Download Broschüre UNSER WASSER - Berliner Wassertisch
Download Broschüre UNSER WASSER - Berliner Wassertisch
Download Broschüre UNSER WASSER - Berliner Wassertisch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Rechtswirksame und das Gemeinwohl<br />
Gedanken zur Antwort von Senator Harald WOLF im „Tagesspiegel“<br />
auf einen Leserbrief von Frau Angelika PAUL aus Berlin-Steglitz<br />
Der Satz hat es in sich: »Leider ist diese Privatisierung – und [sind] die damals garantierten Gewinne für die<br />
Privaten – aber rechtswirksam, und ich bin als Senator daran gebunden.« Es ist der Kernsatz der Antwort<br />
von Wirtschaftssenator Harald WOLF an Frau Angelika PAUL, veröffentlicht im <strong>Berliner</strong> „Tagesspiegel“<br />
vom 09. Juli 2011. Er enthält eine juristische Aussage: Senatoren sind an das Recht gebunden und die<br />
Teilprivatisierung der <strong>Berliner</strong> Wasserbetriebe ist „rechtswirksam“, sowie eine politökonomische Meinung:<br />
Verkäufe von Kommunaleigentum müssen privaten Käufern Gewinne „garantieren“.<br />
Bekanntlich wurde die Gewinngarantie für die privaten Anteilseigner RWE + VEOLIA durch einen<br />
nachträglichen Passus im § 23 Abs. 7 des Konsortialvertrages gegen den Protest der Fraktion der PDS und<br />
deren Abgeordneten Harald WOLF von der CDU-SPD-Mehrheit im Abgeordnetenhaus von Berlin<br />
durchgesetzt. Unter besonderem Engagement der SPD-Finanzsenatorin FUGMANN-HEESING. Als durch<br />
den schmählichen Rücktritt von Herrn GYSI 2002 ein Senatorensessel frei wurde, vergaß PDS-Politiker<br />
WOLF seine fundamentalen und von Gemeinwohl-Verständnis zeugenden Vorbehalte und beugte sich vor<br />
der „Rechtswirksamkeit“ der neoliberalen »Raub- und Beutegemeinschaft«. Mit ihm vergaßen viele<br />
weitere, wofür sie gewählt worden waren - das Gemeinwohl der <strong>Berliner</strong> Bürger. Daseinsfürsorge auf der<br />
Basis eines Monopols (Anschluss- und Benutzungszwang) soll renditefrei sein, ist deren Standpunkt.<br />
Auf die fundamentalen Fragen: Woher kommt das <strong>Berliner</strong> Wasser? Haben es die Herren Michel CUNNAC<br />
(VEOLIA), Philippe GUITARD (VEOLIA) und Ralf ZIMMERMANN (RWE) aus Paris oder Essen<br />
mitgebracht? Müssen die den <strong>Berliner</strong> Wasserwerkern beibringen, wie man Wasser klärt und Kanäle reinigt?<br />
Auf Fragen des Gemeinwohls der <strong>Berliner</strong> (Erhaltung von Arbeitsplätzen, vorrangige Nutzung der<br />
Kooperation mit <strong>Berliner</strong> mittelständischen Unternehmen, dem nachhaltigen Wasserhaushalt – und nicht<br />
irgendeiner „technischen Infrastruktur“ - dienende Arbeiten) gibt es keine Antworten. Stattdessen Ausflüchte<br />
wie: »die Situation der Beschäftigten der Wasserbetriebe scheint mir nicht problematisch: Sie haben<br />
einen sicheren Arbeitsplatz, werden tariflich entlohnt …« und »Die Investitionen lagen in den<br />
vergangenen zehn Jahren … über den Abschreibungen. Somit wurde nicht nur die Bestandserhaltung<br />
sichergestellt, sondern technische Infrastruktur zusätzlich aufgebaut.« Zahlenmäßig vielleicht, aber wie<br />
sieht das in laufenden Metern Rohr- und Kanalnetz aus?<br />
Nun kommen wir zum Finanziellen. Herr WOLF belehrt uns: »Der unterschiedliche Gewinn liegt ausschließlich<br />
an der unterschiedlichen Besteuerung« und fügt hinzu, dass »sich die Privaten ihre Steuerlast<br />
klein rechnen« (unter anderem durch Verlustvorträge). Eben. Und der Herr Aufsichtsratsvorsitzende will den<br />
<strong>Berliner</strong> Zeitungslesern weismachen, dass man in der Senatsverwaltung für Finanzen nicht wissen könne,<br />
wie viel Steuern die in Berlin ansässige RWE-Veolia Berlinwasser Beteiligungs GmbH tatsächlich zahlt.<br />
Dass Frau PAUL mit den »trickreichen Sonderabgaben«, mit denen das Land die Einnahmen von RWE +<br />
VEOLIA aufstockt, nicht „Kommunalabgaben“ gemeint haben kann, geht dem Wirtschaftsweisen auf dem<br />
Senatorensessel nicht auf. Mit „Sonderabgaben“ sind die Zahlungen des Landes aufgrund der<br />
5. Änderungsvereinbarung zum Konsortialvertrag [2003] gemeint, die ab dem Jahr 2004 eine Verzinsung des<br />
„betriebsnotwendigen“ Kapitals für die Privaten in Höhe der für teilnichtig erklärten Klauseln des<br />
Teilprivatisierungsgesetzes von 1999 ermöglichen. Der Landesvorsitzende der Partei DIE LINKE, Klaus<br />
LEDERER, beschrieb das in der <strong>Broschüre</strong> „Verkauftes Wasser“ (2010) so: »Die Wasserkunden tragen seit<br />
2008 die volle Last.« Genau das sagte auch Frau PAUL und eigentlich auch Herr WOLF mit der<br />
Formulierung »Gewinngarantie auf Kosten der Wasserkunden«.<br />
Zum »letzten und vielleicht interessantesten Punkt« seiner Antwort, dass er »die Privaten nicht dazu zwingen<br />
kann, zu verkaufen und komplett aus dem für sie günstigen Privatisierungsvertrag von 1999 auszusteigen.«<br />
Wenn das sein Credo ist, dann müssen sich die <strong>Berliner</strong> Bürger nur in der Welt umschauen – Stuttgart und<br />
südwärts – und halt diejenigen als Abgeordnete wählen und als Senatoren küren, die ihrem Gemeinwohl<br />
(Amtseid!) und nicht dem Partikularwohl der Beteiligungshaie verpflichtet sind.<br />
Dr. Hermann Wollner<br />
37