Liebe Leserin, lieber Leser, „wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“. Das lässt sich Anfang September in der <strong>Lukas</strong>kirche einmal ausprobieren. In Kooperation mit Green City e.V. wird, wenn schon kein ganzer Wald, so doch ein kleines Wäldchen den Chorraum füllen und der Altar wird mit seinen brennenden Kerzen zur Lichtung besonderer Art. Der Resonanzraum Kirche ist das Thema dieses Heftes. Welche Chancen und Herausforderungen hier liegen erläutert Kantor Tobias Frank. Am besten, Sie gehen mit Auge, Ohr und Mund selbst auf Erkundung – dazu gibt es die kommenden Monate wieder reichlich Möglichkeiten in Gottesdiensten, Konzerten und Veranstaltungen. Mit diesem Heft haben Sie einen Kompass in der Hand, damit Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht übersehen und in der Dauerbeschallung der <strong>St</strong>adt die tiefen und die zarten Töne des Lebens nicht überhören. Ihr Pfarrer Helmut Gottschling Auf dem Weg zur Innensanierung und Gestaltung von <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> nehmen wir den Kirchenraum in einer Artikelreihe besonders in den Blick. Dieses Mal nimmt Kantor Tobias Frank <strong>St</strong>ellung zum Klangraum <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> im Gespräch mit Pfarrer Helmut Gottschling. Das ausführliche Interview lesen sie auf www.sanktlukas.de „Widerhall“ heißt eine aktuelle Gesprächskonzert-Reihe, die Du mit der Evangelischen <strong>St</strong>adtakademie entwickelt hast. Wie findest Du den „Nachhall“ im Kirchenraum? Als Organist bevorzuge ich resonante Räume. Der Nachhall ist wie ein Kleidungsstück, das mich umhüllt. In Räumen mit großer Akustik fühle ich mich musikalisch geborgener, sie machen es mir einfacher musikalische <strong>St</strong>immungen zu erzeugen, machen mich kreativer und laden zu Klangspielereien ein. Der Nachhall lässt mich ein Gespür für die Größe des Raums und seine Winkel entwickeln und transportiert die <strong>St</strong>immung und Konzentration der Hörer. Dadurch trete ich in Kontakt mit dem Raum und dessen Atmosphäre. Was lässt eines Musikers Herz hier in <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> höherschlagen? Als Organist ist es ein tolles Gefühl, wenn man die Finger von den Tasten nimmt und der Klang noch für kurze Zeit im Raum steht und sich allmählich in den Kuppelschalen bricht. Die Emporen bieten viele Möglichkeiten für eine innovative chorische Aufstellung oder etwa bei Klanginstallationen, die Sänger versteckt aus dem Kirchenraum heraus den Zuhörer zu überraschen. Was bereitet Dir als Musiker Bauchschmerzen? Ich mag zwar die akustischen Gegebenheiten, aber der große Nachhall geht oftmals auf Kosten der Klarheit. Es gibt akustisch tote Winkel: trotz Menschen neben sich fühlt man sich beim gemeinsame Singen und Beten im Gottesdienst oft allein. So ergeht es auch dem Sänger im Chor: der Raum schluckt manches weg und unter der weiten Kuppel verpufft auch manches. Auf dem Altar thronen ein Engel mit Schriftrolle neben und einer mit Harfe. Was heißt das aus der Sicht eines Kirchenmusikers? Auf mich wirken sie wie die Wächter („sehr hoch auf der Zinne“) über die Einheit von Wort und Musik: beides sind gleichberechtige Werkzeuge der Verkündigung. Was macht für dich einen Gottesdienst „schön“, wie es im Psalm 27 heißt? Ich mag die räumliche Verzahnung von Liturgie und Musik. Letztens im Gottesdienst, als unsere Orgel nicht funktionierte und ich von der Truhenorgel im Altarraum aus gesungen und gespielt habe, erlebte ich das Zusammenspiel zwischen Liturgie und Musiker als wohltuend. Von der Orgelempore aus bin ich schon sehr weit vom Geschehen entfernt. Gottesdienste mit besonderer Gestaltung finde ich sehr spannend. Die Konzentration liegt dabei allerdings eher auf dem korrekten Ablauf – wer kommt als nächstes dran, wo haben die Musiker zu stehen, etc. Solche Gottesdienste sind für mich besondere „Veranstaltungen“ mit den damit verbundenen organisatorischen Herausforderungen. Innerlich nehme ich eher bei ganz klassischen Gottesdiensten oder auch der, mir vertrauten, Form der Evensongs teil. Für mich ist das auf eine positive Art vorhersehbar und ich kann mich mehr fallen lassen. Vor dem Bau der Philharmonie war <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> schon Konzertsaal dieser <strong>St</strong>adt. Wie könnte <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> zum spirituellen Konzertsaal dieser <strong>St</strong>adt werden? Das sind wir doch schon! Nur hat sich das noch nicht in ganz München herumgesprochen. Damit das passiert, brauchen wir bedeutend mehr Geld für die kostenintensive Werbung. Sonst bleiben wir in München nicht im Gespräch. Sergiu Celibidache und Chick Corea haben hier schon Konzerte gegeben. Was ist da aus Deiner Sicht denkbar? Ich habe wenig Berührungsängste. Ich würde mich über Kooperationen freuen mit anderen Kultureinrichtungen und Hochschulen. Theater, Ballett, <strong>St</strong>reetwork-Projekte, ... alles denkbar. Unser Kirchenraum hat die Chance für neue künstlerische und soziale Formate – vorausgesetzt wir haben den Platz dazu. Da wir bestimmen, wie der Raum durch wen „bespielt“ wird, bleibt zudem der spirituelle Geist von <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> gewahrt. 2 3