Feynmans Lebens- und Naturphilosophie
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<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Naturphilosophie</strong><br />
Leben <strong>und</strong> Wirken <strong>Feynmans</strong> unter sozialen<br />
<strong>und</strong> philosophischen Gesichtspunkten<br />
4. Juli 2006<br />
Fabian Schwarz
Gliederung<br />
A) Untersuchung der Einstellungen <strong>und</strong> Wesenszüge <strong>Feynmans</strong><br />
1. <strong>Feynmans</strong> Einstellungen <strong>und</strong> Überzeugungen<br />
2. Entwicklung seines Charakters<br />
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
B) Gr<strong>und</strong>züge der Philosophie der Physik <strong>und</strong> Einordnung<br />
<strong>Feynmans</strong><br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
1. <strong>Feynmans</strong> Einstellungen <strong>und</strong> Überzeugungen<br />
� Rational denkender Mensch<br />
� Ungewissheit als Teil des <strong>Lebens</strong><br />
� Atheist<br />
� Pragmatiker<br />
� Freiheit als höchstes Gut<br />
� Unangepasstheit<br />
� Unabhängigkeit<br />
� Gegen Autoritäten, Obrigkeiten<br />
� Spaß an Arbeit <strong>und</strong> Leben<br />
� Patriot<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
2. Entwicklung seines Charakters<br />
//1930 1940 1950 1960 // 1980 1988<br />
Schulzeit<br />
Princeton Cornell<br />
Caltech<br />
MIT Los Alamos<br />
•Ausgrenzung wegen Hochbegabung<br />
•Leidet unter Stellung als<br />
Intellektueller<br />
•Mädchen gegenüber sehr<br />
schüchtern<br />
•Schwach, ungeschickt im Sport<br />
PhD Professor<br />
Nobelpreis<br />
•Anerkennung in wissenschaftlichen<br />
Kreisen<br />
•Macho<br />
•Gut aussehend, sexy<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
ehrlich<br />
Witzbold<br />
naiv<br />
Geschichten<br />
● Verschlossen<br />
● Verdrängt Emotionen<br />
Naturbursche vom Land Kindskopf<br />
selbstsicher<br />
fröhlich<br />
Macho<br />
Normaler Mensch<br />
direkt<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
ehrlich<br />
Witzbold<br />
naiv<br />
Geschichten<br />
● Verschlossen<br />
● Verdrängt Emotionen<br />
Naturbursche vom Land Kindskopf<br />
selbstsicher<br />
fröhlich<br />
Macho<br />
Normaler Mensch<br />
direkt<br />
“What I really was <strong>und</strong>er such circumstances is far deeper than you<br />
are likely to <strong>und</strong>erstand.”<br />
(Feynman als Reaktion auf die Zuteilung der Rolle eines “curiously<br />
tragic joker[s]” in Los Alamos, zitiert in Gleick, “Genius”, S. 414)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
ehrlich<br />
Witzbold<br />
naiv<br />
Geschichten<br />
● Verschlossen<br />
● Verdrängt Emotionen<br />
Naturbursche vom Land Kindskopf<br />
selbstsicher<br />
fröhlich<br />
Macho<br />
Normaler Mensch<br />
direkt<br />
“I got deeper and deeper into a kind of – I wouldn't say depression,<br />
because I wasn't depressed. I'm a lively and happy fellow.”<br />
(Feynman, zitiert in Gleick, “Genius”, S. 469)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
ehrlich<br />
Witzbold<br />
naiv<br />
Geschichten<br />
● Verschlossen<br />
● Verdrängt Emotionen<br />
Naturbursche vom Land Kindskopf<br />
selbstsicher<br />
fröhlich<br />
Macho<br />
Normaler Mensch<br />
direkt<br />
“Feynman depressed is just a little more cheerful than any other<br />
person when he is exuberant.”<br />
(Bethe, zitiert in Gleick, “Genius”, S. 212)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
“That he had written such a letter to the woman he loved, two years<br />
after her death, could never become part of the iconography of<br />
Feynman, the collection of stories and images that was already<br />
beginning to follow him about. [...]<br />
The Feynman who could be wracked by strong emotion, the man stung<br />
by shyness, insecurity, anger, worry, or grief – no one got close enough<br />
any more to see him. His friends heard a certain kind of story instead,<br />
in which Feynman was an adverted boy hero, mastering a<br />
bureaucracy or a person or a situation by virtue of his naiveté, his<br />
good humor, his brashness, his commonsense cleverness (not<br />
brilliance), and his emperor's-new-clothes honesty. The stories were<br />
true, at least in spirit, though like all stories they were selectively<br />
incomplete. They were admired, polished, retold, and once in a while<br />
even relived.”<br />
(Gleick, “Genius”, S. 222, 1992)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
� Bricht Projekt zu einer Biographie ab, als die Gespräche mit dem Verfasser zu<br />
persönlich <strong>und</strong> emotional werden.<br />
� Befürchtet entweder als Bongo-spielender Clown oder als kaltblütiger<br />
Intellektueller porträtiert zu werden.<br />
� Lässt “Surely You're Joking, Mr. Feynman! Adventures of a Curious<br />
Character“ (1985) nicht als seine Autobiographie gelten:<br />
“Not An Autobiography. Not So. Simply A Set Of Anecdotes.”<br />
(Feynman, zitiert in Gleick, “Genius”, S. 414)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
3. Selbstdarstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung durch andere im<br />
Verhältnis zur inneren Gefühlswelt<br />
� Ergänzt seinen Charakter vorsätzlich um vorteilhafte Merkmale:<br />
“So I invented another myth for myself.”<br />
(Feynman, Interview mit Sykes, BBC, 1981)<br />
� Aufmerksame Kollegen enttarnen seine Maske:<br />
“Dick's mask was Mr. Natural – just a little boy from the country that<br />
could see through things the city slickers can't”<br />
(Coleman, zitiert in Gleick, “Genius”, S. 389)<br />
� Maske <strong>und</strong> wahre Persönlichkeit verschwimmen:<br />
“[He filled his mask] until reality and artifice became impossible to<br />
pry apart.”<br />
(Gleick, “Genius”, S. 389)<br />
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Gliederung<br />
B) Gr<strong>und</strong>züge der Philosophie der Physik <strong>und</strong> Einordnung<br />
<strong>Feynmans</strong><br />
1. Einleitende Bemerkungen<br />
2. Einblicke in die Philosophie der Physik<br />
a) Ontologie<br />
b) Erkenntnistheorie<br />
c) Wissenschaftstheorie<br />
● Vorstellung einer These aus der Methodologie:<br />
Der Falsifikationismus<br />
● Vorstellung einer These aus der Theoriensemantik:<br />
Die Theorienunterbestimmtheit<br />
● Zur Rechtfertigung der induktiven Methode<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
1. Einleitende Bemerkungen<br />
� Die Philosophie der Physik ist ein Teilgebiet der theoretisch-systematischen<br />
Philosophie.<br />
systematisch<br />
historisch<br />
theoretisch<br />
Logik<br />
Erkenntnistheorie<br />
Phil. der Physik<br />
Wissenschaftsgeschichte<br />
praktisch<br />
Ethik<br />
Staatsphil.<br />
Religionsphil.<br />
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1. Einleitende Bemerkungen<br />
� Zwischen Philosophie <strong>und</strong> Physik besteht traditionell ein spannungsvolles<br />
Verhältnis.<br />
“[Philosophen] würden sagen: '... wir hätten unmittelbar durch<br />
Geistesarbeit feststellen können, daß es unmöglich ist, zu sagen, wie<br />
schnell man sich bewegt, ohne nach draußen zu sehen, <strong>und</strong> wir hätten<br />
einen enormen Beitrag zur Physik leisten können.' Diese Philosophen<br />
[...] ringen an der Peripherie, um uns etwas zu sagen, aber sie<br />
verstehen nie wirklich die Subtilitäten <strong>und</strong> Tiefen des Problems.”<br />
(Feynman, “Vorlesungen über Physik”, I-16-1, 1963)<br />
� Zu <strong>Feynmans</strong> Studienzeit lehnen amerikanische Physiker jegliche<br />
philosophische Betrachtungen ab.<br />
“Questions about a theory which do not affect its ability to predict<br />
experimental results correctly seem to me quibbles about words,...”<br />
(Slater, zitiert in Gleick, “Genius”, S. 54)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
<strong>Feynmans</strong> Haltung zur Philosophie<br />
� Feynman ist nicht interessiert an praktischer Philosophie.<br />
� Er kreidet Überinterpretationen physikalischer Aussagen durch Philosophen<br />
an.<br />
� Gleichwohl erörtert er Fragestellungen der Wissenschaftsphilosophie. (z.B. in<br />
„Vorlesungen über Physik“, Kapitel I-38-6, „Philosophische Konsequenzen“)<br />
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2. Einblicke in die Philosophie der Physik<br />
a) Ontologie<br />
� Die Ontologie beschäftigt sich mit den Entitäten (Gegenstandsbereichen)<br />
einer physikalischen Theorie.<br />
� Eine zentrale Frage ist die Identität von Entitäten.<br />
Beispiele für Ontologien:<br />
� Klassische Physik: Materielle Objekte (Massenpunkt, Punktladung)<br />
� QM: Klassen von Eigenschaften (Teilchen- <strong>und</strong> Wellencharakter)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Ontologische Fragestellungen der QFT<br />
Teilcheninterpretation<br />
•Endlich viele Freiheitsgrade<br />
•Fernwirkung<br />
•Massiv, <strong>und</strong>urchdringbar, abzählbar<br />
Unvereinbarkeit der klassischen Begriffe<br />
Feldinterpretation<br />
•Unendlich viele Freiheitsgrade<br />
•Nahwirkung<br />
•Immateriell, Überlagerung<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Ontologische Fragestellungen der QFT<br />
Teilcheninterpretation<br />
Vertreter: Dirac, Feynman<br />
Feldinterpretation<br />
Vetreter: Pauli, Schwinger, Tomonaga<br />
The field is “a derived concept.”<br />
“The field in actuality is entirely determined by the particles.”<br />
“The field is a mere mathematical construction.”<br />
(Feynman 1942 in Vorarbeiten zu seiner Doktorarbeit, zitiert in Gleick,<br />
S. 146)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Ontologische Fragestellungen der QFT<br />
Teilcheninterpretation<br />
•Keine Lokaliserbarkeit in endlichen<br />
Gebieten<br />
•N-Teilchen-Zustand <strong>und</strong> Vakuum in<br />
lokaler Messung nicht unterscheidbar<br />
(Reeh, Schlieder, 1961)<br />
•Vakuum widersprüchlich<br />
•Unruh-Effekt: Teilchenkonzept<br />
abhängig vom Beobachter<br />
Gegenargumente<br />
Feldinterpretation<br />
•Felder der QFT sind operatorwertig<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Ontologische Fragestellungen der QFT<br />
Teilcheninterpretation<br />
•Keine Lokaliserbarkeit in endlichen<br />
Gebieten<br />
•N-Teilchen-Zustand <strong>und</strong> Vakuum in<br />
lokaler Messung nicht unterscheidbar<br />
(Reeh, Schlieder, 1961)<br />
•Vakuum widersprüchlich<br />
•Unruh-Effekt: Teilchenkonzept<br />
abhängig vom Beobachter<br />
Gegenargumente<br />
Feldinterpretation<br />
•Felder der QFT sind operatorwertig<br />
� Neuere ontologische Ansätze vermeiden Analogien zu klassischen Entitäten<br />
� Prozesse bzw. Ereignisse als gr<strong>und</strong>legende Konzepte<br />
� Struktur-Ontologien<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
) Erkenntnistheorie<br />
� Die Erkenntnistheorie untersucht, auf welcher Gr<strong>und</strong>lage es möglich ist,<br />
Erkenntnisse über die physikalische Welt zu erlangen.<br />
Empirismus<br />
•(Sinnes-)Erfahrungen<br />
(Experimente)<br />
Rationalismus<br />
•Im Geist gebildete<br />
Erkenntnisse<br />
(Gedankenexperimente,<br />
mathemat. Wissen)<br />
Apriorismus<br />
•Empirische Erfahrung<br />
nur möglich unter<br />
Voraussetzung<br />
apriorischen Wissens<br />
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) Erkenntnistheorie<br />
� Die Erkenntnistheorie untersucht, auf welcher Gr<strong>und</strong>lage es möglich ist,<br />
Erkenntnisse über die physikalische Welt zu erlangen.<br />
Empirismus<br />
•(Sinnes-)Erfahrungen<br />
(Experimente)<br />
•Natürliche Gr<strong>und</strong>haltung<br />
eines Naturwissenschaftlers<br />
Rationalismus<br />
•Im Geist gebildete<br />
Erkenntnisse<br />
(Gedankenexperimente,<br />
mathemat. Wissen)<br />
Heute vorherrschende Position<br />
•Nötig, um Zusammenhänge<br />
zu begreifen<br />
Apriorismus<br />
•Empirische Erfahrung<br />
nur möglich unter<br />
Voraussetzung<br />
apriorischen Wissens<br />
•Weitgehende Ablehnung<br />
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<strong>Feynmans</strong> Standpunkt<br />
� Feynman teilt die vorherrschende Auffassung eines geläuterten Empirismus:<br />
� Er ist gegen die empiristisch geprägte Haltung seiner Professoren am<br />
MIT.<br />
� Er ist aber auch gegen einen strengen Rationalismus:<br />
“Dass man allein mit Argumenten über die Folgerichtigkeit<br />
auskommen kann, glaube ich nicht.”<br />
(Feynman 1965 in “Vom Wesen physikalischer Gesetze”)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
c) Wissenschaftstheorie<br />
� Methodologie<br />
� Verhältnis zwischen Empirie <strong>und</strong> Theorie<br />
� Unterschied zwischen hypothetisch-deduktiver Methode <strong>und</strong> Induktion<br />
� Theoriensemantik<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Vorstellung einer These aus der Methodologie:<br />
Der Falsifikationismus (Popper, 1968)<br />
� Poppers Ausgangspunkt:<br />
� Immer mehr Disziplinen greifen auf die empirische Methode der<br />
Naturwissenschaften zurück.<br />
� Auf induktivem Weg kann eine Theorie nur widerlegt, aber nie in ihrer<br />
allgemeinen Gültigkeit bestätigt werden.<br />
� Die Arbeiten von Marx zur Geschichtstheorie, von Freud zur<br />
Psychoanalyse <strong>und</strong> von Adler zur Individual-Psychologie scheinen alle<br />
Phänomene in ihrem Bereich widerspruchsfrei erklären zu können.<br />
� “Is there a criterion for the scientific character or status of a theory?“<br />
� “The criterion of the scientific status of a theory is its falsifiability, or<br />
refutability, or testability.“<br />
(Popper, “Conjectures and Refutations“, 1968)<br />
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Feynman <strong>und</strong> Falsifikationismus<br />
� Feynman vertritt die gleiche Auffassung wie Popper.<br />
� Beschwert sich wie Popper über die unsachgemäße Verwendung der<br />
empirischen Methode außerhalb der Naturwissenschaften. (siehe Kap.<br />
„Unser unwissenschaftliches Zeitalter“ in „Was soll das alles?“).<br />
� Wie Popper kritisiert er insbesondere die Psychologie:<br />
“Nebenbei bemerkt ist die Psychoanalyse keine Wissenschaft; sie ist<br />
bestenfalls ein medizinischer Prozess <strong>und</strong> vielleicht sogar eher wie<br />
eine Geisterbeschwörung.”<br />
(Feynman, “Vorlesungen über Physik”, I-3-6, 1963)<br />
“A hasst seine Mutter. Natürlich weil sie ihn als Kind nicht genügend<br />
gehätschelt oder geliebt hat. Nun finden Sie aber [...] heraus, dass sie<br />
ihn im Gegenteil sogar sehr geliebt hat <strong>und</strong> alles in Butter war. Auch<br />
gut, dann war sie eben zu nachgiebig! Sie sehen, Ihre Theorie muss<br />
nur dehnbar genug sein <strong>und</strong> das eine Ergebnis passt so gut wie das<br />
andere. [...] Gewöhnlich wird [...] eingewandt: ' In der Psychologie sind<br />
präzise Abgrenzungen nicht möglich.' Schön, aber dann können sie<br />
auch nicht behaupten, etwas zu wissen.”<br />
(Feynman, “Vom Wesen physikalischer Gesetze”, 1965)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Vorstellung einer These aus der Theoriensemantik<br />
Die Theorienunterbestimmtheit (Quine)<br />
� Zu gegebenen Beobachtungsdaten lassen sich stets empirisch äquivalente,<br />
aber ontologisch differente Theorien finden.<br />
� Konsequenzen:<br />
� Realistische Position nicht haltbar<br />
� Natur könnte sich in Teilbereichen völlig widrig verhalten<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Vorstellung einer These aus der Theoriensemantik:<br />
Die Theorienunterbestimmtheit (Quine)<br />
� Zu gegebenen Beobachtungsdaten lassen sich stets empirisch äquivalente,<br />
aber ontologisch differente Theorien finden.<br />
� Konsequenzen:<br />
� Realistische Position nicht haltbar<br />
� Natur könnte sich in Teilbereichen völlig widrig verhalten<br />
� Metakriterien zur Aussonderung alternativer Theorien:<br />
� Einfachheit<br />
� Schönheit<br />
� Vereinheitlichungscharakter<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Feynman zu Theorienunterbestimmtheit <strong>und</strong> Metakriterien<br />
� Weist auf Theorienunterbestimmtheit hin:<br />
“So können also zwei Theorien trotz unterschiedlicher Vorstellungen<br />
mathematisch identisch sein, <strong>und</strong> die Wissenschaft weiß kein Mittel,<br />
sie zu unterscheiden.”<br />
(Feynman, “Vom Wesen physikalischer Gesetze”, S. 205, 1965)<br />
� Vereinheitlichungscharakter hat bei Feynman nicht die Stellung einer<br />
natürlichen <strong>und</strong> notwendigen Anforderung an die Theorie:<br />
“If it turns out there is a simple ultimate law which explains<br />
everything, so be it [...]. If it turns out it's like an onion with millions<br />
of layers [...] then that's the way it is.”<br />
(Feynman, Interview mit Sykes, BBC, 1981)<br />
� Einfachheit <strong>und</strong> Schönheit als wichtiges Entscheidungskriterium:<br />
“Man erkennt die Wahrheit nämlich an ihrer Schönheit. [...]<br />
Man vermutet, dass etwas sehr einfach ist. Erweist sich die<br />
Vermutung nicht gleich als falsch, <strong>und</strong> wird die Sache einfacher als<br />
sie war, dann ist sie richtig.”<br />
(Feynman, “Vom Wesen physikalischer Gesetze”, S. 209, 1965)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006
Zur Rechtfertigung der induktiven Methode<br />
� Die Naturwissenschaften gebrauchen in hohem Maße die induktive Methode.<br />
� Man rechtfertigt die Gültigkeit induktiven Schließens durch a priori<br />
Annahmen:<br />
� Naturphänomene befolgen allgemeinen Gesetzen<br />
� Natur ist gleichförmig <strong>und</strong> regelmäßig<br />
Feynman <strong>und</strong> die Rechtfertigung der induktiven Methode<br />
“Wieso ist es überhaupt möglich, dass wir von einem Teilbereich auf<br />
den Rest schließen können? Was besagt das über die Natur? Nun, das<br />
ist eine unwissenschaftliche Frage, die ich, da ich die Antwort nicht<br />
kenne, auch unwissenschaftlich beantworten möchte. Meiner Ansicht<br />
nach ist das möglich, weil die Natur einfach <strong>und</strong> darum von großer<br />
Schönheit ist.”<br />
(Feynman, “Vom Wesen physikalischer Gesetze”, S. 212, 1965)<br />
<strong>Feynmans</strong> <strong>Lebens</strong>- <strong>und</strong> <strong>Naturphilosophie</strong> Fabian Schwarz, 4. Juli 2006