunghafter<br />

Zuwachs des Aussiedleranteils dar. 1998 wurde nach entsprechenden Vorbereitungen das<br />

Konzept einer Drogenentzugsstation verändert, diese wurde auf die Entzugsbehandlung<br />

drogenabhängiger Migranten ausgerichtet. Da besonders bei den Aussiedlern große Probleme<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf deren Erreichbarkeit bestanden, wurde auch Personal mit einem entsprechenden<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> in den Bereichen des Pflegepersonals <strong>und</strong> der Ärzte<br />

eingestellt, ein Teil des Personals erlernte die russische Sprache etc. Diese Maßnahmen<br />

hatten ab 1998 erhebliche Steigerungen besonders des Anteils der drogenabhängigen Aussiedler,<br />

aber auch von anderen Migranten, nämlich De-facto- <strong>und</strong> Kontingentflüchtlingen,<br />

Asylbewerbern etc. aus den Ländern der ehemaligen UdSSR zur Folge.<br />

Tabelle 2: Herkunftsländer der Aussiedler<br />

Moldawien 1<br />

Bulgarien 1<br />

Tschechien/Slowakei 2<br />

Georgien 2<br />

Turkmenistan 3<br />

Rumänien 3<br />

Estland 3<br />

Usbekistan 11<br />

Tadschikistan 21<br />

Ukraine 21<br />

Polen 95<br />

Kirgisien 110<br />

Russland 191<br />

Kasachstan 492<br />

Insgesamt 956<br />

Die Aussiedler kamen überwiegend aus den asiatischen Ländern der ehemaligen UdSSR.<br />

51,3% von ihnen wurde in Kasachstan geboren. Weitere 20,1% von ihnen stammten aus den<br />

Ländern der Russischen Föderation. Polen war das Herkunftsland von 9,6% der drogenab-<br />

26


hängigen Aussiedler. Hierbei ist zu bemerken, dass Anfang der 90er Jahre die drogenabhängigen<br />

Aussiedler überwiegend aus Polen in die WKPP Warstein kamen; deren absolute<br />

Anzahl blieb ab Mitte der 90er Jahre konstant, deren prozentualer Anteil an allen drogenabhängigen<br />

Aussiedlern war wegen einer starken Zunahme derer aus Zentralasien <strong>und</strong> der<br />

Russischen Föderation aber ab 1996 rückläufig.<br />

Tabelle 3: Nationalitäten der Ausländer bezogen auf Anzahl der stationären<br />

Behandlungen<br />

Ungarn 1<br />

Senegal 1<br />

Österreich 1<br />

Frankreich 1<br />

Brasilien 1<br />

Äthiopien 1<br />

Algerien 1<br />

Albanien 1<br />

Armenien 1<br />

Palästina 2<br />

Ghana 2<br />

Polen 2<br />

Aserbeidschan 2<br />

Ruanda 4<br />

Kasachstan 4<br />

Georgien 7<br />

Tunesien 7<br />

Belgien 8<br />

Großbritannien 8<br />

Ukraine 14<br />

Russland 16<br />

Griechenland 19<br />

Spanien 20<br />

Portugal 23<br />

Jugoslawien 30<br />

Iran 31<br />

Marokko 59<br />

Italien 69<br />

Türkei 336<br />

Insgesamt 672<br />

Die drogenabhängigen Ausländer waren in 48,1% Türken. Der Anteil der Türkischstämmigen<br />

unter den Drogenabhängigen ist allerdings noch etwas größer, als diese Zahl es nahelegt.<br />

Das liegt daran, dass etwa 5% der hier entzogenen Türken die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

haben <strong>und</strong> deshalb in dieser Untersuchung nicht zu den Migranten gezählt werden. Es folgen<br />

die Italiener mit 9,9%, die Marokkaner mit 8,5% <strong>und</strong> die Iraner mit 4,5%.<br />

Bei den drogenabhängigen Ausländern war in den letzten Jahren ein sprunghafter Anstieg<br />

von Ausländern aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR zu beobachten. Kamen<br />

1998 <strong>und</strong> 1999 noch jeweils 6 % von diesen zur stationären Entzugsbehandlung, so waren<br />

es 2000 bereits 37 %. Es handelt sich hierbei überwiegend um De-facto-Flüchtlinge <strong>und</strong><br />

Kontingentflüchtlinge aus der Ukraine <strong>und</strong> Georgien, teilweise auch um (Bürger-<br />

)Kriegsflüchtlinge aus anderen Ländern. Ein geringerer Teil dieser Personen sind Angehörige<br />

von Aussiedlern, welche nicht den Aussiedlerstatus haben <strong>und</strong> so unter Beibehalten der<br />

bisherigen Staatsangehörigkeit mit einem Visum zu ihren Angehörigen in Deutschland kom-<br />

27


men. Einige sind mit Deutschen verheiratet, können oder wollen aber nicht die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit annehmen.<br />

Abb. 1: Frauenanteil der Deutschen, Aussiedler <strong>und</strong> Ausländer<br />

Prozent<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

21,7<br />

Frauenanteil<br />

8<br />

3,6<br />

11,1<br />

Deutsche Aussiedler Türkei andere<br />

Ausländer<br />

Personengruppe<br />

Der Frauenanteil der drogenabhängigen Deutschen betrug 21,7%. Er war damit deutlich höher<br />

als bei den Aussiedlern mit 8,0%. Dabei ist aber festzuhalten, dass die Aussiedler diesbezüglich<br />

keine homogene Gruppe darstellen. Der Frauenanteil betrug bei den Aussiedlern<br />

aus Polen 31,3%, er war damit höher als bei den anderen Deutschen. Bei den anderen Aussiedlern<br />

belief sich der Frauenanteil auf 5,6% ohne signifikante Unterschiede zwischen den<br />

größeren Herkunftsländern (Russland 6,0%, Kasachstan 5,7%, Kirgisien 3,3%). Auch die<br />

drogenabhängigen Ausländer hatten mit 7,4% einen signifikant geringeren Frauenanteil als<br />

die anderen drogenabhängigen Deutschen. Dabei gab es bei den einzelnen Nationalitäten<br />

erhebliche Unterschiede. So betrug der Frauenanteil bei den drogenabhängigen Türken<br />

3,9%, bei den anderen Ausländern 10,7%. Der Frauenanteil bei den drogenabhängigen Italienern<br />

war mit 5,7% deutlich niedriger als bei den Deutschen. Der Frauenanteil der drogenabhängigen<br />

Marokkaner war mit 18,3% nahezu so hoch wie bei den Deutschen. Bei den<br />

drogenabhängigen Iranern befand sich keine einzige Frau.<br />

Tabelle 4: Alter der Deutschen, Aussiedler <strong>und</strong> Ausländer von 1990 bis 2000<br />

Deutsche 28,12<br />

Aussiedler 23,23<br />

Ausländer 26,26<br />

Russland 22,18<br />

Tadschikistan 22,91<br />

Kasachstan 23,07<br />

Kirgisien 23,84<br />

Polen 26,08<br />

Türkei 24,71<br />

andere Ausländer<br />

27,7<br />

Italien 28,91<br />

Marokko 23,86<br />

28


Iran 34,65<br />

Die deutschen Drogenabhängigen wurden in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich älter<br />

bis zu einem Durchschnittsalter von 30,18 Jahren <strong>im</strong> Jahr 2000. Die drogenabhängigen Aussiedler<br />

wiesen keine deutlichen Veränderungen <strong>im</strong> Hinblick auf ihr Alter auf, dieses betrug in<br />

den letzten Jahren etwa 24 Jahre ohne deutliche Veränderungen. Die Aussiedler aus Polen<br />

waren mit 26,1 Jahren die älteste Personengruppe, gefolgt von denen aus Kirgisien (23,9<br />

Jahre), Kasachstan (23,1 Jahre) <strong>und</strong> Russland (22,2 Jahre). Das Durchschnittsalter der Ausländer<br />

belief sich auf 26,2 Jahre. Am ältesten waren die drogenabhängigen Ausländer aus<br />

dem Iran mit 35,2 Jahren, es folgen - von den größeren Nationalitäten - diejenigen aus Italien<br />

28,8 Jahren (welche damit noch älter als der Durchschnitt der drogenabhängigen Deutschen<br />

waren). Die drogenabhängigen Türken waren mit 24,6 Jahren deutlich jünger als die drogenabhängigen<br />

Deutschen, auch diejenigen aus Marokko waren mit 23,9 Jahren sehr jung.<br />

Abb. 2: Verweildauer vor/nach 1997 für Deutsche, Aussiedler, Ausländer<br />

Tage<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

16,44<br />

14,48<br />

Verweildauer<br />

10,94<br />

13,82<br />

14,36<br />

12,75<br />

Deutsche Aussiedler Ausländer<br />

Personengruppe<br />

>= 1997<br />

Ein Vergleich der Verweildauer der drogenabhängigen Deutschen <strong>und</strong> der anderen Migrantengruppen<br />

ergab, dass bis 1997 einschließlich der drogenabhängigen Aussiedler die kürzeste<br />

Verweildauer mit durchschnittlich 10,9 Tagen (arithmetisches Mittel) aufwiesen. Sie<br />

war damit hochsignifikant (p = .000 <strong>im</strong> Mittelwertvergleich mit dem t-Test) kürzer als die der<br />

anderen drogenabhängigen Deutschen. Nachdem 1998 ein besonderes Angebot für Migranten<br />

in der WKPP Warstein <strong>im</strong>plementiert wurde, nahm die Haltekraft für die Migranten deutlich<br />

zu: Die Verweildauer der drogenabhängigen Aussiedler stieg auf 13,8 Tage <strong>im</strong> Jahr<br />

2000, sie wurde etwa ebenso lang wie die der anderen drogenabhängigen Deutschen <strong>und</strong><br />

unterschied sich nicht mehr signifikant von derjenigen der anderen Deutschen. Die Verweildauer<br />

der drogenabhängigen Ausländer nahm von 12,8 Tagen bis einschließlich 1997 auf<br />

14,4 Tage in 2000 zu, sie unterschied sich nie signifikant von der der Deutschen. Auffallend<br />

ist auch, dass die Verweildauer der drogenabhängigen Türken bis 1997 einschließlich <strong>im</strong><br />

Durchschnitt 10,9 Tage betrug - sie war damals auch hochsignifikant kürzer als die der anderen<br />

drogenabhängigen Deutschen - <strong>und</strong> auf 15,9 Tage in 2000 anstieg.<br />

2000<br />

29


Abb. 3: Jahre des Opiatkonsums von Deutschen, Aussiedlern <strong>und</strong> Ausländern<br />

Jahre des Opiatkonsums bis zur Behandlung in der WKPP<br />

Warstein<br />

Jahre<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

8,11<br />

3,89<br />

5,9<br />

Deutsche Aussiedler Ausländer<br />

Personengruppe<br />

Die deutschen Drogenabhängigen konsumierten durchschnittlich 8,20 Jahre Opiate bis zur<br />

stationären Entzugsbehandlung. Dabei nahm die Zeit des Drogenkonsums von 1994 (6,92<br />

Jahre) bis 2000 (10,09 Jahre) nahezu kontinuierlich zu. Die Zeit des Opiatkonsums der Aussiedler<br />

betrug <strong>im</strong> Durchschnitt 3,89 Jahre, sie kamen signifikant früher als die Deutschen zur<br />

Entzugsbehandlung (t-Test: p = ,000). Nach einer Zunahme von 2,1 auf 4,6 Jahre in der Zeit<br />

von 1994 bis 1996 blieb diese Zeit in den folgenden Jahren fast konstant bei etwa 4 Jahren.<br />

Die drogenabhängigen Ausländer nahmen durchschnittlich 5,9 Jahre lang Opiate bis zur<br />

stationären Entzugsbehandlung, somit auch signifikant kürzer als die drogenabhängigen<br />

Deutschen (t-Test: p = ,000). Dabei zeigten sich nationalitätenspezifische Unterschiede, welche<br />

recht deutlich waren: Drogenabhängige Türken konsumierten <strong>im</strong> Durchschnitt 5,29 Jahre<br />

Opiate bis zur Entzugsbehandlung, auch Marokkaner nahmen diese mit durchschnittlich 5,68<br />

Jahren relativ kurze Zeit. Drogenabhängige Italiener kamen nach 7,20 Jahren des Opiatkonsums<br />

zur Entzugsbehandlung, sie waren diesbezüglich mit den drogenabhängigen Deutschen<br />

vergleichbar. Die drogenabhängigen Iraner kamen <strong>im</strong> Durchschnitt nach 11,92 Jahren<br />

des Drogenkonsums.<br />

Die deutschen Drogenabhängigen konsumierten <strong>im</strong> Durchschnitt 5,84 Jahre Opiate bis zur<br />

ersten Entzugsbehandlung überhaupt in der WKPP Warstein. Aussiedler kamen bereits nach<br />

durchschnittlich 2,93 Jahren des Opiatkonsums in diese Klinik. Bei den drogenabhängigen<br />

Ausländern betrug die Zeit des Drogenkonsums bis zur ersten stationären Entzugsbehandlung<br />

4,70 Jahre. Bei den drogenabhängigen Ausländern kamen die Türken mit 4,11 Jahren<br />

etwas früher als die anderen zum ersten Entzug, die Marokkaner mit 5,77 Jahren unterschieden<br />

sich diesbezüglich nicht von den deutschen Drogenabhängigen, während die Iraner<br />

mit 6,20 Jahren <strong>und</strong> die Italiener mit 6,41 Jahren später <strong>im</strong> Verlauf ihrer Suchtkarriere die<br />

erste Entzugsbehandlung überhaupt in Anspruch nahmen.<br />

30


Abb. 4: Jahre des Opiatkonsums von Deutschen, Aussiedlern <strong>und</strong> Ausländern bis zur ersten<br />

Entzugsbehandlung überhaupt in der WKPP Warstein<br />

Jahre<br />

Jahre des Opiatkonsums bis zur ersten<br />

Entzugsbehandlung überhaupt in der WKPP Warstein<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

5,72<br />

2,91<br />

4,73<br />

Deutsche Aussiedler Ausländer<br />

Personengruppe<br />

17,3% der deutschen Drogenabhängigen kamen in den ersten 12 Monaten des Opiatkonsums<br />

zur ersten stationären Entzugsbehandlung in der WKPP Warstein. Bei den Aussiedlern<br />

waren dies 30,7%, bei den Ausländern 17,3%. Nur 8,3% der drogenabhängigen Marokkaner<br />

unterzogen sich in den ersten 12 Monaten der Opiatabhängigkeit einer stationären Entzugsbehandlung.<br />

Innerhalb der ersten 3 Jahre des Opiatkonsums suchten 41,9% der deutschen<br />

Drogenabhängigen diese Klinik zum ersten Entzug auf, aber 74,4% der Aussiedler <strong>und</strong><br />

48,8% der Ausländer. Nur 8,3% der drogenabhängigen Marokkaner <strong>und</strong> 30,0% der Italiener<br />

kamen innerhalb der ersten 3 Jahre des Opiatkonsums zur ersten Entzugsbehandlung, aber<br />

62,5% der Iraner.<br />

7. Diskussion<br />

Drogenabhängige Migranten kommen seit Anfang der 90er Jahre zunehmend zur stationären<br />

Entzugsbehandlung von illegalen Drogen in die WKPP Warstein. Dabei finden sich, wie<br />

aus den vorliegenden Darstellungen ersichtlich, erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen<br />

Migrantengruppen. Bereits ab Anfang der 90er Jahre suchten drogenabhängige Ausländer<br />

zur stationären Entzugsbehandlung diese Klinik auf. Insbesondere Ausländer aus den<br />

Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR kamen ab 1998 mit einem erheblichen Anstieg <strong>im</strong><br />

Jahr 2000. Ab Mitte der 90er Jahre nahm der Anteil der Aussiedler sprunghaft zu. Stellten<br />

bei dieser Gruppe zunächst Aussiedler aus Polen den größten Anteil, so nahm ab 1997 der<br />

Anteil derer aus Kasachstan, Russland <strong>und</strong> Kirgisien rapide zu.<br />

Der Anstieg der Entzugsbehandlungen bei drogenabhängigen Migranten kann in Verbindung<br />

gebracht werden mit einem Absenken der Zugangsschwelle für diese Personengruppe in die<br />

Klinik mit einer interkulturellen Öffnung (vgl. Borde 1998, Gaitanides 1998, Geiger 1997,<br />

Salman, Collatz 1999). Es wurde festgestellt, dass bei den größeren Migrantengruppen die<br />

häufig in Deutschland geborenen Ausländer in der Regel keine Sprachprobleme hatten.<br />

Große Sprachprobleme wurden aber be<strong>im</strong> Kontakt mit den drogenabhängigen Aussiedlern<br />

deutlich (vgl. Afanasiev 1997, Dietz 1997, Kemptner 1997).<br />

31


• So wurden einerseits in einer Drogenentzugsstation kontinuierlich <strong>und</strong> bewusst Aussiedler<br />

als Ärzte <strong>und</strong> auch <strong>im</strong> Pflegepersonal eingesetzt. Deutsche Mitarbeiter eigneten sich andererseits<br />

Sprachkenntnisse des Russischen an. Migranten werden nicht nur als Problemverursacher<br />

oder als eine betreuungsbedürftige Gruppe angesehen, aus ihren Reihen<br />

wurde vielmehr auch qualifiziertes Fachpersonal herangezogen zur Arbeit in einem multikulturellen<br />

Team (Akbiyik 1999). So wurde der Zugang zu dieser Einrichtung für diese<br />

Personengruppen erleichtert (vgl. Dürr 1998, Pavkovic 1993b). Die Kommunikation der<br />

Migranten in der Herkunftssprache wurde erlaubt, die Mehrsprachigkeit als ein Wert anerkannt<br />

(vgl. Tuna 1999a, Beck 2000), ein von Czycholl (1997b) hervorgehobener Aspekt<br />

spezialisierter Hilfeleistungen für Migranten.<br />

• Es wurde ein Verständnis für die jeweils spezifische Problematik der Migrationserfahrung<br />

des einzelnen Patienten entwickelt mit den vielfältigen kulturellen, sozialen, juristischen,<br />

religiösen etc. Implikationen (Czycholl 1997 d), auch <strong>und</strong> besonders <strong>im</strong> Hinblick auf das<br />

Krankheitsverständnis (Kielhorn 1996, Schuler 1997).<br />

• Eine Offenheit für diese Personengruppe war Voraussetzung für die Arbeit mit diesen.<br />

Deshalb wurden nur Mitarbeiter für die Arbeit mit dieser Klientel übernommen, welche<br />

sich auch hierfür interessierten <strong>und</strong> freiwillig meldeten. Dies führte dazu, dass in dem Stationsteam<br />

eine geringe Personalfluktuation zu verzeichnen ist. Und gerade die Kontinuität<br />

der Arbeit mit diesen Patienten, welche nach kürzeren Abständen als die anderen drogenabhängigen<br />

Deutschen wieder zur Entzugsbehandlung kommen, profitiert davon –<br />

vom Wissen um die damaligen Perspektiven <strong>und</strong> Vorhaben der Patienten, von der Behandlung<br />

auf längere Sicht (vieles ist nicht <strong>im</strong> Rahmen nur einer Entzugsbehandlung zu<br />

erreichen, sondern es bedarf mehrerer Behandlungsepisoden, um z.B. ein tiefergehendes<br />

Problembewusstsein zu erzielen <strong>und</strong> angemessene Behandlungsschritte anzudenken <strong>und</strong><br />

dann auch kleinschrittig umzusetzen).<br />

• Es wurden aufgr<strong>und</strong> der deutlich erhöhten Morbidität der Aussiedler <strong>im</strong> Hinblick auf Virus-<br />

Erkrankungen der Leber (Hepatitis A, B <strong>und</strong> C, Bätz 2000), als Folgendes häufig geringen<br />

Wissens über Drogen, deren Wirkung <strong>und</strong> Risiken Informationsgruppen gerade mit diesen<br />

Themenschwerpunkten eingeführt, um so ein Krankheitsbewusstsein, eine Behandlungsmotivation<br />

<strong>und</strong> die Voraussetzung für eine psychische, physische <strong>und</strong> psychosoziale Stabilisierung<br />

zu schaffen (Kuhlmann, Wessel 2000). Diese Gruppen werden wegen der bei<br />

diesen Patienten häufiger vorzufindenden Sprachbarriere nicht nur in Deutsch, sondern<br />

auch noch ergänzend in Russisch abgehalten, Informationsmaterial wird auch in Russisch<br />

vorgehalten.<br />

• Den jeweils anderen Definitionen <strong>und</strong> Bewertungen von Sucht durch die Migranten, dass<br />

z.B. türkische Heroinkonsumenten erst den intravenösen Konsum als eine Abhängigkeit<br />

ansehen (Schu, Sommer 1998), wird auch in den Informationsgruppen Rechnung getragen.<br />

• Dabei wurde dem Zeitfaktor besondere Aufmerksamkeit geschenkt: Dem besonderen<br />

Bedarf dieser Zielgruppe an Aufklärung (Collatz 1998), welcher die übliche Alltagsroutine<br />

eines Stationsablaufs stört, wurde Rechnung getragen.<br />

• Das Regelwerk dieser Station wurde nach vielen Diskussionen mehrfach überarbeitet <strong>und</strong><br />

modifiziert, um so den Erfordernissen der Arbeit mit diesen überwiegend jungen Migranten<br />

gerecht zu werden. Dieser Prozess ist aber derzeit nicht abgeschlossen, es gibt <strong>im</strong>mer<br />

wieder neue Entwicklungen, auf welche zu reagieren ist.<br />

• Es wird eine suchtspezifische Weiterbildung für das Pflegepersonal durchgeführt, welche<br />

sich auch intensiv mit dem Themenkomplex „Sucht <strong>und</strong> Migration“ befasst.<br />

• Alle Mitarbeiter stellen sich der Aufgabe, den jeweils individuellen Migranten mit seinen<br />

spezifischen Problemen zu verstehen, welche sich z.B. aus deren <strong>im</strong> Einzelfall unsicheren<br />

Rechtssituation, der möglichen Bedrohung durch Abschiebung (Huber 1998, Okolisan<br />

1997), der Unmöglichkeit einer Entwöhnungsbehandlung bei auch dafür hochmotivierten<br />

Asylbewerbern (Krasney 1998), der eingeschränkten bzw. nicht vorhandenen Möglichkeiten<br />

einer Substitutionsbehandlung bei Asylbewerbern trotz medizinischer Indikation (Virus-Hepatitis<br />

C), aus deren anderen schulischen <strong>und</strong> beruflichen Voraussetzungen, aus<br />

Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Ausbildungen <strong>und</strong> Abschlüssen der Herkunfts-<br />

32


länder in Deutschland etc. (z.B. Nichtanerkennung des Medizinstudiums in Deutschland,<br />

wenn es <strong>im</strong> Herkunftsland weniger als 5 Semester betrieben wurde) ergeben.<br />

• Informationsdefizite aufseiten der Migrantendienste wurden abgebaut durch eine spezielle<br />

Informationsveranstaltung für diese über das besondere Behandlungsangebot unserer<br />

Klinik. Bei den Zielgruppen sprach sich dieses Angebot herum, so dass diese Patienten<br />

zum Teil auch weite Anfahrtswege in Kauf nehmen, um sich hier in stationäre Behandlung<br />

zu begeben.<br />

• Durch eine enge Kooperation mit ambulanten Einrichtungen <strong>im</strong> Hinblick auf die Personengruppe<br />

der Migranten, durch das Vermitteln <strong>und</strong> Aufnehmen von Teilen dieser Gruppe<br />

über die Drogensoforthilfe, durch das Weitervermitteln an einige Therapieeinrichtungen,<br />

welche intensiver mit abhängigen Migranten arbeiten, konnte der segmentierte Ansatz<br />

des deutschen Versorgungssystems zumindest ansatzweise überw<strong>und</strong>en werden (Geiger<br />

1997), eine interkulturelle Öffnung sozialer Dienste der Regelversorgung konnte so in<br />

Teilbereichen erreicht werden (Tekbasaran 1996).<br />

• Es werden die drogenabhängigen Migranten, welche diese Einrichtung zur stationären<br />

Behandlung aufsuchen, systematisch erfasst - auch <strong>im</strong> Zeitverlauf - <strong>und</strong> mit den deutschen<br />

Drogenabhängigen verglichen. So werden die Inanspruchnahme <strong>und</strong> die Behandlungsergebnisse<br />

evaluiert (Pavkovic 1999).<br />

Die Zugangsbarrieren für Migranten, besonders für Aussiedler, konnten so deutlich <strong>und</strong><br />

nachhaltig abgesenkt werden. Die andernorts gemachte Erfahrung, dass eine Zunahme der<br />

Inanspruchnahme durch Migranten nur dann verzeichnet werden konnte, wenn ein spezifischer<br />

Ausländer als Mitarbeiter eingestellt wurde, <strong>und</strong> eine Abnahme der Migrantenklientel<br />

registriert wurde, wenn dieser aus welchen Gründen auch <strong>im</strong>mer ging (Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Bayern 1990), wurde hier nicht gemacht, da die Migrantenarbeit auf eine viel<br />

breitere Basis gestellt wurde.<br />

Die Herkunftsländer der drogenabhängigen Aussiedler sind insbesondere in Zentralasien<br />

gelegen. Der Anteil derer aus Polen, von wo bis Ende 80er Jahre der Großteil der Aussiedler<br />

kam (Welt 1999), nahm ab 1995 ab, damit einher ging eine Zunahme derer aus den asiatischen<br />

Ländern der ehemaligen UdSSR. Ein hoher Anteil an türkischen Drogenabhängigen<br />

bei den Migranten wird auch aus der ambulanten Arbeit mit Drogenabhängigen in Nürnberg<br />

berichtet (Richter 2000), wenngleich diese hohe Quote besonders auf die Aktivitäten türkischer<br />

Mitarbeiter dort zurückgeführt wird (Yildiz, Brauer-Yuvanc 1998). Der Türkenanteil an<br />

den Drogenentzügen von Ausländern in der WKPP Warstein war mit 48,1% höher als der<br />

Anteil der Türken an allen Ausländern in NRW: Am 31.12.1999 hatten 34,9% aller Ausländer<br />

in NRW die türkische Staatsangehörigkeit (Landesamt für Datenverarbeitung <strong>und</strong> Statistik<br />

2000). Bei Schmid (1998) waren <strong>im</strong> B<strong>und</strong>esmodellprogramm „Drogennotfallprophylaxe/Nachgehende<br />

Sozialarbeit“ türkische Drogenabhängige mit 9,9% aller ausländischen Abhängigen<br />

die am stärksten vertretene Nationalität. Die drogenabhängigen Italiener sind ebenfalls<br />

<strong>im</strong> Vergleich mit dem Italieneranteil bei den Migranten in NRW leicht überrepräsentiert:<br />

7,5% der Ausländer hier haben diese Staatsangehörigkeit. Auch sind Marokkaner bei<br />

den ausländischen Drogenabhängigen überproportional vertreten, sie stellten am 31.12.1999<br />

2,2% der Ausländer in NRW, aber 8,5% der Drogenentzüge in unserer Klinik. Aus dem Iran<br />

kamen mit 4,5% 2,7mal mehr Drogenabhängige, als es ihrem Anteil an den Ausländern in<br />

NRW entsprach.<br />

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Altersstruktur der ausländischen Bevölkerung<br />

anders ist als die der deutschen, die hier lebenden Ausländer sind jünger (vgl. Yildiz<br />

1996). Und besonders die jüngeren Altersgruppen sind vermehrt drogengefährdet. In der<br />

Altersgruppe von 18 bis 30 Jahren befanden sich am 31.12.1999 in NRW 12,5% der Deutschen,<br />

aber 24,4% der Ausländer, 26,7% der Türken <strong>und</strong> 21,2% der Italiener. Mit dieser anderen<br />

Altersstruktur bietet sich ein Erklärungsansatz für die höhere Drogengefährdung einiger<br />

Nationalitäten an. Das Phänomen der deutlich älteren Drogenabhängigen aus dem Iran<br />

kann dadurch aber nicht weiter erklärt werden.<br />

Andererseits kamen 50% weniger Griechen zur Entzugsbehandlung von illegalen Drogen,<br />

als es nach ihrem Anteil an der Bevölkerung in NRW zu erwarten gewesen wäre, aus dem<br />

33


ehemaligen Jugoslawien sogar 68,1% weniger. Es kann angesichts des Fehlens entsprechender<br />

empirischer Untersuchungen nicht entschieden werden, ob dieser geringere Anteil<br />

dieser Nationalitäten an den Drogenentzügen in der WKPP Warstein auf bei diesen spezifisch<br />

wirksame protektive Faktoren zurückzuführen ist oder vielmehr auf besondere noch<br />

bestehende spezifische Zugangsschwellen gerade für Drogenabhängige dieser Nationalitäten<br />

zur stationären Entzugsbehandlung.<br />

Der Frauenanteil der drogenabhängigen Migranten ist deutlich niedriger als bei den Deutschen.<br />

Dies entspricht Angaben von Brand (1994), nach welchen der Frauenanteil der nichtdeutschen<br />

Tatverdächtigen bei BtmG-Delikten 14,5% beträgt. Schmid (1998) fand bei o.g.<br />

B<strong>und</strong>esmodellprogramm einen Frauenanteil von 16% bei den ausländischen Drogenabhängigen,<br />

während der Frauenanteil bei den deutschen Abhängigen 38% betrug. Ausländische<br />

weibliche Drogenabhängige sind auf der Drogenszene kaum anzutreffen. Es wird hier mit<br />

einer hohen Dunkelziffer gerechnet, andererseits wird angenommen, dass ein Großteil der<br />

hier lebenden Türkinnen in einer abgeschlossenen Gesellschaft lebt, so dass sie durch ihr<br />

Umfeld leichter kontrollierbar sind <strong>und</strong> nur erschwert mit Drogen in Kontakt kommen (Yildiz,<br />

Brauer-Yuvanc 1998). Nach Boos-Nünning (1998) fällt eine Drogengefährdung fast ausschließlich<br />

bei männlichen jugendlichen Ausländern auf. Ebenso beschreibt Umminger<br />

(1996) eine Suchtgefährdung bei überwiegend männlichen Nicht-Deutschen. Die in der offenen<br />

Drogenszene anzutreffenden Migranten sind überwiegend Männer (Marinovic 1997).<br />

Aus den hier vorgelegten Daten geht hervor, dass nicht allgemein bei den Migranten ein<br />

niedriger Frauenanteil festzustellen ist. So weisen die Aussiedler aus Polen einen deutlich<br />

höheren Frauenanteil auf als alle anderen Gruppen, deren Frauenanteil ist sogar noch deutlich<br />

höher als der der deutschen Drogenabhängigen. Auch von der Drogenberatungsstelle<br />

Hamm wird auf einen hohen Frauenanteil bei dieser Personengruppe verwiesen (Püthe et<br />

al., 2001). Ebenso ist der ausgesprochen hohe Frauenanteil bei den Marokkanern erklärungsbedürftig.<br />

Ist etwa bei diesen die vorgeschriebene innerfamiliäre Kontrolle über die<br />

Frauen geringer ausgeprägt als bei anderen moslemischen Bevölkerungsgruppen, so dass<br />

diese einen leichteren Zugang zu Drogen bekommen? Auch ist es sehr auffällig, dass der<br />

Frauenanteil bei den Italienern etwa so gering ist wie bei den Aussiedlern aus Zentralasien<br />

<strong>und</strong> Russland sowie bei den Türken. Gibt es hier etwa geschlechtsspezifisch wirkende<br />

suchtprotektive Faktoren? Oder bestehen für die Frauen dieser Nationalitäten besondere<br />

Zugangsschwellen zum stationären Drogenentzug?<br />

Das Alter der drogenabhängigen Migranten be<strong>im</strong> stationären Entzug war geringer als das<br />

der drogenabhängigen Deutschen. Die Aussiedler als Gruppe waren dabei jünger als die<br />

anderen Migranten; allerdings waren die Aussiedler aus Polen älter als die anderen Aussiedler.<br />

Bei ausgesiedelten Jugendlichen wird in Baden-Württemberg eine starke Zunahme des<br />

Drogenkonsums beschrieben (Giest-Warsewa 1998b). Auch aus einer Beratungsstelle wird<br />

von jungen erwachsenen Aussiedlern mit Drogenproblemen berichtet (Bilek 1997).<br />

Ausländische, besonders türkische, Drogenabhängige werden als viel jünger als die deutschen<br />

Drogenabhängigen beschrieben mit einem Durchschnittsalter von 21 - 22 Jahren (Yildiz<br />

1996, Kaya 1997, 1998). Auch Schmid (1998) fand, dass die ausländischen Drogenabhängigen<br />

vermehrt in den jüngeren Altersgruppen zu finden waren, die deutschen Abhängigen<br />

dagegen in den höheren Altersgruppen. Aus den hier vorgelegten Daten gehen darüber<br />

hinaus noch deutliche Unterschiede zwischen einigen Nationalitäten hervor: Drogenabhängige<br />

Marokkaner <strong>und</strong> Türken waren deutlich jünger als der Durchschnitt der anderen drogenabhängigen<br />

Ausländer. Die drogenabhängigen Italiener waren etwa so alt wie die deutschen<br />

Abhängigen, die drogenabhängigen Iraner dagegen deutlich älter. Das niedrigere Alter der<br />

drogenabhängigen Migranten zum Zeitpunkt der Entzugsbehandlung kann auf eine stärkere<br />

Fremdmotivation vonseiten der Familie zurückzuführen sein, wie Schwichtenberg <strong>und</strong> Weig<br />

(1999) dies <strong>im</strong> Hinblick auf Aussiedler darlegten. Auch besondere Erwartungen dieser Personengruppe<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf eine stationäre Behandlung wie Hypnose, Suggestivmethoden,<br />

Blutreinigung, Blutwäsche etc. (Bätz 1998, Heidebrecht 1998) spielen hier eine Rolle.<br />

34


Die Dauer des Opiatkonsums der drogenabhängigen Aussiedler ist mit 3,88 Jahren bis zur<br />

Entzugsbehandlung kürzer als die der anderen deutschen Drogenabhängigen. Die Zeit des<br />

Opiatkonsums der Aussiedler bis zur Entzugsbehandlung in der WKPP Warstein veränderte<br />

sich auch nicht bedeutsam, während sie bei den anderen drogenabhängigen Deutschen seit<br />

1994 nahezu kontinuierlich zunahm. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass drogenabhängige<br />

Aussiedler früher <strong>im</strong> Verlauf ihrer Suchtkarriere mit auf die Behandlung dieser<br />

Personengruppe spezialisierten Suchthilfeeinrichtungen Kontakt aufnehmen. Auch kommen<br />

die drogenabhängigen Ausländer, besonders Türken <strong>und</strong> Marokkaner, insgesamt signifikant<br />

früher als die drogenabhängigen Deutschen zur Entzugsbehandlung. Dieses frühere Annehmen<br />

von stationären Entzugsbehandlungen durch Migranten kann einerseits durch die o.<br />

g. höhere Fremdmotivation dieser noch mehr in die Familie integrierten Abhängigen oder<br />

auch durch andere Erwartungen an eine solche Behandlung erklärt werden. Andererseits<br />

belegt dies aber auch, dass bei Gestaltung des stationären Settings der Entzugsbehandlung<br />

in einer Weise, die den Bedürfnissen dieser Personengruppen Rechnung trägt, diese viel<br />

früher als die deutschen Drogenabhängigen erreichbar sind. Die vielfältig beschriebenen <strong>und</strong><br />

beklagten Erschwernisse dieser Personengruppen be<strong>im</strong> Zugang zu ambulanten oder stationären<br />

Einrichtungen des Suchthilfesystems (Czycholl 1999, Nickels 1999, Caspers-Merk<br />

2001) können also weitgehend abgebaut werden.<br />

Die Analyse der Zeit des Opiatkonsums bis zur ersten Entzugsbehandlung überhaupt<br />

in der WKPP Warstein zeigt auf, dass insbesondere die drogenabhängigen Aussiedler<br />

deutlich früher als die drogenabhängigen Deutschen <strong>und</strong> die anderen Migrantengruppen zur<br />

ersten Entzugsbehandlung kommen. Diese Aussiedler erkennen früher als die anderen<br />

Migrantengruppen <strong>und</strong> auch früher als die drogenabhängigen Deutschen eine (drohende)<br />

Suchtkarriere <strong>und</strong> versuchen mit Hilfe der stationären Entzugsbehandlung ihren Drogenkonsum<br />

zu beenden. Die stationäre Entzugsbehandlung wird von ihnen als eine frühe Hilfe aufgesucht.<br />

Es ist davon auszugehen, dass die vorhandenen Ressourcen um so größer <strong>und</strong> die<br />

eingetretenen negativen Suchtfolgen um so geringer sind, je früher eine drohende Suchtkarriere<br />

erkannt <strong>und</strong> entsprechend interveniert wird (Hüllinghorst 2000). Bei dieser Personengruppe<br />

kommt es so zu wesentlich frühzeitigeren Interventionen, welche auch von Bühringer<br />

(2000) als Konsequenz der Erweiterung der Problemsicht von den Abhängigkeitserkrankungen<br />

hin zur gesamten Bandbreite riskanten, schädlichen <strong>und</strong> abhängigen Konsumverhaltens<br />

gefordert werden. Übergeordnete Ziele der Suchthilfe wie die Erhaltung, Verbesserung bzw.<br />

Wiederherstellung der körperlichen <strong>und</strong> psychischen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> sozialer Integration<br />

(Leune 2000) können bei frühen Interventionen bei dieser Personengruppe eher erreicht<br />

werden.<br />

8. Fazit<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die vielfältigen Zugangsbarrieren für<br />

drogenabhängige Migranten in der WKPP Warstein erheblich abgesenkt werden konnten mit<br />

der Folge, dass diese Personengruppen inzwischen über 50% derer stellen, welche sich dort<br />

einer stationären Entzugsbehandlung von illegalen Drogen unterziehen. Sie sind – entgegen<br />

den andernorts gemachten Erfahrungen - in jüngeren Jahren als drogenabhängige Deutsche<br />

<strong>und</strong> in früheren Stadien ihrer Suchtkarriere erreichbar. Es gibt aber erhebliche Unterschiede,<br />

z.B. hinsichtlich des Frauenanteils, des Alters bei der Entzugsbehandlung <strong>und</strong> der Zeit des<br />

Drogenkonsums bis zur (ersten) Entzugsbehandlung, zwischen den verschiedenen Migrantengruppen<br />

einerseits <strong>und</strong> zwischen den drogenabhängigen Migranten <strong>und</strong> den drogenabhängigen<br />

Deutschen andererseits. Bei den drogenabhängigen Migranten handelt es sich<br />

somit nicht um eine homogene, sondern um sehr unterschiedliche <strong>und</strong> in vielerlei Hinsicht<br />

heterogene Gruppen.<br />

Eine Voraussetzung für die frühere Erreichbarkeit gerade dieser Personengruppen wird darin<br />

gesehen, dass sich diese Klinik bewusst der Herausforderung durch die drogenabhängigen<br />

Migranten <strong>und</strong> deren zunehmendem Hilfebedarf stellte.<br />

35


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32. Ceschan, G.: Zur Situation junger Spätaussiedler. In: Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996 der Landesstelle<br />

gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S. 107 - 108.<br />

33. Collatz, J.: Muss Fremdsein krank machen? Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Migration. In: Der Ausländerbeauftragte<br />

der Landesregierung des Freistaates Thüringen (Hg.): Muss Fremdsein<br />

krank machen? Jahrestagung Migration 1996, 04.03. - 06.03.1996 Heiligenstadt, Dokumentation.<br />

Erfurt 1996, S. 9 - 28.<br />

34. Collatz J.: Auf dem Wege in das Jahrh<strong>und</strong>ert der Migration. Auswirkungen der Migrationsbewegungen<br />

auf den Bedarf an psychosozialer <strong>und</strong> sozialpsychiatrischer Versorgung.<br />

In: Eckhardt Koch, Metin Özek <strong>und</strong> Wolfgang M. Pfeiffer (Hrsg.): Psychologie <strong>und</strong><br />

37


Pathologie der Migration. Deutsch-türkische Perspektiven. Lambertus-Verlag, Freiburg<br />

<strong>im</strong> Breisgau 1995, S. 31 - 45.<br />

35. Collatz, J.: Kernprobleme des Krankseins in der Migration - Versorgungsstruktur <strong>und</strong><br />

ethnozentrische Fixiertheit <strong>im</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen. In: David, Matthias, Borde, Thea <strong>und</strong><br />

Heribert Kentenich (Hg.): Migration <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit. Zustandsbeschreibung <strong>und</strong> Zukunftsmodelle.<br />

Mabuse-Verlag, Frankfurt/Main 1998, S. 33 - 58.<br />

36. Czycholl, D.: Abgleiten in Sucht. Migration, Rauschmittelsucht <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe.<br />

In: Der Ausländerbeauftragte der Landesregierung des Freistaates Thüringen (Hg.):<br />

Muss Fremdsein krank machen? Jahrestagung Migration 1996, 04.03. - 06.03.1996 Heiligenstadt,<br />

Dokumentation. Erfurt 1996, S. 45 - 48.<br />

37. Czycholl, D.: Ohne Chance <strong>im</strong> gelobten Land. In: SuchtReport 5/1997a, S. 20 - 25.<br />

38. Czycholl, D.: Krank in der Fremde oder krank durch die Fremde? In: SuchtReport<br />

6/1997b, S. 29 - 36.<br />

39. Czycholl, D.: Russlanddeutsche: Lebens- <strong>und</strong> Migrationserfahrungen, Aspekte der<br />

Suchtproblematik. Besonderheiten in der <strong>Suchtprävention</strong>sarbeit mit jungen Aussiedlern.<br />

In: <strong>Suchtprävention</strong> mit MigrantInnen. Dokumentation. Fachtagung vom 03.12. bis<br />

04.12.1997. Landschaftsverband Rheinland, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, ginko,<br />

Köln, Münster, Mülhe<strong>im</strong> 1997 c, S. 23 - 26.<br />

40. Czycholl, D.: Abhängigkeitserkrankung bei Migranten <strong>und</strong> ihre Behandlung. In: Landesstelle<br />

gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration.<br />

Fachtagung 1996 der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg.<br />

Stuttgart 1997 d, S. 121 - 126.<br />

41. Czycholl, D.: Entwicklungen einer spezialisierten Konzeption für die stationäre Therapie<br />

suchtkranker Migranten. In: Czycholl, Dietmar (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Spezifische<br />

Probleme in der psychosozialen Versorgung suchtkranker <strong>und</strong> -gefährdeter Migranten.<br />

Hohenrodter Studien Band 1. VWB, Berlin 1998. S. 91 - 105.<br />

42. Czycholl, D.: Migration, Suchtrisiken <strong>und</strong> Versorgungsdefizite am Beispiel von Aussiedlern<br />

in Deutschland. In: Salman R., Tuna S., Lessing A. (Hg.): Handbuch interkulturelle<br />

Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie.<br />

Gießen, Psychosozial-Verlag 1999, S. 222 - 227.<br />

43. David M., Borde T.: Zur schwierigen Begrifflichkeit. In: David, Matthias, Borde, Thea<br />

<strong>und</strong> Heribert Kentenich (Hg.): Migration <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit. Zustandsbeschreibung <strong>und</strong> Zukunftsmodelle.<br />

Mabuse-Verlag, Frankfurt/Main 1998, S. 7 - 9.<br />

44. Dietz, Barbara: Jugendliche Aussiedler. Ausreise, Aufnahme, Integration. Berlin Verlag<br />

Arno Spitz 1997, Berlin.<br />

45. Drogenberatung e.V., Abteilung Lippe: Tätigkeitsbericht 1998. Detmold 1999.<br />

46. Dürr, A.: Bedarfsgerechte Angebote - Streetwork in der offenen Drogenszene. In: Deutsche<br />

Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft.<br />

Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 158 - 165.<br />

47. Ebermann, H., Möllhoff, G.: Psychiatrische Beobachtungen an he<strong>im</strong>atvertriebenen<br />

Deutschen. Der Nervenarzt, 28, 1957, S. 399 - 405.<br />

48. Fahrenkrug, W.: <strong>Suchtprävention</strong> in einer multikulturellen Gesellschaft. Ein Beispiel aus<br />

der Schweiz. In: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer<br />

multikulturellen Gesellschaft. Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 248 - 253.<br />

49. Geiger, I.: Interkulturelle Ges<strong>und</strong>heitsförderung. In: Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996 der Landesstelle<br />

gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S. 75 - 88.<br />

50. Giest-Warsewa, R.: Randständige Aussiedlerjugendliche - ein Erfahrungsbericht. In:<br />

B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit<br />

für junge AussiedlerInnen. 34. Sozialanalyse. Bonn 1996, S. 46 - 48.<br />

51. Giest-Warsewa, R.: Aus der GUS ins soziale Abseits der BRD. Randständige männliche<br />

Aussiedlerjugendliche. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs-<br />

<strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 35. Sozialanalyse. Bonn 1997,<br />

S. 30 - 38.<br />

52. Giest-Warsewa, R.: Bildung <strong>und</strong> Begleitung tut not - schlechte Arbeitsmarktchancen<br />

<strong>und</strong> problematische Lebenslagen bei Aussiedlern nach der Schulentlassung. In: Bun-<br />

38


desarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für<br />

junge AussiedlerInnen. 36. Sozialanalyse. Bonn 1998a, S. 25 - 30.<br />

53. Giest-Warsewa, R.: Junge Aussiedler. Problemlagen in der BRD <strong>und</strong> Sozialisationserfahrungen<br />

in der GUS. In: Czycholl, Dietmar (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Spezifische<br />

Probleme in der psychosozialen Versorgung suchtkranker <strong>und</strong> -gefährdeter Migranten.<br />

Hohenrodter Studien Band 1. VWB, Berlin 1998b. S. 74 - 90.<br />

54. Giest-Warsewa, R.: Durchblick <strong>im</strong> Alltag - Begleitung bei Problemen. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />

Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge<br />

AussiedlerInnen. 38. Sozialanalyse. Bonn 2000, S. 29 - 31.<br />

55. Groß, J.: Berufsvorbereitung mit jungen Spätaussiedlern. In: Landesstelle gegen die<br />

Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996<br />

der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S.<br />

102 - 106.<br />

56. Gruber, A.: Eindrücke <strong>und</strong> Erfahrungen aus der Arbeit mit drogenabhängigen jugendlichen<br />

Migranten. In: Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg<br />

(Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996 der Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S. 109 - 111.<br />

57. Häfner, H., Moschel, G. <strong>und</strong> M. Özek: Psychische Störungen bei türkischen Gastarbeitern.<br />

Eine prospektiv-epidemiologische Studie zur Untersuchung der Reaktion auf Einwanderung<br />

<strong>und</strong> partielle Anpassung. In: Nervenarzt 48, (1977), S. 268 - 275.<br />

58. Heidebrecht, H.: Deutsche aus Russland. Lebens- <strong>und</strong> Migrationserfahrungen. In: Czycholl,<br />

Dietmar (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Spezifische Probleme in der psychosozialen<br />

Versorgung suchtkranker <strong>und</strong> -gefährdeter Migranten. Hohenrodter Studien Band 1.<br />

VWB, Berlin 1998. S. 49 - 73.<br />

59. Huber, B.: Ausländerrechtliche Probleme suchtkranker Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten. In:<br />

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer multikulturellen<br />

Gesellschaft. Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 201 - 210.<br />

60. Huck, W.: Besonderheiten <strong>und</strong> Probleme in der Behandlung ausländischer jugendlicher<br />

Drogenabhängiger. In: Siefen, G., Brähler, E. (Hrsg.): Migration <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit. Gießen,<br />

psychosozial 63, 1996, S. 37 - 42.<br />

61. Hüllinghorst, R.: Das Gesamtkonzept der Suchtkrankenhilfe. In: Deutsche Hauptstelle<br />

gegen die Suchtgefahren (Hrsg.): Individuelle Hilfen für Suchtkranke. Früh erkennen,<br />

professionell handeln, effektiv integrieren. Lambertus-Verlag, Freiburg <strong>im</strong> Breisgau 2000,<br />

S. 11 - 34.<br />

62. Kavasoglu M.: Beratung <strong>und</strong> Behandlung suchtmittelabhängiger Immigranten. In: Sucht<br />

kennt keine Ausländer. 13. Jahrestagung der Koordinationsstelle für Drogenfragen <strong>und</strong><br />

Fortbildung am 08. Dezember 1993. Dokumentation. Hg.: Landschaftsverband Westfalen-Lippe,<br />

Abteilung Ges<strong>und</strong>heitswesen. 3. Auflage, Münster 1995. S. 47 - 50.<br />

63. Kaya, D.: Dönüs - Therapieeinrichtung für drogenabhängige Migranten. In: mudra - Alternative<br />

Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe e.V., Jahresbericht 1996, Nürnberg 1997, S. 90 - 105.<br />

64. Kaya, D.: Dönüs - Therapieeinrichtung für drogenabhängige Migranten. In: mudra - Alternative<br />

Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe e.V., Jahresbericht 1997, Nürnberg 1998, S. 55 - 65.<br />

65. Kaya, D.: Ansätze <strong>und</strong> Erfahrungen einer Langzeittherapieeinrichtung für drogenabhängige<br />

junge Männer ausländischer Herkunft. In: Salman R., Tuna S., Lessing A. (Hg.):<br />

Handbuch interkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung<br />

<strong>und</strong> Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag 1999, S. 170 - 183.<br />

66. Kemptner, S.: Arbeit mit Spätaussiedlern <strong>und</strong> ihren Familien. In: Landesstelle gegen die<br />

Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996<br />

der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S. 28<br />

- 35.<br />

67. Kielhorn, R.: Krank in der Fremde. In: Siefen, G., Brähler, E. (Hrsg.): Migration <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit. Gießen, psychosozial 63, 1996, S. 15 - 27.<br />

68. Kienle, G.: Entwurzelungsreaktion der Balkandeutschen. Fortschritte der Neurologie,<br />

Psychiatrie <strong>und</strong> ihrer Grenzgebiete, 33, 1965, S. 600 - 611.<br />

39


69. Kohl, E.: Projekt <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> -beratung für junge Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong><br />

Spätaussiedler. Projektbericht <strong>und</strong> Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. Duisburg<br />

1999.<br />

70. Kotter, U.: 4 Jahre Clearing-Stelle „Übergang Schule - Beruf“ <strong>im</strong> JGW Lüneburg. In:<br />

B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit<br />

für junge AussiedlerInnen. 38. Sozialanalyse. Bonn 2000, S. 50 - 52.<br />

71. Krasney, O.: Deutsches Sozialrecht <strong>und</strong> suchtkranke Migranten. In: Deutsche Hauptstelle<br />

gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft.<br />

Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 190 - 200.<br />

72. Kranz, D.: Akzeptierende identitätsfördernde bewusste Jungenarbeit als sozialpädagogischer<br />

Ansatz der Eingliederung jugendlicher Spätaussiedler. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />

Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen.<br />

37. Sozialanalyse. Bonn 1998, S. 57 - 60.<br />

73. Krick, E.: Therapeutinnen in der Arbeit mit Männern aus anderen Kulturkreisen. In:<br />

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer multikulturellen<br />

Gesellschaft. Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 142 - 157.<br />

74. Kuhlmann, T., Wessel, T.: Akutbehandlung: ambulant - (teil-)stationär - qualifiziert. In:<br />

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hrsg.): Individuelle Hilfen für Suchtkranke.<br />

Früh erkennen, professionell handeln, effektiv integrieren. Lambertus-Verlag,<br />

Freiburg <strong>im</strong> Breisgau 2000, S. 163 - 174.<br />

75. Lajios, K.: Zur psychosozialen Versorgung der Ausländer/innen. Ergebnisse einer Untersuchung<br />

in Wuppertal. In: Lajios, Konstantin (Hg.): Die psychosoziale Situation von<br />

Ausländern in der B<strong>und</strong>esrepublik. Integrationsprobleme ausländischer Familien <strong>und</strong> die<br />

seelischen Folgen. Leske + Buderich, Opladen 1993, S. 71 - 122<br />

76. Landesamt für Datenverarbeitung <strong>und</strong> Statistik Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Statistisches<br />

Jahrbuch Nordrhein-Westfalen 2000. Düsseldorf 2000.<br />

77. Lazaridis, K.: Psychiatrische Erkrankungen bei Ausländern - Hospitalisations- <strong>und</strong> nationalitätsspezifische<br />

Inzidenz. Eine epidemiologische Untersuchung in Niedersachsen.<br />

In: Nervenarzt 58 (1987), S. 250 - 255.<br />

78. Leune, J.: Die Zukunft der Suchthilfe - Vom Angebot zur Leistung. In: Deutsche Hauptstelle<br />

gegen die Suchtgefahren (Hrsg.): Individuelle Hilfen für Suchtkranke. Früh erkennen,<br />

professionell handeln, effektiv integrieren. Lambertus-Verlag, Freiburg <strong>im</strong> Breisgau<br />

2000, S. 91 - 106.<br />

79. Lichter, K.: Möglichkeit <strong>und</strong> Grenzen psychiatrischer Behandlung <strong>im</strong> Spannungsfeld der<br />

Migration. In: Lajios, Konstantin (Hg.): Die psychosoziale Situation von Ausländern in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik. Integrationsprobleme ausländischer Familien <strong>und</strong> die seelischen Folgen.<br />

Leske + Buderich, Opladen 1993, S. 17 - 34<br />

80. Macek, M.: Sucht kennt keine Ausländer. In: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Abteilung<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen (Hg.): Sucht kenne keine Ausländer. 13. Jahrestagung der<br />

Koordinationsstelle für Drogenfragen <strong>und</strong> Fortbildung am 08. Dezember 1993. Dokumentation.<br />

Münster 1994, S. 6 - 14.<br />

81. Macek M.: Ges<strong>und</strong>bleiben in der Fremde - Aspekte der Suchtproblematik bei Migrant/innen.<br />

In: <strong>Suchtprävention</strong> mit MigrantInnen. Dokumentation. Fachtagung vom 03.12. bis<br />

04.12.1997. Landschaftsverband Rheinland, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, ginko,<br />

Köln, Münster, Mülhe<strong>im</strong> 1997, S. 2 - 13.<br />

82. Marinovic, P.: Streetwork in der offenen Drogenszene mit nichtdeutschen KonsumentInnen.<br />

In: Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht<br />

<strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996 der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-<br />

Württemberg. Stuttgart 1997, S. 17 - 20.<br />

83. Matakas, F. et al.: Sozialisationsstörungen bei chronischem Alkoholismus. In: Feuerlein,<br />

W. (Hrsg.): Sozialisationsstörungen <strong>und</strong> Sucht. Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden<br />

1981.<br />

84. Mies-van Engelshoven, B.: 31. Sozialanalyse der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

zur Situation junger AussiedlerInnen für den Zeitraum 01.01.1992 bis zum<br />

31.12.1992. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 31. Sozialanalyse. Bonn 1993, S. 2 - 20.<br />

40


85. Mies-van Engelshoven, B.: 34. Sozialanalyse der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />

Jugendsozialarbeit zur Situation junger AussiedlerInnen für den Zeitraum 01.01.1995 bis<br />

zum 31.12.1995. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs<strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 34. Sozialanalyse. Bonn 1996, S. 4 -<br />

86. 25. Mies-van Engelshoven, B.: 35. Sozialanalyse der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugend-<br />

sozialarbeit zur Situation junger AussiedlerInnen für den Zeitraum 01.01.1996 bis zum<br />

31.12.1996. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 35. Sozialanalyse. Bonn 1997, S. 4 - 24.<br />

87. Mies-van Engelshoven, B.: 36. Sozialanalyse der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

zur Situation junger AussiedlerInnen für den Zeitraum 01.01.1997 bis zum<br />

31.12.1997. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 36. Sozialanalyse. Bonn 1998, S. 4 - 21.<br />

88. Mies-van Engelshoven, B.: 37. Sozialanalyse der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

zur Situation junger AussiedlerInnen für den Zeitraum 01.01.1998 bis zum<br />

31.12.1998. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 37. Sozialanalyse. Bonn 1999, S. 6 - 22.<br />

89. Mies-van Engelshoven, B.: 38. Sozialanalyse der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />

Jugendsozialarbeit zur Situation junger AussiedlerInnen für den Zeitraum 01.01.1999 bis<br />

zum 31.12.1999. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs<strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 38. Sozialanalyse. Bonn 2000, S. 5 -<br />

90. 24. Ministerium für Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen: Landesprogramm gegen Sucht. Eine Gemeinschaftsinitiative. Düsseldorf<br />

1999.<br />

91. Miretski, B., Schmidt, L.: Eine andere Mentalität. In: Deutsches Ärzteblatt 97 (2000), S.<br />

C1845.<br />

92. Müller, S.: Lebensbedingungen von jungen AussiedlerInnen hier <strong>und</strong> aktuelle Probleme.<br />

In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit<br />

für junge AussiedlerInnen. 31. Sozialanalyse. Bonn 1993, S. 29 - 32.<br />

93. Musa, I., Bebek, M.: Gastarbeiter: Cardak ni na nebu ni na zemlji (Weder <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel<br />

noch auf Erden). In: Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg<br />

(Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996 der Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S. 116 - 120.<br />

94. Nickels, C.: Drogen- <strong>und</strong> Suchtbericht 1998. In: Sucht 45 (2) 1999, S. 136 - 143.<br />

95. Okolisan, E.: Aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei straffällig gewordenen Ausländern.<br />

In: Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht<br />

<strong>und</strong> Migration. Fachtagung 1996 der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-<br />

Württemberg. Stuttgart 1997, S. 7 - 16.<br />

96. Özelsel: Sucht <strong>und</strong> Migration - Eine ethnopsychologische Perspektive. In: Sucht kennt<br />

keine Ausländer. 13. Jahrestagung der Koordinationsstelle für Drogenfragen <strong>und</strong> Fortbildung<br />

am 08. Dezember 1993. Dokumentation. Hg.: Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe, Abteilung Ges<strong>und</strong>heitswesen. 3. Auflage, Münster 1995. S. 15 - 23.<br />

97. Pavkovic, G.: Psychosoziale Beratung von Arbeitsmigranten aus dem ehemaligen<br />

Jugoslawien. Werte, Neutralität <strong>und</strong> Parteilichkeit in der psychosozialen<br />

Ausländerberatung am Beispiel der Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien. In:<br />

Lajios, Konstantin (Hg.): Die psychosoziale Situation von Ausländern in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik. Integrationsprobleme ausländischer Familien <strong>und</strong> die seelischen Folgen.<br />

Leske + Buderich, Opladen 1993a, S. 35 - 44.<br />

98. Pavkovic G.: Interkulturelle Beratungskonstellationen in der psychosozialen Arbeit. In:<br />

Nestmann, F., Niepel, T.: Beratung von Migranten: neue Wege der psychosozialen Versorgung.<br />

Berlin, Verlag für Wissenschaft <strong>und</strong> Bildung 1993b, S. 145 - 163.<br />

99. Pavkovic, G.: Interkulturelle Kompetenz <strong>und</strong> Qualität in der Suchtkrankenhilfe. In: Salman<br />

R., Tuna S., Lessing A. (Hg.): Handbuch interkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte<br />

<strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag<br />

1999b, S. 56 - 63.<br />

100. Peterburs, H.: Die Entwicklung interkultureller Drogenarbeit in Regeldiensten - Vom<br />

Streetwork zur Drogenberatung. In: Salman R., Tuna S., Lessing A. (Hg.): Handbuch in-<br />

41


terkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong><br />

Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag 1999, S. 191 - 193.<br />

101. Preiser B., Schlachter J.: Trial and error oder Drogenprävention zwischen Motorrad<br />

<strong>und</strong> Computer. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 36. Sozialanalyse. Bonn 1998, S. 31 - 35.<br />

102. Püthe, U., Tiedemann, P., Krause, J., Kayser, K.: Jahresbericht 2000. In: Arbeitskreis<br />

für Jugendhilfe (Hrsg.): Jahres- <strong>und</strong> Erfahrungsbericht 2000. Hamm 2001, S. 44 -<br />

75.<br />

103. Rewenko L.: Jugend <strong>und</strong> nationale Beziehungen. In: Slepzow N., Rewenko L.: Die<br />

Perestroika-Generation. Jugendliche in Rußland. Weinhe<strong>im</strong>, München, Juventa-Verlag<br />

1993, S. 107 - 125.<br />

104. Richter, G.: Cleanex - Ambulante Therapie <strong>und</strong> Nachsorge. In: mudra - Alternative<br />

Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe e.V., Jahresbericht 1999, Nürnberg 2000, S. 41 - 48.<br />

105. Roll, H.: Omsk ohne Drogen? In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

(Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 38. Sozialanalyse.<br />

Bonn 2000, S.72 - 74.<br />

106. Rösler, J.: Kooperationsprojekt der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland<br />

(LMDR) <strong>und</strong> dem Jugendgemeinschaftswerk (JGW) des Internationalen B<strong>und</strong> (IB), Freier<br />

Träger der Jugend-Sozial-Bildungsarbeit e.V. in Kassel. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />

Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen.<br />

37. Sozialanalyse. Bonn 1999, S. 73 - 75.<br />

107. Salman, R.: Interkulturelle Suchthilfe. Prävention <strong>und</strong> Beratung für Migranten in Hannover.<br />

In: Czycholl, D. (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Spezifische Probleme in der psychosozialen<br />

Versorgung suchtkranker <strong>und</strong> -gefährdeter Migranten. Hohenrodter Studien<br />

Band 1. VWB, Berlin 1998. S.19 - 30.<br />

108. Salman, R., Collatz, J.: Interkulturelle <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> Beratung - Qualifizierung<br />

von „Keypersons“ <strong>und</strong> Aufklärungsveranstaltungen. In: Salman R., Tuna S., Lessing A.<br />

(Hg.): Handbuch interkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention,<br />

Beratung <strong>und</strong> Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag 1999b, S. 128 - 145.<br />

109. Schiermeister-Dill L., Schmidt-Wallenborn H., Schulz K.-H.: Arbeit mit jugendlichen<br />

SpätaussiedlerInnen - Modell Frankfurt. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

(Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 36. Sozialanalyse.<br />

Bonn 1998, S. 22 - 24.<br />

110. Schmid, M.: Ausländische Drogenabhängige <strong>und</strong> Zugänge zum Hilfesystem. In:<br />

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer multikulturellen<br />

Gesellschaft. Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 77 - 91.<br />

111. Schmidt W.: Berufsorientierungsjahr. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

(Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 36. Sozialanalyse.<br />

Bonn 1998, S. 62 - 64.<br />

112. Schu, M., Sommer, L.: Case Management als Methode für die Arbeit mit suchtkranken<br />

Migranten. In: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer<br />

multikulturellen Gesellschaft. Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 98 - 115.<br />

113. Schuler, J.: Krankheit, Heilung <strong>und</strong> Kultur. Skizzen aus der Ethnomedizin. Berlin,<br />

Verlag für Wissenschaft <strong>und</strong> Bildung 1997.<br />

114. Schulz, W., Weiß-Lehnhardt I.: Entwurzelungsproblematik <strong>und</strong> Suchtentwicklung.<br />

Braunschweig: Schriftenreihe der Suchtforschungsstelle Ostniedersachsen, Heft 4,<br />

1988.<br />

115. Schwichtenberg, U., Weig, W.: Die Behandlung von illegalen Drogen abhängiger<br />

Aussiedler in einem Niedersächsischen Landeskrankenhaus. In: Salman R., Tuna S.,<br />

Lessing A. (Hg.): Handbuch interkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze<br />

der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag 1999, S. 184 -<br />

190.<br />

116. Sertkaya, C.: Ambulante Beratungsangebote der Fachstelle für ausländische Drogenabhängige<br />

in Frankfurt. In: Salman R., Tuna S., Lessing A. (Hg.): Handbuch interkulturelle<br />

Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie.<br />

Gießen, Psychosozial-Verlag 1999, S. 92 - 97.<br />

42


117. Sivrikozoglu, C.: Türkische Jugendliche <strong>und</strong> illegale Drogen. In: Landesstelle gegen<br />

die Suchtgefahren in Baden-Württemberg (Hrsg.): Sucht <strong>und</strong> Migration. Fachtagung<br />

1996 der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997,<br />

S. 36 - 40<br />

118. Strobel, R., Kühnel, W., Heitmeyer, W.: Junge Aussiedler zwischen Ass<strong>im</strong>ilation<br />

<strong>und</strong> Marginalität. Abschlussbericht (Kurzfassung). Bielefeld 1999.<br />

119. Strobl, R., Kühnel, W.: Dazugehörig <strong>und</strong> ausgegrenzt. Analysen zu Integrationschancen<br />

junger Aussiedler. Juventa Verlag, Weinhe<strong>im</strong> <strong>und</strong> München 2000.<br />

120. Tekbasaran, C.: Auswirkungen der Migration auf Kinder, Jugendliche <strong>und</strong> die Familie.<br />

In: Der Ausländerbeauftragte der Landesregierung des Freistaates Thüringen (Hg.):<br />

Muß Fremdsein krank machen? Jahrestagung Migration 1996, 04.03. - 06.03.1996 Heiligenstadt,<br />

Dokumentation. Erfurt 1996, S. 69 - 71.<br />

121. Tertilt, H.: Turkish Power Boys. Ethnographie einer Jugendbande. Suhrkamp, Frankfurt<br />

a.M. 1996.<br />

122. Thielemann-Dyballa, U.: Eingliederung junger SpätaussiedlerInnen. Zur Arbeit der<br />

Jugendgemeinschaftswerke. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.):<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 35. Sozialanalyse. Bonn<br />

1997, S. 25 - 29.<br />

123. Treder A.: Psychosoziale Hintergründe <strong>und</strong> Probleme junger Aussiedler/innen. In:<br />

B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit<br />

für junge AussiedlerInnen. 34. Sozialanalyse. Bonn 1996, S. 52 - 63.<br />

124. Treder A.: Psychische Aspekte der Migration <strong>und</strong> ihre Entwicklung <strong>im</strong> Integrationsprozess.<br />

In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 36. Sozialanalyse. Bonn 1998, S. 50 - 61.<br />

125. Tuna, S.: Die Bedeutung der Sprache in der interkulturellen Suchttherapie. In: Salman<br />

R., Tuna S., Lessing A. (Hg.): Handbuch interkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte<br />

<strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag<br />

1999b, S. 46 - 55.<br />

126. Tuna, S.: Entwicklungskrisen <strong>und</strong> migrationsbedingte Belastungen als<br />

Suchtgefährdungspotentiale jugendlicher Migranten. In: Salman R., Tuna S., Lessing A.<br />

(Hg.): Handbuch interkulturelle Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der<br />

Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie. Gießen, Psychosozial-Verlag 1999b, S. 89 - 102.<br />

127. Trautmann, F.: Drogenarbeit mit Migranten in den Niederlanden. In: Deutsche<br />

Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft.<br />

Freiburg i.Br., Lambertus Verlag 1998, S. 234 - 247.<br />

128. Umminger, G.: Probleme nicht-deutscher Abhängiger <strong>und</strong> ihrer Angehörigen. Problemskizze,<br />

Praxiserfahrungen, Perspektiven. In: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren<br />

(Hg.): Jahrbuch Sucht ‘97. Geesthacht, Neuland 1996, S. 195 - 203.<br />

129. Vormberg, J.: Gemeinwesenorientiertes Projekt mit jugendlichen Spätaussiedlern<br />

zur Förderung von Selbsthilfeinitiativen. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit<br />

(Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 38. Sozialanalyse.<br />

Bonn 2000, S. 61 - 64.<br />

130. Weber S.: Konzepte <strong>und</strong> Handlungsalternativen in der <strong>Suchtprävention</strong>sarbeit mit<br />

Spätaussiedlern aus Russland am Beispiel der Ev. Beratungsstelle Help-Center, Idar-<br />

Oberstein. In: <strong>Suchtprävention</strong> mit MigrantInnen. Dokumentation. Fachtagung vom<br />

03.12. bis 04.12.1997. Landschaftsverband Rheinland, Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe, ginko, Köln, Münster, Mülhe<strong>im</strong> 1997, S. 79 - 82.<br />

131. Welt, J. (Hrsg.): Info-Dienst Deutsche Aussiedler, 104, 1999, S. 23.<br />

132. Welt, J. (Hrsg.): Info-Dienst Deutsche Aussiedler, 104, 1999, S. 23.<br />

133. Wijngaart, G. van de: Zur Situation <strong>und</strong> Versorgung von Migranten mit Drogenproblemen<br />

in den Niederlanden. In: Salman R., Tuna S., Lessing A. (Hg.): Handbuch interkulturelle<br />

Suchthilfe. Modelle, Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie.<br />

Gießen, Psychosozial-Verlag 1999, S. 245 - 266.<br />

134. Wilkiewicz, Z.: Sozialisations- <strong>und</strong> Lebensbedingungen in den GUS-Staaten unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Jugendlichen. In: B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Jugend-<br />

43


sozialarbeit (Hg.): Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen. 31. Sozialanalyse.<br />

Bonn 1993, S. 21 - 23.<br />

135. Yildiz, M.: Arbeit mit nichtdeutschen Drogenkonsument/innen. In: mudra - Alternative<br />

Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe e.V., Jahresbericht 1995, Nürnberg 1996, S. 35 - 38.<br />

136. Yildiz, M., Brauer-Yuvanc, K.: 10 Jahre ambulante Arbeit mit ausländischen Drogenabhängigen.<br />

In: mudra - Alternative Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe e.V., Jahresbericht<br />

1997, Nürnberg 1998, S. 43 - 45.<br />

44


Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V.<br />

1. Einleitung<br />

Viktor Brakowski<br />

Vor 13 Jahren wurde die Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V. gegründet. Durch die Gestaltung<br />

von Gottesdiensten in der JVA Bielefeld mit einer Gruppe junger Christen, (alle Umsiedler)<br />

entstanden Kontakte zu Inhaftierten. Ausgelöst durch diese Begegnungen wurden konkrete<br />

Anfragen an uns gestellt. „Wer hilft mir, wohin kann ich gehen, wer n<strong>im</strong>mt mich auf, wenn ich<br />

entlassen bin?“<br />

Dies war der Anstoß einen Ort zu schaffen, wo diese jungen Leute ein Zuhause finden ohne<br />

Drogen <strong>und</strong> Kr<strong>im</strong>inalität, mit Familienanschluss, mit neuen Fre<strong>und</strong>en, sinnvoller Freizeitgestaltung<br />

<strong>und</strong> einem Arbeitstraining. So wurde der Verein Gefährdetenhilfe gegründet.<br />

Unser Anliegen ist es, den Menschen von der Straße, aus der Sucht <strong>und</strong> Kr<strong>im</strong>inalität herauszuholen<br />

<strong>und</strong> ihm zu zeigen, „Du bist wertvoll, von Gott geliebt“.<br />

Jeder kann zu uns kommen, der Hilfe sucht.<br />

Da wir ohne Kostenträger arbeiten, können wir schnell <strong>und</strong> unbürokratisch helfen.<br />

Wir sehen unsere Hilfe umfassend an, als eine Art Lebensschule. In unserer Wohngemeinschaft<br />

trainieren wir gemeinsames Leben, aufeinander zugehen, aufeinander Rücksicht<br />

nehmen, individuelle Probleme <strong>im</strong> Alltag zu bewältigen. Unser Lebensmotto heißt „Gemeinsam<br />

statt Einsam“.<br />

Der Zweckbetrieb dient zur Eingliederung des jungen Erwachsenen in die Arbeitswelt. Tätigkeitsbereich<br />

sind Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau <strong>und</strong> Entrümpelungen.<br />

Zwischenzeitlich leben wir in 2 familiären Wohngemeinschaften. Insgesamt wohnen derzeit<br />

12 junge Männer bei uns.<br />

Die Anfragen Hilfesuchender, insbesondere von Umsiedlern, häufen sich in der letzten Zeit<br />

derart, dass wir dringend nach einem weiteren Objekt <strong>im</strong> Raum Ostwestfalen-Lippe suchen,<br />

um auch dort Wohngemeinschaften aufzubauen.<br />

Nachfolgend eine Zusammenfassung über die Schwerpunkte, Ziele <strong>und</strong> Motivation der Arbeit,<br />

sowie unsere Konzeption:<br />

� Kontaktgruppen <strong>im</strong> Strafvollzug<br />

Kontaktgruppen in der Jugendvollzugsanstalt (JVA) Bückeburg, JVA Herford <strong>und</strong> JVA<br />

Hameln.<br />

� familiäre Wohngemeinschaften<br />

2 Wohngemeinschaften für straffällige, drogenabhängige <strong>und</strong> ähnlich gefährdete Menschen.<br />

� berufliche Eingliederung<br />

Arbeitstraining <strong>im</strong> Bereich Garten- u. Landschaftsbau.<br />

� integrative Jugendarbeit<br />

mit Teestube, Sport, Gesprächsgruppen, Freizeiten.<br />

� präventive Arbeit<br />

in Schulen, sozialen Brennpunkten, Familienhilfe, Drogeninfos, Straßenarbeit.<br />

� Seelsorge <strong>und</strong> Beratung<br />

Familien-, Schulden-, Sucht-, Krisenseelsorge/-beratung.<br />

45


� missionarisch-diakonischer Auftrag<br />

missionarische Veranstaltungen, Mitarbeit in Ortsgemeinden <strong>und</strong> <strong>im</strong> diakonischen Werk,<br />

Gottesdienste.<br />

2. KONZEPTION<br />

Entstehung der Gefährdetenhilfe<br />

Aus der Kontaktgruppenarbeit in verschiedenen (Jugend-) Strafanstalten entstand der Verein<br />

Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V. mit seinen Angeboten für straffällige <strong>und</strong> ähnlich gefährdete<br />

jungen Erwachsene. Neben der Aufnahme dieser jungen Leute in familiäre Wohngemeinschaften<br />

<strong>und</strong> ihrer Integration in Angebote der Jugendarbeit zeigte sich bereits ganz am Anfang<br />

die Notwendigkeit eines Arbeitstrainings.<br />

Träger<br />

Die Wohngemeinschaft wird vom Verein Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V. getragen. Als Arbeitsgemeinschaft<br />

von Christen aus Kirchen <strong>und</strong> Freikirchen leistet der Verein straffälligen,<br />

strafentlassenen <strong>und</strong> gefährdeten Menschen Hilfen zur ganzheitlichen Lebensbewältigung.<br />

Zielgruppe<br />

Wesentliche Merkmale der jungen Menschen, an die sich unser Angebot richtet, sind:<br />

� Straffälligkeit,<br />

� Haft (-entlassung),<br />

� Sucht (Alkohol, Drogen, Spielsucht etc.),<br />

� Leistungsversagen (oft bereits <strong>im</strong> Schulbereich),<br />

� Deprivation (z.B. durch Aufwachsen in Obdachlosenunterkünften, He<strong>im</strong>erziehung oder<br />

unterschiedliche Mangelsituationen),<br />

� Schulische <strong>und</strong> intellektuelle Defizite,<br />

� Persönlichkeitsstörungen,<br />

� Langzeitarbeitslosigkeit.<br />

In besonders begründeten Einzelfällen können auch andere gefährdete Personen aufgenommen<br />

werden. Nicht aufgenommen werden können Personen, deren physischer Zustand<br />

stationäre medizinische Beobachtung oder Therapie erfordert.<br />

3. WOHNGEMEINSCHAFTEN<br />

Die Wohngemeinschaft wird von Hauseltern geleitet. Mit ihrer Familie wohnen sie in der<br />

Wohngemeinschaft <strong>und</strong> ermöglichen so ein familiäres Zusammenleben. Unterstützt werden<br />

sie von jungen Christen, die ebenso <strong>im</strong> Haus mitleben.<br />

Aufnahme<br />

Die Aufnahme in die Wohngemeinschaft ist freiwillig. Der Aufnahme geht mindestens ein<br />

Gespräch zwischen dem Interessenten <strong>und</strong> einem Mitarbeiter der Gefährdetenhilfe voraus.<br />

Interessenten, die aus dem Strafvollzug heraus übernommen werden wollen, sollten, soweit<br />

es möglich ist, einige Tage <strong>im</strong> Rahmen eines Hafturlaubes in der Wohngemeinschaft mitgelebt<br />

haben. Über die Aufnahme entscheiden die damit beauftragten Mitarbeiter in Absprache<br />

mit der Leitung der Gefährdetenhilfe.<br />

Zielsetzung<br />

Im Zusammenleben der Wohngemeinschaft wird der Einzelne als ein von Gott geschaffenes<br />

<strong>und</strong> somit wertvolles Individuum in allen Lebensbereichen ernst genommen <strong>und</strong> gefördert.<br />

46


Leitziele für die Entwicklung des Einzelnen sind dabei:<br />

� die Fähigkeit zu einem verantwortlichen Mitleben in der Gemeinschaft entwickeln.<br />

� die Fähigkeit zu einer, den Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen seiner eigenen Situation <strong>und</strong><br />

Person entsprechenden, sinnvollen Lebensgestaltung entwickeln.<br />

� das Angebot eines Lebens aus dem Glauben (d.h. aus einer persönlichen Beziehung zu<br />

Jesus Christus) kennen lernen.<br />

Seelsorge <strong>und</strong> Beratung<br />

In seelsorgerlichen Gesprächen werden lebensgeschichtliche <strong>und</strong> situationsbedingte Zusammenhänge<br />

erarbeitet. Eine Lösung anhand biblischer Normen wird angestrebt.<br />

Die Beratung erfolgt den konkreten Problemsituationen entsprechend, z.B. als Schulden-<br />

<strong>und</strong> Budgetberatung. Die Teilnahme an der Budgetberatung ist obligatorisch.<br />

Arbeit, Ausbildung <strong>und</strong> Beruf<br />

Jeder Hilfesuchende wird in das Arbeitstraining eingeb<strong>und</strong>en. In Zusammenarbeit mit dem<br />

Arbeitsamt wird die baldmögliche berufliche Integration angestrebt. Nach Möglichkeit wird<br />

dem Einzelnen eine berufliche Ausbildung angeboten, wobei er <strong>im</strong> schulischen Bereich<br />

durch Mitarbeiter der Wohngemeinschaft gefördert wird.<br />

Freizeitgestaltung<br />

Die Angebote zur Freizeitgestaltung sind weitgehend vorgegeben <strong>und</strong> ermöglichen kreative<br />

Betätigung in unterschiedlichen Bereichen. Gemeinschaftliche Aktivitäten werden dabei den<br />

Einzelaktivitäten vorgezogen.<br />

Integration in Bezugsgruppen<br />

Die Wohngemeinschaft n<strong>im</strong>mt an Angeboten der umliegenden christlichen Jugendarbeit teil.<br />

Hier kann jeder nicht kr<strong>im</strong>inelle Beziehungen aufbauen, die ihm auch nach seinem Auszug<br />

aus der Wohngemeinschaft als soziales Beziehungsfeld Sicherheit geben.<br />

Die Gefährdetenhilfe arbeitet eng mit den örtlichen <strong>und</strong> umliegenden Kirchen, Freikirchen<br />

<strong>und</strong> Gemeinschaften auf der Basis der evangelischen Allianz zusammen. Eine regelmäßige<br />

enge Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe, dem Arbeitsamt, dem Sozialamt, anderen<br />

psychosozialen Einrichtungen sowie niedergelassenen Ärzten ist angestrebt.<br />

Auszug <strong>und</strong> Nachbetreuung<br />

Durch den Aufbau eines sozialen Beziehungsfeldes, Berufsintegration, Beratung (z.B.<br />

Schuldenabbau) <strong>und</strong> Lebenstraining in der Wohngemeinschaft wird der Auszug vorbereitet.<br />

Die Verweildauer des Einzelnen hängt von seiner persönlichen Entwicklung ab <strong>und</strong> ist nicht<br />

auf eine max<strong>im</strong>ale Verweildauer beschränkt. Angebote der Jugendarbeit, sowie Seelsorge<br />

<strong>und</strong> Beratung stehen dem Einzelnen auch nach seinem Auszug aus der Wohngemeinschaft<br />

weiter offen.<br />

4. ARBEITSTRAINING<br />

Der Verein ist besonders bemüht, junge Erwachsene aus dem Strafvollzug <strong>und</strong> aus der<br />

Suchtproblematik in den Gemeinschafts- <strong>und</strong> Berufsbereich zu integrieren.<br />

4.1 Ziele des Arbeitstrainings<br />

Entsprechend der Defizite unserer Zielgruppe lauten die Ziele des Arbeitstrainings:<br />

� Motivationsförderung<br />

Leistungsmotivation muss in konkreten Einzelschritten aufgebaut werden. Kleine<br />

Erfolgserlebnisse helfen, negative Erfahrungen zu überwinden. Aufgr<strong>und</strong> der geringen<br />

47


Motivation sind anfänglich nur überschaubare <strong>und</strong> zeitlich abgegrenzte Aufgaben unter<br />

Anleitung möglich.<br />

� Sozialverhalten am Arbeitsplatz<br />

Der Umgang mit Vorgesetzten <strong>und</strong> Kollegen, die Bewältigung von Konflikten <strong>und</strong> die Arbeit<br />

<strong>im</strong> Team sowie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit <strong>und</strong> ähnliche Verhaltensformen müssen<br />

erarbeitet werden. Langzeitarbeitslosigkeit oder die den Bedingungen des freien Arbeitsmarktes<br />

nicht entsprechenden Umgangsformen in den Betrieben der Justizvollzugsanstalten<br />

haben hier erhebliche Defizite hinterlassen.<br />

� Leistungstraining<br />

In der Anfangssituation sind bei suchtabhängigen jungen Menschen, gerade auch als<br />

Folge des Entzugs, körperliche Leistungsgrenzen zu überwinden.<br />

Konzentrationsfähigkeit muss besonders trainiert werden.<br />

� Entwicklung berufsrelevanter Fähigkeiten<br />

Einfache handwerkliche <strong>und</strong> praktische Fähigkeiten werden trainiert, das Auffassungs-<br />

<strong>und</strong> Merkvermögen gefördert <strong>und</strong> das räumliche Vorstellungsvermögen geschult. Die<br />

Mitarbeit in den verschiedenen Bereichen des Arbeitstrainings vermittelt einen Einblick in<br />

wirtschaftliche Zusammenhänge <strong>und</strong> erste Kenntnisse in diesen Berufsfeldern.<br />

� Identifikation <strong>und</strong> Sinnfindung<br />

Die Mitarbeit <strong>im</strong> beruflichen Bereich ermöglicht es dem Einzelnen, seine Umwelt aktiv<br />

mitzugestalten <strong>und</strong> für andere wertvolle Leistungen zu erbringen. Dies vermittelt die Erfahrung,<br />

gebraucht zu werden. Die Identifikation mit der Arbeit ist bedeutsam, um die Tätigkeit<br />

als sinnvoll erleben zu können <strong>und</strong> darin Bestätigung zu erleben.<br />

� Berufswahl <strong>und</strong> –vorbereitung<br />

Die verschiedenen Bereiche des Arbeitstrainings vermitteln Kenntnisse <strong>im</strong> handwerklichen,<br />

gewerblichen, gärtnerischen, hauswirtschaftlichen <strong>und</strong> kaufmännischen Bereich.<br />

Dies ermöglicht es dem Einzelnen, Arbeitsfelder kennen zu lernen, Interesse zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> Fähigkeiten zu erproben.<br />

� Gemeinwesenansatz<br />

Wesentliches Merkmal des Arbeitstrainings ist der direkte Kontakt mit der Bevölkerung.<br />

In der Begegnung mit dem K<strong>und</strong>en wird das Sozialverhalten des Einzelnen gefordert<br />

<strong>und</strong> trainiert. Zugleich jedoch werden Bürger durch qualitativ hochwertige Arbeit, ansprechende<br />

Präsentation derselben <strong>und</strong> informative Verkaufsgespräche gewonnen,<br />

Straffällige nicht als "exotische Außenseiter der Gesellschaft" zu betrachten, sondern ihnen<br />

<strong>im</strong> Alltag zu begegnen <strong>und</strong> so Schranken zu überwinden.<br />

4.2 Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />

Mit dem Bereich Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau begann das Arbeitstraining innerhalb der Gefährdetenhilfe.<br />

Folgende Tätigkeiten werden ausgeführt:<br />

� Pflege <strong>und</strong> Gestaltung von Anlagen,<br />

� Neuanlagen,<br />

� Rosen- <strong>und</strong> Gehölzschnitt,<br />

� Ausschachtung,<br />

� Stein- <strong>und</strong> Pflasterarbeiten,<br />

� Rohbauarbeiten.<br />

48


4.3 Berufsvorbereitende Maßnahmen<br />

Die berufliche Integration wird auf unterschiedlichen Ebenen während der Zeit des Arbeitstrainings<br />

vorbereitet:<br />

� Berufsvorbereitender Unterricht<br />

Durch Mitarbeiter wird berufsvorbereitender, bzw. später berufsbegleitender Unterricht<br />

erteilt.<br />

� Zusammenarbeit mit dem örtlichen Arbeitsamt<br />

Bereits bei der Aufnahme in das Arbeitstraining erfolgt eine Vorstellung bei dem Arbeitsvermittler<br />

des zuständigen Arbeitsamtes. Je nach Situation werden die Ausbildungs- oder<br />

Rehabilitationsberater eingeschaltet.<br />

� Beschäftigungs- <strong>und</strong> Betreuungsvertrag<br />

Einzelne erhalten durch einen Beschäftigungs- <strong>und</strong> Betreuungsvertrag mit der Gefährdetenhilfe<br />

die Chance zu einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit als Vorbereitung der<br />

beruflichen Eingliederung. Diese Arbeitsverträge sind zeitlich befristet <strong>und</strong> schaffen keine<br />

Dauerarbeitsplätze. Sie enden vorzeitig, wenn die Vermittlung an den freien Arbeitsmarkt<br />

vor Ablauf des Vertrages gelingt.<br />

� Betriebspraktikum<br />

Unterschiedliche Betriebe beschäftigen unsere jungen Leute als Praktikanten oder Aushilfen<br />

für kürzere Zeiträume <strong>und</strong> ermöglichen damit den Einblick in weitere Berufsbereiche<br />

<strong>und</strong> eine zusätzliche Arbeitserprobung.<br />

5. SEELSORGERLICHE UND SOZIALE BEGLEITUNG<br />

Nur ein spezielles Konzept <strong>und</strong> eine persönliche Begleitung können der hier angesprochenen<br />

Problemgruppe gerecht werden. Hilfen <strong>im</strong> beruflichen Bereich müssen daher in ein umfassendes<br />

Hilfskonzept eingeb<strong>und</strong>en sein, um zu einer beruflichen Eingliederung führen zu<br />

können. Wer weiter kr<strong>im</strong>inell oder süchtig lebt, kann konstante berufliche Leistungen kaum<br />

erbringen. Gemäß dem diakonischen Auftrag wird die Beratungsarbeit von einem seelsorgerlichen<br />

Ansatz getragen, der den Wert des Menschen als Geschöpf Gottes betont <strong>und</strong> anhand<br />

der Bibel praktische Lebenshilfen vermittelt.<br />

Die Beratung bezieht sich auf verschiedene Bereiche:<br />

� Lebens- <strong>und</strong> Suchtberatung<br />

Ca. 90% unserer Arbeitstrainingsteilnehmer haben Probleme mit legalen oder illegalen<br />

Drogen. Lebensberatung umfasst Bewältigung der Vergangenheit, Beziehungs- <strong>und</strong> Partnerschaftsfragen,<br />

die Frage nach Zukunftsperspektive etc.<br />

� Schuldnerberatung<br />

Im Rahmen der Schuldnerberatung werden Kontakte zu Gläubigern aufgenommen, vorhandene<br />

Forderungen zusammengestellt <strong>und</strong> bewertet, Vergleichs- <strong>und</strong> Ratenzahlungsvereinbarungen<br />

getroffen <strong>und</strong> durchgeführt. Zur Schuldnerberatung gehört eine Schulden-<br />

<strong>und</strong> Vermögensverwaltung, die eine geordnete Rückzahlung der Forderungen sicherstellt.<br />

� Begleitung bei Behördenkontakten <strong>und</strong> Strafverfahren<br />

Bei Kontakten zu Sozial- <strong>und</strong> Arbeitsämtern, Rentenstellen, Jugend- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsämtern<br />

etc, wird der Einzelne begleitet <strong>und</strong> beraten. Besondere Hilfe ist be<strong>im</strong> Ausfüllen<br />

von Anträgen <strong>und</strong> Formularen sowie bei der Beschaffung von Unterlagen erforderlich.<br />

49


Die oft noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren stellen mit ihren polizeilichen Vernehmungen,<br />

Zeugenterminen, Hauptverhandlungen, Auflagen <strong>und</strong> Strafen eine erhebliche<br />

Belastung dar, der sich die jungen Menschen stellen müssen. Wir bieten ihnen dazu<br />

unsere Begleitung an. Zu Polizei, Staatsanwaltschaften, den Dienststellen der Bewährungshilfen<br />

<strong>und</strong> Gerichten wird Kontakt gehalten <strong>und</strong> ggf. durch positive Sozialprognosen<br />

die Gr<strong>und</strong>lage zu einer Strafaussetzung zur Bewährung geschaffen. Der junge<br />

Mensch wird auch in der Zahlung von Geldstrafen oder Geldbußen, der Befolgung von<br />

Weisungen <strong>und</strong> Auflagen etc. unterstützt.<br />

� Einbindung in eine familiäre Wohngemeinschaft<br />

Erst die Einbindung in eine Wohngemeinschaft gibt die Chance zum Abbruch subkultureller<br />

Beziehungen <strong>und</strong> vermittelt den auch für die konstante Leistungsmotivation erforderlichen<br />

Beziehungsrahmen <strong>und</strong> emotionalen Halt. Zugleich ist hier erhebliche pädagogische<br />

Arbeit zu leisten. Der familiäre Rahmen der WG stellt eine Alternative zu den<br />

Erfahrungen in unterschiedlichen Institutionen dar, die viele dieser jungen Leute bereites<br />

gesammelt haben.<br />

� Freizeitprogramme<br />

Angebote der offenen Jugendarbeit, kreative <strong>und</strong> musikalische Gruppen, Gesprächskreise<br />

<strong>und</strong> Ferienmaßnahmen werden vom Verein getragen <strong>und</strong> integrieren Menschen<br />

aus verschiedenen Lebenshintergründen in gemeinsame Aktivitäten. Hier entstehen<br />

nicht nur Beziehungen zwischen kr<strong>im</strong>inellen <strong>und</strong> nicht kr<strong>im</strong>inellen Menschen, sondern<br />

ein ausgefülltes Freizeitprogramm mit kurz- <strong>und</strong> mittelfristigen Perspektiven. Der Einzelne<br />

erhält dadurch den notwendigen Ausgleich zur Leistung in der Arbeitswelt.<br />

� Berufsbegleitende Hilfen<br />

Die genannten Hilfen <strong>und</strong> Angebote bleiben dem jungen Menschen auch dann erhalten,<br />

wenn er bereits in eine berufliche Ausbildung oder ein Arbeitsverhältnis in der freien<br />

Wirtschaft gewechselt hat. So lebt er z.B. während der Zeit seiner beruflichen Ausbildung<br />

oder in den ersten Jahren seiner beruflichen Tätigkeit weiterhin in seiner Wohngemeinschaft<br />

<strong>und</strong> n<strong>im</strong>mt an den Freizeitprogrammen <strong>und</strong> Beratungsangeboten teil. Zwischen<br />

dem Ausbildungs- <strong>und</strong> Arbeitsbetrieb einerseits <strong>und</strong> der Gefährdetenhilfe anderseits<br />

besteht ein enger Kontakt. Gemeinsam werden Perspektiven erarbeitet <strong>und</strong> Probleme<br />

gelöst. Ähnliches gilt für die Berufsschule. Je nach Situation wird ergänzender oder<br />

berufsk<strong>und</strong>licher Unterricht erteilt.<br />

6. RECHTLICHE ASPEKTE<br />

Die Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V. stellt eine Arbeitsgemeinschaft engagierter Christen<br />

aus unterschiedlichen Kirchen <strong>und</strong> Gemeinschaften in der Rechtsform eines eingetragenen<br />

Vereins dar. Der Verein ist dem Diakonischen Werk der ev. Kirche in Schaumburg-Lippe<br />

angeschlossen. Steuerrechtlich ist der Verein als mildtätigen Zwecken <strong>im</strong> Sinne des § 53 AO<br />

dienend anerkannt. Die Betriebe des Vereins zur beruflichen Eingliederung gefährdeter junger<br />

Menschen stellen Zweckbetriebe <strong>im</strong> Sinne der §§ 65 AO dar. Die Teilnahme am Arbeitstraining<br />

ist für den Trainingsteilnehmer kostenfrei. Für jeden Tag wird ein neuer Vertrag für<br />

die Teilnahme am Arbeitstraining abgeschlossen. Der Teilnehmer steht daher gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Seinen Lebensunterhalt finanziert er z.B. aus Mitteln<br />

der Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder aus den Leistungen aus dem Arbeitsförderungsgesetz<br />

(Arbeitslosengeld oder -hilfe). Das Arbeitstraining wird durch den Verein finanziert;<br />

eventuelle Gewinne werden wieder in den Betrieb investiert. In begrenztem Rahmen<br />

bietet der Verein jungen Menschen aus diesem Problemfeld zeitlich befristete Beschäftigungs-<br />

<strong>und</strong> Betreuungsverträge an, die durch eine sozialversicherungspflichtige Eingliederung<br />

verbessern.<br />

50


<strong>Vernetzung</strong> <strong>und</strong> <strong>Suchtprävention</strong> <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> <strong>Biberach</strong><br />

1. Ausgangssituation des Projektes<br />

Viktor Betger<br />

Sehr oft sind jugendliche Spätaussiedler Seiteneinsteiger in unser komplexes Gesellschafts-<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftssystem. Sie bringen eigene – postsowjetische – Sozialisationserfahrungen<br />

aus ihren Herkunftsländern mit <strong>und</strong> verfügen meist nur über sehr geringe <strong>und</strong> völlig unzureichende<br />

deutsche Sprachkenntnisse, was ihre Startchancen in der B<strong>und</strong>esrepublik zusätzlich<br />

verschlechtert. Sie suchen – wie alle jungen Menschen – nach Orientierung, Werten <strong>und</strong><br />

verlässlichen Beziehungsstrukturen, doch allein schaffen sie den Schritt in vor Ort bestehende<br />

Einrichtungen, Cliquen <strong>und</strong> Vereine nicht. Folglich bleiben sie unter sich, orientieren <strong>und</strong><br />

holen sich Bestätigung in ihren geschlossenen "Aussiedler-Cliquen" oder "Russen-Cliquen",<br />

in denen der Konsum von Drogen erhebliche Ausmaße ann<strong>im</strong>mt.<br />

Die Gründe hierfür reichen von Neugier, dem "Ausprobieren wollen" von illegalen Drogen<br />

über ein stark ausgeprägtes gruppenkonformes Verhalten bis hin zu fehlenden Zukunftsperspektiven<br />

in Bezug auf Ausbildungs- oder Arbeitsplätze, was diese negative Entwicklung<br />

massiv begünstigt. Manche bringen ihre ersten Drogenkonsumerfahrungen schon aus dem<br />

Herkunftsland mit. Über Wirkung, Gefahren, Folgen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Risiken sind Spätaussiedlerjugendliche<br />

überhaupt nicht informiert. So ist z. B. die gemeinsame Benutzung<br />

einer Spritze in den Peer-groups der Spätaussiedlerjugendlichen die Regel <strong>und</strong> darum auch<br />

die Ursache von Infektionskrankheiten wie Hepatitis B <strong>und</strong> Hepatitis C sowie Aids.<br />

In der Schule, aber auch in anderen Bereichen des Alltags erleben diese jungen Menschen<br />

häufig Frustrationen, mit denen sie nicht umgehen können <strong>und</strong> die sie mit entsprechenden<br />

Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong> Abrutschen in die Kr<strong>im</strong>inalität sowie unterschwelliger Aggression<br />

gegen staatliche Einrichtungen beantworten.<br />

Durch die hier beschriebene Problematik wird deutlich dass sich die jugendlichen SpätaussiedlerInnen<br />

den vorhandenen Integrationsmöglichkeiten verschließen. Wesentlich hierbei ist<br />

weiter, dass die Motivation zur Integration mit zunehmender Drogengefährdung abn<strong>im</strong>mt,<br />

<strong>und</strong> schließlich nicht mehr vorhanden ist.<br />

Im <strong>Landkreis</strong> <strong>Biberach</strong> vollzieht sich die oben beschriebene Entwicklung in einem besorgniserregenden<br />

Maße. Spielte der Konsum harter Drogen vor einigen Jahren bei den Beratungsstellen<br />

für Spätaussiedler nur eine untergeordnete Rolle, so hat sich dies in den letzten Jahren<br />

massiv verändert. Vor allem Heroin wird heute von jungen Spätaussiedlern konsumiert.<br />

Sämtliche mit der Drogenproblematik befassten Stellen <strong>und</strong> Einrichtungen (auch die Polizei)<br />

sind zunehmend mit der steigenden Zahl drogenabhängiger Spätaussiedler konfrontiert <strong>und</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> der Besonderheit dieses Klientels oftmals auch überfordert. Sobald die Jugendlichen<br />

mit gefährdeten Gruppen Kontakte aufnehmen, ist der Gebrauch von Drogen vorbest<strong>im</strong>mt<br />

<strong>und</strong> n<strong>im</strong>mt relativ schnell exzessive Formen an.<br />

Die Notwendigkeit einer spezifischen Sozialarbeit mit drogengefährdeten Spätaussiedlerjugendlichen<br />

ergibt sich auch aus einer aktuellen Statistik der Psychosozialen Beratungsstelle<br />

für Suchtkranke des Caritas-Verbandes in <strong>Biberach</strong>. Dieser Statistik zufolge liegt der prozentuale<br />

Anteil von Spätaussiedlern bei den dort behandelten Konsumenten illegaler Drogen<br />

bei derzeit ca. 80%! Gemessen an der Gesamteinwohnerzahl des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Biberach</strong> beträgt<br />

der Spätaussiedleranteil ca. 8%-10%. Auch der Anteil der an einer Überdosis gestorbenen<br />

Spätaussiedler <strong>im</strong> Jahre 1999 ist überproportional hoch. Es sind von 8 Drogentoten<br />

insgesamt 5 Aussiedlerjugendliche. Hier wird ein eklatantes Missverhältnis deutlich <strong>und</strong> die<br />

Notwendigkeit zur präventiven Arbeit innerhalb der gefährdeten Gruppen <strong>und</strong> mit einzelnen<br />

Jugendlichen wird nachhaltig signifikant.<br />

51


2. Teilnehmerstruktur <strong>und</strong> Zielsetzung<br />

Aufgr<strong>und</strong> der enormen Probleme, die aus der beschriebenen Situation bereits entstanden<br />

sind <strong>und</strong> künftig noch massiver auf uns zu kommen werden - die Dunkelziffer ist unbekannt -,<br />

entstand dieses Projekt. Das Projekt wurde mit dem Ziel der vernetzten Integrationsarbeit mit<br />

drogengefährdeten jungen SpätaussiedlerInnen in Trägerschaft des CJD-JGW, Beratungsstelle<br />

für junge Spätaussiedler <strong>im</strong> September 1999 angesiedelt.<br />

Zielgruppen sind hier:<br />

⇒ junge Spätaussiedler <strong>im</strong> Alter von 12 bis 23 Jahre;<br />

⇒ drogenabhängige Aussiedler <strong>im</strong> Alter bis 28 Jahre;<br />

⇒ Eltern <strong>und</strong> Familien von beiden o.g. Gruppen.<br />

3. Verlauf /Durchführung<br />

3.1. Pr<strong>im</strong>ärprävention<br />

3.1.1. Aufklärung in neuangekommenen Familien<br />

Der gefährlichste Zeitpunkt liegt zwischen der Ankunft der SpätaussiedlerInnen in den Übergangswohnhe<strong>im</strong>en<br />

<strong>und</strong> einer ersten Integrationsmaßnahme wie z.B. Sprachkurs. Oftmals<br />

liegen einige Wochen dazwischen. Hier wird sofort gehandelt <strong>und</strong> gezielt pädagogisch eingewirkt.<br />

Und zwar:<br />

- wir besuchen jede einzelne Aussiedlerfamilie, in der sich Kinder <strong>im</strong> Alter ab 12 Jahre<br />

befinden, innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Ankunft in Deutschland direkt <strong>im</strong><br />

Übergangswohnhe<strong>im</strong>;<br />

- Die Familien werden über die Drogensituation <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Gefahren<br />

informiert;<br />

- den Jugendlichen wird bei Organisation ihrer Freizeit geholfen (Information über die<br />

Möglichkeiten, Vereine, konkrete Maßnahmen).<br />

Es wird gleichzeitig geprüft, in welchem Maße die Jugendlichen gefährdet sind, ihre Einstellungen<br />

gegenüber Drogen <strong>und</strong> die Notwendigkeit der weiteren Betreuung. Bei diesen Besuchen<br />

wird auch die Erstberatung geleistet. Familien werden über das CJD <strong>und</strong> seine Funktionen<br />

<strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> informiert.<br />

3.1.2. Präventionsmaßnahmen in Schulen <strong>und</strong> Sprachkursen<br />

Da die jugendlichen SpätaussiedlerInnen in der Regel über Wirkung, Gefahren, Folgen <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitliche Risiken überhaupt nicht informiert sind, hat die Aufklärungsarbeit besondere<br />

Bedeutung. Im Laufe des vergangenen Jahres, von Januar bis Dezember 2000 wurde diese<br />

Arbeit sowohl in Sprachkursen als auch in Schulen durchgeführt.<br />

Der Aufklärungsunterricht fand in den CJD-Sprachkursen (BOK – Berufsorientierungskurs<br />

<strong>und</strong> DIK – Deutschintensivkurs) statt. Die Gesamtzahl der Unterrichtsteilnehmer betrug 48<br />

junge SpätaussiedlerInnen <strong>im</strong> Alter von 16 bis 27 Jahren. Der Unterricht fand 6 Mal (jeweils<br />

3 Mal pro Kurs) statt.<br />

Außerdem, beziehen wir auch die Arbeitsamt-Sprachkurse ein. Im Berichtsjahr waren es 3<br />

Sprachkurse mit 52 Teilnehmern insgesamt. In jedem Kurs führten wir eine Veranstaltung<br />

durch. Die Unterrichtsinhalte wurden auf Russisch dargestellt, da ausreichende Deutschsprachkenntnisse,<br />

um die Information zu verarbeiten, noch nicht vorhanden waren.<br />

52


In den allgemein bildenden Schulen wurde<br />

der Aufklärungsunterricht – <strong>im</strong> Gegensatz zu<br />

den Sprachkursen – in deutscher Sprache<br />

durchgeführt, denn einerseits konnten wir bei<br />

allen SchülerInnen sehr gute Deutschkenntnisse<br />

feststellen, <strong>und</strong> anderseits wollten wir<br />

die Klassen nicht in Aussiedler <strong>und</strong> Einhe<strong>im</strong>ische<br />

aufteilen, um die Integrationsprozesse<br />

zu fördern. Der Unterricht fand in den siebten Klassen der Realschule in Riedlingen statt.<br />

Die Gesamtzahl der Teilnehmer betrug 146 Schüler, davon waren 35 AussiedlerInnen.<br />

Die Schüler <strong>und</strong> Sprachkursteilnehmer wurden in den oben genannten Aufklärungsmaßnahmen<br />

auf die Gefahren <strong>und</strong> Folgen des Drogenkonsums hingewiesen. Ein wichtiges Thema<br />

dabei war, wie man die Gefahrensituation erkennen kann, <strong>und</strong> wie man in solcher Situation<br />

reagieren muss. Die SchülerInnen arbeiteten aktiv <strong>und</strong> mit großem Interesse mit.<br />

3.1.3. Prävention in offenen Gruppen<br />

In verschiedenen Orten des <strong>Landkreis</strong>es bestehen<br />

offene Jugendtreffs, die von einer<br />

Fachkraft betreut werden. Das sind z.B. JuFo<br />

in Riedlingen, JuCe in Bad Buchau, Container<br />

am Bronner Berg in Lauphe<strong>im</strong>. Hier treffen sich<br />

Jugendliche, die noch nicht Konsumenten harter<br />

Drogen sind, aber erfahrungsgemäß sehr<br />

schnell dazu an<strong>im</strong>iert werden. Die präventive<br />

Arbeit hier wird in Kooperation mit zuständigen<br />

Betreuerkreisen <strong>und</strong> Sozialarbeitern durchgeführt.<br />

3.1.4. Einzelberatung<br />

Des Weiteren machen wir Einzelberatung für die Jugendlichen, die selber noch nicht Drogenkonsumenten<br />

sind, aber sich in den Cliquen aufhalten, wo harte Drogen konsumiert werden.<br />

Diese jungen Leute kommen nicht aus eigener Initiative, da sie sich nicht für drogengefährdet<br />

halten. Deshalb wird die Arbeit per Auftrag, der meist von Eltern, Angehörigen, Ehrenamtlichen<br />

Betreuern oder Jugendsozialarbeitern kommt, durchgeführt.<br />

3.1.5. Soziale Trainingskurse<br />

In Verbindung mit oben genannten Themen stellt sich die Notwendigkeit der Einübung sozialen<br />

Verhaltens für suchtgefährdete Jugendliche heraus. Soziale Isolation ist einer der Hauptgründe<br />

des Drogenmissbrauchs bei jugendlichen Spätaussiedlern. Deshalb ist Sozialtraining<br />

bei den Sprachkursteilnehmern, der von Januar bis Juli 2000 durchgeführt wurde, für die<br />

Integration sehr wichtig.<br />

Im Rahmen des Projektes wurde ein Mal wöchentlich <strong>im</strong> DIK Sozialtraining angeboten. Die<br />

Sprachkursteilnehmer lernen hier, wie sie sich <strong>im</strong> Alltagsleben verhalten sollen. Junge SpätaussiedlerInnen<br />

üben dabei, mit Alltagssituationen (wie z.B. Führen eines Telefongesprächs,<br />

Vereinbaren eines Termins, Vorstellungsgespräch u.s.w.) umzugehen. Das Thema<br />

„Wie ich mit Alkohol umgehe <strong>und</strong> wie ich auf Drogenangebote reagiere“ ist ein wichtiger Bestandteil<br />

davon.<br />

53


3.3. Ausbildung von MultiplikatorInnen<br />

3.3.1. Eltern als Multiplikatoren<br />

Die Ausbildung von MultiplikatorInnen kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Eine davon<br />

ist die Eltern-Ebene. Aufgr<strong>und</strong> ihrer Beziehung zu den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>im</strong> Alter<br />

von 12 bis 14 Jahren, <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> ihrer hohen Motivation sind Eltern die bestmöglichen<br />

Multiplikatoren. Allerdings fehlt es ihnen häufig an speziellen Kenntnissen. Am 21. Juni 2000<br />

wurde in Bad Buchau <strong>im</strong> katholischen Gemeindehaus ein Elternabend durchgeführt. Die<br />

Veranstaltung kam per Auftrag <strong>und</strong> mit Hilfe von ehrenamtlichen Kollegen zustande. Das<br />

Thema lautete: „Was können wir als Eltern gegen Drogengefahr für unsere Kinder tun“. Die<br />

Eltern wurden aufgeklärt, wie sie diese Gefahr erkennen können. Es wurde auch über merkwürdiges<br />

Verhalten der drogengefährdeten Kinder gesprochen. Die Eltern wurden informiert,<br />

wo sie in solchen Fällen eine qualifizierte Hilfe bekommen können. An dem Elternabend haben<br />

insgesamt 20 Eltern teilgenommen.<br />

Noch vier solcher Maßnahmen haben in verschiedenen Orten des <strong>Landkreis</strong>es stattgef<strong>und</strong>en:<br />

• Kirchdorf (Übergangswohnhe<strong>im</strong>) - 3. Juli - 15 Teilnehmer;<br />

• Riedlingen (Übergangswohnhe<strong>im</strong>) - 10. Juli - 17 Teilnehmer;<br />

• Dürmentingen. Am 6. September haben hier 19 Mütter <strong>und</strong> Väter an dem Seminar<br />

teilgenommen;<br />

• Lauphe<strong>im</strong>. Am 17. Oktober führten wir zusammen mit Kollegen ein Multiplikatorenseminar<br />

für 19 Eltern durch.<br />

3.3.2. LehrerInnen <strong>und</strong> Sozialpädagogen als Multiplikatoren<br />

Auf der Lehrer-Ebene wird die Ausbildung von Multiplikatoren fortgesetzt. Am 13. Juni fand<br />

ein Seminar für die LehrerInnen <strong>und</strong> Sozialpädagogen der Berufsschule in Riedlingen statt.<br />

Bei der Organisation <strong>und</strong> Durchführung der Maßnahme haben KollegInnen von der Polizei<br />

<strong>und</strong> der psychosozialen Beratung (Caritas) teilgenommen.<br />

Außerdem findet regelmäßig innerhalb des CJD’s Informationsaustausch statt. KollegInnen<br />

werden über den aktuellen Stand der Suchtproblematik <strong>und</strong> der Drogensituation <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong><br />

informiert.<br />

3.3.3. Jugendliche als Multiplikatoren für Mitschüler<br />

Die Ausbildung von Multiplikatoren wird durch Maßnahmen für Jugendliche ergänzt. Wie z.B.<br />

das Ausbildungsseminar am 29.08. in Dürmentingen. An der Veranstaltung haben 8 Kinder<br />

54


<strong>im</strong> Alter von 13 bis 14 Jahren teilgenommen. Die Maßnahme wurde geplant <strong>und</strong> durchgeführt<br />

zusammen mit Kollegen von der Caritas.<br />

Während des Ausfluges nach Unterdiegeshe<strong>im</strong> vom 13.-15. Dezember mit SprachkursteilnehmerInnen<br />

<strong>im</strong> Alter von 15 bis 24 Jahren fand ein zweitägiges Seminar für 13 Multiplikatoren<br />

statt. Der Ausflug <strong>und</strong> das Seminar wurden in Zusammenarbeit mit Sozialpädagogen von<br />

CJD organisiert.<br />

Bestandteile dieser Veranstaltungen sind sowohl rein kognitive Angebote als auch Gruppengespräche,<br />

welche der Reflexion der persönlichen Haltung gegenüber Suchtmitteln dienen.<br />

Für die SchülerInnen beeindruckend ist häufig die Schilderung der eigenen Suchtkarriere<br />

eines inzwischen abstinent lebenden Suchtkranken.<br />

Ziel der Veranstaltung ist es, über die ausgebildeten Schüler innerhalb der Klassen die Diskussion<br />

über Suchtverhalten bzw. Alkohol - <strong>und</strong> Drogenkonsum anzuregen.<br />

Das alkoholfreie Begleitprogramm während des Seminars soll als Modell für eine suchtmittelfreie<br />

Klassen- <strong>und</strong> Feierkultur dienen.<br />

3.4. Vermittlung in entsprechende Einrichtungen <strong>und</strong> Risikomin<strong>im</strong>ierung bei<br />

Drogengefährdeten<br />

3.4.1. Betreuung der Suchtgefährdeten <strong>und</strong> ihrer Familien<br />

Die jugendlichen Spätaussiedler, bei denen es sich herausgestellt hat, dass sie suchtgefährdet<br />

oder suchtkrank sind, werden regelmäßig betreut. Es wird auch intensiv mit ihren Familien<br />

gearbeitet. Eltern <strong>und</strong> Familienangehörige werden <strong>im</strong>mer mitberaten.<br />

3.4.2. Sprechst<strong>und</strong>en <strong>im</strong> Büro<br />

Dienstags von 10 bis 16 Uhr finden offene Sprechst<strong>und</strong>en <strong>im</strong> Büro statt, wohin die Aussiedler<br />

mit ihren Problemen kommen <strong>und</strong> auf Russisch beraten werden können.<br />

3.4.3. PSB - Sprechst<strong>und</strong>en<br />

Um für die Spätaussiedler den Schritt zur Beratung so einfach wie möglich zu gestalten, haben<br />

wir einmal pro Woche eine offene Sprechst<strong>und</strong>e eingerichtet.<br />

Die Sprechst<strong>und</strong>en bei der psychosozialen Beratung der Caritas (PSB) finden jeden Mittwoch<br />

von 9 bis 12 Uhr statt. Hier wird Beratung auf Russisch für alkohol- <strong>und</strong> drogenabhängige<br />

Aussiedler angeboten.<br />

Beratung findet in der Regel nach Terminabsprache in der Beratungsstelle oder in einer unserer<br />

Außensprechst<strong>und</strong>en statt.<br />

55


Anlass für die Beratungsgespräche ist in der Regel eine Konfliktsituation, in der ausgelöst<br />

durch den Missbrauch bzw. die Abhängigkeit, unangenehme Konsequenzen drohen.<br />

Konfliktbereiche sind Arbeitsplatz, Partnerbeziehung/Familie, die körperliche Ges<strong>und</strong>heit, der<br />

Verlust der Fahrerlaubnis, manchmal alles zusammen. Bei der Abhängigkeit von illegalen<br />

Drogen spielt häufig der Druck durch die Strafverfolgung bzw. eine Therapie-Auflage durch<br />

die Justiz eine motivierende Rolle. Die psychosoziale Betreuung von Methadon-<br />

Substituierten ist normalerweise Bestandteil einer qualifizierten Substitutionsbehandlung.<br />

3.5. Familienhilfe<br />

Familiäre Probleme werden häufig zum Gr<strong>und</strong> des Alkohol- <strong>und</strong> Drogenmissbrauchs bei den<br />

Kindern der betroffenen Familien. Deshalb ist Familienhilfe ein wichtiger Bestandteil der<br />

<strong>Suchtprävention</strong>. Im Rahmen des Projektes wurden vier Aussiedlerfamilien außerhalb der<br />

Wohnhe<strong>im</strong>e intensiv betreut. Im Vordergr<strong>und</strong> standen Familienkonflikte <strong>und</strong> Erziehungsprobleme.<br />

Von unserer Seite wurde psychologische <strong>und</strong> pädagogische Hilfe geleistet. Außerdem<br />

fand tägliche Familienberatung <strong>im</strong> Büro statt, wo bei der Lösung verschiedener familiärer<br />

Probleme geholfen wurde.<br />

4. Kooperationspartner<br />

Die gefährdeten Gruppen <strong>und</strong> Jugendlichen sind zum großen Teil den vor Ort betreuenden<br />

Verbänden bekannt. Das CJD, DRK <strong>und</strong> der Caritasverband leisten hier mit langjähriger Erfahrung<br />

in der Aussiedlerarbeit wesentliche Unterstützung.<br />

Um die <strong>Vernetzung</strong> des Projekts auch in fachlicher Hinsicht zu gewährleisten, gibt es eine<br />

inhaltliche Anbindung (Kooperationsvertrag) an das Caritas-Zentrum <strong>Biberach</strong> (Psychosoziale<br />

Beratungsstelle für Suchtkranke).<br />

Dabei stehen der regelmäßige fachliche Austausch sowie die Teilnahme an Fortbildungen <strong>im</strong><br />

Vordergr<strong>und</strong>. Des Weiteren werden junge SpätaussiedlerInnen mit ihren spezifischen Problemen<br />

an bestehende Beratungsstellen <strong>und</strong> Therapieeinrichtungen herangeführt.<br />

Somit erleichtert das Projekt den Zugang zu Regeleinrichtungen vor Ort <strong>und</strong> ermöglicht die<br />

Überwindung von migrationsbedingten Schwierigkeiten.<br />

56


5. <strong>Vernetzung</strong><br />

Eine enge Zusammenarbeit findet mit nachfolgend angeführten Institutionen, Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> Trägern statt:<br />

Psychosoziale Beratungsstelle<br />

für<br />

Beratungsstellen für<br />

Spätaussiedler <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Biberach</strong><br />

CARITAS<br />

JUGENDAMT<br />

DRK<br />

Schulen <strong>und</strong> Einrichtungen<br />

der Jugendhilfe<br />

DRK-Projekt Gemeinwesenorientierte<br />

Jugendsozialarbeit auf der Klinge in<br />

Riedlingen<br />

6. Öffentlichkeitsarbeit<br />

CJD<br />

Durch Presseberichte, Kontaktpflege, Projektpräsentationen, Mitarbeit in Gremien <strong>und</strong> Arbeitskreisen<br />

wurde die erfolgreiche Arbeit des Projektmitarbeiters <strong>im</strong>mer wieder vorgestellt<br />

<strong>und</strong> bekannt gemacht.<br />

Das Projekt wurde zwe<strong>im</strong>al (am 26.01. <strong>und</strong> am 27.06.) bei den Fachtagungen der Landesstelle<br />

gegen Suchtgefahren in Stuttgart präsentiert.<br />

Es sind in der regionalen Presse drei Artikel erschienen, in denen über die Suchtproblematik<br />

bei jungen Aussiedlern <strong>und</strong> über die Einrichtung des Projekts be<strong>im</strong> CJD Jugendgemeinschaftswerk<br />

berichtet wurde.<br />

Auch <strong>im</strong> B<strong>und</strong>estag wurde das Projekt als erfolgreich erwähnt.<br />

7. Einschätzung/Zusammenfassung<br />

SUCHTPRÄVENTION<br />

Im <strong>Landkreis</strong> <strong>Biberach</strong><br />

Therapieeinrichtung für suchtkranke<br />

Spätaussiedler in 88448<br />

Attenweiler-Oggelsbeuren<br />

Ärzte (Psychosoziale<br />

Begleitung <strong>im</strong> Methadonprogramm)<br />

POLIZEI<br />

Brückenlehrer<br />

Ehrenamtliche<br />

Betreuerkreise<br />

CJD-Projekt Gemeinwesenorientierte<br />

Jugendsozialarbeit am Bronner Berg<br />

in Lauphe<strong>im</strong><br />

Die Arbeit <strong>im</strong> Rahmen des Projektes hat beeindruckende Erfolge gebracht. Laut Statistik ist<br />

der Drogenkonsum in Baden-Württemberg <strong>im</strong> vergangenen Jahr deutlich gewachsen. Auch<br />

57


die Zahl der Drogentoten unter den Spätaussiedlern <strong>im</strong> B<strong>und</strong>esland ist von 39 <strong>im</strong> 1999 auf<br />

55 <strong>im</strong> Jahre 2000 gestiegen. Im <strong>Landkreis</strong> <strong>Biberach</strong> hat sich die Drogensituation entschärft.<br />

Die Zahl der Neuzugänge aus Spätaussiedlerkreisen in die Suchtberatung ist zur Hälfte gesunken.<br />

Auch <strong>im</strong> Drogentotenbereich sind die Zahlen deutlich zurückgegangen. So hatten<br />

wir 1999 fünf (von 8 insgesamt) an einer Überdosis gestorbene junge Spätaussiedler. Im<br />

Jahre 2000 war es nur einer.<br />

Die Arbeit wird in der täglichen Praxis erprobt <strong>und</strong> weiterentwickelt. Die Inhalte des Projektes<br />

werden auf dieser Basis durchgeführt. Allerdings, stellen sich neue Schwerpunkte heraus.<br />

Ein Schwerpunkt wird Familientherapie sein. Jede Aussiedlerfamilie steht nach der Übersiedlung<br />

unter dem Schock, der auf die ganze Lebensweise der Familie Einfluss hat, u.a. leidet<br />

die Erziehung. Die Eltern sind oft orientierungslos <strong>und</strong> Kinder bekommen das mit.<br />

Im Dezember 2000 haben wir in Ertingen mit einer so genannten Initiative „Erziehung zur<br />

ges<strong>und</strong>en Lebensweise“ angefangen. Zielgruppe sind Aussiedlerfamilien mit jüngeren Kindern<br />

<strong>im</strong> Alter bis 12 Jahre, wo noch gute Kontakte zwischen de Generationen bestehen.<br />

Wenn dieses Modell sich als erfolgreich beweist, planen wir es auch auf andere Orte <strong>im</strong><br />

<strong>Landkreis</strong> zu übertragen.<br />

58


8. Schematische Darstellung<br />

<strong>Modelprojekt</strong><br />

<strong>Vernetzung</strong> <strong>und</strong> <strong>Suchtprävention</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> <strong>Biberach</strong><br />

Zielgruppen:<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

⇒ junge Spätaussiedler <strong>im</strong> Alter von 12 bis 23 Jahre;<br />

⇒ drogenabhängige Aussiedler <strong>im</strong> Alter bis 28 Jahre;<br />

⇒ Eltern <strong>und</strong> Familien von beiden o.g. Gruppen.<br />

Pr<strong>im</strong>ärprävention<br />

Sek<strong>und</strong>ärprävention<br />

Soziale Trainingskurse<br />

Ausbildung von<br />

MultiplikatorInnen<br />

Familienhilfe<br />

<strong>Vernetzung</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

59


Pr<strong>im</strong>ärprävention<br />

Ausbildung von MultiplikatorInnen<br />

� Eltern als Multiplikatoren<br />

� LehrerInnen <strong>und</strong> Sozialpädagogen als Multiplikatoren<br />

� Jugendliche als Multiplikatoren für Mitschüler<br />

Sek<strong>und</strong>ärprävention<br />

� Betreuung der Drogengefährdeten <strong>und</strong> ihrer Familien<br />

� Sprechst<strong>und</strong>en <strong>im</strong> Büro<br />

� PSB - Sprechst<strong>und</strong>en<br />

Präventionsmaßnahmen<br />

in Schulen<br />

<strong>und</strong> Sprachkursen<br />

Aufklärung in neuangekommenen<br />

Familien<br />

Prävention in offenen<br />

Gruppen<br />

Einzelberatung<br />

60


Drogenberatung für inhaftierte Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />

Einleitung<br />

Erdal Çenan<br />

Ich arbeite seit zwei Jahren be<strong>im</strong> Sozialdienst Katholischer Männer e.V. (SKM e.V.) Köln als<br />

Drogenberater. In der Beratungsstelle mache ich die gleiche Arbeit wie meine deutschen<br />

Arbeitskollegen: Beratung, Betreuung, Therapievermittlung, Arbeit in der Justizvollzugsanstalt<br />

(JVA) <strong>und</strong> Präventionsarbeit mit Migranten. Ich möchte heute mehr über meine JVA-<br />

Arbeit berichten. Vorher möchte ich Ihnen einige Zahlen nennen, die ich unserem Jahresbericht<br />

entnommen habe.<br />

Im Jahr 2000 haben wir aus der JVA Köln 488 Anfragen von 299 Inhaftierten erhalten, die<br />

alle persönlich beantwortet wurden. Der überwiegende Teil bat um eine Vermittlung in stationäre<br />

Drogenlangzeittherapie. 113 Anfragen kamen von ausländischen Inhaftierten.<br />

Die Anliegen der drogenabhängigen Inhaftierten bezogen sich auf folgende Themen:<br />

• 252 Anfragen bezogen sich auf die Vermittlung in stationäre Drogenlangzeittherapie.<br />

• 23 Anfragen hatten die Betreuung nach Haftentlassung zum Ziel.<br />

• 7 Anfragen betrafen Informationen über Wohnmöglichkeiten nach der Haft.<br />

• 11 Anfragen waren allgemeiner Art.<br />

Im Jahr 2000 hatten wir<br />

• 44 Informationsgespräche durchgeführt,<br />

• 40 Klienten neu in die Betreuung übernommen,<br />

• 56 Klienten in der JVA betreut, darunter 4 Jugendliche,<br />

• 23 Klienten wurden erfolgreich in stationäre Therapie vermittelt,<br />

• 12 Klienten wurden ambulant nach § 35 BtMG behandelt.<br />

Als SKM e.V. Köln, Fachbereich Drogen- <strong>und</strong> AIDS-Hilfe, sind wir seit 25 Jahren in der JVA<br />

Köln tätig. Wir haben zwei Stellen für die JVA-Arbeit. Die St<strong>und</strong>en haben wir unter fünf Mitarbeitern<br />

aufgeteilt. Für dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, unser Angebot auszuweiten<br />

(Gruppenarbeit <strong>im</strong> Frauenhaus der JVA). Eine weitere Überlegung war, ein Gruppenangebot<br />

für türkisch sprechende Inhaftierte bereitzustellen, was wir aber aus personellen Gründen<br />

verschoben haben. Eine vom SKM e.V. Köln beantragte weitere dritte Stelle für einen<br />

Mitarbeiter <strong>im</strong> JVA Bereich wurde <strong>im</strong> Jahr 2000 leider abgelehnt.<br />

Basisinformationen<br />

Als ich mich für die heutige Tagung vorbereiten wollte, war es schwierig, an Datenmaterial<br />

oder Untersuchungen zu kommen, die für mein Referat hätten hilfreich sein können. Trotzdem<br />

habe ich versucht, wie bei einem Puzzle die Informationen zusammen zu tragen.<br />

Seit heute Morgen hören wir Zahlen von deutschen <strong>und</strong> ausländischen Klienten, die Beratungsstellen<br />

aufsuchen. Statistisch gesehen hat jede zehnte Person in Deutschland Kontakt<br />

mit illegalen Drogen gehabt. Wenn wir von dieser Zahl ausgehen, stellt man sich die Frage,<br />

warum so wenig nichtdeutsche Menschen die Drogenberatungsstellen aufsuchen.<br />

Im Jahr 2000 lebten 7,27 Millionen ausländische Mitbürger in Deutschland. Laut Statistik<br />

muss man von 90.000 ausländischen Schwerstabhängigen ausgehen. Da stellt man sich die<br />

zweite Frage, wo sind die Menschen? Die Antwort ist ganz einfach, viele sitzen <strong>im</strong> Knast.<br />

61


Die Gesamtzahl der inhaftierten Ausländer hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.<br />

In den frühen 70er Jahren lag die Zahl noch bei unter 5 Prozent, in den 80er Jahren<br />

hielt sie sich lange Zeit relativ stabil bei unter 10 Prozent. Gegenwärtig sind es – nach<br />

einer kontinuierlichen Steigerung in den vergangenen Jahren – <strong>im</strong> Erwachsenenstrafvollzug<br />

annähernd 25 Prozent, mit zunehmender Tendenz. Im Jugendstrafvollzug wird in der Mehrzahl<br />

der Anstalten schon heute ein Ausländeranteil von mehr als 40 Prozent gezählt, in Untersuchungshaftanstalten<br />

liegt dieser teilweise sogar deutlich über 50 Prozent. In allen Fällen<br />

ist darüber hinaus mit einem weiteren Anstieg zu rechnen.<br />

Die Zunahme des Ausländeranteils ist ein reales Problem. Aufgr<strong>und</strong> der sehr unterschiedlichen<br />

Herkunftsländer kann dabei keineswegs von einer homogenen Gruppe der Ausländer<br />

gesprochen werden. In der JVA Köln befinden sich 1190 Inhaftierte, davon 150 aus der Türkei.<br />

45 % der Inhaftierten, die in der JVA Köln sitzen, sind Ausländer. Es erschwert natürlich<br />

unsere Arbeit, da wir kein spezielles Angebote für jede Gruppe vorhalten können.<br />

Ich würde die ausländischen Inhaftierten in 4 Kategorien einstufen:<br />

1. Deutsche, geboren <strong>im</strong> Ausland:<br />

Gemeint sind hiermit insbesondere die Aussiedler. Sie haben eine gr<strong>und</strong>sätzlich andere Sozialisation<br />

erfahren, finden sich in Deutschland zunächst nicht zurecht, beherrschen mitunter<br />

die Sprache nicht oder nur schlecht, haben aber gleichwohl als Aussiedler einen deutschen<br />

Pass. Sie sind rechtlich Deutsche, auch wenn sie tatsächlich als Fremde wirken. Ihr rechtlicher<br />

Status bedeutet aber, dass auf sie die ausländerrechtlichen Vorschriften nicht anwendbar<br />

sind, sondern die gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie für alle Deutschen gelten.<br />

2. Ausländer, geboren in Deutschland:<br />

Hierbei handelt es sich in der Regel um Jugendliche oder junge Erwachsene, die als Gastarbeiterkinder<br />

(bzw. Enkel) nach Deutschland gekommen sind, bzw. schon hier geboren wurden.<br />

Abgesehen von der Kultur ihrer Eltern haben sie eine mit gleichaltrigen Deutschen<br />

durchaus vergleichbare Sozialisation erfahren: von der Schulbildung bis hin zu gesellschaftlichen<br />

Aktivitäten. Insofern unterscheidet sie kaum mehr als der Pass von ihren deutschen<br />

Altersgenossen. Gerade dadurch stellen sie den Vollzug aber vor erhebliche Herausforderungen.<br />

Als nichtdeutsche Inländer sind sie - mit allen Konsequenzen - auch vom Ausländerrecht<br />

betroffen.<br />

3. Ausländer, geboren <strong>im</strong> Ausland:<br />

Auch diese Gruppe ist nicht unproblematisch. Hierbei handelt es sich z.B. um Durchreisende,<br />

die zur Begehung einer Straftat nach Deutschland einreisen, hier aber weder länger bleiben<br />

wollen, noch irgendwelche sozialen Kontakte unterhalten. Auch Drogenkuriere gehören<br />

hierzu. Oftmals fehlt es schon an min<strong>im</strong>alen Sprachkenntnissen, so dass es schwierig ist,<br />

Kontakte zu ihnen aufzubauen. Die Ausländer, die nach der Heirat nach Deutschland kommen,<br />

gehören auch zu dieser Gruppe.<br />

4. Ausländer, geboren in Deutschland, groß geworden <strong>im</strong> Ausland:<br />

Das sind die Jugendlichen oder Heranwachsenden, die in zwei Ländern bzw. zwei Kulturen<br />

ihre Sozialisationen erlebt haben - sozusagen Pendelkinder. Obwohl sie hier in Deutschland<br />

geboren sind, haben sie ihre Sozialisation <strong>im</strong> Ausland erfahren.<br />

Da ein großer Teil dieser Inhaftierten aus der Türkei kommt oder den türkischen Pass besitzt,<br />

arbeite ich überwiegend mit türkische Inhaftierten der dritten <strong>und</strong> vierten Kategorie.<br />

In der gemeinsamen Arbeit wird es auch dann problematisch, wenn wir mit der Therapievorbreitung<br />

anfangen. Es gibt b<strong>und</strong>esweit nur 2 Therapieeinrichtungen, die spezielle Angebote<br />

für Migranten anbieten. Von diesen zwei Therapieeinrichtungen ist die Therapieeinrichtung<br />

„Nokta“ nur für in Berlin lebende Drogenabhängige zuständig, da „Nokta“ vom Berliner Senat<br />

finanziert wird. Die Therapieeinrichtung „Dönüs“ in Nürnberg wird b<strong>und</strong>esweit belegt. Für<br />

62


Aussiedler gibt es mehrere Angebote oder Einrichtungen, die sich auf Aussiedler spezialisiert<br />

haben.<br />

Kontakt mit den Inhaftierten:<br />

Wie ich schon oben erwähnt habe, bekommen wir von den Inhaftierten Briefe, die wir alle<br />

persönlich beantworten. Wenn wir freie Kapazitäten haben, bieten wir den Inhaftierten ein<br />

Info-Gespräch an.<br />

Während eines Info-Gespräches versuchen wir herauszufinden, ob der Inhaftierte die Voraussetzungen<br />

erfüllt, die wir für eine Betreuung als notwendig erachten, z.B. hat er schon<br />

Therapievorerfahrung, wie viel Jahre Haft hat er noch vor sich oder zu erwarten, wie motiviert<br />

ist er, welche Ziele hat er. Besonders bei ausländischen Inhaftierten ist es wichtig zu<br />

wissen, welchen ausländerrechtlichen Status sie haben. Wenn die Kriterien erfüllt sind, erfolgt<br />

nach dem Info-Gespräch eine Betreuungsübernahme.<br />

Ausländerrechtliche Situation:<br />

Die türkischen inhaftierten Drogenabhängigen machen nach wie vor den größten Anteil der<br />

ausländischen Drogenabhängigen in der JVA Köln aus. Mit den deutschen Klienten läuft die<br />

Betreuung einigermaßen problemlos. Die Probleme bei ausländischen Inhaftierten sind größer,<br />

weil der Aufwand der Vermittlung häufig deutlich höher ist als bei deutschen Inhaftierten,<br />

da bei ausländischen Inhaftierten mehr Behörden <strong>im</strong> Spiel sind als bei deutschen Inhaftierten,<br />

z.B. Ausländeramt, fehlende Unterlagen be<strong>im</strong> Konsulat beantragt werden müssen usw.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der drohenden Ausweisung nach den §§ 45, 46, 47 Ausländergesetz (AuslG) <strong>und</strong><br />

den Schwierigkeiten, trotz vorhandener Drogenabhängigkeit eine Kostenzusage für die Therapiekosten<br />

bzw. Therapienebenkosten zu erhalten, verlaufen die Betreuungen <strong>und</strong> Therapievorbereitungen<br />

von ausländischen Drogenabhängigen äußerst zäh, mühsam <strong>und</strong><br />

zeitintensiv.<br />

Insbesondere der Landschaftsverband Rheinland befragt vor einer Kostenbewilligung das<br />

örtliche Ausländeramt. Spricht das Ausländeramt eine so genannte „ Ist-Ausweisung“ aus (in<br />

der Regel bei Verurteilungen bei einer oder mehreren Strafen, die dann zusammen über drei<br />

Jahre ausmachen), hat der Klient nur noch die Möglichkeit, vor dem örtlichen Verwaltungsgericht<br />

Rechtsmittel einzulegen. Dieses Verfahren kann häufig viele Monate dauern <strong>und</strong> die<br />

Veränderungsmotivation der Klienten nachhaltig beeinflussen.<br />

Eine therapeutisch <strong>und</strong> juristisch günstigere Prognose mit zügiger Therapievorbereitung<br />

während der Haft ist unter den gegebenen Umständen häufig nicht möglich, wird offenbar<br />

auch nicht gewünscht. Die Betreuungskapazitäten der Mitarbeiter werden durch die Klärung<br />

ausländerrechtlicher Fragen blockiert <strong>und</strong> die inhaftierten ausländischen Drogenabhängigen<br />

erleben die drohende Ausweisung als doppelte Bestrafung.<br />

Mit der Ordnungsabteilung des Kölner Ausländeramtes ist uns inzwischen eine außerordentlich<br />

günstige Absprache gelungen. Da Prüfung <strong>und</strong> Einleitung ausländerrechtlicher Maßnahmen<br />

bekanntlich einen recht langen Zeitraum einnehmen, versicherte uns die Leiterin der<br />

Abteilung, dass – hier vor allem gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland – das Ausländeramt<br />

die Zust<strong>im</strong>mung zur Durchführung von Langzeittherapien innerhalb kurzer Zeiträume<br />

geben wird, unabhängig von dem weiteren Verlauf des ausländerrechtlichen Verfahrens.<br />

Diese Absprache hat sich in der Praxis bereits bewährt.<br />

63


Diese Möglichkeit des Vorgehens <strong>im</strong> Einzelfall erleichtert die Arbeit der externen Drogenhilfe<br />

erheblich.<br />

Fallvorstellung:<br />

Herr M.C. wurde am 20.01.1967 in der Türkei geboren <strong>und</strong> lebt seit 1982 in Deutschland. Er<br />

hat die Hauptschule <strong>und</strong> die Berufsschule erfolgreich abgeschlossen. Im Jahr 1984 hat Herr<br />

C. angefangen zu arbeiten. Bis zu seiner Inhaftierung hat er bei verschiedenen Firmen gearbeitet.<br />

1987 hat Herr C. geheiratet, die Ehe hielt nur drei Jahre. 1990 ließ Herr C. sich scheiden.<br />

1998 heiratet Herr C. zum zweiten Mal.<br />

1994 hatte er den ersten Kontakt mit Haschisch, 1996 kam Kokain hinzu. Am 22.03.2000<br />

wurde Herr C. wegen Körperverletzung verhaftet <strong>und</strong> seitdem ist er in der JVA Köln inhaftiert.<br />

Während der Verhandlung haben die Zeugen seine Drogenabhängigkeit erwähnt. Im Gerichtssaal<br />

saßen die Eltern <strong>und</strong> die Ehefrau von Herrn C. . Der Richter stellte Herrn C. die<br />

Frage, ob er drogenabhängig wäre. Herrn C. war diese Situation peinlich, da seine Familie<br />

bis zu diesem Tag von seiner Abhängigkeit nichts wusste. Mit einem starken Schamgefühl<br />

beantwortete Herr C. diese Frage mit „Nein“.<br />

Er ist drogenabhängig, konnte dies aber nicht <strong>im</strong> Gerichtssaal sagen. In seinem Gerichtsurteil<br />

wird seine Abhängigkeit nicht erwähnt. Jetzt möchte Herr C. eine Drogenlangzeittherapie<br />

machen <strong>und</strong> sein Leben anders gestalten. Nur seine Strafe wird nicht nach § 35 BtMG zurückgestellt,<br />

weil seine Abhängigkeit <strong>im</strong> Gerichtsurteil nie erwähnt <strong>und</strong> zur Sprache kam.<br />

Sein Schamgefühl seiner Familie <strong>im</strong> Gericht gegenüber zu sitzen <strong>und</strong> seine Abhängigkeit<br />

nicht zugeben zu können, wird ihn teuer zu stehen kommen. Er hat sozusagen den Zug verpasst.<br />

Was aber genauso interessant ist, dass er mit seiner Frau be<strong>im</strong> ersten Besuch nach dieser<br />

Verhandlung darüber gesprochen hat. Seine Frau wollte wissen, warum er mit ihr nicht über<br />

seiner Abhängigkeit gesprochen hat. Sie dachte, dass es eine andere Frau in seinem Leben<br />

gibt <strong>und</strong> er sich deshalb so eigenartig verhalten hätte.<br />

Eine für ausländische Familien typische Situation. Sie versuchen, die Situation zu verharmlosen.<br />

Drogenabhängigkeit ist weniger schl<strong>im</strong>m, als wenn der Ehemann fremdgeht.<br />

Meine Vorteile als ausländischer Drogenberater:<br />

Es ist für mich leichter, mit türkischen Drogenabhängigen zu arbeiten als für meine deutschen<br />

Kollegen. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich besser als meine deutschen Kollegen<br />

arbeite, sondern dass ich durch meine Sprachkenntnisse <strong>und</strong> meine gleiche Migrationsgeschichte<br />

Vorteile gegenüber einem deutschen Drogenberater habe.<br />

Obwohl ein Großteil der ausländischen Inhaftierten die deutsche Sprache beherrscht, kann<br />

man über die Angehörigen nicht unbedingt das Gleiche sagen. Durch die Kontakte, die ich<br />

mit den Angehörigen habe, bekomme ich wichtige Informationen für meine Arbeit, die der<br />

Klient verschwiegen hat. Als türkisch sprechender Drogenberater existiert keine Sprachbarriere<br />

zwischen mir <strong>und</strong> den Angehörigen.<br />

64


Während eines Gespräches muss ich mir nicht ständig die Frage durch den Kopf gehen lassen,<br />

darf ich das fragen oder wenn ich diese Frage stelle, wie wird er das wahrnehmen? Ich<br />

brauche mich nicht zu bremsen. Natürlich habe ich das gleiche Problem mit Menschen, deren<br />

Kultur mir fremd ist.<br />

Fazit:<br />

Es ist schade, dass die „Inländer mit ausländischem Pass“ nicht mit ihrem deutschen Zellennachbarn<br />

in der JVA gleichgestellt sind. Ausländische Inhaftierte müssten das gleiche Behandlungsangebot<br />

erhalten <strong>und</strong> wahrnehmen können, wie Menschen mit deutschem Pass.<br />

Um dies zu gewährleisten, muss das Ausländerrecht dahingehend verändert werden.<br />

Es ist bedauerlich, dass ich b<strong>und</strong>esweit der einzige ausländische Drogenberater bin, der<br />

JVA-Arbeit macht. In der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland sitzen ca. 82.000 Menschen in Haft,<br />

davon sind ca. 15.000 Ausländer, die wiederum ca. 60 verschiedenen Nationen angehören.<br />

Ich bin mir sicher, dass ca. ein Drittel davon wegen Verstoß gegen das BtMG oder wegen<br />

Beschaffungskr<strong>im</strong>inalität einsitzt <strong>und</strong> ein Großteil davon kein Behandlungsangebot in Anspruch<br />

nehmen kann, weil er sich nicht verständigen kann.<br />

65


Migrationssozialarbeit als Aufgabenfeld der Drogenprävention<br />

1. Einleitung<br />

Mathias Hofmann<br />

Als Leiter der Drogenberatung e.V. in Lippe bin ich in den vergangenen beiden Jahren bei<br />

der Beschäftigung mit dem Thema Migration <strong>und</strong> Sucht neben den Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen<br />

aus der Suchthilfe zunehmend auch Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen aus der Migrationssozialarbeit<br />

begegnet, <strong>und</strong> ich habe diese Begegnungen als sehr ergiebig für unsere Arbeit erlebt. Ich<br />

freue mich, an dieser Schnittstelle sozialer Arbeit nun erstmals auf einer Fachtagung zur<br />

Aussiedlerintegration unsere Sicht des Problems zur Diskussion stellen zu können <strong>und</strong> bin<br />

gespannt auf Ihre Kommentare aus Ihrer fachlichen Sicht.<br />

Unsere besonderen Angebote für Spätausgesiedelte werden seit 1998 von den Kommunen<br />

Blomberg <strong>und</strong> Detmold gefördert. Für diese besondere Unterstützung möchte ich mich auch<br />

hier auf dieser Landestagung herzlich bedanken. Die Kommunen haben dadurch nicht nur<br />

für ihre Bürger etwas Besonderes getan, sie haben auch uns in unserem Bemühen unterstützt,<br />

das Angebot für Spätausgesiedelte zu qualifizieren. Außerdem werden wir durch die<br />

Vermittlung unseres Spitzenverbandes, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes seit kurzem<br />

durch das B<strong>und</strong>esverwaltungsamt gefördert, das den weiteren Ausbau unseres Projektes in<br />

die Integrationsförderung aufgenommen hat. Den Herren des Paritätischen <strong>und</strong> den Förderern<br />

seitens des B<strong>und</strong>es hierfür von mir aus meinen allerherzlichen Dank.<br />

Ich möchte Ihnen heute etwas erzählen über unseren Arbeitsschwerpunkt Drogenhilfe für<br />

Spätausgesiedelte in Lippe. Ich möchte dabei über den historischen Verlauf deutlich machen,<br />

welchen Prozess wir durchlaufen haben, weil es mir ebenso wichtig ist, Ihnen zu vermitteln,<br />

was wir heute machen, wie den Weg, den wir dabei gegangen sind. Ich möchte Ihnen<br />

dabei einige Parallelen zwischen dem Weg <strong>und</strong> dem Ziel (oder dem Mittel <strong>und</strong> dem<br />

Zweck) aufzeigen.<br />

Unsere Arbeit ist von Landes wie von Kreisseite der Ges<strong>und</strong>heitsverwaltung zugeordnet (in<br />

einigen Kommunen auch der Jugendhilfe). In der Drogenberatung e.V. in Lippe sind aber<br />

keine Ärzte angestellt <strong>und</strong> wir arbeiten mit Methoden der Sozialen Arbeit. Wir schätzen die<br />

Kooperation mit Medizin <strong>und</strong> Jugendarbeit (wir brauchen sie), ich möchte in meinen Beitrag<br />

heute hier aber die Soziale Arbeit in den Mittelpunkt stellen.<br />

Abb.1: Inhalt:<br />

Migrationssozialarbeit als Aufgabenfeld der Drogenprävention<br />

• Drogenberatung e.V. in Lippe – Gr<strong>und</strong>lagen der Arbeit<br />

• Statistik 1997 – 2000<br />

• Risikofaktoren für problematischen Drogenkonsum bei<br />

jungen Spätausgesiedelten<br />

• Ressourcen<br />

• Standards ambulanter Drogenhilfe für junge<br />

Spätausgesiedelte<br />

• Integration – Angebote in Kontaktstelle,<br />

Drogenberatungsstelle <strong>und</strong> zielgruppenorientierte Prävention<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

66


Ich möchte Ihnen heute zunächst die allgemeinen Prinzipien unserer Arbeit darstellen. Zum<br />

einen, damit Sie sehen, aus welcher Richtung (<strong>und</strong> mit welcher Brille) wir auf die Zielgruppe<br />

<strong>und</strong> auf Probleme schauen. Zum anderen ist mir dies wichtig, weil mir diese Prinzipien (oder<br />

Leitsätze) gerade bei ungewöhnlichen Problemen – <strong>und</strong> - damit hatten wir es hier zunächst<br />

zu tun – zur Planung <strong>und</strong> Überprüfung unseres Handelns wichtig sind.<br />

Ich möchte Ihnen einige Zahlen zu unserer Klientel aus den vergangenen 4 Jahren nennen,<br />

in denen sich eine deutliche Entwicklung parallel zu unserer Projektarbeit zeigt.<br />

Anschließend möchte ich Ihnen aufzeigen, warum (aus unserer Sicht) das Risiko für spätausgesiedelte<br />

junge Menschen so besonders hoch ist, auf problematische Art <strong>und</strong> Weise<br />

Drogen zu konsumieren.<br />

Und ich möchte Ihnen – ebenfalls natürlich aus unserer Sicht – schildern, was wir an Ressourcen<br />

sehen, mit deren Nutzung den Betroffenen eine Überwindung der Probleme gelingen<br />

kann.<br />

Denn an diesen Möglichkeiten orientieren wir unsere Hilfsangebote, die ich Ihnen natürlich<br />

erläutern möchte, ich wage Standards ambulanter Drogenhilfeangebote für Spätausgesiedelte<br />

zu formulieren <strong>und</strong> ich berichte von der konkreten Arbeit <strong>im</strong> Projekt.<br />

2. Allgemeine Standards ambulanter Drogenhilfe<br />

Abb. 2:<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Arbeit<br />

• Erreichbarkeit, Niedrigschwelligkeit<br />

• Akzeptanz, Respekt<br />

• Kontakt <strong>und</strong> Beziehung<br />

• Service <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

• Kooperation<br />

• Evaluation<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Die Aufgabe der Drogenberatung e.V. in Lippe ist es, lippischen Personen mit problematischem<br />

Drogenkonsum bei der Verbesserung ihrer ges<strong>und</strong>heitlichen <strong>und</strong> sozialen Situation<br />

zu helfen, ihre Angehörigen <strong>und</strong> Familien zu beraten <strong>und</strong> zu unterstützen sowie allgemeine<br />

Suchtvorbeugung zu leisten.<br />

Damit diese Aufgabe gelingen kann, ist eine Voraussetzung die Begegnung mit der Klientel,<br />

d.h. diese muss wissen, dass es uns gibt, eine allgemeine Vorstellung haben, dass es hilfreich<br />

sein könnte, uns aufzusuchen <strong>und</strong> uns auch erreichen können.<br />

Soll ein hilfreicher Kontakt zustande kommen, ist wiederum die gegenseitige Akzeptanz notwendig,<br />

sonst kann es nicht zu einem vertrauensvollen persönlichen Umgang kommen, der<br />

aber zur Hilfestellung (<strong>und</strong> –annahme) in dieser sehr persönlichen Notlage unbedingt wichtig<br />

ist.<br />

Also arbeiten wir beziehungsorientiert <strong>und</strong> achten dabei darauf, die einzelnen Klienten mit<br />

ihren Wünschen <strong>und</strong> Vorstellungen zu respektieren <strong>und</strong> ihnen als Autonome auch ihre Entscheidung<br />

zu lassen. Früher sagte ich – pragmatisch orientiert: „Man kann keinen Dackel zur<br />

Jagd tragen“. Heute denke ich außerdem: Wie soll jemand autonom werden (Autonomie als<br />

Gegenteil zu Abhängigkeit ist das Ziel unserer Arbeit), wenn jemand anderer als er selbst<br />

Entscheidungen für ihn trifft. So kann er nicht lernen, Verantwortung für sich selbst zu über-<br />

67


nehmen. Hier entsprechen sich zum Beispiel Mittel <strong>und</strong> Zweck - oder Weg <strong>und</strong> Ziel unserer<br />

Arbeit.<br />

Damit unsere Maßnahmen als hilfreich erkannt werden, müssen sie zum einen von den Eingangsbedingungen<br />

her den Vorstellungen der Klientel entsprechen. Außerdem müssen wir<br />

ihre Wirksamkeit nach Durchlaufen überprüfen. Zudem müssen es Angebote sein, die wiederum<br />

von Form <strong>und</strong> Inhalt unserem Auftrag entsprechen, es sind also Wachstumsangebote<br />

entsprechend dem Niveau der Klientel, die zu Verbesserung der sozialen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Situation führen sollen.<br />

Da wir eine Drehscheibe <strong>im</strong> Drogenhilfesystem sind <strong>und</strong> sehr nahe an der Klientel diese<br />

vermitteln (ohne sie deswegen loswerden zu wollen), ist es auch unsere Aufgabe, passgenaue<br />

<strong>und</strong> weiche Übergänge in Maßnahmen anderer Anbieter zu schaffen <strong>und</strong> unsere Angebote<br />

mit denen dieser Kooperationspartner gegenseitig abzust<strong>im</strong>men. <strong>Vernetzung</strong> läuft<br />

über gemeinsame Praxis mit Klienten <strong>und</strong> Klientinnen, nicht über Gremienarbeit von Geschäftsführern.<br />

Letztere ist nur Voraussetzung. Unter <strong>Vernetzung</strong> verstehe ich ein aktives<br />

Verweben in der konkreten Zusammenarbeit. Dafür müssen Wege zueinander <strong>und</strong> gemeinsam<br />

zurückgelegt werden, die eine neue gemeinsame Qualität der Arbeit schaffen. (Tschelnok<br />

(das Weberschiffchen) als Symbol der Funktion der Seidenstraße)<br />

Diese Aussagen können Sie in ähnlicher Formulierung in unserem ersten Jahresbericht<br />

(1994) nachlesen <strong>und</strong> sie entsprechen der Einstellung der Drogenberatung e.V. seit 1971.<br />

3. Statistik Aussiedler 1997 - 2000<br />

Abb.3: Anteil der Spätausgesiedelten an der Klientel <strong>im</strong> Jahresvergleich<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Anzahl Migration betreute Klientel 1997 - 2000<br />

Klientinnen <strong>und</strong> Klienten - Migration<br />

1997 1998 1999 2000<br />

ausländisch,<br />

<strong>im</strong> Ausland<br />

geboren<br />

ausländisch, in<br />

Deutschland<br />

geboren<br />

deutsch, <strong>im</strong><br />

Ausland<br />

geboren<br />

deutsch, in<br />

Deutschland<br />

geboren<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Die Drogenberatung e.V. in Lippe hat seit ihrem Bestehen 1994 Kontakt zu Spätausgesiedelten,<br />

diese einzelnen Kontakte waren 1997 erstmals statistisch auffällig. Auffällig war aber<br />

nicht nur die Statistik, sondern vor allem die Personen, die sich anders verhielten als die hier<br />

geborenen Klientinnen <strong>und</strong> Klienten. Sie setzten sich <strong>im</strong> Kreis auf die Straße vor der Beratungsstelle,<br />

nahmen unser kleines Bistro nicht als gemütliches Cafe, sondern als schnellen<br />

Durchlauftreffpunkt, sagten nicht Guten Tag <strong>und</strong> siezten uns, auch wenn wir uns längst auf<br />

Du geeinigt hatten. Und alle wollten von uns Remedacen, dann wäre alles in Ordnung. Wir<br />

68


waren erstaunt, wir waren manchmal ratlos, manchmal sauer <strong>und</strong> manchmal fanden wir das<br />

alles auch lustig.<br />

Ich betone diese Ihnen allen wahrscheinlich bekannten Umstände, um deutlich zu machen,<br />

dass nicht nur die Spätausgesiedelten mit Drogenkonsum nicht wussten, was sie mit uns<br />

machen sollten, sondern auch unsere Einstellung <strong>und</strong> Struktur nicht zum Hilfebedarf passte.<br />

Wir haben uns – <strong>und</strong> daher habe ich sie vorher genannt – auf die Gr<strong>und</strong>lagen unserer Arbeit<br />

besonnen <strong>und</strong> einen Prozess begonnen: Wir haben versucht, eine Brücke zu bauen. Unsere<br />

Ziele waren: Erreichbarkeit herstellen, Kontakt herstellen, akzeptierende Beziehungen herstellen.<br />

Wir sind auf die Personen zugegangen, haben Guten Tag gesagt, sie zu uns herein<br />

gebeten <strong>und</strong> angefangen sie auszufragen. Wir haben sie gefragt, was sie gerne hätten, haben<br />

gesagt, dass wir ihnen gerne unsere Angebote vorstellen könnten, aber vor allem waren<br />

wir interessiert, was mit ihnen los ist, wer sie sind. Wir haben sie gesiezt. Dieses Interesse<br />

<strong>und</strong> die Berichte der Klienten führten letztlich dazu, dass ich mich für das Land Kirgisistan zu<br />

begeistern begann <strong>und</strong> <strong>im</strong> Jahr 1999 einen sehr beeindruckenden <strong>und</strong> großartigen Urlaub<br />

dort verbrachte.<br />

In diesem Prozess haben unsere Schritte des Hingehens <strong>und</strong> die Maßnahmen der Drogenhilfe<br />

ineinander gegriffen. Als wir wussten, dass diese spätausgesiedelten Klienten vor allem<br />

aus zwei Stadtteilen in Lippe zu uns kamen, haben wir uns entschieden, dort Kontaktstellen<br />

einzurichten <strong>und</strong> aufsuchende Sozialarbeit durchzuführen. Damit war unser Veränderungsprozess<br />

gleichzeitig eine höchst wirksame Methode der Drogenhilfe <strong>und</strong> eine Maßnahme zur<br />

Integration in das Ges<strong>und</strong>heitssystem war gleichzeitig eine Veränderung des Ges<strong>und</strong>heitssystems.<br />

Ich werde darauf später zurückkommen, zunächst (wenn ich schon Ziele nenne),<br />

was ist passiert:<br />

Mit der Einrichtung der Kontaktstellen ging die Anzahl der kontaktierten Spätausgesiedelten<br />

deutlich nach oben. Im Jahr 2000 machen sie fast die Hälfte der Klientel aus. Wir haben eine<br />

neue Klientel hinzugewonnen, die alte ist relativ stabil geblieben. Damit sagen wir: das Ziel,<br />

in Kontakt zu kommen, haben wir erreicht.<br />

Wir haben besonders relativ junge Klienten erreicht <strong>und</strong> wir haben mittlerweile auch Klientinnen<br />

erreicht:<br />

Abb. 4: Altersverteilung<br />

Anzahl Klienten/-innen<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Altersverteilung nach Migration 2000<br />

Altersverteilung nach Migration 2000<br />

bis 18 bis 21 bis 25 bis 30 bis 35 bis 40 > 40<br />

Alter<br />

deutsch, hier geboren<br />

deutsch, ausl. geboren<br />

ausl, hier geb.<br />

ausl, ausl. Geb.<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

69


Abb. 5: Geschlechtsverteilung<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Ein weiteres Ziel war die Integration in das Suchthilfesystem, also die Zuführung in Maßnahmen<br />

der ambulanten <strong>und</strong> stationären Entzugs- <strong>und</strong> Entwöhnungsbehandlung <strong>und</strong> der<br />

Substitutionsbehandlung.<br />

Abb. 6: Maßnahmen<br />

Migration nach Geschlecht 2000<br />

Migration nach Geschlecht 2000<br />

Männer Frauen<br />

Vermittelte Maßnahmen – Migration <strong>im</strong> Jahr 2000<br />

ausländisch, <strong>im</strong> Ausland<br />

geboren<br />

ausländisch, in Deutschland<br />

geboren<br />

deutsch, <strong>im</strong> Ausland<br />

geboren<br />

deutsch, in Deutschland<br />

geboren<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

deutsch, hier geboren deutsch, <strong>im</strong> Ausland geboren<br />

Klienten/-innen 209 185<br />

ambulanter Entzug 9 31<br />

stationärer Entzug 86 121<br />

langfristige Substitution 140 73<br />

Entwöhnung begonnen 22 15<br />

Entwöhnung abgeschlossen 5 7<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Mit den Vermittlungszahlen sind wir zufrieden, interessant sind die verschiedenen Gewichte:<br />

Die Vermittlung in ambulante <strong>und</strong> stationäre Entzugsmaßnahmen wurde für Spätausgesiedelte<br />

überdurchschnittlich durchgeführt, die in langfristige Substitutions-behandlung unterdurchschnittlich.<br />

Etwas unterdurchschnittliche Vermittlungszahlen in der Entwöhnungsbehandlung<br />

stehen einer überdurchschnittlichen Anzahl von erfolgreich abgeschlossenen Entwöhnungsbehandlungen<br />

gegenüber.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> dieser Ergebnisse vertreten wir heute die These: Es ist sehr schwierig <strong>und</strong> bedarf<br />

besonderer Anstrengungen, junge spätausgesiedelte Drogenabhängige in das Suchthilfesystem<br />

zu integrieren. Bei einer angemessenen Behandlung (was das nach unserer Auffassung<br />

ist, dazu gleich mehr) ist die Erfolgsaussicht der Betroffenen ihre Abhängigkeit zu überwinden,<br />

dagegen relativ besser als bei hier geborenen drogenabhängigen Personen.<br />

70


4. Gründe für Drogenkonsum: Risikofaktoren<br />

Abb. 7: Risikofaktoren<br />

Besondere Risikofaktoren für problematischen<br />

Drogenkonsum bei jungen Spätausgesiedelten<br />

• Halbe Sozialisationen, geringe elterliche Autorität<br />

• Geringes Wissen über Drogen <strong>und</strong> Drogenhilfe<br />

• Delegation von Heilungsprozessen<br />

• Schlechte Bildung <strong>und</strong> Berufsausbildung<br />

• migrationsbedingte Bildung von Cliquen<br />

• für Mädchen: besondere Diskrepanz <strong>im</strong><br />

Rollenverständnis zwischen den Kulturen<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

An besonderen Risikofaktoren bemerken wir durch unseren Kontakt in der Gruppe der Spätausgesiedelten<br />

Folgendes, <strong>und</strong> Sie erlauben, wenn ich dabei etwas pauschaliere <strong>und</strong> überdeutlich<br />

zeichne:<br />

Bis zur frühen Jugend in ländlichen Regionen Zentralasiens aufgewachsen, oftmals in wohlsituierten<br />

Elternhäusern mit berufstätigem Vater <strong>und</strong> Mutter, Großfamilien mit Landwirtschaft,<br />

bedeutet die Migration einen Bruch in einer Phase des Lebens, in der eigenständige Lebensprozesse<br />

beginnen. Es fehlt hierfür nicht nur die Vorbereitung, gleichzeitig ist die Pubertät<br />

ein Alter des Überschätzens. Die Eltern können ihre eigentliche Funktion des Regulierens<br />

oft nicht wahrnehmen, da sie selbst fremd sind <strong>und</strong> eigene Probleme lösen müssen. Außerdem<br />

werden sie von den Kindern nicht als Vorbilder gesehen, oftmals lernen die Jugendlichen<br />

schneller als die Eltern, orientieren sich an anderen Vorbildern, z.B. älteren Jugendlichen.<br />

Geringes Wissen über Drogen <strong>und</strong> Drogenhilfe: Zeitgemäße, persönlichkeitsorientierte<br />

<strong>Suchtprävention</strong> fehlt völlig, es fehlen häufig auch einfachste Kenntnisse über illegale Drogen.<br />

Viele wissen nicht, dass Heroin süchtig macht, viele wissen nicht einmal, dass sie Heroin<br />

konsumieren. Damit einher geht eine geringe Vorsicht gegenüber starken Wirkungen<br />

<strong>und</strong> hohen Dosen, eine hohe Risikobereitschaft, nicht zuletzt eingeübt über den gewohnten<br />

Konsum starker Alkoholika.<br />

Entsprechend fehlen Kenntnisse über das Drogenhilfesystem <strong>und</strong> bestehende Vorstellungen<br />

(von eher totalitären Einrichtungen) sind kontraproduktiv. Die Kultur der Befindlichkeitsdiskussion<br />

<strong>und</strong> persönlichkeitsorientierten Hilfe ist völlig fremd <strong>und</strong> unverständlich.<br />

Entsprechend werden Heilungsprozesse gerne delegiert, am liebsten an Ärzte <strong>und</strong> verb<strong>und</strong>en<br />

mit Einnahme von Medikamenten. Die Eigenverantwortlichkeit für Heilung, gerade bei<br />

Sucht in der hiesigen Ges<strong>und</strong>heitskultur ein zentrales Moment, ist wenig bekannt.<br />

Mangelnde deutsche Sprachkenntnisse <strong>und</strong> Sprechübung <strong>und</strong> unterdurchschnittliche<br />

schulische <strong>und</strong> berufliche Ausbildung gehen vielfach einher mit Arbeitslosigkeit <strong>und</strong><br />

Perspektivlosigkeit.<br />

Die migrationsbedingte Cliquenbildung mit anderen Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong> Spätaussiedlern<br />

vervielfacht diese Risikofaktoren. Es ist besonders schwer, in einem Milieu mit vielfachem<br />

- <strong>und</strong> damit üblichem Drogenkonsum abstinent zu leben.<br />

Die besonders hohe Diskrepanz zwischen den tradierten Entwicklungsvorstellungen für<br />

Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen zur westlichen Kultur heranwachsender Frauen kann zu hochriskanten<br />

Lösungsstrategien <strong>und</strong> Ausbruchsversuchen zum Beispiel über Drogenkonsum führen.<br />

71


5. Ansätze der Behandlung - Ressourcen<br />

Abb. 8: Ressourcen<br />

Ressourcen<br />

• Beziehung<br />

• Familie<br />

• Arbeitsbereitschaft<br />

• Härte gegen sich selbst<br />

• Geschwindigkeit<br />

• Jugend<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Stellen wir diesem Blick auf Risiken <strong>und</strong> aus unserer Sicht betrachtete Mängel die besonderen<br />

Fähigkeiten junger Spätausgesiedelter gegenüber, wie wir sie kennen gelernt haben.<br />

Hier muss ich wieder um Erlaubnis zum pauschalen Blick bitten, es gilt natürlich auch hier<br />

<strong>im</strong>mer, dass ein genauerer individueller Blick für eine angemessene Behandlung unabdingbar<br />

ist:<br />

Wenn ein Kontakt hergestellt ist, verstehen unsere spätausgesiedelten Klienten diesen sehr<br />

persönlich. Sie sind sehr bemüht, ihn zu halten, zeigen sehr viel Achtung <strong>und</strong> Ernsthaftigkeit<br />

in der Auseinandersetzung, bemühen sich um Verbindlichkeit. Auch lange nach Behandlungen<br />

halten sie Kontakt. Sie bringen beste Voraussetzungen für eine beziehungsorientierte<br />

Soziale Arbeit mit.<br />

Die Familienstrukturen sind <strong>im</strong> Vergleich zu hier geborenen Personen in unserer Klientel in<br />

der Regel besser, die Familie zeigt einen hohen Zusammenhalt <strong>und</strong> ist um Hilfe bemüht.<br />

Auch wenn die Eltern, Ehepartner oder Geschwister oftmals zunächst sehr hilflos <strong>und</strong> ratlos<br />

sind, ist dieses soziale System eine sehr starke Ressource, wenn es entsprechend gestützt<br />

(qualifiziert) werden kann.<br />

Ähnliches gilt für die Bereitschaft zur Arbeit, die in der Regel sehr hoch ist, auch bei Schichtarbeit<br />

<strong>und</strong> schlechter Bezahlung. Damit erschließt sich mit der Aufnahme von Ausbildungen<br />

oder auch ungelernten Tätigkeiten eine Tagesstruktur, wir wissen schon lange, dass dies ein<br />

Schlüssel bei der Überwindung von Suchterkrankungen ist.<br />

Wir beobachten eine gewisse "Härte gegen sich selbst", die Klientel der Spätausgesiedelten<br />

zeigt sich vielfach unempfindlich gegen widrige Umstände. So wie dies ein Risikofaktor ist<br />

(starker Konsum, Straffälligkeit, Gewalt), so ist dies auch eine Ressource auf dem sehr<br />

schwierigen Weg eines Entzuges.<br />

Der Wunsch nach Veränderung ist entsprechend vergleichsweise radikal. Spätausgesiedelte<br />

kommen schneller nach Beginn einer Drogenabhängigkeit in Behandlung <strong>und</strong> sie wollen<br />

schneller einen Erfolg sehen. (34% der in der Westfälischen Klinik Warstein behandelten<br />

Aussiedler hatten 1999 weniger als ein Jahr Heroin konsumiert, aber nur 18% der in<br />

Deutschland geborenen Patienten.) Circa 80% der Klienten des Projektes Soforthilfe in Detmold<br />

sind Aussiedler.<br />

Eine nicht gering zu schätzende Ressource der spätausgesiedelten Klientel ist ihre Jugend.<br />

Sie konsumieren jung, kommen früh in Behandlung <strong>und</strong> haben noch vielfache Lebenschancen<br />

nach dieser Therapie.<br />

Es n<strong>im</strong>mt also nicht w<strong>und</strong>er, dass die Behandlungserfolge in der Klientel der Spätausgesiedelten<br />

häufig leichter scheinen als bei den hier geborenen Klientinnen <strong>und</strong> Klienten. Wenn<br />

wir die behandlungsbedürftige Drogenabhängigkeit auf eine Sozialisationsstörung zurückführen,<br />

dann ist dieser Zusammenhang eventuell auch leichter behandelbar als eine Persönlichkeitsstörung<br />

mit frühkindlichen Ursachen, wie wir sie häufig bei unserer hier geborenen<br />

Klientel <strong>im</strong> kausalen Zusammenhang mit der Suchtproblematik beobachten. Aber auch hier<br />

gilt: Vorsicht vor zu leichten Pauschalisierungen.<br />

72


6. Standards ambulanter Drogenhilfe <strong>und</strong> Kooperationsstrukturen mit stationärer<br />

Drogenhilfe <strong>und</strong> Migrationssozialarbeit<br />

Abb. 9: Standards<br />

Standards<br />

• Kontakt vor Ort, Beziehungsaufbau<br />

• Ressourcenorientierung<br />

• Familienarbeit, Angebote für Angehörige<br />

• Muttersprachliche Angebote<br />

• Geschlechtsspezifische Arbeit<br />

• Anpassung der Maßnahmen (z.B. Soforthilfe)<br />

• Zusammenarbeit mit Migrationssozialarbeit<br />

• Bildung <strong>und</strong> Arbeit<br />

• Abst<strong>im</strong>mung mit stationären Angeboten<br />

• Zielgruppenorientierte Prävention<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Die Drogenberatung e.V. hat für diese Zielgruppe kein gr<strong>und</strong>legend neues Konzept entwickelt,<br />

sondern <strong>im</strong> Wesentlichen die allgemeinen Prinzipien der Arbeit auch auf diesen Bereich<br />

übertragen <strong>und</strong> dabei neue methodische Ansätze evaluiert.<br />

Aus den Erfahrungen der letzten Jahre haben wir folgende Standards zur Gestaltung des<br />

ambulanten Hilfesystems entwickelt:<br />

• Da die Spätausgesiedelten das Drogenhilfesystem nicht kennen, muss dieses auf sie<br />

zugehen <strong>und</strong> sich vorstellen. Ambulante Suchtkrankenhilfe mit Spätausgesiedelten muss<br />

sich mit Straßensozialarbeit, Kontakten zu Schlüsselpersonen <strong>und</strong> Beratung vor Ort bekannt<br />

machen.<br />

• Ressourcenorientierte Sozialarbeit bedeutet hohe Beziehungsorientierung <strong>und</strong> Kontaktbereitschaft,<br />

Neugier <strong>und</strong> Interesse an den Menschen wie sie sind mit ihren biografischen<br />

Erfahrungen, also auch mit Interesse an ihrer (anderen) Kultur. Es ist die Aufgabe der<br />

Sozialarbeit, die Ressourcen zu würdigen <strong>und</strong> die Hilfsangebote entsprechend zu konzipieren.<br />

Im Bezug auf Migranten/-innen ist dies ein (vielleicht der entscheidende Teil) interkultureller<br />

Kompetenz.<br />

• Angesichts der in der Regel sehr jungen Klientel <strong>und</strong> ihrer vorhandenen engen Familienstrukturen<br />

ist die Einbeziehung der Eltern (oft auch Ehepartner) sehr hilfreich <strong>und</strong> außerdem<br />

notwendig, da diese in der bestehenden Situation mit drogenkonsumierenden Angehörigen<br />

sehr hilflos sind <strong>und</strong> selbst Rat <strong>und</strong> Unterstützung benötigen.<br />

• Bei bestehenden Sprachschwierigkeiten ist muttersprachliche Beratung sehr hilfreich.<br />

Das Sprachproblem ist auch ein Sprachkulturproblem, die Beratung durch <strong>im</strong> gleichen<br />

Kulturraum geborene Personen schafft Vertrauen, Verstehen <strong>und</strong> Verständnis. Wir beobachten<br />

dies insbesondere bei Angehörigen. Dies entspricht einem weiteren Teil der vielfach<br />

postulierten interkulturellen Kompetenz.<br />

• Die Situation drogenkonsumierender Frauen ist angesichts tradierter Geschlechterrollen<br />

besonders durch Rollenkonflikte <strong>und</strong> Auseinandersetzungen in der Familie gekennzeichnet.<br />

Für drogenkonsumierende Aussiedlerinnen sind Sozialarbeiterinnen geeignetere<br />

Kontaktpersonen.<br />

73


• Für die jugendliche Klientel ist die Zusammenarbeit mit Jugendhilfe <strong>und</strong> Bildungsträgern<br />

unabdingbar, soziale Reintegration ist ohne diese Kooperation schwierig möglich, mit<br />

entsprechenden Angeboten oftmals überraschend leicht.<br />

• Besondere Klienten/-innen benötigen besondere Maßnahmen. Die ambulanten Angebote<br />

sind zu überprüfen <strong>und</strong> eventuell zu ergänzen: Nach der Erfahrung der Drogenberatung<br />

e.V. werden zum Beispiel Soforthilfemaßnahmen besonders gerne von spätausgesiedelten<br />

Drogenabhängigen in Anspruch genommen. Es ist auch Aufgabe der ambulanten<br />

Drogenhilfe - die den Bedarf als erste sieht - <strong>im</strong> Dialog diesen in die weiteren Angebote<br />

hinein zu kommunizieren <strong>und</strong> bei der Gestaltung hilfreicher stationärer Angebote zu unterstützen.<br />

Dabei kommt der Gestaltung der Schnittstellen <strong>und</strong> Übergänge besondere<br />

Bedeutung zu.<br />

• Neben einer strukturellen Kooperation ist die beziehungsorientierte Sozialarbeit auch <strong>im</strong><br />

Übergang zu anderen Angeboten für die Zielgruppe besonders wichtig. Bei vielfach fehlenden<br />

Kenntnissen über die stationären Angebote bis hin zu völlig abwegigen Vorstellungen<br />

ist es besonders wichtig, die Klienten/-innen intensiv vorzubereiten <strong>und</strong> in die<br />

Maßnahme (weg von zu Hause) zu begleiten. Dies muss nicht persönlich erfolgen, es<br />

wirkt sich bereits sehr positiv für die weitere Entwicklung der Klientinnen <strong>und</strong> Klienten<br />

aus, wenn von den Sozialarbeitern/-innen der Drogenberatung ein Kontakt zumindest telefonisch<br />

<strong>und</strong> brieflich während der Entzugsbehandlung oder Entwöhnung gehalten wird.<br />

Besondere Medien zur Therapievorbereitung (Video über die Einrichtung) <strong>und</strong> ein Kontakt<br />

<strong>im</strong> Vorfeld über ein Vorstellungsgespräch sind ebenfalls wichtig für die Entwicklung<br />

realistischer Vorstellungen zu stationären Maßnahmen.<br />

• In der ambulanten Arbeit tauchen vielfältige Probleme jenseits der Suchtproblematik auf.<br />

Die enge <strong>Vernetzung</strong> mit anderen Beratungsstellen <strong>und</strong> insbesondere der Migrationsberatung<br />

<strong>und</strong> Migrationssozialarbeit ist unabdingbar.<br />

• Angesichts der in den Herkunftsländern nicht stattgef<strong>und</strong>enen Prävention <strong>und</strong> des technisch-medizinischen<br />

Suchtverständnisses ist eine intensive flächendeckende <strong>Suchtprävention</strong><br />

bei heranwachsenden Spätausgesiedelten dringend erforderlich. Dabei sind die<br />

sprachorientierten Methoden (aus der üblichen Arbeit mit einhe<strong>im</strong>ischen Jugendlichen)<br />

wenig geeignet. Kreativtechniken <strong>und</strong> Bewegungs- oder Körperübungen sind dagegen<br />

hervorragende Methoden in der persönlichkeitsorientierten Prävention. Die Information<br />

<strong>und</strong> Schulung der Multiplikatoren ist dabei selbstverständlicher Bestandteil. Diese Schulung<br />

des Ges<strong>und</strong>heitsverständnisses muss auch zur <strong>Suchtprävention</strong> verwandte Themen<br />

aufgreifen, etwa die Hepatitis <strong>und</strong> AIDS - Prävention.<br />

7. Das Integrationsprojekt der Drogenberatung e.V. in Lippe<br />

Nach diesen vielen Erläuterungen ist die Praxis schnell berichtet:<br />

Wir haben in drei wesentlichen Punkten unsere Arbeit umgestellt:<br />

1. Wir haben Kontaktstellen eingerichtet (das ist auf den ersten Blick der markanteste Punkt)<br />

2. Wir haben die allgemeinen Angebote der Drogenberatungsstelle an die besonderen Bedürfnisse<br />

der Spätausgesiedelten angepasst, zum Teil neue Angebote aufgenommen (Anpassung<br />

der Regeldienste)<br />

3. Wir haben unsere Präventionsarbeit um zielgruppenspezifische Angebote für Spätaussiedler<br />

ergänzt.<br />

74


Abb. 10: Projektskizze<br />

Fachpräventionsstelle<br />

(Blaukreuz nd Drobs)<br />

Drogenberatungsstelle<br />

Kontakt, Information,<br />

Beratung, Vermittlung<br />

besondere Angebote<br />

Kooperation<br />

<strong>im</strong> Fachdienst<br />

Entzugsbehandlung für<br />

Spätausgesiedelte Entwöhnungsbehand<br />

lung für<br />

Spätausgesiedelte<br />

Kontaktstelle<br />

Kontakt,<br />

Beratung<br />

(mutterspr.)<br />

Betreuung<br />

Aufsuchende<br />

Sozialarbeit<br />

Wie funktioniert eine Kontaktstelle in Verbindung mit der Drogenberatungsstelle?<br />

Ein Mitarbeiter <strong>und</strong> (opt<strong>im</strong>al) eine Mitarbeiterin sind gemeinsam in einem Stadtteil in einer<br />

Kontakt- oder Anlaufstelle zu festen Sprechzeiten mehrmals die Woche erreichbar. Damit<br />

das alle potenziellen K<strong>und</strong>en wissen <strong>und</strong> die Kollegen als Personen bekannt sind, ist aufsuchende<br />

Sozialarbeit das wesentlichste Element. Diese findet auf der Straße statt, aber auch<br />

bei Kooperationspartnern wie dem Jugendzentrum oder dem Haus der Kirche. Aber Beratung<br />

zu Drogenfragen kann man nicht auf der Straße oder irgendwo machen, dazu braucht<br />

man einen Rückzugsraum - <strong>und</strong> ein Büro, denn da muss auch viel Bürokratie bewegt werden.<br />

Manchmal ist es auch sinnvoll, sich an einem anderen Ort als an der allen bekannten<br />

Stelle mit Ratsuchenden zu treffen, wegen der gewünschten Anonymität.<br />

Ein weiteres Medium, um sich bekannt zu machen, ist offene Jugendarbeit, zum Beispiel<br />

monatliche Streetballturniere. Erstens passiert dann <strong>im</strong> Stadtteil abends etwas, es macht<br />

Spaß Basketball zu spielen, vor allem, wenn es um etwas geht. Es ist aber auch ein Treffpunkt<br />

für die Nicht-Spieler: Öfters sind die Zuschauer mit der Wodkaflasche hier eher die<br />

Zielgruppe für den Sozialarbeiter gewesen als die sportiven Jugendlichen.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil ist mittlerweile die Familienarbeit, zum Teil als eigenes Angebot<br />

der Kontaktstelle, zum Teil in Zusammenarbeit mit der Angehörigengruppe der Drogenberatungsstelle,<br />

zum Teil aber auch mit anderen Institutionen <strong>im</strong> Stadtteil, die besonderen Kontakt<br />

zu den Müttern der Klienten haben. Wirkungsvolle Instrumente zur vertrauensvollen<br />

Kontaktaufnahme sind die russische Sprache <strong>und</strong> das Kulturverständnis. Die Sozialarbeiterin<br />

der Drogenberatung, die selbst Aussiedlerin ist, übern<strong>im</strong>mt dabei die Schlüsselfunktion.<br />

Die Kontaktstelle übern<strong>im</strong>mt nicht alle Arbeiten einer Drogenberatungsstelle, sie hat die<br />

Funktion Klienten zu suchen, aufzunehmen <strong>und</strong> <strong>im</strong> Alltag zu begleiten. Die Clearingstelle<br />

Substitution, die Fachprävention, die JVA-Arbeit, der Schwerpunkt berufliche Integration, die<br />

Soforthilfe, diese Angebote der Drogenberatung werden nicht dupliziert, sondern die Mitarbeiterin<br />

der Kontaktstelle vermittelt in diese <strong>und</strong> begleitet die Klienten eventuell dorthin. Die<br />

Kontaktstelle übern<strong>im</strong>mt so nicht nur die Brücken- <strong>und</strong> Integrationsfunktion für die Klientin-<br />

lokales<br />

Präventions-<br />

netz<br />

Kooperation<br />

vor Ort<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Zielgruppen<br />

-orientierte<br />

Prävention<br />

Jugendarbeit<br />

Kirchen<br />

Polizei<br />

Migrationss<br />

ozialarbeit<br />

Ärzte<br />

usw.<br />

75


nen <strong>und</strong> Klienten zur Drogenberatungsstelle <strong>und</strong> ins gesamte Drogenhilfesystem, sie verbindet<br />

auch Institutionen. Es entsteht ein gangbarer Weg von den Kooperationspartnern vor Ort<br />

(z.B. aus der Jugendarbeit) bis hinzu den Kooperationspartnern des Fachdienstes (wie speziellen<br />

Entzugs- <strong>und</strong> Entwöhnungsbehandlungen) - <strong>und</strong> auch wieder zurück in die ambulante<br />

Nachsorgegruppe vor Ort.<br />

Über diese zielgruppenorientierte Verbindungen hinaus sind durch die enge Zusammenarbeit<br />

auch weitere Kooperationseffekte erreicht worden: Zum Beispiel gibt es in Blomberg<br />

auch ein sehr lebendiges Präventionsnetzwerk <strong>und</strong> die Stadt ist eine Schwerpunktregion für<br />

die Arbeit der Fachpräventionsstelle. Dazu hat die jahrelange intensive Zusammenarbeit<br />

wesentlich beigetragen. Netzwerk bedeutet hier nicht, die Arbeit an andere Kompetente weiterzugeben,<br />

sondern gemeinsam bessere Ergebnisse zu erzielen als in der Summe einzelner<br />

Tätigkeiten.<br />

Abb. 11:<br />

Besondere Maßnahmen<br />

Anpassung der ambulanten Suchthilfe<br />

Drogenberatungsstelle Kontaktstelle<br />

• Stat. Entzug sofort • aufsuchende Arbeit<br />

• Ambulante Entzugsbehandlung • muttersprachliche Beratung<br />

• Therapie schnell <strong>und</strong> gut • gemeinwesenorientierte Kooperation<br />

• Nachsorge • Prävention vor Ort<br />

• Berufliche Integration • Familienarbeit<br />

Was hat sich in der Drogenberatungsstelle geändert?<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

1. Tägliche offene Sprechst<strong>und</strong>en gab es sowieso schon, wenn nicht, hätten wir sie genau<br />

hier eingeführt, da die Terminsicherheit der Spätausgesiedelten zu Beginn der Betreuungsarbeit<br />

eher unterdurchschnittlich ist.<br />

2. Neue Angebote, die besonders von Spätausgesiedelten genutzt werden bzw. von uns auf<br />

sie zugeschnitten wurden sind:<br />

• Soforthilfe - Schnellvermittlung in qualifizierte Entzugsbehandlung<br />

• Methadonsprechst<strong>und</strong>e - ambulante Entzugsbehandlung mit Methadon<br />

• Therapie schnell <strong>und</strong> gut<br />

Diese drei Angebote finden parallel statt <strong>und</strong> haben sich als Kombination zum zentralen Aufnahme-<br />

<strong>und</strong> Behandlungsinstrument der Beratungsstelle für Spätausgesiedelte entwickelt.<br />

3. Nachsorgearbeit für Rückkehrer aus Entwöhnungsbehandlung. Gerade Spätausgesiedelte<br />

kommen zurück in die alte Wohngegend. Die Kontaktaufnahme findet bereits während der<br />

letzten Therapiewochen statt, meistens wird der Kontakt über die gesamte stationäre Phase<br />

gehalten. Die Beratung zur berufliche Reintegration findet bereits in enger Zusammenarbeit<br />

von Fachklinik <strong>und</strong> Beratungsstelle statt, aus der Fachklinik heraus kommt der Klient in die<br />

Sprechst<strong>und</strong>e "berufliche Reintegration" der Drogenberatung <strong>und</strong> kann hier vor Ort noch<br />

besser auf die spezifischen Gegebenheiten in Lippe hin beraten werden.<br />

76


4. Zielgruppenorientierte Prävention<br />

Abb.12 Prävention<br />

Zielgruppenorientierte Prävention<br />

• Sport - Midnight <strong>und</strong> Vereinsintegration<br />

• Hepatitis C Prävention, Sexualpädagogik<br />

• Allgemeine Ges<strong>und</strong>heitserziehung<br />

• Theater, Tanz, Präsentation<br />

• Informationen für Eltern<br />

• Safer Use, Spritzentausch, Safer Sex<br />

• Kontakt zu Jugend mit problematischem Alkoholkonsum<br />

• Geschlechtsspezifische Angebote (Begleitung bei<br />

Rollenkonflikten, besondere Kontaktangebote,<br />

Erwerb von Risikokompetenz)<br />

Drogenberatung e.V. in Lippe 2001<br />

Ein besonderes Medium für <strong>Suchtprävention</strong> ist Sport m. E. nicht. Nicht dass ich etwas gegen<br />

Sportangebote hätte. Ich habe selbst Sport studiert <strong>und</strong> in meiner Arbeit <strong>im</strong>mer gerne<br />

Sportangebote eingesetzt. Ich halte ein Streetballturnier aber nicht für ein besonders spezifisches<br />

Mittel der <strong>Suchtprävention</strong> - auch nicht für Migranten/-innen. Richtig ist aber, dass<br />

Sport bei Jugendlichen - vor allem bei Jungs - eine beliebte Freizeitbeschäftigung ist <strong>und</strong> in<br />

der Version der Nachtveranstaltung auch erstens hip ist <strong>und</strong> zweitens zeigt, dass man abends<br />

nette Sachen machen kann ohne Drogenkonsum. Zweitens ist Sport <strong>im</strong> herkömmlichen<br />

Sportverein eine Möglichkeit der Begegnung von Migrantinnen mit hier Geborenen <strong>und</strong><br />

von daher eine sinnvolle Integrationsmaßnahme.<br />

Ich denke, es gibt noch spezifischere Angebote, es ist die Mühe wert, weiter nachzudenken<br />

<strong>und</strong> nicht <strong>im</strong>mer wieder bei Sportangeboten zu enden.<br />

Wir haben die vergangenen beiden Jahre neben Streetball auch etwas anderes versucht: ein<br />

Bewegungstheater besonderer Art. Mit 50 Jugendlichen aus Beschäftigungsprojekten des<br />

Stadtteiles haben 7 Künstler <strong>und</strong> Künstlerinnen des ALARM!THEATERS Bielefeld ohne vorliegendes<br />

Drehbuch Szenarien entwickelt, die aus dem entstanden, was die Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmer an (teils unbewussten) Fertigkeiten mitbrachten. Auf die Frage, was sie<br />

könnten, kam zunächst wenig, dann zum Beispiel der Hinweis, mehr als sich Prügeln könnten<br />

sie nicht. Aus diesem "Ansatz" wuchs dann <strong>im</strong> Laufe der Woche eine akrobatische Szene<br />

einer Schlägerei für das Theaterstück; <strong>und</strong> analog entstanden Szenen mit Feuer, mit Tanz,<br />

mit Trommeln, Masken usw. Eine ähnliche Form der Inszenierung gestaltet das ALARM!<br />

Theater alljährlich mit Klienten der Fachklinik Loxten, auch dort ist dies ein sehr erfolgreiches<br />

Angebot für die therapeutische Arbeit mit der Klientel.<br />

Allgemeine Ges<strong>und</strong>heitserziehung mit Hepatitis-C-Prävention, also auch Sexualerziehung,<br />

Safer Sex, das sind Themen, die besonderer Bildungs- <strong>und</strong> Seminararbeit bedürfen <strong>und</strong> die<br />

am besten ähnlich der AIDS-Prävention möglichst flächendeckend über Schulen gewährleistet<br />

werden kann. Die AIDS-Prävention in Lippe geht mit uns gemeinsam das Thema an. Zurzeit<br />

planen wir eine neue Seminarreihe in Schulen, für die wir Honorarkräfte fortbilden möchten,<br />

die selbst Spätausgesiedelte sind. Wir nehmen hierbei gerne die Anregung des Ethnomedizinischen<br />

Instituts aus Hannover auf.<br />

Immer noch sind Eltern wichtige Informationsträger <strong>und</strong> Bedenkenformulierer. Wenn man an<br />

Prävention denkt, muss man die Bildung der Eltern einbeziehen. Dies kann funktionieren<br />

über Elternabende in Schulen, aber auch über traditionell starke Kirchengemeinden.<br />

Geschlechtspezifische Aspekte sind in der allgemeinen <strong>Suchtprävention</strong> mittlerweile richtigerweise<br />

die Regel. In Migrations-Familien sind sie mindestens so nötig, da sich Geschlech-<br />

77


terrollen teilweise erstens traditionell stärker oder anders unterscheiden als in der aufnehmenden<br />

Gesellschaft, <strong>und</strong> da über Generationenkonflikte Konflikte zwischen den Auffassungen<br />

zu Geschlechterrollen ausbrechen können. In Konflikten mit ihren Eltern wählen junge<br />

Spätaussiedlerinnen zum Teil so radikale Wege wie den über Drogenkonsum.<br />

Junge Männer wie junge Frauen benötigen eine besondere Risikokompetenz, junge Frauen<br />

besonders leicht erreichbare Beratungsangebote, sei es zur Bearbeitung von Co-<br />

Abhängigkeit, zur Hilfe bei Konflikten mit den Eltern oder bei eigenen Grenzverletzungen.<br />

Wir haben bewusst den Anteil weiblicher Sozialarbeiterinnen hier verstärkt <strong>und</strong> stellen fest,<br />

dass wir zunehmend drogenkonsumierende Mädchen erreichen. Die Probleme sind - wie<br />

vermutet - wesentlich drastischer. Die Mädchen sind noch jünger als die männliche Klientel,<br />

sie erfahren zu Hause häufig Gewalt, das Jugendamt ist in aller Regel eingeschaltet.<br />

Hier geborene <strong>und</strong> aufgewachsene wie <strong>im</strong>migrierte Jugendliche zeigen vielfach einen sehr<br />

hohen, zum Teil deutlich problematischen Alkoholkonsum. Bei Migranten (meist männlichen<br />

Jugendlichen) geht dies mit einem Ausmaß an Unbekümmertheit einher, mit der wiederum<br />

die mangelnde Prävention <strong>und</strong> der kulturelle Hintergr<strong>und</strong> von unproblematisch empf<strong>und</strong>enem<br />

Konsum starker Alkoholika einhergeht. Zielgruppenorientierte Prävention sollte auf diese<br />

suchtgefährdeten Jugendlichen zugehen, aufsuchende Arbeit nicht auf Konsumenten <strong>und</strong><br />

Konsumentinnen illegaler Drogen beschränken. Eine Aufgabe, die auch allgemein in der<br />

Prävention <strong>im</strong>mer mehr gesehen wird.<br />

9. Schluss<br />

Integration erleben wir als einen gemeinsamen Prozess, der Veränderungen sowohl bei den<br />

Personen bedeutet, die einwandern, als auch bei der aufnehmenden Gesellschaft. Das Drogenhilfesystem<br />

ist durch die besondere Nachfrage zu Veränderungen angeregt, die auch<br />

dazu zwingen, das Ziel der Arbeit <strong>und</strong> die verwendeten Methoden allgemein zu überprüfen.<br />

Daraus hat sich in unserem Fall aus meiner Sicht eine positive Fortentwicklung ergeben. Das<br />

Angebot der Drogenberatung e.V. in Lippe hat sich dank der besonderen Anforderungen der<br />

Klientel der Spätausgesiedelten in den letzten drei Jahren ausdifferenziert <strong>und</strong> verbessert.<br />

78


Das Projekt NOKTA<br />

Interkulturelle Sozialtherapieeinrichtung für drogenabhängige<br />

MigrantenInnen<br />

1. Trägerverein ODAK e.V.<br />

Mehmet Riza Kavasoglu<br />

ODAK ist von MigrantInnen gegründet worden <strong>und</strong> unterhält verschiedene Einrichtungen zur<br />

ambulanten Beratung <strong>und</strong> Therapie <strong>im</strong> Drogenbereich sowie kulturelle Projekte. Der Suchtbereich<br />

vom Trägerverein ODAK e.V. besteht aus multikulturellen Teams, die sich in Berlin<br />

engagieren. Für den stationären Bereich der Therapie <strong>und</strong> Rehabilitation für drogenabhängige<br />

MigrantenInnen besteht die interkulturelle Sozialtherapieeinrichtung NOKTA. Die MitarbeiterInnen<br />

bekennen sich in ihrer Arbeit zum interkulturellen Ansatz. Auf der professionellen<br />

Ebene setzt sich ODAK dafür ein, kulturspezifische Ansätze in Beratung, Betreuung <strong>und</strong><br />

Therapie <strong>und</strong> in Motivierungsstrategien zur Therapie zu entwickeln <strong>und</strong> zu praktizieren.<br />

2. Beschreibung der Drogentherapieeinrichtung NOKTA<br />

Als Berliner Drogentherapieeinrichtung arbeitet NOKTA bereits seit 1988 mit dem Ziel, speziell<br />

drogenabhängigen MigrantInnen, ein Angebot zur stationären Drogenlangzeittherapie<br />

zur Verfügung zu stellen. Zurzeit ist NOKTA nach den §§ 35 ff. des Betäubungsmittelgesetzes<br />

(BtMG) zur Drogenrehabilitation staatlich anerkannt <strong>und</strong> wird von der Senatsverwaltung<br />

durch eine Fehlbedarfsfinanzierung gefördert. NOKTA liegt am Stadtrand von Berlin in Zehlendorf-Nikolassee.<br />

Ein großzügig ausgebautes Haus mit Dachgeschoss <strong>und</strong> Garten zum<br />

gemeinsamen Leben <strong>und</strong> für Projekt-, Sport- <strong>und</strong> Freizeitaktivitäten steht zur Verfügung.<br />

Ein multikulturelles Team aus türkischen, arabischen, vietnamesischen <strong>und</strong> deutschen MitarbeiterInnen<br />

bemüht sich darum, die interkulturelle Lebensweise der Bewohner zu berücksichtigen.<br />

Interkulturalität spiegelt sich in vielen Ausdrucksweisen des NOKTA-Alltages wider:<br />

in Therapieregeln, in Gruppengesprächen, <strong>im</strong> sozialen Umgang, in den Familientagen,<br />

in Nahrung, in der Freizeitgestaltung, in der Musik <strong>und</strong> den Fernsehprogrammen.<br />

Die Förderung der interkulturellen Lebensweise <strong>und</strong> die Fähigkeit zur Integration in eine multikulturelle<br />

Gesellschaft sind Ziele der Therapie. Jede/r Klient/in kann ihre/seine Persönlichkeit,<br />

ihre/seine Lebensweise <strong>und</strong> Bedürfnisse in die Therapie einbringen - die suchtspezifischen<br />

Probleme sind ebenso Bestandteil der Therapie wie das "Ausländer-Sein".<br />

NOKTA bedeutet in der türkischen, arabischen <strong>und</strong> persischen Sprache "Punkt". Hiermit ist<br />

gemeint, dass die KlientInnen hinter ihrer bisherigen von Drogen best<strong>im</strong>mten Lebensweise<br />

einen Punkt setzen <strong>und</strong> einen Neuanfang beginnen können.<br />

Der Therapieverlauf bei NOKTA dauert zwölf Monate <strong>und</strong> teilt sich in drei Phasen:<br />

I. Integration<br />

II. Stabilisierung<br />

III. Adaption<br />

3. Zielgruppe<br />

NOKTAs Therapiegruppe besteht aus 15-17 Drogenabhängigen aus ethnischen Minoritäten<br />

<strong>und</strong> umfasst die Altersgruppe zwischen 18 <strong>und</strong> 35 Jahren. Die Drogenabhängigkeit kann<br />

sich auf Heroin, Opium, Kokain, Cannabis, LSD, Amphetamine beziehen <strong>und</strong> schließt auch<br />

Polytoxikomanie mit ein.<br />

79


Die angesprochene Zielgruppe ist neben den Folgen des Drogenkonsums auch häufig von<br />

einer kulturellen Zugehörigkeits- <strong>und</strong> Identitätsproblematik betroffen <strong>und</strong> leidet darüber hinaus<br />

unter verschiedenen psychischen bzw. psychosozialen Problemen. Nicht selten handelt<br />

es sich bei den Klienten um verschlossene Persönlichkeiten; ein emotionaler Zugang ist erschwert<br />

<strong>und</strong> erst nach einer intensiven Vertrauensarbeit möglich. Es gibt folgende psychische<br />

bzw. psychosoziale Probleme: Depressionen, Ängste, Panikattacken, Zwänge, Tiks,<br />

Persönlichkeitsstörungen, psychosomatische <strong>und</strong> psychotische Probleme, Beziehungsprobleme,<br />

Konflikte in der Herkunfts- <strong>und</strong> Gegenwartsfamilie, Ablösungsprobleme, Identitätsprobleme,<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung, Ausgrenzung, Verlust von eindeutiger sozialer <strong>und</strong> kultureller Zugehörigkeit,<br />

Konflikte infolge unterschiedlicher kultureller Wertvorstellungen <strong>und</strong> Normen, innere<br />

Konflikte zwischen Rückkehrträumen <strong>und</strong> Anpassungsdruck.<br />

4. Ziele der Therapie<br />

1. die Wiederherstellung <strong>und</strong> Stärkung der psychophysischen <strong>und</strong> psychosozialen Integrität<br />

(Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Entwicklung eines Körperbewusstseins);<br />

2. Erreichen <strong>und</strong> Aufrechterhaltung der Suchtmittelabstinenz;<br />

3. die berufliche, wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Integration bzw. Reintegration.<br />

4. Den Besonderheiten des interkulturellen Charakters <strong>und</strong> der Spezifika von NOKTA, zur<br />

interkulturellen Identitätsbildung <strong>und</strong> Integration in eine multikulturelle Gesellschaft<br />

beitragen zu wollen, tragen die folgende Ziele Rechnung:<br />

• Entwicklung von Bewältigungsmöglichkeiten des zugeschriebenen Ausländerstatus,<br />

• Auseinandersetzung mit dem Migrationsprozess, Definition der Identitätswandlung<br />

<strong>und</strong> positiver Identitätsaspekte der Interkulturalität,<br />

• Umgang mit widersprüchlichen kulturellen Wertesystemen, Entwicklung interkultureller<br />

Handlungskompetenzen <strong>und</strong> Konfliktbewältigungsstrategien<br />

• Befähigung zur Pflege sozial adäquater Beziehungen zur Familie <strong>und</strong> zu<br />

Außenstehenden,<br />

• Klärung <strong>und</strong> Verbesserung des ausländer- <strong>und</strong> arbeitsrechtlichen Status<br />

• Beratung <strong>und</strong> Betreuung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ("Ausweisung")<br />

5. Die sozialtherapeutischen Angebote von NOKTA<br />

NOKTA<br />

• bietet ein sozial-integrativ-interkulturell ausgerichtetes Therapieangebot, welches sich an<br />

den Bedürfnissen <strong>und</strong> Problemen der KlientInnen orientiert. Die therapeutischen Interventionsformen<br />

<strong>im</strong> Einzelnen sind: Gruppendynamische Sitzungen, sozialtherapeutische<br />

Sitzungen, Körper- <strong>und</strong> Bewegungstherapie, Meditation, Einzelgespräche, Tagesgespräche,<br />

Wochenrückblick <strong>und</strong> Meeting,<br />

• bietet ein arbeitstherapeutisches Angebot unter sozialtherapeutischen Gr<strong>und</strong>sätzen an,<br />

• unterbreitet ein umfassendes Angebot sozialpädagogisch orientierter Freizeitgestaltung,<br />

• stellt medizinische <strong>und</strong> ärztliche Betreuung zur Verbesserung der körperlichen Ges<strong>und</strong>heit<br />

der KlientInnen zur Verfügung,<br />

• unterbreitet der Klientel familien- <strong>und</strong> angehörigenorientierte Therapieinhalte<br />

• führt Maßnahmen zur sozialen <strong>und</strong> beruflichen Resozialisierung der Klienten/innen,<br />

• gibt Hilfestellungen <strong>und</strong> Betreuung zur aufenthaltsrechtlichen <strong>und</strong> strafrechtlichen<br />

Belangen der KlientInnen,<br />

• stellt den KlientInnen in der Adaptionsphase ein spezifisches Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsangebot<br />

zur Verfügung.<br />

80


6. STATISTISCHER ÜBERBLICK 2000<br />

6.1 Allgemeine Statistik<br />

Innerhalb des Jahres 2000 stellte NOKTA insgesamt 48 Personen ein Angebot zur stationären<br />

Drogenlangzeittherapie zur Verfügung. Zu den 15 Klienten, welche aus 1999 in das abgelaufene<br />

Jahr 2000 übernommen wurde, stellte NOKTA 33 Personen ein Therapieangebot<br />

neu zur Verfügung. Die kontinuierliche Belegungszahl von NOKTA erreichte innerhalb des<br />

Berichtzeitraumes eine Zahl von 18 Personen <strong>im</strong> Durchschnitt.<br />

6.2 Herkunft <strong>und</strong> Nationalität<br />

Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf die insgesamt 33 Personen, die <strong>im</strong> Verlauf<br />

des Jahres 2000 ihre stationäre Drogenlangzeittherapie in NOKTA begonnen haben:<br />

- 32 Personen waren türkischer Herkunft,<br />

- 9 Personen waren libanesischer Herkunft,<br />

- 1 Person war persischer Herkunft,<br />

- 4 Personen vietnamesischer Herkunft,<br />

- 1 Person tunesischer Herkunft,<br />

- 1 Person serbischer Herkunft.<br />

6.3 Altersstruktur<br />

Die Altersstruktur der NOKTA-Klienten umfasst schwerpunktmäßig die Gruppe der 18 bis 35jährigen.<br />

Bei einer Gesamtklientenzahl, die <strong>im</strong> Jahre 2000 48 Personen umfasste, lassen<br />

sich nachfolgende fünf Kategorien hinsichtlich der Altersstruktur unseres Klientels feststellen:<br />

<strong>im</strong> Alter von bis unter Anzahl der Personen in Prozent<br />

16-18 Jahre 2 04,40<br />

18-25 Jahre 10 20,80<br />

25-30 Jahre 23 48,00<br />

30-40 Jahre 11 22,80<br />

über 40 Jahre 2 04,40<br />

6.4 Aufenthaltsdauer<br />

Betrachtet man den Aspekt Aufenthaltsdauer in der B<strong>und</strong>esrepublik, dann bleibt herauszustellen,<br />

dass eine große Gruppe unseres Klientels in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, insbesondere<br />

in Berlin geboren ist oder aber bereits über längere Zeit in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland-Berlin ihren Lebensmittelpunkt hat. Lediglich 8 Personen <strong>und</strong> somit 5,56 % der<br />

Gesamtklientenzahl halten sich für fünf Jahre <strong>und</strong> kürzer in der BRD auf.<br />

Die nachfolgende Tabelle ermöglicht einen eingehenden Überblick über die Aufenthaltsdauer<br />

unseres Klientels in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland bzw. Berlin<br />

Aufenthaltsdauer in der BRD in Jahren Gesamtzahlen<br />

3 2<br />

5 6<br />

10 6<br />

12 2<br />

14 1<br />

15 6<br />

16 -<br />

81


Aufenthaltsdauer in der BRD in Jahren Gesamtzahlen<br />

17 5<br />

18 2<br />

19 1<br />

20 1<br />

21 2<br />

22 2<br />

23 -<br />

24 -<br />

25 1<br />

26 -<br />

27 -<br />

30 -<br />

In Berlin/BRD geboren 11<br />

6.6 Aufenthaltsrechtliche Situation<br />

Das nachfolgende Schaubild zeigt die aufenthaltsrechtliche Situation unserer Klienten. Ausgehend<br />

von einer Gesamtzahl von 48 Personen lässt sich die folgende Einteilung vornehmen:<br />

Aufenthaltsstatus Anzahl der Personen<br />

Unklar 1<br />

Keinen Aufenthalt 4<br />

Duldung 3-6 Monate 14<br />

Aufenthaltsgestattung 6 Monate 6<br />

Aufenthaltserlaubnis bis 1 Jahr 4<br />

Aufenthaltserlaubnis bis 2 Jahre 2<br />

Unbefristete Aufenthaltserlaubnis<br />

bzw. Aufenthaltsberechtigung<br />

15<br />

Deutsche Staatsbürgerschaft 2<br />

Dies hier vorangestellte Schaubild lässt deutlich werden, dass auch <strong>im</strong> Jahr 2000 eine große<br />

Gruppe von Klienten ihre Drogenrehabilitation <strong>im</strong> Rahmen von aufenthaltsrechtlichen Sanktionen<br />

durch die jeweils zuständigen Ausländerbehörden absolvieren musste. Hinsichtlich<br />

ihrer Wirkungen lassen sich die nachfolgenden Sanktionen benennen:<br />

� VERFÜGUNG zur AUSWEISUNG, von dieser waren <strong>im</strong> abgelaufenen Berichtzeitraum<br />

2000 8 Personen betroffen.<br />

- Für 6 der betroffenen Personen musste diesbezüglich ein Klageverfahren bei den zuständigen<br />

Verwaltungsgerichten angestrebt werden. Für zwei weitere Personen, gegen<br />

die ein Bescheid zur Ausweisung ergangen ist, wurde zunächst das Widerspruchsverfahren<br />

zur Aufenthaltserteilung wahrgenommen.<br />

- Gegen 4 Personen wurde ein vorbereitender Bescheid zur beabsichtigten Ausweisung<br />

ausgesprochen. Für diese Klienten wurde das Widerspruchverfahren wahrgenommen.<br />

Hierdurch gelang es zumeist, eine Weiterverfolgung des aufenthaltsbeendenden<br />

Verfahrens von Seiten der Ausländerbehörden zum Ruhen zu bringen.<br />

- 2 Personen wurden zur Ausweisung verwarnt.<br />

82


7. Kosten<br />

Während des Aufenthaltes in NOKTA konnten wir für den einen großen Teil der KlientenInnen<br />

keine Kostenübernahme <strong>im</strong> Rahmen des B<strong>und</strong>essozialhilfegesetz (BSHG) „Hilfe zum<br />

Lebensunterhalt“ mit antl. Miet- <strong>und</strong> Mietnebenkosten sowie die Sozialkarte der öffentlichen<br />

Verkehrsmittel erreichen, da der Aufenthaltsstatus nicht geklärt war. Diese Tatsache min<strong>im</strong>ierte<br />

auch <strong>im</strong> Jahr 2000 unseren finanziellen Etat.<br />

8. Juristische Auflagen<br />

Im Jahr 2000 waren von 48 der von NOKTA betreuten Klienten 40 Personen von juristischen<br />

Auflagen – strafrechtliche Sanktionen, strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen – betroffen,<br />

somit 83 % der von uns in 2000 betreuten Klienten.<br />

Hinsichtlich der Auswirkungen der getroffenen juristischen Sanktionen bzw. Verfolgungsmaßnahmen<br />

lässt sich die nachfolgende Unterscheidung vornehmen:<br />

� Sanktionen gem. der §§ 35 u. 36 BtMG für 28 Personen = 58,3 %,<br />

� Th.-Auflagen gem. § 37 BtMG für 3 Personen = 6,5 %,<br />

� Bewährungsauflagen für 7 Personen = 14,8 %,<br />

� Gnadenentscheid für 1 Person = 2,2 %,<br />

� ohne Auflagen/Sanktionen etc. waren 9 Personen = 18,8 %.<br />

9. Therapieentlassungen <strong>und</strong> Therapieabschlüsse<br />

Einer Betreuungszahl von 48 Personen <strong>im</strong> abgelaufenen Jahr stehen 30 Therapieentlassungen<br />

gegenüber, differenziert nach dem jeweiligen Entlassungsmodus lässt sich die nachfolgende<br />

Einteilung vornehmen:<br />

� 18 Personen haben NOKTA in 2000 auf eigenem Wunsch wieder verlassen.<br />

� 1 Person musste NOKTA aus disziplinarischen Gründen verlassen.<br />

� 11 Personen haben NOKTA verlassen nach dem sie das therapeutische Programm abgeschlossen<br />

haben.<br />

� 18 Personen führten ihre Therapie <strong>im</strong> laufenden Jahr 2001weiter fort.<br />

Diejenigen Klienten, die ihre Therapie in NOKTA während des Jahres 2000 abschließen<br />

konnten, hatten eine Verweildauer von durchschnittlich 12 Monaten in der Therapie. Lediglich<br />

in Einzelfällen wurde diese Verweildauer unter- bzw. überschritten.<br />

83


DONÜS<br />

Einleitung<br />

Dogan Kaya<br />

Träger der Therapieeinrichtung DÖNÜS (= Wende, Umkehr) ist die MUDRA Gesellschaft<br />

für soziale Dienste <strong>und</strong> Rehabilitation für Drogenabhängige (gemeinnützige) GmbH,<br />

die aus der Arbeit des Vereins MUDRA - Alternative Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe e.V. Nürnberg<br />

heraus konzipiert <strong>und</strong> gegründet wurde. Die Therapieeinrichtung DÖNÜS ist integrativer Bestandteil<br />

des MUDRA-Gesamtkonzepts für Drogenarbeit (MUDRA e.V. ist Gesellschafter der<br />

gGmbH). Der MUDRA e.V. ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein, der dem Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverband Bayern, dem Fachverband Drogen <strong>und</strong> Rauschmittel (FDR) e.V.<br />

<strong>und</strong> dem AKZEPT e.V. angeschlossen ist. Die MUDRA gGmbH gehört ebenfalls dem Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverbänden an.<br />

MUDRA arbeitet seit 1980 erfolgreich in verschiedenen Bereichen der Drogenarbeit, z.B.<br />

Beratung <strong>und</strong> Betreuung, Streetwork <strong>und</strong> aufsuchende Arbeit, Arbeitsprojekte, Nachsorge<br />

<strong>und</strong> Therapie. In die MUDRA-Drogenhilfe ist bereits seit 1987 ein Arbeitsbereich eingeb<strong>und</strong>en,<br />

der MigrantInnen <strong>und</strong> ihren Nachkommen der zweiten <strong>und</strong> dritten Generation Angebote<br />

in den Bereichen Prävention, Information, Beratung, Ämterbegleitung, Streetwork, aufsuchende<br />

Arbeit in Justizvollzugsanstalten <strong>und</strong> Kliniken sowie Therapievermittlung anbietet.<br />

Um in diesen Bereichen effektive Arbeit leisten zu können <strong>und</strong> um leichter das Vertrauen der<br />

avisierten Zielgruppe zu gewinnen, sind dafür bei MUDRA mehrere Mitarbeiter tätig, die<br />

selbst ihre Erfahrungen als Emigranten gemacht haben.<br />

Zur aktuellen Drogenproblematik <strong>und</strong> der Situation ausländischer Drogen-<br />

abhängiger<br />

Breit gefächerte Maßnahmen auf politischer Ebene, größtmögliche Anstrengungen der Ermittlungsbehörden<br />

<strong>und</strong> eine Intensivierung der Drogenarbeit konnten in den letzten Jahren<br />

nicht verhindern, dass das Drogenproblem bisher nicht geahnte Ausmaße angenommen hat.<br />

Es gibt <strong>im</strong>mer mehr DrogenkonsumentInnen <strong>und</strong> Drogenabhängige, die Zahl der polizeilich<br />

festgestellten ErstkonsumentInnen steigt, das Angebot der Drogen auf dem "Markt" wird <strong>im</strong>mer<br />

vielfältiger <strong>und</strong> umfangreicher, gleichzeitig erhöht sich die Qualität der Stoffe bei sinkenden<br />

Preisen. Auch MigrantInnen sind vom aktuellen Geschehen auf der Drogenszene betroffen.<br />

An Nationalitäten sind dabei in erster Linie TürkInnen, Angehörige arabischer Nationen<br />

sowie ItalienerInnen in der Szene vertreten. Ausländische Abhängige traten bis vor zehn<br />

Jahren nur vereinzelt in Erscheinung. Daher bestand kein Bedarf, sie als eine spezifische<br />

Zielgruppe zu sehen <strong>und</strong> zu ihrer Behandlung ein bedürfnisorientiertes Therapiekonzept zu<br />

erstellen.<br />

Die ausländische Bevölkerung ist - statistisch gesehen - von der Drogenproblematik anteilsmäßig<br />

in gleichem Ausmaß betroffen wie die deutsche. Dies ist eher (positiv) erstaunlich,<br />

wenn man berücksichtigt, dass der Anteil der jugendlichen AusländerInnen größer ist als bei<br />

der deutschen Bevölkerung <strong>und</strong> gleichzeitig die Zukunftsperspektiven vieler junger ausländischer<br />

Menschen schlechter sind, als die ihrer deutschen AlterskollegInnen.<br />

Allerdings ist zu beobachten, dass der Anteil der ausländischen DrogenkonsumentInnen <strong>und</strong><br />

Drogenabhängigen in den letzten Jahren stetig zun<strong>im</strong>mt. Auffallend ist auch, dass die ausländische<br />

Drogenszene weitgehend räumlich getrennt von der deutschen Szene zu finden<br />

ist. Überschneidungen sind dort zu beobachten, wo es um das Beschaffen oder den Handel<br />

mit Drogen geht.<br />

84


Zur Notwendigkeit einer Therapieeinrichtung für Ausländer<br />

Die Notwendigkeit der Einrichtung spezifischer Therapiestätten für ausländische Drogenabhängige<br />

wurde durch die Erfahrung der MUDRA ersichtlich. Es zeigte sich, dass ausländische<br />

Drogenabhängige in einem viel geringeren Prozentsatz eine Therapie regulär abschließen<br />

konnten als deutsche Klienten. Im Anschluss werden einige der Gründe angeführt:<br />

o Ausländische KlientInnen begegnen aufgr<strong>und</strong> schlechter Vorerfahrungen mit Behörden<br />

<strong>und</strong> auf dem Hintergr<strong>und</strong> der Furcht vor Sanktionierungen nach dem Ausländergesetz<br />

behördlichen, sozialen <strong>und</strong> therapeutischen Einrichtungen mit Skepsis <strong>und</strong> Misstrauen.<br />

o Die in herkömmlichen Therapieeinrichtungen geltenden Regeln <strong>und</strong> Inhalte der Therapie<br />

sind verständlicherweise auf deutsche KlientInnen ausgerichtet <strong>und</strong> werden für jeweils<br />

nur einige wenige ausländische Abhängige, die sich dort aufhalten, nicht modifiziert oder<br />

angepasst; die ausländischen KlientInnen bleiben auch dort ausgegrenzt oder fühlen<br />

sich unwohl.<br />

o Erfahrungswerte belegen, dass ausländische Drogenabhängige, die zur Therapie in<br />

herkömmliche Einrichtungen vermittelt werden, überproportional häufig <strong>und</strong> meist besonders<br />

früh die Maßnahme abbrechen.<br />

o Aufgaben hiesiger Familien-, Jugend-, Drogenberatung, (ambulanter) Therapie, usw.<br />

werden <strong>im</strong> Orient gewohnheitsgemäß von Bruder, Onkel, Nachbarn, Verwandten oder<br />

von einer Person aus dem Stadtteil, die "Bescheid weiß", erfüllt. "Therapie", "Psychologie",<br />

"Beratung", usw. sind Begriffe, die dem Großteil der Bevölkerung un-bekannt<br />

sind. Im Orient erwarten den Drogenabhängigen wegen Betäubungs-mittelmissbrauch<br />

entweder Strafmaßnahmen oder Zwangsaufenthalte in psychiatrischen Kliniken.<br />

o Die von KlientInnen <strong>und</strong> therapeutischen MitarbeiterInnen angeführten Gründe für Therapieabbrüche<br />

deuten u.a. auf wechselseitige Missverständnisse hinsichtlich des Therapieverständnisses<br />

hin - auch aufgr<strong>und</strong> kultureller Unterschiedlichkeiten (vgl. nachfolgendes<br />

Schema).<br />

Thematik KlientIn (MigrantIn) TherapeutIn (deutsch)<br />

Unterschiedliche Erwartungen <strong>und</strong> Haltungen <strong>im</strong> interkulturellen Therapie-setting<br />

Befriedigung des Hilfsbe- Umgehende Hilfe durch eine Aufschieben, Mobilisierung<br />

dürfnisses<br />

Autorität<br />

eigener Ressourcen<br />

(Selbst-)Bewertung <strong>und</strong> Ort<br />

der Identität<br />

Soziale Gruppe als Ort der<br />

Identität <strong>und</strong> Bewertung (soziales<br />

Ansehen)<br />

Autonomie, Selbstverantwortlichkeit,<br />

innere Bewertung<br />

Therapeutische Beziehung<br />

familiäres<br />

nisAutoritätsverhält-<br />

sachliche, kameradschaftliche<br />

Arbeitsbeziehung<br />

Lokalisation von Problemen<br />

<strong>und</strong> Konflikten<br />

außen, besonders in zwischenmenschlichenBeziehungen<br />

innerhalb der Person (Psyche)<br />

Körperbezug<br />

Erleben <strong>und</strong> Ausdruck, sehr<br />

körperbetont<br />

Körperbeherrschung,<br />

drucksarmutAus-<br />

Anmerkung: In Anlehnung an eine Tabelle von Prof. Dr. W. Pfeiffer - aus seinem Vortrag be<strong>im</strong> Arbeitskreis Migration<br />

in Nürnberg (1995).<br />

Zum anderen gibt es ganz offensichtlich einige spezifische Hintergr<strong>und</strong>probleme ausländischer KlientInnen, die<br />

innerhalb einer Entwöhnungstherapie besondere Beachtung <strong>und</strong> Aufarbeitung erfahren sollten:<br />

85


o Die erlebte ständige Ambivalenz hinsichtlich einer potentiellen Rückkehr in das Herkunftsland<br />

<strong>und</strong> die unterschiedliche kulturelle Ausrichtung etwa von Familien- <strong>und</strong> Berufsleben<br />

best<strong>im</strong>men das reale Leben vieler Emigrantenkinder. Jugendliche, die denken,<br />

sie seien anders, man behandle sie anders, fühlen sich schutzlos. Denn die Jugendlichen,<br />

die in der Familie zeitweise einen geschützten Zufluchtsort gesehen haben, erleben<br />

diese später anders: Sie erkennen, dass auch die Eltern in diesem Land oft hilflos<br />

sind <strong>und</strong> nie richtig Fuß gefasst haben. Jugendliche, die diesem Dilemma ausgesetzt<br />

sind, fallen häufig in eine völlige Leere, sie erleben sich als doppelt ausgegrenzt.<br />

o Mit der Bewältigung dieser Probleme sind viele junge ausländische Menschen überfordert<br />

<strong>und</strong> werden in Verbindung mit anderen Faktoren anfällig für vermeintliche Scheinlösungen,<br />

wie etwa den Drogenkonsum. Dieser führt zu weiterer Ausgrenzung <strong>und</strong> zu zusätzlichen<br />

negativen Folgeerscheinungen; die Probleme vergrößern sich <strong>und</strong> werden,<br />

bzw. erscheinen erst recht unüberwindlich.<br />

o Diese spezifische Hintergr<strong>und</strong>problematik gilt es in einer adäquaten Therapie aufzugreifen<br />

<strong>und</strong> aufzuarbeiten. Dabei ist es wichtig, den Jugendlichen zu vermitteln, dass ihr<br />

"doppelter" kultureller Hintergr<strong>und</strong> durchaus auch positiv bewertet werden kann <strong>und</strong><br />

dass eine multikulturelle Gesellschaft <strong>im</strong> soziokulturellen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Bereich<br />

davon ebenfalls profitieren kann.<br />

Aus der nachfolgenden Tabelle ist der Zuwachs der ausländischen Klienten in der Beratungsstelle<br />

der MUDRA abzulesen, der unserem Erachten nach die Einrichtung eines speziellen<br />

Angebots für Ausländer rechtfertigt.<br />

(in Prozent von der Gesamtzahl der MUDRA -KlientInnen)<br />

Der Zuwachs der ausländischen Klienten in der Beratungsstelle der MUDRA<br />

Im Jahr %<br />

1989 7,6<br />

1990 7,4<br />

1991 8,3<br />

1992 10,8<br />

1993 15,1<br />

1994 18,1<br />

1995 16,7<br />

1996 16,6<br />

Wenn wir die spezifischen Hintergründe von ausländischen DrogenkonsumentInnen nicht<br />

berücksichtigen <strong>und</strong> sie so behandeln wie deutsche Abhängige, kann das passieren, was<br />

Hoca Nasredin in der folgenden Parabel mit einem Falken darstellt:<br />

Wie ein Vogel aussehen muss<br />

Eines Tages fand Hoca Nasredin auf seiner Fensterbank einen erschöpften Falken sitzen. Er<br />

hatte noch nie so eine Art Vogel gesehen. "Du armer Kerl" sagte er, "wie war es nur möglich,<br />

dass du in einen solchen Zustand gekommen bist?" Er kürzte dem Falken die Krallen, schnitt<br />

den Schnabel zurecht <strong>und</strong> stutzte die Flügel. "Nun siehst du schon eher wie ein Vogel aus",<br />

sagte Nasredin.<br />

86


Die andere Mentalität<br />

Bei einer Vergleichsstudie von deutschen <strong>und</strong> türkischen Kranken, die Frau Prof. M. Özelsel<br />

von der Universität Frankfurt/M. durchgeführt hat, hat sich gezeigt, dass sich Türken <strong>und</strong><br />

Deutsche signifikant in therapeutisch relevanten Variablen unterscheiden. Es sei vorweggesagt,<br />

dass wir die Ergebnisse der Studie aus unserer praktischen Arbeit bestätigen können.<br />

- Die untersuchten Faktoren waren<br />

- Stressreagibilität<br />

- Normierungstendenz<br />

- Kausal- <strong>und</strong> Kontrollattribuierung<br />

- Bewältigungsstrategie.<br />

In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Türken bei Stress gleichermaßen zu somatischen<br />

<strong>und</strong> psychischen Reaktionen neigen, während Deutsche fast zwe<strong>im</strong>al so häufig<br />

psychisch wie somatisch reagieren (Özelsel, 1994). Für den Alltag in der Einrichtung bedeutet<br />

das, dass Klienten z.B. auf nicht akzeptierte Entscheidungen mit Magenkrämpfen oder<br />

Herzschmerzen reagieren. Solche Symptome können auch leicht s<strong>im</strong>uliert werden. Im Einzelfall<br />

muss die Glaubwürdigkeit der Klienten abgewogen werden.<br />

In islamischen Ländern gilt das Ideal, so wenig wie möglich von der gültigen Norm abzuweichen.<br />

Diese "Normierungstendenz" ist so ausgeprägt, dass sie auch <strong>im</strong> Ausland weitgehend<br />

über Generationen hinweg stabil bleibt. Am Beispiel der Essensgewohnheiten lässt sich dies<br />

illustrieren: Aufgr<strong>und</strong> der islamischen Herkunft der Klienten wird bei der Zubereitung der<br />

Speisen kein Schweinefleisch verwendet. Diese von den Klienten eingeführte Norm wird von<br />

allen Klienten eingehalten, obwohl Einzelne gerne auch Schweinefleisch essen würden.<br />

Unter Kausal- <strong>und</strong> Kontrollattribuierung versteht man die unterschiedliche Zuschreibung der<br />

Verantwortlichkeit. Während in der deutschen Gesellschaft die Verantwortlichkeit bei Verstößen<br />

gegen die Norm bei dem Einzelnen gesucht wird, machen die Türken in starkem Maße<br />

situative Faktoren für ihre Verstöße verantwortlich. Bei Verstößen gegen die Ausgangsregeln<br />

- z.B. verspätete Rückkehr - wird etwa der Busfahrer verantwortlich gemacht, <strong>und</strong> nicht die<br />

eigene mangelnde Zeitplanung. “Der Busfahrer habe nicht angehalten, oder er sei zu langsam<br />

gefahren etc.”, lauten mögliche Begründungen. Es handelt sich dabei nicht nur um lästige<br />

Ausreden. Dieses Verhalten wird aus dem kulturellen Zusammenhang leichter verständlich.<br />

Bei der Anwendung von Bewältigungsstrategien scheinen Deutsche auf "emotionalen Rückzug"<br />

oder "gedankliche Weiterverarbeitung" zurückzugreifen. Im Gegensatz dazu neigen<br />

Türken zur "Verharmlosung" <strong>und</strong> zur "Bagatellisierung" als Copingmechanismus. Dieses wird<br />

durch eine Geschichte von der legendären Figur Nasredin Hoca eindrucksvoll illustriert:<br />

Irgend etwas fiel herunter<br />

Als Nasredins Frau einen gewaltigen dumpfen Schlag hörte, rannte sie hinauf in sein Z<strong>im</strong>mer.<br />

"Reg dich nicht auf!" sagte der Hoca, " es war nur mein Mantel, der auf den Boden fiel."<br />

"Was, <strong>und</strong> das macht so einen Krach?" "Ja, ich hatte ihn gerade an."<br />

Die Rolle der Muttersprache<br />

Nach Atabay, I. (1994) hat die Muttersprache bei der Identitätsentwicklung von Kindern die<br />

folgenden Funktionen:<br />

87


1. Die Muttersprache spielt bei der Herausbildung <strong>und</strong> Stabilisierung der individuellen Identität<br />

eine wichtige Rolle, über die Muttersprache wird sozusagen die Basispersönlichkeit<br />

jedes Kindes geprägt.<br />

2. In der Muttersprache erfolgen das Benennen <strong>und</strong> die Versprachlichung des Wahrnehmungsfeldes.<br />

3. Die Muttersprache ermöglicht dem Kind das Erfassen, das Wiedergeben <strong>und</strong> das Verstehen<br />

der Welt.<br />

4. Die Muttersprache ist Träger gesellschaftlichen Wissens.<br />

5. Die Muttersprache bewirkt insgesamt die Übernahme <strong>und</strong> Aneignung gesellschaftlicher<br />

Muster des Handelns <strong>und</strong> Sprechens.<br />

6. Die Muttersprache ist familien- <strong>und</strong> gruppeninternes Kommunikationsmittel, sie dient der<br />

Mitteilung <strong>und</strong> Überlieferung wichtiger Geschichten, der Herstellung, Aufrechterhaltung<br />

<strong>und</strong> Veränderung sozialer Beziehungen in Familie <strong>und</strong> Gruppe, dem Austausch von Ideensystemen,<br />

kurz: Der täglichen Herstellung <strong>und</strong> Wiedererneuerung der kulturellen<br />

Identität.<br />

7. Die Muttersprache stellt ein starkes Band zum He<strong>im</strong>atland dar <strong>und</strong> ist unabdingbare<br />

Voraussetzung für eine erfolgreiche Reintegration <strong>im</strong> Falle der Rückkehr.<br />

Atabay fasst wie folgt zusammen: "Die Sprache als Muttersprache ist keine Qualität, die von<br />

dem heranwachsenden Kind abgelöst durch eine andere ersetzt werden kann oder sogar<br />

beliebig austauschbar ist, sondern sie ist wesentlicher Träger der Erstsozialisation in der<br />

Familie, aber auch Voraussetzung <strong>und</strong> Bedingung weiterer außerfamiliärer Sozialisations-<br />

<strong>und</strong> Bildungsprozesse, die auch nach dem Schuleintritt fortdauern". Atabay, I. 1994( aus<br />

Memorandum Muttersprachlicher Unterricht in der BRD, BAGIV Hrsg. 1985, S.17 - 19 )<br />

Für die Behandlung der ausländischen Klienten ist das Angebot, in ihrer Muttersprache behandelt<br />

zu werden, insofern wichtig, als sie so die Gelegenheit haben, sich zum einen in der<br />

ihnen gewohnten Sprache ihre Emotionen mitteilen zu können, zum anderen wichtige Sachverhalte,<br />

die sie in der deutschen Sprache nicht vermitteln können, in ihrer Sprache auszudrücken,<br />

ohne dabei inhaltliche Kompromisse machen zu müssen. Bei dem Angebot der<br />

muttersprachlichen Behandlung werden alle Normen <strong>und</strong> Erwartungen des Klienten schnell<br />

transparent. Diese Transparenz hat den Vorteil, dass wir nicht alles hinterfragen müssen, da<br />

die MitarbeiterInnen die Normen kennen <strong>und</strong> sich der Klient somit nicht hinter einer Maske<br />

verstecken kann. Wichtige Interventionen können so schneller <strong>und</strong> direkter in der Muttersprache<br />

erfolgen.<br />

Fazit<br />

Für eine stationäre Therapie ausländischer Drogenabhängiger erscheint es notwendig <strong>und</strong><br />

sinnvoll, zielgruppenspezifische Einrichtungen zu schaffen, deren therapeutisches Gesamtkonzept<br />

den kulturellen Hintergr<strong>und</strong>, die Mentalität, das (fehlende) Therapieverständnis <strong>und</strong><br />

die spezifischen Hintergr<strong>und</strong>probleme dieser Klientel sowie deren Skepsis gegenüber Institutionen<br />

<strong>und</strong> therapeutischem Vorgehen besonders berücksichtigt. Ein multikulturelles Team<br />

von MitarbeiterInnen, das mit der Kultur <strong>und</strong> den Gewohnheiten der KlientInnen vertraut ist,<br />

diese achtet <strong>und</strong> wertschätzt <strong>und</strong> <strong>im</strong> Umgang mit den therapeutischen Möglichkeiten besondere<br />

Flexibilität zeigt, ist für eine effektive Arbeit erforderlich. Die Einrichtung selbst muss<br />

überschaubar klein sein <strong>und</strong> familiären Charakter haben. Das therapeutische Konzept <strong>und</strong><br />

die (therapeutischen) Regeln müssen für die Klient/innen durchschaubar, nachvollziehbar<br />

<strong>und</strong> akzeptabel sein.<br />

An dieser Stelle wollen wir aber noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass nicht alle ausländischen<br />

Jugendlichen dieses spezielle Angebot brauchen. Insbesondere Jugendliche, die in<br />

Deutschland geboren sind, sich sehr frühzeitig von ihrem Elternhaus abgelöst haben <strong>und</strong> in<br />

He<strong>im</strong>en oder dem deutschen Hilfssystem, wie z.B. in Jugendhe<strong>im</strong>en oder in der Jugendfürsorge<br />

aufgewachsen sind, kommen häufig in einer auf deutsche Klienten zugeschnittenen<br />

Einrichtung zurecht.<br />

88


Besonderheiten des Hauses<br />

Islam-Spezifisches<br />

Aufgr<strong>und</strong> des islamischen Hintergr<strong>und</strong>es unserer Klienten besteht die Möglichkeit, <strong>im</strong> Haus<br />

ihre täglichen Gebete abzuhalten, ohne dass einer der Mitpatienten oder MitarbeiterInnen<br />

sich darüber beschwert oder daran Anstoß n<strong>im</strong>mt. Zu besonderen Festlichkeiten können die<br />

Klienten die etwa 10 km entfernte Moschee besuchen.<br />

Während des Ramadan-Fastens ist es unseren Klienten möglich, die Regeln des Islams einzuhalten.<br />

Das heißt, dass sie um 5.00 Uhr aufstehen, kochen, essen <strong>und</strong> dann wieder ins<br />

Bett gehen. In dieser Zeit sind sie vom Frühsport <strong>und</strong> vom Schw<strong>im</strong>men befreit. Ansonsten<br />

müssen sie den Tagesablauf ganz normal mitmachen. Um 16.00 Uhr gehen diese Klienten<br />

wieder in die Küche <strong>und</strong> bereiten ihr Essen vor, was sie ab 17.00 Uhr zu sich nehmen dürfen.<br />

Die Klienten, die fasten wollen, müssen am Vortag in der Morgenr<strong>und</strong>e ihre Absicht mitteilen<br />

Da bisher nur Klienten aus dem islamischen Kulturkreis aufgenommen wurden, wird kein<br />

Schweinefleisch zubereitet, auch wenn es Klienten gibt, die bei ihren Ausgängen Schweinefleisch<br />

essen. Ansonsten wird in der Küche international gekocht. Wie <strong>im</strong> ganzen Orient, so<br />

essen unsere Klienten zu allen Mahlzeiten Brot. Entsprechend der türkischen Tradition wird<br />

zu jeder Mahlzeit Schwarztee gereicht, der <strong>im</strong> Samowar zubereitet wird. Zusätzlich zu den<br />

Mahlzeiten haben wir jeweils vormittags <strong>und</strong> nachmittags eine Teepause.<br />

Ausländer-Spezifisches<br />

Visum <strong>und</strong> Aufenthaltsrecht<br />

Eine besondere Schwierigkeit betrifft neben den Best<strong>im</strong>mungen des Ausländergesetzes die<br />

Beschaffung von verloren gegangenen Reisepässen <strong>und</strong> damit in Zusammenhang stehenden<br />

Visa <strong>und</strong> Aufenthaltsberechtigungen. Da bis zu 30 % unserer Klienten keine gültige Aufenthaltsberechtigung<br />

oder Visum haben, besteht ein großer Bedarf an der Regelung des<br />

Aufenthaltsstatus. Die Beschaffung dieser Urk<strong>und</strong>en, die den Aufenthaltsstatus <strong>und</strong> damit<br />

auch eine Arbeitserlaubnis sichern, ist für eine Integration ins Arbeits- <strong>und</strong> Erwerbsleben<br />

dringend erforderlich. Die neuen Regelungen bei Verstößen von Ausländern gegen das Betäubungsmittelgesetz<br />

<strong>und</strong> die höheren Haftstrafen erschweren die Wiedereingliederung dieser<br />

Klienten enorm.<br />

Ausländergesetzgebung<br />

Eine Abschiebung ist besonders dramatisch für die Klienten, die hier geboren <strong>und</strong> aufgewachsen<br />

sind, <strong>und</strong> die Türkei nur aus dem Urlaub kennen. Von einer Abschiebung in das<br />

He<strong>im</strong>atland kann unseres Erachtens nicht gesprochen werden, da die Klienten diese so genannte<br />

He<strong>im</strong>at nicht wirklich kennen.<br />

Für die therapeutische Arbeit ist eine Mitteilung über die Einleitung der Abschiebung besonders<br />

gravierend, da die betroffenen Klienten zum Teil resignieren <strong>und</strong> sich fragen, warum sie<br />

denn überhaupt eine Therapie machen sollen, wenn sie sowieso abgeschoben werden. Die<br />

Hoffnungslosigkeit, die sich dann breit macht, hat sehr negative Auswirkungen auf die Behandlung.<br />

Da wir durch die Therapie eine Abschiebung nicht ausschließen können, kommt<br />

es innerhalb der Behandlung manchmal zu einer Verschiebung der Ziele. Es geht dann verstärkt<br />

um die Bearbeitung ausländerspezifischer, existentieller Probleme. Den Klienten stellt<br />

sich in diesen Fällen <strong>im</strong>mer wieder die Frage, warum sie sich eigentlich um Wohnung, Arbeit<br />

<strong>und</strong> Abstinenz bemühen sollen, da sie bei drohender Abschiebung darin keinen Sinn erkennen<br />

können.<br />

89


Realitätswoche<br />

Im Rahmen eines fünftägigen Realitätstrainings, das wenige Wochen vor der Entlassung<br />

angeboten wird, soll es dem Klienten ermöglicht werden, sich intensiv um familiäre <strong>und</strong> behördliche<br />

Angelegenheiten zu kümmern. Hierzu gehören Arbeits- <strong>und</strong> Wohnungssuche, Behördengänge<br />

(z.B. Arbeitsamt, Konsulat, Ausländeramt, Bewährungshilfe, etc.). Darüber<br />

hinaus soll der Klient seine bisher erreichten Ziele überprüfen <strong>und</strong> in der Realität erproben,<br />

inwiefern er diese erreicht hat oder noch Differenzen vorliegen. Bislang war dies nur bei<br />

Ausgängen <strong>und</strong> an Wochenendhe<strong>im</strong>fahrten möglich, wobei es sich zeigt, dass diese Zeit<br />

nicht ausreichend ist. Die He<strong>im</strong>fahrten zur Familie an Wochenenden haben eher Besuchscharakter,<br />

in dem die Belastungen so gering sind, dass die Patienten ihre Belastungsfähigkeit<br />

nicht realistisch überprüfen können. Für die Dauer einer ganzen Woche werden andere,<br />

meist höhere Anforderungen <strong>und</strong> Erwartungen von den Angehörigen an die Klienten gestellt,<br />

die zu Stress <strong>und</strong> belastenden Gefühlen führen können.<br />

Diese Belastungen in Form von Problemen, Emotionen, Defiziten <strong>und</strong> fehlenden Bewältigungsmöglichkeiten,<br />

die in der Realitätswoche zu Tage treten, werden anschließend in der<br />

Therapie aufgearbeitet. In der Nachbesprechung ist es möglich, Nachbesserungen vorzunehmen.<br />

Oder die Patienten entdecken für sich neue Ziele, die für ihre Abstinenz wichtig<br />

sind. Die Aufarbeitung mit dem Ziel einer Nachbesserungsmöglichkeit der bereits erlernten<br />

Bewältigungsmöglichkeiten bietet den Klienten Halt. Er weiß, dass er noch ein paar Wochen<br />

Therapiezeit hat, bevor er dann wieder auf sich alleine gestellt ist <strong>und</strong> mit diesen zum Teil<br />

belastenden Situationen ohne außenstehende Hilfe umgehen muss.<br />

Auf der anderen Seite ist das Realitätstraining natürlich unterstützend <strong>und</strong> motivierend für<br />

den Klienten. Er erfährt Bestätigung <strong>und</strong> Anerkennung von außen, was sein neu gewonnenes<br />

Selbstbewusstsein stärkt <strong>und</strong> ihn in seiner neu gewonnenen Selbstständigkeit bestärken<br />

soll.<br />

4.4 Partner- <strong>und</strong> Angehörigenseminare<br />

Im Unterschied zu anderen Entwöhnungseinrichtungen können wir unsere Klienten gemeinsam<br />

mit ihren PartnerInnen <strong>und</strong> Angehörigen, die zum Teil nur wenig Deutschkenntnisse<br />

haben, in ihrer Muttersprache betreuen <strong>und</strong> mit ihnen in Angehörigenseminaren arbeiten.<br />

Besonders die Angehörigen profitieren von diesem Angebot. Zum Teil ist es notwendig, dass<br />

wir gerade auch be<strong>im</strong> Ausdrücken von Emotionen zwischen unseren Klienten <strong>und</strong> deren Eltern<br />

übersetzen müssen. Dies kommt daher, weil einige unserer Klienten ihre Emotionen in<br />

Deutsch besser ausdrücken können, was die Eltern nicht verstehen <strong>und</strong> umgekehrt.<br />

Ziele des Partner- <strong>und</strong> Angehörigenseminars sind:<br />

- die Kommunikation zwischen beiden Seiten wieder in Gang zu bringen <strong>und</strong><br />

gegenseitiges Verständnis zu fördern,<br />

- mit den Gefühlen innerhalb der Partnerschaft konstruktiv umzugehen, besonders<br />

mit denen, die durch die Abhängigkeit entstanden sind,<br />

- Lösungsmöglichkeiten für auftretende Probleme selbstständig zu erarbeiten,<br />

- mit Krisensituationen, vor allem dem Rückfall, umgehen zu können.<br />

4.5. Konfrontationstraining<br />

4.5.1 Szene-Besuch<br />

Ab der 14. Woche ist es den Klienten möglich, einmal in der Woche für 5 St<strong>und</strong>en allein in<br />

den Ausgang nach Nürnberg zu gehen. Ausgänge können Freitag ab 16 Uhr oder am Wo-<br />

90


chenende genommen werden. Bevor die Klienten allein nach Nürnberg gehen dürfen, wird<br />

mit ihnen in therapeutischer Begleitung ein Szene-Besuch unternommen (in vivo-Übung).<br />

Das bedeutet, dass wir zusammen Plätze in Nürnberg aufsuchen, an denen sich die offene<br />

Drogenszene befindet. Unter anderem zeigen wir unseren Klienten auch die Beratungsstelle<br />

von MUDRA mit dem angeschlossenen offenen Bereich.<br />

Vor Ort sollen sich die Klienten mit ihren Gefühlen während des Drogenkonsums befassen<br />

<strong>und</strong> ihre jetzigen Empfindungen damit wahrnehmen <strong>und</strong> vergleichen. Die Klienten können<br />

austesten <strong>und</strong> erproben, wie es ihnen geht: Ob sie Suchtdruck bekommen, ob sie abgeschreckt<br />

<strong>und</strong> traurig werden, ob ihnen alte Erinnerungen kommen, usw. Der Szene-Besuch<br />

wird zusammen mit den betreffenden Klienten vor- <strong>und</strong> nachbereitet.<br />

Neben dem therapeutischen Zweck dient der Szene-Besuch auch dazu, den Klienten die<br />

Plätze Nürnbergs zu zeigen, die sie während ihres Ausganges vermeiden sollten, um sich so<br />

vor unerwünschten Kontakten mit der Szene zu schützen.<br />

4.5.2 Einige Zahlen<br />

Aus einer Vergleichsstudie (Diplomarbeit einer Psychologie-Studentin) der Klienten, die in<br />

Dönüs behandelt werden, <strong>und</strong> einer Gruppe von Islamischen Drogenabhängigen, die in vier<br />

anderen Einrichtungen behandelt wurden, ergeben sich die untenstehenden Zahlen. Aus<br />

diesen geht klar hervor, dass Klienten, die in Dönüs behandelt werden, sich besser integrieren<br />

können.<br />

Ergebnisse<br />

Rückfallhäufigkeit bei Permissiver Berechnung<br />

Dönüs 40 %<br />

Verg. 65 %<br />

Rückfälligkeit bei allen Drogen<br />

Dönüs 65,0%<br />

Verg. 73,0%<br />

Abstinenz nach Rückfall<br />

Dönüs 92,9%<br />

Verg. 53,3%<br />

Arbeitsintegration<br />

Dönüs 65,7 %<br />

Verg. 13,0%<br />

Erneuter Kontakt zu Drogenabhängigen<br />

Dönüs 17,1%<br />

Verg. 43,5%<br />

Deutsch als Hauptsprache<br />

Döns 30.0%<br />

Verg. 76.0%<br />

91


Literatur:<br />

Atabay, I: Ist dies mein Land?<br />

Identitätsentwicklung türkischer Migrantenkinder u. -jugendlicher in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Centaurus-Verlagsgesellschaft Pfaffenweiler 1994, Türkische Arbeiterfamilien in der BRD<br />

Weltkreis, 1987<br />

Kaya, D.: Dönüs-Therapieeinrichtung für ausländische Drogenabhängige<br />

In MUDRA Jahresbericht 1996. Seite 90-105<br />

Kaya, D.: Stationäre Therapie für drogenabhängige junge Männer ausländischer Herkunft<br />

oder Abstammung. In: Wegehaupt <strong>und</strong> Wieland (Hrsg.). Kinder-Drogen-Jugendliche-<br />

Pädagogen in: Kontakt bleiben. Münster: Votum-Verlag 1996, S. 249-254<br />

Kaya, D.: Ein Haus für ausländische Drogenabhängige<br />

In: Zeitschrift für Migration <strong>und</strong> Soziale Arbeit 3-4 1997 Seite 95-79<br />

Koz, M.S.: (1984) Nasreddin Hoca dan Fikralar Serhat A.S. Istanbul 1984<br />

Lehnitzk-Keiler, Ch., S<strong>im</strong>on, R.,: (1996) Jahresstatistik der Professionellen Suchthilfe –<br />

Daten aus EBIS <strong>und</strong> SEDOS 1995 In. Jahrbuch Sucht 1997 DHS<br />

Maier, Rita: Vergleichende Evaluation einer Therapiemethode für Drogenabhängige<br />

islamischer – orientalischer Herkunft (nicht veröffentlichte Diplomarbeit am Institut für<br />

Psychologie Erlangen – Nürnberg 1999)<br />

MUDRA: Jahresberichte von 1994-96<br />

Özelsel, M.M.: (1990) Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Migration. München: Profil 1990<br />

Özelsel, M.M.: (1994) Die andere Mentalität. In: Verhaltenstherapie <strong>und</strong> psychosoziale Praxis<br />

4/1994, Tübingen DGVT<br />

Yildis, M.: Beratung/Betreuung In: MUDRA Jahresbericht 1996. Seite 84-98<br />

92


Projekt <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> -beratung für junge Spätaussiedlerinnen<br />

<strong>und</strong> Spätaussiedler<br />

I. Einführung in das Projekt<br />

Eva Kohl<br />

Im September 1998 wurde be<strong>im</strong> Diakonischen Werk Duisburg das Modellprojekt <strong>Suchtprävention</strong><br />

<strong>und</strong> -beratung für junge Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong> Spätaussiedler eingerichtet. Der<br />

vom Jugendgemeinschaftswerk beobachtete, erheblich steigende Konsum von illegalen <strong>und</strong><br />

legalen Drogen, vor allem hochprozentigen Alkohols, vieler Duisburger Spätaussiedlerjugendlichen<br />

war maßgeblicher Anlass zur Installation dieses Projektes. Seitdem versuchen<br />

wir, durch gezielte Maßnahmen der pr<strong>im</strong>ären <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ären <strong>Suchtprävention</strong> die erhebliche<br />

Suchtgefährdung der meist aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Jugendlichen<br />

zu senken. Hinsichtlich der Suchtberatung wollen wir den bereits drogenkonsumierenden<br />

Jugendlichen Alternativen zu ihrem Konsumverhalten anbieten <strong>und</strong> erfahrbar machen. Neben<br />

Informationen über mögliche ges<strong>und</strong>heitliche, soziale <strong>und</strong> psychische Folgen des Drogenkonsums<br />

versuchen wir, den Jugendlichen ein kritisches Bewusstsein vor allem hinsichtlich<br />

des Alkoholkonsums zu vermitteln.<br />

Zu Beginn des Projektes haben wir eine schriftliche Befragung durchgeführt, um zum einen<br />

das Ausmaß der Suchtgefährdung von jungen SpätaussiedlerInnen in Duisburg herauszufinden<br />

<strong>und</strong> zum anderen geeignete Handlungsstrategien für die Projektpraxis zu entwickeln.<br />

Gleichzeitig haben wir ein Dokumentationsschema entwickelt, womit wir die praktische Projektarbeit<br />

laufend überprüfen <strong>und</strong> evaluieren können. Somit ist dieses Projekt praktisch <strong>und</strong><br />

wissenschaftlich ausgerichtet.<br />

Das für zunächst auf drei Jahre angelegte Projekt wird hinsichtlich der Finanzierung <strong>und</strong> der<br />

inhaltlichen Ausrichtung vor allem von Seiten des Ministeriums für Arbeit <strong>und</strong> Soziales, Qualifikation<br />

<strong>und</strong> Technologie (MASQT) unterstützt. Unsere Kooperationspartner sind vor allem<br />

der Verein zur psychosozialen Betreuung <strong>im</strong> DPWV (ginko) <strong>und</strong> die Regionale Arbeitsstelle<br />

zur Förderung von ausländischen Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA).<br />

In der Anfangsphase des Projektes war die Einbeziehung von jungen MigrantInnen türkischer<br />

Herkunft ein wesentlicher Aspekt des Projektes. Deshalb sind die aus den Befragungsergebnissen<br />

entwickelten Handlungsstrategien zur <strong>Suchtprävention</strong> auch auf andere<br />

Projekte übertragbar.<br />

Im Folgenden gebe ich einen Überblick über die Projektpraxis, über die Umsetzbarkeit der<br />

entwickelten Handlungsstrategien, die Beobachtungen in der praktischen Projektarbeit, das<br />

Theoriekonstrukt für die Abschlussuntersuchung, Projektergebnisse sowie Übertragbarkeit<br />

<strong>und</strong> Fortführungsmöglichkeiten des Projektes.<br />

II. Handlungsstrategien aus den Ergebnissen der ersten empirischen Untersuchung<br />

Die <strong>im</strong> Oktober 1998 durchgeführte schriftliche Befragung von 250 jungen Spätaussiedlerinnen<br />

<strong>und</strong> Spätaussiedlern in 5 unterschiedlichen Schulen <strong>und</strong> 5 verschiedenen Übergangswohnhe<strong>im</strong>en<br />

Duisburgs hat wichtige Ergebnisse für die <strong>Suchtprävention</strong> in der Projektpraxis<br />

hervorgebracht. Ziel unserer Befragung war es, den Zusammenhang zwischen Sucht <strong>und</strong><br />

Migration bei Spätaussiedlerjugendlichen in Duisburg zu erforschen. Die 138 weiblichen <strong>und</strong><br />

männlichen Befragten, die den in zwei Sprachen (Russisch <strong>und</strong> Deutsch) verfassten Fragebogen<br />

beantwortet haben, zeigten deutlich eine starke Suchtgefährdung, vor allem <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit ihren Integrationsproblemen in Deutschland. 4<br />

93


Die Untersuchungsergebnisse waren die Gr<strong>und</strong>lage der von uns entwickelten Handlungsstrategien<br />

für die Projektpraxis:<br />

1. Einrichtung niedrigschwelliger Info-Cafes für die pr<strong>im</strong>äre 5 <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>äre 6<br />

<strong>Suchtprävention</strong>sarbeit<br />

Um einen direkten Zugang zu den Jugendlichen zu bekommen <strong>und</strong> für die Jugendlichen einen<br />

attraktiven Treffpunkt zu schaffen, haben wir <strong>im</strong> Duisburger Norden <strong>und</strong> <strong>im</strong> Duisburger<br />

Süden, dort wo der Bevölkerungsanteil von SpätaussiedlerInnen sehr hoch ist, jeweils ein<br />

Info-Cafe eingerichtet. Die Jugendlichen können dort Kicker, Darts <strong>und</strong> Tischtennis spielen<br />

<strong>und</strong> Musik hören. Gleichzeitig bietet dieses niedrigschwellige Angebot meinen MitarbeiterInnen<br />

<strong>und</strong> mir, der Projektleiterin, die Möglichkeit, Einzelgespräche oder Gruppendiskussionen<br />

mit den Jugendlichen zu führen oder mit den Jugendlichen gemeinsam Jugendfahrten zu<br />

besprechen <strong>und</strong> zu planen. Die Info-Cafes sind wichtigster Kern unserer praktischen Projektarbeit.<br />

Sie sind nicht nur offen für Spätaussiedlerjugendliche, sondern für alle Jugendlichen<br />

des jeweiligen Stadtteils.<br />

2. Erlebnispädagogische Freizeitangebote<br />

Hinsichtlich der Durchführung von pr<strong>im</strong>ärer <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ärer <strong>Suchtprävention</strong> haben wir uns<br />

vor allem für erlebnispädagogische Freizeitangebote entschieden. Die Jugendlichen können<br />

beispielsweise durch (Abenteuer-) Sport ihre Fähigkeiten <strong>und</strong> Ressourcen aber auch ihre<br />

Grenzen kennen lernen. Hierdurch stärken sie gleichzeitig ihr Selbstbewusstsein <strong>und</strong> -<br />

wertgefühl. Der so genannte Nervenkitzel oder „Kick“, den einige Jugendliche be<strong>im</strong> Drogengebrauch<br />

suchen, kann auch be<strong>im</strong> Wasserski, Klettern <strong>und</strong> Kanu-Wildwasser-Fahren erlebt<br />

werden.<br />

3. Straßensozialarbeit<br />

Aufgr<strong>und</strong> des anderen Freizeitverhaltens der Spätaussiedlerjugendlichen ist es sinnvoll, gerade<br />

zu Beginn des Projektes Streetwork durchzuführen. Im Gegensatz zu hier geborenen<br />

deutschen Jugendlichen, halten sich die jungen SpätaussiedlerInnen in ihrer Freizeit nahezu<br />

ausschließlich auf der Straße, in Parks <strong>und</strong> Fußgängerzonen auf. Da viele von ihnen aus<br />

Dörfern <strong>und</strong> Enklaven Kasachstans kommen, ist die Frequentierung von Jugend- <strong>und</strong> Kulturzentren<br />

<strong>und</strong> Sportvereinen oder das Ausüben eines best<strong>im</strong>mten Hobbys weitgehend unbekannt.<br />

Um dennoch einen Zugang zu erreichen, suchen wir die Spätaussiedlerjugendlichen<br />

an ihren informellen Treffpunkten auf <strong>und</strong> sprechen sie direkt <strong>und</strong> offen auf unser Projekt an.<br />

Überdies hilft uns die Straßensozialarbeit zu folgenden Aspekten weiter:<br />

• Kontaktaufnahme <strong>und</strong> Abbau von Schwellenängsten<br />

• Aufbau vertrauensvoller Beziehungen<br />

• Kontakt zu unserem <strong>Suchtprävention</strong>sprojekt <strong>und</strong> zu anderen Hilfeeinrichtungen herstellen<br />

• Abbau von Benachteiligung <strong>und</strong> Ausgrenzung<br />

4. Integrationsarbeit<br />

Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes ist die Integrationsarbeit, die für uns darin besteht,<br />

die kulturellen Bedürfnisse der Spätaussiedlerjugendlichen zuzulassen <strong>und</strong> dafür<br />

Raum zu geben. Die Jugendlichen müssen zunächst ihre eigene Identität finden, bevor sie<br />

sich auf andere MigrantInnengruppen <strong>und</strong> einhe<strong>im</strong>ische Deutsche 7 einlassen können. Sie<br />

selbst sehen sich aufgr<strong>und</strong> ihrer Sozialisation als Russen <strong>und</strong> müssen sich an das „Deutschsein“<br />

erst gewöhnen. Vor allem die russische Sprache <strong>und</strong> der Rückzug auf die russische<br />

Subkultur ist es, die sie massiv von den hier geborenen Jugendlichen unterscheidet. In Zusammenarbeit<br />

mit dem Jugendgemeinschaftswerk bieten wir den Jugendlichen Sprachorientierungskurse<br />

<strong>und</strong> kulturelle Stadtr<strong>und</strong>fahrten an. Noch wichtiger ist uns die soziale Integration<br />

der Jugendlichen. Schritt für Schritt können sie in unserem Projekt lernen, dass das Leben<br />

zwischen zwei Kulturen auch Vorteile mit sich bringt <strong>und</strong> dass das kulturelle, soziale <strong>und</strong><br />

von Demokratie <strong>und</strong> Individualismus geprägte Leben in Deutschland auch sehr reizvoll sein<br />

kann. Gleichzeitig lernen wir wiederum von den Spätaussiedlerjugendlichen, die beispielsweise<br />

eine vorbildliche Solidarität untereinander leben.<br />

94


5. Einsatz von so genannten Keypersons<br />

Ausschlaggebend für die Projektarbeit ist die Schaffung eines stabilen Vertrauensverhältnisses<br />

zwischen den jungen SpätaussiedlerInnen <strong>und</strong> uns. Gerade zu Beginn der Arbeit ist der<br />

Einsatz von so genannten Keypersons sehr ratsam. Diese Keypersons, also Menschen mit<br />

gleichem kulturellem Hintergr<strong>und</strong> wie die Zielgruppe, haben meistens einen leichteren Zugang,<br />

da sie sich mit der Mentalität <strong>und</strong> der Kultur der SpätaussiedlerInnen auskennen.<br />

Gleichzeitig haben sie eine wichtige Vermittlungsrolle bei Konflikten oder Missverständnissen<br />

zwischen der MigrantInnengruppe <strong>und</strong> der Aufnahmegesellschaft. Hinsichtlich der <strong>Suchtprävention</strong><br />

werden sie von den jungen MigrantInnen eher respektiert <strong>und</strong> ihnen wird eher zugehört<br />

<strong>und</strong> vertraut als bei einhe<strong>im</strong>ischen deutschen MitarbeiterInnen.<br />

6. Workshops zu jugendrelevanten Themen<br />

Während der Öffnungszeiten der Info-Cafes bieten wir in regelmäßigen Abständen<br />

Workshops zu best<strong>im</strong>mten Themen an, die für Jugendliche wichtig <strong>und</strong> interessant sind. Dazu<br />

gehören Anti-Aggressions- oder Coolness-Training, AIDS-Vorbeugung, Sexual- <strong>und</strong> Verhütungsworkshops<br />

<strong>und</strong> natürlich Seminare zum Thema Sucht <strong>und</strong> Drogen. Obgleich ähnliche<br />

Inhalte in Schulen vermittelt werden, laden wir hierzu Fachleute bzw. Referenten ein, die<br />

den Jugendlichen auf lockere <strong>und</strong> spielerische Weise die jeweiligen Themen rüberbringen.<br />

Maßgeblich ist hierbei, dass die ReferentInnen die Workshops nicht „oberlehrerhaft“ bzw. mit<br />

„pädagogischem Zeigefinger“ durchführen, sondern die Jugendlichen ernst nehmen <strong>und</strong> sie<br />

offen ansprechen.<br />

7. Einbeziehung der Eltern<br />

Elternarbeit ist in der <strong>Suchtprävention</strong>sarbeit mit Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ein wichtiger Bestandteil.<br />

Die Eltern haben neben den Kindergärten <strong>und</strong> Schulen die wichtigste Erziehungsaufgabe<br />

<strong>und</strong> prägen die Persönlichkeit der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen am meisten. In Zusammenarbeit<br />

mit dem Jugendgemeinschaftswerk, dessen Mitarbeiterin die Aussiedlerfamilien<br />

betreut, haben wir Zugang zu einigen Eltern der Jugendlichen. Ebenso haben wir durch das<br />

Info-Cafe <strong>im</strong> Übergangswohnhe<strong>im</strong> Kontakte zu Eltern <strong>und</strong> Großfamilien. Jedoch kann nur mit<br />

großem Fingerspitzengefühl das Thema Sucht <strong>und</strong> Drogen mit den Eltern angegangen werden,<br />

da hier ein Tabuthema angesprochen wird. Auch hier ist der Einsatz von vermittelnden<br />

Keypersons ratsam.<br />

8. Kooperation <strong>und</strong> <strong>Vernetzung</strong><br />

Aufgr<strong>und</strong> unserer <strong>Suchtprävention</strong>sarbeit mit jugendlichen Spätaussiedlern liegt es nahe,<br />

dass wir mit Einrichtungen kooperieren, die <strong>im</strong> Drogenberatungs- <strong>und</strong> <strong>Suchtprävention</strong>sbereich<br />

arbeiten oder maßgeblich mit dem Thema Migration <strong>und</strong> Integration beschäftigt sind.<br />

Hieraus ergibt sich eine Fülle von Kooperationspartnern. Für unsere praktische Arbeit ist es<br />

auch sinnvoll, mit Schulen <strong>und</strong> Jugendzentren zusammenzuarbeiten. Es findet ein reger Informations-<br />

<strong>und</strong> Ressourcenaustausch statt, ohne den unsere Projektarbeit gar nicht möglich<br />

wäre. Zudem entsteht hierdurch stadtteilorientierte <strong>Vernetzung</strong>sarbeit, die mit aktiver Teilnahme<br />

<strong>und</strong> konstruktiver Mitarbeit an spezifischen Arbeitskreisen <strong>und</strong> R<strong>und</strong>en Tischen<br />

Strukturen bekommt.<br />

9. Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die praktische Projektarbeit wird nicht nur regelmäßig dokumentiert <strong>und</strong> evaluiert, sondern<br />

es werden regelmäßig Presseartikel <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funkberichte über unsere Pionierarbeit geschrieben<br />

<strong>und</strong> gesendet. Durch unsere Projektberichte, Dokumentationen <strong>und</strong> Vorträge auf<br />

Tagungen zum Thema Sucht <strong>und</strong> Migration wird unsere Projektarbeit einem breiten Fachpublikum<br />

in ganz Deutschland zugänglich gemacht.<br />

III. Konzept des Info-Cafes 8<br />

Das Info-Cafe ist eine niedrigschwellige 9 Einrichtung <strong>und</strong> wichtigster Ort unserer praktischen<br />

Projektarbeit hinsichtlich der <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> -beratung für die Spätaussiedler-<br />

95


jugendlichen. Es gilt für die Jugendlichen als Treffpunkt, wo sie ihre selbst mitgebrachte russische<br />

Musik hören <strong>und</strong> mit Fre<strong>und</strong>en Karten, Darts, Tischtennis <strong>und</strong> Kicker spielen. Es liegen<br />

Jugendzeitschriften (Bravo, Mädchen usw.) aber auch für Jugendliche konzipierte Infomaterialien<br />

über Drogen, Sucht, AIDS, Verhütung <strong>und</strong> Ausbildung/ Bewerbung aus. Zahlreiche<br />

Info-Materialien gibt es in russischer Sprache.<br />

1. Niedrigschwelliges, offenes Angebot<br />

In den jugendkeller- oder discoähnlichen Räumlichkeiten fühlen sich die Jugendlichen sehr<br />

wohl. Die sonst so große Hemmschwelle, deutsche Einrichtungen, Ämter oder auch Jugendzentren<br />

zu besuchen, haben die Jugendlichen hinsichtlich des Info-Cafes völlig abgelegt. In<br />

ihrem „Club“ können sie sich fühlen, wie in Kasachstan oder Russland. Sie haben die Möglichkeit,<br />

die Räumlichkeiten <strong>und</strong> Öffnungszeiten selbst zu gestalten. Trotz der Niedrigschwelligkeit<br />

des Info-Cafes setzen wir klare Regeln <strong>und</strong> Grenzen für die Jugendlichen. In den<br />

Räumlichkeiten des Info-Cafes dürfen sie weder rauchen noch Alkohol trinken. Draußen wird<br />

Rauchen für 16-Jährige <strong>und</strong> Ältere zwar geduldet, aber Alkohol darf weder mitgebracht noch<br />

auf dem Gelände getrunken werden. Das Konsumverbot in den Info-Cafe-Räumlichkeiten<br />

soll den Jugendlichen vor allem symbolisch zeigen, dass es sich be<strong>im</strong> Info-Cafe um einen<br />

besonderen Treffpunkt handelt <strong>und</strong> best<strong>im</strong>mte Regeln einzuhalten sind. Kommen Jugendliche<br />

<strong>im</strong> Rauschzustand, schicken wir sie zum Ausschlafen wieder nach Hause <strong>und</strong> machen<br />

deutlich, dass sie <strong>im</strong> nüchternen Zustand <strong>im</strong>mer herzlich willkommen sind. Da unser Info-<br />

Cafe für alle Jugendlichen ab 12 Jahren offen ist, wollen wir vermeiden, dass die älteren<br />

bzw. bereits drogenkonsumierenden Jugendlichen die Jüngeren zum Konsum verleiten.<br />

2. Komm- <strong>und</strong> Geh-Struktur<br />

Das Info-Cafe hat gleichzeitig eine Komm- <strong>und</strong> Geh-Struktur. Die Jugendlichen kommen also<br />

zu den Öffnungszeiten <strong>und</strong> nutzen die Angebote <strong>und</strong> Räumlichkeiten, gleichzeitig gehen wir<br />

auf die Straße <strong>und</strong> sprechen neue Spätaussiedlerjugendliche an, vor allem dann, wenn einige<br />

„abtrünnig“ wurden. Zu Beginn der Info-Cafe-Arbeit haben wir konsequent Streetwork <strong>im</strong><br />

Stadtteil Duisburg-Neumühl <strong>und</strong> Umgebung durchgeführt. Wir sind zu den (informellen) Orten<br />

gegangen, wo wir Jugendliche aus der ehemaligen Sowjetunion antreffen. Dieses Vorgehen<br />

ist sehr erfolgreich, da wir die Jugendlichen spontan <strong>und</strong> ohne „erhobenen Zeigefinger“<br />

ansprechen. Durch unsere in Russisch, Türkisch <strong>und</strong> Polnisch übersetzten Info-Blätter<br />

über Öffnungszeiten <strong>und</strong> Angebote des gerade eröffneten Info-Cafes fühlen sich die Jugendlichen<br />

ernst genommen <strong>und</strong> werden sehr neugierig auf unsere Einrichtung. So hatten wir<br />

anfangs eine Besucherzahl von über 50 Jugendlichen. Inzwischen ist der Zugang niedriger<br />

geworden <strong>und</strong> liegt jetzt bei 25 Jugendlichen. Es kommen <strong>im</strong>mer wieder neue Jugendliche<br />

zu den Öffnungszeiten, aber es gibt auch eine Kerngruppe von Jugendlichen, die schon von<br />

Anfang an dabei sind.<br />

3. Erlebnispädagogische Freizeitangebote <strong>und</strong> praktische <strong>Suchtprävention</strong><br />

Für unsere pr<strong>im</strong>ären <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ären <strong>Suchtprävention</strong>smaßnahmen <strong>und</strong> vor allem für die<br />

erlebnispädagogischen Freizeitangebote ist das Info-Cafe der Ausgangspunkt. Wir laden<br />

ReferentInnen von außen ein, die <strong>im</strong> Info-Cafe Coolness-Training oder Anti-AIDS-<br />

Workshops durchführen. Oder wir organisieren mit den Jugendlichen zusammen Wasserski-<br />

<strong>und</strong> Kletter-Workshops sowie Kanu-Touren, die alle als Abenteuersport die pr<strong>im</strong>äre <strong>Suchtprävention</strong><br />

unterstützen. Bei der sek<strong>und</strong>ären <strong>Suchtprävention</strong> versuchen wir, den Jugendlichen<br />

einen anderen Umgang mit Alkohol <strong>und</strong> Drogen zu vermitteln.<br />

Obgleich die Jugendlichen aus der ehemaligen Sowjetunion in Großfamilien aufgewachsen<br />

sind <strong>und</strong> soziales <strong>und</strong> solidarisches Leben erlernt haben, sind Gruppenfahrten <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit Suchtprophylaxe <strong>und</strong> Integration für sie maßgeblich. Da wir Gruppenfahrten<br />

<strong>im</strong>mer mit Erlebnissport <strong>und</strong> -pädagogik verbinden, lernen die Jugendlichen an einem Wochenende<br />

viel intensiver ihre Ressourcen <strong>und</strong> Fähigkeiten kennen. Die Gruppe ist einerseits<br />

dazu da, um sich sportlich zu messen (wichtig für die Jungen), aber auch um die Konfliktfähigkeit<br />

zu testen. Nach einem anstrengenden Tag <strong>im</strong> Kanu oder auf dem Berg setzen sich<br />

alle zusammen, essen, trinken, singen <strong>und</strong> tanzen gemeinsam. Dieses Zusammenhörig-<br />

96


keitsgefühl stärkt die Jugendlichen <strong>und</strong> baut Frust ab. Auf den Erlebnissportwochenenden,<br />

wo ca. 300 Jugendliche gemeinsam Sport machen <strong>und</strong> tanzen, lernen die Jugendlichen noch<br />

zusätzlich andere Jugendliche verschiedener Nationalitäten kennen.<br />

4. Einzelgespräche zur Suchtberatung<br />

Die Jugendlichen erreichen wir am besten durch spontane Einzelgespräche. Gruppengespräche<br />

sind in unseren niedrigschwelligen, offenen Angeboten kaum möglich. Entweder<br />

hört keiner hin, oder der Raum wird verlassen. In Einzelgesprächen können sich die Jugendlichen<br />

nicht so rasch entziehen <strong>und</strong> müssen sich somit „gezwungenermaßen“ mit unseren<br />

angesprochenen Themen auseinandersetzen. Gerade bei der sek<strong>und</strong>ären <strong>Suchtprävention</strong><br />

ist es wichtig, dass wir die gefährdeten Jugendlichen direkt ansprechen, vor allem dann,<br />

wenn sie gerade be<strong>im</strong> Drogenkonsum entdeckt werden. Oftmals ergibt sich hierbei ein kontroverses<br />

Gespräch z.B. über die Droge selbst. Gleichzeitig ist dies aber eine Möglichkeit für<br />

uns, mehr über die Probleme oder unerfüllten Bedürfnisse des bereits suchtgefährdeten Jugendlichen<br />

zu erfahren <strong>und</strong> ihm/ ihr Alternativen <strong>und</strong> Lösungsvorschläge aufzuzeigen.<br />

5. Zweisprachige Infos zu jugendrelevanten Themen<br />

Da die Kommunikationssprache unter den Spätaussiedlerjugendlichen Russisch ist, haben<br />

wir zahlreiche Informationen zu Drogen, Ausbildung, Fre<strong>und</strong>schaft, AIDS <strong>und</strong> Verhütung in<br />

Russisch übersetzten Exemplaren ausliegen. Diese werden von den Jugendlichen eher gelesen<br />

als die deutschsprachigen Info-Materialien. Mit dieser Geste zeigen wir den Jugendlichen,<br />

dass wir sie ernst nehmen <strong>und</strong> ihre kulturelle „Besonderheit“ akzeptieren.<br />

6. Abendliche Öffnungszeiten<br />

Das Info-Cafe ist vor allem <strong>im</strong> Abendbereich geöffnet, da die Jugendlichen erst dann aus den<br />

Schulen oder Ausbildungsbetrieben kommen. Zusätzliche Öffnungszeiten bzw. Aktionen organisieren<br />

wir an Wochenenden, um z.B. eine Disco oder eine Wochenendtour anzubieten.<br />

Auch durch unsere erlebnispädagogischen Angebote, die oft nicht während der Info-Cafe-<br />

Zeiten stattfinden können, oder aufgr<strong>und</strong> unseres Hallensports haben wir weitere Zeit dazu<br />

gewonnen, um Gespräche mit den Jugendlichen zu führen oder einfach nur mehr Vertrauen<br />

herzustellen.<br />

IV. Theoriekonstrukt für die Abschlussuntersuchung<br />

In der Abschlussuntersuchung des Projektes, das jetzt nach mehr als 3 Jahren ausläuft, ist<br />

eine Analyse der Lebensverläufe der Spätaussiedlerjugendlichen <strong>im</strong> Zusammenhang mit der<br />

Migration vom Herkunftsland nach Deutschland notwendig. Denn es hat sich in unserer wissenschaftlichen<br />

<strong>und</strong> praktischen Projektarbeit gezeigt, dass gerade die Lebenserfahrungen<br />

<strong>im</strong> Herkunftsland, die Migration selbst <strong>und</strong> die objektive wie auch subjektive Wahrnehmung<br />

der Jugendlichen <strong>im</strong> Integrationsprozess ausschlaggebend für ihre mehr oder minder starke<br />

Suchtgefährdung sind.<br />

Auf dem folgenden Schaubild bzw. Theoriekonstrukt sind die unterschiedlichen Faktoren <strong>und</strong><br />

Ursachen dargestellt, die unseres Erachtens zu einer starken Suchtgefährdung <strong>und</strong> destruktiven<br />

Verhaltensweisen bei den Spätaussiedlerjugendlichen führen können. Ohne näher auf<br />

die einzelnen Faktoren an dieser Stelle einzugehen ist für uns der Zeitpunkt der Migration<br />

ausschlaggebend hinsichtlich der Integrationsprobleme der Jugendlichen in Deutschland <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der starken Suchtgefährdung. Auch unsere Beobachtungen in der Praxis<br />

bestätigen diese These.<br />

V. Befragung der Jugendlichen – Abschlussuntersuchung des Projektes<br />

Aufgr<strong>und</strong> unserer Erfahrungen in der praktischen Projektarbeit <strong>und</strong> der Feststellung, dass wir<br />

entscheidende Informationen über die Spätaussiedlerjugendlichen nahezu ausschließlich in<br />

97


Einzelgesprächen einholen können, haben wir uns entschlossen, Leitfadeninterviews mit den<br />

Jugendlichen <strong>im</strong> Info-Cafe durchzuführen. Ohnehin nutzen wir seit Beginn des Projektes die<br />

regelmäßigen Öffnungszeiten der Info-Cafes, um Feldforschung zu betreiben bzw. die oft<br />

wiederholten Verhaltensweisen der Jugendlichen zu beobachten <strong>und</strong> zu dokumentieren.<br />

Aus dem Theoriekonstrukt haben wir folgende Aspekte bzw. Fragen herausgefiltert, die bei<br />

der Beobachtung aber auch in den Leitfadeninterviews erforscht werden sollen:<br />

1. Welche Spätaussiedlerjugendlichen sind besonders suchtgefährdet?<br />

2. Ist die Migration nach Deutschland ein Trauma für die Jugendlichen?<br />

3. Welche Rolle spielen die Eltern hinsichtlich der Suchtgefährdung der Jugendlichen?<br />

4. Hat das Projekt zum kritischen Umgang mit Drogen, vor allem Alkohol, beigetragen?<br />

5. Sind die Handlungsstrategien des Projektes erfolgreich?<br />

VI. Beobachtungen aus der praktischen Projektarbeit<br />

Folgende Beobachtungen haben wir bei der Feldforschung in der Projektpraxis gemacht:<br />

1. Erlebnispädagogik <strong>und</strong> Sport ist ein Erfolg<br />

Zunächst eine Erklärung zum Alkohol <strong>und</strong> Geschlechterverhältnis:<br />

Aufgr<strong>und</strong> der traditionellen Rollenmuster <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Sozialisation in Russland<br />

oder Kasachstan sind es gerade die Jungen, die einen kritischen Umgang mit Alkohol<br />

unbedingt erlernen <strong>und</strong> begreifen müssen. Es herrscht bei vielen männlichen Spätaussiedlerjugendlichen<br />

der (Irr-) Glaube, dass ein Mädchen einen Jungen besonders stark <strong>und</strong> attraktiv<br />

findet, wenn er sehr viel (hochprozentigen) Alkohol vertragen kann. Hiermit setzen sie<br />

dann gleich: Wer den meisten Alkohol vertragen kann, ist der Stärkste. Die Mädchen ihrerseits<br />

verhalten sich, offiziell, entsprechend dem traditionellen Rollenmuster: Sie kritisieren<br />

die Jungen nicht, wenn sie bis zum Exzess Alkohol konsumieren, sondern lachen höchstens<br />

über ihre betrunkenen männlichen Kollegen. Sprechen wir die Mädchen aber an, wenn sie<br />

unter sich oder alleine sind, dann verraten sie uns, dass sie das extreme „Saufen“ eigentlich<br />

abstoßend finden <strong>und</strong> dass sie nüchterne <strong>und</strong> verständnisvolle Fre<strong>und</strong>e lieber hätten, als<br />

diese „Machos“ oder eigentlich Jungen. Die Mädchen selbst trinken kaum Alkohol; dafür sind<br />

bei ihnen Essstörungen kombiniert mit Nikotin- <strong>und</strong> Medikamentensucht sehr oft zu beobachten.<br />

Im Rahmen der pr<strong>im</strong>ären aber auch sek<strong>und</strong>ären <strong>Suchtprävention</strong> bieten wir verstärkt Erlebnissport<br />

an. Gerade die männlichen Spätaussiedlerjugendlichen sprechen besonders positiv<br />

auf den Sport an <strong>und</strong> sind zudem noch sehr talentiert. Auch die Jungen, die in der Gruppe<br />

für einen starken Alkoholkonsum bekannt <strong>und</strong> besonders suchtgefährdet sind, bauen be<strong>im</strong><br />

Sport Frust <strong>und</strong> Aggressionen ab <strong>und</strong> entdecken dabei ihre Stärken <strong>und</strong> Fähigkeiten. Genau<br />

diese Beobachtungen zeigen, dass der Erlebnissport den männlichen Spätaussiedlerjugendlichen<br />

ermöglicht, ihre Stärke nicht durch hohen Alkoholkonsum zu präsentieren, sondern<br />

durch sportliche Leistungen <strong>und</strong> mutigen Einsatz be<strong>im</strong> Abenteuer. Gleiches gilt für das Imponierverhalten<br />

der Jungen gegenüber den weiblichen Spätaussiedlerjugendlichen: Den<br />

männlichen Spätaussiedlerjugendlichen wird be<strong>im</strong> sportlichen Erfolg bewusst, dass die Mädchen<br />

einen sportlich trainierten Jungen attraktiver finden, als einen ständig alkoholisierten<br />

<strong>und</strong> oft gewalttätigen Jungen.<br />

Die Mädchen hingegen interessieren sich mehr für das Tanzen <strong>und</strong> für künstlerische Hobbys.<br />

Dem sind wir mit entsprechenden Workshops (Jazz-Tanz, Hennamalerei, Mode schneidern)<br />

entgegengekommen. Hinsichtlich des magersüchtigen Verhaltens bei vielen Mädchen<br />

erreichen wir in Gesprächen <strong>und</strong> Workshops, dass sie ein positiveres Körpergefühl <strong>und</strong> mehr<br />

Selbstbewusstsein erlangen.<br />

98


2. Jugendliche sehen Info-Cafe als Stück „He<strong>im</strong>at“ an<br />

Es ist sehr wichtig für die Jugendlichen, dass sie das Info-Cafe mit einem Stück „He<strong>im</strong>at“<br />

gleichsetzten dürfen, denn sie fühlen sich in Deutschland noch nicht he<strong>im</strong>atlich. Im Info-Cafe<br />

verhalten sich die Spätaussiedlerjugendlichen sehr selbstbewusst; sie wissen, dass sie hier<br />

ihre russische Kultur voll ausleben können. Hierbei wird noch mal deutlich, wie wichtig es<br />

zunächst für die Jugendlichen aus der ehemaligen Sowjetunion ist, sich wenigstens in „Nischen“<br />

wohlfühlen zu können. Unsere Aufgabe ist es wiederum, die Jugendlichen mit best<strong>im</strong>mten<br />

Aktionen (z.B. Kino-, Theater- <strong>und</strong> Rathausbesuche) Schritt für Schritt mit der<br />

deutschen Kultur <strong>und</strong> der Demokratie vertraut zu machen.<br />

3. Rückzug in die Subkultur zelebriert<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Probleme, ihre eigene Identität zu finden, ziehen sich die meisten jungen Spätaussiedlerjugendlichen<br />

in die „eigene“ russische Kultur zurück. Ihr Freizeitverhalten gleicht<br />

dem <strong>im</strong> Herkunftsland. Informelle Plätze <strong>und</strong> Orte wie Straßen, Parkanlagen <strong>und</strong> Häusereingänge<br />

sind für die Spätaussiedlerjugendlichen ähnliche Treffpunkte wie beispielsweise in<br />

Kasachstan oder Russland. Der exzessive, meist gemeinschaftliche Alkoholkonsum in der<br />

Clique wird bei diesen Treffen genauso ausgeübt wie <strong>im</strong> Herkunftsland. Die befragten Jugendlichen<br />

bestätigen, dass sie vor ihrer Migration nach Deutschland keine besonderen<br />

Hobbys hatten. Sie haben sich in der Freizeit mit den Fre<strong>und</strong>en getroffen, eventuell mit ihnen<br />

zusammen etwas unternommen, aber meistens lediglich herumgehangen. Gerade die Spätaussiedlerjugendlichen,<br />

die auf dem Land groß geworden sind, kennen keine Jugendeinrichtungen.<br />

Sport wurde weder mit Hobby, Spaß noch Freizeit in Verbindung gebracht, sondern<br />

als diszipliniertes Leistungsfach in der Schule. Die russische Musik, egal ob „melancholische“<br />

Folklore, Techno oder Hip Hop ist für die Jugendlichen ein wichtiges Medium, um zu<br />

ihrer Identität zu finden. Auch Symbole, die mit der ehemaligen Sowjetunion in Verbindung<br />

gebracht werden – wie „Hammer <strong>und</strong> Sichel“ oder kommunistische Texte <strong>und</strong> Lieder – sind<br />

für die Jugendlichen, ohne dabei die Ideologie zu vertreten, identitätsstiftend. Am meisten<br />

aber ist es die russische Sprache, welche die Jugendlichen verbindet.<br />

4. Umgang mit Alkohol unkritisch – „Es muss knallen!“<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Tradition, Wodka zu jeder besonderen Gelegenheit in großen Trinkgläsern<br />

auszuschenken <strong>und</strong> in Gemeinschaft zu trinken, wird das Suchtpotential dieser Droge verdrängt<br />

bzw. nicht erkannt. Problematisch ist hierbei, dass <strong>im</strong> Gegensatz zu Deutschland, wo<br />

zwar auch auf vielen Festen Bier <strong>und</strong> Wein getrunken wird, ein übermäßiger Alkoholmissbrauch<br />

weder gesellschaftlich sanktioniert noch als ges<strong>und</strong>heitsgefährdend betrachtet wird.<br />

Eher wird derjenige geschätzt, der am meisten <strong>und</strong> über das Maß hinaus Alkohol „trinkt“.<br />

Gerade bei den männlichen Spätaussiedlern wird exzessiver Alkoholkonsum mit Stärke,<br />

Männlichkeit <strong>und</strong> Selbstbewusstsein gleichgesetzt. Dass es sich bei diesem Umgang mit<br />

Alkohol tatsächlich um eine Schwäche handelt, zumal das eigene Trinkverhalten in Abhängigkeit<br />

von Tradition <strong>und</strong> „Fre<strong>und</strong>schaft“ gesteuert wird, sehen die meisten Spätaussiedler<br />

nicht ein. In den Einzelgesprächen mit besonders suchtgefährdeten Jugendlichen wird oft<br />

deutlich, dass sie beispielsweise das Genießen von Wein überhaupt nicht kennen. Allein die<br />

Tatsache, dass sie hochprozentigen Wodka in kurzer Zeit <strong>und</strong> in hohen Mengen konsumieren,<br />

zeigt, dass es ihnen nur um die Erlangung des Vollrausches geht, bis hin zu narkoseähnlichen<br />

Zuständen. Ein Spätaussiedlerjunge hat dieses Trinkverhalten auf den Punkt gebracht:<br />

„Es muss knallen“.<br />

5. Einzelgespräche schaffen Vertrauen<br />

Absolut notwendig sind die Einzelgespräche mit den Jugendlichen, die bereits erheblichen<br />

Alkohol- <strong>und</strong>/oder Drogenkonsum aufweisen. Meistens treffen wir diese Jugendlichen <strong>im</strong><br />

alkoholisierten Zustand <strong>und</strong> sprechen sie ganz offen auf ihren Konsum an. Zunächst wehren<br />

sich die Jugendlichen gegen eine Diskussion über Alkohol <strong>und</strong> Drogen. Aber durch unser<br />

hartnäckiges Nachfragen, weshalb sie beispielsweise schon tagsüber Alkohol trinken, kommen<br />

wir oft zum Ziel. Entweder gibt es Probleme in der Schule, am Ausbildungsplatz oder<br />

mit den Eltern, oder die Fre<strong>und</strong>in hat „Schluss gemacht“. Unsere gezielten aber oft auch<br />

spontanen Einzelgespräche bieten meistens die einzigen Chancen, etwas Persönliches über<br />

99


die Jugendlichen zu erfahren. Gleichzeitig sind sie hinsichtlich der sek<strong>und</strong>ären <strong>Suchtprävention</strong><br />

am erfolgreichsten. Ebenso erfahren die Jugendlichen hierbei, dass wir sie ernst nehmen,<br />

uns für ihr Leben <strong>und</strong> ihre Sorgen <strong>und</strong> Wünsche interessieren <strong>und</strong> ihnen Hilfe anbieten.<br />

Inzwischen hat sich ein festes Vertrauen zwischen den Spätaussiedlerjugendlichen <strong>und</strong> uns<br />

gebildet. Die Kommunikation wird <strong>im</strong>mer lockerer <strong>und</strong> effektiver.<br />

6. Ohne Motivationsarbeit läuft nichts<br />

Viele Spätaussiedlerjugendlichen besuchen das Info-Cafe oft nur, um abzuhängen <strong>und</strong> Musik<br />

zu hören. Zunächst lassen wir sie dann auch in Ruhe. Wenn wir aber feststellen, dass<br />

dieses Abhängen reine Langeweile <strong>und</strong> Frust ist, dann leisten wir Motivationsarbeit. Erfahrungsgemäß<br />

ist es vorteilhaft, spontan eine Aktion, wie Kinobesuch oder Tanzen durchzuführen,<br />

ohne vorher großartig danach zu fragen, ob die Jugendlichen Interesse daran haben.<br />

Denn fangen wir erst einmal an, werden plötzlich alle neugierig <strong>und</strong> machen automatisch mit.<br />

7. Klare Regeln <strong>und</strong> Grenzen setzen<br />

Die Spätaussiedlerjugendlichen haben in ihrem Herkunftsland eher autoritäre als demokratische.<br />

Strukturen erlebt. Sie sind es auch vom traditionellen Elternhaus gewohnt, bei Regelverstößen<br />

bestraft zu werden. Deshalb ist es für uns <strong>im</strong> Info-Cafe sehr wichtig, klare Regeln<br />

<strong>und</strong> Grenzen zu setzen, damit nicht das Missverständnis bei den Jugendlichen auftritt, dass<br />

in einer Demokratie absolute Freiheit für alles besteht. Und genau das passiert oft; die Jugendlichen<br />

aus der ehemaligen Sowjetunion erklären, dass in der deutschen Gesellschaft<br />

alles so lasch gehandhabt wird; die Polizei würde nicht richtig durchgreifen <strong>und</strong> es seien keine<br />

ernsthaften Strafen von der Justiz zu erwarten. Dieses Denken, das in der Realität häufig<br />

bestätigt wird, überträgt sich auf alle Lebensbereiche der Jugendlichen: auf Schule, Ausbildung,<br />

Familie <strong>und</strong> Freizeit. Inzwischen haben viele der Eltern unserer Jugendlichen Probleme<br />

mit der Erziehung. Im Info-Cafe haben wir knallharte Regeln aufgestellt. Wir setzen feste<br />

Grenzen <strong>und</strong> wer diese nicht einhält, wird bestraft, beispielsweise muss er oder sie das Info-<br />

Cafe für den Tag verlassen. Zugleich bieten wir den Jugendlichen aber Mitbest<strong>im</strong>mungsmöglichkeiten<br />

an. Wir vermitteln ihnen demokratisches Handeln durch Rollenspiele.<br />

8. Soziale Integration dauert sehr lange<br />

Im Gegensatz zur sprachlichen Integration, die bei unseren Jugendlichen bereits erfolgreich<br />

verläuft, dauert es offenbar noch sehr lange, bis sich die Spätaussiedlerjugendlichen in die<br />

deutsche Gesellschaft eingliedern <strong>und</strong> sich als Teil der Deutschen sehen. Die kulturellen<br />

Unterschiede <strong>und</strong> Verhaltensweisen sind oft noch ein Hindernis für die Jugendlichen, sich<br />

hier wohl zu fühlen <strong>und</strong> sich mit neuen Aktivitäten zu befassen. Viele der Jugendlichen aus<br />

der ehemaligen Sowjetunion gestalten ihre Freizeit in Deutschland genauso, wie sie es in<br />

Russland oder Kasachstan gemacht haben. Bisher besteht nahezu keine Bereitschaft bei<br />

den Jugendlichen, sich beispielsweise mit den zahlreichen Freizeitmöglichkeiten oder Sitten<br />

<strong>und</strong> Gebräuchen in Deutschland auseinanderzusetzen. Nur wenige der Jugendlichen spielen<br />

<strong>im</strong> Fußballverein oder gehen mit einhe<strong>im</strong>ischen deutschen Jugendlichen in die Disco. Hier<br />

besteht noch ein hoher Motivations- <strong>und</strong> Handlungsbedarf.<br />

9. Starkes Interesse an Selbstverwaltung des Info-Cafes<br />

Trotz der fehlenden sozialen Integration oder gerade deswegen sprechen uns zahlreiche<br />

Spätaussiedlerjugendliche an, eine eigene Räumlichkeit für einen Club haben zu wollen, der<br />

auch von ihnen selbst geführt wird. Für uns ist dies ein Zeichen, dass die Jugendlichen <strong>im</strong><br />

Laufe der Projektzeit viel selbstbewusster geworden sind. Inzwischen gibt es auch Jugendliche<br />

unter ihnen, die die Verantwortung zur Selbstverwaltung übernehmen könnten. Problematisch<br />

ist allerdings, dass dann die Ziele <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> Integration eher nicht mehr<br />

angegangen werden <strong>und</strong> die große Gefahr besteht, dass wie in zahlreichen Kellern von Übergangswohnhe<strong>im</strong>en<br />

ein Treffpunkt zum Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum entsteht. Vielmehr<br />

können wir uns vorstellen, dass die Jugendlichen einen Verein gründen, womit sie auch die<br />

Möglichkeiten hätten, verschiedene Einrichtungen <strong>und</strong> Räumlichkeiten (z.B. Sporthallen) zu<br />

nutzen. Hierbei könnten Sozialarbeiter oder -pädagogen aus dem gleichen Herkunftsland<br />

die Organisation <strong>und</strong> Betreuung übernehmen.<br />

100


VII. Ergebnisse der Leitfadeninterviews<br />

Die ersten Ergebnisse der Leitfadeninterviews sind hier dargestellt:<br />

1. Ambivalenz hinsichtlich der Übersiedlung nach Deutschland<br />

Bei den meisten befragten Jugendlichen besteht eine sehr widersprüchliche Haltung zu der<br />

Auswanderung nach Deutschland. Einerseits haben sich die Befragten darüber gefreut, dass<br />

sie in den Westen <strong>und</strong> somit in den Genuss von Konsum <strong>und</strong> Freiheit kommen, andererseits<br />

haben sie Angst bekommen, dass sie ihre Clique <strong>und</strong> die Fre<strong>und</strong>e aus dem Herkunftsland<br />

nie mehr wieder sehen werden. Diese Ängste waren vor allem bei denjenigen Jugendlichen<br />

zu verspüren, die während ihrer Pubertät nach Deutschland gekommen sind.<br />

2. Migration während der Pubertät wird zum Trauma<br />

In den Leitfadeninterviews wurde sehr deutlich, dass gerade die Spätaussiedlerjugendlichen<br />

die Migration nach Deutschland als Trauma <strong>und</strong> Kulturschock erleben, die genau während<br />

ihrer Pubertät aus Kasachstan oder Russland nach Deutschland kommen.<br />

3. Zwischen Rassismuserfahrung <strong>und</strong> Deutschtum<br />

Nicht nur in der Schule hören viele der befragten Jugendlichen ausländerfeindliche Sprüche,<br />

auch auf der Straße in der Freizeit begegnen sie Jugendgangs, aber auch normalen Cliquen,<br />

die sie mit „Ruskis“ oder Ähnlichem besch<strong>im</strong>pfen. Für die SpätaussiedlerInnen ist diese Besch<strong>im</strong>pfung<br />

nicht nur beleidigend, sondern auch verwirrend, da sie <strong>im</strong> Herkunftsland als<br />

Deutsche bzw. Faschisten besch<strong>im</strong>pft wurden. Jetzt sind sie tatsächlich in Deutschland, haben<br />

einen deutschen Pass <strong>und</strong> werden aufgr<strong>und</strong> ihres anderen Outfits <strong>und</strong> ihrer russischen<br />

Kommunikation als Russen besch<strong>im</strong>pft. Diese verdrehte Welt können die SpätaussiedlerInnen<br />

nicht verstehen <strong>und</strong> reagieren hier noch empfindlicher als andere Migrant/innen. Dieses<br />

Phänomen zeigt allzu deutlich, dass die Spätaussiedlerjugendlichen ganz <strong>und</strong> gar zwischen<br />

zwei Stühlen sitzen; sie fragen sich selbst: „Bin ich nun Deutsche/r oder bin ich Russe/Russin?“<br />

4. Zwischen Konsum <strong>und</strong> Sozialismus<br />

Die Konsumwelt ist auch für die Spätaussiedlerjugendlichen sehr verlockend. Um auch hip<br />

zu sein <strong>und</strong> dazuzugehören, kaufen zahlreiche Spätaussiedlerjugendliche Markenkleidung<br />

oder besorgen sich das neuste Handy. Die Finanzkraft lässt aber bei den meisten sehr rasch<br />

nach <strong>und</strong> deshalb geraten viele in ein Schuldenproblem. Es gibt aber auch die Spätaussiedlerjugendlichen,<br />

die sich von der aktuellen Modewelt nicht tangieren lassen <strong>und</strong> sich auf den<br />

eigenen Code ihrer Sub-Kultur verlassen. Zahlreiche Spätaussiedlerjugendliche tragen deshalb<br />

wiederum Kleidung, wie sie typisch in Osteuropa ist <strong>und</strong> ziehen sich somit auf ihre Sub-<br />

Kultur zurück. Auch Symbole der ehemaligen Sowjetunion werden von den Jugendlichen zur<br />

Identifikation aber auch zur Abgrenzung genutzt.<br />

5. Drogenerfahrung <strong>im</strong> Herkunftsland<br />

Zahlreiche Jugendliche erklärten in den Interviews, dass sie bereits in Kasachstan bzw.<br />

Russland Drogen bzw. Alkohol in hohen Mengen konsumiert haben. Manche trinken jetzt<br />

noch mehr als zuvor, andere wiederum haben mit allem aufgehört. Einige Jungen berichteten,<br />

dass sie bei Besuchen nach Kasachstan oder Russland zum Teil ihre damaligen Klassenkameraden<br />

nicht wieder gef<strong>und</strong>en haben, da diese sich <strong>im</strong> Zusammenhang mit ihrer Heroinsucht<br />

den Goldenen Schuss gegeben haben. Bei Nachfrage, ob sie nach diesen Erlebnissen<br />

ihren eigenen Alkoholkonsum überdenken würden, wurde mit „Nein“ geantwortet.<br />

Diese Antwort kam nicht so unerwartet, da bereits in den Erzählungen über die zurückgelassenen<br />

Fre<strong>und</strong>e deutlich wurde, dass diese oft als Helden von unseren Spätaussiedlerjugendlichen<br />

gesehen wurden. Dieses Heldentum wird vor allem mit dem schwierigen <strong>und</strong> entbehrungsreichen<br />

Leben in Kasachstan oder Russland erklärt. Und wenn Helden Drogen nehmen,<br />

ist das in der Lebenswelt der Spätaussiedlerjugendlichen nicht kritisch zu hinterfragen.<br />

101


6. Mystifizierung von Alkohol <strong>und</strong> He<strong>im</strong>at<br />

In den Leitfaden-Interviews wurde von den meisten Spätaussiedlerjugendlichen erklärt, dass<br />

sie Alkohol als Getränk sehen, egal wie hochprozentig er konsumiert wird. Sie sehen Alkohol<br />

nicht als Droge, da es auch in Deutschland überall erhältlich <strong>und</strong> erschwinglich ist. Und wenn<br />

es überall verkauft wird, könnte es ja schlecht eine Droge oder gar ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />

sein. Vielmehr erklären die Jugendlichen, dass sie keine Feiern ohne Alkohol kennen <strong>und</strong><br />

dass es normal in Kasachstan ist, eine Flasche Wodka auf den Tisch zu stellen, wenn Besuch<br />

kommt. Ebenso erzählen die Jugendlichen, dass bei jeder traurigen Situation oder bei<br />

melancholischer St<strong>im</strong>mung, z.B. bei He<strong>im</strong>weh, auch Wodka getrunken wird, da es in Russland<br />

<strong>und</strong> Kasachstan gesellschaftlich akzeptiert <strong>und</strong> verstanden wird, wenn jemand aufgr<strong>und</strong><br />

von Problemen <strong>und</strong> Trauer viel trinkt. Im Zusammenhang mit He<strong>im</strong>weh <strong>und</strong> Sehnsucht nach<br />

Fre<strong>und</strong>en in Kasachstan oder Russland wird viel <strong>und</strong> oft Alkohol getrunken, bestätigen die<br />

befragten Jugendlichen. Hier wird Alkohol nahezu mit He<strong>im</strong>at gleichgesetzt.<br />

7. Trotz He<strong>im</strong>weh nicht mehr zurück wollen<br />

Viele der Befragten klagten über ihr He<strong>im</strong>weh nach ihrem Herkunftsland. Sie vermissen<br />

Fre<strong>und</strong>e aber auch teilweise Großeltern <strong>und</strong> vor allem die Landschaft <strong>und</strong> Natur in Kasachstan.<br />

Auf die Frage, ob sich einige überlegen würden, wieder zurückzukehren, ist allerdings<br />

die häufigste Antwort „Nein“. Dieses wird vor allem mit den wirtschaftlichen <strong>und</strong> zukunftsperspektivischen<br />

Vorteilen in Deutschland begründet. Es ist also doch das Bewusstsein unter<br />

den Spätaussiedlerjugendlichen vorhanden, dass sie hier in Deutschland – trotz der Integrationsschwierigkeiten<br />

– noch viele positive Lebensperspektiven haben.<br />

8. Starker Generationskonflikt<br />

Im Vergleich zu einhe<strong>im</strong>ischen Familien, in denen laut Shell-Studie der Generationskonflikt<br />

zwischen Eltern <strong>und</strong> Kindern <strong>im</strong>mer unbedeutender wird, besteht gerade in den Spätaussiedlerfamilien<br />

ein hohes Konfliktpotential. Dieser starke bis extreme Generationskonflikt steht <strong>im</strong><br />

engen Zusammenhang mit der Migration nach Deutschland <strong>und</strong> den unterschiedlichen Erwartungen<br />

bzw. den Bedürfnissen hinsichtlich des Lebens in der neuen He<strong>im</strong>at. Während die<br />

Eltern der Spätaussiedlerjugendlichen sich von Anfang an mit den neuen Gegebenheiten<br />

arrangieren <strong>und</strong> alles daran setzen, eine Arbeit zu finden <strong>und</strong> für das materielle Wohl der<br />

Familie zu sorgen, stellen sich die Jugendlichen stur gegen alles Neue, obgleich sie aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Jugend viel flexibler sein könnten. Dieses Verhalten der Jugendlichen hängt offenbar<br />

damit zusammen, dass die Eltern sich meistens <strong>im</strong> Alleingang für die Migration von<br />

Kasachstan oder Russland nach Deutschland entschieden haben <strong>und</strong> sich schon viel früher<br />

seelisch auf die neue He<strong>im</strong>at vorbereiten konnten. Die Jugendlichen hingegen fühlen sich als<br />

„Mitgenommene“ <strong>und</strong> hier in Deutschland von ihren Eltern nicht mehr verstanden. Die Eltern<br />

haben kaum Verständnis dafür, dass ihre Kinder sich nach ihrer He<strong>im</strong>at <strong>und</strong> ihren alten<br />

Fre<strong>und</strong>en sehnen. Eine bessere Zukunft für sich <strong>und</strong> die Kinder <strong>und</strong> vor allem weg aus der<br />

maroden ehemaligen Sowjetunion, das war <strong>und</strong> ist das Ziel der Eltern.<br />

9. Info-Cafe gibt vielen Jugendlichen Halt <strong>und</strong> Stärke<br />

Nach drei Jahren Projektlaufzeit ist das Info-Cafe eine wichtige Einrichtung für die Spätaussiedlerjugendlichen<br />

geworden. Die interviewten Jugendlichen erzählten, dass sie untereinander<br />

dieses niedrigschwellige Angebot als „Club“ bezeichnen. Sie erklärten, dass Dienstag<br />

<strong>und</strong> Mittwoch ihre Lieblingstage sind, weil dann das Info-Cafe geöffnet ist <strong>und</strong> sie ihre<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte treffen. Einige interviewte Mädchen verrieten uns, dass sie sich extra<br />

schminken <strong>und</strong> chic anziehen, wenn sie abends zum „Club“ kommen. Andere wiederum haben<br />

dort ihre/n erste/n Fre<strong>und</strong>/in kennen gelernt. Für alle Jugendlichen ist das Info-Cafe ein<br />

Stück He<strong>im</strong>at geworden, da dort Russisch gesprochen <strong>und</strong> russische Musik gehört wird.<br />

Gleichzeitig ist es für die Jugendlichen zur Normalität geworden, dass die BetreuerInnen<br />

entweder in Deutschland, der Türkei oder in Polen aufgewachsen sind.<br />

In den Leitfadeninterviews haben die befragten Jugendlichen die gemeinsamen Erlebnissporttage<br />

<strong>und</strong> die selbst organisierten Diskos gelobt <strong>und</strong> erneut eingefordert. Das Erfahren<br />

von gemeinsamen Aktionen <strong>und</strong> Feiern ist für die Spätaussiedlerjugendlichen aus dem Her-<br />

102


kunftsland bekannt <strong>und</strong> wird hier gerne fortgeführt. Erstaunlicherweise auch ohne bzw. bei<br />

weniger Alkoholkonsum. Für uns sind diese Angebote gute Chancen, um einen noch besseren<br />

Zugang zu den Jugendlichen zu bekommen <strong>und</strong> intensivere Beobachtungen machen zu<br />

können.<br />

VIII. Übertragbarkeit des Projektes auf andere Kommunen bei Berücksichtigung<br />

folgender Aspekte:<br />

Da es sich hier um ein Modellprojekt handelt, haben wir wichtige Aspekte des Projektes herausgestellt,<br />

die eine Übertragbarkeit des Projektes auf andere Kommunen <strong>und</strong> Stadtteile<br />

möglich machen.<br />

1. Bestandsaufnahme zu Beginn des Projektes<br />

Um eine Trendaussage zur Suchtgefährdung der Zielgruppe machen zu können <strong>und</strong> das<br />

Projekt zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu installieren, ist eine Bestandsaufnahme in Form<br />

einer Befragung bzw. empirischen Untersuchung absolut sinnvoll. Hier verweisen wir auf<br />

unseren Projektbericht von 1998, der den gesamten Ablauf <strong>und</strong> die Untersuchungsergebnisse<br />

erläutert <strong>und</strong> interpretiert.<br />

2. Niedrigschwellige Angebote bereitstellen<br />

Für einen besseren Zugang zur Zielgruppe <strong>und</strong> eine bessere Annahme der Einrichtung von<br />

der Zielgruppe ist die Bereitstellung eines niedrigschwelligen Angebots vorteilhaft. Viele Jugendliche<br />

legen ihre Hemmschwelle rasch ab, wenn sie merken, dass sie willkommen <strong>und</strong><br />

akzeptiert sind. Dass trotz der Niedrigschwelligkeit best<strong>im</strong>mte Öffnungszeiten <strong>und</strong> Regeln<br />

einzuhalten sind, sehen die Jugendlichen vor allem dann ein, wenn sie ernst genommen <strong>und</strong><br />

ihre Bedürfnisse, soweit es geht, erfüllt werden.<br />

3. Ganzheitliche <strong>Suchtprävention</strong><br />

Jeder, der mit Jugendlichen arbeitet, weiß, dass strikte Verbote meistens zu deren gegenteiligen<br />

Verhalten führen. Auch die „Verteufelung“ von Drogen wirkt bei Jugendlichen nicht.<br />

Hinsichtlich der <strong>Suchtprävention</strong> heißt das allerdings nicht, dass wir den Drogenkonsum erlauben<br />

oder gar fördern. Vielmehr stellen wir klare Regeln <strong>und</strong> Grenzen auf, die für die Jugendlichen<br />

nachvollziehbar <strong>und</strong> demokratisch handhabbar sind. In Einzelgesprächen sind<br />

wir sehr direkt <strong>und</strong> offen, wir verteufeln die Drogen nicht <strong>und</strong> machen keine Übertreibungen,<br />

z.B. hinsichtlich der ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden. Wir klären die Jugendlichen vielmehr über<br />

körperliche <strong>und</strong> psychische Wirkungen von Drogen auf, da viele Spätaussiedlerjugendliche<br />

nur oberflächliche Informationen über best<strong>im</strong>mte Drogenarten haben. Hierbei achten wir sehr<br />

darauf, nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger zu sprechen oder wie ein Oberlehrer zu<br />

wirken. Vielmehr sprechen wir mit ihnen auch über unsere eigenen Süchte, Abhängigkeiten<br />

<strong>und</strong> Schwächen, um ihnen zu zeigen, dass Sucht <strong>und</strong> Abhängigkeit jeden betreffen <strong>und</strong> sich<br />

nicht nur auf stoffgeb<strong>und</strong>ene Drogen beziehen können.<br />

Entscheidend ist aber, dass die bereits drogenkonsumierenden Jugendlichen einen kritischen<br />

Umgang mit Suchtmitteln <strong>und</strong> Drogen lernen <strong>und</strong> durch die Selbstbewusstseinstrainings<br />

so bald wie möglich von selbst den Drogenkonsum reduzieren oder bestenfalls ganz<br />

beenden. Unter einer ganzheitlichen <strong>Suchtprävention</strong> verstehen wir, dass vor allem die Persönlichkeit<br />

<strong>und</strong> das Selbstwertgefühl jedes Einzelnen gestärkt werden <strong>und</strong> der Zusammenhang<br />

zwischen Ursachen des Drogenkonsums <strong>und</strong> dem Abhängigkeitsverhalten deutlich<br />

gemacht wird. Die Jugendlichen sollen durch unsere Angebote erfahren, dass Probleme zum<br />

Leben gehören, aber auch lösbar sind <strong>und</strong> dass jeder Mensch – egal welches Aussehen,<br />

welche Nationalität <strong>und</strong> Kultur er hat – wertvoll ist.<br />

4. Stadtteilvernetzung <strong>und</strong> Nutzung von Ressourcen<br />

Der Ort bzw. Stadtteil des niedrigschwelligen Angebotes bzw. der Aktionsradius des Projektes<br />

sollte dort sein, wo die Zielgruppe als hoher Bevölkerungsanteil präsent ist. Da es sich<br />

103


meistens um Stadtteile mit sozial schwachen Familien handelt, ist es wichtig, auch die Ressourcen<br />

anderer Träger in diesem Stadtteil zu nutzen <strong>und</strong> zusammenzuarbeiten. Bei der<br />

Initiierung eines R<strong>und</strong>en Tisches ist darauf zu achten, dass auch tatsächlich die Interessen<br />

<strong>und</strong> Bedürfnisse der ansässigen Bürger berücksichtigt werden <strong>und</strong> nicht allein die der etablierten<br />

Einrichtungen <strong>und</strong> Träger vor Ort. Ebenso ist es absolut notwendig, das Ziel des R<strong>und</strong>en<br />

Tisches festzulegen <strong>und</strong> auch allen TeilnehmerInnen deutlich zu machen.<br />

5. Projektträger mit Erfahrungen über die Zielgruppe wählen (Jugendgemeinschaftswerk)<br />

Besonders vorteilhaft ist es, wenn das <strong>Suchtprävention</strong>sprojekt von einem Träger installiert<br />

wird, der bereits langjährige Erfahrungen mit der Zielgruppe gemacht hat. Beispielsweise ist<br />

unser Projekt be<strong>im</strong> Diakonischen Werk Duisburg auch deshalb so gut angelaufen <strong>und</strong> mit<br />

einer relativ langen Laufzeit bedacht worden, weil das Jugendgemeinschaftswerk die Zielgruppe<br />

Spätaussiedlerjugendliche sehr gut kennt <strong>und</strong> uns somit gute Ratschläge geben<br />

kann.<br />

6. Gesellschaftliche Integration fördern<br />

Wie bereits angesprochen, ist die sprachliche Integration der Spätaussiedlerjugendlichen<br />

überhaupt nicht ausreichend. Vielmehr müssen sie sich bewusst werden können, dass sie<br />

zwar Deutsche sind, aber mit einer ganz anderen Mentalität <strong>und</strong> einem russischen Kulturhintergr<strong>und</strong>.<br />

Mit verschiedenen Aktionen <strong>und</strong> Workshops, siehe Projekte in den Niederlanden<br />

(Fahrrad-Stadtr<strong>und</strong>fahrten), können die Jugendlichen, aber auch ihre Eltern, Schritt für<br />

Schritt mit der deutschen Lebensart vertraut gemacht werden. Besonders wichtig ist natürlich,<br />

dass sich beide Seiten, also einhe<strong>im</strong>ische Deutsche einerseits <strong>und</strong> Spätaussiedler/innen<br />

andererseits öffnen. Vor allem Sportvereine <strong>und</strong> Kirchengemeinden sollten sich aufgr<strong>und</strong> der<br />

bereits vorhandenen ähnlichen Interessen mehr den Spätaussiedler/innen öffnen.<br />

7. Überprüfung der Wirksamkeit von Projektmaßnahmen<br />

Die Dokumentation <strong>und</strong> Evaluation der praktischen Projektarbeit ist absolut notwendig, um<br />

ein erfolgreiches Projekt ergebnisorientiert durchführen zu können. In regelmäßigen Abständen<br />

stellen wir unsere wissenschaftliche <strong>und</strong> praktische Projektarbeit in einem selbstentworfenen<br />

Dokumentationssystem 10 dar. Gleichzeitig überprüfen wir die Tauglichkeit unserer<br />

Handlungsstrategien, hinterfragen unsere Kommunikationsformen mit den Jugendlichen <strong>und</strong><br />

suchen nach Verbesserungen, wo es nötig ist.<br />

IX. Wie geht es mit dem Projekt weiter?<br />

Das Projekt <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> -beratung für junge Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong> Spätaussiedler<br />

hat Ende 2001 seine Projektlaufzeit von 3 ½ Jahren erreicht. Obgleich eine weitere Projektlaufzeit<br />

noch interessante wissenschaftliche Erkenntnisse erbringen könnte, gibt es keine<br />

weitere Finanzierung für das Projekt. Dennoch setzen wir uns ein, dass wenigstens die erfolgreiche<br />

praktische Arbeit weitergeführt werden kann. Hierzu arbeiten wir an zwei Szenarios,<br />

die nur noch praktisch umgesetzt werden müssen:<br />

1. Kooperation mit der Evangelischen Kirchengemeinde Neumühl<br />

Aufgr<strong>und</strong> unseres Info-Cafe-Standortes in den Räumlichkeiten der Ev. Kirchengemeinde <strong>und</strong><br />

unsere Kooperation mit den aktiven Gemeindemitgliedern ist es eine logische Konsequenz<br />

für uns zu versuchen, unsere erfolgreiche Projektarbeit nicht mit Ablauf des Projektes zu<br />

beenden. Wir haben ein Konzept erstellt, dass die Kirchengemeinde sich den Spätaussiedlerjugendlichen<br />

noch stärker öffnet <strong>und</strong> in ihre Jugendarbeit einbezieht. Zusätzlich sollen die<br />

Eltern der Spätaussiedlerjugendlichen mit in die Gemeindearbeit eingeb<strong>und</strong>en werden. Ziel<br />

ist eine stärkere Identifizierung der in Neumühl lebenden Spätaussiedler, die zu 70% evangelisch<br />

sind, mit dem Stadtteil <strong>und</strong> der Gemeinde.<br />

104


2. Stadtteilvernetzung <strong>und</strong> Vereinsgründung<br />

Mit unserer Initiierung des R<strong>und</strong>en Tisches in Neumühl ist die Suchtproblematik von jungen<br />

Spätaussiedlerjugendlichen auf die Tagesordnung gekommen. Zahlreiche soziale <strong>und</strong> politische<br />

Einrichtungen des Stadtteils haben eingesehen, dass die bevölkerungsanteilig große<br />

Gruppe von Spätaussiedlern <strong>im</strong> Stadtteil besser integriert werden muss. Vor allem die Jugendlichen<br />

brauchen kontinuierliche Angebote, um ihre Freizeit nicht ständig mit Langeweile,<br />

Frust <strong>und</strong> Trunkenheit zu verbringen. Inzwischen haben wir konkrete Konzepte erstellt, wie<br />

die <strong>Suchtprävention</strong> in die Jugendarbeit einfließen kann <strong>und</strong> somit unsere erfolgreiche Projektarbeit<br />

fortgeführt wird. Hinsichtlich der Integration ist es uns wichtig, dass die unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsgruppen <strong>im</strong> Stadtteil zur Gemeinschaft werden, ohne ihre eigene<br />

Identität aufgeben zu müssen. Zunächst wird ein Verein für die Jugendarbeit in Duisburg-<br />

Neumühl gegründet, um durch Beiträge <strong>und</strong> Spenden, die bisher vernachlässigte Jugendarbeit<br />

zu organisieren.<br />

105


Projekt: SEARCH<br />

Roland Lutz<br />

Dieses Referat wurde vom Koordinator des Projektes "search" anhand von Overhead-Folien frei gesprochen<br />

gehalten. Die nachträgliche Rekonstruktion des Referates folgt der Ordnung der Folien, ist somit keine vollständig<br />

"authentische" Wiedergabe des gesprochenen Textes.<br />

1.Vorbemerkungen<br />

Das Verhältnis zwischen wissenschaftlicher Forschung <strong>und</strong> Praxis <strong>im</strong> Suchtbereich war <strong>und</strong><br />

ist von gegenseitigen Vorbehalten geprägt: Wissenschaftliche Suchtforschung sei langatmig<br />

<strong>und</strong> wenig praxisrelevant, so die häufigen Vorbehalte aus der Suchtarbeit, die Praxis arbeite<br />

oft vorbei an den Ergebnissen der Suchtforschung, so manche Kritik aus der Suchtforschung.<br />

Die Koordinationsstelle für Drogenfragen <strong>und</strong> Fortbildung (KsDF) be<strong>im</strong> Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe (LWL) rief 1998 eine Arbeitsgruppe aus Praktikern <strong>und</strong> Suchtforschern<br />

ins Leben, um <strong>im</strong> Gespräch miteinander gegenseitiges Verständnis zu wecken <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit zu fördern. Aus diesem Dialog erwuchs die Idee, eine Forschungsmethodik<br />

zu erproben, die eine Brücke schlagen kann zwischen methodisch strukturierter Erfassung<br />

relevanter Daten einerseits <strong>und</strong> einer praxisnahen <strong>und</strong> -relevanten zeitnahen Umsetzung<br />

gewonnener Ergebnisse andererseits. Als Forschungsfeld entschieden wir uns dafür, die<br />

Suchtbelastung unter Asylbewerbern <strong>und</strong> Flüchtlingen zu untersuchen, da hier bisher wenig<br />

f<strong>und</strong>ierte Daten vorliegen.<br />

Ermutigt durch Berichte unserer europäischen Partner, die über gleichartige Problemlagen in<br />

ihren Regionen berichteten, beantragte der LWL bei der Europäischen Kommission ein Projekt,<br />

das die Suchtbelastung von Flüchtlingen <strong>und</strong> Asylbewerbern in verschiedenen europäischen<br />

Regionen erhebt sowie geeignete Methoden <strong>und</strong> Mittel der Suchtvorbeugung bei diesen<br />

Gruppen entwickelt. Als Forschungs- <strong>und</strong> Erfassungsmethode wurde das „RSA“ (Rapid<br />

Situation Assessment) 11 ausgewählt, wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Tr<strong>im</strong>bos<br />

Institut <strong>und</strong> dem CVO-Institut, beide in Utrecht/NL, die über vielfältige internationale Erfahrungen<br />

zum RSA verfügen. Das Projekt erhielt den Namen „search“.<br />

Wissenschaftliche Suchtforschung benötigt möglichst präzise, valide <strong>und</strong> von der Datenbasis<br />

abgesicherte Ergebnisse. Das braucht eine entsprechend umfangreiche Forschungsanlage<br />

<strong>und</strong> einen ausreichend langen Zeitraum für die Forschungsdurchführung <strong>und</strong> –auswertung.<br />

Praxis der Suchtarbeit muss rasch <strong>und</strong> flexibel Handlungsbedarf erkennen <strong>und</strong> in Handlung<br />

umsetzen. Will sie aber nicht voluntaristisch agieren, braucht auch sie eine handlungsorientierte<br />

Datenbasis – hat aber wenig Zeit.<br />

Das „Rapid Situation Assessment“ ist eine wissenschaftsgeleitete Schnellerfassungsmethode,<br />

um Art, Genese, Umfang <strong>und</strong> Handlungsbedarf eines erkannten oder vermuteten Problems<br />

(z. B. <strong>im</strong> Bereich der Suchtarbeit)<br />

- in einem kurzen Zeitraum<br />

- mit geringen Kosten<br />

- <strong>und</strong> hoher Praxisrelevanz<br />

zu erfassen. Es ist somit als eine „Brücke“ zwischen den Anforderungen der Praxis <strong>und</strong> den<br />

Methoden der wissenschaftlichen Forschung anzusehen.<br />

„Rapid Assessment (...) bedeutet, den Umfang <strong>und</strong> das Wesen von ges<strong>und</strong>heitsriskantem<br />

Verhalten <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Konsequenzen für die Ges<strong>und</strong>heit festzustellen, vorhande-<br />

106


ne Ressourcen <strong>und</strong> Interventionsmöglichkeiten heraus zu finden, <strong>und</strong> passgenaue <strong>und</strong> zeitnahe<br />

Interventionen zu initiieren“ 12, bemerkt dazu G. St<strong>im</strong>pson, einer der Mitentwickler dieser<br />

Methode.<br />

RSA allerdings, so sehr es auch einzelne Elemente oder „tools“ der empirischen (quantitativen)<br />

Sozialforschung nutzt (wie z. B. Schätzungstechniken, capture-recapture-Techniken<br />

etc.), ist in seiner Gr<strong>und</strong>anlage qualitative Forschung. Man kann von den Ergebnissen erwarten,<br />

dass sie ein klares, deutliches, relevantes Bild eines Problems abbilden <strong>und</strong> damit für<br />

weitere Planungen von Interventionen taugen, nicht aber, dass sie quantitativ präzise Ergebnisse<br />

(sozusagen bis zwei Stellen hinter dem Komma) produzieren:<br />

In unserem Projekt kommt es nicht darauf an, ob in einer best<strong>im</strong>mten Teilpopulation<br />

der Gruppe X 23,7 % oder 28,9 % eine Substanz konsumieren,<br />

sondern ob es hier überhaupt (problematischen) Konsum von suchtbildenden<br />

Substanzen gibt, wie dieser aussieht, worin die Gründe liegen <strong>und</strong> wie<br />

auf dem Hintergr<strong>und</strong> der kulturspezifischen Besonderheiten der einzelnen<br />

Zielgruppen hier passgenaue <strong>und</strong> erfolgreiche <strong>Suchtprävention</strong> aussehen<br />

kann. Es wird also – nochmals – das Problem nicht quantitativ präzise erfasst,<br />

sondern qualitativ eingegrenzt. Auch hierfür werden natürlich Daten<br />

benötigt <strong>und</strong> erhoben, quer verglichen, überprüft, etc., <strong>und</strong> diese für unser<br />

Projekt entwickelten Instrumente werden <strong>im</strong> Folgenden kurz dargestellt.<br />

2. Durchführungsanlage des RSA <strong>im</strong> Rahmen von „search“<br />

Die wesentlichen Instrumente in unserem RSA waren:<br />

- Die semistrukturierten Interviews (SSI), die in den Formularen („grids“) neben vorgebenden<br />

auch breite Teile von offenen Antwortmöglichkeiten (narrative Technik)<br />

vorsehen. Sie sollen mit 10 – 15 Personen durchgeführt werden, von denen man<br />

einen hohen Informationsstand über die befragten Problematiken erwarten kann<br />

(„key persons“), zu denen neben den „Professionellen“ 13 natürlich auch die Betroffenen<br />

gehören. Ziel ist es, von möglichst vielen unterschiedlichen Blickwinkeln eine<br />

„Bildübersicht“ zu bekommen<br />

- Die strukturierten Interviews (SI), die in den grids ankreuzbare Antworten sowie<br />

Einschätzungsskalen vorgeben. Sie sollen mit bis zu 30 Personen durchgeführt<br />

werden, <strong>und</strong> zwar ebenfalls Personen mit (vermutetem) hohem Wissensstand,<br />

aber möglichst nicht den gleichen wie bei den SSI. Das Ziel ist es, die in der SSI-<br />

Phase gesammelten ersten „Bilder“ erneut zu überprüfen <strong>und</strong> abzusichern (oder<br />

zu verwerfen).<br />

- Die Fokusgruppen, die aus der Schar der SSI <strong>und</strong> SI-Respondenten zusammengestellt<br />

werden. Hier sollen die gewonnenen Ergebnisse <strong>und</strong> Widersprüche mit<br />

Experten überprüft <strong>und</strong> abschließend beurteilt werden. Es finden zwei Fokusgruppen<br />

statt: Die erste zu den Fragen der Einschätzung der Ergebnisse der ersten<br />

Phasen <strong>und</strong> die zweite – bereits vorausschauend – zu den Präventionsmöglichkeiten.<br />

- Die Länderberichte werden nach jeder Phase nach einem vorgegebenen Raster<br />

erstellt, <strong>und</strong> Stufe für Stufe werden die Bestätigungen oder Veränderungen dokumentiert.<br />

In ihnen spiegelt sich die Wissensentwicklung <strong>im</strong> Laufe des Forschungsprozesses.<br />

Auf die Ergebnisse dieser Länderberichte n<strong>im</strong>mt die weitere Darstellung Bezug.<br />

107


3. Länderergebnisse 14<br />

Niederlande<br />

Der niederländische Projektpartner „TACTUS“, Enschede, beschränkte sich in seinen Recherchen<br />

auf die „minderjährigen alleinreisenden Asylbewerber“ (kurz „AMA’s“), die in verschiedenen<br />

Einrichtungen der Region Twente untergebracht sind (meistens aus mehreren<br />

afrikanischen Ländern kommend: Guinea, Somalia, Sierra Leone, Sudan, Angola, Kongo,<br />

wenige aus China.). Eine zweite Gruppe sind jugendliche meist anerkannte Asylbewerber,<br />

die außerhalb eines Asylhe<strong>im</strong>s wohnen (in kleinen Zentren oder selbstständig).<br />

Die Ausgangsvermutung, dass unter diesen Jugendlichen der (problematische) Gebrauch<br />

von insbesondere illegalen Substanzen weit verbreitet sein könnte, fand in den Untersuchungen<br />

keine Bestätigung. Lediglich bei etwa 3 % der Untersuchten konnte der Gebrauch<br />

von Cannabis vermutet werden, allerdings bei etwa 15 % problematischer Alkoholgebrauch.<br />

Als Gründe hierfür werden angegeben:<br />

- Traumatische Erfahrungen <strong>im</strong> Herkunftsland <strong>und</strong> <strong>im</strong> Aufnahmeland: Die Respondenten<br />

sind überzeugt, dass die traumatischen Erfahrungen <strong>im</strong> Kontext von<br />

Flucht <strong>und</strong> Verlust einer sicheren Lebensbasis eine Rolle spielen.<br />

- Aspekte von Drogenpolitik – Unterschiede zwischen Herkunftsland <strong>und</strong> Aufnahmeland:<br />

Die (scheinbar) leichte Verfügbarkeit von suchtbildenden Substanzen erhöht<br />

ein gewisses Probierverhalten, ist aber per se kein Hinweis für problematischen<br />

Gebrauch<br />

- Funktion <strong>und</strong> Profit vom Gebrauch: Die Klienten haben die Erfahrung gemacht,<br />

vergessen zu können, in eine „fröhlichere“ St<strong>im</strong>mung zu kommen.<br />

- „Erwerbsmöglichkeiten“ <strong>im</strong> Gastland: Zumindest wird dies von einigen Respondenten<br />

vermutet.<br />

- Andere Faktoren: Sie sind zuviel <strong>und</strong> zu lang allein. Zugleich bemerken die Mitarbeiter,<br />

dass viele AMA’s nicht an den angeboten Aktivitäten partizipieren.<br />

Die Schlüsse der Mitarbeiter von TACTUS:<br />

- Präventionsaktivitäten (entwickelt von der Suchthilfe) für jugendliche Asylbewerber<br />

sollten <strong>im</strong>mer zugleich mit Traumabehandlung angeboten werden.<br />

- -Präventionsaktivitäten haben als Ziel:<br />

a. Peer-Gruppen entstehen zu lassen. Jugendliche Asylbewerber <strong>und</strong> <strong>im</strong> Besonderen<br />

AMA’s müssen sich einer Gruppe zugehörig fühlen.<br />

b. Sinnvolle Tagesstrukturen vorzugeben, die hilfreich sind, um eine Flucht in Alkohol<br />

– um zu vergessen <strong>und</strong> zu relaxen – entgegenzutreten.<br />

- Aufklärung soll praktisch <strong>und</strong> realistisch sein. Das heißt, dass die Aufklärung eingebettet<br />

werden muss in das alltägliche Leben <strong>und</strong> dort von den Mitarbeitern angeboten<br />

werden sollte.<br />

Und es bedeutet auch, dass die Mitarbeiter ein spezifisches Training absolvieren<br />

sollten.<br />

Über die Erreichbarkeit der Gruppen der AMA’s berichten die Untersucher, dass bei der Vielzahl<br />

der verschiedenen Herkunftsländer eine übergreifende kulturbezogene Arbeit schwierig<br />

bis unmöglich sei. Insofern seien <strong>im</strong> Präventionsbereich alle Maßnahmen sinnvoll <strong>und</strong> notwendig,<br />

die sich auf das Hier <strong>und</strong> Jetzt der AMA’s beziehen.<br />

Belgien<br />

Die Einrichtung „DE SLEUTEL“, Merelbeke/Gent, arbeitet mit den Zielgruppen der asylsuchenden<br />

Kosovaren <strong>und</strong> Albaner in Gent (Brugse Poort). Sie betont in ihrem Bericht, dass die<br />

Sichtweise des Drogenproblems vor <strong>und</strong> nach dem RSA sich gewandelt hat: Es wurde anfangs<br />

unterstellt, dass es einen erheblichen Gebrauch illegaler Drogen gibt. Im Ergebnis allerdings wird<br />

konstatiert, dass eine Diskrepanz zwischen dem Konsum illegaler Drogen <strong>und</strong> dem Handeln mit<br />

diesen Substanzen existiert. Dieser Sachverhalt hat die Schlussfolgerungen des Berichtes stark<br />

verändert.<br />

108


Schlüsse der Mitarbeiter von „DE SLEUTEL“:<br />

In problematischer Weise werden gebraucht:<br />

• Alkohol (männlich, über 18)<br />

• Tabak (über 17)<br />

• Cannabis (alleinlebend, männlich, bis 18)<br />

• Medikamente (vorwiegend Frauen)<br />

Was macht die Menschen verletzlich/anfällig für den Gebrauch von Substanzen? Welche<br />

möglichen Gründe können genannt werden?<br />

Das RSA-Team fand die Hypothese bestätigt, dass das Herausfallen aus dem sozialen Kontext<br />

des Herkunftslandes ein bedeutsamer Risikofaktor ist, der nur sehr langsam durch das<br />

Herausbilden neuer sozialer Kontakte kompensiert werden kann. Die Asylsituation fördert<br />

diese Tendenz (unklare Zukunft, Angst, Unsicherheit, aber auch Langeweile).<br />

Der Bericht betont, dass in den RSA-Erhebungen - anders als in anderen Ländern - traumatische<br />

Erfahrungen als Suchtentstehungsrisiko eine untergeordnete Rolle spielten. Hervorgehoben<br />

werden muss auch, dass insbesondere be<strong>im</strong> Alkohol erhebliche Unterschiede <strong>im</strong><br />

kulturellen Kontext bestehen (z. B. gilt Alkohol in Albanien in einem Maße als normal, der in<br />

Belgien als „problematischer Gebrauch“ eingeschätzt wird).<br />

Insgesamt betont der Bericht, dass das RSA eine hervorragende Methode ist, von anfänglichen<br />

Hypothesen zu einem klaren Bild zu gelangen, das sich in manchen Ergebnissen deutlich<br />

unterscheidet von den Annahmen der ersten Phasen.<br />

Deutschland<br />

Vorbemerkt werden muss, dass zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Kurzberichts das RSA<br />

in Deutschland/Kreis Soest noch nicht abgeschlossen war. Durchgeführt hat die Untersuchung<br />

die Suchtberatung des Diakonischen Werks, örtlicher Träger ist der Kreis Soest.<br />

Das RSA bezog sich auf Tamilen, überwiegend aus Sri Lanka, <strong>und</strong> Kurden aus Irak, Iran,<br />

Syrien, Libanon, Georgien, Türkei (alleinstehende junge Männer).<br />

Vor der Untersuchung wurde mangels sicherer Daten bei Kurden Nikotin-, Alkohol- <strong>und</strong> Drogengebrauch,<br />

bei Tamilen Alkohol- <strong>und</strong> Nikotingebrauch angenommen.<br />

Einige Ergebnisse des RSA:<br />

� Welche Substanzen werden in problematischer Weise innerhalb der Zielgemeinschaften<br />

genommen?<br />

Erste Ergebnisse der Untersuchungen weisen den generell verbreiteten Konsum von Nikotin,<br />

dann bei Kurden Alkohol- <strong>und</strong> Drogenmissbrauch, bei Tamilen Alkoholmissbrauch nach.<br />

� Welches sind die gefährdetesten Gruppen innerhalb der Zielgemeinschaften?<br />

In allen untersuchten Gemeinschaften sind es alleinlebende <strong>und</strong> allein stehende junge Männer.<br />

� Was macht diese Zielgemeinschaften anfällig?<br />

Fehlende soziale Kontakte <strong>und</strong> tragfähige Beziehungen, Ausgrenzungen bis Ablehnung <strong>im</strong><br />

Aufnahmeland, finanzielle Abhängigkeiten, Isolation <strong>im</strong> Aufnahmeland sowie die mitgebrachten<br />

Konsummuster, Offenheit für Substanzgebrauch machen diese Zielgruppe unter anderem<br />

besonders anfällig<br />

� Wie drückt sich der problematische Substanzgebrauch hauptsächlich aus?<br />

Bei den Tamilen ist auffällig, dass es kaum Missbrauch illegaler Substanzen gibt, wohl aber<br />

den von Alkohol, insbesondere bei Männern, <strong>und</strong> hier wiederum bei allein stehenden. Bei<br />

Frauen andererseits ist Medikamentenmissbrauch zu vermuten (Tranquilizer). Auffällig ist,<br />

dass bei islamischen Kurden trotz des <strong>im</strong> Glauben begründeten Alkoholverbots sehr wohl<br />

Alkoholkonsum, <strong>und</strong> eben auch -missbrauch stattfindet, auch bei kurdischen Frauen.<br />

� Was sind die Hauptursachen für problematischen Substanzgebrauch innerhalb der Zielgruppen?<br />

109


Kurden illegale Drogen als Hauptursache werden genannt:<br />

- hohe Verfügbarkeit<br />

- Konsumverhalten <strong>im</strong> Herkunftsland<br />

- Suchtverlagerung /-erweiterung <strong>im</strong> Gastland auf so genannte<br />

harte Drogen<br />

- Traumatisierung <strong>im</strong> Herkunftsland<br />

- Asylverfahrensdauer<br />

- "liberale" Drogenpolitik<br />

Kurden Alkohol - Alkoholkonsum ist durchaus auch <strong>im</strong> Herkunftsland<br />

verbreitet (Raki).<br />

- Traumatisierung durch politische Verfolgung <strong>und</strong>/oder<br />

Gewalterfahrung.<br />

- Asylpolitik: Verfahrensdauer,<br />

Unterbringungsformen,<br />

keine Beschäftigungsmöglichkeiten.<br />

- an erster Stelle jedoch die Verfügbarkeit <strong>und</strong> der liberale<br />

Umgang mit Alkohol <strong>im</strong> Gastland.<br />

Tamilen Alkohol Diese Ursachen sind bei Tamilen ebenfalls anzutreffen. Ein<br />

weiteres signifikantes Merkmal scheint die Tatsache zu sein,<br />

dass das Kommunizieren <strong>im</strong> Aufnahmeland über Erlebnisse<br />

einen Problemauslöser darstellt.<br />

� Dekompensation<br />

� In welcher Hinsicht st<strong>im</strong>men die Ergebnisse des RSA mit Drogenproblemen, die vor Beginn<br />

des RSA innerhalb der Zielgemeinschaft vermutet wurden, überein?<br />

Die Untersucher betonen, dass die Forschungsergebnisse des RSA realistischere, realitätsnähere<br />

Informationen <strong>und</strong> überprüfbare Daten über die tatsächlichen Drogenprobleme der<br />

Zielgruppe <strong>im</strong> Aufenthaltsbereich des Kreises Soest gegenüber den eher diffus <strong>und</strong> spekulativ<br />

anzusetzenden Vorinformationen geliefert haben bzw. liefern.<br />

Italien<br />

In Italien stellt sich die Asyl- <strong>und</strong> Fluchtproblematik anders dar als in den nördlichen Ländern.<br />

Es gibt faktisch nur sehr wenige Asylbewerber, die Flüchtlingsgruppen aus dem Bereich des<br />

ehemaligen Jugoslawien sind weitgehend zurückgekehrt. Aber es existiert in großer Zahl<br />

eine Gruppe von Migranten, die vergleichbar sind mit den Asylbewerbern <strong>und</strong> Flüchtlingen:<br />

Menschen aus dem „Maghreb“, die in Turin in großer Zahl (<strong>und</strong> meist illegal) leben. Es wurde<br />

beschlossen, hier das RSA durchzuführen. Italienische Partnerorganisation ist GRUPPO<br />

ABELE, eine der größten italienischen Organisationen <strong>im</strong> sozialen Bereich mit Schwerpunkt<br />

auf Drogenabhängigkeit <strong>und</strong> Suchterkrankung.<br />

� Vor dem RSA wurden folgende Probleme bei der untersuchten Gruppe vermutet:<br />

- Physische Probleme: Überdosis, Verbreitung von HIV-<br />

Infektionen, Hepatitis usw., lokalen Infektionen,<br />

- psychische Probleme: Depression, persönliches Scheitern,<br />

etc.<br />

- soziale Probleme: Fehlen von Unterkunft <strong>und</strong> Arbeit,<br />

- finanzielle Probleme: Fehlen von eigenen Ressourcen,<br />

- gesetzliche Probleme: Verhaftungen wegen Drogenhandel<br />

<strong>und</strong> Diebstahl.<br />

� Das RSA ergab einen problematischen Konsum folgender Substanzen:<br />

Heroin, Kokain, Alkohol, Cannabis, Ecstasy.<br />

110


� Anfällige Gruppen:<br />

30 - 35-jährige Männer: Heroin, Kokain<br />

15 - 25-jährige Männer: Kokain, Cannabis, Alkohol, wenig Heroin,<br />

Schnüffelstoffe, allerdings: weniger<br />

problematischer Gebrauch bei jungen<br />

Frauen<br />

Männer generell (jedes Alter, illegal oder nicht:): Alkohol<br />

� Die Ursachen für den Konsum der 30 – 25-jährigen Männer wurden <strong>im</strong> Report wie folgt<br />

beschrieben:<br />

- Einsamkeit,<br />

- -größere Verfügbarkeit von Drogen als <strong>im</strong> Herkunftsland,<br />

- Kulturunterschiede <strong>und</strong> Unterschiede der Lebensarten,<br />

- Nähe zur Drogenhandelszene,<br />

- Scheitern des eigenen Einwanderungsprojektes, Ausgrenzung,<br />

illegale Lage,<br />

- Drogenhandel als „reizvolle“ Einnahmequelle.<br />

- In Bezug auf das Alkoholproblem generell werden er folgende<br />

Ursachen beschrieben: Einsamkeit, Verfügbarkeit<br />

von Alkohol, tägliche Anstrengungen (harte, unterbezahlte,<br />

oft rechtlose Arbeit, Mut zum Betteln), Trost <strong>und</strong> Ablenkung<br />

während der Freizeit, Nachahmung des italienischen<br />

Verhaltens (für die Jüngeren), Abwesenheit von<br />

Perspektiven, illegale Lage.<br />

� Die Ursachen für den Konsum der 15 – 25-jährigen Männer wurden wie folgt beschrieben:<br />

- Fehlen von Erziehungsreferenzen, Schwierigkeiten bei<br />

den Beziehungen mit italienischen Gleichaltrigen.<br />

� Wie drückt sich der problematische Konsum aus?<br />

Haupteindrücke: HIV- <strong>und</strong> Hepatitisinfektionen, Überdosierungen, abhängige Gefangene,<br />

Verlust der Beziehung zur Familie <strong>im</strong> Zusammenhang mit Drogenabhängigkeit, Inhaftierung,<br />

keine Wohnung, Gewalt zu Hause, Pathologie <strong>im</strong> Zusammenhang mit Alkohol, verstärktes<br />

Vorkommen von Schnüffelstoffgebrauch unter den jüngeren Einwanderern. Abwesenheit<br />

eines „Lebensprojektes“, Resignation, Aufgabe.<br />

� Einschätzung des RSA-Verfahrens?<br />

GRUPPO ABELE hebt hervor, dass das RSA ein wirksames Instrument für folgende Aspekte<br />

gewesen ist:<br />

• Anerkennung <strong>und</strong> Bewertung von Kenntnissen der lokalen Sozialarbeiter<br />

• Kenntnisgewinn über existierende Projekte <strong>und</strong> Personen, die sich dafür interessieren<br />

• Schaffung eines allgemeinen Erkenntnisrahmens, der ziemlich komplett ist<br />

• Be<strong>im</strong> Alkoholkonsum der untersuchten Gruppen, hat das RSA ermöglicht, die Grenzen eines<br />

Problems, von dem man sehr wenige Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen hatte, zu definieren.<br />

• Kenntnisnahme <strong>und</strong> Vertiefung von Indizien, die <strong>im</strong> Laufe des Prozesses vertieft <strong>und</strong> verifiziert<br />

werden konnten.<br />

Spanien<br />

Träger der Untersuchungen ist die F<strong>und</strong>ación Salud y Comunidad, Barcelona. Die untersuchte<br />

Zielgruppe sind - ähnlich wie in Italien! - minderjährige Migranten aus Marokko ohne<br />

Familie in Barcelona. Häufig leben die Personen ohne festen Wohnsitz.<br />

� Vermutet wurde der Gebrauch von Haschisch, Tabak, gerauchtem Kokain, Heroin (auch<br />

injiziert) <strong>und</strong> Alkohol.<br />

111


� Das Ergebnis war: Polyvalenter Gebrauch, vor allem Schnüffelstoffe <strong>und</strong> Tranquilizer, neben<br />

Haschisch wenig Alkohol, Tabak, synthetische Drogen <strong>und</strong> Kokain. Hervorgehoben werden<br />

muss, dass der Gebrauch von Schnüffelstoffen in diesem Umfang nicht vermutet wurde<br />

<strong>und</strong> das Ergebnis das RSA-Team überraschte.<br />

� Das RSA ergab folgendes Bild über die Gründe <strong>und</strong> Hintergründe des Konsums:<br />

- Leichte Verfügbarkeit,<br />

- erhebliche Kulturunterschiede,<br />

- Unsicherheit in der Lebenssituation,<br />

- mitunter traumatische, schwer zu verarbeitende Erfahrungen<br />

in der „Flucht“-Situation,<br />

- erheblicher Druck, unerreichbare Erwartungen,<br />

- eine enge Verknüpfung von Drogengebrauch (insbesondere<br />

die billigen Schnüffelstoffe) <strong>und</strong> der Marginalisierung:<br />

Je höher das Maß der Integration, desto geringer<br />

die Verletzbarkeit durch Drogengebrauch.<br />

Österreich<br />

Das Institut für Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspsychologie in Wien bezieht sich in seinen RSA-<br />

Untersuchungen auf Iraner (die keineswegs eine „homogene“ Gruppe sind, es gibt durchaus<br />

Differenzen zwischen z. B. musl<strong>im</strong>ischen Gruppen <strong>und</strong> christlichen Armeniern) in Wien.<br />

Die Recherchen orientierten sich hauptsächlich auf den Konsum von Alkohol bei (aber nicht<br />

nur) Armeniern (Information von Schlüsselinformanten), Opium (auch, um die vielfältigen<br />

„Mythen“ die bezüglich des Konsums dieser Substanzen bei Iranern existieren, zu hinterfragen),<br />

Cannabis, Medikamentabusus, Heroin, Kokain (bei den beiden letztgenannten allerdings<br />

mit dem Resultat wenig verlässlicher Informationen).<br />

Als gefährdete Gruppen wurden fokussiert:<br />

• Männer<br />

• allein stehend oder mit der Familie <strong>im</strong> Ausland<br />

• aber auch einige mit Familien in Österreich.<br />

Problematischer Gebrauch drückt sich aus durch<br />

• ges<strong>und</strong>heitliche Probleme (Alkohol, Heroin/Kokain),<br />

• psychische Probleme,<br />

• soziale Probleme (Kontakt zur Drogenszene, soziale Kontakte)<br />

• Finanzielle <strong>und</strong> rechtliche Probleme, die eng miteinander verknüpft sind.<br />

Hauptgründe für den problematischen Gebrauch seien u. a.:<br />

• Kulturelle Differenzen (Opiumgebrauch, Alkohol),<br />

• traumatische Erfahrungen,<br />

• Asylpolitik (schlechte Lebensbedingungen, daraus resultierende Gefühle von Hoffnungs-<br />

<strong>und</strong> Mutlosigkeit),<br />

• drogenpolitische Unterschiede zwischen dem Iran <strong>und</strong> Österreich, was zu unterschiedlichen<br />

Substanzeinschätzungen führt,<br />

• Verfügbarkeit von Drogen einfach,<br />

• aber auch drogenbezogene Vorerfahrungen.<br />

Ein Ergebnis wird besonders betont: Während der Opiumgebrauch <strong>im</strong> Iran unter gesicherten<br />

<strong>und</strong> kontrollierten Bedingungen stattfindet (einschließlich einer problemlosen Versorgung), ist<br />

Opium in Österreich illegal <strong>und</strong> schwer verfügbar. Steigen die (ehemaligen) Opiumkonsumenten<br />

auf das Rauchen von Heroin um, entstehen dabei erhebliche zusätzliche Suchtrisiken,<br />

die substanzbezogen, aber auch lebensbedingungsbezogen erklärt werden müssen.<br />

112


4. Einige Schlussfolgerungen aus dem RSA 15 :<br />

Die Ergebnisse der RSA-Untersuchungen sind in großen Teilen länderspezifisch zu bewerten:<br />

Der Gebrauch von Schnüffelstoffen in Barcelona z. B. ist ein Phänomen, das sich in anderen<br />

Ländern nicht bestätigte. Allerdings gibt es einige Schlussfolgerungen, die für die meisten<br />

lokalen Untersuchungen gelten:<br />

1. Ein erhebliches Risikopotenzial sind die von vielen Flüchtlingen <strong>und</strong> Asylbewerbern<br />

erlittenen Traumata. Entsprechend spielt die Traumabearbeitung in der Suchtvorbeugung<br />

eine erhebliche Rolle.<br />

2. Die Lebensumstände <strong>im</strong> Aufnahmeland spielen eine große Rolle. Die unklaren Perspektiven<br />

(Asylverfahren), enge <strong>und</strong> teilweise bedrückende Wohnverhältnisse, soziale<br />

Isolation, Arbeitsverbote etc., aber auch damit verb<strong>und</strong>ene fehlende Tagesstruktur,<br />

Langeweile, Hoffnungslosigkeit etc. sind eindeutig erhebliche Risikofaktoren für Substanzmissbrauch<br />

<strong>und</strong> Suchtentstehung.<br />

3. In vielen Ländern kommen die Flüchtlinge <strong>und</strong> Asylbewerber kaum aus ihrer isolierten<br />

Lebenssituation heraus, nicht zuletzt auch, weil die ihnen zur Verfügung stehenden<br />

Geldmittel sehr schmal bemessen sind. Hier entsteht das Risiko, dass der Einstieg in<br />

den Bereich des Drogenverkaufens („Dealen“) gesucht wird.<br />

4. Nachahmung der Lebensgewohnheiten der Menschen der Aufnahmeländer spielt ebenfalls<br />

eine Rolle: Die gewohnten Lebens- <strong>und</strong> Verhaltensmuster der Herkunftskultur kontrastieren<br />

erheblich mit den Lebensgewohnheiten des Aufnahmelandes. Für diejenigen,<br />

die ihre (eigentlich <strong>im</strong> Sinne der Suchtgefährdung) protektive kulturelle Identität aufgeben,<br />

bleibt für lange Zeit nur die Möglichkeit, eine „neue“ kulturelle Identität nur zu „s<strong>im</strong>ulieren“.<br />

Der Umgang mit Alkohol z. B. wird umso riskanter, je weniger dieser<br />

Gebrauch zum Kulturstandard des Herkunftslandes gehörte.<br />

5. Einige Angehörige der Zielgruppen brachten Drogenerfahrungen <strong>und</strong> –probleme aus<br />

ihren He<strong>im</strong>atländern bereits mit. Der Anteil wird nach dem RSA als sehr gering eingestuft.<br />

Das heißt, dass damit Suchtrisiken <strong>und</strong> –probleme <strong>im</strong> Gastland entstehen (<strong>und</strong><br />

dass ihnen dort begegnet werden muss).<br />

Bewertung des RSA:<br />

Eine Reihe von Vorannahmen der Untersucher (z. B. über den Umfang des Drogen- <strong>und</strong><br />

Suchtproblems) musste falsifiziert werden. Insgesamt ist rein quantitativ die Verbreitung dieser<br />

Probleme unter den Menschen der Zielgruppen geringer als erwartet (Ausnahme: Suchtprobleme<br />

unter den Maghrebianern). Wenn sie allerdings auftreten, sind sie gravierender,<br />

schwerer behandelbar <strong>und</strong> riskanter als bei den Menschen der Aufnahmeländer.<br />

Das RSA hat eine qualifizierte Daten- <strong>und</strong> Eindrucksbasis für Prävention geschaffen. Die<br />

geplanten Präventionsaktivitäten können auf ihrem Hintergr<strong>und</strong> ein hohes Maß an „Passgenauigkeit“<br />

entwickeln.<br />

Über die Befragungen sind lokal Netzwerke entstanden, die die suchtbezogene Arbeit mit<br />

den Zielgruppen auf einer breiteren, partizipativeren Basis als vor dem RSA fortführen.<br />

Die verschiedenen RSA-Techniken sind hervorragende Kontrollinstrumente für weitere Entwicklungen<br />

der Aktivitäten, sie bieten ebenfalls eine hervorragende Entwicklungsbasis für<br />

qualifizierte „Monitoringinstrumente“, <strong>im</strong>mer wieder Zwischenergebnisse zu betrachten, die<br />

Veränderungen (<strong>und</strong> damit neue/andere Handlungsbedarfe) <strong>und</strong> Bestätigungen <strong>im</strong> Prozess<br />

beschreiben können.<br />

113


5. Zusammenfassung <strong>und</strong> Schlussfolgerungen für die <strong>Suchtprävention</strong> für Asylbewerber<br />

<strong>und</strong> Flüchtlinge<br />

Vorbemerkung:<br />

Auf der Ebene der Möglichkeiten müssen wir uns darüber klar werden, dass die in unseren Ländern funktionierenden<br />

Mittel <strong>und</strong> Mechanismen der <strong>Suchtprävention</strong> bei vielen der Zielgruppen nicht funktionieren werden. Das<br />

Verständnis der verschiedenen ethnischen Gruppen über Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsrisiken, Körper, über gesellschaftliche<br />

Rollen etc. ist erheblich unterschiedlich zu unseren westlichen „Standards“. Wir müssen daher<br />

kultursensible, respektierende, die religiösen, ethnischen <strong>und</strong> moralischen Hintergründe reflektierende Methoden<br />

entwickeln, um die Menschen zu erreichen. Ich bin sicher, dass uns dies gelingen wird. Dies gilt sicherlich nicht<br />

nur für die Gruppe der Asylbewerber <strong>und</strong> Flüchtlinge, sondern generell für Migranten in unseren Ländern.<br />

� In fast allen Reports wird auf die schlechten Lebens- <strong>und</strong> Aufenthaltsbedingungen der Asylbewerber<br />

<strong>und</strong> Flüchtlinge hingewiesen. Die oft völlig unzureichende Unterkunft, sehr geringe<br />

Geldmittel, isolierte Lebensbedingungen, manchmal über Jahre völlig unsicherer Status<br />

(werde ich zurückgeschickt...?) sind – so die Hypothese – derart belastend, dass sie einen<br />

guten „Nährboden“ für Drogenge- <strong>und</strong> -missbrauch darstellen.<br />

Sicher ist, dass wir ganz sicher nicht die Asylpolitik unserer Länder über unser Projekt verändern<br />

können. Dass die Flüchtlinge so schlecht leben, ist ja kein „Zufall“, sondern politisch<br />

gewollt. Trotzdem können wir natürlich mit unserem Projekt zumindest diese Missstände<br />

aufzeigen <strong>und</strong> sozusagen „den Finger in die W<strong>und</strong>e legen“. Und in einer einzelnen Einrichtung,<br />

in der wir vielleicht ein Präventionsprojekt durchführen, können wir in einem gewissen<br />

Rahmen darauf hinwirken, dass die Lebensbedingungen in best<strong>im</strong>mten Details verbessert<br />

werden.<br />

� In fast allen Berichten wird die Information über die Drogenrisiken betont. Unterteilt wird<br />

die Informationsidee in verschiedene Stufen:<br />

- die Erstellung von „kultursensiblen“ Informationsmaterialien<br />

- Informationsveranstaltungen mit verschiedenen Zielgruppen (Eltern, Jugendliche,<br />

etc.) an unterschiedlichen Orten. Hier wird auch <strong>im</strong>mer wieder betont, dass dies<br />

möglichst von Muttersprachlern getan werden sollte.<br />

- Nötig wird es sein, für die Informationsvermittlung Keypersons der Zielgruppe zu<br />

gewinnen (s.u.). In einigen ethnischen Gruppen wird es auch wichtig sein, religiöse<br />

Würdenträger einzubinden <strong>und</strong><br />

- die Einbindung von speziell ausgebildeten „Kulturmediatoren“.<br />

� Ob wir in der Lage sein werden, konfliktlösungsorientierte Trainings, die in unseren Ländern<br />

zum Gr<strong>und</strong>repertoire der <strong>Suchtprävention</strong> gehören, auch für unsere Zielgruppen anzubieten,<br />

bezweifele ich. Trotzdem sollten wir darüber nachdenken, wie solche Dinge wie life<br />

skills training <strong>und</strong>/oder peer group-Ansätze auch hier möglich sind, die sich in einer herkunftskulturangepassten<br />

Form bewegen. Einige Projektpartner sind dabei, Vorschläge in<br />

diese Richtung zu erarbeiten.<br />

� Ansätze der besseren Integration <strong>und</strong> Kommunikation mit den Bürgern der Gastländer<br />

werden erwogen. Drogenmissbrauch wird hier gesehen als eine mögliche Reaktion auf die<br />

Isolation, die es zu durchbrechen gilt.<br />

� Auf dem Hintergr<strong>und</strong>, dass die Zielgruppen oft starke Traumata erlitten haben <strong>im</strong> Kontext<br />

von Flucht <strong>und</strong> Vertreibung vermuten einige Respondenten, dass mancher Drogengebrauch<br />

eine Art Selbstmedikamentation gegen das seelische Leiden an diesen Traumata darstelle.<br />

Folgerichtig wird vorgeschlagen, dass eine bessere Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungsarbeit zur<br />

Überwindung der Traumata einen stark suchtpräventiven Effekt haben könnte.<br />

� Schulungen <strong>und</strong> lokale Netzwerke werden von anderen vorgeschlagen auf dem Hintergr<strong>und</strong>,<br />

dass offenbar an vielen Orten Initiativen existieren, die bereits einige Aspekte sucht-<br />

oder ges<strong>und</strong>heitspräventiver Arbeit leisten. Hier könnten – wie unsere italienischen Kollegen<br />

es nennen – „Synergieeffekte“ erzielt werden.<br />

Insgesamt gibt es noch eine weitere Fülle verschiedener Ideen <strong>und</strong> Vorschläge, auf die alle<br />

ich sehr gespannt bin.<br />

114


6.Thesen zur <strong>Suchtprävention</strong> bei Flüchtlingen <strong>und</strong> Asylbewerbern<br />

Liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />

lassen Sie mich bitte zum Schluss in aller Kürze in Thesenform - <strong>und</strong> sozusagen <strong>im</strong> Vorgriff<br />

auf die Projekte, die unsere Projektpartner derzeit entwickeln - zusammenfassen, was aus<br />

Sicht der Projektkoordination wesentliche Inhalte <strong>und</strong> Methoden dieser spezifischen Präventionsarbeit<br />

sind:<br />

a) <strong>Suchtprävention</strong> ist <strong>im</strong>mer auch „Ges<strong>und</strong>heitsprävention“. Auf diesem Hintergr<strong>und</strong> müssen<br />

die sehr verschiedenen Vorstellungen unserer Zielgruppen von Körper, Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Risiken bedacht werden. Unsere Ideen z. B. von „Ganzheitlichkeit“<br />

werden auf den soziokulturellen Erfahrungshintergründen z. B. iranischer Männer aufgebaut,<br />

von diesen wohl kaum verstanden.<br />

b) Eine kultursensible <strong>und</strong> -respektvolle <strong>Suchtprävention</strong> ist nur möglich auf dem Hintergr<strong>und</strong><br />

von Wissen <strong>und</strong> Verstehen. Es ist offensichtlich (<strong>und</strong> auch eine generalisierbare<br />

Erfahrung der Sucht- <strong>und</strong> Migrationsforschung), dass ohne muttersprachliche Kommunikations-<br />

<strong>und</strong> Begegnungsmöglichkeiten das Risiko besteht, dass gut gemeinte Ansätze<br />

ins Leere gehen. Die Orientierung an dem „Key-Person-Konzept“ scheint mir Sinn zu<br />

bringen.<br />

c) Es ist zu untersuchen, welche besonderen, d. h. herkunftskulturbezogenen Risiko- <strong>und</strong><br />

Schutzfaktoren 16 bei unseren Zielgruppen bezüglich ges<strong>und</strong>heitsriskanten Verhaltens<br />

generell, aber auch bezüglich der Suchtrisiken bestehen.<br />

d) <strong>Suchtprävention</strong> mit Asylbewerbern <strong>und</strong> Flüchtlingen ist Teil der Interkulturellen Suchtarbeit.<br />

Unterscheidungsmerkmale zu der in unseren Ländern vorherrschenden Suchtarbeit<br />

sind u. a.:<br />

„Die Organisation der Familie <strong>und</strong> deren Einfluss auf Entwicklung, <strong>im</strong> Bereich der Normen<br />

<strong>und</strong> Werte, <strong>im</strong> Bereich von Denken <strong>und</strong> Wahrnehmen <strong>und</strong> Lernstil, in der Erklärung<br />

von Körper <strong>und</strong> Krankheit, in der Interpretation von Situationen, <strong>im</strong> Umgang mit Konflikten<br />

<strong>und</strong> damit Bewältigungsstrategien, in der Informationsaufnahme <strong>und</strong> -erarbeitung <strong>und</strong><br />

in den sprachlichen Bedingungen <strong>und</strong> Kommunikationsformen" (Soner Tuna).<br />

e) Die Unterscheidung in pr<strong>im</strong>äre <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>äre Prävention, wie sie die WHO vorschlägt,<br />

bringt auch für unsere Projekte Sinn: Da, wo offenbar noch keine Suchtprobleme oder<br />

problematischer Gebrauch aufgetaucht sind, vermuten viele Respondenten trotzdem eine<br />

hohe suchtmittelbezogene Vulnerabilität, so dass pr<strong>im</strong>ärpräventive Projekte Sinn bringen.<br />

In verschiedenen anderen Gruppen (z. B. den maghrebinischen Jugendlichen in Barcelona<br />

<strong>und</strong> Turin) finden wir einen recht verbreiteten, zumindest problematischen Gebrauch<br />

verschiedener Stoffe, <strong>und</strong> hier wurden von Euch sek<strong>und</strong>ärpräventive Maßnahmen vorgeschlagen<br />

(z. B. die interkulturell orientierte Straßenarbeit).<br />

f) So sehr die kulturelle D<strong>im</strong>ension unserer Arbeit <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen sollte, dürfen wir<br />

nicht vernachlässigen, dass es viele strukturelle Ausgrenzungsmechanismen gibt, die ihrerseits<br />

Sucht- <strong>und</strong> andere Ges<strong>und</strong>heitsrisiken provozieren. Es besteht ein dialektisches<br />

Verhältnis zwischen verhaltensorientierter <strong>und</strong> verhältnisorientierter <strong>Suchtprävention</strong>, d.<br />

h., dass nicht nur das Verhalten, das Handeln in konkreten Situationen, Ziel unserer präventiven<br />

Bemühungen sein darf, sondern auch die Verhältnisse, unter denen unsere<br />

Zielgruppen leben (müssen). Wir müssen darauf achten, dass sich der wahrgenommene<br />

Handlungsbedarf nicht nur auf das Individuum zentriert, sondern die Strukturen <strong>und</strong> die<br />

hier notwendigen Veränderungen mitreflektiert.<br />

Lassen Sie mich mit den Worten der ehemaligen Hohen Flüchtlingskommissarin, Sadako<br />

Odaka, meinen Vortrag beenden, nicht, weil ich pess<strong>im</strong>istisch denke über die Möglichkeiten<br />

der <strong>Suchtprävention</strong> für unsere Zielgruppen, sondern weil ich politischen Realismus für unbedingt<br />

angeraten halte:<br />

„Humanitäres Handeln allein kann keine Probleme von gr<strong>und</strong>sätzlich politischer Natur<br />

lösen!"<br />

115


Verein Krisenhilfe Essen e.V.<br />

1. Chronik der interkulturellen Öffnung <strong>im</strong> Verein Krisenhilfe e.V.<br />

Birgit Pannenbecker<br />

1996<br />

Ein mobiles Drogenberatungsangebot wurde für den Stadtteil Katernberg eingerichtet.<br />

Katernberg ist einer der Stadtteile in Essen, der einen besonders hohen Anteil von Einwohnern<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> hat. Es hatte sich eine stadtteilorientierte Drogenszene gebildet.<br />

Das Angebot des Vereins Krisenhilfe wurde durch Streetwork <strong>und</strong> Kontaktaufnahme zu<br />

den sozialen Einrichtungen <strong>und</strong> türkischen Vereinen, Moscheen usw. bekannt gemacht.<br />

Für das mobile Drogenberatungsangebot wurde ein Mitarbeiter türkischer Herkunft eingestellt,<br />

der außerdem <strong>im</strong> Cafe für akut Drogenabhängige eingesetzt war.<br />

1998<br />

Die Fachstelle für <strong>Suchtprävention</strong> konnte um eine Mitarbeiterin erweitert werden. Der Arbeitsschwerpunkt<br />

dieser Mitarbeiterin liegt in der interkulturellen <strong>Suchtprävention</strong>.<br />

1999<br />

Das mobile Drogenhilfeangebot in Katernberg wurde eingestellt, da die Zielgruppe dort nicht<br />

angemessen erreicht werden konnte.<br />

Für Suchtkranke <strong>und</strong> betroffene Angehörige türkischer Herkunft wurde ein in die bestehende<br />

Drogenberatungsstelle integriertes muttersprachliches Beratungsangebot entwickelt.<br />

Eine erste interne Fortbildung für die Mitarbeiter des Vereins Krisenhilfe zum Thema „Ausländerrecht<br />

<strong>und</strong> Drogenhilfe“ hat stattgef<strong>und</strong>en.<br />

Seither ist die Entwicklung interkultureller Kompetenzen ein stetiger Prozess in der alltäglichen<br />

Arbeit.<br />

2. Sucht <strong>und</strong> Migration – Forderungen <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen<br />

Die Arbeit mit der Zielgruppe der Menschen mit Migrationserfahrung muss <strong>im</strong>mer unter der<br />

Berücksichtigung der anderen Kultur bzw. Bikulturalität stattfinden. Gegebenenfalls ist die<br />

Einbindung der gesamten Familie in die Beratung notwendig.<br />

Die fehlenden Sprachkenntnisse sowohl bei den Hilfesuchenden als auch bei den Mitarbeitern<br />

der sozialen Einrichtungen stellen ein großes Problem dar. (Es kann nur eine Notlösung<br />

sein, Angehörige, abhängig von der Situation, als Übersetzer einzusetzen.)<br />

Informationen über die Hilfeangebote fehlen bei der Zielgruppe häufig <strong>und</strong> müssen anders<br />

transportiert werden (Kontaktaufnahme zu Vereinen,<br />

religiösen Gemeinschaften, bestehenden Gruppen, in denen sich Menschen<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> finden).<br />

Es muss in stärkerem Maße aufsuchende Arbeit geleistet werden.<br />

Ein Hemmschwellenabbau kann u.a. durch ein entsprechendes Gesamtsetting unterstützt<br />

werden.<br />

116


Informationen über die Herkunftsländer, ihre Kultur sowie religiöse Orientierung der Klienten<br />

bzw. deren Eltern sind sinnvoll.<br />

Dies sollte allerdings nicht zu einer kulturellen Stigmatisierung führen.<br />

Die Betrachtung des einzelnen Menschen, unter Berücksichtigung seiner<br />

Kultur, muss <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen.<br />

Eine Bereitschaft bei den Betreuern zum Lernen vom Klienten muss vorhanden sein.<br />

Achtung, Fre<strong>und</strong>lichkeit, Neugier <strong>und</strong> Offenheit sollten die Gr<strong>und</strong>haltung<br />

dem Hilfesuchenden gegenüber best<strong>im</strong>men. Die Arbeit sollte k<strong>und</strong>enorientiert sein.<br />

Teams sollten <strong>im</strong>mer wieder Fortbildungen zur Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen<br />

erhalten. (Ausländerrecht, interkulturelles Konfliktmanagement...)<br />

Die Einrichtungen sollten als Teil des Gesamtsettings mehrsprachig ausgeschildert sein,<br />

mehrsprachige Informationsmedien sollten vorhanden<br />

sein.<br />

Fazit:<br />

Interkulturelles Arbeiten erfordert in hohem Maße die Bereitschaft, Althergebrachtes <strong>im</strong>mer<br />

wieder neu zu überdenken <strong>und</strong> zu ändern.<br />

Eine <strong>Vernetzung</strong> der Arbeit ist besonders wichtig um:<br />

• sich auszutauschen,<br />

• vorhandene Ressourcen möglichst effektiv nutzen zu können,<br />

• voneinander zu profitieren,<br />

• Qualität zu sichern.<br />

Die Entwicklung von interkultureller Kompetenz einer Einrichtung ist eine stetige Entwicklung.<br />

Forderungen:<br />

1. Es müssen mehr Einstellungen von Mitarbeitern mit Mehrsprachigkeit erfolgen.<br />

2. Ein Pool mit psychosozial geschulten Dolmetschern ist erforderlich.<br />

3. Interkulturelles arbeiten kann nicht abhängig sein vom Engagement einzelner Mitarbeiter<br />

einer Einrichtung <strong>und</strong> muss dementsprechend konzeptionell verankert<br />

sein.<br />

117


Drogenhilfezentrum Essen<br />

Geschäftsführung, pädagogische Leitung, Verwaltung<br />

Fachstelle für Suchprävention<br />

Koordination der suchpräventiven Maßnahmen vor Ort; Fortbildungsveranstaltungen für MultiplikatorInnen <strong>und</strong><br />

BürgerInnen; betriebliche Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> <strong>Suchtprävention</strong>; interkulturelle Prävention.<br />

Beratung <strong>und</strong> Therapievermittlung<br />

Beratung von Angehörigen, Betreuung in der JVA, Selbsthilfegruppe für Cannabis konsumenten, Selbsthilfegruppe<br />

für Eltern, Soforthilfe<br />

Substitutionsambulanz<br />

Vergabe, psychosoziale Betreuung, Beratung von Angehörigen, Soforthilfe, Streetwork, med. Behandlung<br />

Niedrigschwellige Angebote<br />

Cafe, Frauencafe, Drogenkonsumraum, Notschlagen, mobile Beratung auf dem Drogenstrich, Streetwork, Arztmobil,<br />

Drogentherapeutische Ambulanz<br />

Außenstellen<br />

Nachsorge<br />

Wohngemeinschaft <strong>und</strong> ambulante Betreuung nach erfolgreicher Therapie<br />

Wohngemeinschaft für substituierte Frauen<br />

Reintegration<br />

Villa Altenberg<br />

Wohnen für Substituierte<br />

Reintegration<br />

Substitutionsambulanz<br />

Indikationsstelle, Verteilerstelle, Vergabe, med. Behandlung, psychosoziale Betreuung, Beratung v. Angeh.<br />

Roadrunner<br />

Mobile Beratung <strong>und</strong> Streetwork für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

118


Suchthilfe <strong>und</strong> Migration – Ansätze <strong>und</strong> Strategien der Beratung<br />

<strong>und</strong> Prävention in Hannover durch das Ethno-Medizinische Zentrum<br />

Ausgangslage<br />

Ramazan Salman<br />

Zur Praxis der Suchthilfe wird von den Fachkräften häufig beklagt, dass Migranten die bestehenden<br />

Angebote der Suchthilfedienste aufgr<strong>und</strong> sprachlicher <strong>und</strong> soziokultureller Hindernisse<br />

kaum wahrnehmen. In Hannover ergab eine Befragung des Ethno-Medizinischen<br />

Zentrums in Einrichtungen der Suchthilfe, dass der Anteil der sie aufsuchenden Migranten<br />

unter 5% der Gesamtzahl ihrer Klienten liegt. Dagegen macht der Anteil der Migranten unter<br />

den Konsumenten harter Drogen etwa 20% aus (Salman, Tuna & Lessing 1999). Dies bedeutet,<br />

dass Migranten insgesamt <strong>im</strong> Bereich der Beratung, Betreuung <strong>und</strong> Therapie unterrepräsentiert<br />

sind.<br />

Einen Ausweg sehen viele Betroffene darin, während eines He<strong>im</strong>aturlaubs an einer Kurzzeittherapie<br />

teilzunehmen. Es sind zumeist Migranten aus der Türkei, die diesen Weg wählen.<br />

Solche "He<strong>im</strong>attherapien” führen in der Regel nur zu kurzfristiger Abstinenz. Kehren die Betroffenen<br />

in die Gesellschaft zurück, in der ihr Problem entstanden ist, treten schon nach<br />

wenigen Wochen Rückfälle auf <strong>und</strong> meistens verschlechtert sich die Lage der Betroffenen<br />

noch zusätzlich. Die Bereitschaft der Betroffenen <strong>und</strong> ihrer Familien, eine Entgiftung ohne<br />

therapeutische Begleitung <strong>und</strong> späterer Rehabilitationsmaßnahmen durchzuführen, verdeutlicht<br />

nicht nur ihre unzureichenden Kenntnisse über Sucht <strong>und</strong> Drogen. Hier wird auch das<br />

mangelnde Vertrauen in die deutsche Gesellschaft <strong>und</strong> deren Suchthilfesystem signalisiert.<br />

Von diesen Problemen blieb auch die Stadt Hannover nicht verschont. Deshalb wurde gemeinsam<br />

mit dem Ethno-Medizinischen Zentrum das Projekt „Interkulturelle Suchthilfe Hannover“<br />

entwickelt <strong>und</strong> in Hannover dauerhaft verankert.<br />

Das Projekt „Interkulturelle Suchthilfe Hannover – Prävention <strong>und</strong> Beratung für<br />

Migranten“<br />

Das Projekt „Interkulturelle Suchthilfe Hannover“ wird seit 1996 durch die Landeshauptstadt<br />

Hannover institutionell gefördert. Es wird vom Ethno-Medizinischen Zentrum e.V., welches<br />

durch eine institutionelle Gr<strong>und</strong>finanzierung des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen,<br />

Arbeit <strong>und</strong> Soziales gesichert wird, durchgeführt (Heise, Collatz, Machleidt & Salman 2000).<br />

Ausgangslage des Projektes war, die nach Auswertung von Polizeidaten festgestellte, hohe<br />

Anzahl der Drogenkonsumenten mit ausländischer Herkunft. Mit den verschiedenen Maßnahmen<br />

des Projektes werden insbesondere folgende Ziele verknüpft:<br />

• Förderung der <strong>Suchtprävention</strong> bei Migranten in Hannover.<br />

• Interkulturelle Öffnung der Einrichtungen der Suchthilfe für Migranten.<br />

• <strong>Vernetzung</strong> interkultureller Ressourcen <strong>und</strong> Kompetenzen der Suchthilfe.<br />

• Sensibilisierung für die spezifischen Nöte <strong>und</strong> Bedürfnisse der Migranten.<br />

• Verringerung des Informationsdefizits <strong>und</strong> Erhöhung der Eigenverantwortlichkeit .<br />

• Verbesserung des Images des Suchthilfesystems.<br />

• Zuführung Suchtgefährdeter in die Einrichtungen der Suchthilfe.<br />

119


Konzeption interkultureller Prävention in Hannover<br />

Das Projekt verfolgt einen pr<strong>im</strong>ärpräventiven Ansatz für Migranten. Unter Migranten sind alle<br />

Menschen mit einem Migrationshintergr<strong>und</strong> subsumiert, also auch eingebürgerte Migranten<br />

<strong>und</strong> Aussiedler, obwohl sie staatsbürgerlich Deutsche sind. Das Projekt beinhaltet Maßnahmen,<br />

die sich an die Einrichtungen der Suchthilfe in Hannover richten <strong>und</strong> Aktivitäten, die<br />

sich direkt an Migranten wenden. In beiden Fällen ist beabsichtigt, die Kompetenzen der Beteiligten<br />

zur präventiven Abwehr der Drogenbedrohung zu stärken <strong>und</strong> zu opt<strong>im</strong>ieren. Fachkräften<br />

<strong>und</strong> Migranten sollen „Brücken zwischen den Kulturen“ gebaut werden, die eine Begegnung<br />

<strong>und</strong> ein Höchstmaß an Integration ermöglichen. Den Facheinrichtungen soll geholfen<br />

werden, ihre Leistungen sozialer Infrastruktur an Migranten zu richten. Migranten sollen<br />

motiviert werden, ihrerseits bei Bedarf auf vorhandene differenzierte soziale Dienstleistungen<br />

zuzugreifen. So kann kostengünstig <strong>und</strong> effektiv eine umfassende <strong>und</strong> weitreichende Präventionsarbeit<br />

für Migranten geleistet werden, ohne ethnisch- oder sprachspezifische Sondereinrichtungen<br />

entwickeln zu müssen. Zur Verwirklichung der Konzeption wurden bisher<br />

folgende Maßnahmen angeboten:<br />

• Mediatorenschulungen zum „Muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater“<br />

Multiplikatoren <strong>und</strong> „Keypersons“ aus verschiedenen Sprachgruppen werden qualifiziert,<br />

um in der Migrantenpopulation eine Kompetenzstruktur zu bilden <strong>und</strong> Fachwissen zu<br />

multiplizieren. Die muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater führen mehrsprachige<br />

Kampagnen zur Aufklärung über die Drogenproblematik durch, da sie den kulturspezifischen<br />

Zugang zu den sprachlichen <strong>und</strong> ethnischen „Communities“ beherrschen.<br />

• Mehrsprachige <strong>und</strong> kulturspezifische Aufklärungskampagnen<br />

werden durch die ausgebildeten „Muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater“ vor Ort,<br />

also in Betrieben, Schulen, Moscheen, Gemeindehäusern, auf öffentlichen Plätzen oder<br />

bei geeigneten Großveranstaltungen (Sport- <strong>und</strong> Musikveranstaltungen) durchgeführt.<br />

Hier wird eine erste gr<strong>und</strong>sätzliche Information vermittelt. Die Migranten werden aufgefordert,<br />

bei besonderem Bedarf die Einrichtungen der Suchthilfe zu nutzen oder sich,<br />

durch die ihnen übergebenen mehrsprachigen Broschüren, intensiver zu informieren. Öffentlichkeitsarbeit,<br />

<strong>Vernetzung</strong>, Plakataktionen, Supervisionen <strong>und</strong> die Zusammenstellung<br />

von Medienkoffern <strong>und</strong> bedruckten Werbemittel r<strong>und</strong>en die Konzeption der Kampagne<br />

ab.<br />

• Plakate <strong>und</strong> Broschüren<br />

werden entwickelt <strong>und</strong> in Umlauf gebracht. Sie werben für Aufklärung, erreichen die Personen,<br />

die nicht an Veranstaltungen teilnehmen oder motivieren andere, an solchen teilzunehmen.<br />

Die Druckmedien werden auch von Einrichtungen der Suchthilfe eingesetzt.<br />

• Wissenschaftliche Begleitung<br />

Das Projekt wird evaluiert <strong>und</strong> jährlich in einem Endbericht zusammengefasst. Die wissenschaftliche<br />

Arbeit beinhaltete auch die Erstellung <strong>und</strong> Herausgabe eines Fachhandbuches<br />

„Interkulturelle Suchthilfe“ (Salman, Tuna & Lessing 1999), welches den Einrichtungen<br />

in Hannover als Arbeitshandbuch zur Verfügung steht. Es soll helfen, auf notwendige<br />

Informationen zur Beratung von Migranten zugreifen zu können <strong>und</strong> dazu führen, ein<br />

einheitliches <strong>und</strong> standardisiertes Gr<strong>und</strong>wissen zu verbreiten.<br />

• Lokale, nationale <strong>und</strong> internationale Fachtagungen sowie Fortbildungen<br />

dienen der Kompetenzbildung, Öffentlichkeitsarbeit, dem fachlichen Austausch <strong>und</strong> der<br />

<strong>Vernetzung</strong>.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich das Konzept sehr bewährt hat. In den<br />

Einrichtungen der Suchthilfe <strong>und</strong> in der Politik konnte die Problematik des Drogenkonsums<br />

bei Migranten umfassend thematisiert werden. Es ist ein Netzwerk von Fachkräften entstan-<br />

120


den. Weiterhin ist durch qualitativ hochwertige Ausbildungs- <strong>und</strong> Veranstaltungsstruktur eine<br />

Basis an kompetenten muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>skräften <strong>und</strong> kulturellen Mittlern<br />

entstanden, die den aktiven Präventionsansatz in die Communities der unterschiedlichen<br />

Migrantengruppen hineintragen können. Durch das Projekt ist nachgewiesen, dass Migranten<br />

durch muttersprachliche <strong>und</strong> kulturspezifische Aufklärung erreichbar sind <strong>und</strong> auf die<br />

Suchthilfe bei interkulturellen Angebotsstrukturen sehr positiv reagieren <strong>und</strong> Beratungsangebote<br />

annehmen.<br />

Ergebnisse interkultureller Prävention in Hannover<br />

Das Projekt richtete sich <strong>im</strong> Anfangsjahr 1996 an die russisch <strong>und</strong> türkisch sprechenden<br />

Zielgruppen. Die Projektmaßnahmen wurden 1997 konzeptionell auf sieben <strong>und</strong> ab 1998 auf<br />

12 Sprachen erweitert. Einen sehr großen Zuspruch erfuhr die 1998 durchgeführte internationale<br />

Tagung mit dem Titel „Perspektiven Interkultureller Suchthilfe“ <strong>im</strong> Rathaus von Hannover<br />

mit Teilnehmern aus dem In- <strong>und</strong> Ausland. Diese Tagung führte zur Herausgabe eines<br />

Handbuches der interkulturellen Suchthilfe für Fachkräfte (Salman, Tuna & Lessing 1999).<br />

Die Qualität des Projektes wurde konsequent gesichert durch qualifizierte Supervisionen <strong>und</strong><br />

die Begleitung des Projektes durch den Drogenbeauftragten der Stadt Hannover. Zum erfolgreichen<br />

Verlauf des Projektes trägt die intensive fachliche <strong>und</strong> kollegiale Zusammenarbeit mit<br />

der DROBS Hannover, der STEP gGmbH, dem DGB Bildungswerk, der Deutschen Hauptstelle<br />

gegen die Suchtgefahren <strong>und</strong> zahlreichen Suchthilfeeinrichtungen, die am R<strong>und</strong>en<br />

Drogentisch der Stadt Hannover vertreten sind, bei.<br />

Das Projekt hat in der deutschen Fachöffentlichkeit große Beachtung gef<strong>und</strong>en. Es wurde<br />

von den Zielgruppen stark angenommen <strong>und</strong> es gelang, gemeinsam mit den Einrichtungen<br />

der Suchthilfe, in der Regelversorgung von Hannover Ansätze interkultureller Suchthilfe zu<br />

etablieren. Jährlich wurden über 30 mehrsprachige Veranstaltungen durch Honorarkräfte<br />

(Mediatoren, Keypersons) durchgeführt.<br />

Schulung zum „Muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater“<br />

Auswahlkriterien bei Anwerbung von Personen, die zum „Muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater“<br />

ausgebildet wurden, waren insbesondere Fähigkeiten <strong>und</strong> Möglichkeiten der<br />

jeweiligen Person, bezüglich des Zugangs zu den jeweiligen kulturellen Gruppen. Sie sollten<br />

eine soziale Stellung innerhalb der jeweiligen Gruppen bekleiden <strong>und</strong> auch Anerkennung<br />

durch die Gruppenmitglieder genießen (Respektsperson, Bildungsgrad, Mittlerfunktion). Entsprechend<br />

dieser Auswahlkriterien wurden die Teilnehmer über das Ethno-Medizinische<br />

Zentrum gezielt angesprochen.<br />

Die Mediatorenschulung fand jeweils halbtags an Freitagen <strong>und</strong> ganztägig an Samstagen<br />

statt. Insgesamt bestand die Schulung aus 48 Unterrichtsst<strong>und</strong>en. Als Referenten <strong>und</strong> Gastreferenten<br />

wurden Psychologen <strong>und</strong> Sozialarbeiter des Ethno-Medizinischen Zentrums eingesetzt,<br />

welche sich den kulturspezifischen Präventionsinhalten widmeten. Fachkräfte der<br />

verschiedenen Einrichtungen der Suchthilfe der Stadt Hannover (STEP gGmbH) <strong>und</strong> der<br />

Drogenbeauftragte der Stadt Hannover waren entsprechend dem Ausbildungskonzept (vgl.<br />

Salman, Tuna & Lessing 1999) für fachspezifische Themen der Suchthilfe zuständig. Die<br />

Ausbildung erfolgte in Räumen von Suchthilfeeinrichtungen der Stadt Hannover, also mitten<br />

<strong>im</strong> Arbeitsfeld. So konnten die Teilnehmer des Kurses zusätzliche Eindrücke gewinnen.<br />

Bei der fachlichen Qualifizierung der „Muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater“ wurden<br />

schwerpunktmäßig folgende Schulungsinhalte angeboten:<br />

• Fachspezifische Themen der Suchthilfe<br />

Drogenkonsum bei Migranten; Ursachen <strong>und</strong> Verlauf des Drogenkonsums; Stoffk<strong>und</strong>e;<br />

121


Drogenabhängigkeit; das Drogenhilfesystem; das Drogenmilieu (, „Szene“); rechtliche<br />

Aspekte etc.<br />

• Kulturspezifische Präventionsmethoden<br />

Einführung in die Prävention; Besonderheiten kulturspezifischer Prävention; kultureller<br />

Kontext; Informationstransfer <strong>und</strong> die Verarbeitung von Informationen; Strategien kultureller<br />

Annäherung; Kultur- <strong>und</strong> Wahrnehmungsphänomene; Methoden des Einsatzes von<br />

Medien; Durchführung von Präventionsveranstaltungen.<br />

Zu den Inhalten der Schulung wurden umfassende Materialienbände entwickelt, gedruckt<br />

<strong>und</strong> den Teilnehmern zur dauerhaften Verwendung übergeben. Insgesamt haben sich die<br />

Inhalte der Schulung <strong>im</strong> weiteren Verlauf des Projektes bewährt. Hannover hat - <strong>und</strong> das<br />

dürfte einmalig in Deutschland sein - nun über 40 versierte <strong>Suchtprävention</strong>sberater mit speziellen<br />

Sprachkenntnissen in zahlreichen Sprachen, die dazu beitragen, in ihren kulturellen<br />

Minderheitengruppen die Abwehr gegen die Drogenbedrohung zu stärken.<br />

Die ausgebildeten „Muttersprachlichen <strong>Suchtprävention</strong>sberater“ führten mehrsprachige,<br />

kultur- bzw. ethnischspezifische Aufklärungskampagne durch. Die Veranstaltungen wurden<br />

an beliebten sozialen Treffpunkten der Migranten umgesetzt. Zunächst fanden Vorgespräche<br />

mit Schlüsselpersonen, beispielsweise mit dem Vorsitzenden eines Migrantenvereins oder<br />

dem Geistlichen einer Moschee statt. In diesen Gesprächen wurden Vereinbarungen über<br />

die Inhalte, Ziele <strong>und</strong> Methoden der bevorstehenden Veranstaltung getroffen. Später wurden<br />

Werbeplakate aufgehängt <strong>und</strong> Broschüren ausgelegt. Die Räume wurden dekoriert <strong>und</strong> die<br />

technischen Hilfsmittel installiert. Teilweise wurde durch das Anbieten von Getränken <strong>und</strong><br />

Gebäck eine vertrauliche <strong>und</strong> lockere Atmosphäre geschaffen. Die Veranstaltungen sollten<br />

ca. zwei bis drei St<strong>und</strong>en dauern. Im Anschluss bestand die Möglichkeit für Einzelgespräche.<br />

Jede Veranstaltung wurde von den eingesetzten Präventionsberatern in einem Bericht zusammengefasst<br />

<strong>und</strong> durch einen Fragebogen evaluiert. Alle diese Tätigkeiten wurden pauschal<br />

honoriert (DM 300,-). Die Kampagnenmitarbeiter wurden wissenschaftlich begleitet <strong>und</strong><br />

supervidiert.<br />

Mehrsprachige Aufklärungsveranstaltungen zur interkulturellen Prävention<br />

Insgesamt wurden bisher weit über 100 mehrsprachige Veranstaltungen von den „Muttersprachlichen<br />

<strong>Suchtprävention</strong>sberatern“ durchgeführt, an denen insgesamt mehr als 5000<br />

Migranten teilnahmen. Mehrheitlich waren die Teilnehmer männlichen Geschlechts. Die Veranstaltungen<br />

wurden in Sprachschulen, Kirchengemeinden, pädagogischen Einrichtungen,<br />

Bürgerzentren, Universitätseinrichtungen <strong>und</strong> Einrichtungen der Asylbewerber durchgeführt.<br />

Das Interesse bei jüngeren Migranten war erheblich stärker als bei der älteren Generation,<br />

was sich in den Teilnehmerzahlen niederschlug. Die große Mehrheit der<br />

Veranstaltungsteilnehmer gehörte zu den jüngeren Bevölkerungsgruppen.<br />

Zunächst wurde in den Veranstaltungen das Projekt „Interkulturelle Suchthilfe in Hannover“<br />

vorgestellt <strong>und</strong> über die Gründe, Ziele <strong>und</strong> Zielgruppen der Kampagne berichtet. Durch eine<br />

offene Diskussion wurde von den „Muttersprachlichen Präventionsberatern“ zu Beginn der<br />

Veranstaltungen erk<strong>und</strong>et, welche Kenntnisse bei den Teilnehmern über Drogen, Ursachen<br />

der Sucht, migrationsspezifische Implikationen, Stoffe <strong>und</strong> über <strong>Suchtprävention</strong> vorhanden<br />

waren. Sie konnten hierbei von eigenen Erfahrungen der Teilnehmer oder von denen ihrer<br />

Fre<strong>und</strong>e oder Angehörigen berichten. Entsprechend dem jeweils vorhandenen Kenntnisstand<br />

<strong>und</strong> den Ressourcen wurden dann Didaktik, Fragestellungen <strong>und</strong> Diskussionsverlauf<br />

flexibel angepasst. Alle Veranstaltungen hatten jedoch gemeinsam, dass über verschiedene<br />

Suchtstoffe <strong>und</strong> deren Wirkungen berichtet <strong>und</strong> über die vorhandenen Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Aufgaben der städtischen Suchthilfe informiert wurde; Standard waren auch Hinweise über<br />

migrationstypische Faktoren, welche die Abwehr der Suchtgefahr erschweren.<br />

122


In der Folge wurden mit Hilfe zahlreicher Medien wie Broschüren, Infomappen, Videofilmen<br />

zur Drogen- <strong>und</strong> Suchtproblematik, Folien zur Stoffk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> zur Statistik, den Teilnehmern<br />

wichtige Gr<strong>und</strong>informationen vermittelt. Bei Gruppen, in denen das Reden über die Drogenproblematik<br />

stark tabuisiert war, wurde der Einstieg in die Veranstaltung eher als ges<strong>und</strong>heitliches<br />

Thema vorgenommen <strong>und</strong> von dieser zur <strong>Suchtprävention</strong> übergeleitet. Bei anderen<br />

Gruppen wurde das Thema eher als soziales <strong>und</strong> gesellschaftliches Problem behandelt. Die<br />

Veranstaltungen unterschieden sich in Methoden <strong>und</strong> Aufbau bei Jugendlichengruppen <strong>und</strong><br />

bei Erwachsenen- oder Elterngruppen.<br />

Einen großen Stellenwert hatten Diskussionselemente <strong>und</strong> die Möglichkeit, Fragen zu stellen.<br />

An diesen spezifischen Fragen orientierte sich der weitere Ablauf der Veranstaltungen.<br />

Da manche Fragen nicht in Gegenwart der übrigen Anwesenden gestellt werden konnten,<br />

wurden <strong>im</strong> Anschluss der Veranstaltungen vertrauliche <strong>und</strong> anonyme Einzelgespräche<br />

ermöglicht. Die Präventionsberater zeigten an kulturellen Besonderheiten orientierte Wege<br />

auf, wie Betroffene Hilfe bekommen können <strong>und</strong> motivierten, vorhandene Angebote der<br />

Regelversorgung zu nutzen. Beratungs- <strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten wurden reflektiert.<br />

Die Teilnehmer an den Veranstaltungen offenbarten erhebliche Informationsdefizite. Entsprechend<br />

hoch war das Aufklärungsinteresse zu Fragen der „Früherkennung“ <strong>und</strong> zu Möglichkeiten<br />

der Inanspruchnahme staatlicher <strong>und</strong> sozialer Leistungen für Süchtige. Es wurde<br />

häufig der Wunsch nach weiteren vertiefenden Veranstaltungen geäußert, um detailliertere<br />

Hintergr<strong>und</strong>kenntnisse zu erhalten. Generell wurden die Veranstaltungen sehr dankbar angenommen<br />

<strong>und</strong> von der überwältigenden Mehrheit der Teilnehmer positiv bewertet.<br />

Auf besonders großes Interesse stießen wir bei Teilnehmern aus den Stadtteilen mit hohem<br />

Migrantenanteil. Offensichtlich korrespondiert der Bedarf nach Prävention mit der Dichte der<br />

Migrantenbevölkerung. Stadtteile mit geringem Migrantenanteil nehmen kulturspezifische<br />

Aufklärungsangebote nur unterdurchschnittlich an. Wir beobachteten, dass Veranstaltungsteilnehmer<br />

ihrerseits sehr häufig als Multiplikatoren wirken. Wir erfuhren, dass sie erworbenes<br />

Wissen an andere Personen weitergeben oder diese zu einer Beratungsstelle schicken.<br />

Häufig war die Betroffenheit, dass auch „Landsleute“ von der Drogenproblematik erfasst<br />

sind, derart groß, dass angeboten wurde, sich an Präventionsaktivitäten zu beteiligen. Solidaritätsgefühle<br />

überwogen selbst in Fällen, in denen Hemmschwellen, sich mit der Drogenthematik<br />

zu beschäftigen, sowie pauschale Verurteilungen gegenüber Drogenkonsumenten<br />

sichtbar wurden. In diesem Zusammenhang wurde besonders von Aussiedlern das Fehlen<br />

von russischsprachigen medizinischen, therapeutischen <strong>und</strong> Beratungsangeboten beklagt.<br />

Deutlich wurden geschlechtsspezifische <strong>und</strong> generationenbedingte Unterschiede in der Offenheit,<br />

Auseinandersetzungsfähigkeit <strong>und</strong> Motivation. Die Elterngeneration begründete ihr<br />

Interesse an der Thematik meistens damit, dass man Kinder habe <strong>und</strong> Informationen benötige,<br />

wie diese zu schützen seien <strong>und</strong> wie denen <strong>im</strong> Bedarfsfalle geholfen werden könne. Sie<br />

interessierten sich auch für Informationen, welchen Einfluss die Beziehungen zwischen Eltern<br />

<strong>und</strong> ihren Kindern auf Drogengefährdung ausüben. Sie wollten genau genommen wissen,<br />

wie sie sich zu verhalten hätten. Besondere diffuse Ängste <strong>und</strong> Sorgen konnten wir bei<br />

Müttern beobachten. Der Informationsstand der Elterngeneration sowie derjenige von<br />

Migranten, die sich erst seit kurzer Zeit in Deutschland aufhalten, konnte als sehr gering eingestuft<br />

werden. Die junge bzw. 2. Generation schien <strong>im</strong> Regelfall aufgeschlossener <strong>und</strong> zeigte<br />

sich vergleichsweise informierter. Dies betrifft aber mehr Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen, als<br />

männliche Jugendliche. Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen konnten mehr Kenntnisse präsentieren<br />

<strong>und</strong> scheinen sich offener <strong>und</strong> konstruktiver mit der Problematik auseinander zu setzen.<br />

Junge Frauen gewinnen somit bei Präventionsbemühungen einen hohen Stellenwert, da sie<br />

helfen können die Drogenproblematik zu versachlichen. Ältere Migranten, besonders Männer,<br />

hatten Hemmungen, waren zurückhaltend <strong>und</strong> zeigten geringeres Interesse an Aufklärung.<br />

Was den Umgang mit abhängigen Landsleuten anbetrifft, wurden teilweise erhebliche Stigmatisierungsideen<br />

geäußert. Nicht selten wurde gefordert, Drogensüchtige zu isolieren <strong>und</strong><br />

123


aus der Gemeinschaft zu verstoßen, denn sie seien schlechte Vorbilder <strong>und</strong> müssten bestraft<br />

werden. Massive Bestrafungsphantasien deuten auf wenige Kenntnisse <strong>im</strong> Umgang mit<br />

Süchtigen <strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten hin. Drogenabhängigkeit wurde vermehrt als Sünde<br />

<strong>und</strong> Charakterlosigkeit <strong>und</strong> seltener als Krankheit bewertet.<br />

Vereinzelt bestand Interesse nach Informationen zu Grenzen der Legalität <strong>und</strong> Illegalität best<strong>im</strong>mter<br />

Suchtstoffe, nach deren Bezugsquellen bzw. Preisen. Obwohl von jugendlichen<br />

Migranten vorgegeben wurde, nicht konsumieren zu wollen, wurde hier eine gewisse (gefährdende)<br />

Neugier <strong>und</strong> geringe Schwellenangst beobachtet. Dies betrifft sicherlich die<br />

Grenzen zwischen gelegentlichem Genuss <strong>und</strong> Sucht <strong>und</strong> deren rechtlichen aber auch kulturellen<br />

Bewertungen. Einige jugendliche Veranstaltungsteilnehmer gaben an, diese Information<br />

nicht für sich zu benötigen, sondern ihr erworbenes Wissen an Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte<br />

weitergeben zu wollen. Sicherlich ist dieses Ansinnen als sehr ehrenhaft zu werten <strong>und</strong> erfüllt<br />

den gewünschten Multiplikatoreneffekt. Wir gewannen jedoch den Eindruck, dass der<br />

tatsächliche Kontakt zu Drogenkonsumenten sowie die persönlichen Erfahrungen mit Drogen<br />

weitaus häufiger vorhanden waren, als dies in Gegenwart von Mitgliedern der eigenen kulturellen<br />

Gemeinschaft zugegeben werden konnte.<br />

Innovationen <strong>und</strong> Perspektiven migrationssensibler Präventionsarbeit<br />

Moderne Präventionsansätze sehen die Vermittlung allgemeiner Handlungs- <strong>und</strong> Konfliktbewältigungskompetenzen<br />

vor <strong>und</strong> versuchen, die Eigenverantwortung von Kindern, Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> auch Erwachsenen zu fördern, Selbstständigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> Entscheidungskraft zu stärken. Gerade diese Ziele sind es, die bei der Mehrheit<br />

der Migranten, Aussiedler <strong>und</strong> Flüchtlinge von den Vorstellungen über das traditionelle Lebenskonzept<br />

abweichen. So steht der Selbstständigkeit die Autorität entgegen, der Unabhängigkeit<br />

die Rangordnung <strong>und</strong> der Stärkung der Entscheidungskraft die Achtung vor den<br />

Älteren <strong>und</strong> das Befolgen ihrer Anweisungen. Migrantenspezifische Präventionskonzepte<br />

können daher nur erfolgreich sein, wenn sie diesen Umstand berücksichtigen.<br />

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Sucht führt unvermeidlich zu einer Hinterfragung<br />

wesentlicher kultureller <strong>und</strong> migrationsbedingter Sichtweisen <strong>und</strong> Haltungen. Sie ist deshalb<br />

für Migranten hochgradig angstbesetzt, weil (Salman, Tuna & Lessing 1999)<br />

• Bedrohungen für Kinder thematisiert <strong>und</strong> so das Wohl der Eltern gefährdet werden;<br />

• der Status quo in der Migrationssituation (unerwünschte Veränderungen) verdeutlicht<br />

wird;<br />

• das Selbstverständnis der Familie tangiert sein kann;<br />

• ausländerrechtliche Konsequenzen befürchtet werden;<br />

• eigene Lösungsversuche nicht greifen <strong>und</strong> es an Alternativen mangelt.<br />

Unter diesen Bedingungen ist die Präventionsarbeit stark personengeb<strong>und</strong>en. Nur Personen<br />

sind geeignet, die einen Zugang sowohl zu der Zielgruppe als auch zu den Instanzen der<br />

Majoritätsbevölkerung haben <strong>und</strong> für beide Seiten vertrauenswürdige „Autoritäten“ darstellen.<br />

Präventionskonzepte, die sich an den Einsatz von muttersprachlichen kulturellen Keypersons<br />

orientieren <strong>und</strong> ihre Präventions- <strong>und</strong> Aufklärungsarbeit eher in den Gruppen <strong>und</strong><br />

Subkulturen der Migranten realisieren, sind diesbezüglich am erfolgreichsten (Salman & Collatz<br />

1999 in Salman, Tuna & Lessing 1999). Gleiches gilt für Öffentlichkeitsarbeit in den<br />

Communities der Migranten (Tuna 1999 in Salman, Tuna & Lesssing 1999):<br />

• Sensibilisierung <strong>und</strong> Aufklärung der Migrantenpopulation;<br />

• Enttabuisierung des Drogenthemas unter den Migranten;<br />

• Akzeptanz bei Migranten gegenüber dem Suchthilfesystem vergrößern;<br />

• Ängste abbauen <strong>und</strong> Eigenverantwortlichkeit thematisieren.<br />

124


Kulturelle „Keypersons“ sind besonders akzeptierte Personen aus den jeweiligen Zielgruppen<br />

(Tuna 1999 in Salman, Tuna & Lesssing 1999). Sie bekleiden eine Position innerhalb<br />

der Subgruppe (Lehrer, Hoca, Gemeindepfarrer, Vereinsvorsitzender o.ä.) oder stellen eine<br />

Autorität bezüglich ihrer Fachkompetenz dar (Ärzte, Studierte, Studenten o.ä.).<br />

Jede Einrichtung der Suchthilfe sollte dem eigenen Bedarf entsprechend einen Stamm an<br />

Keypersons aufbauen, diese durch Hospitationen, Fortbildungen <strong>und</strong> gegebenenfalls auch<br />

mit Honoraren fördern. Mit Keypersons sollten Aufklärungsveranstaltungen in verschiedenen<br />

Sprachen für jugendliche <strong>und</strong> erwachsene Migranten <strong>und</strong> auch jugend- oder geschlechtsspezifische<br />

Informationsveranstaltungen durchgeführt werden. Es ist hilfreich, solche Veranstaltungen<br />

nicht in den Einrichtungen der Suchthilfe selbst durchzuführen, sondern an Orten,<br />

wo Migranten ihre Freizeit verbringen (Salman & Collatz 1999, Tuna 1999).<br />

Interkulturelle Öffnung durch migrationssensible Prävention<br />

Wir haben in Hannover gute Erfahrungen damit gemacht, die Migranten verstärkt in ihren<br />

eigenen Communities aufzusuchen <strong>und</strong> sie dort zu informieren, also in einem begrenzten<br />

Rahmen aufsuchende Beratung zu realisieren. Deshalb haben wir in Hannover für einige<br />

Themen Personen aus den kulturellen Gruppen in Seminaren geschult, die dann in unserem<br />

Auftrag <strong>und</strong> gegen Honorar in die Communities der Migranten (beispielsweise in Moscheen)<br />

gegangen sind, um dort über die Drogenproblematik aufzuklären. Solch ein Konzept kann<br />

sicherlich nicht überall realisiert werden, aber eine stärkere Zusammenarbeit vorhandener<br />

Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienste könnte auch zu solchen aufsuchenden Strukturen führen.<br />

Die Sozialarbeiter der Wohlfahrtsverbände oder der Familienhilfe wären sicherlich gut geeignet,<br />

Informationen aus der Suchthilfe in die kulturellen Gruppen zu „transportieren“.<br />

Insgesamt bleibt jedoch festzustellen, dass hier angesprochene Möglichkeiten häufig nur<br />

sehr schwer in die Praxis umgesetzt werden können. Ein Faktor ist sicherlich das mangelnde<br />

Problembewusstsein in der Politik <strong>und</strong> bei den Kostenträgern. Verstärkt bilden Kostenaspekte<br />

<strong>und</strong> nicht Qualität, Effizienz <strong>und</strong> Chancengleichheit die Ausgangslage von Entscheidungsprozessen.<br />

Einigkeit besteht meistens darin, dass alles besser werden soll, dass Migranten<br />

in ihrer Ges<strong>und</strong>heit gefördert <strong>und</strong> gesichert werden sollen, dass Dolmetscher verstärkt eingesetzt<br />

werden müssen, damit Regelangebote auch für sie zugänglicher werden können,<br />

dass kulturelle Kompetenzen auf Seiten der Fachprofessionen durch Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

aufgebaut werden müssen etc. Zugleich besteht jedoch paradoxerweise auch Einigkeit darüber,<br />

dass keine zusätzlichen Kosten, kein zusätzlicher Zeitaufwand <strong>und</strong> keine zusätzlichen<br />

Verantwortlichkeiten die Folge sein dürfen.<br />

Das Gr<strong>und</strong>problem scheint also nicht so sehr darin zu liegen, die Versorgungsbarrieren zu<br />

lokalisieren <strong>und</strong> entsprechende Konzepte zu ihrer Beseitigung zu entwickeln, sondern darin,<br />

wer die Verantwortung übern<strong>im</strong>mt, Vertrauen schafft, komplexe Veränderungen moderiert,<br />

Beteiligte Institutionen vernetzt, „Brücken“ zu den Migranten baut <strong>und</strong> wer für die notwendige<br />

finanzielle Gr<strong>und</strong>lage sorgt. Das Projekt „Interkulturelle Suchthilfe Hannover“, welches oben<br />

beschrieben wurde, ist ein Ansatz, das beschriebene Gr<strong>und</strong>problem anzugehen, Vertrauen<br />

zu schaffen, Verantwortlichkeiten zu best<strong>im</strong>men <strong>und</strong> „Brücken“ zwischen den Einrichtungen<br />

der Suchthilfe <strong>und</strong> den Migranten zu bauen.<br />

Das Ethno-Medizinische Zentrum moderierte durch das Projekt „Interkulturelle Suchthilfe<br />

Hannover“ die fachliche Diskussion in Theorie <strong>und</strong> Praxis. Wichtige Fragen waren hierbei,<br />

inwiefern kulturspezifische Angebote, kulturelle Gruppen oder Professionelle der Suchthilfe<br />

motivieren, wie die Probleme von den Akteuren gesehen <strong>und</strong> erlebt werden, welche Widerstände<br />

oder Barrieren zu überwinden oder welche sprachlichen oder kulturellen Kompetenzen<br />

notwendig sind <strong>und</strong> wie betroffene Gruppen Zugänge zu stationären <strong>und</strong> ambulanten<br />

Angeboten der Suchthilfe erhalten können? Letztendlich stand <strong>im</strong> Zentrum der Fragestellung,<br />

wie kompensatorische Angebote <strong>und</strong> Versorgungsstrukturen beschaffen sein müssen,<br />

um Migranten effektiv zu berücksichtigen.<br />

125


Die Professionen <strong>und</strong> Entscheidungsträger der Suchthilfe in Deutschland werden nicht umhin<br />

kommen, eine interkulturelle D<strong>im</strong>ension zu entwickeln, damit die komplexen Aufgaben<br />

<strong>und</strong> Herausforderungen der migrationsspezifischen Versorgung bewältigt werden können.<br />

Dennoch gilt es, diesen interessanten, spannenden <strong>und</strong> herausfordernden Weg individuell<br />

<strong>und</strong> institutionell zu begehen, wenn wir unserem Ziel, “Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Chancengleichheit für<br />

alle”, näher kommen wollen.<br />

126


Literatur<br />

Aksoy, N. (1997): Suchtvorbeugung bei türkischen Eltern. In: Landesstelle gegen Suchtgefahren<br />

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Collatz, J., R. Salman, E. Koch <strong>und</strong> W. Machleidt (Hg.) (1997): Transkulturelle Begutachtung<br />

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Arbeitsmigranten in Deutschland. Aus der Reihe: Das transkulturelle Psychoforum,<br />

Band 1, hg. von Th. Heise <strong>und</strong> J. Schuler, Berlin.<br />

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i. B.: Lambertus Verlag.<br />

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Heise, Th., J. Collatz, W. Machleidt <strong>und</strong> R. Salman (2000): Das Ethno-Medizinische Zentrum<br />

Hannover <strong>und</strong> die Medizinische Hochschule Hannover <strong>im</strong> Rahmen der transkulturellen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung. In: Th. Heise (Hg.): Transkulturelle Beratung, Psychotherapie<br />

<strong>und</strong> Psychiatrie in Deutschland. Aus der Reihe: Das transkulturelle Psychoforum,<br />

Band 1, hg. von Th. Heise <strong>und</strong> J. Schuler, Berlin.<br />

Huck, W. (1996): Besonderheiten <strong>und</strong> Probleme in der Behandlung ausländischer jugendlicher<br />

Drogenabhängiger. In: Psychosozial 19/ 1996, S. 37 ff.<br />

Knippel, B. (1997): Suchtmittelabhängige Jugendliche <strong>und</strong> Heranwachsende türkischer Herkunft<br />

als Klientel der Bewährungshilfe. Unveröff. Diplomarbeit. Essen.<br />

Nolte, F. (1998): Die kulturelle Wirklichkeit der Drogen: Drogenwissen <strong>und</strong> Drogenkonsum<br />

von Jugendlichen am Beispiel eines Freizeithe<strong>im</strong>es. Hamburg: Kovac.<br />

Pavkovic, G. (1994): Aufbau von Selbsthilfearbeit für suchtkranke Mitbürger aus dem ehemaligen<br />

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für Stuttgart, Abt. Psychologische <strong>und</strong> Psychosoziale Dienste.<br />

Pavkovic, G. (1994): Expertise - <strong>Suchtprävention</strong> in der interkulturellen Jugendarbeit. In:<br />

Peter Greulich (Hg.): Neue Ansätze der <strong>Suchtprävention</strong> in Nürnberg. Frankfurt / M.<br />

Pavkovic, G. (2000): Interkulturelle Beratungskompetenz. Ansätze für eine interkulturelle<br />

Theorie <strong>und</strong> Praxis in der Jugendhilfe. In: Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (Hg.): Interkulturelle<br />

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Konzepte <strong>und</strong> Ansätze der Prävention, Beratung <strong>und</strong> Therapie. Giessen: Psychosozial-<br />

Verlag<br />

Schneller, Th.; Salman, R.; Goepel, C. (Hrsg.) (2001): Handbuch Oralprophylaxe <strong>und</strong><br />

M<strong>und</strong>ges<strong>und</strong>heit bei Migranten. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege,<br />

Bonn.<br />

127


Migration, Drogenkonsum <strong>und</strong> Drogenhilfe:<br />

Empirische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Konsequenzen für die Drogenhilfe 17<br />

Einleitung<br />

Martin Schmid<br />

Das Thema „Migration <strong>und</strong> Sucht“ wird seit einigen Jahren verstärkt in den Reihen der Drogen-<br />

<strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe sowie der migrationsspezifischen sozialen Dienste diskutiert.<br />

1997 stellte die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) ihre jährliche Fachkonferenz<br />

unter das Motto „Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft“ (DHS 1998), <strong>und</strong><br />

seither mehren sich die Tagungen <strong>und</strong> sonstigen Veranstaltungen, auf denen dieses Thema<br />

erörtert wird. Sucht man aber nach aktuellen wissenschaftlichen Studien zu Suchtproblemen<br />

von Migranten, so stößt man auf ein eigentümliches Missverhältnis: Während aus den<br />

Einrichtungen der Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe <strong>und</strong> auch aus den Migrantensozialdiensten<br />

<strong>im</strong>mer lautere Klagen über Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten mit Suchtproblemen zu vernehmen<br />

sind, fehlen quantitative <strong>und</strong> qualitative Untersuchungen zur suchtspezifischen Problembelastung<br />

von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten.<br />

Nur bruchstückhaft liegen empirische Erkenntnisse vor. Dieser offensichtlich recht unterschiedlichen<br />

Wahrnehmung entsprechen auch auseinanderklaffende theoretische Positionen<br />

zum tatsächlichen oder unterstellten Zusammenhang zwischen Sucht <strong>und</strong> Migration. Während<br />

von den Fachkräften der sucht- <strong>und</strong> migrationsspezifischen Dienste gelegentlich ein<br />

kausaler Begründungszusammenhang zwischen schwierigen Migrationsverläufen <strong>und</strong><br />

Suchtproblemen artikuliert wird, werden in der wissenschaftlichen Migrationsliteratur eher<br />

protektive Faktoren diskutiert, die Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten weniger anfällig für Suchtprobleme<br />

machen.<br />

Auch <strong>im</strong> folgenden Beitrag können diese Widersprüche nicht einfach aufgelöst werden.<br />

Vielmehr werden aus bestehenden empirischen Studien <strong>und</strong> anderen Datenquellen migrationsspezifische<br />

Ergebnisse dargestellt, die zur Versachlichung <strong>und</strong> Fokussierung der Diskussion<br />

beitragen sollen. Hierzu werden zunächst in aller Kürze einige Daten zum Konsum psychotroper<br />

Substanzen in Deutschland vorgestellt. Dann wird – ebenfalls anhand einiger<br />

gr<strong>und</strong>legender Daten – Umfang <strong>und</strong> Art der Migration in Deutschland skizziert. Im Hauptteil<br />

geht es schließlich um den – vermuteten oder tatsächlichen – Zusammenhang zwischen<br />

Alkohol- <strong>und</strong> anderem Drogenkonsum <strong>und</strong> Migration. Hieraus ergeben sich Fragen an die<br />

Hilfesysteme, an die Sucht- <strong>und</strong> Migrationsforschung <strong>und</strong> an die entsprechenden Politikbereiche.<br />

Alkohol- <strong>und</strong> anderer Drogenkonsum in Deutschland<br />

Betrachtet man die Probleme, die <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Konsum psychotroper Substanzen<br />

in Deutschland entstehen, so dominieren Probleme mit den legalen Drogen Alkohol<br />

<strong>und</strong> Tabak. Repräsentativen Bevölkerungsbefragungen (Kraus, Bauernfeind 1998, Bühringer<br />

et al. 2000, B<strong>und</strong>esministerium für Ges<strong>und</strong>heit 2001) zufolge gibt es zwischen 16 <strong>und</strong>18 Millionen<br />

Raucherinnen <strong>und</strong> Raucher in Deutschland. Das entspricht etwa 31 % der Frauen <strong>und</strong><br />

39 % der Männer der Altersgruppe zwischen 18 <strong>und</strong> 59 Jahren. Davon sind wiederum mehr<br />

als fünf Millionen starke Raucherinnen <strong>und</strong> Raucher, die durchschnittlich 20 Zigaretten <strong>und</strong><br />

mehr täglich rauchen.<br />

Nur 5,5 % der Bevölkerung Deutschlands haben in den letzten 12 Monaten keinen Alkohol<br />

getrunken. Männer trinken deutlich mehr Alkohol als Frauen. Bei etwa 1,5 Mio. Menschen in<br />

Deutschland (1,2 Millionen Männer <strong>und</strong> 300.000 Frauen) muss repräsentativen Bevölkerungsbefragungen<br />

nach mit einer Alkoholabhängigkeit nach den Kriterien des DSM IV (Sass,<br />

Wittchen, Zaudig 1996) gerechnet werden. Das entspricht etwa 4,8 % der Männer <strong>und</strong> 1,3 %<br />

der Frauen zwischen 18 <strong>und</strong> 59 Jahren. Insgesamt ist von 7,8 Millionen Menschen in<br />

Deutschland mit riskantem Alkoholkonsum (mehr als 40 Gramm Reinalkohol bei den Män-<br />

128


nern <strong>und</strong> mehr als 20 Gramm Reinalkohol bei den Frauen) auszugehen. Was den jährlichen<br />

Pro-Kopf-Konsum an reinem Alkohol betrifft, liegt Deutschland <strong>im</strong> internationalen Vergleich<br />

seit Jahren in der Spitzengruppe. In der folgenden Graphik sind schematisch der Anstieg des<br />

Pro-Kopf-Verbrauchs von den fünfziger Jahren bis zu den 80er Jahren <strong>und</strong> der dann folgende<br />

leichte Rückgang dargestellt.<br />

Abb. 1: Pro-Kopf-Verbrauch reinen Alkohols in Deutschland<br />

Liter<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1950 1960 1970 1980 1990 1999<br />

In dieser Abbildung sind bis 1980 nur die Daten der alten B<strong>und</strong>esländer, ab 1990 dann auch<br />

Daten aus den neuen B<strong>und</strong>esländern eingeflossen. Dabei ist interessant, dass sowohl in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik wie auch in der DDR zwischen den 50er <strong>und</strong> 80er Jahren der Alkoholkonsum<br />

pro Kopf stark angestiegen war <strong>und</strong> in den 80er Jahren die Konsummengen der DDR<br />

über denen der B<strong>und</strong>esrepublik lagen. Zum Zeitpunkt der Vereinigung waren sich alte <strong>und</strong><br />

neue B<strong>und</strong>esländer in Bezug auf den Alkoholkonsum sehr nahe gekommen (Junge 1994).<br />

Die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren schätzt die Zahl der Todesfälle, die direkt<br />

(z.B. bei Lebererkrankungen oder anderen alkoholbedingten Erkrankungen) oder indirekt<br />

(etwa bei Verletzungen, Selbstmord <strong>und</strong> Unfällen) in Verbindung mit Alkohol stehen, auf<br />

jährlich über 40.000 <strong>und</strong> die der tabakbedingten Todesfälle (durch Krebs, Kreislauf- <strong>und</strong> Atemwegserkrankungen)<br />

auf über 100.000 (DHS 2000, 8ff.; Bergmann, Horch 2000, 202 ff.).<br />

Im Vergleich zu diesen Daten liegen die Angaben zum Konsum illegaler Drogen <strong>und</strong> zu den<br />

Folgen dieses Konsums wesentlich niedriger. Repräsentativen Bevölkerungsbefragungen<br />

zufolge konsumierten in den letzten 12 Monaten vor der Befragung r<strong>und</strong> 6 % der erwachsenen<br />

Bevölkerung in Deutschland illegale Drogen. Dabei handelt es sich in den allermeisten<br />

Fällen um Cannabis (B<strong>und</strong>esministerium für Ges<strong>und</strong>heit 2001, Kraus, Bauernfeind 1998).<br />

Der Konsum von illegalen Drogen ist deutlich alters- <strong>und</strong> geschlechtsabhängig: Junge Männer<br />

konsumieren am häufigsten illegale Drogen, ältere Frauen am seltensten. Deutschen<br />

Studien zufolge haben 26 % der Jugendlichen zwischen 18 <strong>und</strong> 25 Jahren Erfahrung mit<br />

Cannabis. Aktuelle Daten aus der Schweiz deuten darauf hin, dass die Lebenszeitprävalenz<br />

von Cannabis möglicherweise deutlich höher liegen könnte: So gaben bei einer Schweizer<br />

Befragung r<strong>und</strong> 50 % der Frauen <strong>und</strong> über 65 % der Männer zwischen 20 <strong>und</strong> 24 Jahren an,<br />

schon einmal Cannabis probiert zu haben (aktuelle Daten unter www.sfa-ispa.ch).<br />

Deutlich niedriger liegt der Anteil derer, die andere illegale Drogen als Cannabis konsumieren.<br />

So haben etwa 4 % der 18 – 25jährigen Erfahrungen mit Ecstasy, 3 % mit Amphetaminen,<br />

2 % mit LSD, 2 % mit Kokain <strong>und</strong> weniger als 0,5 % mit Heroin oder Crack. Nach<br />

Schätzungen der DHS gibt es etwa 250.000 bis 300.000 Konsumenten „harter“ illegaler Drogen,<br />

darunter 100.000 – 150.000 Abhängige, die mit hoher Intensität oder hoch riskant kon-<br />

Jahr<br />

129


sumieren (DHS 2000, 13). R<strong>und</strong> drei Viertel dieser Gruppe sind Männer <strong>und</strong> etwa ein Viertel<br />

Frauen.<br />

Im Vergleich zu den alkohol- oder tabakbedingten Todeszahlen liegen die Zahlen zu Todesfällen,<br />

die <strong>im</strong> Zusammenhang mit illegalen Drogen stehen, wesentlich niedriger. Dennoch<br />

werden diese Zahlen in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen als die Angaben zu den<br />

Todesfällen durch legale Drogen. In der folgenden Abbildung sind die Daten zu den Drogentoten<br />

dargestellt.<br />

Abb. 2: Todesfälle <strong>im</strong> Zusammenhang mit illegalen Drogen in Deutschland<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esministerium für Ges<strong>und</strong>heit 2001, B<strong>und</strong>eskr<strong>im</strong>inalamt<br />

N<strong>im</strong>mt man die Zahl der Drogentoten als Indikator für das Ausmaß des Drogenproblems in<br />

Deutschland, so zeigt sich in den 70er Jahren – vorher gab es kaum illegale Drogen in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland – zunächst ein kontinuierlicher Anstieg auf vergleichsweise<br />

niedrigem Niveau. In der ersten Hälfte der 80er Jahre ging die Zahl der Drogentoten zunächst<br />

zurück, stieg dann aber stark an <strong>und</strong> erreichte in den Jahren 1991 <strong>und</strong> 1992 mit jeweils<br />

über 2000 Drogentoten ihren bisherigen Höchststand. Der anschließende Rückgang<br />

bis zum Jahr 1997 wurde von vielen als Beleg für die gesteigerte Effektivität des zunehmend<br />

niedrigschwellig orientierten Drogenhilfesystems interpretiert. Gegen eine solche Interpretation<br />

sprechen indes die seit 1998 wieder steigenden Zahlen. Einen ersten Hinweis auf migrationsspezifische<br />

Zusammenhänge geben die in der Abbildung hell dargestellten 36 gestorbenen<br />

Aussiedler des Jahrs 1999. Diese Zahl ist <strong>im</strong> Jahr 2000 auf 162 angestiegen.<br />

Migration<br />

Anlässlich der Debatte um eine gesetzliche Regulierung der Zuwanderung wird derzeit wieder<br />

einmal darum gestritten, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist oder sein sollte. Die<br />

Daten zur Migrationsgeschichte in Deutschland sprechen eine eindeutige Sprache. Nach<br />

dem Ende des Zweiten Weltkrieges gelangten knapp 12,5 Millionen Flüchtlinge <strong>und</strong> Vertriebene<br />

aus den in polnischen, tschechoslowakischen <strong>und</strong> sowjetischen Besitz übergegangenen<br />

ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches sowie aus den deutschen Siedlungsgebieten<br />

in Ost-, Ostmittel- <strong>und</strong> Südosteuropa in die B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> die DDR (Bade,<br />

Oltmer 1999, 18).<br />

Den Daten des Statistischen B<strong>und</strong>esamtes zufolge kamen zwischen 1959 <strong>und</strong> 1998 insgesamt<br />

weitere r<strong>und</strong> 30 Millionen Zuwanderer nach Deutschland, von denen etwa 21 Millionen<br />

Deutschland wieder verlassen haben. Dies ergibt ein Wanderungssaldo von r<strong>und</strong> neun Millionen<br />

Menschen. Der größte Teil davon geht zurück auf die Anwerbung ausländischer Ar-<br />

130


eitnehmer zwischen 1955 <strong>und</strong> 1973. Diese Gruppe ist – beeinflusst u.a. durch Familienzuzug,<br />

Geburten, Todesfälle <strong>und</strong> Wegzug – auf r<strong>und</strong> 7,3 Millionen Menschen angewachsen.<br />

Hinzu kommen vor allem in den 80er <strong>und</strong> 90er Jahren Asylbewerber <strong>und</strong> Bürgerkriegsflüchtlinge,<br />

deren Zahl <strong>im</strong> Jahr 1997 unter Berücksichtigung von Zuzügen <strong>und</strong> Wegzügen bei insgesamt<br />

etwa 1,7 Millionen Menschen lag. Schließlich kamen zwischen 1989 <strong>und</strong> 1999 r<strong>und</strong><br />

2,6 Millionen Aussiedler aus Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa nach Deutschland. Eine weitere Zuwanderergruppe<br />

stellen Juden aus der ehemaligen Sowjetunion dar, von denen bis 1999 r<strong>und</strong><br />

100.000 nach Deutschland gekommen waren. Noch nicht einbezogen in diesen Überblick<br />

sind Ausländer, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Zum Umfang dieser Gruppe liegen<br />

nur grobe Schätzungen vor (Lederer 1999).<br />

Wie dieser grobe Überblick zeigt, fand nach dem 2. Weltkrieg Migration nach Deutschland in<br />

großem Umfang <strong>und</strong> in mehreren Schüben statt. Dabei handelt es sich bei den Menschen,<br />

die nach Deutschland gekommen sind, um sehr unterschiedliche Gruppen. Nur ein Teil der<br />

zugewanderten Menschen wird heute in amtlichen Statistiken abgebildet. Statistiken zu Ausländern<br />

in Deutschland geben Auskunft über Zugewanderte ohne deutsche Staatsbürgerschaft.<br />

Sie informieren hingegen nicht über die Flüchtlinge <strong>und</strong> Vertriebene der Nachkriegsjahre,<br />

nicht über die Aussiedler der letzten 12 Jahre <strong>und</strong> auch nicht über diejenigen zugewanderten<br />

ehemaligen Ausländer, die inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten<br />

haben. Wer in Deutschland als Kind ausländischer Eltern geboren wurde <strong>und</strong> nicht eingebürgert<br />

wurde, wird hingegen als Ausländer gezählt. Anders als die deutschstämmigen Aussiedler<br />

aus Russland, die nach ihrer Einwanderung einen deutschen Pass erhalten, bleiben<br />

die aus Russland kommenden jüdischen Migranten Ausländer in Deutschland.<br />

Zum Stichtag 31.12.1999 lebten in Deutschland 82,2 Millionen Menschen. Davon hatten 74,8<br />

Millionen die deutsche Staatsbürgerschaft. 7,3 Millionen waren Ausländer. Das entspricht<br />

einem Anteil der Ausländer von 8,9 % (Quelle: Statistisches B<strong>und</strong>esamt). Nach wie vor leben<br />

in den neuen B<strong>und</strong>esländern sehr viel weniger Ausländer als in den alten B<strong>und</strong>esländern. In<br />

den alten B<strong>und</strong>esländern (inklusive Berlin) lag der Ausländeranteil am Stichtag 31.12.1999<br />

bei 10,3 %, in den neuen B<strong>und</strong>esländern hingegen nur bei 2,0 %. In Nordrhein-Westfalen<br />

kamen auf r<strong>und</strong> 18 Millionen Einwohner gut 2 Millionen Ausländer (11,4 %). Das B<strong>und</strong>esland<br />

mit dem höchsten Ausländeranteil war Hamburg mit 15,4 %, während der Ausländeranteil in<br />

Thüringen mit 1,7 % deutlich niedriger lag. In den Großstädten ist der Ausländeranteil zum<br />

Teil deutlich höher, so z.B. in Köln bei 20,6 %. In der folgenden Tabelle ist die Verteilung der<br />

Bevölkerung Deutschlands nach Staatsangehörigkeiten dargestellt.<br />

Tabelle 1: Bevölkerung der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland nach Staatsangehörigkeit<br />

Insgesamt 82.163.400<br />

Deutsche 74.827.400<br />

Ausländer/-innen 7.336.000<br />

darunter:<br />

- Türkei 2.054.000<br />

- Jugoslawien ¹ 737.200<br />

- Italien 615.900<br />

- Griechenland 364.400<br />

- Bosnien <strong>und</strong> Herzegowina 167.700<br />

- Polen 291.700<br />

- Kroatien 214.000<br />

- Österreich 186.100<br />

- Vereinigte Staaten 112.000<br />

- Mazedonien 49.400<br />

- Slowenien 18.600<br />

1 Serbien/Montenegro<br />

Stand: 31.12.1999, Quelle: Statistisches B<strong>und</strong>esamt<br />

131


Die größte Nationalitätengruppe in Deutschland sind – nach den Deutschen – die Türken mit<br />

über 2 Millionen Menschen, gefolgt von Jugoslawen aus Serbien <strong>und</strong> Montenegro <strong>und</strong> Italienern.<br />

In dieser Verteilung spiegelt sich die Geschichte der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer<br />

zwischen 1955 <strong>und</strong> dem Anwerbestopp 1973.<br />

Von den 2,6 Millionen Aussiedlern aus den Jahren 1988 bis 1999 kamen 1,6 Millionen aus<br />

der ehemaligen Sowjetunion. Weitere 600.000 stammen aus Polen. In der nächsten Tabelle<br />

sind die Daten zum Zuzug der Aussiedler für diese Periode nach Zweijahreszeiträumen aufgeführt.<br />

Tabelle 2: Zuzug von Aussiedlern 1988 – 1999<br />

Quelle: Bade, Oltmer 1999, 28 ff.<br />

Jahr Anzahl<br />

1988/89 577.055<br />

1990/91 619.068<br />

1992/93 449.453<br />

1994/95 440.489<br />

1996/97 312.170<br />

1998/99 206.679<br />

Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs hatte die Zahl der Aussiedler, die ihre Herkunftsländer<br />

verlassen konnten <strong>und</strong> in der B<strong>und</strong>esrepublik aufgenommen wurden, deutlich niedriger gelegen<br />

(so etwa 1985 bei r<strong>und</strong> 39.000). Erst die Veränderungen in Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa führten<br />

Ende der 80er Jahre zu einem deutlichen Anstieg dieser Zahlen, die ihren Höhepunkt<br />

1990/1991 erreichten <strong>und</strong> seither langsam wieder zurückgehen.<br />

Gibt es einen empirisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Migration<br />

<strong>und</strong> Sucht?<br />

Daten zum Umfang der Zuwanderung nach Deutschland lassen sich wie dargestellt aus der<br />

amtlichen Statistik <strong>und</strong> aus Studien der Migrationsforschung entnehmen. Daten zum Umfang<br />

von substanzbezogenen Suchtproblemen findet man in den einschlägigen Studien <strong>und</strong> Publikationen<br />

der Suchtforschung <strong>und</strong> der Institutionen der Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe wie<br />

der DHS. Ungleich schwieriger wird es, wenn man empirische Daten zum Zusammenhang<br />

zwischen Migration <strong>und</strong> Sucht sucht.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich bieten sich für die Analyse suchtbezogener Fragestellungen Daten aus Repräsentativerhebungen,<br />

Einzelstudien, Daten aus dem Behandlungssystem <strong>und</strong> Polizeidaten<br />

an. Jede dieser Datenquellen hat Vor- <strong>und</strong> Nachteile: In den großen Repräsentativerhebungen<br />

bildet sich das Konsumverhalten der Wohnbevölkerung ab, aber üblicherweise sind die<br />

problematischen Konsumentinnen <strong>und</strong> Konsumenten in solchen Studien unterrepräsentiert.<br />

Spezialstudien enthalten in der Regel interessante Einzelinformationen, sie sind aber meist<br />

nicht repräsentativ <strong>und</strong> nur schwierig übertragbar. Daten aus dem Behandlungssystem <strong>und</strong><br />

von der Polizei bilden problematische Konsumenten ab, sind aber selektiv <strong>und</strong> wiederum nur<br />

schwer auf eine – nicht genau bekannte – Gr<strong>und</strong>gesamtheit übertragbar.<br />

In den gängigen Repräsentativerhebungen zum Konsum psychotroper Substanzen findet<br />

sich weder die Kategorie „Staatsangehörigkeit“ noch sonst eine Variable, die Aufschluss über<br />

einen Migrationshintergr<strong>und</strong> der Befragten bieten würde. Damit scheidet diese Datenquelle<br />

aus. Eine kleine Spezialstudie, die einen ersten Einblick in mögliche migrationsspezifische<br />

Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsummuster bietet, wurde an der Fachhochschule Frankfurt am<br />

Main 2001 vorgelegt (Vogt et al. 2001). Dort waren 560 deutsche <strong>und</strong> 76 ausländische Stu-<br />

132


dentinnen <strong>und</strong> Studenten nach ihrem Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum befragt worden. Zunächst<br />

sind die Angaben zum Alkoholkonsum dargestellt.<br />

Tabelle 3: Alkoholkonsum von Studentinnen <strong>und</strong> Studenten der Fachhochschule Frankfurt<br />

am Main nach Staatsangehörigkeit: Durchschnittliche tägliche Konsummenge reinen<br />

Alkohols in Gramm<br />

Deutsche (N = 560) Ausländer (N = 76)<br />

Kein Konsum 7,7 % 11,1 %<br />

1 – 10 Gramm 53,1 % 55,6 %<br />

11 – 20 Gramm 18,5 % 15,9 %<br />

21 – 40 Gramm 13,8 % 11,1 %<br />

41 Gramm <strong>und</strong> mehr 6,8 % 6,4 %<br />

Gesamt 100,0 % 100,0 %<br />

Dabei zeigen sich nur geringe Differenzen zwischen deutschen <strong>und</strong> ausländischen Studentinnen<br />

<strong>und</strong> Studenten. Der Anteil derjenigen, die keinen Alkohol oder nur sehr mäßig (bis 10<br />

Gramm pro Tag) Alkohol trinken, ist bei den ausländischen Studentinnen <strong>und</strong> Studenten etwas<br />

höher als bei den deutschen. In der folgenden Tabelle sind die Angaben zum Konsum<br />

illegaler Drogen enthalten.<br />

Tabelle 4: Konsum illegaler Drogen von Studentinnen <strong>und</strong> Studenten der Fachhochschule<br />

Frankfurt am Main nach Staatsangehörigkeit<br />

Deutsche (N =<br />

560)<br />

Ausländer (N =<br />

76)<br />

Schon mal illegale Drogen<br />

probiert 67,3% 64,5%<br />

Noch nie illegale Drogen probiert<br />

32,7% 35,5%<br />

Gesamt 100,0% 100,0%<br />

Die Angaben zur Lebenszeitprävalenz von illegalen Drogen liegen <strong>im</strong> Vergleich zu deutschen<br />

Prävalenzstudien hoch, passen aber zu den erwähnten Ergebnissen der Schweizer<br />

Studie, in der sich vergleichbare Prävalenzwerte ergaben. In fast allen Fällen handelt es sich<br />

hierbei um Cannabis. Wiederum zeigen sich keine großen Unterschiede zwischen Deutschen<br />

<strong>und</strong> Ausländern. Wie bei Alkohol, so unterscheiden sich die ausländischen Frankfurter<br />

Studentinnen <strong>und</strong> Studenten allenfalls durch geringere Konsumneigung von ihren deutschen<br />

Kommilitonen.<br />

Eine Spezialstudie, die den unterschiedlichen Konsum von Alkohol <strong>und</strong> anderen Drogen bei<br />

einhe<strong>im</strong>ischen Deutschen <strong>und</strong> bei Aussiedlern untersucht hat, wurde 1999 in Nordrhein-<br />

Westfalen bei 1.196 jugendlichen Aussiedlern <strong>und</strong> bei 989 einhe<strong>im</strong>ischen deutschen Jugendlichen<br />

<strong>im</strong> Alter von 15 bis 25 Jahren durchgeführt (Strobl, Kühnel 2000). Auch in dieser Studie<br />

deutet sich an, dass es eher die hier geborenen als die Migranten sind, die häufiger Alkohol<br />

<strong>und</strong> illegale Drogen konsumieren. Zunächst folgen die Ergebnisse zum Alkoholkonsum.<br />

133


Tabelle 5: Alkoholkonsum bei jugendlichen Aussiedlern <strong>und</strong> einhe<strong>im</strong>ischen deutschen Jugendlichen<br />

in Nordrhein-Westfalen<br />

Quelle: Strobl, Kühnel 2000<br />

Einhe<strong>im</strong>ische Deutsche<br />

Aussiedler<br />

Nie 16 % 31 %<br />

Selten 28 % 38 %<br />

Jeden Monat 21 % 16 %<br />

Jede Woche 33 % 15 %<br />

Jeden Tag 3 % 0 %<br />

Demnach ist bei den jugendlichen Aussiedlern der Anteil derjenigen, die nie oder selten Alkohol<br />

trinken, höher als bei den hier geborenen einhe<strong>im</strong>ischen deutschen Jugendlichen.<br />

Umgekehrt sind die einhe<strong>im</strong>ischen Jugendlichen bei den regelmäßigen Alkoholtrinkern klar<br />

stärker vertreten. Ein vergleichbarer Trend zeigt sich in Bezug auf illegale Drogen, wie die<br />

nächste Tabelle zeigt:<br />

Tabelle 6: Konsum illegaler Drogen (Lebenszeitprävalenz) bei jugendlichen Aussiedlern <strong>und</strong><br />

einhe<strong>im</strong>ischen deutschen Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen<br />

Quelle: Strobl, Kühnel 2000<br />

Einhe<strong>im</strong>ische Deutsche Aussiedler<br />

Cannabis 34 % 21 %<br />

Ecstasy 8 % 4 %<br />

Kokain 3 % 3 %<br />

Speed 7 % 3 %<br />

LSD 6 % 2 %<br />

Heroin 2 % 1 %<br />

Schnüffelstoffe 3 % 1 %<br />

Sichtlich mehr einhe<strong>im</strong>ische deutsche Jugendliche haben schon Erfahrungen mit Cannabis,<br />

Ecstasy, Speed oder LSD gemacht. Die Jugendlichen Aussiedler liegen bei keiner der nachgefragten<br />

Substanzen vorne.<br />

Bis hierhin lassen sich keine empirischen Bef<strong>und</strong>e für ein bei Migranten generell erhöhtes<br />

Konsumniveau in Bezug auf Alkohol <strong>und</strong> illegale Drogen finden. Wenn überhaupt Unterschiede<br />

erkennbar werden, dann deutet sich eher ein gegenüber den hier geborenen Deutschen<br />

niedrigeres Konsumverhalten an.<br />

In einem weiteren Schritt soll überprüft werden, ob sich in Stichproben aus dem Behandlungssystem<br />

andere Ergebnisse zeigen. Hierzu werden zunächst Daten aus dem ambulanten<br />

Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfesystem miteinander verglichen. Hierzu wird auf das b<strong>und</strong>esweite<br />

Dokumentationssystem EBIS, mit dem jährlich über 20.000 Klientinnen <strong>und</strong> Klienten<br />

von Alkohol- <strong>und</strong> Drogenberatungsstellen dokumentiert werden (Strobl, Lange, Zahn<br />

2000), zurückgegriffen. Allerdings fehlen in diesen Dokumentationssystemen Angaben zu<br />

Aussiedlern, sodass nur ein Vergleich anhand der Staatsbürgerschaft möglich ist.<br />

134


Tabelle 7: Klientinnen <strong>und</strong> Klienten der ambulanten Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe 1999<br />

Quelle Strobl, Lange, Zahn 2000<br />

Alkohol Illegale Drogen<br />

Männer Frauen Männer Frauen<br />

Deutsche 92,7 % 93,7 % 81,5 % 91,1 %<br />

Ausländer 7,3 % 6,3 % 18,5 % 8,9 %<br />

Gesamt 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 %<br />

N 13.042 4.199 3.715 995<br />

Wie diese Tabelle zeigt, liegt der Ausländeranteil an den Klientinnen <strong>und</strong> Klienten mit Alkoholproblemen<br />

zwischen 6 <strong>und</strong> 7 % <strong>und</strong> somit unter dem Anteil der Ausländer an der Wohnbevölkerung.<br />

Beil illegalen Drogen ist der Ausländeranteil deutlich höher. Allerdings ist hierbei<br />

zu berücksichtigen, dass sich die deutsche <strong>und</strong> die ausländische Bevölkerung nach Geschlecht<br />

<strong>und</strong> Alter anders zusammensetzten. So ist bei den Ausländern, die in Deutschland<br />

wohnen, der Anteil der Männer <strong>und</strong> der Anteil der jüngeren höher als in der deutschen Population.<br />

Wenn man berücksichtigt, dass illegaler Drogenkonsum vor allem in jüngeren Altersklassen<br />

häufiger vorkommt, so muss man die unterschiedliche Altersstruktur berücksichtigen.<br />

In der Altersgruppe der 18-30jährigen etwa liegt der Anteil der Ausländer bei über 14 %<br />

bei den Männern <strong>und</strong> bei etwa 13 % bei den Frauen. In der obigen Tabelle ist somit lediglich<br />

der Anteil der ausländischen Männer mit illegalem Drogenkonsum gegenüber ihrem Anteil an<br />

der Gesamtbevölkerung erhöht.<br />

Aus dem stationären Entwöhnungsbereich liegen Daten des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger<br />

(VDR) aus dem Jahr 1997 vor, die in der nächsten Tabelle dargestellt<br />

sind. In der Statistik des VDR sind die Daten aller gesetzlichen Rentenversicherungsanstalten<br />

zusammengefasst, die als pr<strong>im</strong>äre Kostenträger den größten Teil der stationären Entwöhnungsbehandlungen<br />

finanzieren. Allerdings sind diese Daten nicht nach Alkoholproblemen<br />

<strong>und</strong> anderen Drogen aufgeschlüsselt.<br />

Tabelle 8: Klientinnen <strong>und</strong> Klienten der stationären Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe 1997<br />

Quelle: VDR 1998<br />

Männer Frauen<br />

Deutsche 95,0 % 96,9 %<br />

Ausländer 5,0 % 3,1 %<br />

Gesamt 100,0 % 100,0 %<br />

N 30.681 6.679<br />

Wiederum zeigen sich für ausländische Männer <strong>und</strong> Frauen unterdurchschnittliche Anteile an<br />

der Klientel der stationären Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe. Insgesamt liegen aus dem Bereich<br />

der suchtspezifischen Hilfeorganisationen somit lediglich für männliche Ausländer mit<br />

illegalem Drogenkonsum Hinweise auf einen <strong>im</strong> Vergleich zum Bevölkerungsanteil erhöhten<br />

Anteil vor.<br />

Aus dem allgemeinen Ges<strong>und</strong>heitssystem liegen Daten aus einem Modellprogramm des<br />

B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsministeriums vor (Arnold, Schmid, S<strong>im</strong>medinger 1999). In diesem „Suchthilfe<br />

<strong>im</strong> Krankenhaus“ genannten Modellprogramm sollten Fachkräfte der Drogen- <strong>und</strong><br />

Suchtkrankenhilfe sich gezielt um Patientinnen <strong>und</strong> Patienten in Allgemeinkrankenhäusern<br />

bemühen, bei denen ein Verdacht auf Alkohol- oder andere Drogenprobleme bestand. Auch<br />

in diesem Programm lag der Anteil der ausländischen Krankenhauspatientinnen <strong>und</strong><br />

–patienten bei Alkoholproblemen zwischen 3 <strong>und</strong> 4 % <strong>und</strong> somit eher niedrig. Bezogen auf<br />

illegale Drogen zeigte sich bei den Frauen ein Anteil von 7,2 % <strong>und</strong> bei den Männern von<br />

16,6 %. Das entspricht etwa den in der ambulanten Drogenhilfe ermittelten Prozentsätzen.<br />

135


Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass die in diesem Modellprogramm erreichten ausländischen<br />

Drogenabhängigen weniger häufig in Kontakt mit Drogenhilfeinstitutionen waren als<br />

deutsche Drogenabhängige (Schmid 1998, 89). So waren 28 % der ausländischen Drogenabhängigen<br />

schon einmal in einem Methadonprogramm, während bereits 42 % der deutschen<br />

Drogenabhängigen Erfahrung mit der Methadonsubstitution hatten. Ähnliche Differenzen<br />

wurden auch für andere suchtspezifische Behandlungsformen wie stationäre Entgiftung<br />

<strong>und</strong> stationäre Entwöhnung beobachtet. Diese Ergebnisse deuten migrationsspezifische Zugangsbarrieren<br />

zu den suchtspezifischen Hilfen an (Gaitanides 1998).<br />

Aus dem Niedersächsischen Landeskrankenhaus Osnabrück kommt eine Studie zum Zusammenhang<br />

zwischen Migration <strong>und</strong> psychiatrischen Erkrankungen (Riecken 1999), in deren<br />

Rahmen die Autorin die Aufnahmediagnosen aller Patientinnen <strong>und</strong> Patienten der Jahre<br />

1990 bis 1996 ausgewertet hat. Zusätzlich wurden Informationen zum Migrationsstatus aufgenommen.<br />

Der Anteil der Diagnosen „Alkoholabhängigkeit“ <strong>und</strong> „Drogenabhängigkeit“ ist in<br />

der folgenden Tabelle dargestellt.<br />

Tabelle 9: Aufnahmediagnosen LKH Osnabrück 1990-96<br />

Einhe<strong>im</strong>ische Deutsche<br />

Aussiedler Ausländer<br />

(N = 7.222) (N = 287)<br />

(N = 535)<br />

Alkoholabhängigkeit 17,5% 16,7 % 6,0%<br />

Drogenabhängigkeit 19,2% 31,2 % 26,2%<br />

Andere Diagnosen 63,3 % 52,1 % 67,8 %<br />

Gesamt 100 100 100<br />

Vergleicht man einhe<strong>im</strong>ische Deutsche mit Ausländern, so fällt auf, dass sehr viel weniger<br />

Ausländer als Deutsche wegen einer Alkoholabhängigkeit <strong>im</strong> Landeskrankenhaus aufgenommen<br />

wurden, während bei den Ausländern mehr Aufnahmen aufgr<strong>und</strong> einer Drogenabhängigkeit<br />

als bei den Deutschen erfolgten. Vergleicht man einhe<strong>im</strong>ische Deutsche mit Aussiedlern,<br />

so ändert sich das Bild: Der Anteil der Aufnahmen wegen Alkoholabhängigkeit ist<br />

bei Einhe<strong>im</strong>ischen wie bei ausgesiedelten Deutschen annähernd gleich, während die Aufnahmen<br />

wegen Drogenabhängigkeit bei den Aussiedlern einen viel höheren Stellenwert haben.<br />

Betrachtet man schließlich die Daten, die von der Polizei <strong>und</strong> Justiz stammen, so liegt dort<br />

der Anteil der Ausländer gegenüber den Zahlen der Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe deutlich<br />

höher. Nach Polizeiangaben lag der Ausländeranteil an den ermittelten Tatverdächtigen in<br />

Bezug auf Betäubungsmitteldelikte 1999 bei 22,6 %. Rechnet man hiervon alle Ausländer<br />

heraus, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufgehalten haben, <strong>und</strong> rechnet man<br />

weiterhin alle Asylbewerber heraus, um die Zahl besser mit dem Ausländeranteil an der<br />

Wohnbevölkerung vergleichen zu können, so bleibt ein Ausländeranteil von 18,2 % (B<strong>und</strong>eskr<strong>im</strong>inalamt<br />

2000). Von 45.033 <strong>im</strong> Jahr 1999 wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz<br />

Verurteilten waren 11.738 Ausländer. Das entspricht einem Anteil von 26,1 %. Die<br />

Hälfte der wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilten Ausländer war unter 25 Jahren alt.<br />

Diskussion<br />

Wie lassen sich diese vielfältigen Daten zusammenfassend interpretieren <strong>und</strong> welche Konsequenzen<br />

für Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe, Migrationsdienste <strong>und</strong> Sucht- <strong>und</strong> Migrationsforschung<br />

lassen sich daraus ableiten? Zunächst fällt auf, dass sich keine Daten über besondere<br />

Suchtprobleme bei der ersten großen Migrationswelle der Nachkriegszeit, den Vertriebenen,<br />

finden lassen. Das deckt sich auch mit zeitgenössischen Beobachtungen: In den<br />

136


50er Jahren wurden <strong>im</strong> Zusammenhang mit den Flüchtlingen <strong>und</strong> Vertriebenen verschiedene<br />

Probleme thematisiert, nur selten aber schwerwiegende Alkoholprobleme.<br />

Auch in Bezug auf die erste <strong>und</strong> zweite Generation der Arbeitsmigranten, die ab 1955 nach<br />

Deutschland kamen, liegen kaum Berichte über Alkohol- oder andere Drogenprobleme vor.<br />

Weder die Italiener <strong>und</strong> Portugiesen noch die Türken <strong>und</strong> Marokkaner fielen in den 60er <strong>und</strong><br />

70er Jahren durch übermäßigen Alkohol- oder sonstigen Drogenkonsum auf. Wenn man<br />

berücksichtigt, dass es recht lange dauern kann, bis sich aus regelmäßigem hohem Konsum<br />

von Alkohol behandlungsbedürftige Probleme entwickeln <strong>und</strong> dass es dann nochmals Jahre<br />

dauern kann, bis Behandlungseinrichtungen aufgesucht werden, dann müsste sich in den<br />

hier präsentierten Daten ein Zusammenhang zwischen Migration <strong>und</strong> Suchtproblemen in<br />

Bezug auf die Arbeitsmigranten inzwischen in einer überproportionalen Häufung von Ausländern<br />

in den Entwöhnungseinrichtungen zeigen. Das Gegenteil ist indes der Fall.<br />

Auch in den aktuellen Daten zur Wohnbevölkerung finden sich keine Hinweise auf erhöhte<br />

Alkohol- oder andere Drogenprobleme bei Nichtdeutschen oder bei Aussiedlern. Wiederum<br />

gilt eher das Gegenteil. Sofern es Hinweise auf unterschiedlichen Alkohol- <strong>und</strong> sonstigen<br />

Drogenkonsum bei einhe<strong>im</strong>ischen Deutschen, Aussiedlern <strong>und</strong> Ausländern gibt, so deutet<br />

sich eher an, dass die einhe<strong>im</strong>ischen Deutschen am meisten konsumieren. Wenn dies<br />

st<strong>im</strong>mt, dann scheint es besondere „protektive Faktoren“ zu geben, die Ausländer <strong>und</strong> Aussiedler<br />

weniger anfällig für Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Risiken<br />

machen. Als solche „protektiven Faktoren“ galten bisher vor allem die stärkere Orientierung<br />

auf die Familie <strong>und</strong> Verwandtschaft hin (Boos-Nünning 1998, 24ff.). Wenn dies zutrifft, dann<br />

wäre es an der Zeit, diesen protektiven Faktoren genauer nachzuspüren <strong>und</strong> sie für andere<br />

deutsche wie nichtdeutsche Jugendliche nach Möglichkeit wirksam werden zu lassen.<br />

Eine empirische Gr<strong>und</strong>lage für die oft zu hörende Vermutung, Migration sei gehäuft mit<br />

Suchtproblemen verb<strong>und</strong>en, ist nach den hier präsentierten Daten nicht zu erkennen. Bilder<br />

von <strong>im</strong>merzu Wodka trinkenden Aussiedlern oder von mehrheitlich Opiate rauchenden Türken<br />

entpuppen sich somit als Stereotype, die durch viele Vorurteile, nicht aber durch eine<br />

empirische Basis begründet sind. Überproportionale Häufungen von Migranten finden sich<br />

nur <strong>im</strong> Zusammenhang mit illegalen Drogen <strong>und</strong> jüngeren Migranten. Sie sind am stärksten<br />

in den Justiz- <strong>und</strong> Polizeidaten, finden sich aber auch noch ansatzweise in den Daten des<br />

Behandlungssystems.<br />

Vor allem aus der Praxis der Sozialarbeit <strong>und</strong> der Drogenhilfe häufen sich in den letzten Jahren<br />

Berichte über Alkohol- <strong>und</strong> Drogenprobleme von Klientinnen <strong>und</strong> Klienten mit einem<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>. Einzelne Beratungsstellen machen vermehrt die Erfahrung, dass junge<br />

Migranten mit massivem Alkohol- <strong>und</strong> anderem Drogenkonsum zu ihnen kommen, mit<br />

den vorhandenen Konzepten <strong>und</strong> Methoden aber nicht zufrieden stellend beraten <strong>und</strong> behandelt<br />

werden können. Wie jede Veränderung auf Seiten der Klientinnen <strong>und</strong> Klienten, so<br />

ist auch dies eine Herausforderung an die Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe, der diese mit neuen<br />

Konzepten begegnen muss. Man sollte aus diesen Erfahrungen heraus aber nicht den<br />

Fehler begehen, einen zwangsläufigen Zusammenhang zwischen Sucht <strong>und</strong> Migration konstruieren<br />

zu wollen. Damit werden keine neuen Konzepte für die geschaffen, die tatsächlich<br />

Hilfe brauchen, wohl aber ganze Gruppen von Migranten pauschal mit sozialen Problemen in<br />

Verbindung gebracht, mit denen sie nichts zu tun haben.<br />

Hintergr<strong>und</strong> für solche – mitunter durchaus wohlmeinenden – pauschalen Stigmatisierungen<br />

ist oft eine alltagtheoretische Vorstellung von „Kulturkonflikten“, denen Migranten als „Menschen<br />

zwischen zwei Kulturen“ ausgesetzt sind, die zu vielfältigen Problemen führen <strong>und</strong><br />

gehäuft zur Ursache abweichenden Verhaltens werden. In der Migrationsforschung gilt die<br />

These vom „Kulturkonflikt“ <strong>und</strong> den daraus folgenden Problemen allerdings schon seit längerem<br />

als überholt. In den frühen 80er Jahren wurde dieser Ansatz zur Erklärung von Abweichung<br />

abgelöst durch die These von durch Marginalisierung ausgelöstem abweichendem<br />

Verhalten. Inzwischen wird auch diesem Konzept ein monokausaler Ansatz vorgeworfen <strong>und</strong><br />

eher mit komplexen Modellen von protektiven Faktoren auf der einen Seite <strong>und</strong> Stress- oder<br />

Risikofaktoren auf der anderen Seite gearbeitet. Nicht mehr Migration per se, sondern unterschiedliche<br />

Verläufe <strong>und</strong> Biographien ergeben dann zusammen mit anderen be- <strong>und</strong> entlastenden<br />

Faktoren Hinweise auf besondere Probleme <strong>und</strong> Chancen von Migranten.<br />

137


In einem solchen umfassenden Konzept können dann die erwähnten protektiven Faktoren<br />

wie z.B. eine stärkere familiäre Bindung <strong>und</strong> andere Ressourcen wie etwa Mehrsprachigkeit<br />

<strong>und</strong> die Fähigkeit, sich in unterschiedlichen kulturellen Settings bewegen zu können, berücksichtigt<br />

werden. Allerdings sind dabei auch Stressfaktoren einzubeziehen, die oftmals mit<br />

Migration verb<strong>und</strong>en sind. Dazu können ebenso Erlebnisse <strong>im</strong> Herkunftsland gehören wie<br />

tatsächlich erlebte oder antizipierte Marginalisierungs- <strong>und</strong> Diskr<strong>im</strong>inierungsprozesse in<br />

Deutschland. Die reale Chancenungleichheit zwischen Migranten <strong>und</strong> hier geborenen Deutschen,<br />

die sich z.B. nach wie vor <strong>im</strong> Bereich Schulbildung, Ausbildung, Erwerbs- <strong>und</strong> Einkommenssituation<br />

zeigt, die vielfältigen ausländerrechtlichen Risiken <strong>und</strong> die zum Teil offene<br />

Ablehnung durch die deutsche Gesellschaft bis hin zu gewalttätigen Übergriffen bilden insgesamt<br />

ein Umfeld, in dem <strong>im</strong> Einzelfall sehr unterschiedliche Risikofaktoren wirksam werden<br />

können (Gaßmann 2000). Hinzu kommen migrationsunspezifische Risikofaktoren, denen<br />

Einhe<strong>im</strong>ische ebenso wie Zuwanderer ausgesetzt sind. Zu erwarten ist, dass diese<br />

migrationsunspezifischen Risikofaktoren umso wirksamer werden, je mehr sich Migrantengruppen<br />

in die deutsche Mehrheitsgesellschaft integrieren. Wenn sich junge Migranten<br />

zunehmend an vergleichbare deutsche Altersgruppen anpassen, dann werden sich auch der<br />

Konsum von Alkohol <strong>und</strong> anderen Drogen <strong>und</strong> die daraus resultierenden Probleme angleichen.<br />

Empirische Hinweise gibt es auf Zugangsbarrieren zu den Hilfesystemen. Teilweise sind diese<br />

Zugangsbarrieren sogar politisch gewollt <strong>und</strong> in Rechtsnormen fixiert. So haben etwa Asylbewerber,<br />

denen nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustehen, keinen<br />

Anspruch auf Entwöhnungsbehandlung oder Substitution. Andere Migranten haben<br />

Gründe, ausländerrechtliche Konsequenzen zu fürchten, wenn sie suchtspezifische Hilfen in<br />

Anspruch nehmen. Hinzu kommen Sprachprobleme <strong>und</strong> andere ethnokulturelle Verständigungsschwierigkeiten<br />

(Gaitanides 1998). So treffen etwa die 11,4 % Ausländer in Nordrhein-<br />

Westfalen, falls sie <strong>im</strong> Ges<strong>und</strong>heitssystem nach Hilfe suchen, lediglich auf 6,2 % nichtdeutsche<br />

Ärzte <strong>und</strong> nur auf 4,4 % nicht-deutsche Sozialarbeiter (Ministerium für Frauen, Jugend,<br />

Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Landes Nordrhein-Westfalen 2000). Dabei kann es nicht<br />

darum gehen, für jeden Migranten mit Suchtproblemen eine muttersprachliche Beratung sicherstellen<br />

zu wollen, aber die <strong>im</strong>mer wieder beschworene interkulturelle Kompetenz in den<br />

sozialen Diensten – hier in der Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe – wäre sicherlich etwas leichter<br />

zu erreichen, wenn es ein paar mehr Fachkräfte mit Migrationshintergr<strong>und</strong> gäbe.<br />

Eine andere Zugangsbarriere liegt möglicherweise in einer mangelnden Attraktivität des Angebotes<br />

der Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe für Migranten: Weder die oftmals <strong>im</strong>mer noch<br />

dominierenden konfrontativen Beratungs- <strong>und</strong> Therapieansätze in vielen traditionellen Beratungsstellen<br />

noch die bloße Akzeptanz des Drogenkonsums <strong>und</strong> einfaches Miteinander-<br />

Reden in niedrigschwelligen Einrichtungen werden als attraktive Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungsansätze<br />

wahrgenommen, für die der Weg in die Hilfeeinrichtungen lohnt. So gesehen<br />

würden von opt<strong>im</strong>ierten Konzepten <strong>und</strong> Hilfeansätzen nicht nur Migranten mit Suchtproblemen,<br />

sondern sehr wohl auch einhe<strong>im</strong>ische Deutsche profitieren.<br />

Insgesamt gesehen erweist sich der Zusammenhang zwischen Migration <strong>und</strong> Suchtproblemen<br />

offenbar als komplizierter als gelegentlich vermutet wird. Weder der pauschale Verdacht,<br />

Migranten seien wegen ihrer Lebensgeschichte anfälliger für Sucht noch der ebenso<br />

pauschale Verweis auf den Schutz, den die traditionelle Familienorientierung bietet, werden<br />

dieser komplexen Sachlage gerecht. Noch wissen wir viel zu wenig, um verstehen zu können,<br />

warum offensichtlich Migranten <strong>im</strong> Allgemeinen weniger Suchtprobleme als einhe<strong>im</strong>ische<br />

Deutsche haben, gleichzeitig aber einzelne Untergruppen durch Alkohol <strong>und</strong> vor allem<br />

durch illegale Drogen in z.T. massive Schwierigkeiten geraten. Sucht- <strong>und</strong> Migrationsforschung<br />

haben hier noch viele offene Fragen zu bearbeiten. Die Politik, die sich derzeit verstärkt<br />

um Zuwanderer bemüht, sollte Risikofaktoren für Zugewanderte <strong>und</strong> Zugangsbarrieren<br />

zu den Hilfesystemen abbauen. Für die Drogen- <strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe schließlich sollte es<br />

eine Selbstverständlichkeit sein, ihre Angebote so auszurichten <strong>und</strong> ihre Strukturen so zu<br />

opt<strong>im</strong>ieren, dass sie allen Menschen mit Suchtproblemen unabhängig von ihrem Status als<br />

einhe<strong>im</strong>ische Deutsche, Aussiedler oder zugewanderte Ausländer offen stehen.<br />

138


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von Studierenden an Fachhochschulen. Zwischenbericht. Frankfurt am Main: Unveröffentlichtes<br />

Manuskript.<br />

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PROJEKT INDRO:<br />

Aufsuchende, stadtteilorientierte, psychosoziale Begleitung /<br />

Betreuung von russlanddeutschen Drogenkonsumenten<br />

1. Generelle Informationen zu INDRO e.V.<br />

Wolfgang Schneider<br />

INDRO ist das 1990 gegründete "Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender<br />

Drogenarbeit <strong>und</strong> rationaler Drogenpolitik e.V." mit Sitz in Münster (Westfalen). Der<br />

Verein ist gemeinnützig <strong>und</strong> anerkannter Träger der Jugend- <strong>und</strong> Drogenhilfe.<br />

Das Hauptaufgabenfeld von INDRO e.V. ist die akzeptierende Drogenarbeit 18 . INDRO e.V.<br />

betreibt einen niedrigschwelligen Kontaktladen 19 in Münster <strong>und</strong> bietet eine Maßnahme <strong>im</strong><br />

Bereich ‚Betreutes Wohnen’ an. Im April 1999 wurde mit dem Betrieb einer Drogentherapeutischen<br />

Ambulanz begonnen, <strong>im</strong> Juni 1999 mit dem Projekt „Aufsuchende, stadtteilorientierte,<br />

psychosoziale Begleitung/Betreuung von russlanddeutschen Drogenkonsumenten“. Am<br />

10. April 2001 begann INDRO e.V. in Münster mit dem Betrieb des ersten Drogenkonsumraums<br />

in Nordrhein-Westfalen (gleichzeitig erster Drogenkonsumraum in Deutschland mit<br />

Betriebserlaubnis gemäß § 10 a BtMG 20 ). Weitere Aufgabenbereiche sind u.a. die<br />

psychosoziale Betreuung Substituierter <strong>und</strong> das Projekt "Aufsuchende Arbeit <strong>und</strong> mobile<br />

Spritzenentsorgung". Der Verein engagiert sich aber auch in Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> Drogenpolitik<br />

<strong>und</strong> führt nicht zuletzt praxisnahe Drogenforschung durch. INDRO-Mitarbeiter stehen<br />

als Referenten zur Verfügung.<br />

INDRO e.V. ist Sitz der "Koordinationsstelle für niedrigschwellige Drogenarbeit des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen" <strong>und</strong> der "Internationalen Koordinations- <strong>und</strong> Informationsstelle für Auslandsreisen<br />

von Methadonpatienten". Bis zum Auslaufen des NRW-Modellprojektes "FachberaterInnen<br />

Methadon" war INDRO e.V. ca. 3 1/2 Jahre Methadonfachberatungsstelle für<br />

Münster.<br />

2. Einleitung<br />

Am 1.5.1999 nahm <strong>im</strong> Rahmen der niedrigschwelligen, aufsuchenden Drogenarbeit von<br />

INDRO e.V. das zweijährige Modellprojekt „Aufsuchende, stadtteilorientierte , psychosoziale<br />

Begleitung/Betreuung von russlanddeutschen Drogenkonsumenten“ gefördert durch die<br />

Stadt Münster (Siverdis-Stiftung) in Kooperation mit der Drogenhilfe Münster <strong>und</strong> dem Begegnungszentrum<br />

Sprickmannstrasse e.V. in Kinderhaus seine Arbeit auf. Frau Heike Hartmetz<br />

ist als russisch sprechende Diplom- Sozialarbeiterin mit dieser Aufgabe betraut worden.<br />

Dieser Bericht resümiert nun das zweijährige Modellprojekt <strong>und</strong> versucht Zukunftsperspektiven<br />

aufzuzeigen. INDRO e.V. hat am 9.6.00 eine Weiterförderung des Projektes bei der<br />

Stadt Münster beantragt. Diese ist durch die Siverdis-Stiftung auch zugesichert worden.<br />

3. Ausgangssituation<br />

Suchtberatungsstellen, niedrigschwellige Hilfseinrichtungen, Streetworker, Bildungsstätten<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtungen in Deutschland bestätigen mit Nachdruck die heftig wachsende<br />

Zahl drogenabhängiger Menschen osteuropäischer Herkunft.<br />

Seit ungefähr drei bis vier Jahren ist auch in Münster eine Zunahme der Drogenszene durch<br />

zum Teil sehr junge russlanddeutsche Drogenkonsumenten zu beobachten. Diese Gruppierung,<br />

die in den letzten Jahren die offene Szene in Münster sichtbar verändert hat, konnte in<br />

den bisherigen Angeboten der Drogenhilfeeinrichtungen in Münster kaum berücksichtigt<br />

werden. Wir waren auf diese Zunahme unzureichend vorbereitet. Die bestehenden Hilfsangebote<br />

konnten der Mentalität, dem kulturellen Hintergr<strong>und</strong>, den spezifischen Sozialisationserfahrungen<br />

dieser Gruppierung nur unzureichend gerecht werden. Insbesondere die Nega-<br />

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tivbegleiterscheinungen wie vermehrte Spritzenf<strong>und</strong>e <strong>und</strong> öffentlich sichtbares Konsumgeschehen<br />

sowie eine Ausweitung dieser Problematik, vordringlich <strong>im</strong> Stadtteil Kinderhaus<br />

machten gerade <strong>im</strong> Bereich niedrigschwelliger, aufsuchender <strong>und</strong> stadtteilorientierter<br />

Betreuungs- <strong>und</strong> Beratungsarbeit mit dieser Zielgruppe einen dringenden Handlungsbedarf<br />

deutlich. Ausgangspunkt war, dass für viele Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene dieser „neuen“<br />

Übersiedlergeneration vielfältige Problemkonstellationen vorherrschten <strong>und</strong> <strong>im</strong>mer noch<br />

akut sind:<br />

� massive Schulschwierigkeiten,<br />

� Sprachprobleme,<br />

� Ausbildungsabbrüche,<br />

� innerfamiliäre Konflikte,<br />

� normative Desorientierung,<br />

� soziale Isolation <strong>und</strong> Ausgrenzung,<br />

� Perspektiv- <strong>und</strong> Orientierungslosigkeit sowie<br />

� Drogenmissbrauch <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en auch Delinquenzverhalten (insbesondere Dealtätigkeiten,<br />

Vermittlungs- <strong>und</strong> Bunkerdienste).<br />

Massive Sprachprobleme, Arbeitslosigkeit, Ghettoisierung <strong>und</strong> insbesondere der Drogenmissbrauch<br />

(dominant: Heroin) erschweren vor allem den jungen Aussiedlern die soziale<br />

Integration. Die kulturellen <strong>und</strong> sprachlichen Unterschiede zwischen der Herkunfts- <strong>und</strong> Zielgesellschaft<br />

spielen hierbei als Hintergr<strong>und</strong> sicherlich eine zentrale Rolle. Aufgr<strong>und</strong> des Dunkelfeldes<br />

ist jedoch die Gr<strong>und</strong>gesamtheit drogengebrauchender Menschen aus den ehemaligen<br />

GUS-Staaten trotz aufwendiger Schätzversuche bisher selbst auf lokaler Ebene nicht<br />

bekannt. Drogengebrauchsmuster <strong>und</strong> Drogenszenen verändern sich rapide <strong>und</strong> der Zugangsweg<br />

bei empirischen Erhebungen erfolgt meistens über Institutionen. Dies gilt auch für<br />

eine Erfassung konkreter Zahlen zur Situation des Drogengebrauchs <strong>und</strong> des Ausmaßes von<br />

zwanghaften <strong>und</strong> exzessiven Gebrauchsmustern bei russlanddeutschen Jugendlichen <strong>und</strong><br />

jungen Erwachsenen. Trotz dieser Problematik <strong>und</strong> ohne ein Dramatisierungsszenario zu<br />

entwerfen, schätzen wir aufgr<strong>und</strong> unserer Erfahrungen, dass ca. 150 russisch sprechende<br />

Menschen der öffentlich sichtbaren Drogengebrauchsszene zuzurechnen sind (Tendenz<br />

steigend).<br />

Um diese Zielgruppe überhaupt zu erreichen, wurde es notwendig, eine Mitarbeiterin, befähigt<br />

mit ausreichenden Sprachkenntnissen, mit dieser sensiblen, aufsuchenden Arbeit zu<br />

betrauen.<br />

Das Beratungs- <strong>und</strong> Drogenhilfssystem ist den Aussiedlern zumeist nicht bekannt. Insofern<br />

bestand bei diesem Projekt zuerst einmal die Notwendigkeit, <strong>im</strong> Sinne einer Brückenfunktion<br />

das Drogenhilfenetz, die unterschiedlichen Versorgungssysteme in Münster über<br />

niedrigschwellige Zugangswege zu vermitteln. Ferner war zu berücksichtigen, dass es für<br />

russlanddeutsche Aussiedler besonders schwierig ist, offizielle, professionelle Hilfsangebote<br />

zu akzeptieren, da sie zuerst einmal als der „Staatsmacht“ zugehörig verstanden werden.<br />

Eine diskursive Kommunikationspraxis ist ihnen darüber hinaus meist unbekannt. Ein<br />

Schwerpunkt unserer Arbeit mit russlanddeutschen Drogenkonsumenten bestand nun darin,<br />

ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Hier erwies es sich als notwendig, über die Struktur<br />

<strong>und</strong> Arbeitsweise der ambulanten wie niedrigschwelligen Drogenhilfe aufzuklären (wie<br />

Schweigepflicht, kostenlose Betreuung, Zugangswege usw.). Viele Konsumenten sind nämlich<br />

sehr misstrauisch, da in den Herkunftsländern Sucht nicht als Krankheit, sondern als<br />

moralische Verfehlung angesehen wurde.<br />

Insgesamt gesehen können wir für die zwei Jahre des laufenden Modellprojektes bezüglich<br />

der Drogengebrauchsproblematik bei russlanddeutschen Drogenkonsumenten feststellen:<br />

� Vermehrtes Aufsuchen der niedrigschwelligen Anlaufstelle des INDRO-Kontaktladens am<br />

Bremer Platz.<br />

� Verstärkte Inanspruchnahme des Spritzentausches (Infektionsprophylaxe).<br />

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� Zunahme der Konsumform des „Folienrauchens“ ( auch „Drachen jagen“ oder „Chinesen“<br />

genannt).<br />

� Dominante Hauptdroge <strong>im</strong> Rahmen der öffentlichen Drogenszene: Heroin.<br />

� Vermehrte Inanspruchnahme der ärztlichen Akutversorgung <strong>im</strong> Rahmen der Drogentherapeutischen<br />

Ambulanz (W<strong>und</strong>versorgung, Abszessbehandlung).<br />

� Vermehrter Drogengebrauch <strong>im</strong> öffentlichen Raum.<br />

� Einige sehr junge Konsumentinnen in Einzelfällen mit Prostitutionserfahrungen zur Drogengebrauchsfinanzierung,<br />

als Mitfinanziererin oder auf Druck der so genannten „Beschützer“.<br />

� Verstärkte Beratungsnachfrage bezüglich Substitution <strong>und</strong> Entzugsmaßnahmen, häufig<br />

auch Therapienachfrage (hier erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit der städtischen Drogenhilfe<br />

<strong>und</strong> der Sofort-Hilfe (gelegentliche Präsenz unserer Mitarbeiterin bei der Sofort-<br />

Hilfe, der Methadonambulanz der WKP <strong>und</strong> den niedergelassenen Ärzten mit Substitutionsangebot,<br />

regelmäßige Arbeitstreffen mit der zuständigen Mitarbeiterin der städtischen<br />

Drogenhilfe).<br />

� Integration der russlanddeutschen Drogenkonsumenten in die öffentlich sichtbare Drogenszene.<br />

� Auffällig verschlechterter ges<strong>und</strong>heitlicher Allgemeinzustand der Konsumenten.<br />

� Vermehrte Konflikte mit der Justiz (Drogenhandel, Diebstähle etc.).<br />

� Häufig misslungene Abstinenzversuche.<br />

� Ab der Eröffnung des Drogenkonsumraums be<strong>im</strong> INDRO auch verstärkte Inanspruchnahme<br />

des Raumes zur hygienischen Applikation von Drogen (ab dem 10.4.01).<br />

4. Zielsetzung der Maßnahme<br />

Ausgangspunkt unserer Arbeit ist, den Drogengebrauch von russlanddeutschen Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> jungen Erwachsenen unter den gegebenen schwierigen Bedingungen von Integrationsdruck,<br />

normativer Desorientierung <strong>und</strong> Isolation als ein sinnstiftendes, gruppenförderndes<br />

Ritual <strong>und</strong> nicht nur unter der Funktion von Problembewältigung als „Notfallreaktion“ oder<br />

als Selbstmedikation zu verstehen. Einzelne Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene haben<br />

schon in der alten He<strong>im</strong>at gemeinsam Drogen konsumiert. Gewohnheiten von früher, beispielsweise<br />

das gemeinsame Nutzen des Spritzbesteckes werden beibehalten, das Wissen<br />

über HIV- <strong>und</strong> Hepatitisinfizierungsmöglichkeiten ist oft noch nicht vorhanden.<br />

Im Rahmen der niedrigschwelligen, akzeptanzorientierten Drogenarbeit ging es darum, erst<br />

einmal einen Zugang zu den meist in sich geschlossenen Gruppierungen russlanddeutscher<br />

Drogenkonsumenten zu finden <strong>und</strong> Kontakt herzustellen (inzwischen ist - wie gesagt - eine<br />

Integration in die öffentliche Drogenszene feststellbar). Dies mit dem Ziel, möglichst psychosoziale<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Verelendung aufzufangen sowie das Infektionsrisiko durch kontaminierte<br />

Spritzen zu reduzieren. Durch unser Angebot der Bereitstellung unbürokratischer,<br />

lebenspraktischer <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitspräventiver Hilfen u.a. auch durch den soeben eröffneten<br />

Drogenkonsumraum sollen die Risiken des Drogengebrauchs verringert werden (Harm-<br />

Reduction). Unser Ansatz lässt sich zusammenfassend kennzeichnen als<br />

� subjektbezogen,<br />

� bedürfnisorientiert,<br />

� lebensraumbezogen,<br />

� anforderungsarm,<br />

� verständigungsorientiert <strong>und</strong><br />

� nicht abstinenzfixiert <strong>und</strong> klientelisierend.<br />

Gr<strong>und</strong>lage einer derartigen Drogenarbeit ist, dass Drogengebrauchende als mündige, zur<br />

Selbstverantwortung <strong>und</strong> Selbstbest<strong>im</strong>mung fähige Menschen angesehen werden, die ein<br />

Recht auf eine menschenwürdige Behandlung haben. Unsere zielgruppenorientierte Arbeit<br />

basiert auf Freiwilligkeit <strong>und</strong> ist nicht bevorm<strong>und</strong>end ausgerichtet.<br />

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Insofern verstehen wir akzeptanzorientierte Drogenarbeit als „Empowerment“, d.h. sie „stiftet“<br />

jenseits einer neuen pädagogischen Rezeptur von Methoden <strong>und</strong> Interventionsformen<br />

zur selbstbest<strong>im</strong>mten, eigeninszenierten Lebensgestaltung mit <strong>und</strong> ohne Drogen an. Folgende<br />

Zielhierarchie liegt dieser Arbeit zugr<strong>und</strong>e:<br />

1. Überleben sichern.<br />

2. Sicherung eines ges<strong>und</strong>en Überlebens ohne irreversible Schädigungen.<br />

3. Verhinderung sozialer Desintegration.<br />

4. Ges<strong>und</strong>heitliche <strong>und</strong> psychosoziale Stabilisierung.<br />

5. Unterstützung eines selbstverantwortlichen, kontrollierten Drogengebrauchs als Vermeidung<br />

dysfunktionaler Gebrauchsmuster.<br />

6. Ermöglichung <strong>und</strong> Unterstützung längerer Drogenkontrollphasen (mit Substitut oder<br />

ohne).<br />

7. Unterstützung individueller Herauslösung aus der Drogenszene <strong>und</strong> aus den Abhängigkeitsstrukturen.<br />

Akzeptanz- <strong>und</strong> zielgruppenbezogene Drogenarbeit orientiert sich an vorhandenen Stärken<br />

<strong>und</strong> nicht an den zugeschriebenen Defiziten drogengebrauchender Menschen in ihrem Lebensraum<br />

in einem möglichst verständigungsorientierten Dialog auch mit Bezugspersonen.<br />

Dieser salutogenetische Ansatz ist als moderierende Unterstützung angelegt, d.h. er basiert<br />

auf Freiwilligkeit, verzichtet auf den verallgemeinernden pathogenen Defizit- <strong>und</strong> Störungsblickwinkel<br />

<strong>und</strong> ist situations- <strong>und</strong> bedürfnisorientiert sowie ressourcenbezogen ausgerichtet.<br />

Durch diesen ges<strong>und</strong>heitspräventiven <strong>und</strong> akzeptanzorientierten Arbeitsansatz als moderierende<br />

Gestaltung eines „offenen“ <strong>und</strong> vertrauensbezogenen Handlungsrahmens werden<br />

drogengebrauchende Menschen nicht mehr als passiv der (jeweiligen) Abhängigkeit ausgeliefert,<br />

sozusagen als versklavt angesehen, sondern als Menschen, die aktiv ihr Verhalten<br />

steuern <strong>und</strong> auch verändern können.<br />

5. Angebote <strong>und</strong> durchgeführte Maßnahmen<br />

Eine bedürfnisbezogene, zielgruppenorientierte Beratung/Betreuung bei russlanddeutschen<br />

Drogenkonsumenten wird jedoch insbesondere auch durch Sprachbarrieren erschwert. Außerdem<br />

zeigten diverse Gespräche mit Sozialpädagogen <strong>und</strong> Jugendbetreuern <strong>im</strong> Stadtteil<br />

Kinderhaus einen enormen Handlungsbedarf hinsichtlich drogenspezifischer, ges<strong>und</strong>heitspräventiver<br />

Aufklärung (Safer Use), Beratung <strong>und</strong> Betreuungsunterstützung „vor Ort“.<br />

Insofern wurden Maßnahmen, d.h. Informationsmaterialien zum Spritzentausch <strong>und</strong> Safer-<br />

Use-Hinweisen sowie ein Flyer zum richtigen Umgang mit Spritzenf<strong>und</strong>en für die Mitarbeiter<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Jugendarbeit <strong>und</strong> in russischer Sprache für die anvisierte Zielgruppe <strong>im</strong> angegebenen<br />

Berichtszeitraum verfasst, verteilt <strong>und</strong> flächendeckend verbreitet. Außerdem<br />

wurde mit finanzieller Unterstützung der Siverdis-Stiftung ein Faltblatt in russischer <strong>und</strong> deutscher<br />

Sprache zu den Drogenhilfsangeboten in Münster erstellt <strong>und</strong> in Umlauf gebracht.<br />

In Kooperation <strong>und</strong> enger <strong>Vernetzung</strong> mit dem Begegnungszentrum Sprickmannstrasse e.V.<br />

in Kinderhaus ist unsere Mitarbeiterin „vor Ort“ als Ansprechpartnerin tätig. Zudem wird dort<br />

jeden Montagabend eine offene Sprechst<strong>und</strong>e angeboten sowie einmal <strong>im</strong> Monat ein besonderes<br />

Freizeitangebot vorgehalten. Geplant ist eine Ausweitung der „Vor-Ort-Präsenz“ mit<br />

konkreten Ansprechzeiten unserer Mitarbeiterin in Kinderhaus (ab Mai 2001).<br />

Weiterführende Arbeitsschwerpunkte <strong>und</strong> Angebote:<br />

� Aufklärungsarbeit <strong>und</strong> Informationsvermittlung zu allen Fragen der Drogengebrauchsproblematik.<br />

� Streuung von Informationen durch Gremienarbeit <strong>und</strong> Projektvorstellung (Mitarbeit u.a.<br />

<strong>im</strong> Arbeitskreis „Jugendliche Spätaussiedler“ <strong>und</strong> <strong>im</strong> Arbeitskreis „Streetwork/mobile Jugendarbeit<br />

in Münster“, Gestaltung eines Arbeitskreistreffens „Dro-<br />

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gen/Spätaussiedler/Angebote in Münster“, Teilnahme am Arbeitskreis „Jugend“ in Kinderhaus).<br />

� <strong>Vernetzung</strong>sarbeit als Brückenfunktion (städtische Drogenhilfe, substituierende Ärzte,<br />

Entgiftungseinrichtungen, Sofort-Hilfe der Stadt Münster).<br />

� Enge Kooperation mit der Drogenhilfe Münster hinsichtlich der Vermittlung ausstiegsorientierter<br />

Hilfsangebote (regelmäßige Arbeitstreffen <strong>und</strong> Dolmetscherdienste).<br />

� Ausloten von Zugangswegen <strong>und</strong> Kontaktherstellung zu russlanddeutschen Drogenkonsumenten<br />

<strong>im</strong> Rahmen der niedrigschwelligen Kontaktladenarbeit be<strong>im</strong> INDRO.<br />

� Spritzentausch <strong>und</strong> Entsorgung, Konsumraumnutzung (auch Ausgabe von Alu-Folie).<br />

� Vermittlung von Safer-Use-Hinweisen zur Infektionsprophylaxe <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsprävention.<br />

� Psychosoziale Begleitung <strong>und</strong> Betreuung in enger Kooperation mit städtischen Versorgungssystemen.<br />

� Krisenintervention <strong>und</strong> Hilfsvermittlungen insbesondere <strong>im</strong> niedrigschwelligen Drogenarbeitsbereich<br />

des INDRO-Kontaktladens.<br />

Da sich eine Integration russlanddeutscher Drogenkonsumenten in die hiesige Szene vollzogen<br />

hat, wurde das einmal wöchentlich angebotene Frühstückstreff ausschließlich für drogenkonsumierende<br />

Aussiedler <strong>im</strong> INDRO-Kontaktladen aufgehoben <strong>und</strong> ein allgemeines<br />

Frühstücksangebot mit gezielten Gesprächsangeboten vorgehalten. Auf Wunsch werden<br />

psychosoziale Unterstützungsmöglichkeiten <strong>und</strong> Beratung angeboten <strong>und</strong> Vermittlungen in<br />

Entgiftung, Substitution <strong>und</strong> Therapie (städtische Drogenhilfe Münster, Methadonambulanz,<br />

Centrum für interdisziplinäre Medizin (CIM), Westfälische Klinik für Psychiatrie, „Kompass“ -<br />

Qualifizierte Entzugbehandlung für drogenabhängige Migranten in Warstein, Sofort Hilfe)<br />

geleistet. Dabei wurde zum Beispiel deutlich, dass viele russlanddeutsche Drogenkonsumenten<br />

die Methadonsubstitution <strong>im</strong>mer noch als eine kurzfristige Heilungsmethode ansehen.<br />

Hier ist noch viel Aufklärungs- <strong>und</strong> Vermittlungsarbeit hinsichtlich der Langfristigkeit von Methadonbehandlungen<br />

als psychosoziale Stabilisierungsprozesse zu leisten. Beobachtbar ist<br />

zudem, dass einige russlanddeutsche Drogenkonsumenten mit der Inanspruchnahme verschiedener<br />

Hilfs- <strong>und</strong> Unterstützungsangebote wie Substitution in einer Arztpraxis <strong>und</strong> psychosoziale<br />

Betreuung in einer anderen Institution überfordert sind.<br />

Mit Unterstützung der Siverdis-Stiftung konnten ferner russischsprechende Honorarkräfte für<br />

die niedrigschwellige Drogenarbeit <strong>im</strong> INDRO-Kontaktladen gewonnen werden. Unsere Erfahrungen<br />

sind insgesamt gesehen als sehr positiv zu bewerten. Ein Zugang konnte erreicht<br />

<strong>und</strong> Vertrauen aufgebaut werden.<br />

Insbesondere in Kinderhaus nahmen die negativen Begleiterscheinungen des Drogengebrauchs<br />

wie Spritzenf<strong>und</strong>e <strong>und</strong> offenes Konsumgeschehen dermaßen zu, dass in Abst<strong>im</strong>mung<br />

mit der Jugendhilfe vor Ort <strong>und</strong> mit Unterstützung der AIDS-Hilfe NRW e.V. ein<br />

Spritzenautomat mit Entsorgungsschacht am Sprickmannplatz installiert wurde. Ein Spritzenautomat<br />

ermöglicht den intravenös Drogenabhängigen bei geringen „Schwellenängsten“<br />

r<strong>und</strong> um die Uhr sterile Spritzbestecke zu beziehen <strong>und</strong> gebrauchte Spritzen zu entsorgen.<br />

Jede Gebrauchssituation, in der kein Needle-Sharing (gemeinsamer Gebrauch eines Spritzbesteckes)<br />

stattfindet, ist eine Situation, in der kein Infektionsrisiko mit Hepatitis C <strong>und</strong> HIV<br />

besteht. Jede gebrauchte Spritze, die entsorgt wird, findet sich nicht <strong>im</strong> öffentlichen Raum<br />

wieder. Relativ schnell entwickelte sich jedoch eine kritische Anwohnerinitiative, die insbesondere<br />

den Standort des Spritzenautomaten in Frage stellte <strong>und</strong> eine „Legalitätsvermittlung“<br />

<strong>und</strong> „Nachahmungsbereitschaft“ für Kinder befürchtete. Der Spritzenautomat wurde<br />

abgehängt <strong>und</strong> es wurde intensiv nach einem alternativen Standort gesucht (siehe Pressespiegel).<br />

Im April 2001 wurde nach langwieriger Suche <strong>und</strong> in Abst<strong>im</strong>mung mit allen Beteiligten<br />

ein geeigneter Standort gef<strong>und</strong>en. Aller Voraussicht nach wird der Spritzenautomat mit<br />

Entsorgungsmöglichkeit Mitte Mai 2001 in Funktion treten können.<br />

6. Fazit <strong>und</strong> Perspektiven<br />

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Unsere Konzeption der aufsuchenden, stadtteilorientierten Begleitung/Betreuung von russlanddeutschen<br />

Drogenkonsumenten als sek<strong>und</strong>ärpräventive, akzeptanzorientierte Maßnahme<br />

besitzt Brückenfunktion in weiterführende Versorgungsangebote <strong>und</strong> ist Bestandteil des<br />

integrativen Rahmenkonzeptes der Drogenhilfe Münsters. Sek<strong>und</strong>ärpräventive Maßnahmen<br />

sind zielgruppenbezogen, d.h. sie richten sich an so oder so Drogengebrauchende. Dabei<br />

geht es darum, Stabilisierungseffekte des Gebrauchs, Gebrauchsrisiken <strong>und</strong> die Entwicklung<br />

von drogalen Karrieremustern möglichst zu verhindern. Pragmatisch gesehen geht es um die<br />

Vermittlung notwendiger Risikokompetenz <strong>im</strong> Umgang mit Drogen, aber auch um das Aufzeigen<br />

entsprechender Hilfsangebote für einen möglichen Ausstieg als Überwindung von<br />

zwanghaften <strong>und</strong> exzessiven Gebrauchsformen. Dieses Angebot trägt dazu bei, die Drogenhilfspalette<br />

qualifiziert, differenziert <strong>und</strong> bedürfnisbezogen abzur<strong>und</strong>en, eine kultursensible<br />

Drogenhilfe zu entwickeln, die <strong>Vernetzung</strong>seffizienz zu steigern <strong>und</strong> somit zu professionalisieren.<br />

Die gegebene Problemmassierung hat auf die Dringlichkeit eines schnellen, unbürokratischen<br />

Handlungsvollzuges verwiesen, damit Transparenz über die Problematik selbst<br />

<strong>und</strong> entsprechender Angebote der Drogenhilfe hergestellt werden konnte. Dies ist auch erreicht<br />

worden. Die Brückenfunktion beinhaltet insofern insbesondere Verknüpfungsaufgaben<br />

<strong>im</strong> Sinne eines Case Management: Russlanddeutsche Drogenkonsumenten sollen mit ihren<br />

individuellen Hilfebedarfen mit verfügbaren Hilfe-Ressourcen zusammengebracht werden,<br />

um Übergangsprozesse (Transitionen) zumindest möglich werden zu lassen. Wobei hier eine<br />

vertrauensvolle Beziehung <strong>im</strong> Sinne eines ausgeglichenen Verhältnisses von Nähe <strong>und</strong> Distanz<br />

<strong>und</strong> enge <strong>Vernetzung</strong> mit entsprechenden Versorgungssystemen erforderlich ist. Der<br />

Ansatz muss lebensweltnah, langfristig begleitend <strong>und</strong> kontinuierlich angelegt sein, um greifen<br />

zu können. Dies ist - so denken wir - in Münster vorbildhaft umgesetzt worden, wobei<br />

natürlich eine Lösung der Problematik nicht erwartet werden kann. Unsere Konzeption der<br />

Nutzerorientierung <strong>und</strong> des Ineinandergreifens von aufsuchender <strong>und</strong> niedrigschwelliger<br />

Kontaktanlaufarbeit (insbesondere <strong>im</strong> niedrigschwelligen Drogenarbeitsbereich haben wir es<br />

mit einer Problemmassierung zu tun) hat sich als angemessen erwiesen, kann aber aufgr<strong>und</strong><br />

der geringen personellen Ausstattung (30 Std.-Stelle!!) das gesamte Problemspektrum nicht<br />

auffangen. Mit Blick auf die mögliche Integration russlanddeutscher Drogenkonsumenten<br />

bleibt es weiterhin dringend notwendig, Kontaktmöglichkeiten zu erhalten <strong>und</strong> auszubauen,<br />

die gegebenen Kontakte zu stabilisieren <strong>und</strong> nicht nur die drogenspezifische Angebotspalette<br />

für diese Zielgruppe zugänglicher zu gestalten. Hier wäre ferner der Ausbau von speziellen<br />

Therapieangeboten für russischsprechende Konsumenten zu fordern. Ein Beratungs-<br />

<strong>und</strong> Hilfeangebot, das den kulturellen Hintergr<strong>und</strong> der Zielgruppe einbezieht (kultursensibel<br />

ist), ist eine wesentliche Voraussetzung, um drogengebrauchende Aussiedler aus den Nachfolgestaaten<br />

der ehemaligen Sowjetunion überhaupt zu erreichen <strong>und</strong> ihnen bei Nachfrage<br />

<strong>und</strong> auf Wunsch angemessene Angebote machen zu können. Das Modellprojekt hat hier<br />

einiges vorangetrieben. Dies gilt es zu erhalten <strong>und</strong> gegebenenfalls bedarfsgerecht <strong>und</strong> vernetzungsorientiert<br />

auszuweiten. Ferner war <strong>und</strong> ist es auch ein wichtiges angestrebtes Ziel,<br />

Ängste <strong>und</strong> Verunsicherungen <strong>im</strong> Umgang mit drogenkonsumierenden Migranten in den<br />

Stadtteilen <strong>und</strong> der Öffentlichkeit abzubauen. Dies ist ein langwieriges <strong>und</strong> zeitintensives<br />

Unterfangen, verlangt viel Sensibilität <strong>und</strong> Einfühlungsvermögen. Gezielte Bemühungen<br />

(Anwohnerversammlungen, Gesprächsr<strong>und</strong>en, Bürgersprechst<strong>und</strong>en) zum Abbau von Ängsten,<br />

Befürchtungen <strong>und</strong> Bedrohungsgefühlen tragen „erste“ Früchte, sind aber sehr zeit- <strong>und</strong><br />

arbeitsintensiv. Hier ist jedenfalls noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.<br />

Weiterhin ist es notwendig, Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung <strong>und</strong> Informationsvermittlung voranzutreiben<br />

<strong>und</strong> zu intensivieren. Insbesondere auch frauenspezifische Angebote wären<br />

weiter auszubauen, da sehr junge russlanddeutsche Drogenkonsumentinnen in der<br />

Gebrauchsszene anzutreffen sind (Prostitutionserfahrungen etc.).<br />

Hier gilt es auszuloten, wie entsprechende Hilfs- <strong>und</strong> Unterstützungsangebote entwickelt <strong>und</strong><br />

aufgebaut werden können. Handlungsbedarf besteht jedenfalls.<br />

Weiterbildungskonzept „Migration <strong>und</strong> Sucht“<br />

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1. Einleitung<br />

Georg Seegers<br />

Meine Ausführungen basieren auf den Erkenntnissen, die <strong>im</strong> Rahmen des<br />

Kölner Netzwerkes Sucht <strong>und</strong> Migration gewonnen wurden.<br />

Dieses Netzwerk entstand durch die verbandsinterne Kooperation der Abteilung Ausländerhilfe<br />

<strong>und</strong> Suchthilfe innerhalb des Diözesan-Caritasverbandes Köln.<br />

Die ausführlichen Ergebnisse dieser Kooperation sind dokumentiert in der Diözesan-<br />

Caritasverband (DiCV) eigenen Schriftenreihe Nr.39 - „Migration <strong>und</strong> Sucht – spezifische<br />

Anforderungen an die Beratung/Therapie von MigrantInnen <strong>im</strong> Kontext von Sucht“.<br />

In Zusammenarbeit mit der Drogenhilfe des Sozialdienst Katholischer Männer e.V. (SKM)<br />

Köln sowie dem Diözesan-Caritasverband Köln wurde eine Situationsanalyse zusammengetragen,<br />

um bestehende Versorgungslücken <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Bedarf an spezifischen<br />

Beratungsangeboten aufzuzeigen.<br />

Migranten sind in den Statistiken der Suchtkrankenhilfe völlig unterrepräsentiert, was auf<br />

eine geringe Nachfrage oder auf eine nicht adäquate Angebotsstruktur schließen lässt.<br />

Gleichzeitig haben derzeit 75% der inhaftierten Migranten ein Suchtproblem, welches in der<br />

Regel nicht erkannt bzw. behandelt wird.<br />

Die Schaffung spezieller Hilfestrukturen für Ausländer ist Gr<strong>und</strong>lage für eine Verbesserung<br />

des Beratungsangebotes.<br />

Wir sehen es als wichtige Aufgabe an, die bereits existierenden Hilfestrukturen vor Ort unter<br />

Nutzung der vorhandenen Personalkapazitäten zu opt<strong>im</strong>ieren, zu koordinieren <strong>und</strong> zu vernetzen.<br />

Dabei könnten beide Arbeitsbereiche vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch profitieren,<br />

denn:<br />

Deutlich wurde, dass Ausländerberater in jedem Falle in einem Dilemma stehen:<br />

Sie haben zwar mehrsprachige/kulturelle Kompetenz, aber keine suchtspezifische. Suchtberater<br />

haben zwar suchtspezifische Kompetenz, aber in den seltensten Fällen mehrsprachige<br />

<strong>und</strong> kulturelle. Damit ist das Problem skizziert, unter dem das derzeitige Hilfesystem leidet.<br />

Die Anzahl der frustrierten Klienten n<strong>im</strong>mt zu, weil das institutionelle System keine tatsächliche<br />

Hilfe schafft. Der Klient bleibt in der Ausländerberatung „hängen“.<br />

Die Erwartung an die Ausländerberater ist übergroß: Sie müssen alles können; in Bereichen<br />

wie Schwangerschaft, Schulden <strong>und</strong> Suchtberatung sollen sie sachlich <strong>und</strong> fachlich Rat geben.<br />

Zudem müssen sie zusätzlich alle Fremdsprachen beherrschen <strong>und</strong> alle Kulturen verstehen.<br />

Die Probleme bei der Vermittlung in die Regelversorgung Suchtberatung/-therapie bestehen<br />

nicht nur in der Sprache, sondern auch bei folgenden Aspekten:<br />

a. Inkompatibilitäten mit den therapeutischen Konzepten (Orientierung an Sprache <strong>und</strong><br />

inneren Prozessen statt am konkreten Erleben),<br />

b. individualistisches Verständnis von Selbstverantwortung,<br />

c. der rechtlichen Situation (AuslRecht, Aufenthaltsstatus ...),<br />

d. der familiären Situation <strong>und</strong> Position <strong>im</strong> Familiengefüge,<br />

e. der spezifischen Bewertung von Sucht in den diversen Migrantengruppen <strong>und</strong><br />

f. den Zugangsvoraussetzungen von Seiten der Leistungsträger für Therapiemaßnahmen.<br />

Aus diesem Dilemma heraus hat sich die Ausländerhilfe zunehmend verstärkt an die Kollegen<br />

der Suchtberatung gewandt, um ein gemeinsames Konzept für die Beratung <strong>und</strong><br />

147


Betreuung von ausländischen Mitbürgern/innen umzusetzen. Dabei wird die Kooperation<br />

zwischen Ausländerberatung <strong>und</strong> Fachdiensten (Drogenhilfe) nur gelingen, wenn sie aktiv<br />

eingefordert wird <strong>und</strong> zu einer deutlichen Arbeitsteilung führt.<br />

2. Netzwerkbildung<br />

Hierbei wurde insbesondere die Erkenntnis gewonnen, dass sich die Prävention erst <strong>im</strong> Anfangsstadium<br />

befindet <strong>und</strong> geeignete Konzepte zur Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung erarbeitet werden<br />

müssten. Die folgenden Thesen münden in der Forderung nach einem regionalen Netzwerk,<br />

welches die Gr<strong>und</strong>lage für ein gemeinsames Kooperationsverständnis darstellt.<br />

Dieses Netzwerk richtet sich nach folgenden Erkenntnissen:<br />

1. Die Zugangswege zur Suchthilfe müssen transparent gemacht werden.<br />

2. Hemmschwellen müssen abgebaut werden.<br />

3. Es sollte eine Transparenz des bestehenden Angebotes hergestellt werden.<br />

4. Die Träger der Sucht- <strong>und</strong> Ausländerhilfe fördern den fachlichen Austausch <strong>und</strong> die institutionsübergreifende<br />

Fallarbeit.<br />

5. Die Kooperation mit Keypersons <strong>und</strong> eine peer-to peer Prävention ist Bestandteil des<br />

Handlungskonzeptes.<br />

6. Es sollte eine gemeinsame Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung konzipiert werden, die nach den<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der <strong>Suchtprävention</strong> <strong>und</strong> der interkulturellen Therapie ausrichtet.<br />

Ein Verb<strong>und</strong>system erfordert spezifische Ansätze kommunaler Integrationspolitik.<br />

Hierzu gehört die Regelung örtlicher Zuständigkeiten für spezifische Problemlagen. Angefangen<br />

von Fragen der Wohnraumpolitik <strong>und</strong> Stadtentwicklung geht es um die Infrastruktur in<br />

den Bereichen Jugendarbeit, (vor-) schulische Einrichtungen bis hin zur Altenhilfe. Daraus<br />

lässt sich die Forderung nach einer stadtteilbezogenen, lebensweltorientierten Prävention<br />

inklusive muttersprachlicher Elterngruppen ableiten.<br />

3. Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Die auf dieser Basis konzipierte Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung umfasst die „Gr<strong>und</strong>lagen/ interkulturelle<br />

Therapie“ sowie die „Gr<strong>und</strong>lagen / <strong>Suchtprävention</strong>“, die ich thesenartig zusammenfasse:<br />

3.1 Interkulturelle Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Zu den interkulturellen Gr<strong>und</strong>lagen gehören:<br />

� Soziokulturelles Verständnis (Kulturelle Aspekte in Beratung/Therapie),<br />

� Akkulturationsbereitschaft (Bereitschaft zum gegenseitigen Lernen),<br />

� Interkulturelle Kompetenz als Qualitätsmerkmal in der Behandlung,<br />

� Adäquate Behandlungsansätze in spezialisierten Reha-Einrichtungen.<br />

Wenn adäquate Angebote <strong>im</strong> Bereich Prävention/Therapie gelingen sollen, müssen die<br />

Kenntnisse über die familiäre Eingeb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> über kulturspezifische Kommunikationsmuster<br />

von Fachleuten berücksichtigt werden.<br />

Erforderlich ist ebenfalls eine Veränderung der Methoden (z.B. Geh-Struktur).<br />

Entscheidend ist eine gesonderte Einheit <strong>im</strong> Bereich der Netzwerkaktivitäten. Hierbei geht es<br />

um folgende Inhalte:<br />

� Eruierung der Suchtproblematik bei Migranten (statistisches Material),<br />

148


� Kooperation <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch mit bestehenden Einrichtungen,<br />

� Ausbildung muttersprachlicher Präventionsfachkräfte per Projekt,<br />

� migrationsorientierte Öffentlichkeitsarbeit <strong>im</strong> Rahmen einer Präventionsveranstaltung<br />

(Praxisprojekt).<br />

3.2. <strong>Suchtprävention</strong><br />

Zu den Gr<strong>und</strong>lagen <strong>im</strong> Bereich der <strong>Suchtprävention</strong> gehören Ansätze kulturspezifischer Prävention<br />

sowie Strategien kultureller Annäherung.<br />

Die geplante Weiterbildung umfasst theoretische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> eine Selbsterfahrung, die<br />

sowohl die Sucht- als auch die Migrationserfahrung berücksichtigt.<br />

Bei der Weiterbildung für <strong>Suchtprävention</strong>skräfte können die Erfahrungen des Ethno-<br />

Medizinischen Zentrums Hannover einbezogen werden.<br />

4. Endbetrachtung<br />

Die methodischen Gr<strong>und</strong>lagen der Fortbildung orientieren sich an folgenden Aspekten:<br />

� Angewandtes Psychodrama als sozial-kultureller Lernprozess,<br />

� Gr<strong>und</strong>prinzipien der Gesprächsführung,<br />

� Gr<strong>und</strong>lagen der systemischen Beratung,<br />

� familienorientierte Interventionsformen (Familienaufstellungen).<br />

Zur Organisation (vgl. Anlage 1):<br />

� Die Zeitstruktur umfasst 4 Blöcke à 5 Tage.<br />

� Es gibt die Schwerpunkte Prävention / Therapie.<br />

� Die Zielgruppe umfasst Mitarbeiter/innen der Ausländerberatung, der Sucht- <strong>und</strong> Drogenhilfe<br />

der freien <strong>und</strong> kommunalen Verbände.<br />

Nach Klärung einer entsprechenden Finanzierung könnten insbesondere städtische Ballungsgebiete<br />

in Projektgruppen zusammengefasst werden. Die Umsetzung hängt <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

von öffentlichen Zuschüssen ab <strong>und</strong> wird <strong>im</strong> Rahmen einer landesweit tätigen<br />

Arbeitsgruppe zum Landessuchtprogramm abgest<strong>im</strong>mt.<br />

149


Streetwork <strong>und</strong> CASE-Management als <strong>Vernetzung</strong>s- <strong>und</strong> Integrationsmaßnahme<br />

zur Veränderung suchtabhängiger Lebensstile junger<br />

Aussiedler <strong>im</strong> ländlichen Bereich<br />

Trägervorstellung<br />

Träger Jugendberatung, -therapie <strong>und</strong> -weiterbildung e. V.<br />

Mitglied <strong>im</strong> Paritätischen Niedersachsen<br />

Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Therapiekette<br />

Niedersachsen<br />

Huntestr. 20<br />

26135 Oldenburg<br />

Telefon: 0441/21905 0<br />

Vorstandsvorsitzender: Christian Berthe<br />

Geschäftsführer: Alexandre Peruzzo<br />

DROBS Cloppenburg Eschstr. 31 a<br />

49661 Cloppenburg<br />

Tel: 04471/ 4686<br />

Fax: 04471/ 4671<br />

E-Mail: drobs_cloppenburg@yahoo.de<br />

Drogen <strong>und</strong> Aidsberatung Bürozeiten/Beratungszeiten<br />

Mo 11.00 – 20.00 Uhr<br />

Di 09.00 – 17.00 Uhr<br />

Mi 08.00 – 17.00 Uhr<br />

Do 09.00 – 17.00 Uhr<br />

Fr 09.00 – 15.00 Uhr<br />

Kurt Thünemann<br />

Öffnungszeiten der Teestube<br />

Mo 15.00 – 19.00 Uhr<br />

Mi 10.00 – 14.00 Uhr (8.00 – 10.00 Uhr Substituierte)<br />

Do 13.00 – 17.00 Uhr<br />

Fr 10.00 – 14.00 Uhr<br />

Beratungszeiten <strong>im</strong> Rathaus Ramsloh<br />

Mo 10.00 – 12.00 Uhr<br />

Do 16.00 – 18.00 Uhr<br />

Jeden 2. <strong>und</strong> 4. Donnerstag <strong>im</strong> Monat findet von 19.00 – 21.00<br />

Uhr der Elternkreis in den Räumen des He<strong>im</strong>atvereins der<br />

Deutschen aus Russland statt.<br />

Einrichtungsleitung: Kurt Thünemann, Diplompädagoge<br />

Mitarbeiter: Petra Thesing, Dipl.-Sozialwissenschaftlerin<br />

Klaus Weber, Dipl.-Sozialpädagoge, Gestalttherapeut<br />

Heike Newton, Dipl.-Sozialarbeiterin<br />

Markus Heide vom 01.11.1999 – 31.9.2000 Zivildienstleistender<br />

150


1. Vorbemerkungen<br />

Die Migration in ein fremdes Land aktiviert eine ganze Bandbreite an Lebens- <strong>und</strong> Integrationsproblemen<br />

<strong>und</strong> ist deshalb in psycho-sozialer Hinsicht ein umfassendes traumatisches<br />

Erlebnis: Erwartungen werden enttäuscht, Verständigungsschwierigkeiten auf sprachlicher<br />

Ebene, Arbeitslosigkeit, Verlust <strong>und</strong> Wechsel des gewohnten sozialen Umfeldes, familiäre<br />

Beziehungskrisen <strong>und</strong> anderes mehr.<br />

Leben in einem deutschen Dorf Krasnjekut Kasachstan,<br />

September 2000<br />

Migration stellt also als psycho-sozialer<br />

Stressor ein Lebensereignis mit hoher<br />

Belastung in fast allen Lebensbereichen des<br />

Menschen dar <strong>und</strong> kann sich deshalb negativ<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit auswirken. Dr. Gastmann<br />

von der Deutschen Hauptstelle gegen die<br />

Suchtgefahren (DHS) stellt auf der<br />

Fachtagung „Sucht <strong>und</strong> Migration“ der<br />

Niedersächsischen Landesstelle gegen die<br />

Suchtgefahren (NLS) fest, dass die Gefahr<br />

einer psychischen Erkrankung nach einer<br />

Migration mit der Aufenthaltsdauer <strong>im</strong> Einwanderungsland wächst. Dr. Dirk vom Osteuropa<br />

Institut weist darauf hin, dass die Behinderung einer Integration in gleicher Weise die Suchtbildung<br />

fördern kann <strong>und</strong> dass sich bei andauernder Aufenthaltsdauer <strong>im</strong> Migrationsland oft<br />

der Konsum von Drogen chronifiziert.<br />

Neben umfassender bedarfsgerechter präventiver Arbeit muss Suchtberatung deshalb mit<br />

einem ressourcen-orientierten Ansatz integrationsfördernd <strong>und</strong> -begleitend arbeiten.<br />

2.Situationsbeschreibung<br />

Der <strong>Landkreis</strong> Cloppenburg stellt mit 1417,93 Quadratkilometern einen Flächenlandkreis dar.<br />

Er besteht aus dem Nord- <strong>und</strong> dem Südkreis. Die einzelnen Gemeinden sind stark mit ihren<br />

Einwohnerzahlen <strong>und</strong> Zugewandertenzahlen von bis zu 20% unterschiedlich ausgeprägt. Die<br />

großen Entfernungen von bis zu 60 Kilometern <strong>und</strong> die schlechte Verbindung mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln bedeuten einen erheblichen Fahraufwand, um in die Beratungsstelle in<br />

Cloppenburg <strong>im</strong> Südkreis zu gelangen.<br />

Die Einrichtung einer Anlaufstelle in der Gemeinde Saterland <strong>und</strong> dort <strong>im</strong> Ortsteil Ramsloh<br />

<strong>im</strong> Nordkreis ist seit einigen Jahren überfällig <strong>und</strong> konnte durch dieses Projekt realisiert werden.<br />

Die Klientenzahlen unserer Beratungsstelle <strong>im</strong> Aussiedlerbereich erwiesen sich in den<br />

letzten Jahren stetig steigend <strong>und</strong> es war ein dramatischer Anstieg – gerade bei jungen Aussiedlern<br />

– zu verzeichnen.<br />

Auffällig waren die kurzen <strong>und</strong> heftigen Suchtverläufe mit einer nicht adäquaten Einschätzung<br />

der Behandlungs- <strong>und</strong> Heilungsmöglichkeiten innerhalb unseres Ges<strong>und</strong>heitssystems.<br />

3. <strong>Vernetzung</strong>saufbau <strong>und</strong> Projektverlauf<br />

01.09.2000: Projektbeginn;<br />

18.-23.09.00: Studienreise nach Kasachstan: u. a. Gespräch mit dem Leiter der AIDS-<br />

Beratung in Karaganda;<br />

151


Drogenprävention auf Kasachisch: fotografiert in Karaganda September 2000<br />

27.09.00: Vorstellung des Projektes bei den substituierenden Ärzten <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> Cloppenburg<br />

in der „Arbeitsgruppe Substitution“ des „Sozial-psychiatrischen Verb<strong>und</strong>es“ SPV;<br />

05.10.00: Projektvorstellung <strong>und</strong> Beitritt in die Lenkungsgruppe des Präventionsrates in der<br />

Gemeinde Saterland;<br />

11.10.00: Projektvorstellung <strong>im</strong> „Sozialpsychiatrischen Verb<strong>und</strong>“ des <strong>Landkreis</strong>es Cloppenburg;<br />

12.10.00: Projektvorstellung <strong>und</strong> Koordinationsgespräche mit der Caritas;<br />

13.10.00: Bezug von Büroräumen <strong>im</strong> Rathaus Ramsloh. Seitdem 2x wöchentlich Sprechzeiten<br />

in der Gemeinde Saterland;<br />

16.10.00: Vorstellung bei der Polizei in Ramsloh;<br />

18.10.00: Teilnahme an der Präventionsveranstaltung „Aqua Disco“ in Ramsloh, Infostand;<br />

19.10.00: Projektvorstellung <strong>im</strong> „Arbeitskreis Sucht“ <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> Cloppenburg;<br />

25.10.00: Projektvorstellung bei den Justizbehörden in Cloppenburg;<br />

01.11.00: Koordinationsgespräche mit dem Ges<strong>und</strong>heitsamt Cloppenburg;<br />

07.11.00: Projektvorstellung <strong>und</strong> Mitarbeit <strong>im</strong> „Arbeitskreis Aussiedlerarbeit“ DPWV Hannover;<br />

13.11.00: Mitwirkung an der Vereinsgründung des „Fördervereins Prävention Saterland“;<br />

14.11.00: Öffentlichkeitsarbeit: Interview mit dem Deutschlandfunk;<br />

17.11.00: Öffentlichkeitsarbeit: Projektvorstellung in der lokalen Presse. Treffen der Lenkungsgruppe<br />

des Präventionsrates Saterland;<br />

21.11.00: Teilnahme an der NLS Fachtagung “Sucht <strong>und</strong> Migration“;<br />

06.12.00: Projektvorstellung <strong>und</strong> Mitarbeit “Arbeitskreis Ausländerfragen“ DPWV Hannover;<br />

07.12.00: Einladung an alle uns bekannten Eltern von abhängigen Aussiedlern <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong><br />

Cloppenburg zum Elternabend;<br />

11.12.00: Vorstellung be<strong>im</strong> Schulleiter <strong>im</strong> Schulzentrum Ramsloh;<br />

12.12.00: NLS Fachtagung: „Therapie <strong>und</strong> Arbeit – Brücken ins Arbeitsleben für<br />

suchtkranke Menschen“;<br />

13.12.00: Vorstellung be<strong>im</strong> „Sozialen Briefkasten“ Friesoythe.<br />

4. Auswertung<br />

Die Methoden der aufsuchenden Sozialarbeit <strong>und</strong> Streetwork haben sich als besonders effektiv<br />

in der Arbeit mit Migranten erwiesen. Durch Streetwork an den typischen Begegnungsstätten,<br />

z. B. Grillunterstände, Schulhöfe, Sportzentren u. a. konnten vor allem jugendliche<br />

Aussiedler angesprochen <strong>und</strong> ein erster Kontakt hergestellt werden. Hier wurden von dem<br />

152


Mitarbeiter vor allem Beziehungspflege, Informations- <strong>und</strong> Aufklärungsarbeit sowie Prävention<br />

betrieben. Über diese Arbeit konnten die Einblicke <strong>und</strong> Erfahrungen mit den bereits bekannten<br />

Familien vertieft <strong>und</strong> genutzt werden. Nicht selten sind an diesen Orten, an denen<br />

sich jugendliche Migranten begegnen, die Geschwister (in der deutlichen Mehrzahl männlich)<br />

von bereits Abhängigen anzutreffen, die mit Anderen zusammen ihre ersten Erfahrungen mit<br />

Drogen machen.<br />

Durch unsere Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> durch “M<strong>und</strong>-zu-M<strong>und</strong>“ Propaganda sowie durch die<br />

Unterstützung anderer Einrichtungen <strong>und</strong> Behörden, wie Präventionsrat, Polizei, Ärzte, He<strong>im</strong>atverein,<br />

etc. ist der Projektmitarbeiter bereits in vielen Migrantenfamilien bekannt.<br />

Bei Hausbesuchen versammeln sich oft mehrere Familien, um sich beraten zu lassen, wenn<br />

bekannt wird, dass der Mitarbeiter der „DROBS“ kommt. Damit es nicht bei Einzelkontakten<br />

der Eltern bleibt, steht der Mitarbeiter zumindest in telefonischem Kontakt mit diesen Familien.<br />

An dieser Stelle setzen die weiteren Instrumentarien des CASE-Managements ein, um den<br />

weiteren Prozess zu begleiten. So konnten vereinzelt heranziehende Krisensituationen frühzeitig<br />

durch konkrete Planung <strong>und</strong> Umsetzung weitergehender Hilfen aufgefangen werden.<br />

Insbesondere durch:<br />

• Maßnahmen zum Erhalt des Wohnraumes,<br />

• Unterstützende Beratung zum Erhalt des Ausbildungsplatzes,<br />

• Beratung bei drohendem Verlust des Führerscheines,<br />

• Beratung <strong>und</strong> Begleitung bei anstehenden Gerichtsverfahren,<br />

• Begleitung zu Behörden.<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

110<br />

71<br />

Klientenübersicht 2000<br />

n = 273<br />

Klienten Angehörige<br />

CASE-Management beweist sich gerade in solchen Krisensituationen zunehmend als sehr<br />

förderlich.<br />

Je nach Vertrauensverhältnis zu den Familien kann bei Krisen in den Familienstrukturen konfliktschlichtend<br />

<strong>und</strong> vermittelnd gearbeitet werden. Bei abhängigen Migranten ist die Familie<br />

oft die wichtigste Ressource <strong>und</strong> muss gerade deshalb gestärkt <strong>und</strong> genutzt werden.<br />

57<br />

35<br />

153<br />

Aussiedler<br />

Hiergeborene


Zunehmend suchen Eltern aus dem gesamten <strong>Landkreis</strong> Cloppenburg, in der Mehrzahl Mütter,<br />

den Kontakt zum Projektmitarbeiter <strong>und</strong> bitten um Unterstützung bei der Bewältigung von<br />

bereits zu Krisen angewachsenen Schwierigkeiten mit ihren Kindern. Je nach Bedarf kann<br />

durch die Projektstelle spontan ein Hausbesuch vereinbart <strong>und</strong> durchgeführt werden. Auf<br />

diese Weise können oft auch andere Angehörige in die Beratung mit einbezogen werden.<br />

Eltern abhängiger Migranten treffen sich häufig <strong>im</strong> privaten Rahmen, um sich gegenseitig zu<br />

unterstützen. Um diesen Selbsthilfeansatz zu fördern, den Kreis zu erweitern <strong>und</strong> zu begleiten,<br />

wurde zu einem regelmäßig stattfindenden Elternkreis für Angehörige drogenabhängiger<br />

<strong>und</strong> gefährdeter Aussiedler eingeladen. Für diese Veranstaltung stellt der He<strong>im</strong>atverein der<br />

Deutschlandrussen die Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung.<br />

Im Rahmen des Projektes wurden in der Gemeinde Saterland Sprechzeiten eingerichtet, um<br />

so den Migranten den Zugang zu den Angeboten <strong>im</strong> weitflächigen <strong>Landkreis</strong> zu erleichtern.<br />

Dieses Angebot wurde sehr gut angenommen, sowohl von Betroffenen <strong>und</strong> Angehörigen, als<br />

auch von anderen Bürgern der Gemeinde (Geschäftsinhaber aus Siedlungsgebieten mit hohem<br />

Aussiedleranteil). Durch diese Präsenz konnte gezielt mit ansässigen Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Behörden (Polizei, Gemeinderat, Präventionsrat, Schulen) <strong>und</strong> sozialen Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Vereinen (Sportvereinen, He<strong>im</strong>atverein, Bildungseinrichtungen, Selbsthilfegruppen) zusammengearbeitet<br />

werden. Hilfen für Betroffene werden damit wesentlich besser aufeinander<br />

abgest<strong>im</strong>mt. Mit Fortlauf des Projektes wird diese Zusammenarbeit weiter ausgebaut.<br />

Durch die Anbindung des Projektes an die Drogenberatung Cloppenburg, konnten bereits<br />

bestehende Kontakte zu Einrichtungen <strong>und</strong> Betroffenen opt<strong>im</strong>al genutzt werden. So fanden<br />

Treffen mit Jugend-, Straf- <strong>und</strong> Haftrichtern des Amtgerichts Cloppenburg, mit dem Rauschgiftdezernat<br />

der Polizeiinspektion Cloppenburg, Bewährungshilfe, dem He<strong>im</strong>atverein der<br />

Deutschen aus Russland, dem Caritassozialwerk, dem Ges<strong>und</strong>heitsamt <strong>und</strong> Vertretern des<br />

<strong>Landkreis</strong>es u. a. statt, die dem Erfahrungsaustausch <strong>und</strong> der opt<strong>im</strong>alen Koordination der<br />

Hilfen dienten. Darüber hinaus fand ein Informations- <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch auf Mitarbeiterebene<br />

mit der Drogenberatung aus dem angrenzenden <strong>Landkreis</strong> über die Arbeit mit betroffenen<br />

Migranten statt. Diese Zusammenarbeit soll <strong>im</strong> Projektverlauf ausgebaut werden.<br />

Für die Zukunft ist geplant, weitere Kooperationspartner zu finden <strong>und</strong> in das Netzwerk einzubinden.<br />

Der Projektmitarbeiter konnte gerade bei Hausbesuchen ausführlich über die Selbsthilfe <strong>und</strong><br />

Behandlungsmöglichkeiten bei Drogenabhängigkeit informieren. Immer wieder werden an<br />

diesem Punkt Missverständnisse <strong>und</strong> Vorurteile gegenüber einzelnen Behandlungsmethoden<br />

ins rechte Licht gerückt <strong>und</strong> Verständnis <strong>und</strong> Motivation für die indizierte Behandlung<br />

gewonnen. Der Mitarbeiter berät, begleitet <strong>und</strong> initiiert weitere Schritte. So konnten vermehrt<br />

Klienten in Kooperation mit anderen Drogenberatungsstellen in Substitutionsprogramme <strong>und</strong><br />

in stationäre <strong>und</strong> teilstationäre Therapieeinrichtungen vermittelt <strong>und</strong> begleitet werden.<br />

Darüber hinaus ist es gelungen, eine gute Verb<strong>und</strong>arbeit mit dem Therapiezentrum Kayhauserfeld<br />

zu fördern. Das Therapiezentrum Kayhauserfeld hält einige Plätze für Aussiedler vor.<br />

Die Verb<strong>und</strong>arbeit trug zur besseren Koordinierung der Aufnahmen bei. Des Weiteren wurden<br />

Klienten zu Vorstellungsgesprächen in das Therapiezentrum begleitet <strong>und</strong> weitere Maßnahmen<br />

gemeinsam geplant.<br />

154


70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Klientenverteilung <strong>im</strong> Jahr 2000 (Verdeutlichung des Aussiedleranteiles)<br />

4. Forderungen<br />

Die Zahl der therapiewilligen drogenabhängigen Aussiedler wächst, je intensiver die Informations-<br />

<strong>und</strong> Motivationsarbeit geleistet wird. Auf der anderen Seite ergibt sich allerdings die<br />

Situation, dass kaum Therapieeinrichtungen zur Verfügung stehen, die ein Behandlungskonzept<br />

speziell für Migranten vorhalten. Besonders Migranten mit sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten<br />

werden vereinzelt von Therapieeinrichtungen zurückgewiesen. Neben<br />

der allgemeinen Wartezeit auf einen Therapieplatz gibt es so nur begrenzte Plätze für<br />

Migranten.<br />

An diesem Punkt müssen die Bemühungen vorangetrieben werden, um Plätze oder Einrichtungen<br />

zu schaffen, die über spezifische Kenntnisse der Herkunftsregion <strong>und</strong> der Sozialkultur<br />

verfügen, die den Erwerb von Sprachkenntnissen (z.B. durch Intensivsprachkurse) vorantreiben<br />

<strong>und</strong> deren Behandlungskonzept insgesamt einen integrativen Charakter haben. Auch<br />

sollten diese Angebote mehrsprachig sein. Für ein solches Angebot sind finanzielle Mittel<br />

notwendig, die über die von den Leistungsträgern aufgebrachten Tagessätze hinausgehen.<br />

Personell sollte verstärkt auf Ausbildung <strong>und</strong> Rekrutierung von Migranten geachtet werden,<br />

die auf der Basis ihrer sprachlichen Möglichkeiten <strong>und</strong> ihrer eigenen Sozialisation pr<strong>im</strong>ären<br />

Kontakt zu Migranten herstellen könnten. Dazu sind spezifische Weiterbildungen von Migranten<br />

entsprechender Gr<strong>und</strong>ausbildung notwendig. CASE-Management erweist sich als das<br />

am besten geeignete Vorgehen in der Arbeit mit Migranten, aber gleichzeitig auch als sehr<br />

zeitintensiv. Die Einrichtung neuer Stellen würde dazu beitragen, dass die Prozessbegleitung<br />

opt<strong>im</strong>iert wird.<br />

Für Fachkräfte <strong>im</strong> Themenbereich Migrationsarbeit müssen regelmäßige Fortbildungen mit<br />

migrationsrelevanten Themen Standard sein.<br />

Die tatsächliche Integration muss auf politischer Ebene mit entsprechenden Mitteln vorangetrieben<br />

werden. Eine tatsächliche Integration kann nicht nur auf formal-juristischer Ebene<br />

erfolgen, sondern auch auf der gesellschaftlich-kulturellen Ebene. Auch hier werden mit öffentlichen<br />

Mitteln entsprechende Programme eingerichtet werden müssen.<br />

5. Ausblick<br />

63<br />

42<br />

24<br />

41<br />

5<br />

n = 226<br />

Aussiedler Hiergeborene<br />

Das Angebot konnte innerhalb von 3 Monaten <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> weitestgehend etabliert werden.<br />

Die Vertreter aus Politik <strong>und</strong> Verwaltung sowie die Presse haben uns dabei loyal unterstützt.<br />

Der Problemstau prägte den Projektbeginn <strong>und</strong> die anfängliche personen- <strong>und</strong> familienzentrierte<br />

Vorgehensweise mit z.T. engagierter klassischer Sozialarbeit. Diese führten zu einem<br />

16<br />

0<br />

11 11<br />

13<br />

Stationäre Entgiftung<br />

Ambulante Entgiftung<br />

Therapievermittlung<br />

Kostenübernahme<br />

Substitution BUB<br />

155


intensiven Einblick in die sehr individuellen, von Suchtmittelbeschaffung <strong>und</strong> -konsum geprägten<br />

Lebensweisen. Die präventive Zielsetzung kann in den nächsten Schritten auf dem<br />

F<strong>und</strong>ament der „Vertraulichkeit“ <strong>und</strong> „Bürgernähe“ sicher opt<strong>im</strong>al umgesetzt werden. Als<br />

zweites B<strong>und</strong>esland hat Niedersachsen 2000 durch die Landesstelle Jugendschutz ein<br />

„Bündnis für Verantwortung – Weniger Alkohol, mehr Genuss“ gegründet. Die Ziele, auf<br />

die Gefahren des Alkohols hinzuweisen, andererseits aber auch, Alkohol nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zu diskreditieren <strong>und</strong> auch als Genussmittel anzusehen, soll auch für diese Zielgruppe umgesetzt<br />

werden (Plakataktion). Hierzu gibt die Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO) entsprechende<br />

Beschlussgr<strong>und</strong>lagen, welche in Kooperation mit dem I.O.G.T., Guttempler-<br />

Forderungskatalog umzusetzen sind. In vielen Gesprächskreisen sollen hier die Themen<br />

„Punktnüchternheit“ oder „Null-Promille <strong>im</strong> Straßenverkehr“ zum wichtigen Diskussionsthema<br />

werden. Die mitgegründeten Präventionsräte in Cloppenburg <strong>und</strong> Ramsloh bieten<br />

hierzu den operativen Rahmen.<br />

Um den präventiven Schwerpunkt dieses Projektes vertiefen zu können, hat der Träger weiterhin<br />

mit dem Landesdrogenbeauftragten ein drogen-spezifisches Streetwork-Projekt zur<br />

Aufstockung der Personalkapazität der Drogenberatungsstelle verhandelt. Es ist davon auszugehen,<br />

dass diesem Antrag Mitte 2001 entsprochen wird. Ohne die erwartete Unterstützung<br />

mit einer Landesförderung wäre die vom B<strong>und</strong>esverwaltungsamt-Projekt motivierte <strong>und</strong><br />

an die Drogenberatungsstelle vermittelte Zielgruppe nicht ausreichend personell ausgestattet.<br />

Im Jahr 2001 wird die Prozessbegleitung der Klienten vor dem Hintergr<strong>und</strong> des CASE-<br />

Management weiter opt<strong>im</strong>iert. Hierzu werden auch über die betriebsinterne DROBS weitere<br />

Netzwerkpartner gef<strong>und</strong>en werden <strong>und</strong> in das soziale Hilfssystem eingeb<strong>und</strong>en.<br />

Die Kooperation mit weiteren Drogenberatungsstellen auch aus anderen <strong>Landkreis</strong>en soll auf<br />

Mitarbeiterebene weiter ausgebaut werden.<br />

Des Weiteren soll die Arbeit mit den Eltern intensiviert werden; besonders soll dabei der<br />

Selbsthilfeansatz des Elternkreises weiter gefördert werden.<br />

Darüber hinaus soll <strong>im</strong> Rahmen der Verb<strong>und</strong>arbeit mit dem Projekt „Therapie in bäuerlichen<br />

Familienbetrieben“ (ehemals B<strong>und</strong>esmodell) versucht werden, <strong>im</strong> <strong>Landkreis</strong> Cloppenburg ein<br />

Behandlungsangebot zu installieren, welches durch ihren integrativen Ansatz gerade jungen<br />

drogenabhängigen Aussiedlern eine Ausstiegsalternative bieten kann. Gesprächspartner ist<br />

hier die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen.<br />

Langfristig sollten weitere migrantenspezifische therapeutische Hilfsangebote unter Einbeziehung<br />

der engen Familienstrukturen he<strong>im</strong>atnah eingerichtet werden.<br />

156


Adressverzeichnis<br />

Adressen auf europäischer Ebene<br />

European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction; (EMCDDA)<br />

Rua da Cruz de Santa Apolónia 23-25<br />

PT-1149-045 Lisboa<br />

Tel.: 0035/ 1 21 811 3000<br />

Fax: 0035/ 1 21 813 1711<br />

E-Mail: info@emcdda.org<br />

www.emcdda.org<br />

Arbeiterwohlfahrt (AWO)<br />

B<strong>und</strong>esverband e.V.<br />

Oppelner Str. 130<br />

53119 Bonn<br />

Tel.: 0228/ 6685-157<br />

Fax: 0228/ 6685209<br />

E-Mail: bos@awobu.awo.org<br />

www.awo.org<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Ges<strong>und</strong>heit<br />

Am Probsthof 78a<br />

53121 Bonn<br />

Tel.: 0228/ 941-0<br />

Fax: 0228/ 941-4937<br />

http://www.bmges<strong>und</strong>heit.de<br />

Adressen auf B<strong>und</strong>esebene<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung<br />

Ostmerhe<strong>im</strong>er Str. 220<br />

51109 Köln<br />

Tel.: 0221/ 8992-0<br />

Fax: 0221/ 8992300<br />

E-Mail: m.peters@bzga.de<br />

www.bzga.de<br />

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (DHS)<br />

Westring 2<br />

59065 Hamm<br />

Tel.: 02381/9015-0<br />

Fax: 02381/ 9015-30<br />

E-Mail: info@dhs.de<br />

www.dhs.de<br />

Deutscher Caritasverband e.V.<br />

Karlstr. 40<br />

79104 Freiburg<br />

Tel.: 0761/ 200-369<br />

Fax: 0761/ 200-350<br />

E-Mail: walterhr@caritas.de<br />

www.caritas.de<br />

157


Deutsches Rotes Kreuz e.V.<br />

Carstennstr. 58<br />

12205 Berlin<br />

Tel.: 030/ 85404-370<br />

Fax: 030/ 85404-486<br />

E-Mail: schmidb@drk.de<br />

www.rotkreuz.de<br />

Die Beauftragte der B<strong>und</strong>esregierung für Drogenfragen <strong>im</strong> BMG<br />

Mohrenstr. 62<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 030/ 20640-1450<br />

Fax: 030/ 20640-4960<br />

E-Mail: Michels@BMG.b<strong>und</strong>.de<br />

www.bmges<strong>und</strong>heit.de<br />

Baden-Württemberg<br />

Adressen auf Länder- <strong>und</strong> kommunaler Ebene<br />

Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Baden-Württemberg der Liga der Freien<br />

Wohlfahrtspflege<br />

Augustenstr. 63<br />

70178 Stuttgart<br />

Tel.: 0711/ 61967-31<br />

Fax.: 0711/ 61967-68<br />

E-Mail: info@lssuchtgefahrenbawue.de<br />

www.lssuchtgefahrenbawue.de<br />

Badischer Landesverband gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Renchtalstr. 14<br />

77871 Renchen<br />

E-Mail: heise.blv@t-online.de<br />

www.blv-suchthilfe.de<br />

Sozialministerium Baden-Württemberg<br />

Zentrale Koordinationsstelle für Suchtfragen<br />

Schellingstr. 15<br />

70174 Stuttgart<br />

Tel.: 0711/ 123-3810<br />

Fax: 0711/ 123-3997<br />

E-Mail: siefert@sm.bwl.de<br />

www.sm.bwl.de<br />

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Baden e.V.<br />

Roonstr. 28<br />

76137 Karlsruhe<br />

Tel.: 0721/ 8207-46<br />

Fax: 0721/ 8207-61<br />

E-Mail: j.unser-nad@awo-baden.de<br />

158


Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Württemberg e.V.<br />

Oberer Hoppenlauweg 26-28<br />

70002 Stuttgart<br />

Tel.: 0711/ 2290344<br />

Fax: 0711/ 2290352<br />

E-Mail: mersmann@awo-wuerttemberg.de<br />

www.awo-wuerttemberg.de<br />

Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V.<br />

Alois-Eckert-Str. 6<br />

79111 Freiburg<br />

Tel.: 0761/ 8974-0<br />

Fax: 0761/ 8974-390<br />

E-Mail: mueller.j@caritas-dicv-fr.de<br />

www.caritas-dicv-fr.de<br />

Caritasverband für die Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V.<br />

Strombergstr. 11<br />

70188 Stuttgart<br />

Tel.: 0711/ 2633-220<br />

Fax: 0711/ 2633-1177<br />

www.kirchen.de/drs/organisa/cvstgt.htm<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Baden-Württemberg e.V.<br />

Badstr. 41<br />

70372 Stuttgart<br />

Tel.: 0711/ 5505-0<br />

Fax: 0711/ 5505139<br />

Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e.V.<br />

Referat Sucht<br />

Vorholzstr. 3<br />

76137 Karlsruhe<br />

Tel.: 0721/ 9349-254<br />

Fax: 0721/ 9349-202<br />

E-Mail: daferner@diakonie-baden.de<br />

www.diakonie-baden.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Baden-Württemberg e.V.<br />

Haußmannstr. 6<br />

70188 Stuttgart<br />

Tel.: 0711/ 2155-126<br />

Fax: 0711/ 2155-215<br />

E-Mail: info@paritaet-bw.de<br />

www.paritaet-bw.de<br />

159


Bayern<br />

Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe<br />

Lessingstr. 3<br />

80336 München<br />

Tel.: 089/ 536515<br />

Fax: 089/ 5439203<br />

E-Mail: kbs-bayern-suchthilfe@t-online.de<br />

www.suchtberatung.net/KBS<br />

Bayerisches Staatsministerium für Ges<strong>und</strong>heit, Ernährung <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

Suchtbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung<br />

Schellingstr. 155<br />

80797 München<br />

Tel.: 089/2170-2832<br />

Fax: 089/ 2170-2392<br />

georg.walzel@stmgev.bayern.de<br />

www.stmgev.bayern.de<br />

Landeszentrale für Ges<strong>und</strong>heit in Bayern e.V.<br />

Landwehrstr. 60 62<br />

80336 München<br />

Tel.: 089/ 544073-0<br />

Fax: 089/ 544073-46<br />

E-Mail: LZG.Bayern@t-online.de<br />

www.lzg-bayern.de<br />

Bayerisches Zentrum für transkulturelle Medizin e.V.<br />

Sandstr. 41<br />

80335 München<br />

Tel.: 089/ 54290665<br />

Fax: 089/ 5326978<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Bayern e.V.<br />

Edelsbergstr. 10<br />

80868 München<br />

Tel.: 089/ 546754-127<br />

Fax: 089/ 546754-155<br />

E-Mail: giesela.thiel@bayern.awo.de<br />

www.bayern.awo.de<br />

Bayerisches Rotes Kreuz<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Volkartstr. 83<br />

80636 München<br />

Tel.: 089/ 9241-1451<br />

Fax: 089/ 9241-1202<br />

E-Mail: mueck@praesidium.brk.de<br />

www.brk.de<br />

160


Caritasverband<br />

Landesverband Bayern e.V.<br />

Lessingstr. 1<br />

80336 München<br />

Tel.: 089/ 544970<br />

Fax: 089/ 5328028<br />

E-Mail: franz.miehle@caritas-bayern.de<br />

www.caritas-bayern.de<br />

Diakonisches Werk Bayern e.V.<br />

Referat Suchtkrankenhilfe<br />

Pirckhe<strong>im</strong>erstr. 6<br />

90408 Nürnberg<br />

Tel.: 0911/ 9354-442<br />

Fax: 0911/ 9354-470<br />

E-Mail: suchthilfe@diakonie-bayern.de<br />

www.diakonie-bayern.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Bayern e.V.<br />

Düsseldorfer Str. 22<br />

80804 München<br />

Tel.: 089/ 30611-0<br />

Fax: 089/ 306111-110<br />

E-Mail: bayern@paritaet.org<br />

www.paritaet.org/bayern<br />

Berlin<br />

Landesstelle Berlin gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Gierkezeile 39<br />

10585 Berlin<br />

Tel.: 030/ 348009-20/ 23<br />

Fax: 030/ 348009-66<br />

E-Mail: buero@landesstelle-berlin.de<br />

www.landesstelle-berlin.de<br />

Senatsverwaltung für Schule, Jugend <strong>und</strong> Sport<br />

Die Landesdrogenbeauftragte<br />

Beuthestr. 6-8<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 030/ 9026-5529/ 5555<br />

Fax: 030/ 9026-5009<br />

E-Mail: elfriede.koller@sensjs.verwalt-berlin.de<br />

www.sensjs.berlin.de/drogen<br />

Büro für Suchtprophylaxe<br />

Senatsverwaltung für Schule, Jugend <strong>und</strong> Sport<br />

Beuthstr. 6-8<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 030/ 9026-5530<br />

Fax: 030/ 9026-5009<br />

E-Mail: christine.koehler-azara@sensjs.verwalt-berlin.de<br />

www.sensjs.berlin.de<br />

161


Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Berlin e.V.<br />

Hallesches Ufer 32-38<br />

10963 Berlin<br />

Tel.: 030/ 25389-217<br />

Fax: 030/ 2592286<br />

E-Mail: angelikarix@awoberlin.de<br />

www.awoberlin.de<br />

Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.<br />

Tübinger Str. 5<br />

10663 Berlin<br />

Tel.: 030/ 85784-0<br />

Fax: 030/ 85784-119<br />

E-Mail: r.keseberg-alt@caritas-bistum-berlin.de<br />

www.caritas-bistum-berlin.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Berlin e.V.<br />

Brandenburgische Str. 80<br />

10713 Berlin<br />

Tel.: 030/ 86001-0<br />

Fax: 030/ 86001-0<br />

E-Mail: berlin@paritaet.org<br />

www.paritaet.org/berlin<br />

Brandenburg<br />

Brandenburgische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Carl-von-Ossietzky-Str. 29<br />

14471 Potsdam<br />

Tel.: 0331/ 963750<br />

Fax: 0331/ 963765<br />

E-Mail: blsev@t-online.de<br />

www.blsev.de<br />

Zentralstelle für <strong>Suchtprävention</strong> Brandenburg (ZSB)<br />

in der Brandenburgischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Carl-von-Ossietzky-Str. 29<br />

14471 Potsdam<br />

Tel.: 0331/ 9513284<br />

Fax: 0331/ 9513293<br />

E-Mail: zsb-weber@t-online.de<br />

www.blsev.de<br />

Ministerium für Arbeit, Soziales, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Frauen des Landes Brandenburg<br />

Postfach 60 11 63<br />

14411 Potsdam<br />

Tel.: 0331/ 86655-0<br />

Fax: 0331/ 86656-99<br />

E-Mail: Ines.kluge@masgf.brandenburg.de<br />

www.brandenburg.de/land/masgf<br />

162


Arbeiterwohlfahrt<br />

Kreisverband Potsdam/ Mittelmark e.V.<br />

Referat Drogen/ Sucht<br />

Dr.-Albert-Schweitzer-Str. 9<br />

14557 Wilhelmshorst<br />

Tel.: 033205/ 54420<br />

Fax: 033205/ 54421<br />

E-Mail: awokvpm@t-online.de<br />

Caritasverband für Brandenburg e.V.<br />

Gürtelstr. 8<br />

13088 Berlin<br />

Tel.: 030/ 962539-0<br />

Fax: 030/ 962539-60/-61<br />

E-Mail: caritasverband-brb@t-online.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Brandenburg<br />

Friedrich-Ebert-Str. 67<br />

14469 Potsdam<br />

Tel.: 0331/ 2864-148<br />

Fax: 0331/ 293284<br />

Diakonie Berlin-Brandenburg e.V.<br />

Suchtgefährdetendienst-Geschäftsstelle<br />

Feldstr. 24<br />

03044 Cottbus<br />

Tel.: 0355/ 8777-601/ 602<br />

Fax: 0355/ 8777-603<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Brandenburg e.V.<br />

Templiner Str. 19<br />

14473 Potsdam<br />

Tel.: 0331/ 28497-0<br />

Fax: 0331/ 28497-30<br />

E-Mail: brandenburg@paritaet.org<br />

www.paritaet.org/brandenburg<br />

Bremen<br />

Bremische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (BreLs)<br />

c/o Caritasverband Bremen e.V.<br />

Kolpingstr. 3<br />

28195 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 33573-0<br />

Fax: 0421/ 3379444<br />

E-Mail: j.dieckman@caritas-bremen.de<br />

www.sucht.org/landesstelle-bremen.de<br />

163


<strong>Suchtprävention</strong> Bremen<br />

Langemarckstr. 113<br />

28199 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 361-8196<br />

Fax: 0421/ 361-8914<br />

E-Mail: rguenther@lis.bremen.de<br />

www.lis.bremen.de/wis/pd/suchtp/<br />

Senator für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />

Abteilung Ges<strong>und</strong>heit/ Referat für Psychiatrie, Suchtkrankenhilfe <strong>und</strong> Psychosoziale Hilfen<br />

Birkenstr. 34<br />

28195 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 361-10775/ -2378/ -2153<br />

Fax: 0421/ 361- 9321<br />

E-Mail: abartling@ges<strong>und</strong>heit.bremen.de<br />

www.bremen.de/info/ges<strong>und</strong>heit<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Bremen<br />

Auf den Häfen 30-32<br />

28203 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 7902-0<br />

Fax: 0421/ 7902-49<br />

E-Mail: b.werner@awo-bremen.de<br />

www.awo-bremen.de<br />

Caritasverband Bremen e.V.<br />

Kolpingstr. 3<br />

28195 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 335730<br />

Fax: 0421/ 3379444<br />

E-Mail: j.dieckmann@caritas-bremen.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Kreisverband Bremen e.V.<br />

Wachmannstr. 9<br />

28209 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 383540<br />

Diakonisches Werk Bremen e.V.<br />

Blumenthalstr. 10-11<br />

28209 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 34967-0<br />

Fax: 0421/ 345471<br />

E-Mail: diakonie.bremen@t-online.de<br />

www.diakonie-bremen.de/dhb/index.htm<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Bremen e.V.<br />

Eduard-Grunow-Str. 24<br />

28203 Bremen<br />

Tel.: 0421/ 79199-0<br />

Fax: 0421/ 79199-99<br />

E-Mail: info@paritaet-bremen.de<br />

www.paritaet-bremen.de<br />

164


Hamburg<br />

Büro für <strong>Suchtprävention</strong><br />

der Hamburgischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Brennerstr. 90<br />

20099 Hamburg<br />

Tel.: 040/ 2849918-0<br />

Fax: 040/ 2849918-19<br />

E-Mail: schroers@suchthh.de<br />

www.suchthh.de<br />

Behörde für Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales<br />

Referat Drogen <strong>und</strong> Sucht<br />

Tesdorpfstr. 8<br />

20148 Hamburg<br />

Tel.: 040/ 42848-2136<br />

Fax: 040/ 42848-2086<br />

E-Mail: christina.baumeister@bags.hamburg.de<br />

www.hamburg.de/Behoerden/BAGS/welcome.htm<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Hamburg e.V.<br />

Rothenbaumchaussee 44<br />

20148 Hamburg<br />

Tel.: 040/ 414023-0<br />

Fax: 040/ 414023-37<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Hamburg e.V.<br />

Behrmannplatz 3<br />

22529 Hamburg<br />

Tel.: 040/ 55420-0<br />

Fax: 040/ 581121<br />

www.world-online.de/drk-hamburg<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Hamburg e.V.<br />

Wandsbeker Chaussee 8<br />

22089 Hamburg<br />

Tel.: 040/ 41520-155<br />

Fax: 040/ 41520-190<br />

E-Mail: paritaet_hh_info@ibm.de<br />

www.paritaet.org/hamburg/<br />

Hessen<br />

Hessische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Auf der Körnerwiese 5<br />

60322 Frankfurt<br />

Tel.: 069/ 5969621<br />

Fax: 069/ 5969724<br />

E-Mail: hls@hls-ksh.de<br />

www.hls-ksh.de<br />

165


Koordinationsstelle <strong>Suchtprävention</strong> der Hessischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

e.V.<br />

Auf der Körnerwiese 5<br />

60322 Frankfurt<br />

Tel.: 069/ 95529123<br />

Fax: 069/ 5969724<br />

E-Mail: hls@hls-ksh.de<br />

www.hls-ksh.de<br />

Hessisches Sozialministerium<br />

Dostojewskistr. 4<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611/ 817-3653<br />

Fax: 0611/ 817-3651<br />

E-Mail: L.dicks@hsm.hessen.de<br />

www.hessen.de/hsm<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Bezirksverband Hessen-Süd e.V.<br />

Wormser Str. 19<br />

68623 Lamperthe<strong>im</strong><br />

Tel.: 06206/ 54800<br />

Fax: 06206/ 59620<br />

E-Mail: prisma-lamperthe<strong>im</strong>@t-online.de<br />

Caritasverband<br />

Katholische Arbeitsgemeinschaft gegen die Suchtgefahren für das Land Hessen<br />

Nibelungenstr. 109<br />

64625 Benshe<strong>im</strong><br />

Tel.: 06251/ 102-0<br />

Fax: 06251/ 102103<br />

E-Mail: m.buschmann@caritas-bergstrasse.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Hessen e.V.<br />

Abraham-Lincoln-Str. 7<br />

65189 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611/ 79090<br />

Fax: 0611/ 701099<br />

Diakonisches Werk Hessen <strong>und</strong> Nassau<br />

Referat Suchtkrankenhilfe<br />

Ederstr. 12<br />

60442 Frankfurt<br />

Tel.: 069/ 7947-257<br />

Fax: 069/ 7947-333<br />

E-Mail: manfredmickein@dwhn.de<br />

www.dwhn.de<br />

166


Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Hessen e.V.<br />

Auf der Körnerwiese 5<br />

60322 Frankfurt<br />

Tel.: 069/ 955262-0<br />

Fax: 069/ 551292<br />

E-Mail: hessen@paritaet.org<br />

www.paritaet.org/hessen/<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Landesstelle gegen die Suchtgefahren Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />

Voßstr. 15a<br />

19053 Schwerin<br />

Tel.: 03857 / 712953/ 7589196<br />

Fax: 0385/ 7589195<br />

E-Mail: info@lsmv.de<br />

www.lsmv.de<br />

Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung (LAKOST) Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Voßstr. 15a<br />

19053 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 7851560<br />

Fax: 0385/ 7589490<br />

E-Mail: siedelberg@lakost-mv.de<br />

www.lakost-mv.de<br />

Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />

Werderstr. 124<br />

19055 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 588-9311<br />

Fax: 0385/ 588-9035<br />

E-Mail: doese@sozial-mv.de<br />

www.mv-regierung.de<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />

Wismarsche Str. 183-185<br />

19053 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 76160-0<br />

Fax: 0385/ 76160-49<br />

E-Mail: awo-lv-mv@t-online.de<br />

www.awo-mv.de<br />

Caritas Mecklenburg e.V.<br />

Referat Soziale Dienste<br />

Mecklenburgstr. 38<br />

19053 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 59179-0<br />

Fax: 0385/ 59179-40<br />

E-Mail: hartmut-storrer@caritas-mecklenburg.de<br />

www.caritas-mecklenburg.de<br />

167


Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />

Wismarsche Str. 298<br />

19055 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 59147-0<br />

Fax: 0385/ 59147-98<br />

Diakonisches Werk der Ev.-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e.V.<br />

Referat Gefährdetenhilfe<br />

Ferdinand-Schultz-Str. 12<br />

19055 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 512551<br />

Fax: 0385/ 59360802<br />

E-Mail: hilfe@gefaehrdetenhilfe.diakonie-mecklenburg.de<br />

www.diakonie-mecklenburg.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />

Wismarsche Str. 298<br />

19055 Schwerin<br />

Tel.: 0385/ 59221-20<br />

Fax: 0385/ 59221-22<br />

E-Mail: info@paritaet-mv.de<br />

www.paritaet-mv.de<br />

Niedersachsen<br />

Niedersächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

Podbielskistr. 162<br />

30177 Hannover<br />

Tel.: 0511/ 626266-0<br />

Fax: 0511/ 626266-22<br />

E-Mail: info@nls-suchtgefahren.de<br />

www.nls-suchtgefahren.de<br />

Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit <strong>und</strong> Soziales<br />

Heinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 2<br />

30001 Hannover<br />

Tel.: 0511/ 120-4113/ -4112<br />

Fax: 0511/ 120-4295 /-994113<br />

E-Mail: lothar.r<strong>im</strong>pl@mfas.niedersachsen.de<br />

www.ninedersachsen.de/ms1.thm<br />

Ethnomedizinisches Zentrum e.V. Hannover<br />

Königstr. 6<br />

30175 Hannover<br />

Tel.: 0511/ 16841020<br />

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Braunschweig e.V.<br />

Peterskamp 21<br />

38108 Braunschweig<br />

Tel.: 0531/ 3908-182<br />

Fax: 0531/ 3908-108<br />

E-Mail: fersahoglu@awo-bs.de<br />

www.awo-bs.de<br />

168


Caritasverband für die Diözese Hildeshe<strong>im</strong> e.V.<br />

Mühlenstr. 24<br />

31143 Hildeshe<strong>im</strong><br />

Tel.: 05121/ 938-0<br />

Fax: 05121/ 938-119<br />

Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V.<br />

Johannisstr. 91<br />

49074 Osnabrück<br />

Tel.: 0541/ 3410<br />

Fax: 0541/ 34180/ 81<br />

E-Mail: c.toensing@caritas-os.de<br />

www.caritas-os.de<br />

Landescaritasverband für Oldenburg e.V.<br />

Oldenburger Str. 10<br />

49377 Vechta<br />

Tel.: 04441/ 87070<br />

Fax: 04441/ 870710<br />

E-Mail: hilgefort@lcvoldenburg.caritas.de<br />

www.lcvoldenburg.caritas.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Niedersachsen e.V.<br />

Erwinstr. 7<br />

30175 Hannover<br />

Tel.: 0511/ 28000-330<br />

Fax: 0511/ 28000-177<br />

Diakonisches Werk der Ev.-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig e.V.<br />

Klostergang 66<br />

38104 Braunschweig<br />

Tel.: 0531/ 3703-100<br />

Fax: 0531/ 3703-099<br />

E-Mail: soziales@diakonie-braunschweig.de<br />

www.diakonie-braunschweig.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Niedersachsen e.V.<br />

Fachbereich Sucht<br />

St.-Viti-Str. 22<br />

29525 Uelzen<br />

Tel.: 0581/ 9707-0<br />

Fax: 0581/ 9707-20<br />

www.paritaetischer.de<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Arbeitsausschuss Drogen <strong>und</strong> Sucht der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände<br />

der Freien Wohlfahrt in NW zugleich<br />

Landesstelle gegen die Suchtgefahren Nordrhein-Westfalen<br />

Friesenring 32-34<br />

48147 Münster<br />

Tel.: 0251/ 2709-250<br />

Fax: 0251/ 2709-398<br />

E-Mail: seiler@dw-westefalen.de<br />

169


Landeskoordinierungsstelle Suchtvorbeugung NRW<br />

GINKO<br />

Kaiserstr. 90<br />

45468 Mühlhe<strong>im</strong><br />

Tel.: 0208/ 30069-41<br />

Fax: 0208/ 30069-49<br />

E-Mail: j.hallmann@ginko-ev.de<br />

www.ginko-ev.de<br />

Ministerium für Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Landes NRW<br />

Fürstenwall 25<br />

40219 Düsseldorf<br />

Tel.: 0211/ 8553573<br />

Fax: 0211/ 8553577<br />

E-Mail: dirk.lesser@mfjfg.nrw.de<br />

www.mfjfg.nrw.de<br />

Ges<strong>und</strong>heitszentrum für MigrantInnen<br />

Marsilstein 6<br />

50676 Köln<br />

Tel.: 0221/ 95 15 42 31<br />

Fax: 0221/ 95 15 42 45<br />

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Mittelrhein e.V.<br />

Roonstr. 2a<br />

50765 Köln<br />

Tel.: 0221/ 57998-180<br />

Fax: 0221/ 57998-59<br />

E-Mail: referate.awo_mettelrhein@t-online.de<br />

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Niederrhein e.V.<br />

Lützowstr. 32<br />

45141 Essen<br />

Tel.: 0201/ 3105-0<br />

Fax: 0201/ 3105-253<br />

E-Mail: awo_bh_fritz_von_gehlen_haus@t-online.de<br />

www.awo-niederrhein.de<br />

Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V.<br />

Am Stadelhof 15<br />

33098 Paderborn<br />

Tel.: 05251/ 209-230<br />

Fax: 0521/ 209-202<br />

E-Mail: w.kersting@caritas-paderborn.de<br />

www.caritas-paderborn.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Nordrhein e.V.<br />

Auf´m Hennekamp 71<br />

40225 Düsseldorf<br />

Tel.: 0211/ 3104-167<br />

Fax: 0211/ 3104-188<br />

www.drk-nrw.de<br />

170


Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Westfalen-Lippe e.V.<br />

Sperlichstr. 25<br />

48151 Münster<br />

Tel.: 0251/ 97390<br />

Fax: 0251/ 7986106<br />

www.drk-nrw.de<br />

Diakonisches Werk<br />

Arbeitsgemeinschaft der Suchtkrankenhilfe in den Diakonischen Werken der Ev. Kirche<br />

von Westfalen <strong>und</strong> der Lippischen Landeskirche<br />

Friesenring 32-34<br />

48147 Münster<br />

Tel.: 0251/ 2709-250<br />

Fax: 0251/ 2709-398<br />

E-Mail: seiler@dw-westfalen.de<br />

www.diakonie-westfalen.de<br />

Diakonisches Werk der Ev. Kirche <strong>im</strong> Rheinland<br />

EFaS – Evangelischer Fachverband für Suchtkrankenhilfe <strong>im</strong> Diakonischen Werk Lenaustr.<br />

41<br />

40470 Düsseldorf<br />

Tel.: 0211/ 6398294<br />

Fax: 0211/ 6398299<br />

E-Mail: bschroeder@dw-rheinland.de<br />

www.diakonie-rheinland.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.<br />

Fachberatung Suchtfragen<br />

Hafenweg 6-8<br />

48155 Münster<br />

Tel.: 0251/ 6185-125<br />

Fax: 0251/ 6185-126<br />

E-Mail: michael.wedekind@paritaet-nrw.org<br />

www.paritaet-nrw.org<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Landesstelle Suchtkrankenhilfe Rheinland-Pfalz<br />

c/o Diakonisches Werk Pfalz<br />

Referat 2.2 Suchtkranken-, AIDS- <strong>und</strong> Gefährdetenhilfe<br />

Karmeliterstr. 20<br />

67322 Speyer<br />

Tel.: 06232/ 664-254<br />

Fax: 06232/ 664-130/ - 2422<br />

hoffmann@diakonie-pfalz.de<br />

www.diakonie-pfalz.de<br />

171


Büro für <strong>Suchtprävention</strong><br />

bei der Landeszentrale für Ges<strong>und</strong>heitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V.<br />

Karmeliterplatz 3<br />

55116 Mainz<br />

Tel.: 06131/ 2069-24<br />

Fax: 06131/ 2069-69<br />

E-Mail: infor@lzg-rlp.de<br />

www.lzg-rlp.de<br />

Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Bauhofstr. 9<br />

55116 Mainz<br />

Tel.: 06131/ 164655<br />

Fax: 06131/ 164159<br />

E-Mail: ingobrennberger@masfg.rlp.de<br />

www.masgf.rlp.de<br />

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Pfalz e.V.<br />

Max<strong>im</strong>ilianstr. 31<br />

67433 Neustadt<br />

Tel.: 06321/ 3923-14<br />

Fax: 06321/ 3923-39<br />

E-Mail: riedmaier@awo-pfalz.de<br />

Caritasverband für die Diözese Mainz e.V.<br />

Holzhofstr. 8<br />

55116 Mainz<br />

Tel.: 06131/ 2826-74<br />

Fax: 06131/ 2826-209<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Rheinland-Pfalz e.V.<br />

Mitternachtsgasse 4<br />

55116 Mainz<br />

Tel.: 06131/ 2828-0<br />

Fax: 06131/ 282898<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Rheinland-Pfalz/ Saarland e.V.<br />

Feldmannstr. 92<br />

66119 Saarbrücken<br />

Tel.: 0681/ 92660-0<br />

Fax: 0681/ 92660-40<br />

E-Mail: paritaet.rp@t-online.de<br />

www.paritaet-rheinland-pfalz-saarland.de<br />

Saarland<br />

Saarländische Landesstelle gegen die Suchtgefahren<br />

Rembrandtstr. 17-19<br />

66540 Neunkirchen<br />

Tel.: 06821/ 956-204<br />

Fax: 06821/ 956-205<br />

E-Mail: osa@dwsaar.de<br />

172


Ministerium für Frauen, Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales<br />

Franz-Josef-Röder-Str. 23<br />

66119 Saarbrücken<br />

Tel.: 0681/ 501-3233/ -3145<br />

Fax: 0681/ 501-3139<br />

E-Mail: b.blau@soziales.saarland.de<br />

www.soziales.saarland.de<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Saarland e.V.<br />

Hohenzollernstr. 45<br />

66117 Saarbrücken<br />

Tel.: 0681/ 58605-159<br />

Fax: 0681/ 58605- 177<br />

E-Mail: itrapp_marx@lvsaarland.awo.org<br />

www.lvsaarland.awo.org<br />

Caritasverband für Saarbrücken <strong>und</strong> Umgebung e.V.<br />

Kantstr. 14<br />

66111 Saarbrücken<br />

Tel.: 0681/ 39681<br />

Fax: 0681/ 375298<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Saarland<br />

Wilhelm-Heinrich-Str. 7-9<br />

66117 Saarbrücken<br />

Tel.: 0681/ 58006-0<br />

Fax: 0681/ 58006-90<br />

Diakonisches Werk an der Saar<br />

Rembrandtstr. 17-19<br />

66540 Neunkirchen<br />

Tel.: 06821/ 956-0<br />

Fax: 06821/ 956-2052709-398<br />

E-Mail: osa@dw-saar.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Rheinland-Pfalz/ Saarland e.V.<br />

Feldmannstr. 92<br />

66119 Saarbrücken<br />

Tel.: 0681/ 92660-0<br />

Fax: 0681/ 92660-40<br />

E-Mail: paritaet.rp@t-online.de<br />

www.paritaet-rheinland-pfalz-saarland.de<br />

Sachsen<br />

Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Schönbrunnstraße 5<br />

01097 Dresden<br />

Tel./ Fax: 03 51/ 8 04 55 06<br />

E-Mail: slsev@t-online.de<br />

www.slsev.de<br />

173


Sächsisches Staatsministerium für Soziales, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Familie<br />

Die Landesdrogenbeauftragte<br />

Albertstr. 10<br />

01097 Dresden<br />

Tel.: 0351/ 564-5670<br />

Fax: 0351/ 564-5788<br />

E-Mail: boettger@sms.sachsen.de<br />

www.sachsen.de<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Sachsen e.V.<br />

Puschkinplatz 1<br />

01127 Dresden<br />

Tel.: 0351/ 84704-0<br />

Fax: 0351/ 84704-528<br />

E-Mail: awosachsen@aol.com<br />

Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V.<br />

Magdeburger Str. 33<br />

01067 Dresden<br />

Tel.: 0351/ 498360<br />

Fax: 0351/ 4983793<br />

E-Mail: burgard@caritas-dicvdresden.de<br />

www.caritas-dicvdresden.de<br />

Caritasverband für das Bistum Magdeburg e.V.<br />

Langer Weg 65-66<br />

39112 Magdeburg<br />

Tel.: 0391/ 6053-0<br />

Fax: 0391/ 6053-100<br />

E-Mail: sieglinde.koppehel@caritas-magdeburg.de<br />

www.caritas-magdeburg.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Sachsen<br />

Goetheallee 22<br />

01309 Dresden<br />

Tel.: 0351/ 4678270<br />

Fax: 0351/ 30785<br />

Diakonisches Werk der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens e.V.<br />

Obere Bergstr. 1<br />

01445 Radebeul<br />

Tel.: 0351/ 8315-164<br />

Fax: 0351/ 8315-400<br />

E-Mail: sucht.straffaellige@diakonie-sachsen.de<br />

www.diakonie-sachsen.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Sachsen e.V.<br />

Liliengasse 19<br />

01067 Dresden<br />

Tel.: 0351/ 49166-092660-0<br />

Fax: 0351/ 49166-1192660-40<br />

E-Mail: udo.kiene@parisax.de<br />

www.parisax.de<br />

174


Sachsen-Anhalt<br />

Landesstelle gegen die Suchtgefahren <strong>im</strong> Land Sachsen-Anhalt<br />

39106 Magdeburg,<br />

Walter-Rathenau-Straße 38<br />

Tel.: 03 91/ 5 43 38 18<br />

Fax: 03 91/ 5 62 02 56<br />

E-Mail: LS-LSA@t-online.de<br />

URL: http://www.ls-suchtgefahren-lsa.de<br />

Koordinationsstelle für <strong>Suchtprävention</strong><br />

Walter-Rathenau-Str. 38<br />

39106 Magdeburg<br />

Tel.: 0391/ 5620255<br />

Fax: 0391/ 5620256<br />

E-Mail: ls-lsa@t-online.de<br />

www.ls-suchtgefahren-lsa.de<br />

Ministerium für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales<br />

Die Landesdrogenbeauftragte<br />

Turmschanzenstr. 25<br />

39114 Magdeburg<br />

Tel.: 0391/ 567-4036<br />

Fax: 0391/ 567-6962<br />

E-Mail: willer@ms.lsa-net.de<br />

www.ms.sachsen-anhalt.de<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.<br />

Klausener Str. 17<br />

39112 Magdeburg<br />

Tel.: 0391/ 6279-131<br />

Fax: 0391/ 6279-212<br />

E-Mail: m.hoeckmann@awo-lsa.de<br />

www.awo-lsa.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.<br />

Rudolf-Breitscheid-Str. 6<br />

06110 Halle<br />

Tel.: 0345/ 500820<br />

Fax: 0345/ 2023141<br />

www.rotkreuz.de/lvsachanh/<br />

Diakonisches Werk der Ev. Landeskirche Anhalts<br />

Johannisstr. 12<br />

06844 Dessau<br />

Tel.: 0340/ 25546-0<br />

Fax: 0340/ 25546-20<br />

E-Mail: info@diakonie-anhalt.de<br />

home.t-online.de/home/diakonie.anhalt/<br />

175


Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.<br />

Halberstädter Str. 168-172<br />

39112 Magdeburg<br />

Tel.: 0391/ 6293-333<br />

Fax: 0391/ 6293-555<br />

E-Mail: hschnelle@mdlv.paritaet.org<br />

www.paritaet-lsa.de<br />

Schleswig-Holstein<br />

Landesstelle gegen die Suchtgefahren für Schleswig-Holstein e.V.<br />

Schauenburgerstr. 36<br />

24105 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 564770<br />

Fax: 0431/ 564780<br />

E-Mail: mail@lssh.de<br />

www.lssh.de<br />

Forum <strong>Suchtprävention</strong><br />

in der Landesstelle gegen die Suchtgefahren für Schleswig-Holstein e.V.<br />

Schauenburgerstr. 36<br />

24105 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 564770 / 2606874<br />

Fax: 0431/ 564780<br />

E-Mail: mail@lssh.de<br />

www.lssh.de<br />

Ministerium für Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales<br />

Adolf-Westphal-Str. 4<br />

24143 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 988-5483<br />

Fax: 0431/ 988-5416<br />

www.schleswig-holstein.de/landsh/landesreg/min_arbeit<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Schleswig-Holstein e.V.<br />

Feldstr. 5<br />

24105 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 5114-137<br />

Fax: 0431/ 5114-108<br />

E-Mail: irmela.willmann@awo-sh.de<br />

www.awo-sh.de<br />

Caritasverband für Schleswig-Holstein e.V.<br />

Muhliusstr. 67<br />

24103 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 5902-20<br />

Fax: 0431/ 555521<br />

E-Mail: caritasverband.sh-schmitz@t-online.de<br />

176


Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Schleswig-Holstein e.V.<br />

Klaus-Groth-Platz 1<br />

24105 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 5707-133<br />

Fax: 0431/ 5705-218<br />

E-Mail: behinderte@drk-sh.de<br />

Diakonisches Werk Schleswig-Holstein<br />

Suchtkrankenhilfe<br />

Kanalufer 48<br />

24768 Rendsburg<br />

Tel.: 04331/ 593-186<br />

Fax: 04331/ 593-288<br />

E-Mail: suchtkrankenhilfe@diakonie-sh.de<br />

www.diakonie-sh.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Schleswig-Holstein e.V.<br />

Beselerallee 57<br />

24105 Kiel<br />

Tel.: 0431/ 5602-0<br />

Fax: 0431/ 5602-78<br />

E-Mail: landesverband@paritaet-sh.org<br />

www.paritaet-sh.org<br />

Thüringen<br />

Thüringer Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

Dubliner Straße 12<br />

99091 Erfurt,<br />

Tel.: 03 61/ 7 46 45 85<br />

Fax: 03 61/ 7 92 06 77<br />

E-Mail: tls.Geschäftsstelle@t-online.de<br />

Thüringer Koordinierungsstelle <strong>Suchtprävention</strong><br />

Dubliner Straße 12<br />

99091 Erfurt,<br />

Tel.: 03 61/ 7 46 45 62-64<br />

Fax: 03 61/ 7 92 06 40<br />

E-Mail: tks.thueringen@t-online.de<br />

www.tks-tkg.de<br />

Thüringer Ministerium für Soziales, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Referat 66<br />

Werner-Seelenbinder-Str. 6<br />

99096 Erfurt<br />

Tel.: 0361/ 3798660<br />

Fax: 0361/ 3798860<br />

E-Mail: FunkW@tmsfg.thueringen.de<br />

www.thueringen.de/politik/politik.thm<br />

Referat Ges<strong>und</strong>heitsförderung, Suchthilfe<br />

Tel.: 0361/ 3798681<br />

E-Mail: spangenberg@tmsfg.thueringen.de<br />

177


Arbeiterwohlfahrt<br />

Landesverband Thüringen e.V.<br />

Pfeiffersgasse 12<br />

99084 Erfurt<br />

Tel.: 0361/ 21031-0<br />

Fax: 0361/ 21031-149<br />

E-Mail: landesverband@awo-thueringen.de<br />

www.awo-thueringen.de<br />

Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V.<br />

Wilhelm-Külz-Str. 33<br />

99084 Erfurt<br />

Tel.: 0361/ 67290/ 4211925<br />

Fax: 0361/ 6729122<br />

E-Mail: s13-erfurt@caritas-bistum-erfurt.de<br />

www.caritas-bistum-erfurt.de<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Landesverband Thüringen e.V.<br />

Heinrich-Heine-Str. 3<br />

99096 Erfurt<br />

Tel.: 0361/ 3440-400<br />

Fax: 0361/ 3440-111<br />

www.rotkreuz.de/lvthue/welcome.html<br />

Diakonisches Werk der Ev.-Luth. Kirche in Thüringen e.V.<br />

Ernst-Thälmann-Str. 90<br />

99817 Eisenach<br />

Tel.: 03691/ 810-0<br />

Fax: 03691/ 810-102<br />

E-Mail: psychiatrie-sucht-nachsorge@diakonie-thueringen.de<br />

www.diakonie-thueringen.de<br />

Der PARITÄTISCHE<br />

Landesverband Thüringen e.V.<br />

Bergstr. 11<br />

99192 Neudietendorf<br />

Tel.: 036202/ 26-0<br />

Fax: 036202/ 26-234<br />

E-Mail: shenckell@paritaet-thueringen.de<br />

www.paritaet-thueringen.de<br />

Vorgestellte Projekte<br />

Caritasverband für die Stadt Köln<br />

Bartholomäus-Schink-Str. 6<br />

50825 Köln<br />

Tel.: 0221 / 95570 - 0<br />

Fax: 0221 / 95570 - 230<br />

www.caritasnet.de<br />

178


CJD Bodensee-Oberschwaben<br />

Heinrich-Heine-Str. 22<br />

88045 Friedrichshafen<br />

Tel.: 0 75 41 / 3 32 37 Fax: 3 31 03<br />

E-Mail: cjd.Friedrichshafen@microweb.de<br />

Projektbüro:<br />

Bleicherstraße 47<br />

88400 <strong>Biberach</strong><br />

Tel.: 0 73 51 / 197 160 Fax:7 52 98<br />

E-Mail:cjd.<strong>Biberach</strong>@microweb.de<br />

Condrobs e.V.<br />

Träger von 16 Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe in Oberbayern <strong>und</strong> Schwaben<br />

Franzstraße 5<br />

D-80802 München<br />

Tel: (+49) 089/ 38 40 82 0<br />

Fax: (+49) 089/ 38 40 82 30<br />

E-Mail: online@condrobs.de<br />

http://www.condrobs.de/<br />

Deutsches Rotes Kreuz Westfalen-Lippe gGmbH<br />

http://www.drk-wl-ggmbh.de/<br />

Diakonisches Werk Duisburg<br />

Friedenstr. 100<br />

47053 Duisburg<br />

Tel.: 0203/ 6005890<br />

Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.<br />

Georgstraße 7<br />

50676 Köln<br />

Telefon 0221 / 2010-0<br />

Telefax 0221 / 2010-100<br />

www.caritas-koeln.de<br />

Dönüs<br />

Drogentherapieeinrichtung für erwachsene männliche Drogenabhängige orientalischer<br />

Herkunft zwischen 18 <strong>und</strong> 40 Jahren, Nürnberg (Träger: mudra e.V.)<br />

Dönüs Therapieeinrichtung<br />

Birnthon 3 b<br />

90475 Nürnberg<br />

Telefon 09128.2030 oder 2050<br />

Telefax 09128.2059<br />

E-Mail info@doenues-drogentherapie.de<br />

http://www.doenues-drogentherapie.de/<br />

DROBS Cloppenburg<br />

Anonyme Drogenhilfeeinrichtung<br />

Eschstraße 31a<br />

49661 Cloppenburg<br />

Tel.: 0 44 71 / 46 86<br />

179


Drogenberatung Detmold<br />

Sofienstr. 65<br />

32756 Detmold<br />

Tel.: 05231/21035<br />

http://www.drogenberatung-detmold.de/<br />

Gefährdetenhilfe Bad Eilsen e.V.<br />

Arensburger Str. 9-9c<br />

31707 Bad Eilsen<br />

INDRO e.V.: Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit<br />

<strong>und</strong> rationaler Drogenpolitik e.V.<br />

Bremer Platz 18-20<br />

48155 Münster<br />

Germany<br />

Tel.: +49 (0)251- 6 01 23<br />

Fax: +49 (0)251 - 66 65 80<br />

E-Mail: INDROeV@t-online.de<br />

http://www.indro-online.de/<br />

Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bonn: alphabetisches Verzeichnis<br />

der Drogenberatungsstellen in der BRD<br />

Tel.: 0228/19240<br />

Fax: 0228/2873314<br />

E-Mail: gizbn@mailer.meb.uni-bonn.de<br />

http://www.meb.uni-bonn.de/giftzentrale/dhsidx.html<br />

Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)<br />

Projekt search<br />

<strong>Suchtprävention</strong> für Flüchtlinge <strong>und</strong> Asylbewerber<br />

Projekt SEARCH<br />

Warendorfer Str. 27<br />

48133 Münster<br />

Tel.: 02 51 / 5 91 - 54 94<br />

Fax: 02 51 / 5 91 - 54 99<br />

http://www.lwl.org/LWL/Ges<strong>und</strong>heit<br />

http://www.lwl.org/ks/drogen/modellprojekte/frmodellprojekte-search.html<br />

Projekt NOKTA Trägerverein ODAK e.V.<br />

Interkulturelle Sozialtherapieeinrichtung<br />

für Drogenabhängige MigrantInnen<br />

Teutonenstr.4<br />

14129 Berlin<br />

Tel : 030/ 8031 831<br />

Fax : 030/ 803 54 04<br />

Sozialdienst Katholischer Männer e. V.<br />

Fachbereich Drogenhilfe –<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungsstelle<br />

Große Telegraphenstr. 31<br />

50676 Köln<br />

Tel.: 0221 / 20 74 325<br />

180


Sozialdienst Katholischer Männer e. V.<br />

Fachbereich Drogenhilfe –<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungsstelle<br />

Viehtorstr. 20<br />

51103 Köln<br />

Tel: 0221/ 98 75 78 5<br />

Fax. 0221/ 98 75 78 7<br />

181


Publikationen des Landeszentrums für Zuwanderung NRW<br />

(Stand: Dezember 2002)<br />

Mehr als Sprachförderung – Eine Studie zur Integration von Neu-Zuwanderern in den Niederlanden.<br />

Erstellt <strong>im</strong> Auftrag des Landeszentrums für Zuwanderung NRW von Dipl.-Pol.<br />

Sigrun Scheve, Landelijk Bureau ter bestrijding van Rassendicr<strong>im</strong>inatie (LBR/NL), unter<br />

Mitarbeit von Eddie Nieuwenhuizen <strong>und</strong> Frits van Eck, März 2001(auch als pdf-Datei <strong>im</strong><br />

Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Wissenschaftliche Arbeiten zu Migration <strong>und</strong> Integration. Bestandsaufnahme der jüngsten<br />

Arbeiten in Nordrhein-Westfalen. 1998 (Vergriffen)<br />

Evaluation der von der Landesregierung geförderten Projekte von Migrantenselbstorganisationen,<br />

Düsseldorf 1999 (nur als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Neue Migration in Deutschland. Ein Literaturbericht. Erstellt <strong>im</strong> Auftrag des LzZ durch Ingrid<br />

Schumacher, Juli 2000 (nur als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Kompetenzen für die Zuwanderungsgesellschaft. Weiterbildungsangebote zur interkulturellen<br />

Qualifizierung von Multiplikatorinnen <strong>und</strong> Multiplikatoren.<br />

April 1999 (Vergriffen. Auf der LzZ-Website unter Weiterbildung zu finden)<br />

Das LzZ - Landeszentrum für Zuwanderung NRW - Selbstdarstellungsbroschüre<br />

(Herausgegeben in Deutsch, 2. Auflage, Juni 2002 <strong>und</strong> Englisch, November 2000)<br />

50 Jahre B<strong>und</strong>esrepublik – 50 Jahre Einwanderung. Nachkriegsgeschichte als Migrationsgeschichte<br />

(Campus-Verlag, 1999)<br />

Bezugspreis: 32 Euro zuzüglich Versandkosten (2,50 Euro)<br />

Zweisprachigkeit <strong>und</strong> Schulerfolg. Die Wirksamkeit von schulischen Modellen zur Förderung<br />

von Kindern aus zugewanderten Sprachminderheiten: Ergebnisse der<br />

(Schul)Forschung. Erstellt <strong>im</strong> Auftrag des Landesinstituts für Schule <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Soest, Dr. Gesa Siebert-Ott, 1999 (nur als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Antirassismusarbeit vor Ort – Impulse. Mit CD-ROM.<br />

Erstellt in Kooperation mit dem Anti-Rassismus Informations-Centrum (ARIC) NRW.<br />

Mai 2002 (auch als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Politische Bildung in der Einwanderungsgesellschaft. Expertise 1/2002<br />

Erstellt <strong>im</strong> Auftrag des Landeszentrums für Zuwanderung NRW von Dr. Heidi Behrens <strong>und</strong><br />

Dipl.-Päd. Alexandra Paufler, Mai 2002 (Vergriffen, kann wegen Haushaltssperre erst <strong>im</strong><br />

Jahr 2003 nachgedruckt werden.)<br />

Förderung der Chancengleichheit ethnischer Minderheiten <strong>im</strong> öffentlichen Dienst. Expertise<br />

2/2002. Erstellt <strong>im</strong> Auftrag des LzZ von Hella von Oppen, August 2002 (auch als pdf-<br />

Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

182


Adressverzeichnisse<br />

Migration in NRW. Adressen aus Wissenschaft <strong>und</strong> Politik. Band 1<br />

Januar 1999 (Vergriffen)<br />

Migration in NRW. Adressen – Selbstorganisationen von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten,<br />

1. Auflage , August 2001<br />

Wider Rassismus <strong>und</strong> Diskr<strong>im</strong>inierung – Institutionen <strong>und</strong> Initiativen der Antidiskr<strong>im</strong>inierungsarbeit<br />

in NRW, Oktober 1999 (Vergriffen)<br />

Netzwerk Interkulturelle Erziehung <strong>im</strong> Elementarbereich – Was läuft wo mit wem?<br />

Dezember 2000 (Vergriffen)<br />

Bibliographien<br />

Forschungsbibliographie „Migration <strong>und</strong> ethnische Minderheiten“, gemeinsam herausgegeben<br />

mit dem InformationsZentrum Sozialwissenschaften, 1999.<br />

Bisher erschienen: Bände 1999/1, 1999/2 (Vergriffen), 2000/1(Vergriffen), 2000/2,<br />

2001/1, 2001/2 (Vergriffen), 2002/1, 2002/2.<br />

Bezugspreis: 32 Euro <strong>im</strong> Jahresabonnement zuzüglich Versandkosten (2,50 Euro)<br />

Einwanderung <strong>im</strong> Spiegel der Sozialwissenschaftlichen Forschung, 1996-2000. Buch plus<br />

CD-ROM, gemeinsam herausgegeben mit dem InformationsZentrum Sozialwissenschaften,<br />

Leske + Budrich 2000. Bezugspreis 25 Euro zuzüglich Versandkosten (2,50 Euro)<br />

Tagungsberichte<br />

Dokumentation der Fachtagung „Rassismus <strong>und</strong> Antirassismus <strong>im</strong> europäischen Vergleich<br />

– Bestandsaufnahme <strong>und</strong> Bewältigungsstrategien“ am 28.05.1998, mit Beiträgen von Detlev<br />

Claussen, Didier Lapeyronnie, Carmelita Serkei, Sukhdev Sharma u.a. (Originaltexte<br />

als pdf-Datei unter www.lzz-nrw.de/docs/fachtagung.html)<br />

Dokumentation der Fachtagung „Antidiskr<strong>im</strong>inierungsarbeit in der Kommune. Zur Überwindung<br />

von Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>und</strong> Ausgrenzung“ am 28.-30. Mai 1999 in Bonn<br />

(auch als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Dokumentation des Praxisforums „Interkulturelle Öffnung der Jugendhilfe“ am 15. Juni<br />

2000, Februar 2001<br />

WERKSTATT WEITERBILDUNG: Interkulturelle Öffnung sozialer Dienste. Dokumentation der<br />

Werkstatt Weiterbildung 1999 am 23./24. September 1999 (Vergriffen, aber als pdf-Datei<br />

<strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Dokumentation des Praxisforums „Elementarerziehung in der Einwanderungsgesellschaft:<br />

Interkulturelle Kompetenz als Qualitätsmerkmal in der Ausbildung <strong>und</strong> Praxis der Erzieherinnen<br />

<strong>und</strong> Erzieher“ am 24. Oktober 2000, März 2001<br />

183


Dokumentation des Wissenschaftsforums „Migration, Mehrsprachigkeit <strong>und</strong> wissenschaftliche<br />

Ausbildung“ am 26.11.1999 in Solingen, April 2000 (Vergriffen, aber als pdf-Datei<br />

<strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Dokumentation des Forums „Migrations- <strong>und</strong> Integrationsforschung 2000: Praxisforschung<br />

<strong>im</strong> sozialräumlichen Kontext“ am 8. November 2000, September 2001(Vergriffen, aber als<br />

pdf-Version <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Dokumentation des Praxisforums „Russische Juden in Nordrhein-Westfalen: Zum Stand<br />

ihrer beruflichen <strong>und</strong> sozialen Integration“ am 19. Oktober 2000 (nur als pdf-Datei <strong>im</strong><br />

Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Interkulturelle <strong>und</strong> antirassistische Trainings – aber wie? Konzepte, Qualitätskriterien <strong>und</strong><br />

Evaluationsmöglichkeiten. Dokumentation der Tagung des Landeszentrums für Zuwanderung<br />

NRW in Kooperation mit IDA e.V., dem Werkstatt Bildungswerk Essen <strong>und</strong> der Bergischen<br />

Universität (GH) Wuppertal, 18./19. Januar 2001, September 2001 (auch als pdf-<br />

Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Interkulturelle <strong>und</strong> antirassistische Trainings auf dem Prüfstand. Evaluationskonzepte <strong>und</strong><br />

Ergebnisse. Dokumentation 3/2002 der Tagung des Landeszentrums für Zuwanderung<br />

NRW am 31. Januar 2002, Oktober 2002 (nur als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzznrw.de)<br />

Evaluations- <strong>und</strong> Projektberichte<br />

Die Beratungspraxis in sozialen Einrichtungen bei Diskr<strong>im</strong>inierungstatbeständen -<br />

Ergebnisse einer Befragung von Einrichtungen <strong>und</strong> Verbänden der Sozialberatung.<br />

Juni 2000 (nur als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Netzwerk Interkulturelle Erziehung <strong>im</strong> Elementarbereich: Erster Zwischenbericht von Oktober<br />

2000, März 2001<br />

Antidiskr<strong>im</strong>inierungsarbeit in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der Evaluation der mit Landesmitteln<br />

geförderten Antidiskr<strong>im</strong>inierungsprojekte.<br />

Juni 2001 (auch als pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de)<br />

Ratgeber<br />

Rechtsratgeber für ausländische Frauen.<br />

(Herausgegeben in Deutsch, Türkisch, Englisch, Französisch – vergriffen. Deutsch auch als<br />

pdf-Datei <strong>im</strong> Internet unter www.lzz-nrw.de) April 2001<br />

Weitere Hinweise auf wissenschaftliche Expertisen, Publikationen des LzZ sowie Veröffentlichungen<br />

von Mitarbeitern des LzZ finden Sie auf unserer Website: www.lzz-nrw.de.<br />

184


Endnoten<br />

1 Vgl. hierzu: Boos-Nünning, Ursula: Die Sozialisation von Jugendlichen ausländischer Herkunft.<br />

Bedingungen für die Förderung oder Verhinderung von Drogenabhängigkeit. In: Deutsche<br />

Hauptsstelle gegen die Suchtgefahren (Hrsg.): Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft.<br />

Freiburg <strong>im</strong> Breisgau 1998. S. 11-32, hier S. 13ff.<br />

2 Die Drogenbeauftragte der B<strong>und</strong>esregierung (Hrsg.): Drogen- <strong>und</strong> Suchtbericht 2001. Ber-<br />

lin 2001.<br />

3 Ministerium für Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

(Hrsg.): Landesprogramm gegen Sucht. Eine Gemeinschaftsinitiative. Düsseldorf 1999. Besonders<br />

S. 25ff., 96ff.<br />

4 Der Projektbericht ist be<strong>im</strong> Diakonischen Werk Duisburg, Bonhoefferstr. 6, 47138 Duisburg,<br />

Tel. 0203/42905-0 oder 0203/350019, Email: e.kohl@dialup.nacamar.de erhältlich.<br />

5 Pr<strong>im</strong>ärprävention wird in unserem Projekt als Maßnahme verstanden, die den Jugendlichen<br />

hilft, ihre vorhandenen Fähigkeiten <strong>und</strong> Ressourcen zu entdecken <strong>und</strong> diese auszubauen um<br />

daraufhin ein stärkeres Selbstvertrauen <strong>und</strong> -bewusstsein zu erlangen. Denn durch eine positive<br />

Lebenseinstellung <strong>und</strong> durch ein stärkeres Selbstwertgefühl kann eine Sucht erst gar<br />

nicht entstehen. Im Gegensatz zur Sek<strong>und</strong>ärprävention wird die Pr<strong>im</strong>ärprävention so früh wie<br />

möglich eingesetzt, am besten schon <strong>im</strong> Kindesalter.<br />

6 Sek<strong>und</strong>ärprävention verstehen wir als Projektmaßnahme für die Jugendlichen, die bereits<br />

Drogen, hier vor allem Alkohol konsumieren. Wichtig ist, dem suchtgefährdeten Jugendlichen<br />

klar zu machen, wie leicht eine Gewohnheit in süchtiges Verhalten umschlagen kann, vor<br />

allem wenn die Droge zum Verdrängen von Problemen <strong>und</strong> Konflikten oder als Flucht aus<br />

der Realität konsumiert wird. Es geht also bei uns nicht darum, Drogen zu verteufeln oder zu<br />

verbieten, sondern einen kritischen Umgang zu erlernen. (Gleichzeitig werden den Jugendlichen<br />

mit erlebnispädagogischen Maßnahmen Alternativen zu Drogen aufgezeigt: Mit guten<br />

sportlichen Leistungen kann ich besser meine Stärke zeigen <strong>und</strong> den Mädchen <strong>im</strong>ponieren,<br />

als mit exzessivem Alkoholkonsum.)<br />

7 Unter einhe<strong>im</strong>ischen Deutschen oder deutschen einhe<strong>im</strong>ischen Jugendlichen verstehen wir<br />

die Deutschen, die deutsche Vorfahren haben, hier geboren sind <strong>und</strong> sich mit der deutschen<br />

Kultur identifizieren können. Wir benötigten einen Begriff, um die unterschiedlichen kulturellen<br />

Identitäten, Bedürfnisse <strong>und</strong> Verhaltensweisen zwischen SpätaussiedlerInnen, MigrantInnen<br />

<strong>und</strong> den Deutschen, die deutsche Vorfahren haben, hier geboren sind <strong>und</strong> sich mit<br />

der deutschen Kultur identifizieren, deutlich zu machen, ohne diskr<strong>im</strong>inieren zu wollen.<br />

8 Seit Anfang 2001 führen wir nur noch ein Info-Cafe, da uns durch den Wegfall eines Übergangswohnhe<strong>im</strong>s<br />

<strong>im</strong> Duisburger Süden die geeigneten Räumlichkeiten fehlen. Die Jugendlichen<br />

aus dem Duisburger Süden kommen ab <strong>und</strong> zu ins nördliche Info-Cafe <strong>und</strong> nehmen bei<br />

Erlebnissportwochenenden teil.<br />

9 Aufgr<strong>und</strong> der gegebenen Räumlichkeiten in der Kirchengemeinde ist unsere Definition der<br />

Niedrigschwelligkeit eher weit gefasst. Für uns besteht die Niedrigschwelligkeit des Info-<br />

Cafes darin, dass die Jugendlichen das Gefühl bekommen, dass das Info-Cafe ein Stück<br />

„He<strong>im</strong>at“ für sie ist, wo sie ihre Kultur ausleben können. Ebenso ist das Info-Cafe offen für<br />

alle Jugendlichen ab 12 Jahren.<br />

10 Das in tabellarischer Form verfasste Dokumentationssystem ist ebenfalls unter oben ge-<br />

nannter Adresse erhältlich.<br />

185


11 Zum Zeitpunkt der Abfassung des Referats sprachen wir noch von "RSA". Der internationale<br />

Sprachgebrauch hat sich allerdings gewandelt: Heute heißt die Methode "RAR" (Rapid<br />

Situation Assessment and Response), womit die Praxisbegleitung <strong>im</strong> Prozess stärker betont<br />

wird als in dem "RSA", das häufig als "einmalige Momentaufnahme" missverstanden wurde.<br />

12 The Rapid Assessment and Response guide on psychoactive substance use and especially<br />

vulnerable young people, WHO 1998, S. 15 (EVYP-RAR), WHO 1998, S. 15, Übersetzung<br />

R.L.<br />

13 Als „Professionelle“ bezeichnen wir keineswegs nur solche aus dem Bereich der Suchtkrankenhilfe,<br />

sondern letztlich alle, die aufgr<strong>und</strong> ihrer (bezahlten) Tätigkeit Eindrücke, Beobachtungen<br />

<strong>und</strong> Erfahrungen beisteuern können.<br />

14 Im Folgenden berichte ich über einige Länderergebnisse. Sie sind keineswegs vollständig<br />

<strong>und</strong> sollen lediglich illustrieren, wie die Methode arbeitet. Die Darstellungssystematik bezog<br />

sich auf die Illustration der <strong>im</strong> Vortrag gezeigten Folien <strong>und</strong> ist daher uneinheitlich.<br />

15 Zum Zeitpunkt des Vortrages waren die Präventionsmaßnahmen gerade erst <strong>im</strong> status<br />

nascendi. Dies hat sich zwischenzeitlich natürlich gewandelt. Eine ausführliche Dokumentation<br />

wird <strong>im</strong> Internet zu finden sein unter www.lwl.org, hier wiederum dem Link zur KsDF folgen<br />

(Ges<strong>und</strong>heitsabteilung).<br />

16 Die Rolle der Familie ist z. B. bei Menschen aus dem islamischen Bereich anders definiert<br />

als bei uns (Rolle des Vaters, Begriffe wie Ehre, innerfamiliäre Probleme dürfen nicht „nach<br />

außen“, andere zentrale Begriffe sind Autorität, Respekt, Scham, etc.<br />

17 In dieses Referat sind viele Ideen <strong>und</strong> Überlegungen eingegangen, die gemeinsam mit<br />

Frau Prof. Dr. Irmgard Vogt, FH Frankfurt, erarbeitet <strong>und</strong> diskutiert wurden.<br />

18 Akzeptanzorientierte Drogenhilfe basiert auf völlig anderen Prämissen als die traditionelle,<br />

rein abstinenzorientierte Drogenhilfe. Das abstrakte Heilungsideal <strong>und</strong> Clean-Postulat des<br />

Abstinenzparadigmas, Therapiemotivationsarbeit, Leidensdrucktheorie, Klientelisierung (Unterstellung<br />

von genereller Behandlungsbedürftigkeit), Defizittheorie (Drogengebraucher als<br />

krankes Störungsbündel) <strong>und</strong> der so genannte „helfende Zwang", die bis Mitte der achtziger<br />

Jahre das Erscheinungsbild von Drogenpolitik <strong>und</strong> Drogenarbeit prägten, gehören nicht zu<br />

den konzeptionellen Gr<strong>und</strong>lagen einer akzeptanzorientierten Drogenarbeit. Gr<strong>und</strong>lage akzeptanzorientierter<br />

Drogenarbeit ist, dass Drogengebraucher als mündige, zur Selbstverantwortung<br />

<strong>und</strong> Selbstbest<strong>im</strong>mung fähige Menschen angesehen werden (Recht auf menschenwürdige<br />

Behandlung). Eine derartig zielgruppenorientierte Arbeit basiert auf Freiwilligkeit <strong>und</strong><br />

ist nicht bevorm<strong>und</strong>end ausgerichtet. Drogengebraucher werden so akzeptiert, wie sie sind.<br />

Der leider inflationär verwandte Begriff Niedrigschwelligkeit bedeutet demgegenüber, dass<br />

möglichst wenig Hemmschwellen Drogengebraucher von der Benutzung von Hilfsangeboten<br />

abschrecken bzw. ausschließen sollen. Insofern ist Niedrigschwelligkeit nur ein methodischer<br />

Ansatz, der nicht notwendigerweise eine Abkehr vom Abstinenzparadigma beinhaltet. Auf<br />

feste Terminvereinbarungen, Cleanstatus <strong>und</strong> der demonstrativen Darstellung einer Abstinenzmotivation<br />

als Voraussetzung für Inanspruchnahme von Angeboten <strong>und</strong> Hilfestellungen<br />

wird verzichtet. Die Arbeit in den offenen Arbeitsbereichen kann insofern auch als anforderungsarm<br />

bezeichnet werden. In der Praxis hat sich inzwischen gezeigt, dass die Angebote<br />

akzeptanzorientierter Drogenarbeit (Kontaktläden, Substitution, Safer-Use-Vermittlungen,<br />

szenenahe, ärztliche Akutversorgung, Spritzentauschprogramme, Streetwork, Übernachtungsmöglichkeiten<br />

u.a.) es erreicht haben, auch diejenigen Drogengebraucher einzubeziehen,<br />

die vom traditionellen, ausschließlich abstinenzorientierten Drogenhilfeverb<strong>und</strong>system<br />

nicht erreicht werden konnten. (von Dr. Wolfgang Schneider. s. dazu auch: http://www.indro-<br />

186


online.de/wolfgang.htm <strong>und</strong> Schneider, W. (Hg.): Brennpunkte akzeptanzorientierter Drogenarbeit.<br />

VWB. Berlin 1997, 7-14.)<br />

19 Standort: Bremer Platz 18-20, D-48155 Münster, Tel. +49 (0)251 60123, Fax: +49 (0)251<br />

666580, E-Mail: INDROeV@t-online.de. Öffnungszeiten des Kontaktcafés: Montag bis Mittwoch<br />

13 bis 17 Uhr, donnerstags 11 bis 17 Uhr <strong>und</strong> freitags 13 bis 16.00 Uhr. Die<br />

Drogentherapeutische Ambulanz (DTA) ist montags bis donnerstags von 10 bis 17 Uhr <strong>und</strong><br />

freitags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. An Wochenenden <strong>und</strong> Feiertagen ist die Einrichtung geschlossen.<br />

20 BtMG = Betäubungsmittelgesetz.<br />

187

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