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Patrick Brunhart<br />
Liechtensteinisches Steuerrecht: die befristete<br />
Selbstanzeige<br />
In Liechtenstein besteht seit dem 1. Januar 2011 die Möglichkeit einer befristeten<br />
Selbstanzeige im Steuerrecht. In Deutschland wird sehr emotional über die «Nebenwirkungen»<br />
einer Selbstanzeige diskutiert. Wie sehen die «Nebenwirkungen»<br />
in Liechtenstein aus?<br />
as neue Steuergesetz sieht eine be-<br />
D<br />
günstigte und befristete Selbstanzeige<br />
vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011<br />
(Art. 156 SteG) vor. Wer innerhalb dieser<br />
Frist anzeigt, dass er eine strafbare Handlung<br />
gemäss den Bestimmungen des<br />
alten bzw. neuen Steuergesetzes begangen<br />
hat, zum Beispiel dass er in der Vergangenheit<br />
zu wenig Vermögen, Erwerb,<br />
Ertrag deklariert habe, hat lediglich die<br />
Nachsteuer zu entrichten. Die Nachsteuer<br />
wird höchstens für die vergangenen fünf<br />
Jahre, das heisst maximal für die Zeitperiode<br />
ab dem 1. Januar 2006, erhoben. Der<br />
Steuerpflichtige hat jedoch weder einen<br />
Verzugszins noch einen Zuschlag zu entrichten.<br />
Er wird auch nicht wegen Verletzung<br />
von Strafbestimmungen des alten<br />
bzw. neuen Steuergesetzes bestraft.<br />
Eine Selbstanzeige liegt vor, wenn eine<br />
steuerpflichtige natürliche oder juristische<br />
Person der Steuerbehörde aus eigenem<br />
Antrieb meldet, dass eine frühere Veranlagung<br />
zu tief ausgefallen ist, weil die Steuererklärung<br />
nicht korrekt ausgefüllt wurde.<br />
Das kommentarlose Aufführen bisher<br />
nicht deklarierter Vermögenswerte oder<br />
Erwerbseinkünfte in der Steuererklärung<br />
stellt keine wirksame Selbstanzeige dar.<br />
Die besonderen Bedingungen der befristeten<br />
Selbstanzeige können jedoch nur Anwendung<br />
finden, wenn<br />
· die strafbare Handlung den Steuerbehörden<br />
im Moment der Mitteilung durch<br />
die steuerpflichtige Person noch nicht<br />
bekannt ist.<br />
· die steuerpflichtige Person die Steuerbehörden<br />
bei der Feststellung der bisher<br />
nicht deklarierten Werte vorbehaltlos<br />
und aktiv unterstützt.<br />
Eine wirksame Selbstanzeige gem. Art.<br />
156 SteG muss schriftlich erfolgen. Die<br />
Steuerverwaltung hat dazu sowohl ein<br />
Merkblatt als auch ein entsprechendes<br />
Formular (bisher lediglich für natürliche<br />
Personen) erarbeitet und stellt diese zur<br />
Verfügung. Es empfiehlt sich, das Formular<br />
auch zu verwenden. Die Steuerpflichtigen<br />
haben bei einer Selbstanzeige keine<br />
Steuererklärungen einzureichen, sie haben<br />
lediglich mitzuteilen (allenfalls unter Beibringung<br />
von Unterlagen), für welches<br />
Jahr sie welchen Betrag (z. B. welchen<br />
Vermögens- oder Erwerbsbetrag) zu<br />
wenig deklariert haben.<br />
Sinn und Zweck dieser Selbstanzeige ist<br />
es, die unvollständigen Deklarationen nach<br />
geltendem Recht und somit die «Altlasten»<br />
zu bereinigen. Ab dem 1. Januar<br />
2012 steht den Steuerpflichtigen die Möglichkeit<br />
der Selbstanzeige gemäss Art. 142<br />
mit weitergehenden Konsequenzen für die<br />
steuerpflichtige Person offen (Nachsteuer<br />
für nicht verjährte Steuerjahre, zehn Prozent<br />
Zuschlag und Verzugszins).<br />
Wie die Regierung in ihrer Stellungnahme<br />
an Landtag zu den anlässlich der ersten<br />
Lesung des neuen Steuergesetzes aufgeworfenen<br />
Fragen (Nr. 83/2010) ankündigt,<br />
sollen die Steuerpflichtigen in den Wegleitungen<br />
oder allenfalls in einem Zusatzschreiben<br />
zu den Steuererklärungen für<br />
das Steuerjahr 2010 auf die Selbstanzeigemöglichkeit<br />
gemäss Art. 156 hingewiesen<br />
werden.<br />
amit ein Unternehmen die richtige<br />
D steuerliche und wirtschaftliche Entscheidung<br />
für die erwirtschafteten Gewinne<br />
bis und mit 31. Dezember 2010 trifft,<br />
ist es von Vorteil, die gesetzlichen Grundlagen<br />
zu kennen und anzuwenden. Im<br />
alten Steuerrecht unterlagen die Dividendenausschüttungen<br />
an Beteiligte der Couponsteuer<br />
von 4 %. Neu sind die Ausschüttungen<br />
aus den erwirtschafteten Gewinnen<br />
ab dem Jahr 2011 nicht mehr<br />
steuerpflichtig (Abschaffung der Couponsteuer).<br />
Die Regierung hat mit Art. 156 eine Art<br />
«Steueramnestie» geschaffen, die es ermöglicht,<br />
unvollständige Deklarationen<br />
und somit «Altlasten» zu bereinigen. Dies<br />
auf eine unbürokratische und zweifellos<br />
steuerlich attraktive Art und Weise.<br />
Liechtensteinisches Steuerrecht: Was passiert<br />
mit den Altreserven per 31. 12. 2010 ?<br />
Das neue Steuerrecht in Liechtenstein ist per 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Mit<br />
seiner Einführung wurden Übergangsregelungen für Altreserven (erwirtschaftete<br />
Gewinne per 31.12.2010) geschaffen, die für die Jahre 2011 und 2012 zum Tragen<br />
kommen.<br />
Für die Behandlung der Altreserven, die<br />
bis 31. Dezember 2010 entstanden sind,<br />
gibt es eine entsprechende Übergangsregelung.<br />
Als Altreserven gelten Reserven,<br />
Gewinnvorträge, Reingewinne sowie Gewinnteile<br />
aus Korrekturen von übermässigen<br />
Abschreibungen und übersetzten<br />
Rückstellungen. Diese Altreserven können<br />
in den Jahren 2011 und 2012 mit der ermässigten<br />
Couponsteuer von 2 % entweder<br />
entsteuert und/oder ausgeschüttet<br />
werden. Das bedeutet, dass bei Ausschüttungen<br />
in den erwähnten Jahren die Couponsteuer<br />
von 2 % angewendet wird.<br />
Patrick Brunhart<br />
Lic.iur.<br />
Rechtsberatung, Schaan<br />
Patrizia Küng<br />
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