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Der Kamm der Hexe - Reckless

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wie<strong>der</strong> umgekehrt, nachdem <strong>der</strong> Wald zwei von ihnen<br />

getötet hatte. Die Bewohner des Schwarzen Waldes wurden<br />

zu oft wegen ihrer Klauen und Fe<strong>der</strong>n gejagt, um Menschen<br />

wohlgesonnen zu sein. Die <strong>Hexe</strong> hätte sich keinen besseren Schutz<br />

wünschen können.<br />

Vor ein paar Monaten hatte Jacob Chanute trotzdem gebeten, in den<br />

Wald zu gehen und sie gemeinsam zu verjagen. <strong>Der</strong> Grund war ein Mädchen<br />

gewesen, das auf dem Marktplatz von Schwanstein gebettelt hatte. Als es eines<br />

Tages verschwand, hieß es, dass <strong>der</strong> Hunger es zu dem Lebkuchenhaus<br />

getrieben hatte. Jacob hatte von ihr geträumt ... von ihr und dem Ofen. Es<br />

waren furchtbare Träume gewesen, aber Chanute hatte nur gegrunzt, dass er<br />

kein Kin<strong>der</strong>retter, son<strong>der</strong>n ein Schatzjäger sei und sich bestimmt nicht wegen<br />

irgendeines hergelaufenen Bettelmädchens mit einer Kin<strong>der</strong>fresserin anlegen<br />

würde.<br />

Nein, natürlich nicht.<br />

Ein <strong>Hexe</strong>nkamm war da schon etwas an<strong>der</strong>es. Die Kaiserin wünschte sich<br />

seit langem ein Exemplar, doch Chanute hatte sich taub gestellt, bis sie den<br />

richtigen Preis genannt hatte. Die <strong>Hexe</strong>n machten die Kämme aus<br />

Vogelknochen. Wer sie sich durchs Haar zog, verwandelte sich in eine Krähe.<br />

„Ich glaub, hinter dem linken Fenster hat sich was bewegt.“ Jacob schmeckte<br />

Zimt auf <strong>der</strong> Zunge.<br />

„Blödsinn. Ich sag dir doch, sie ist ausgeflogen.“ Chanute scheuchte einen<br />

Zuckervogel fort, <strong>der</strong> sich ihm auf die Schulter setzen wollte.<br />

„Siehst du die Schokoladenblüten über <strong>der</strong> Tür? Die öffnen sich nur, wenn<br />

sie fort ist. Bewachen das Haus. Also mach schon und öffne das Tor, o<strong>der</strong> willst<br />

du hier stehenbleiben, bis <strong>der</strong> Schnei<strong>der</strong> sich neue Klei<strong>der</strong> aus uns macht?“<br />

<strong>Der</strong> Schnei<strong>der</strong>. Jacob schau<strong>der</strong>te. Im Schwarzen Wald hausten viele<br />

Monster, und <strong>der</strong> Schnei<strong>der</strong> klang noch schlimmer als die <strong>Hexe</strong>.<br />

Die Geschichte mit den Blüten war eine Lüge, aber das erfuhr Jacob erst<br />

Jahre später. Chanute war ein Meister darin, Lügen wie die reinste Wahrheit<br />

klingen zu lassen. Es würde noch viele Jahre dauern, bis er nicht mehr darauf<br />

hereinfiel.<br />

Chanute blockierte das Tor mit einem Stein, sobald Jacob es geöffnet hatte.<br />

Das Tor einer Lebkuchenhexe ließ jeden ein, aber niemanden<br />

wie<strong>der</strong> heraus, wenn man es einmal hinter sich<br />

schloss. Sie mussten die Pferde hindurchzerren,<br />

aber <strong>der</strong> Wald war zu gefährlich, um sie<br />

unter den Bäumen anzubinden.<br />

© Cornelia Funke | Dressler Verlag GmbH 2012 | www.funke-reckless.de Illustration: Marion Hirsch/Dressler vVrlag<br />

© Cornelia Funke | Dressler Verlag GmbH 2012 | www.funke-reckless.de � Illustration: Marion Hirsch/Dressler Verlag

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