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gie_12_2016

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EDITORIAL<br />

Flexibilität und Kreativität – wir<br />

kämpfen uns durch die Talsohle!<br />

FOTO: MAGMA<br />

Die Wirtschaftsinstitute und Re<strong>gie</strong>rungsstellen<br />

gehen für <strong>2016</strong> mittlerweile von einem gesamtwirtschaftlichen<br />

Wachstum von 2 % aus. Wir<br />

haben in Deutschland eine Rekordbeschäftigung, niedrige<br />

Arbeitslosigkeit, und der Konsum, aber auch der<br />

Dienstleistungssektor boomt.<br />

Diese durchaus erfreuliche Entwicklung geht an der<br />

Gießerei-Industrie vorbei. Das Jahr <strong>2016</strong> ist erneut hinter<br />

unseren Hoffnungen und Erwartungen zurückgeblieben.<br />

Der hohe Anteil an Guss für die Verkehrstechnik<br />

– das sind in Deutschland ca. 70 % aller Gussteile<br />

– ist noch ein stabilisierender Faktor für die<br />

Gießereiunternehmen, die dafür produzieren. Das gilt<br />

insbesondere für den NE-Guss! Alle anderen Abnehmerbereiche<br />

waren rückläufig, besonders kritisch sieht es im Stahlguss aus. Da hilft es<br />

auch nicht, dass es den Gießern in anderen Ländern durchweg noch schlechter geht. In<br />

den USA beträgt der Guss für die Automobilbranche nur 30 % der Gesamtproduktion; prozentual<br />

geht es noch mehr Gießern deshalb wirklich schlecht.<br />

FOTO: JÖRG FÖTZKE<br />

Rund 50 Arbeit suchende<br />

Menschen aus der Region<br />

werden von der Gemeinnützigen<br />

Schulungsgesellschaft Teutloff<br />

aus Wernigerode für Jobs<br />

in der Gießerei Ueckermünde<br />

ausgebildet (ab S. 86).<br />

Ohne Zweifel hat die Fähigkeit und Flexibilität der deutschen Gießer, sich an eine niedrige<br />

Nachfrage anzupassen, in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Hier müssen wir alles,<br />

was möglich ist, herausholen. Die Existenz des Unternehmens hat dabei immer die höchste<br />

Priorität!<br />

Kurzfristig ist kein nachhaltiger, genereller Aufschwung in der Gießerei-Industrie zu erwarten.<br />

Populismus und Protektionismus bedrohen unsere offene Gesellschaft, die auf fairen<br />

Wettbewerb und freien Handel angewiesen ist. Technologische Veränderungen wie Elektromobilität<br />

und Digitalisierung fordern uns in den nächsten Jahren eh schon sehr viel ab.<br />

Auch wir Gießer wollen und werden unseren Beitrag leisten, dass der hohe Industrieanteil<br />

an unserem Bruttosozialprodukt von 23 % in Deutschland erhalten bleibt. Hoffentlich will<br />

das auch die Politik!<br />

Neben der Politik müssen alle anderen gesellschaftlichen Gruppen mehr dafür tun, die<br />

Menschen bei diesem ständig schneller werdenden Veränderungsprozess mitzunehmen.<br />

Dazu müssen ihnen Entscheidungen und die Gründe, warum so gehandelt wird, besser und<br />

viel intensiver erklärt werden. Ohne die Akzeptanz der Bevölkerung und das Ernstnehmen<br />

ihrer Sorgen wird sich unser Land nicht weiterentwickeln und wir werden die Aufgaben in<br />

unseren Betrieben nicht sinnvoll lösen können. Arbeiten wir alle daran!<br />

Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute,<br />

insbesondere Gesundheit im neuen Jahr!<br />

Ihr<br />

Dr.-Ing. Erwin Flender<br />

Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Gießerei-Industrie e.V.<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 3


INHALT<br />

FOTO: MAGMA<br />

FOTO: VW<br />

FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />

36<br />

Prozesssimulation<br />

TECHNOLOGIE & TRENDS<br />

Für die Kernfertigung sind jetzt<br />

neue Möglichkeiten zum systematischen<br />

virtuellen Experimentieren<br />

verfügbar.<br />

46<br />

Dünnschichtsensorik<br />

TECHNOLOGIE & TRENDS<br />

Entwicklung von thermoresistiven<br />

Dünnschichtsystemen auf Formkernen<br />

zur lokalen Temperaturmessung beim<br />

Aluminium-Druck<strong>gie</strong>ßen.<br />

64 <br />

Mikrosprühen<br />

SPEKTRUM<br />

Im fünften und somit letzten Beitrag<br />

der Serie werden die theoretischen<br />

Vorteile des Mikrosprühverfahrens<br />

vorgestellt.<br />

68 <br />

Innovative Lösungen<br />

SPEKTRUM<br />

Verunreinigungen durch<br />

Schad- und Geruchsstoffe<br />

lassen sich durch moderne<br />

umwelttechnische Verfahren<br />

spürbar reduzieren.<br />

FOTO: INFUSER<br />

4 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


INTERVIEW<br />

26 VDI-Tagung „Gießtechnik im Motorenbau: „Wir werden darüber reden, wie<br />

der Gießer dem Entwickler aufzeigen kann, welches Potenzial Gießprozesse<br />

und neue Werkstoffe bieten.“<br />

Dr. -Ing. Götz Hartmann, Prokurist Engineering Business Development, MAGMA<br />

Gießereitechnolo<strong>gie</strong> GmbH, General Manager, Sigma Engineering GmbH im<br />

Gespräch mit der GIESSEREI.<br />

Mehr Nachhaltigkeit<br />

mit<br />

ASK Chemicals<br />

ESSAY<br />

30 Anorganische Kernbinder-Technolo<strong>gie</strong>: von Deutschland in die Welt, Ralf Boehm<br />

TECHNOLOGIE & TRENDS<br />

36 Virtuelle Versuchsplanung und Optimierung der Kernfertigung<br />

Ingo Wagner, Jörg C. Sturm<br />

46 Dünnschichtsensorik im Druck<strong>gie</strong>ßprozess<br />

Saskia Biehl, Elke Meyer-Kornblum, Günter Bräuer, Andreas Gebauer-Teichmann,<br />

Marc Adam, Timo Klenke, Gerd Röders<br />

STANDPUNKT I<br />

50 Die digitale Transformation, Ralf Paul Jung<br />

JAHRESÜBERSICHT<br />

52 Technikgeschichte, Kunstguss, Kunsthandwerk (18. Folge), Karl-Heinz Schütt<br />

SPEKTRUM<br />

64 Mikrosprühen Teil 5: Darstellung der theoretischen Vorteile mit Zahlen,<br />

Daten und Fakten aus laufender Produktion, Eric Müller<br />

68 Patentierte Umwelttechnolo<strong>gie</strong> für Gießereien, Florian Hartung<br />

72 Abwärme nutzen, Strom gewinnen: Ener<strong>gie</strong>kosten sparen, Julian Lechner<br />

76 Schleuder<strong>gie</strong>ßen mit 3-D-gedruckten Kernen, Mirela Dizdarevic<br />

UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />

80 Zinkdruckguss – vielfältig im Einsatz und innovativ in der Gießtechnik<br />

Sabina Grund<br />

STANDPUNKT II<br />

84 Deutschland muss mit China Tacheles reden, David Folkerts-Landau<br />

BERUF & KARRIERE<br />

86 In neun Monaten zu einem richtig guten Job, Jörg Fötzke<br />

RUBRIKEN<br />

3 Editorial<br />

6 Aktuelles<br />

88 Patente<br />

96 Normen & Werkstoffe<br />

100 News<br />

111 Firmenschriften<br />

1<strong>12</strong> Medien & Bücher<br />

114 Personalien<br />

115 VDG intern<br />

116 Termine<br />

<strong>12</strong>0 Tagungen: 26. Ledebur-Kolloquium an der TU Bergakademie Freiberg,<br />

Claudia Dommaschk<br />

133 Stellenmarkt/Kontakte/Sonstiges<br />

132 Inserentenverzeichnis<br />

134 Vorschau/Impressum<br />

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AKTUELLES<br />

FOTO: MARTIN REHM<br />

6 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Foto des<br />

Monats:<br />

Ein heißer<br />

Job!<br />

Beim Abschlacken des Induktionsofens<br />

kann man schon ganz schön ins Schwitzen<br />

kommen. Das Motiv hat der junge Fotograf<br />

Martin Rehm aus Nürnberg bei den<br />

Schonlau-Werken in Gesecke geschossen.<br />

Der Schwerpunkt seiner Arbeiten<br />

ist die Berufs- und Arbeitswelt mit all ihren<br />

Facetten und Veränderungsprozessen.<br />

Hat auch Ihr Unternehmen interessante<br />

Bildmotive? Senden Sie Ihre Bildvorschläge<br />

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Post an die Bildredaktion, Giesserei,<br />

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GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 7


AKTUELLES<br />

25 Jahre gesamtdeutsche Gießerei-<br />

Industrie<br />

> VEREINIGUNGSJUBILÄUM: Vor einem<br />

Vierteljahrhundert organisierten sich die<br />

Gießereien der ehemaligen DDR auf<br />

Verbandsebene und ebneten damit den<br />

Weg in die neue gesamtdeutsche In dustrielandschaft.<br />

Der Fusionierung des Deutschen<br />

Gießereiverbands in der DDR e. V.<br />

mit dem Deutschen Gießereiverband e.V.<br />

(DGV) vor 25 Jahren wurde mit einem feierlichen<br />

Akt im Industriemuseum Chemnitz<br />

Anfang November gedacht.<br />

Bereits im April 1990 vereinigten sich<br />

die 84 Eisen- und Nichteisen<strong>gie</strong>ßereien<br />

sowie drei Modellbaubetriebe zum Deutschen<br />

Gießereiverband in der DDR e. V.<br />

Im Verlauf des Jahres 1990 leitete dieser<br />

eingetragene Verein in enger Abstimmung<br />

mit dem damaligen Deutschen Gießereiverband<br />

e.V. aus Düsseldorf die<br />

Überführung in den Deutschen Gießereiverband<br />

– Landesverband Ost – ein.<br />

Amtlich wurde die Überführung vor<br />

nunmehr 25 Jahren. Am 1. 1.1991 entstand<br />

unweit des heutigen Industriemuseums<br />

in Chemnitz der Landesverband<br />

Ost im Deutschen Gießereiverband, der<br />

mittlerweile zum Bundesverband der<br />

Deutschen Gießerei-Industrie e. V. (BDG)<br />

fusioniert ist.<br />

Aus diesem Anlass wurde im Rahmen<br />

des Ostdeutschen Gießereitages am<br />

Mario Mackowiak, Vorsitzender des BDG-Landesverbandes Ost, hielt in Chemnitz eine Rede<br />

zur Erinnerung an die Vereinigung der ost- und westdeutschen Gießereiverbände vor 25 Jahren.<br />

Diesem Ereignis ist jetzt auch eine Stele im Industriemuseum gewidmet.<br />

4. November <strong>2016</strong> im Industriemuseum<br />

Chemnitz eine Stele eingeweiht. Grußworte<br />

sprachen Mario Mackowiak, Vorsitzender<br />

des Landesverbandes Ost und Geschäftsführer<br />

der Keulahütte Krauschwitz,<br />

und Max Schumacher, Sprecher der BDG-<br />

Hauptgeschäftsführung.<br />

In seiner Rede riet Mario Mackowiak<br />

den ostdeutschen Gießern angesichts<br />

schwieriger wirtschaftlicher Zeiten, nicht<br />

zu verzagen, sondern mutig und besonnen<br />

an die Gestaltung der Zukunft heranzugehen.<br />

www.bdguss.de<br />

FOTO: BDG/RÖLKE<br />

PERSONALIE<br />

Dr. Martin Iffert zum neuen Präsidenten gewählt<br />

FOTO: WVM<br />

> WVMETALLE: Dr. Martin Iffert, Vorsitzender des Vorstands der Trimet Aluminium<br />

SE, Essen, ist neuer Präsident der WirtschaftsVereinigung Metalle e.V. (WV-<br />

Metalle). Der Vorstand des Verbands wählte Iffert im November einstimmig in das<br />

Amt. Er folgt auf Harald Kroener, dessen Amtszeit turnusgemäß endet.<br />

In der Ener<strong>gie</strong>- und Klimapolitik sieht Iffert einen Schwerpunkt seiner Präsidentschaft.<br />

Darüber hinaus will er die Bedeutung der Grundstoffindustrie stärker<br />

vermitteln. „Die Grundstoffindustrie leistet einen wesentlichen Beitrag zu Stabilität<br />

und Wachstum an unserem Industriestandort. Als Basis einer eng verzahnten<br />

Wertschöpfungskette trägt sie gleichzeitig besondere Belastungen. Es ist deshalb<br />

unerlässlich, der Situation der Basisindustrien und ihrer Bedeutung für die gesamtindustrielle<br />

Entwicklung Geltung zu verschaffen“, sagt Iffert.<br />

Die WVMetalle vertritt die wirtschaftspolitischen Anliegen der rund 660 deutschen<br />

Erzeuger und Verarbeiter von Nichteisen-Metallen mit insgesamt mehr als<br />

110 000 Beschäftigten.<br />

www.wvmetalle.de<br />

Dr. Martin Iffert hält künftig die Fäden<br />

bei der WVMetalle in der Hand.<br />

8 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


AKTUELLES<br />

Einweihung der<br />

modernisierten<br />

Gießereihalle, die<br />

über eine Ausstattung<br />

mit neuester<br />

Anlagentechnik<br />

verfügt.<br />

Gießereiausbildung auf dem neuesten Stand der Technik<br />

> TU BERGAKADEMIE FREIBERG: Das<br />

Gießerei-Institut der TU Bergakademie<br />

Freiberg hat zum Auftakt des diesjährigen<br />

Ledebur-Kolloquiums am 27. und 28. Oktober<br />

die sanierte Gießereihalle wiedereingeweiht.<br />

Mit einer Investitionssumme<br />

von rund 2 Mio. Euro, die unter anderem<br />

aus Fördergeldern des Freistaats Sachsen<br />

stammt, wurde die Halle grundlegend saniert<br />

und modernisiert. Heute sorgt eine<br />

neue Be- und Entlüftungsanlage für Frischluft,<br />

zudem wurde die komplette Elektrik<br />

und der Hallenboden erneuert. Auch die<br />

technische Ausstattung in Freiberg kann<br />

sich sehen lassen: Eine Formanlage von<br />

Heinrich Wagner Sinto (HWS), Bad Laasphe,<br />

eine Aluminiumniederdruck<strong>gie</strong>ßanlage<br />

sowie eine 300-kg-Aluminiumkipp<strong>gie</strong>ßmaschine<br />

von Kurtz, Kreuzwertheim, die<br />

sich besonders für schnelle Le<strong>gie</strong>rungswechsel<br />

eignet, bieten angehenden Gießerei-Ingenieuren<br />

reichlich Praxisbezug.<br />

Den Stand der Technik in hochautomatisierten<br />

Gießereien stellt insbesondere eine<br />

ACE-Seiatsu-Formmaschine dar – die<br />

ehemalige Testanlage von Georg Fischer<br />

Mettmann ist eine Leihgabe von HWS. Hinzu<br />

kommen unter anderem ein Mittelfrequenzinduktionsofen,<br />

eine Vakuum-Induktionstiegelanlage<br />

und ein Sandmischer von<br />

Eirich, Hardheim.<br />

Institutsleiter Prof. Gotthard Wolf freute<br />

sich bei seiner Einweihungsrede über<br />

den fristgerecht eingehalten Zeitplan bei<br />

der Hallenmodernisierung und wies auf<br />

das letzte verbliebene Relikt aus alten Zeiten<br />

hin: einen Kupolofen, der künftig als<br />

dekorativer Bestandteil eine Seite der Halle<br />

zieren wird. Das Freiberger Gießerei-<br />

Institut hat sich auf die Fahnen geschrieben,<br />

in der Schmelztechnik einen Beitrag<br />

zu der von der Bundesre<strong>gie</strong>rung verfolgten<br />

„Entkarbonisierung der Industrie“ zu leisten,<br />

verriet Prof. Wolf zu Beginn der Vortragsveranstaltung<br />

am Nachmittag. Und<br />

der Rektor der TU Bergakademie Freiberg,<br />

Dr. Prof. Klaus-Dieter Barbknecht, betonte<br />

in seiner anschließenden Rede mit Blick<br />

auf den Trend Richtung Industrie 4.0 in<br />

der Gießerei-Industrie: „Wir brauchen eine<br />

Prozesslandschaft, die vernetzt ist und in<br />

der künstliche Intelligenz zum Einsatz<br />

kommt.“<br />

Das 26. Ledebur-Kolloquium zeichnete<br />

sich im weiteren Verlauf durch ausgezeichnete<br />

Vorträge und beste Bedingungen für<br />

Prof. Gotthard Wolf,<br />

Leiter des Gießerei-<br />

Instituts, und Jens<br />

Then, Vertreter des<br />

Kanzlers der TU<br />

Bergakademie Freiberg,<br />

bei der feierlichen<br />

Schlüsselübergabe<br />

für die sanierte<br />

Gießereihalle<br />

(v. l. n. r.).<br />

das Networking aus. Über 300 Teilnehmer<br />

waren angereist und das Fachprogramm<br />

glänzte durch Vielseitigkeit und aktuelle<br />

Relevanz. Es reichte vom Windener<strong>gie</strong>anlagenbau<br />

mit gusseisernen Komponenten<br />

und der Fertigung von Schiffspropellern<br />

aus Aluminiumbronze über einen Vergleich<br />

des Ener<strong>gie</strong>- und CO 2 -Footprints von Aluminium-<br />

und Gusseisenzylinderkurbelgehäusen<br />

bis zum Thema 3-D-Metalldruck<br />

und zur Entwicklung emissionsreduzierter<br />

Formstoffe. Die Redner stammten sowohl<br />

aus Gießereien wie dem Gusszentrum Ostfriesland,<br />

Meuselwitz Guss, MMG, dem<br />

Eisenwerk Brühl und Volkswagen als auch<br />

aus Hochschulen wie der Universität Miskolc<br />

in Ungarn und der Hochschule Düsseldorf.<br />

Einen ausführlichen Bericht über<br />

die Vortragsthemen lesen Sie ab S. <strong>12</strong>0.<br />

tu-freiberg.de/fakult5/gi<br />

FOTOS: DETLEV MÜLLER<br />

10 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


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WE<br />

UNDERSTAND<br />

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AKTUELLES<br />

Auftaktveranstaltung bei Meuselwitz Guss<br />

> JUGEND FORSCHT 2017: Unter dem<br />

Motto „Zukunft – ich gestalte sie!“ startet<br />

„Jugend forscht - Schüler experimentieren“<br />

in die 52. Wettbewerbsrunde. Die<br />

Meuselwitz Guss Eisen<strong>gie</strong>ßerei GmbH aus<br />

der gleichnamigen Stadt war am 27. Oktober<br />

Schauplatz der Auftaktveranstaltung<br />

für den 23. Ostthüringer Regionalwettbewerb.<br />

Das Unternehmen mit seinen 320 Mitarbeitern<br />

und 25 Auszubildenden ist die<br />

führende Gießerei für Groß- und Schwergussteile<br />

in Mitteldeutschland. Meuselwitz<br />

Guss stellt heute mit modernsten<br />

Gießereianlagen in einer Hand- und Großgussformerei<br />

sowie einer mechanisierten<br />

Anlagenformerei Gussteile hoher Maßgenauigkeit<br />

und Oberflächengüte bis 80 t<br />

Stückgewicht her. Seit diesem Jahr enga<strong>gie</strong>rt<br />

sich das Unternehmen auch bei „Jugend<br />

forscht“ und will die jungen Nachwuchswissenschaftler<br />

auch weiterhin aktiv<br />

unterstützen.<br />

Der Qualitätsingenieur des Unternehmens,<br />

Thomas Jäschke, berichtete von<br />

seinen Eindrücken und Erfahrungen als<br />

Teilnehmer am Wettbewerb. Immerhin<br />

schaffte er es im 5. Regionalwettbewerb<br />

1999 als Schüler mit einer Ausnahmegenehmigung<br />

bis zum Landeswettbewerb<br />

„Jugend forscht“. Damals gab es noch<br />

keinen Landeswettbewerb „Schüler experimentieren“.<br />

Der Wettbewerbsleiter für Ostthüringen,<br />

Dirk Heyer, und der Patenbeauftragte<br />

Heinz Teichmann zogen ein Resümee<br />

des letztjährigen Wettbewerbs und dankten<br />

den Betreuungslehrern und Juroren<br />

für ihr ehrenamtliches Engagement. Stellvertretend<br />

wurden im September Ronny<br />

Steinkopf von der SBBS WiSo Altenburg<br />

(Juror) und Ingolf Eckhardt vom Ulf-Merbold-Gymnasium<br />

Greiz (Betreuungslehrer)<br />

in Erfurt ausgezeichnet.<br />

Für den laufenden Wettbewerb wurden<br />

den anwesenden Schulleitern und<br />

Betreuungslehrern die Teilnahmekriterien<br />

und Termine bekanntgegeben sowie die<br />

Offerten von vier Unternehmen, die Schüler<br />

bereits bei ihrer Projekterarbeitung<br />

intensiv zu unterstützen. Gleichzeitig wurde<br />

das neu gegründete Schülerforschungszentrum<br />

Gera vorgestellt, welches die<br />

Wettbewerbsteilnehmer mit Laborkapazität<br />

unterstützt, aber auch externe Forscherclubs<br />

als Arbeitsgemeinschaften in<br />

ihren Schulen anbietet.<br />

An Jugend forscht können junge Menschen<br />

bis 21 Jahre teilnehmen. Jüngere<br />

Schüler und Schülerinnen müssen im<br />

Anmeldejahr mindestens die 4. Klasse<br />

An „Jugend forscht“ können junge Menschen<br />

bis 21 Jahre teilnehmen. In diesem<br />

Jahr richtete der Großgussspezialist<br />

Meuselwitz Guss die Auftaktveranstaltung<br />

des Ostthüringer Regionalwettbewerbs<br />

aus.<br />

besuchen. Studierende dürfen höchstens<br />

im ersten Studienjahr sein. Stichtag<br />

für diese Vorgaben ist der 31. Dezember<br />

<strong>2016</strong>. Zugelassen sind Einzelpersonen<br />

sowie Zweier- oder Dreierteams. Beim<br />

Wettbewerb kann das Forschungsthema<br />

frei gewählt werden, muss sich aber einem<br />

der sieben Fachgebiete zuordnen<br />

lassen: Arbeitswelt, Biolo<strong>gie</strong>, Chemie,<br />

Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik,<br />

Physik sowie Technik.<br />

Bis zum 18. Januar 2017 müssen die Teilnehmer<br />

ihre Projektarbeit im Internet<br />

hochladen.<br />

Seit Jahren wird dieser von der Wirtschaft<br />

ausgerufene und getragene Wettbewerb<br />

in Ostthüringen von ca. 80 Unternehmen,<br />

Einrichtungen und Privatpersonen<br />

finanziell und materiell unterstützt.<br />

Auf dieses bundesweit einzigartige Engagement<br />

setzt der neue Patenträger<br />

WAMM e.V. auch in diesem Jahr. Es ist<br />

eine Investition in die Zukunft!<br />

www.meuselwitz.de<br />

FOTO: JUGEND FORSCHT<br />

<strong>12</strong> GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


FOTO: BDG/THIEME<br />

Der Vorsitzende des BDG-Umwelttages, Guido Battenstein, am<br />

Rednerpult, rechts daneben BDG-Umweltreferentin Elke Radtke.<br />

Von der Altsandentsorgung über die TA Luft bis zu NepSI<br />

> 7. BDG-UMWELTTAG: Am 27. September<br />

<strong>2016</strong> fand – nunmehr bereits zum<br />

siebten Mal – der BDG-Umwelttag statt.<br />

Diese jährliche Konferenz zu den Themen<br />

Ener<strong>gie</strong>, Umwelt- und Arbeitsschutz hat<br />

sich als feste Größe in der Verbandsarbeit<br />

und als Treffpunkt aller Gießereiverantwortlichen<br />

dieser Bereiche etabliert.<br />

Am Tagungsort im Stahlzentrum in<br />

Düsseldorf hatten sich ca. 80 Teilnehmer<br />

versammelt, um die Vorträge zu verfolgen,<br />

zu diskutieren und neue Kontakte zu<br />

knüpfen.<br />

Guido Battenstein, Vorsitzender des<br />

BDG-Umweltausschusses, führte durch<br />

die Veranstaltung und ließ zu Beginn die<br />

neuen rechtlichen Regelungen Revue passieren,<br />

die seit dem letzten Umwelttag in<br />

Kraft getreten sind. Es bleibt letztlich festzustellen,<br />

dass sowohl die Anforderungen<br />

seitens des Gesetzgebers als auch der<br />

gesellschaftliche Druck auf die Betreiber<br />

industrieller Anlagen in Deutschland stetig<br />

steigen – ohne dass eine gewisse Entspannung<br />

zu erwarten wäre.<br />

Dass diese zunehmende Belastung<br />

auch vor den Bereichen Ener<strong>gie</strong>, Umweltund<br />

Arbeitsschutz keinen Halt macht,<br />

spiegelte die Agenda des Umwelttages<br />

wider. Eröffnet wurde die Vortragsreihe<br />

mit einem Überblick über aktuelle Neuerungen<br />

im Ener<strong>gie</strong>recht, dem sich thematisch<br />

ein sehr informativer Praxisbericht<br />

zur nutzbringenden Anwendung von Ener<strong>gie</strong>managementsystemen<br />

anschloss.<br />

Dass die Entsorgung von Altsand in<br />

der Zukunft schwieriger und teurer wird,<br />

sollte sich mittlerweile in der Branche herumgesprochen<br />

haben. Denn die Verknappung<br />

von Deponiekapazitäten ist<br />

Fakt – dies belegte der Vortrag von Hartmut<br />

Haeming von der Interessengemeinschaft<br />

Deutscher Deponiebetreiber sehr<br />

eindrücklich. Dennoch gibt es technische<br />

Möglichkeiten, das Problem zumindest zu<br />

minimieren und dabei auch noch Ener<strong>gie</strong>effizienzpotenziale<br />

zu heben, wie in einer<br />

anschließenden Präsentation erläutert<br />

wurde. Gerade die praxisbezogenen Vorträge<br />

werden von den Teilnehmern sehr<br />

geschätzt, da sie wertvolle Anregungen<br />

zur Lösung eigener Fragestellungen liefern<br />

können.<br />

Natürlich durfte die Novellierung der<br />

TA Luft in der Tagesordnung des Umwelttages<br />

nicht fehlen. Annette Giersch vom<br />

Bundesverband der Deutschen Industrie<br />

(BDI) stellte die Neuerungen des Entwurfes<br />

vor und gab einen Ausblick über den<br />

weiteren zeitlichen Verlauf des Verfahrens.<br />

Die neue TA Luft verdeutlicht das<br />

eingangs dargestellte Szenario der sich<br />

permanent verschärfenden Anforderungen<br />

an die Anlagenbetreiber in Deutschland.<br />

Viele der beabsichtigten Anforderungen<br />

der TA Luft gehen weit über europarechtliche<br />

Vorgaben hinaus und<br />

verzerren so die Wettbewerbsgleichheit<br />

unter den Mitgliedsstaaten. Folgerichtig<br />

kritisiert der BDI die Entwurfsfassung aufs<br />

Schärfste.<br />

Hinsichtlich der Immissionen, aber<br />

auch direkt am Arbeitsplatz, stellen Stäube<br />

für Gießereien schon immer eine besondere<br />

Herausforderung dar. Zwei Vorträge<br />

widmeten sich diesem Thema und<br />

befassten sich mit neuen technischen<br />

Lösungen zur Staubabscheidung sowie<br />

dem seit 10 Jahren erfolgreichen Sozialdialog<br />

NepSI zum Schutz vor Quarzfeinstaub.<br />

Auch bei Letzterem werden in Zukunft<br />

die Daumenschrauben angezogen,<br />

da Quarzfeinstaub zukünftig in der EU-<br />

Krebsrichtlinie geregelt wird.<br />

Fortgesetzt wurde die Vortragsreihe<br />

des 7. BDG-Umwelttages durch Präsentationen<br />

zu den Bereichen Neueinstufung<br />

von Stoffen – hier insbesondere von Blei<br />

– sowie zum Umgang mit Radioaktivität<br />

im Schrott. Zum Abschluss gab BDG-Umweltreferentin<br />

Elke Radtke einen Überblick<br />

über die Themen, die in ihrem Referat aktuell<br />

mit Hochdruck bearbeitet werden.<br />

Der nächste BDG-Umwelttag wird im<br />

September 2017 in Würzburg stattfinden.<br />

www.bdguss.de<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 13


AKTUELLES<br />

Herbstsitzung am IFAM<br />

> BDG-AK QUALITÄTSSICHERUNG<br />

NE: Der Arbeitskreis Qualitätssicherung<br />

NE des Bundesverbandes der Deutschen<br />

Gießerei-Industrie e. V (BDG) traf sich am<br />

3. November <strong>2016</strong> zu seiner Herbstsitzung<br />

am Fraunhofer IFAM in Bremen. Das<br />

Kompetenzzentrum Gießereitechnolo<strong>gie</strong><br />

am IFAM bearbeitet die Themenschwerpunkte:<br />

> Komplexe Gussteile/ Salzkern-Technolo<strong>gie</strong><br />

> Hybridguss und Faserintegration<br />

> Funktionsintegrierte Gussteile-Cast-<br />

Tronics<br />

> Komponenten für elektrische Antriebe<br />

Die Mitglieder des Arbeitskreises hatten<br />

die Gelegenheit, im Rahmen einer Institutsbesichtigung<br />

die Einrichtungen und<br />

Anlagentechnik kennenzulernen. Im Bereich<br />

Druckguss wird am IFAM eine neue<br />

Kaltkammermaschine der Oskar Frech<br />

GmbH + Co. KG, Schorndorf, vom Typ<br />

DAK 250 aufgebaut. Die Fertigung von<br />

Salzkernen konzentriert sich auf das Niederdruck<strong>gie</strong>ßen.<br />

Dafür ist am IFAM eine<br />

flexible Niederdruck<strong>gie</strong>ßanlage der TEGI-<br />

SA Giessereianlagen und Industrieöfen<br />

GmbH, Köln, mit einem Tiegelschnellwechselsystem<br />

installiert. Beim Thema<br />

CFK-Aluminiumhybridverbindungen arbeitet<br />

das IFAM in der Forschungsgruppe<br />

Schwarz-Silber (FOR <strong>12</strong>24) der Deutschen<br />

Forschungsgesellschaft (DFG) zum<br />

Ein<strong>gie</strong>ßen von Fasern als Übergangsstruktur<br />

mit. Das neue DFG-Projekt Hybridguss<br />

zur Herstellung intensiver CFK-<br />

Die Herbstsitzung des BDG-Arbeitskreises Qualitätssicherung NE fand am Fraunhofer IFAM<br />

in Bremen statt. Die Mitglieder des Arbeitskreises hatten hier die Gelegenheit, im Rahmen<br />

einer Institutsbesichtigung die Einrichtungen und Anlagentechnik kennenzulernen.<br />

Aluminiumverbundstrukturen aus Aluminiumguss<br />

ist <strong>2016</strong> angelaufen. Ebenfalls<br />

von der DFG wird ab <strong>2016</strong> das neue<br />

IFAM-Projekt SINA - Sensorintegration<br />

aus Aluminiumguss gefördert. Im Rahmen<br />

der Feingussaktivitäten beschäftigt<br />

sich das IFAM mit der Herstellung von<br />

gegossenen Spulen aus Aluminium und<br />

Kupfer. Der Arbeitskreis beschäftigte sich<br />

im Rahmen von Fachbeiträgen weiterhin<br />

mit den Themen Akustische Resonanzanalyse<br />

in der Serienproduktion und dem<br />

Ergebnis einer Umfrage zum Thema Blistertest.<br />

Der Arbeitskreis ist auch in die<br />

Überlegungen eingebunden, ein öffentlich<br />

gefördertes Projekt zum Thema Bauteilkennzeichnung<br />

mittels RFID zu starten.<br />

Der neue BDG-Richtlinienentwurf N<br />

50 - Grate beim Druck<strong>gie</strong>ßen wurde besprochen<br />

und über die Notwendigkeit eines<br />

Workshops zum Thema IATF<br />

16949:<strong>2016</strong> diskutiert. Das Thema wird<br />

auch das Schwerpunktthema der nächsten<br />

Sitzung sein, die am 11. Mai 2017 in<br />

Rudersberg stattfinden wird.<br />

www.bdguss.de<br />

FOTO: BDG/TROGLIO<br />

Neuer Automotive-Standard veröffentlicht<br />

> IATF 16949: Der von den Herstellern<br />

der Automobilindustrie weltweit anerkannte<br />

Standard für Qualitätsmanagementsysteme<br />

ISO/TS 16949 ist von der<br />

International Automotive Task Force<br />

(IATF) einer Revision unterzogen worden.<br />

Die neue Norm trägt die Bezeichnung IATF<br />

16949 und wurde am 1. Oktober <strong>2016</strong><br />

veröffentlicht.<br />

Die bisherige Normversion ISO/TS<br />

16949:2009 wurde im Zuge der Revision<br />

von der IATF an die revisionierte ISO 9001<br />

angepasst, die bereits im September<br />

2015 veröffentlicht wurde. Die überarbeiteten<br />

Managementsystemnormen wurden<br />

(und werden) an einen einheitlichen Rahmen,<br />

der High Level Structure (HLS), angepasst,<br />

um eine Standardisierung und<br />

damit eine verbesserte Integration verschiedener<br />

Standards zu gewährleisten.<br />

Darüber hinaus soll die neue Normversion<br />

die Weiterentwicklung eines Qualitätsmanagementsystems<br />

ermöglichen, welches<br />

> einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

unterstützt,<br />

> Fehlervermeidung hervorhebt,<br />

> den spezifischen Anforderungen und<br />

Methoden der Automobilindustrie gerecht<br />

wird<br />

> und Schwankungen und Verluste in der<br />

Lieferkette reduziert.<br />

Eine frühzeitige Umstellung gibt in der<br />

Automobilbranche tätigen Unternehmen<br />

mehr Planungssicherheit, denn bis zum<br />

14. September 2018 müssen alle bestehenden<br />

ISO/TS 16949:2009 Zeritifikate<br />

auf die neue Standardversion IATF<br />

16949:<strong>2016</strong> umgestellt sein. Nach diesem<br />

Stichtag verlieren noch existierende<br />

ISO/TS 16949 Zertifikate ihre Gültigkeit.<br />

Die frühe Umstellung lohnt sich auch, da<br />

es nach dem 1. Oktober 2017 nicht mehr<br />

erlaubt ist Audits nach der alten Normversion<br />

durchzuführen. Nach dem erfolgreichen<br />

Abschluss des Umstellungsaudits<br />

beginnt eine neue 3-jährige Zertifikatslaufzeit.<br />

DNV GL empfiehlt zum Zeitpunkt<br />

des nächsten Rezertifizierungsaudits umzustellen.<br />

Ausführlichere Informationen<br />

finden Sie in der PDF-Datei „Transition<br />

Strategy“ auf der Website der IATF:<br />

http://bit.ly/2f474KG<br />

14 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Industrielle Bildverarbeitung zeigt starkes Wachstum<br />

2015 wuchs die europäische Bildverarbeitungsbranche um 10 %. <strong>2016</strong> bleibt die europäische<br />

Industrie mit 8 % auf Wachstumskurs.<br />

> VDMA: Die Bildverarbeitungsindustrie<br />

in Deutschland und Europa meldet seit<br />

Jahren Wachstum. Alleine in Deutschland<br />

hat sich der Umsatz innerhalb von zehn<br />

Jahren verdoppelt, ein Ende des Booms<br />

ist nicht in Sicht. Hierzulande wird die<br />

Branche in diesem Jahr einen neuen Rekordumsatz<br />

in Höhe von mindestens<br />

2,2 Mrd. Euro erreichen. Die Bildverarbeitungsindustrie<br />

in Europa wird <strong>2016</strong><br />

ein Umsatzplus von 8 % erzielen“, sagt<br />

Dr. Olaf Munkelt, Vorsitzender des<br />

VDMA-Vorstandes Industrielle Bildverarbeitung,<br />

anlässlich der Eröffnung der<br />

VISION, Leitmesse für industrielle Bildverarbeitung.<br />

Auch für das Jahr 2017<br />

rechnet der VDMA laut aktuellen Umfragen<br />

mit einer weiteren dynamischen Entwicklung<br />

der Branche.<br />

Bildverarbeitung „Made in Europe“ ist<br />

zur Schlüsseltechnolo<strong>gie</strong> für die Automatisierung<br />

weltweit geworden. Maschinen<br />

können dank Bildverarbeitung „sehen und<br />

verstehen“. Das führt nicht nur zu höchster<br />

Produktqualität, sondern auch zu einer<br />

höheren Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit<br />

im Kontext von Industrie 4.0,<br />

indem stabile und effiziente Prozesse sowie<br />

Flexibilität und Intelligenz in der Fertigung<br />

ermöglicht werden.<br />

Darüber hinaus erobert sich die Bildverarbeitung<br />

stetig neue Absatzindustrien<br />

und Anwendungsfelder. „Kreative Einsatzmöglichkeiten<br />

gibt es jedes Jahr aufs<br />

Neue: Lebensmittelerkennung ohne Barcode<br />

im Supermarkt, Schienenüberwachung<br />

in der Londoner U-Bahn, Garnelensortierung<br />

auf dem Fischkutter – die Bildverarbeitung<br />

erweist sich als echter<br />

Alleskönner und hat längst unseren Alltag<br />

erobert!“, sagt Munkelt. 2015 betrug der<br />

Anteil des Umsatzes der europäischen<br />

Bildverarbeitungsindustrie in nicht-industriellen<br />

Branchen bereits 24 %; der Umsatz<br />

wuchs mit 14 % überdurchschnittlich.<br />

Wachstumstreiber waren insbesondere<br />

die Bereiche Intelligente Verkehrssysteme,<br />

Medizinische Diagnoseapparate und<br />

Operationstechnik sowie Sicherheit &<br />

Überwachung.<br />

Aufgeschlüsselt nach Branchen bleibt<br />

die Automobilindustrie weltweit stärkster<br />

Kunde für die europäische Bildverarbeitungsindustrie<br />

mit 20 % am Gesamtumsatz.<br />

Der Umsatz von industrieller Bildverarbeitung<br />

stieg hier im Jahr 2015 um<br />

9 %. Der Umsatz in der verarbeitenden<br />

Industrie ohne Automobil wuchs um 8 %<br />

im Vergleich zum Vorjahr. Die Elektro-<br />

Elektronikindustrie – einschließlich Halbleiter<br />

– war mit einem Anteil von knapp<br />

<strong>12</strong> % der zweitgrößte Kunde, gefolgt von<br />

der Metallbranche sowie der Nahrungsmittel-<br />

und Getränkeindustrie mit einem<br />

Anteil von jeweils 7 %.<br />

Für die europäische Bildverarbeitungsindustrie<br />

war Deutschland der wichtigste<br />

Absatzmarkt: 33 % des Umsatzes wurde<br />

in Deutschland erzielt, <strong>12</strong> % mehr im Vergleich<br />

zum Vorjahr. Nordamerika war mit<br />

14 % der zweitwichtigste Exportmarkt<br />

(plus 11 %), gefolgt von China mit 8 %<br />

Anteil am Umsatz (plus 16 % im Vergleich<br />

zu 2014).<br />

Wichtigste Komponente mit einem Anteil<br />

von 30 % am Gesamtumsatz der europäischen<br />

Bildverarbeitungsindustrie<br />

sind die Kameras. Der Umsatz wuchs<br />

2015 um satte 9 %. Etwas weniger dynamisch<br />

entwickelte sich mit einem Wachstum<br />

von 6,5 % der Umsatz von Bildverarbeitungssystemen.<br />

www.vdma.org/vision<br />

FOTO: ERHARDT + ABT AUTOMATISIERUNGSTECHNIK<br />

Schon mal vormerken!<br />

Nächster GIFA-Termin: 25. Juni bis 29. Juni 2019<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 15


AKTUELLES<br />

FOTOS: CARL HANSER VERLAG<br />

Werkführung durch die Leichtmetall<strong>gie</strong>ßerei im BMW-Werk Landshut.<br />

Gießen 4.0 – die Weiterentwicklung der Branche<br />

> LEICHTBAU IN GUSS <strong>2016</strong>: Bereits<br />

zum 10. Mal traf sich die Gießereibranche<br />

am 26. und 27. Oktober <strong>2016</strong> in Landshut<br />

zur Branchenveranstaltung Leichtbau in<br />

Guss.<br />

In diesem Jahr stand die Veranstaltung<br />

unter dem Motto „Gießen 4.0“ - die Weiterentwicklung<br />

der Branche in allen<br />

Belangen. Die Vorträge zu den Tagungsschwerpunkten<br />

Integralbauteile - gelebter<br />

Leichtbau, Planerische Leichtbauaspekte<br />

- Gießerei 4.0 und Innovative Prozess- und<br />

Werkzeugtechnik regten zu lebhaften Diskussionen<br />

an. So spielt z. B. in der Entwicklung<br />

von Gussbauteilen seit Jahren die<br />

Funktionsintegration eine entscheidende<br />

Rolle. Sie ermöglicht die Umsetzung des<br />

konstruktiven Leichtbaugedankens und<br />

steigert in der Folge die Wertschöpfungstiefe<br />

im Gießprozess. Die Substitution<br />

einer Schweißverbindung mehrerer Bauteile<br />

durch ein integrales Gussbauteil erfordert<br />

allerdings auch eine Beherrschung<br />

der Komplexität in allen Abschnitten des<br />

Produktions- und Planungsprozesses.<br />

Dr. Konrad Weiß, Geschäftsführer der RWP<br />

GmbH, Roetgen, stellte seinen Vortrag unter<br />

den Titel „Leichtbau durch Funktionsintegration“<br />

und beschäftigte sich mit der<br />

Ausnutzung des Werkstoffpotenzials am<br />

Beispiel eines leichtbaugetriebenen Achsensystems<br />

aus Aluminium für Nutzfahrzeuge.<br />

Dr. Andreas Dworog, Hengst SE &<br />

Co. KG, Münster, hob die Bedeutung einer<br />

hohen Funktionsintegration für den Leichtbau<br />

hervor und veranschaulichte dies an<br />

preisgekrönten, fluidführenden dynamisch<br />

beanspruchten Druckgussteilen. Rainer<br />

Kurtz, Kurtz Holding GmbH & Co. Beteiligungs<br />

KG, Kreuzwertheim, gab praxisnahe<br />

Einblicke in die Umsetzung des 4.0-Gedankens<br />

in der Handform<strong>gie</strong>ßerei am<br />

Standort Hasloch. Neben der Emissionsreduzierung<br />

ermöglicht die Anorganik, innovative<br />

Kokillengusskonzepte in Großserie<br />

umzusetzen. Thomas Heller, BMW<br />

Group Landshut, stellte dies am Beispiel<br />

eines Reihen-Sechszylinder-Kurbelgehäuses<br />

dar und unterstrich hierbei die Vorteile<br />

der anorganischen Sandkernfertigung.<br />

Weitere Beiträge von Continental Automotive,<br />

Zanardi Fonderie, Electronics,<br />

Audi, MAGMA, Kind & Co. Edelstahlwerk<br />

sowie vom Lehrstuhl für Umformtechnik<br />

und Gießereiwesen der TU München, der<br />

Hochschule für angewandte Wissenschaften<br />

Kempten sowie der Universität Duisburg-Essen<br />

komplettierten das Vortragsprogramm.<br />

Die Pausen und das Abendevent nutzten<br />

die 90 Teilnehmer, die unter anderem<br />

aus Deutschland, Österreich, Ungarn und<br />

Italien kamen, für Fachgespräche sowie<br />

Networking.<br />

Highlight <strong>2016</strong> war die Besichtigung<br />

der Leichtmetall<strong>gie</strong>ßerei im BMW Group-<br />

Werk Landshut. In einer der weltweit modernsten<br />

Leichtmetall<strong>gie</strong>ßereien konnten<br />

die Teilnehmer tiefgehende Einblicke in die<br />

Bereiche Kernmacherei, Schwerkraftguss,<br />

Niederdruckguss, Druckguss sowie Rohteilbearbeitung<br />

gewinnen. Die nächste<br />

Leichtbau in Guss findet im Herbst 2017<br />

statt.<br />

www.hanser-tagungen.de/guss<br />

16 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Neuer Verband fokussiert Industrie-4.0-Themen<br />

> INDUSTRY BUSINESS NETWORK<br />

4.0: Eine Mittelstandsinitiative innovativer<br />

Maschinen und Anlagenbauer hat mit<br />

der Industry Business Network 4.0 e.V.<br />

einen neuen Verband gegründet. Die Hersteller<br />

aus der Blechbearbeitungsbranche<br />

wollen gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft<br />

und Forschung die großen Potenziale<br />

einer vernetzten Fertigung im<br />

Sinne der Industrie 4.0 für den Anwender<br />

erschließen. Gründungsmitglieder sind<br />

unter anderem die Unternehmen Kemppi,<br />

Kemper, Kjellberg, MicroStep Europa sowie<br />

der TÜV Süd. „Gemeinsam mit dem<br />

Fraunhofer IGCV und der Universität<br />

Augsburg werden wir zügig Lösungen mit<br />

greifbarem Mehrwert für unsere Kunden<br />

realisieren“, sagte der Vorstandsvorsitzende<br />

des Verbands, Igor Mikulina, der<br />

auch Geschäftsführer von MicroStep ist,<br />

beim Fachkongress Fertigung 4.0 in Bad<br />

Wörishofen Ende September, als der neue<br />

Verband erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt<br />

wurde. Kooperationspartner des<br />

neuen Verbands ist die Fraunhofer-Einrichtung<br />

für Gießerei-, Composite- und<br />

Keynote-Speaker<br />

des Fachkongresses<br />

Fertigung 4.0 war<br />

der bekannte Wissenschaftsjournalist<br />

und Moderator<br />

Ranga Yogeshwar,<br />

der verdeutlichte,<br />

welch riesige Möglichkeiten<br />

die digitale<br />

Revolution bietet.<br />

Verarbeitungstechnik (IGCV), die erst Anfang<br />

Oktober dieses Jahres gegründet<br />

wurde. Grundsätzlich stehe der neue Verband<br />

innovativen Unternehmen der Branche<br />

offen, hieß es.<br />

In den kommenden Monaten wollen<br />

die Mitglieder an einer Implementierungs-<br />

Guideline arbeiten. Sie soll es ermöglichen,<br />

auf Grundlage bestehender Standards<br />

Maschinen und Anlagen verschiedener<br />

Hersteller zu vernetzen. Ziel für das<br />

erste Projektjahr ist es, bis zur Messe<br />

Schweißen und Schneiden im Herbst<br />

2017 für priorisierte Mehrwertfelder wie<br />

etwa Maintenance, Ener<strong>gie</strong>effizienz oder<br />

Arbeitssicherheit erste Applikationen zu<br />

entwickeln. Diese werden im Rahmen der<br />

Messe mit real eingebundenen und vernetzten<br />

Maschinen und Anlagen demonstriert.<br />

Betreut wird das Projekt unter anderem<br />

von Prof. Dr.-Ing. Johannes Schilp<br />

von der Universität Augsburg.<br />

www.industry-business-network.org<br />

FOTO: IBN SYSTEMS<br />

Investitionen in Automatisierung und Industrie 4.0<br />

> IW GUSSPUTZ: Die 2010 gegründete<br />

Firma IW Gussputz GmbH mit Sitz in Babenhausen<br />

investiert in Automatisierung.<br />

Seit Anfang September ist der „Janke Robocut<br />

20<strong>12</strong>“ installiert, eine Automatisierungslösung<br />

zum Gusstrennen. Trennvorgänge<br />

werden hierdurch um 40 bis<br />

50 % effizienter, darüber hinaus ist es<br />

möglich, komplexe Geometrien in einer<br />

Aufspannung zu bearbeiten. Bei speziellen<br />

Anfragen für Großserien kann die Anlage<br />

sowohl für Trenn- als auch für Schleifvorgänge<br />

eingerichtet werden. Die Bestückung<br />

erfolgt manuell.<br />

Für Schleif- und Strahlbearbeitungen<br />

ist eine weitere Automatisierungslösung<br />

geplant. Die neue robotergestützte Anlage<br />

wird gemeinsam mit Ingenieuren der<br />

Schwesterfirma IW Projekt GmbH, Darmstadt,<br />

entwickelt, die für ihre Kompetenzen<br />

im Maschinen- und Anlagenbau bekannt<br />

ist.<br />

Auch die Digitalisierung von Prozessen<br />

schreitet weiter voran. Die Entwicklung<br />

in Richtung Industrie 4.0 wird mit der Einrichtung<br />

eines ERP-Systems noch in <strong>2016</strong><br />

starten. So entsteht mehr Transparenz in<br />

allen Abläufen, die beispielsweise auch<br />

durch die mögliche Anbindung an kundeneigene<br />

Liefer- und Serviceprozesse genutzt<br />

werden kann.<br />

IW Gussputz ist stark gewachsen – das<br />

Team ist im Verlaufe der vergangenen Jahres<br />

um 25 % auf 45 Mitarbeitern angewachsen.<br />

Mit der umfangreichen technischen<br />

Entwicklung will das Unternehmen<br />

den Ansprüchen der Kunden und des<br />

Marktes gerecht werden und innovative<br />

Ideen in die Tat umzusetzen.<br />

www.iw-gussputz.de<br />

Ein Arbeiter beim Gussschleifen am<br />

Janke Robocut 20<strong>12</strong>. Der eigentliche<br />

Schleifvorgang findet hinter Sicherheitsglas<br />

statt.<br />

FOTO: IW GUSSPUTZ<br />

ConviTec<br />

Schwingmaschinen und Fördertechnik<br />

Projektierung – Ausführung - Service<br />

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AKTUELLES<br />

Thomas Sukowski<br />

ist seit Juni <strong>2016</strong><br />

Leiter Komponentenfertigung<br />

in<br />

Münchsmünster:<br />

„Die Fertigung<br />

Münchsmünster ist<br />

ein wichtiges Standbein<br />

für eine nachhaltige<br />

und intelligente<br />

Produktion.“<br />

FOTO: AUDI<br />

Fertigung in Münchsmünster läuft auf Hochtouren<br />

> AUDI: Audi läuft in Münchsmünster zur<br />

Hochform auf. So wird das Kompetenzzentrum<br />

für Hightech-Fahrwerkkomponenten,<br />

Aluminiumstrukturbauteile und<br />

Pressteile allein im Jahr <strong>2016</strong> voraussichtlich<br />

mehr als 23 Mio. Bauteile herstellen.<br />

Das ist weit mehr als die ursprünglich geplante<br />

Stückzahl von 21 Mio. Mittlerweile<br />

arbeiten am Standort mehr als 800<br />

Mitarbeiter, alle Gewerke produzieren im<br />

Drei-Schichtbetrieb. Auch die „Smart Factory“<br />

– die intelligente, vernetzte Fabrik<br />

– hält Schritt für Schritt in Münchsmünster<br />

Einzug.<br />

In Münchsmünster vereint Audi auf<br />

einem 48,2 ha großen Areal Nachhaltigkeit<br />

mit großer Effizienz: Seit 2013 entstehen<br />

am Standort mithilfe innovativer<br />

Produktionsmethoden formgehärtete<br />

Stahlblechkomponenten und Aluminiumdruckgussteile<br />

für den Leichtbau. „Unsere<br />

Fertigung ist ein wichtiges Standbein<br />

für eine nachhaltige und intelligente<br />

Produktion“, so Thomas Sukowski, seit<br />

Juni <strong>2016</strong> Leiter der Komponentenfertigung.<br />

„Wir beliefern von Münchsmünster<br />

aus verschiedene Werke des Volkswagen-<br />

Konzerns, unter anderem unsere Audi-<br />

Werke in Ingolstadt und Neckarsulm, VW<br />

in Bratislava und Porsche in Leipzig. Im<br />

Jahr 2017 setzen wir unseren Wachstumskurs<br />

fort.“ Ziel sei es, mit 850 Mitarbeitern<br />

dann insgesamt 26 Mio. Teile zu fertigen.<br />

In der modernen Strukturbauteilefertigung<br />

des Standorts laufen die riesigen<br />

Aluminiumdruck<strong>gie</strong>ßanlagen auf Volllast.<br />

Sie haben eine Schließkraft von 4400 t.<br />

<strong>2016</strong> werden allein dort mehr als 560 000<br />

Bauteile entstehen, zum Beispiel Federbeinaufnahmen<br />

für den Audi A4. In der<br />

Fahrwerkkomponentenfertigung ist das<br />

Produktionsvolumen auf sieben Millionen<br />

Teile gestiegen: Auf zwei Linien entstehen<br />

Radnaben für die Modelle Audi Q5, Q7,<br />

A4, A5, A6, A7 und Audi A8 sowie für den<br />

Porsche Macan. Außerdem fertigt Audi in<br />

Münchsmünster Bremsscheiben für Autos<br />

auf Basis des Modularen Längsbaukastens<br />

MLB. Diese entstehen auf neun Bearbeitungslinien.<br />

Aktuell ist jeweils eine<br />

vierte Radträger- und Schwenklagerlinie<br />

im Aufbau. Audi legt in Münchsmünster<br />

höchsten Wert auf Nachhaltigkeit. Im Laserpark<br />

des Presswerks ermöglicht etwa<br />

der sogenannte „Brillenbeschnitt“ eine<br />

innovative Abfallentsorgung: Dadurch<br />

sind die Schneidzeiten beim Beschneiden<br />

der warmumgeformten Pressteile gering,<br />

einzelne Trennschnitte des Abfallteils entfallen.<br />

Der Mitarbeiter nimmt das fertige<br />

Bauteil direkt aus der Anlage, der Abfall<br />

wird automatisch und störungsfrei entsorgt.<br />

Seit diesem Jahr hält auch die intelligente<br />

Fabrik der Zukunft „Smart Factory“<br />

in Münchsmünster Einzug: In der Strukturbauteilefertigung<br />

übernimmt beispielsweise<br />

ein Fahrerloses Transportsystem<br />

(FTS) den Teiletransport von den Gießzellen<br />

zur anschließenden Wärmebehandlung.<br />

Am FTS-Projekt arbeiteten auch<br />

Auszubildende am Standort mit. Derzeit<br />

sind sechs angehende Gießereimechaniker<br />

und 14 Azubis in den Ausbildungsberufen<br />

Fachkraft für Lagerlogistik, Zerspanungsmechaniker<br />

und Mechatroniker vor<br />

Ort beschäftigt.<br />

Ein weiteres Beispiel für digital vernetztes<br />

Arbeiten in Münchsmünster: In<br />

der Radnabenfertigung unterstützt ein<br />

sogenanntes „Bin-Picking-System“ bei<br />

der sekundenschnellen Produktion von<br />

kleinen Schmiedestahlteilen. Ein Roboter<br />

entnimmt dafür – im komplexen Zusammenspiel<br />

mit einer 3-D-Bilderkennungssoftware<br />

– unsortierte Radnaben aus<br />

einem Behälter und positioniert sie. Auch<br />

das Verpacken der fertigen Radnaben<br />

läuft vollautomatisiert. Auf einer Produktionslinie<br />

kann dadurch nun alle acht Sekunden<br />

eine Radnabe fertiggestellt werden.<br />

Die Mitarbeiter arbeiten hier in einer<br />

ergonomisch optimal gestalteten Arbeitsstation.<br />

Das Thema Biodiversität setzt Audi auf<br />

dem Areal in Münchsmünster auch sukzessive<br />

um. So kennzeichnen Obstbäume<br />

und Wildblumenfelder die Flächen rund<br />

um die Werkhallen. Außerdem steht eine<br />

weltweit einzigartige Forschungsstation<br />

bei Audi in Münchsmünster: der Hightech-<br />

Bienenstock „Smart HOBOS“. Er ist Teil<br />

des Projekts „HOneyBee Online Studies“,<br />

mit dem sich Audi im Rahmen der Audi<br />

Stiftung für Umwelt GmbH in Kooperation<br />

mit der Julius Maximilians Universität<br />

Würzburg für den Erhalt der Honigbiene<br />

enga<strong>gie</strong>rt.<br />

Eine Erweiterung der Audi-Fertigung<br />

in Münchsmünster ist möglich. Ein rund<br />

15 Hektar großes Gelände westlich des<br />

Standorts ist dafür bereits im Besitz der<br />

Audi AG. Der Bebauungsplan für eine Industriefertigung<br />

liegt seit kurzem öffentlich<br />

aus.<br />

www.audi.de<br />

18 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


PERSONALIE<br />

Carl Martin Welcker zum neuen Präsidenten gewählt<br />

FOTO: VDMA<br />

Der Familienunternehmer Carl Martin<br />

Welcker ist neuer VDMA-Präsident. Er<br />

studierte Wirtschaftsingenieurwesen<br />

und war bis 2010 VDW-Vorstandsvorsitzender.<br />

> VDMA: Der Familienunternehmer Carl Martin Welcker ist von der Mitgliederversammlung<br />

des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Berlin<br />

zum neuen VDMA-Präsidenten gewählt worden. Welcker ist geschäftsführender<br />

Gesellschafter des Kölner Werkzeugmaschinenherstellers Alfred H. Schütte<br />

GmbH & Co. KG. Er löst turnusgemäß Dr. Reinhold Festge (Haver & Boecker OHG)<br />

ab, der 2013 zum Präsidenten gewählt wurde.<br />

Zugleich stimmte die Mitgliedsversammlung dafür, die Amtsperiode des VDMA-<br />

Präsidenten von bisher drei auf nunmehr vier Jahre zu verlängern.<br />

Carl Martin Welcker wurde am 5. August 1960 in Köln geboren. Er ist verheiratet<br />

und hat zwei Kinder. Nach Abschluss einer Maschinenschlosserlehre studierte er<br />

Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin. Es folgten berufliche<br />

Stationen im Maschinenbau in Deutschland und den USA. 1993 übernahm<br />

Welcker das Familienunternehmen in vierter Generation. Die Schütte-Gruppe erwirtschaftet<br />

mit weltweit gut 650 Beschäftigten einen Umsatz von rund 110 Mio.<br />

Euro. Alfred H. Schütte stellt Mehrspindeldrehautomaten sowie Schleifmaschinen<br />

her, mit denen eine große Palette von Produkten – von der Zündkerze bis zum<br />

Kniegelenk – in höchster Qualität gefertigt werden kann. Das Unternehmen wurde<br />

1880 ursprünglich als Handelshaus in Köln gegründet und nahm die eigene<br />

Produktion von Maschinen nach 1910 auf.<br />

Welcker ist Mitglied im Engeren Vorstand und im Hauptvorstand des VDMA.<br />

Ende 2010 wurde er zum Vize-Präsidenten des Verbands gewählt und übernahm<br />

zudem in der Funktion des Schatzmeisters Verantwortung für die Finanzen des<br />

VDMA. Von 2004 bis 2010 war er Vorstandsvorsitzender des Vereins Deutscher<br />

Werkzeugmaschinenfabriken (VDW).<br />

Vizepräsidenten wurden der Münchner Famlienunternehmer Karl Haeusgen,<br />

der das Amt bereits seit Ende 2013 bekleidet, und Norbert Basler, der Co-Gründer<br />

und heutige Aufsichtsratsvorsitzende des Industriekameraherstellers Basler aus<br />

Ahrensburg. <br />

www.vdma.org<br />

Wirtschaftsmedaille für Dr.-Ing. Ioannis Ioannidis<br />

Für Verdienste um<br />

die Wirtschaft hat<br />

die baden-württembergische<br />

Wirtschaftsministerin<br />

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut<br />

die Wirtschaftsmedaille<br />

<strong>2016</strong> an Dr.-Ing.<br />

Ioannis Ioannidis,<br />

Sprecher der Geschäftsführung<br />

der<br />

Frech-Gruppe, verliehen.<br />

> OSKAR FRECH Für herausragende<br />

Verdienste um die Wirtschaft von Baden-<br />

Württemberg wurde Dr.-Ing. Ioannis Ioannidis,<br />

Sprecher der Geschäftsführung<br />

der Frech-Gruppe, mit der Wirtschaftsmedaille<br />

des Landes ausgezeichnet. Wirtschaftsministerin<br />

Dr. Nicole Hoffmeister-<br />

Kraut (CDU) hob in ihrer Laudatio die Kriterien<br />

hervor, nach denen in diesem Jahr<br />

die Medaillen verliehen wurden: Erhalt<br />

und Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen,<br />

Bereitstellung von Ausbildungsplätzen,<br />

Innovation, Forschung und Entwicklung,<br />

Wissenstransfer, ressourcenorientiertes<br />

Wirtschaften. Unter der<br />

Füh rung von Dr. Ioannidis hat sich die<br />

Frech-Gruppe zum global a<strong>gie</strong>renden<br />

Technolo<strong>gie</strong>- und Weltmarktführer in der<br />

Druck<strong>gie</strong>ßtechnik weiterentwickelt. Neben<br />

Warm- und Kaltkammermaschinen<br />

umfasst das Portfolio des Unternehmens<br />

heute die gesamte Anlagenperipherie –<br />

einschließlich der Schmelz- und Temperiertechnik<br />

sowie der Roboter- und Automatisierungstechnolo<strong>gie</strong>.<br />

Das gesellschaftliche<br />

Engagement von Dr. Ioannidis<br />

spiegelt sich auch in seiner Funktion als<br />

Vorstand des VDMA-Fachverbandes Gießereimaschinen<br />

wider, sowie in seiner<br />

Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft<br />

Additive Manufacturing<br />

im VDMA. Erst vor kurzem konnte<br />

die Oskar Frech GmbH + Co. KG eine Auszeichnung<br />

des Landes für innovative Lösungen<br />

im Bereich der Ressourceneffizienz<br />

entgegennehmen.<br />

www.frech.com<br />

FOTO: WIRTSCHAFTSMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 19


AKTUELLES<br />

FOTO: ORTRANDER HÜTTE<br />

Die ausgezeichneten Lieferanten des Automobil- und Industriezulieferers<br />

Schaeffler. Mit dabei ist auch Bernd H. Williams-Boock, Geschäftsführer der<br />

Ortrander Eisenhütte (4. v. l.).<br />

Eisen<strong>gie</strong>ßerei gehört zu den besten Schaeffler-Lieferanten<br />

> ORTRANDER EISENHÜTTE: Hervorragende<br />

Qualität, Zuverlässigkeit, wettbewerbsfähige<br />

Kostenstrukturen, Service,<br />

Innovationen und eine globale Präsenz:<br />

Das erwartet Schaeffler, Herzogenaurach,<br />

von seinen Lieferanten. Die zehn Besten<br />

wurden mit dem Schaeffler-Lieferantenpreis<br />

für ihre Leistungen im Jahr 2015<br />

ausgezeichnet.<br />

Rund 5000 Zulieferunternehmen versorgen<br />

Schaeffler an 74 Produktionsstandorten<br />

weltweit mit Produktionsmaterialien.<br />

100 Top-Lieferanten mit insgesamt<br />

250 Teilnehmern aus 20 Ländern<br />

folgten der Einladung von Schaeffler nach<br />

Herzogenaurach. In einem vorherigen<br />

Auswahlverfahren wurden aus diesem<br />

Kreis die zehn besten Lieferanten des Jahres<br />

2015 ermittelt. Oliver Jung, Vorstand<br />

Produktion, Logistik und Einkauf sowie<br />

Chief Operating Officer und Michael Hartig,<br />

Leiter Einkauf Schaeffler, dankten für<br />

die vorbildlichen Leistungen und überreichten<br />

die Auszeichnungen, die unter<br />

anderem an eine Gießerei, die Ortrander<br />

Eisenhütte aus dem brandenburgischen<br />

Ortrand gingen. Neben der Eisen<strong>gie</strong>ßerei<br />

gingen die Auszeichnungen an die Bilstein<br />

GmbH & Co.KG, Harsha Engineers Limited<br />

aus Indien, KLS Ljubno d.o.o. aus Slowenien,<br />

LG Innotek Co., Ltd. und Posco aus<br />

Korea, die Schleifscheibenfabrik Alfons<br />

Schmeier GmbH & Co. KG, Tan Kong Precision<br />

Balls Co., Ltd. aus Taiwan, Uchiyama<br />

Manufacturing Corp. aus Japan sowie<br />

die voestalpine Deutschland GmbH.<br />

Oliver Jung hob in seiner Ansprache<br />

hervor: „Wir haben Sie heute eingeladen,<br />

weil wir auf Sie als unsere langjährigen<br />

Partner vertrauen. Unser Ziel ist es, mit<br />

den besten Lieferanten zusammenzuarbeiten.<br />

Diese sind ein bedeutender Teil<br />

unseres Produktionssystems. Durch Ihre<br />

Liefertreue, die Einhaltung der Qualitätsstandards,<br />

Ihre wettbewerbsfähige Kostenstruktur<br />

und die Optimierung der Lieferkette<br />

sind wir gemeinsam erfolgreich.<br />

Das erfordert von den Lieferanten auch<br />

ein hohes Technolo<strong>gie</strong>verständnis, Spezialisierung<br />

und Qualifikation in allen Bereichen.<br />

“<br />

Michael Hartig ging in seiner Präsentation<br />

auf die Erwartungen und Möglichkeiten<br />

in der Zusammenarbeit mit den<br />

Lieferanten ein. „Unsere Lieferanten spielen<br />

bei Schaeffler eine wichtige Rolle, um<br />

die hohen Zielsetzungen im Hinblick auf<br />

Qualität, Kosten und Liefertreue zu unterstützen.<br />

Dazu werden sich Schaeffler<br />

und seine besten Lieferanten in Zukunft<br />

viel enger verzahnen, um auf der ganzen<br />

Lieferkette Bestände und Durchlaufzeiten<br />

zu reduzieren.“<br />

Das Einkaufsvolumen von Schaeffler<br />

im Jahr <strong>2016</strong> beträgt 7,8 Milliarden Euro.<br />

Die Schaeffler Lieferantenpreise für Produktionsmaterial<br />

werden alle zwei Jahre<br />

verliehen – im Wechsel mit der Verleihung<br />

der „Premium Supplier Awards“ im Rahmen<br />

der Einkaufskooperation mit der<br />

Continental AG.<br />

www.ortrander.de<br />

20 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Kapazitätserweiterung für hochwertige Aluminium-<br />

Gussle<strong>gie</strong>rungen<br />

Automatisches Umreifen der<br />

Masselstapel.<br />

> TRIMET: Die Trimet Aluminium SE, Essen,<br />

hat auf die steigende Nachfrage nach<br />

hochwertigen Gussle<strong>gie</strong>rungen mit der<br />

Investition in eine zweite Horizontalstrang<strong>gie</strong>ßanlage<br />

im Werk Essen rea<strong>gie</strong>rt.<br />

Ausrüstungspartner ist Hertwich Engineering,<br />

Braunau am Inn, Österreich, ein Unternehmen<br />

im Verbund der SMS group.<br />

Hertwich hat Horizontal<strong>gie</strong>ßanlagen<br />

seit 40 Jahren im Lieferprogramm. In diesem<br />

Zeitraum hat das Unternehmen mit<br />

zahlreichen Projekten umfassende Erfahrungen<br />

sammeln können. Diese Erfahrungen<br />

sind in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

eingeflossen, welcher<br />

das Unternehmen auf diesem Sektor an<br />

die technologische Spitze geführt hat. Dabei<br />

ist der Einsatz dieser Anlagen keineswegs<br />

auf Gussle<strong>gie</strong>rungen beschränkt.<br />

Gussle<strong>gie</strong>rungen stellt Trimet wahlweise<br />

in Form von Zweiteiler-Masseln eines<br />

Massel<strong>gie</strong>ßbandes oder als Horizontalstranggussmasseln<br />

zur Verfügung. Für die<br />

Masselproduktion ging 2013 ein Massel<strong>gie</strong>ßband<br />

für 30 000 t jährlich in Betrieb.<br />

Die vorhandene Horizontalstranggusslinie<br />

mit einer Kapazität von 40 000 Jahrestonnen,<br />

welche seit 2003 in Betrieb ist,<br />

wurde jetzt um eine zweite Linie für<br />

60 000 t pro Jahr ergänzt. Damit macht<br />

Horizontalstrangguss in der Essener Hütten<strong>gie</strong>ßerei<br />

derzeit etwa ein Drittel der<br />

Produktionskapazität aus. Beide Horizontal<strong>gie</strong>ßanlagen<br />

und das Massel<strong>gie</strong>ßband<br />

wurden von Hertwich geliefert.<br />

Für anspruchsvolles Vormaterial zur<br />

direkten Verarbeitung wird Horizontalguss<br />

bevorzugt. Die Marktentwicklung<br />

lässt erkennen, dass Aluminium für hoch<br />

beanspruchte Gussteile, wie sie besonders<br />

von der Automobilindustrie eingesetzt<br />

werden, zunehmend nachgefragt<br />

wird. Tatsächlich bestätigt Trimet, dass<br />

die Produktion der neuen Gießanlage für<br />

die Automobilindustrie bestimmt ist.<br />

Wichtige Gesichtspunkte sind der wirtschaftliche<br />

Anlagenbetrieb und die Qualität<br />

der Produkte. Die qualitätsrelevanten<br />

Vorzüge kontinuierlich vergossener Le<strong>gie</strong>rungen<br />

sind: niedrige Gehalte an Wasserstoff<br />

und oxidischen sowie nichtmetallischen<br />

Einschlüssen, feinkörnige und<br />

gleichmäßige Gefügestruktur, gleichmäßige<br />

Verteilung der Le<strong>gie</strong>rungselemente,<br />

keine Seigerung infolge Schwerkrafteinwirkung,<br />

frei von Rissen, Hohlräumen und<br />

Einschlüssen, hohe Gleichmäßigkeit bei<br />

Abmessungen, Geradheit und Gewicht<br />

der Strangabschnitte und glatte Oberfläche,<br />

die das Stapeln, das Umreifen und<br />

auch den Versand vereinfacht.<br />

Unter den wirtschaftlichen Aspekten<br />

spielen das Automatisierung, Ausbringen<br />

und die Verfügbarkeit der Anlage eine<br />

wichtige Rolle. Die Horizontalstrang<strong>gie</strong>ßanlage<br />

ist für 32 Stränge mit 90 mm x<br />

54 mm ausgelegt. Die Stranghöhe weicht<br />

vom Standard ab, der sich mit 75 mm<br />

allgemein etabliert hat. Der größere<br />

Strangquerschnitt kommt der Gießleistung<br />

zugute.<br />

Stapeln, Markieren, Umreifen und<br />

Wiegen sind unter Verwendung erprobter<br />

Standardkomponenten in den automatisierten<br />

Ablauf integriert. Für die Stapelung<br />

setzt Hertwich einen Industrieroboter<br />

ein, der auf der einen Seite die notwendigen<br />

Freiheitsgrade der Bewegung<br />

realisiert, zugleich aber auch für sehr große<br />

Beschleunigungen bzw. Verzögerungen<br />

ausgelegt ist. Die Steuerung übernimmt<br />

neben der Überwachung des Betriebs<br />

auch die Verwaltung der administrativen<br />

Daten und die Dokumentation sämtlicher<br />

Betriebsparameter. Jeder einzelne Arbeitsschritt<br />

wird von speziellen Überwachungs-<br />

und Diagnoseprogrammen kontrolliert.<br />

Bei Abweichungen rea<strong>gie</strong>rt die<br />

Steuerung unverzüglich.<br />

www.trimet.eu<br />

FOTO: TRIMET<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 21


AKTUELLES<br />

FOTO: TU BRAUNSCHWEIG<br />

Feierliche Einweihung des neuen Leichtbau-Campus: Dr. Armin Plath, Leiter Leichtbaucampus Volkswagen Konzernforschung, Hiltrud Jeworrek,<br />

Bürgermeisterin der Stadt Wolfsburg, Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender Volkswagen AG, Prof. Dr. Jürgen Hesselbach, Präsident<br />

der Technischen Universität Braunschweig, Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung, Thomas Schmall, Komponentenvorstand<br />

Marke Volkswagen, Stephan Weil, Ministerpräsident Niedersachsen, Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft<br />

und Prof. Dr. Klaus Dilger, Vorstandsvorsitzender Open Hybrid LabFactory e.V (v. l. n. r.).<br />

Leichtbau-Campus in Wolfsburg nimmt<br />

den Forschungsbetrieb auf<br />

> FRAUNHOFER IFAM: Leichtere Werkstoffe<br />

und neue Produktionstechniken<br />

helfen dabei, Autos in großen Stückzahlen<br />

umweltfreundlicher herzustellen. Entsprechende<br />

Schlüsseltechnolo<strong>gie</strong>n für den<br />

Fahrzeugbau der Zukunft entwickelt der<br />

Forschungscampus Open Hybrid LabFactory<br />

in Wolfsburg. Er wurde am 22. September<br />

<strong>2016</strong>, feierlich eingeweiht.<br />

Die Forschung in der Open Hybrid Lab-<br />

Factory wird im Rahmen des Forschungscampus-Programms<br />

des Bundes mit bis<br />

zu 30 Mio. Euro gefördert. In dem Wettbewerb<br />

war das LeichtbauCampus-Konsortium<br />

unter Federführung des Niedersächsischen<br />

Forschungszentrums Fahrzeugtechnik<br />

(NFF) der Technischen<br />

Universität Braunschweig mit dem Engagement<br />

von Industriepartnern wie der<br />

Volkswagen AG als eines von neun geförderten<br />

Campi erfolgreich. Insgesamt werden<br />

über 90 Mio. Euro für Ausstattung<br />

und erste Forschungsprojekte vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung,<br />

dem Land Niedersachsen, der<br />

Stadt Wolfsburg und Industriepartnern<br />

bereitgestellt. 60 Mio. Euro davon wurden<br />

in die Gebäudeerstellung, die Anlagentechnik<br />

und die Ersteinrichtung investiert.<br />

In den kommenden 15 Jahren sollen Forschungsprojekte<br />

mit einem Volumen von<br />

über 200 Mio. Euro in der Open Hybrid<br />

LabFactory durchgeführt werden.<br />

Im LeichtbauCampus wird die gesamte<br />

Wertschöpfungskette für hybride Bauteile<br />

abgebildet, von der Konzeption über<br />

die Herstellung von Verstärkungstextilien<br />

und den hybriden Fertigungsprozessen<br />

bis hin zum Recycling. Ziel ist es die<br />

Grundlage für die Produktion von besonders<br />

leichten und somit ener<strong>gie</strong>- und ressourceneffizienten<br />

Fahrzeugkarosserien<br />

und Antriebssystemen in hohen Stückzahlen<br />

zu schaffen. Forscher entwickeln<br />

dazu die so genannte Hybridbauweise<br />

weiter. Dabei werden Werkstoffe mit unterschiedlichen<br />

Eigenschaften, wie Metall,<br />

Kunststoff und textile Strukturen, zu<br />

möglichst leichten Bauteilen zusammengefügt.<br />

Dabei bieten sie dieselbe hohe<br />

Sicherheit und Leistung wie konventionelle<br />

Autos.<br />

Um dies zu ermöglichen, arbeiten in<br />

der Forschungsfabrik Expertinnen und<br />

Experten aus Universitäten, Forschungseinrichtungen<br />

und Industrie auf Augenhöhe<br />

unter einem Dach zusammen. Unter<br />

der Federführung des Niedersächsischen<br />

Forschungszentrums Fahrzeugtechnik<br />

(NFF) der TU Braunschweig kooperieren<br />

dort Volkswagen, BASF, DowAksa, Engel,<br />

IAV, Magna, Siempelkamp, thyssenkrupp,<br />

ZwickRoell, Institute der Fraunhofer-Gesellschaft,<br />

der TU Clausthal und der Universität<br />

Hannover sowie eine Vielzahl weiterer<br />

Unternehmen. International a<strong>gie</strong>rende<br />

Technolo<strong>gie</strong>führer bringen damit ihre<br />

Kompetenzen in den akademischen Forschungsprozess<br />

ein und umgekehrt. Auch<br />

Studierende und Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />

und -wissenschaftler profitieren<br />

von den vielfältigen Perspektiven<br />

und den Erfahrungen der Partner. Das<br />

neue Kompetenz- und Forschungszentrum<br />

für wirtschaftlichen Leichtbau und<br />

innovative Werkstoff- und Fertigungstechnolo<strong>gie</strong>n<br />

ist in Wolfsburg, unweit des<br />

Stammwerks der Volkswagen AG, in direkter<br />

Nähe zum MobileLifeCampus entstanden.<br />

www.ifam.fraunhofer.de<br />

22 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Drei Fragen an...<br />

Hans-Peter Grohmann, Geschäftsführer der<br />

Grohmann Holding GmbH und Co. KG in<br />

Bisingen, zur Neuausrichtung der Unternehmensgruppe<br />

FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />

Sehr geehrter Herr Grohmann, in den<br />

Jahren 2003, 2010 und zuletzt 2014<br />

haben Sie zahlreiche Standorte für<br />

Aluminiumsand- und kokillenguss sowie<br />

für die Oberflächenbearbeitung<br />

von Gussteilen hinzugekauft. Nun<br />

steht eine Neuaufstellung Ihrer Unternehmensgruppe<br />

an. Wie sieht Ihre<br />

Strate<strong>gie</strong> aus?<br />

Wir haben unseren Gießereien und Betrieben<br />

für mechanische Bearbeitung an<br />

den Standorten Bisingen, Mühlacker, Hirrlingen<br />

und Schopfheim eine Holding, die<br />

Grohmann Holding GmbH und Co. KG,<br />

übergeordnet. Über diese Holding wird<br />

zukünftig die strategische Ausrichtung<br />

der Firmengruppe bestimmt. Aufgabe der<br />

Holding ist es, die Firmengruppe im Markt<br />

neu auszurichten und ggf. die Fertigungstiefe<br />

der Gruppe zu erweitern, um<br />

weitere Expansionen zu ermöglichen.<br />

Parallel hierzu gibt es eine Vertriebsgesellschaft<br />

– die Grohmann Aluworks<br />

GmbH & Co. KG –, die für sämtliche Gießereistandorte<br />

die Vertriebstätigkeit unter<br />

Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen<br />

Ausrichtung der einzelnen<br />

Standorte und deren besonderer Stärken<br />

organisiert und koordiniert. Unser Umsatz,<br />

der seit dem Start unserer Expansion<br />

im Jahr 2004 bis heute von rund 25<br />

auf 75 Mio. Euro gestiegen ist, soll im<br />

kommenden Jahr über 80 Mio. Euro betragen.<br />

Wir werden insbesondere in die<br />

mechanische Bearbeitung an allen Standorten<br />

investieren, in Bisingen und Hirrlingen<br />

auch in die Kernmacherei. Am Standort<br />

Schopfheim haben wir darüber hinaus<br />

damit begonnen, eine neue großformatige<br />

Formanlage des Herstellers HWS zu<br />

installieren. Die Investitionssumme liegt<br />

zwischen 3 und 4 Mio. Euro.<br />

Ein wichtiger Kunde Ihrer Gussteile ist<br />

die Automobilbranche, die höchste<br />

Qualität erwartet, dafür aber die geringstmöglichen<br />

Preise zahlen will.<br />

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?<br />

Wer nur Gussteile verkauft, kann im Automotive-Bereich<br />

nur bescheidene Gewinnmargen<br />

erwirtschaften. Anders sieht<br />

das aus, wenn die Wertschöpfung der<br />

Bauteile erhöht wird. Unsere Investitionen<br />

in die mechanische Bearbeitung haben<br />

genau dieses Ziel. Wir entsprechen damit<br />

auch dem Wunsch der Industrie, einbaufertige<br />

Bauteile zu liefern. Unser Geschäft<br />

steht allerdings auf mehreren Säulen: Wir<br />

fertigen auch Bauteile für den Maschinenbau,<br />

den Motorenbau sowie die Elektround<br />

Medizintechnik. Über alle Geschäftsbereiche<br />

hinweg produzieren wir mit unseren<br />

ca. 500 Mitarbeitern Komponenten<br />

und komplette Baugruppen in Klein-, Mittel-<br />

und Großserien. Für das Prototyping,<br />

aber auch zur Vorbereitung der Serienfertigung,<br />

setzen wir auch 3-Drucker ein.<br />

Das 3-Drucken hat für mich als Ergänzung<br />

zum Gießereibetrieb ein sehr hohes Potenzial.<br />

Sie unterstützen zwei Rockfestivals in<br />

Süddeutschland als Sponsor. Verfolgen<br />

Sie damit ein bestimmtes Ziel oder<br />

geht es Ihnen um die Musik?<br />

Hier steht die Musik im Vordergrund. Wir<br />

sehen die beiden Festivals „Bang your<br />

Head“ und „Rock of Ages“, beides Heavy<br />

Metal-Festivals, aber auch als Kundenevent.<br />

Und um Heavy Metal geht es in der<br />

Gießerei ja schließlich auch – so schlagen<br />

wir den Bogen von der Musik zu unserem<br />

Geschäft!<br />

Deutscher Gießereitag 17. bis 18. Mai 2017<br />

Kontakt und weitere Auskünfte: Gabriela Bederke,<br />

E-Mail: gabriela.bederke@bdguss.de, www.bdguss.de<br />

Fotos: ConorCrowe - Fotolia<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 23


AKTUELLES<br />

FOTO: VW<br />

Volkswagen will an die Spitze der<br />

neuen Automobilindustrie<br />

Premiere in Dresden: Der neue e-Golf<br />

wird ab April 2017 auch in der Gläsernen<br />

Manufaktur gebaut.<br />

> VW WOLFSBURG: Nach dem Zukunftspakt<br />

hat Volkswagen nun auch eine<br />

neue Strate<strong>gie</strong> bis 2030 beschlossen. Die<br />

Marke will Weltmarktführer für E-Autos<br />

werden und nimmt die USA wieder stärker<br />

in den Blick.<br />

Volkswagen stellt sich strategisch<br />

grundlegend neu auf. Dafür hat der Markenvorstand<br />

die Strate<strong>gie</strong> „Transform<br />

2025+“ beschlossen. Sie gibt den Kurs<br />

für die nächste Dekade und darüber hinaus<br />

vor. Der Vorsitzende des Markenvorstandes,<br />

Dr. Herbert Diess, erklärte dazu<br />

Ende November in Wolfsburg: „Wir wollen<br />

den Wandel nutzen und Volkswagen entschlossen<br />

an die Spitze der neuen Automobilindustrie<br />

führen. Volkswagen wird<br />

sich in den kommenden Jahren grundlegend<br />

verändern, nur die allerwenigsten<br />

Dinge werden so bleiben wie sie sind.“<br />

Neuausrichtung in drei Schritten<br />

Die Neuausrichtung der Marke soll in drei<br />

Schritten gelingen. Die erste Phase, die<br />

bis zum Jahr 2020 ausgelegt wird, ist von<br />

der Restrukturierung des Kerngeschäfts<br />

und einem grundlegenden Umbau entlang<br />

der gesamten Wertschöpfungskette geprägt.<br />

Der kürzlich verkündete Zukunftspakt<br />

ist bereits als erster Schritt dieser<br />

Phase zu betrachten.<br />

Während Phase zwei, also bis 2025,<br />

strebt Volkswagen den Sprung an die Spitze<br />

der Elektromobilität an. Auch die nach<br />

2025 erwartete große Transformation der<br />

Branche will Volkswagen von der Spitze<br />

maßgeblich mitgestalten. Angestrebt wird<br />

während der dritten Phase bis zum Jahr<br />

2030 die Führungsrolle in der neuen Welt<br />

der Automobilität.<br />

Elektromobilität als Markenkern<br />

Die E-Mobilität wird zum Markenkern von<br />

Volkswagen gehören. „Ab 2020 starten<br />

wir unsere große Elektro-Offensive. Als<br />

Volumenhersteller wollen wir einen wesentlichen<br />

Beitrag dazu leisten, dem<br />

Elektroauto zum Durchbruch zu verhelfen:<br />

Wir zielen nicht auf Nischenprodukte,<br />

sondern auf das Herz des Automarktes.<br />

Bis 2025 wollen wir eine Million<br />

Elektroautos pro Jahr verkaufen und<br />

Welt marktführer in der Elektromobilität<br />

sein. Unsere künftigen Elektroautos werden<br />

das neue Markenzeichen von Volkswagen“,<br />

so der Vorsitzende der Marke<br />

Volkswagen. Finanziert wird die E-Offensive<br />

unter anderem durch den Wegfall<br />

von volumen- und ertragsschwachen<br />

konventionellen Modellen und Varianten.<br />

Investitionsmittel in Höhe von mehr als<br />

2,5 Mrd. Euro sollen so freigemacht werden.<br />

Engagement in den USA<br />

Zur neuen Strate<strong>gie</strong> gehört auch, sich auf<br />

dem traditionell für Volkswagen schwierigen<br />

amerikanischen Mark zu positionieren.<br />

Volkswagen möchte sich dort von<br />

einem Nischenanbieter zu einem relevanten<br />

und profitablen Volumenhersteller<br />

entwickeln. Diess: „Wir werden unser Engagement<br />

in den USA deutlich verstärken.<br />

Den Fokus legen wir auf die dortigen Kernsegmente,<br />

also auf große SUVs und Limousinen.<br />

In einer zweiten Welle werden<br />

wir dann auch unsere neuen Elektroautos<br />

nach Nordamerika bringen.“<br />

Quelle: Benjamin Auerbach/ATZ,<br />

vom 23.11.<strong>2016</strong><br />

24 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Gießen. Verstehen. Beherrschen. Profitieren.<br />

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INTERVIEW<br />

26 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


„Wir werden darüber reden, wie der<br />

Gießer dem Entwickler aufzeigen<br />

kann, welches Potenzial Gießprozesse<br />

und neue Werkstoffe bieten.“<br />

Interview mit Dr. -Ing. Götz Hartmann, Prokurist Engineering Business Development,<br />

MAGMA Gießereitechnolo<strong>gie</strong> GmbH, General Manager, Sigma Engineering GmbH<br />

in Aachen. Dr. Hartmann ist der Tagungsleiter der 9. VDI-Tagung „Gießtechnik im<br />

Motorenbau“.<br />

FOTOS: ULRICH ZILLMANN<br />

Die VDI-Fachtagung Gießtechnik im Motorenbau geht in<br />

die neunte Runde. Was zeichnet die Veranstaltung aus?<br />

Sie ist die Konferenz, auf der sich Gießer und Motorenentwickler<br />

treffen. Auf reinen Motorenkonferenzen sind im Normalfall<br />

kaum Gießer. Auf dieser Fachtagung konzentrieren sich Gießer<br />

und Motorenbauer aufeinander, zusammen mit Wissenschaftlern<br />

von Universitäten und Forschungseinrichtungen. Fachlichinhaltlich<br />

ist das eine sehr anerkannte Veranstaltung. Von Anfang<br />

an ausgelegt als Forum zum inhaltlichen Austausch, aber<br />

auch als Networkingebene.<br />

Was macht die Konferenz für Gießer so bedeutsam?<br />

Seit 130 Jahren werden Verbrennungsmotoren gebaut und seitdem<br />

reden Motorenentwickler und Gießer miteinander. Aber<br />

vor 50-60 Jahren haben sich die beiden viel leichter ausgetauscht,<br />

als es heute der Fall ist. Heute ist der Austausch sehr<br />

stark geprägt von wirtschaftlichen Fragen. Seit den 80er-Jahren<br />

– Stichwort Lopez – ist diese Kooperation und Kommunikation<br />

belastet. Seitdem steht immer ein Dollarzeichen darüber. Mit<br />

dieser Konferenz haben wir die Möglichkeit, beide Gruppen vor<br />

einem ganz anderen Hintergrund und in einer ganz anderen<br />

Umgebung zusammenzubringen.<br />

Wer sollte die Konferenz besuchen?<br />

Nicht nur Motoren<strong>gie</strong>ßer. Die auf der Fachtagung behandelten<br />

Themen und die Diskussionen sind alle auch in vielen anderen<br />

Bereichen interessant.<br />

Haben Sie dafür Beispiele?<br />

Wir werden darüber reden, wie der Gießer dem Entwickler aufzeigen<br />

kann, welches Potenzial Gießprozesse und neue Werkstoffe<br />

bieten. Umgekehrt teilt der Entwickler dem Gießer mit,<br />

was für Anforderungen in Zukunft kommen. Auch Themen wie<br />

Prototyping, Werkzeug- und Modellbauthemen gehen alle an.<br />

Wir werden darüber diskutieren, was sich an Geometrien heute<br />

darstellen lässt. Funktionsintegration wird ein Thema sein.<br />

Dann Gussgroßserienproduktion und Qualitätssicherung in verschiedensten<br />

Werkstoffen und Gießverfahren.<br />

Gibt es ein Top-Thema?<br />

Die Herausforderung durch Elektroantriebe und die Frage, wie<br />

es im Motorenbau weitergeht. Ein ganz wichtiges Thema, ob<br />

wir wollen oder nicht. Es gibt die klare Forderung aus einigen<br />

Seiten der Politik, dass in ein paar Jahren keine neuen Autos<br />

mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden sollen.<br />

Bis dahin müssen ganze Zulieferzweige für den Motorenbau<br />

komplett umgedacht haben. Keine Verbrennungsmotoren bedeutet<br />

keine Motorblöcke mehr, keine Zylinderköpfe, keine<br />

Kolben, keinen Kurbelwellen, Nockenwellen, Krümmer, Abgaskrümmer.<br />

Dahinter geht es beim Getriebe weiter, Schaltgetriebe<br />

sehen anders aus als Getriebe für E-Motoren – wenn überhaupt<br />

welche gebraucht werden. Letztendlich bliebe dann bei<br />

Verbrennungsmotoren nur noch das Reparaturgeschäft für<br />

Oldtimer.<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 27


INTERVIEW<br />

Das klingt, vorsichtig formuliert, herausfordernd…<br />

Das ist eine dramatische Änderung für die Gießerei-Industrie,<br />

die sich da anbahnt. Eine Reihe von Zulieferern wird es in<br />

15 bis 20 Jahren nicht mehr geben. Vor dem Gesamthintergrund<br />

haben wir eine Gießereibranche, die vor erheblichen Veränderungen<br />

steht. Doch auch im Elektroauto stecken Gussteile und<br />

damit Chancen.<br />

Noch sind wir von der Ablösung des Verbrennungsmotors<br />

durch Elektroantriebe ja auch ein ganzes Stück weit entfernt…<br />

Man kann auch nicht von einem Moment auf den anderen<br />

umsatteln und sich nur noch auf die Zukunft konzentrieren.<br />

Zumal, wenn das wie beim Elektroantrieb politisch inszeniert<br />

wird.<br />

Haben Gießer noch Bedenkzeit oder sollten sie sich jetzt<br />

schon konkret auf die E-Mobilität einstellen?<br />

Motorenguss für Verbrennungsmotoren wird mit Sicherheit drastisch<br />

weniger und Motoren<strong>gie</strong>ßer müssen sich auf die kommende<br />

E-Mobilität einstellen. Für meine Begriffe müssten die Gießer<br />

sich schon längst damit beschäftigen. Das tun sie sicherlich<br />

auch. Aber sicherlich auch nicht alle.<br />

Wird das Thema auf der anstehenden Tagung anders diskutiert<br />

als in der Vergangenheit?<br />

Auf der letzten Konferenz waren E-Antriebe und die Folgen für<br />

Gießereien auch schon ein Thema. Aber diesmal haben wir der<br />

Elektromobilität erstmals eine eigene Podiumsdiskussion gewidmet.<br />

Wir wollen Statements aus dem Gießereibereich, insbesondere<br />

aber aus dem Motorenentwicklungsbereich einholen.<br />

Wir wollen konkret erörtern, was die Einführung elektrischer<br />

Antriebe für die Gießereien bedeutet. Das ist ein klares Alleinstellungsmerkmal<br />

dieser Konferenz.<br />

Was sonst noch erwartet die Besucher?<br />

Die Podiumsdiskussion dreht sich erstmal ausschließlich um<br />

die Tendenzen bei Elektroantrieben und deren Auswirkungen<br />

auf die Gießereien. Was genau diese neuen Tendenzen sind wird<br />

ja derzeit in vielen Konferenzen und Foren diskutiert. Wir wollen<br />

hier von den wesentlichen Tendenzen hören und vor allem bei<br />

der Diskussion erfahren, wie sie sich auf die Gießerei-Industrie<br />

auswirken. Elektromobilität ist aber kein roter Faden, der sich<br />

durch die Tagung zieht. Im Laufe der verschiedenen Sessions<br />

werden alle möglichen Fragen aufgegriffen, die in dem Kreis<br />

von Gießereien und Motorenentwicklern permanent diskutiert<br />

werden: Was ist mit lokalen Gussteileigenschaften, wie kann<br />

man Designfreiheitsgrade nutzen, die der Gießer zur Verfügung<br />

stellt, welche Gießverfahren sind am effizientesten wofür, welche<br />

Tendenzen und Entwicklungen gibt es bei neuen Werkstoffen.<br />

Zudem stellen Hochschulen ihre Entwicklungen vor.<br />

Auf der Tagung treffen Gießer auf Motorenbauer – wer lernt<br />

von wem?<br />

Wir wollen ein Forum bereitstellen, in denen sich Fachleute mit<br />

komplett unterschiedlichen Schwerpunkten über ihr gemeinsames<br />

Produkt austauschen können. Das sind aber keine Lehrund<br />

Lerngespräche. Ein guter Konstrukteur will kein Gießer sein<br />

und kein guter Gießer will ein Konstrukteur sein. Man muss die<br />

Kompetenzen zusammenführen. Man muss ein Bauteil mit viel<br />

Know-how entwickeln und mit viel Know-how fertigen. Das sind<br />

schon zwei verschiedene Bereiche. Aber sie müssen einen offenen<br />

und intensiven Austausch haben.<br />

Der Gießer ist immer noch in der Lage, dem Konstrukteur<br />

Möglichkeiten zu eröffnen in Richtung Gestaltungsfreiheit, in<br />

Richtung Werkstoffe. Und der Konstrukteur muss dem Gießer<br />

mitteilen, was in naher Zukunft im Markt passieren wird. Der<br />

Konstrukteur bzw. der Gussabnehmer sitzt in dem Prozess auf<br />

der Fahrerseite und entscheidet letztendlich, was der Gießer<br />

ihm liefern soll.<br />

Welchen Stellenwert hat der Motorenbau heute?<br />

Der Motor tritt – leider – ein bisschen in den Hintergrund. Für<br />

das Auto von heute ist offensichtlich wichtiger, dass es mit dem<br />

Internet verbunden ist und man unterwegs per Sprache eine<br />

SMS losschicken kann. Wenn ich sage, was mir beim Autofahren<br />

wichtig ist, ernte ich manchmal verständnislose Blicke. Die<br />

ganze Antriebstechnik geht ein bisschen ins Verborgene, wird<br />

aber natürlich immer wichtig bleiben, ob Verbrennungsmotor<br />

oder Elektroantrieb unter der Haube steckt.<br />

Andererseits werden Themen wie Ressourceneffizienz und<br />

der CO 2 -Fußabdruck immer wichtiger. Von daher sind die gesamte<br />

Motorenentwicklung und Fertigungstechnolo<strong>gie</strong>, Werkstoffe<br />

und Gießverfahren, getrieben, sich permanent weiterzuentwickeln<br />

und rundzuerneuern.<br />

Hemmt die Diskussion um Elektroantriebe vielleicht Entwicklungen<br />

im und für den klassischen Motorenbau?<br />

Für mich ist nicht absehbar, sowohl in der Motorenentwicklung<br />

wie auch in der Gießerei, dass da Dinge auf Eis gelegt werden.<br />

Die letzten Jahre haben in der Dieselmotorenentwicklung drastische<br />

Veränderungen gebracht. Vor 10 Jahren hatte ein 2l-<br />

4-Zylinder-Dieselmotor mit <strong>12</strong>0 PS, Turbolader und Direkteinspritzung.<br />

Heute hat der weiterentwickelte Motor 250 PS,<br />

28 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


aucht aber genauso viel Sprit. Das geht ohne massive<br />

Entwicklung nicht. Die Gießerei muss auch sehen,<br />

dass ein im Idealfall leichter gewordener Motorblock<br />

das zwei oder dreifache Drehmoment aushalten<br />

muss. Dass die Lebensdauer treffsicherer<br />

erreicht wird. Da haben beide für die Zukunft noch<br />

jede Menge Entwicklung.<br />

Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen Motorenbauern<br />

und Gießern?<br />

Da gibt es grundlegend gegenläufige Tendenzen. Als<br />

ich anfing zu studieren, wurde viel über Simultaneous<br />

Engineering gesprochen. Das hat sich seit den<br />

achtziger Jahren mit dem Aufkommen der erwähnten<br />

Lopez-Effekte etwas zurückdrängen lassen. Auch<br />

durch die Globalisierung. Dabei hat Simultaneous<br />

Engineering in der Produktentwicklung einen so großen<br />

positiven Effekt auf die Effizienz der gesamten<br />

Prozesskette, von der Entwicklung bis zum hochwertigen<br />

Seriengussteil, dass man das unbedingt permanent<br />

verfolgen müsste. Auf der anderen Seite<br />

sieht man, wie Motorenentwickler heute Entwicklungsleistungen<br />

bei Gießereien einkaufen. Als Ingenieur<br />

würde ich mir wünschen, dass die Zusammenarbeit<br />

im Interesse der Effizienz in der gesamten<br />

Prozesskette von der Entwicklung bis zur Serienfertigung<br />

im Sinne des Simultaneous Engineering wesentlich<br />

enger wäre. Technisch geht das, da gibt es<br />

heute alle möglichen Technolo<strong>gie</strong>n von CAE, CAM<br />

bis Industrie 4.0, um die Kooperation von Entwicklern<br />

und Gießern zu verbessern. Dass das immer<br />

sinnvoll wäre, und immer einen positiven Effekt hätte,<br />

ist offensichtlich.<br />

Welche Entwicklungsziele haben Priorität?<br />

Ganz oben stehen der Preis, den man erzielen kann,<br />

und die Kosten, die man hat. Beides muss nach unten<br />

gehen. Das ist für Gießereien als klassische Zulieferer<br />

das Thema Nr. 1. D.h. es geht um Prozesseffizienz,<br />

um right first time. Gleich das erste Gussteil,<br />

das man fertigt, muss ein gutes Gussteil sein.<br />

Wie man eine gute Qualität macht, ist weitgehend<br />

bekannt. Aber wie man von Jahr zu Jahr noch effizienter,<br />

noch kostengünstiger eine bessere Qualität<br />

fertigen kann, das ist die größte Herausforderung.<br />

Wie wollen Gießereien all die Herausforderungen<br />

schultern? Anspruchsvolle Weiterentwicklung<br />

im klassischen Motorenbau einerseits und<br />

gleichzeitig Einstieg in die zukünftige E-Mobilität?<br />

Das wird nicht jeder stemmen können.<br />

Genau. Diese Notwendigkeit ist da. Die Motoren<strong>gie</strong>ßer<br />

müssen sich heute überlegen, ob sie in vielleicht<br />

3-4 Jahren eine ganz andere Produktlinie hochfahren<br />

müssen, um das zu kompensieren, was weggeht.<br />

Gleichzeitig wird es sicher weltweit Gießereien geben,<br />

die heute nichts mit Motorenguss zu tun haben,<br />

sich allerdings vorstellen können, sich in den Bereich<br />

der für die E-Mobilität notwendigen Gussteile zu bewegen.<br />

Was sie dazu brauchen, ist ein sehr enger<br />

Kontakt zu den Motorenentwicklern – und genau<br />

dazu dient diese Konferenz.<br />

Dr. Hartman, vielen Dank für das Gespräch!<br />

Das Interview führte Gerd Krause<br />

9. VDI-Tagung Gießtechnik im Motorenbau 2017<br />

1. und 2. Februar 2017, Magdeburg<br />

Die Trends E-Mobilität und Downsizing bestimmen aktuell die Motorenund<br />

Komponentenentwicklung. Gießereien und Motorenentwickler passen<br />

ihre Produktion darauf an. „Industrie 4.0“ nimmt immer mehr an Fahrt in<br />

der Branche auf. Welche technologischen Herausforderungen bestimmen<br />

die Motorenentwicklung? Welche Strate<strong>gie</strong>n verfolgen Gießereien und Automobilhersteller?<br />

Und welche Innovationsbeiträge liefern Wissenschaft<br />

und Forschung? Darüber diskutieren am 1. und 2. Februar 2017 in Magdeburg<br />

erneut Experten auf der 9. VDI-Tagung „Gießtechnik im Motorenbau“.<br />

Gießtechnik im Motorenbau bleibt spannendes Innovationsfeld<br />

Die VDI-Tagung steht unter dem Motto „Potenziale für die nächste Generation<br />

von Antrieben“. Schwerpunktthemen des Programms sind Guss von<br />

E-Motoren, Produktentwicklung Komponenten, Werkstoffe und Gießverfahren,<br />

Zusammenspiel von Prozesskette, Entwicklung, Fertigung und Qualität<br />

und Gießtechnik 4.0.<br />

Welche Fahrzeugantriebe bestimmen die Zukunft? Fakt ist, dass der<br />

Verbrennungsmotor noch längst nicht ausgedient hat. Jedoch ist es Zeit,<br />

den E-Antrieb stärker als bisher in den Mittelpunkt der Entwicklung zu<br />

stellen. Unter anderen erläutern Prof. Dr. Hermann Rottengruber von der<br />

Universität Magdeburg und Dr. Ralf Marquard von der FEV Group in ihren<br />

Keynote-Vorträgen aktuelle Konzepte und welche Relevanz diese für die<br />

Gießtechnik haben. Ein Penal zu diesem Thema greift aktuelle Fragen zu<br />

den Chancen und Grenzen auf. Aus Sicht des Automobilherstellers, Gießers,<br />

der Wissenschaft und Forschung sowie der Volkswirtschaft diskutieren<br />

Dr. Peter Fallböhmer von BMW, Dr. Klaus Lellig von Nemak, Prof. Dr.<br />

Hermann Rottengruber von der Universität Magdeburg, Franz-Josef Wöstmann<br />

vom Fraunhofer Institut IFAM und Dr. Thomas Schlick von Roland<br />

Berger die Pro´s und Contras der E-Mobilität.<br />

Ausgezeichnete Ingenieurskunst – neue Motorenkonzepte<br />

Die Magdeburger VDI-Tagung ist alle zwei Jahre Treffpunkt der Gießereiund<br />

Motorencommunity, auf der Innovationen präsentiert werden. In 2017<br />

stellt beispielsweise Audi seinen aktuellen 2.5l TFSI Fünfzylindermotor als<br />

Leichtbau-Hochleistungsaggregat vor. Porsche zeigt das Kurbelgehäuse<br />

des neuen Porsche V8 Turbomotors und die Zylinderköpfe der neuen Porsche-Boxerfamilie.<br />

Nemak präsentiert die Aluminium-Motorblöcke der neuesten<br />

Generation im CPS-Verfahren. Weitere Experten u.a. von BMW, Daimler,<br />

FEV, Georg Fischer, MAN oder Volkswagen bieten Einblicke in ihre<br />

aktuellen Motoren- und <strong>gie</strong>ßereitechnischen Projekte.<br />

Zukunft gestalten heißt, Gießtechnik 4.0 gestalten<br />

Experten treibt die Frage um, welche Umwälzungen durch die digitale Transformation<br />

auf die Gießereibranche und den Automobilbau zukommen. Welche<br />

Herausforderungen zu bewältigen sind, beschreibt Prof. Dr. Frank Schultmann<br />

vom Institut für Industriebetriebslehre und industrielle Produktion<br />

am Karlsruher Institut (KIT). Dass diese Entwicklung für die zukünftige<br />

Hochschulausbildung nicht folgenlos bleiben wird und was daher zu tun<br />

ist, erläutert Prof. Dr. Andreas Bührig-Polaczek von der RWTH Aachen.<br />

Eine große Fachausstellung ergänzt das Tagungsprogramm. Der Spezialtag<br />

zum Thema „Hybrid<strong>gie</strong>ßen im Fahrzeugbau“ am 31. Januar 2017<br />

rundet das Fachprogramm ab. Geselliger Höhepunkt ist wie in der Vergangenheit<br />

der gemeinsame Abend in der Johanneskirche. Fachlicher Träger<br />

der Tagung ist die VDI-Gesellschaft Materials Engineering. Ein Studentenprogramm<br />

wird angeboten, für das sich an Hochschulen immatrikulierte<br />

Nachwuchsingenieure beim VDI bewerben können.<br />

Anmeldung und Programm unter www.vdi.de/<strong>gie</strong>sstechnik oder über das<br />

VDI Wissensforum Kundenzentrum, Postfach 10 11 39, 40002 Düsseldorf,<br />

E-Mail: wissensforum@vdi.de, Telefon: +49 211 6214-201, Telefax: -154.<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 29


SPEKTRUM<br />

Abguss an der Gießstrecke einer Formanlage. In diesem Bereich entstehen<br />

hohe Konzentrationen von Formaldehyd, VOC und BTEX, die<br />

durch die Weiterentwicklung der Umwelttechnik immer wirksamer<br />

entfernt werden können.<br />

Patentierte Umwelttechnolo<strong>gie</strong><br />

für Gießereien<br />

FOTOS: INFUSER DEUTSCHLAND GMBH<br />

Gussteile oder aus ihnen hergestellte Komponenten sind aus vielen Produkten des täglichen<br />

Lebens nicht mehr wegzudenken. Mit gut 80 000 Beschäftigten generierten Gießereien<br />

2015 in hochtechnisierten Verfahren einen Umsatz von rund 13,8 Mrd. Euro und<br />

sind somit ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland. Aber nicht nur hierzulande<br />

stehen sie durch die Absenkung von Grenzwerten in Bezug auf Umweltstandards unter<br />

hohem Druck und besonderer Beobachtung. Das Kopenhagener Unternehmen Infuser<br />

hat mit der Universität der dänischen Hauptstadt innovative Lösungen entwickelt, die es<br />

Gießereien ermöglichen, Verunreinigungen durch Schad- und Geruchsstoffe wirtschaftlich<br />

um bis zu 99,99 % zu reduzieren.<br />

68 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


1 -<br />

1<br />

2<br />

2 -<br />

2<br />

3 -<br />

Bild 1: Optimierte Einsatzbereiche der Climatic-Lösungen im Produktionsprozess einer idealtypischen Gießerei.<br />

VON FLORIAN HARTUNG, MANNHEIM<br />

An unterschiedlichen Stellen des<br />

Produktionsprozesses fallen in Gießereien<br />

Schad- und Problemstoffe<br />

an. Durch den Einsatz von Bindersystemen<br />

entstehen zusätzlich Schadstoffe wie<br />

Amine, Methylformiat, Phenole, Formaldehyd,<br />

weiter Volatile Organic Compounds<br />

(VOC) und Benzol, Toluol, Ethylbenzol<br />

und Xylole (BETX), die teilweise<br />

stark gesundheits- und umweltschädlich<br />

sind. Nicht nur wegen der erwarteten Absenkung<br />

diverser Grenzwerte in der Novelle<br />

der TA Luft ist die Reduzierung dieser<br />

Emissionen für die Unternehmen besonders<br />

wichtig, sondern auch aus<br />

Gründen des Arbeitsschutzes.<br />

Das atmosphärisch-chemische Reinigungsverfahren,<br />

auf dem das Abluftreinigungssystem<br />

Climatic von Infuser basiert,<br />

erreicht auf ener<strong>gie</strong>effiziente Weise hohe<br />

Reinigungsgrade bei der Gesamt-VOCsowie<br />

Geruchsbelastung in Gießereien.<br />

Bei bisherigen Tests mit Pilotanlagen wurden<br />

beispielsweise die BTEX zwischen 85<br />

Bild 2:<br />

Anlieferung eines<br />

Modules eines<br />

dezentralen GEC<br />

Climatic-Systems<br />

und 97 %, Amine bis zu 99,99 % und der<br />

Gesamtkohlenwasserstoff um bis zu 95 %<br />

aus der Abluft entfernt. Das System kann<br />

individuell auf die im jeweiligen Prozess<br />

anfallenden Schadstoffe eingestellt werden<br />

und sich zudem an Produktionsschwankungen<br />

anpassen, was zusätzlich<br />

Ener<strong>gie</strong> einspart.<br />

Neben Wäschern, Filtern oder der regenerativen<br />

Nachverbrennung stellt das<br />

Climatic-System eine weitere effiziente<br />

Alternative bei der Abluftreinigung dar. Die<br />

Technolo<strong>gie</strong> ermöglicht Gießereien eine<br />

äußerst flexible Planung, da sie die vorhandenen<br />

VOC aus der Abluft an den unterschiedlichen<br />

Arbeitsstationen entfernen<br />

kann (Bild 1). Beim Um-, Aus- und<br />

Neubau von Gießereien, bei denen schlüssige<br />

Emissionskonzepte von den Behörden<br />

erwartet werden, eröffnet das Abluftreini-<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 69


SPEKTRUM<br />

gungssystem den Unternehmen vielfältige<br />

und ganz neue Möglichkeiten. Denn Abluftströme<br />

und Lüftungsanlagen können<br />

komplett neu gedacht, geplant und gebaut<br />

werden, wenn die Reinigung unterschiedlicher<br />

Volumenströme mit individuellen<br />

Schadstoffbelastungen entweder zentral<br />

in einem System oder individuell direkt an<br />

der Emissionsquelle durchgeführt werden<br />

kann. Durch geschickte Planung kann so<br />

die Wirtschaftlichkeit der gesamten Abluftreinigung<br />

optimiert werden. Durch den<br />

Einsatz des Climatic-Systems als vorherrschende<br />

Abluftreinigung können Gießereien<br />

insgesamt platz sparender konzipiert<br />

werden. Mit seinen kompakten Abmessungen<br />

und dem geringen Platzbedarf kann<br />

das System als dezentrale Abluftlösung<br />

direkt an der Emis sionsquelle eingebaut<br />

werden (Bild 2).<br />

Da das Thema Geruchsbelastung immer<br />

wichtiger wird, steht auch die Hallenabluft<br />

im Fokus. Diese kann mit dem Climatic-System<br />

wirtschaftlich und effizient<br />

von schlechten Gerüchen und Schadstoffen<br />

befreit werden, sogar wenn unterschiedlich<br />

belastete Luftströme kombiniert<br />

werden.<br />

Bild 3:<br />

Installiertes<br />

zentrales<br />

Climatic-System.<br />

Anwendungsfeld Hallenabluft,<br />

Kernlager, Formmontage – große<br />

Volumenströme mit geringer<br />

Schadstoffbelastung<br />

Die Hallenabluft in der Kernmacherei wie<br />

zum Beispiel im Kernlager oder der Formmontage<br />

weist eine vergleichsweise geringe<br />

Belastung durch Amine und VOC auf,<br />

dennoch geht von ihr eine nicht unerhebliche<br />

Geruchsbelästigung und Gesundheitsgefährdung<br />

für die Mitarbeiter aus.<br />

Hier wird die Standardversion des Climatic-Systems<br />

eingesetzt, denn sie eignet<br />

sich optimal für die Entfernung relativ geringer<br />

Schadstoffkonzentrationen aus großen<br />

Volumenströmen bei vergleichsweise<br />

niedrigem Ener<strong>gie</strong>einsatz. Bei einem aktuellen<br />

Pilotprojekt in einer Gießerei in<br />

Baden-Württemberg können so bei der<br />

Reinigung von 40 000 m³/h Hallenabluft<br />

aus dem Kernlager rund 50 MGE/h Schadstoffe<br />

aus der Abluft entfernt werden, was<br />

einer Reinigungsleistung von 80 % entspricht<br />

(Bilder 3, 4 und 5).<br />

Anwendungsfeld Kernschießanlage,<br />

Kerntrockenofen und<br />

Gießstrecke - Volumenströme mit<br />

hoher Schadstoffbelastung<br />

Für Volumenströme mit hoher Belastung<br />

steht das „Gas Enhanced Catalysis”<br />

(GEC)-Climatic System zur Verfügung. Es<br />

basiert auf dem Climatic-Standardsystem,<br />

wird aber je nach Belastungsart und<br />

-grad durch einen Low Energy Katalysator<br />

erweitert und teilweise sogar ersetzt. Dieser<br />

nutzt überschüssiges Ozon aus dem<br />

Standardsystem für weitere Reaktionen<br />

und somit für eine weiter verbesserte Reinigungsleistung<br />

bei geringen Ener<strong>gie</strong>kosten.<br />

Das Haupteinsatzgebiet dieses<br />

Systems ist die Abluft der Kernschießmaschinen,<br />

des Trockenofens und der<br />

Formanlage, da hier hohe Konzentrationen<br />

von Aminen, Formaldehyd, VOC, BTEX<br />

und Gerüchen entstehen.<br />

Anwendungsfeld – Vorschaltung<br />

vor bestehende Aktivkohlefilter<br />

Bei der Kombination des Standard Climatic-Systems<br />

mit bestehenden Aktivkohlefiltern<br />

können unter normalen Betriebsbedingungen<br />

die in der Fortluft (ins Freie<br />

geblasene Abluft) enthaltenen VOC um<br />

bis zu 95 % verringert werden, bevor diese<br />

die Aktivkohlefilter überhaupt erreichen.<br />

Das sogenannte Photo-active Carbon<br />

System ist eine Lösung zur Emissionskontrolle,<br />

durch die die Betriebskosten<br />

bei Aktivkohlefilteranlagen um bis zu<br />

Bild 4: Inbetriebnahme eines Climatic-<br />

Systems.<br />

80 % reduziert werden können. Das System<br />

kann sowohl mit bereits installierten<br />

Aktivkohlefiltern kombiniert werden, als<br />

auch zusammen mit einem neuen Aktivkohlefilter-Modul<br />

eingebaut werden. Es<br />

verfügt darüber hinaus über ein einfaches<br />

Überwachungs-und Steuerungssystem,<br />

das den Ener<strong>gie</strong>verbrauch des Reinigungssystems<br />

dem Verschmutzungsgrad<br />

anpasst, was für Produktionsbetriebe mit<br />

variablen Spitzenwerten bei den Emissionen<br />

besonders vorteilhaft ist.<br />

Anwendungsfeld Abluftrohre an<br />

Gießstrecke und Kerntrockenofen –<br />

Kondensatbildung verhindern<br />

In der Abluft von Gießstrecke und Kerntrockenofen<br />

sind langkettige Öle und Fette<br />

aus den eingesetzten Lösungsmitteln<br />

enthalten, die sehr schnell in den Abluftrohren<br />

anhaften und zu deren Versottung<br />

führen. Zudem bergen sie durch ihre leichte<br />

Entflammbarkeit ein hohes Brandrisiko.<br />

Das Hot Ozone-Climatic-System setzt an<br />

70 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


dieser Stelle an. Durch den Einbau eines<br />

wabenförmigen Katalysators in das Abluftrohr<br />

und einer präzisen Injektion von hochreinem<br />

Ozon verändern sich die Strukturen<br />

dieser Öle und Fette, sodass sie sich nicht<br />

mehr als Kondensat in den Rohren ablagern<br />

können. Der gleiche Effekt zeigt sich<br />

auch an den Düsen und Filtern der regenerativen<br />

Nachverbrennung (RTO), die<br />

ebenfalls in deutlich geringerem Maße verfetten,<br />

wodurch sich Reinigungs- und Wartungsintervalle<br />

erheblich verlängern. Auch<br />

der Einsatz eines elektrostatischen Abscheiders<br />

oder Aminwäschers kann ohne<br />

die bisherigen Effizienzeinbußen erfolgen.<br />

Die Technolo<strong>gie</strong> – eine patentierte<br />

Methode zur Abluftreinigung<br />

Gemeinsam mit der Universität Kopenhagen<br />

hat Infuser die neuartige, patentierte<br />

Methode zur Abluftreinigung entwickelt.<br />

Die Technolo<strong>gie</strong> beschleunigt den natürlichen<br />

Reinigungsprozess der Erdatmosphäre<br />

in einem Kompaktreaktor um das Hunderttausendfache.<br />

Das sogenannte atmosphärisch-photochemische<br />

Verfahren<br />

benötigt deutlich weniger Ener<strong>gie</strong> als konventionelle<br />

Methoden, da es auf natürlichen<br />

chemischen Reaktionen basiert. Die<br />

modulare Bauweise des Systems bietet<br />

praxisrelevante Vorteile, wobei jedes der<br />

Module eine spezielle Funktion im Reinigungsprozess<br />

erfüllt.<br />

Bild 5: Infuser-Mitarbeiter bei Installationsarbeiten<br />

an einer Climatic-Pilotanlage.<br />

Die belastete Luft wird durch die einzelnen<br />

Module geleitet und dabei Wasserdampf,<br />

atmosphärischen Reagenzien<br />

in verschiedenen Stadien sowie ultravioletten<br />

Strahlen ausgesetzt. Die gasförmigen<br />

Schadstoffe werden durch diesen<br />

Prozess zu Feststoffen gewandelt, diese<br />

Partikel können dann durch einen elektrostatischen<br />

Filter beseitigt werden. Gießereien<br />

können mit der Anlage Amine, Methylformiat,<br />

Phenole, Formaldehyd sowie<br />

BTEX und die Gesamtbelastung mit Kohlenwasserstoff<br />

bis zu 99,99 % aus der Abluft<br />

entfernen.<br />

Umweltstandards setzen<br />

Das modulare System ermöglicht effiziente,<br />

ener<strong>gie</strong>- und kostenoptimierte Lösungen,<br />

da die eingesetzten Module auf die<br />

gewünschte Emissionskontrolle am definierten<br />

Einsatzort ausgelegt sind. Die Anlage<br />

kann als kompletter Ersatz einer herkömmlichen<br />

Filter- und Reinigungsvorrichtung<br />

verwendet werden. Sie kann<br />

bestehenden Filtern aber auch vorgeschaltet<br />

werden, um deren gesamte Reinigungsleistung<br />

zu erhöhen und gleichzeitig die<br />

laufenden Kosten der bisherigen Technik,<br />

wie Aktivkohle oder Wäscher zu senken.<br />

Die Steuerung der Anlage misst den<br />

Verschmutzungsgrad der Luft kontinuierlich<br />

und passt die Reinigungsleistung entsprechend<br />

an, was Ener<strong>gie</strong>- und allgemeine<br />

Betriebskosten im Vergleich zu anderen<br />

Verfahren zusätzlich senkt. Auch die<br />

erforderliche Ener<strong>gie</strong> für die Ventilation<br />

in der gesamten Gießerei kann durch den<br />

Einsatz des Systems reduziert werden,<br />

beispielsweise durch kürzere Kanalstrecken<br />

beim Einsatz dezentraler Climatic-<br />

Anlagen oder durch geringeren Druckverlust<br />

im Abluftsystem wegen des Wegfalls<br />

herkömmlicher statischer Filter. Durch die<br />

Reinigung in der Gasphase reinigt das<br />

System grundsätzlich mit einem sehr geringen<br />

Druckverlust.<br />

Gießereien können mit der Anlage kosteneffizient<br />

Umweltstandards erfüllen und<br />

für sauberere Luft in den Produktionsstätten<br />

und in der Fort- und Abluft sorgen –<br />

mit sehr geringem Einsatz von Verbrauchsmaterialien<br />

oder gefährlichen<br />

Chemikalien und mit keinen oder nur geringen<br />

Mengen an Abfallstoffen. Das System<br />

bietet ein breites Anwendungsspektrum<br />

für die verschiedenen Prozessschritte<br />

im Werk, mit denen Unternehmen auf<br />

Basis passgenauer Konzepte den individuellen<br />

baulichen und fachlichen Anforderungen<br />

von Gießereien gerecht werden.<br />

www.infuser.eu/de<br />

Florian Hartung, Geschäftsführer der<br />

Infuser Deutschland GmbH, Mannheim<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 71


SPEKTRUM<br />

Schleuder<strong>gie</strong>ßen mit 3-D-gedruckten<br />

Sandkernen aus dem Hause ExOne<br />

FOTOS: EXONE<br />

Innovationsfreude und Forschergeist – zwei Schlagworte, die bei ExOne einen hohen<br />

Stellenwert haben: Das Unternehmen aus Gersthofen bei Augsburg, das zu den führenden<br />

Herstellern bei der Anlagenherstellung und Entwicklung innovativer Prozesstechnik<br />

für die digitale Sandformproduktion gehört, bietet seinen Kunden gerne neues. Dafür<br />

spricht nicht nur der Name des europäischen Hauptgeschäftssitzes – S. Kent Rockwell<br />

3D-Druck-Innovations-Center – sondern auch, dass sich hier neben der hauseigenen<br />

Produktion von 3-D-Sanddruckanlagen, dem Production Service Center und dem Kundendienst<br />

auch eine überaus aktive Forschungs- und Entwicklungsabteilung befindet.<br />

76 GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>


Nach umfangreicher Vorbereitung<br />

startete bei Düker in Karlstadt/Main<br />

der Versuchsabguss eines Impellers<br />

aus Gusseisen mit Lamellengrafit. Der<br />

Kern bestand aus Furanharzsand und<br />

wurde mit einem 3-D-Drucker von<br />

ExOne hergestellt.<br />

VON MIRELA DIZDAREVIC,<br />

GERSTHOFEN<br />

Gemeinsam auf Innovationskurs<br />

Innovative Produkte bietet auch die Firma<br />

Küttner aus Essen ihren Kunden an. Das<br />

Unternehmen hat weltweit mehr als 450<br />

Kupolofenanlagen realisiert. International<br />

ist Küttner kompetenter Partner für die<br />

Projektierung und den Bau kompletter<br />

Gießereien und auch von Schleuder<strong>gie</strong>ßanlagen.<br />

So kommt Küttner-Technolo<strong>gie</strong><br />

für die Fertigung von rotationssymmetrischen<br />

Gusskörpern aus unterschiedlichsten<br />

Materialien auf der ganzen Welt zum<br />

Einsatz.<br />

Sandformen im 3-D-Druck herzustellen<br />

bewegt die Branche seit einiger Zeit.<br />

Wobei mit der Fertigung von Schleuderguss<br />

ganz besondere Herausforderungen<br />

verbunden sind. Küttner führte bereits in<br />

der Vergangenheit erste positive Versuche<br />

durch und sieht in der neuen Technik<br />

großes Potenzial. Andreas Rössler, Project<br />

Manager Sales bei Küttner: „Natürlich<br />

möchten wir das Schleuder<strong>gie</strong>ßen voranbringen,<br />

in erster Linie aber geht es uns<br />

darum, unseren Kunden aufzuzeigen, was<br />

mit 3-D-Druck alles möglich ist.“ Mit der<br />

Idee, als eine Art Machbarkeitsuntersuchung<br />

gemeinsam eine Versuchsreihe<br />

durchzuführen, trat daher Andreas Rössler<br />

an ExOne heran. Schließlich kennt man<br />

sich als langjährige Vertriebspartner in<br />

Frankreich. Und selbstverständlich waren<br />

die 3-D-Druckspezialisten aus Gersthofen<br />

an einer Weiterentwicklung in diesem Bereich<br />

interessiert. Sandgussformen aus<br />

dem 3-D-Drucker bringen Gießereibetrieben<br />

zahlreiche Vorteile – von kürzeren<br />

Durchlaufzeiten über geringere Nacharbeit<br />

bis hin zu einer besseren Oberflächenqualität<br />

der Rohgussteile. Viele Gießereien<br />

nutzen die innovative Technolo<strong>gie</strong><br />

bereits für ihre Fertigungsprozesse. Der<br />

Einsatz von kompletten 3-D-Kernpaketen<br />

bei der Herstellung von rotationssymmetrischen<br />

und nicht rotationssymmetrischen<br />

Bauteilen im Schleuder<strong>gie</strong>ßverfahren<br />

befindet sich jedoch noch in der Entwicklungsphase.<br />

Start einer neuen Versuchsreihe<br />

Bild 1: Querschnitt durch den Versuchsaufbau.<br />

Mit dem Gießen eines Impellers, eines<br />

Bauteils, wie es weltweit hunderttausendfach<br />

in den unterschiedlichsten Variationen<br />

zur Anwendung kommt, sollte die Versuchsreihe<br />

starten. Im Juli diesen Jahres<br />

trafen sich Holger Barth, Regional Sales<br />

Manager bei ExOne und Andreas Rössler<br />

bei der Partner-Firma Düker im unterfränkischen<br />

Karlstadt. Im dortigen Werk des<br />

Unternehmens, das mit seinen Eisengusserzeugnissen<br />

zu den führenden Herstellern<br />

von Armaturen und Abflussrohren<br />

zählt, wurde die Versuchsreihe konzipiert<br />

und durchgeführt (Bilder 1 und 2). ExOne-<br />

Vertriebsmanager Holger Barth, reiste mit<br />

zwei dreiteiligen Sandpaketen mit jeweils<br />

fünf 3-D-Kernen im Gepäck an den Main.<br />

Darunter befand sich ein Impeller-Kernpaket,<br />

das für den ersten Versuch verwendet<br />

wurde (Bild 3). Alle Kerne waren im<br />

Vorfeld von ExOne auf einem S-Max Furan-<br />

3-D-Drucker hergestellt und anschließend<br />

geschlichtet und verklebt worden. Nachdem<br />

die Rahmenbedigungen für die Tests<br />

festgelegt und alle Vorbereitungen abgeschlossen<br />

waren, konnte es losgehen. Es<br />

wurde das Standardeisen der Gießerei vor<br />

Ort verwendet, um die Formfüllung des<br />

Impellerpaketes zu testen (Bild 4). Die<br />

Schmelze – Gusseisen mit Lamellengrafit<br />

der Sorte 15 – war vorher in einer der bei<br />

Düker verwendeten Schmelzofenanlagen,<br />

einer Heißwind-Kupolofenanlage, geschmolzen<br />

worden. Andreas Rössler: „Wir<br />

waren erst einmal sehr gespannt, ob die<br />

von ExOne im Furan- 3-D-Druck hergestellten<br />

Kerne der Belastung von etwa 60 G<br />

gewachsen sein würden.“ Das Resultat<br />

des Versuchs übertraf zum Teil sogar die<br />

hohen Erwartungen: Die gedruckten Kerne<br />

hielten nicht nur der Belastung stand,<br />

sondern lieferten insgesamt ein sehr gutes<br />

Ergebnis (Bild 5).<br />

Resultate zeigen deutliche Vorteile<br />

für das Schleuder<strong>gie</strong>ßverfahren auf<br />

ExOne-Sales-Manager Holger Barth: „Die<br />

Formfüllung war exzellent. Selbst rotationsunsymmetrische<br />

Konturen wurden<br />

perfekt gefüllt.“ Es ist hinlänglich bekannt,<br />

dass die Vorteile der 3-D-Drucktechnolo<strong>gie</strong><br />

vor allem bei komplexen<br />

Gussteilen groß sind. Der Nutzen speziell<br />

für das Schleuder<strong>gie</strong>ßverfahren liegt für<br />

ihn ganz klar auf der Hand: „Durch den<br />

Verzicht auf Entformschrägen und durch<br />

deutlich geringere Aufmaße an den Gussteilen<br />

ermöglicht der 3-D-Sanddruck konturnähere<br />

Konstruktionen.“ Der Bearbeitungsaufwand<br />

der Gussteile kann sich<br />

dadurch um bis zu 50 % reduzieren. Zudem<br />

entfällt bei der Impellerherstellung<br />

mithilfe von 3-D-Kernpaketen der Zusammenbau<br />

von Kernen oder Paketen für den<br />

Hinterschnitt, wie er beim Kernschießen<br />

von Impellern notwendig ist.<br />

Bild 2: Andreas Rössler (l.) und Fred Büttner (r.) von Küttner beim Versuchsaufbau.<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 77


www.<strong>gie</strong>sserei-verlag.de<br />

Die Zeitschrift für Technik, Innovation und Management<br />

SINCE 1914<br />

Gießereitechnik aus erster Hand!<br />

Chancen früher erkennen, Vorsprung weiter ausbauen!<br />

„Ich lese die GIESSEREI, weil hier die<br />

aktuelle Forschung auf den Anwender trifft<br />

und umgekehrt.“<br />

FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />

Auch als<br />

E-Paper<br />

erhältlich!<br />

Prof. Dr.-Ing. Martin Fehlbier,<br />

Universität Kassel, Fachbereich Maschinenbau – FB 15<br />

Lehrstuhl/Fachgebiet ”Gießereitechnik“, Kassel


SPEKTRUM<br />

Schleuder<strong>gie</strong>ßen Kleinserien oder Einzelteile<br />

wirtschaftlich darstellbar, größere<br />

Serien können mittels verlorener Formen<br />

in kurzer Zeit realisiert werden“. Daher<br />

sieht er auch beim Schleuderform<strong>gie</strong>ßen<br />

viele Chancen für innovative 3-D-Technik.<br />

Bild 4: Vorderansicht der Schleuder<strong>gie</strong>ßanlage<br />

mit Ein<strong>gie</strong>ßrille.<br />

Holger Barth und Andreas Rössler sehen<br />

viele weitere Vorteile der 3-D-Technolo<strong>gie</strong>:<br />

Ohne großartige Entwicklungskosten<br />

lassen sich freie Formen gestalten<br />

und mehrere Gussteile ausprobieren. Gerade<br />

beim Impeller<strong>gie</strong>ßen ist das sonst<br />

nicht möglich. Da die verfügbare Software<br />

für die Gießprozesssimulation des Schleuder<strong>gie</strong>ßens<br />

größtenteils ungeeignet ist,<br />

gibt es beim Schleuder<strong>gie</strong>ßen und vor allem<br />

beim Schleudersand<strong>gie</strong>ßen, kaum<br />

Simulationsmöglichkeiten. Dies hat wiederum<br />

zur Folge, dass wenig entwickelt<br />

oder geforscht wird. „Mit 3-D-Print können<br />

wir dagegen gleich in die Praxis gehen<br />

und Ideen schnell realisieren“, so Holger<br />

Barth.<br />

Generell habe der Versuch auch gezeigt,<br />

dass man eine Menge Kosten sparen<br />

könne, erklärt Andreas Rössler: „Da<br />

bei der Verwendung der 3-D-Formen auf<br />

Anschnitt und Speisersysteme komplett<br />

verzichtet wird, ergeben sich folgende Effekte:<br />

der Einsatz von geschmolzenem<br />

Material reduziert sich nahezu um die<br />

Hälfte und damit im gleichen Umfang die<br />

Bild 3: In die Kokille montierter Kern.<br />

Schmelzkosten“. Und nicht nur die geringere<br />

Materialmenge führt zu einer verbesserten<br />

Kostensituation: „Auch die<br />

Putzkosten für die Entfernung von Anschnitt-<br />

und Speisermaterial entfallen.<br />

Dies spart wiederum kostbare Zeit“. Diese<br />

erste gemeinsame Versuchsreihe lieferte<br />

ebenso vielfältige technische Erkenntnisse.<br />

So konnten bspw. keine<br />

signifikanten Unterschiede zwischen geschlichteten<br />

und ungeschlichteten Kernen<br />

oder bei der Auswahl der verwendeten<br />

Schlichte festgestellt werden. Des Weiteren<br />

zeigte sich, dass die Position der Ein<strong>gie</strong>ßrinne<br />

zum Schleuder<strong>gie</strong>ßkern, die<br />

Drehrichtung sowie die Drehgeschwindigkeit<br />

während der unterschiedlichen Prozessabläufe<br />

– also dem Ein<strong>gie</strong>ßen und<br />

Abkühlen – die Gussqualität maßgeblich<br />

bestimmt.<br />

Holger Barth: „Durch den Einsatz von<br />

3-D-Kernen und -Paketen sind auch beim<br />

Bild 5: Fertiger Impeller. Der Versuchsabguss<br />

mit dem Ziel, ein hochwertiges<br />

Gussteil herzustellen, ist gelungen.<br />

Positiver Ausblick und<br />

weitere Testreihen<br />

Das Fazit aus dieser ersten Versuchsreihe<br />

erlaubt also einen rundum positiven<br />

Ausblick. Für die Zukunft ist geplant, weitere<br />

Materialien zu testen, Versuche mit<br />

anderen Gussteilen durchzuführen sowie<br />

eine Optimierung der Kerne hinsichtlich<br />

der Formtrennung anzugehen. All dies eröffnet<br />

Gießereibetrieben weitere neue<br />

Möglichkeiten auf dem Weg in eine digitale<br />

Zukunft. „Auf Basis der Versuche sehe<br />

ich bisher unerschlossene Marktpotenziale<br />

beim Einsatz von Sandformen<br />

und -kernen im Schleuder<strong>gie</strong>ßverfahren“,<br />

freut sich Holger Barth über die Ergebnisse.<br />

Er ist sich sicher, dass die Vorteile der<br />

3-D-Technolo<strong>gie</strong> über kurz oder lang jeden<br />

überzeugen werden. „Zusammen mit<br />

Küttner wollen wir mit diesen Versuchen<br />

unseren Kunden aus der Gießereibranche<br />

die vielseitigen Möglichkeiten des Einsatzes<br />

von 3-D-gedruckten Kernen aufzeigen.“<br />

www.exone.com<br />

www.kuettner.com<br />

Versuchsaufbau und -ablauf<br />

> Verwendete Kerngeometrie: Fünf Kerne<br />

als Kernpaket „Impellerflansch“,<br />

hergestellt auf einer S-Max-Furan von<br />

ExOne.<br />

> Kerndurchmesser: 300 bis 350 mm<br />

mit einer Versuchskernhöhe von 210<br />

und 230 mm.<br />

> Schleuder<strong>gie</strong>ßanlage: RingCast 500<br />

mit beheizter Gießrinne und horizontaler<br />

Gießrichtung.<br />

> Drehzahl: Geometrieunabhängig variable<br />

Drehzahl zwischen 400 und<br />

1800 U/min in entsprechend vordefinierten<br />

Zeitfenstern.<br />

> Verwendete Kokille: Mit stirnseitigen<br />

Entlüftungsbohrungen zur Aufnahme<br />

des Kernpaketes.<br />

> Schmelze: EN-GJL150, im Kupolofen<br />

geschmolzenes Gusseisen mit Lamellengrafit,<br />

das mittels vorgeheizter<br />

Scherenpfanne aus dem 50 t-Warmhalteofen<br />

entnommen wurde.<br />

> Abstichtemperatur: 1500 °C<br />

> Gießtemperatur: 1390 °C – 1430 °C<br />

GIESSEREI 103 <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 79


MEDIEN & BÜCHER<br />

Werke für die Ewigkeit<br />

Ein Fernsehbeitrag des Bayerischen Rundfunks<br />

Haben auch Sie interessante Videos<br />

zum Thema Gießereitechnik im Internet<br />

gefunden? Senden Sie Ihre Videovorschläge<br />

an: redaktion@bdguss.de<br />

Robert Niedermeier arbeitet besonders gerne mit Künstlern.<br />

In der Ziselierwerkstatt sind Fingerspitzengefühl<br />

und Erfahrung wichtig.<br />

Frisch aus der Form. Der Abguss des heiligen<br />

Korbinians wird genau begutachtet.<br />

Ein perfekter Abguss.<br />

SCREENSHOTS: BAYERISCHER RUNDFUNK<br />

Es ist eine der ältesten Handwerkstechniken,<br />

die es überhaupt gibt: Der<br />

Kunstguss kann auf eine jahrtausende<br />

alte Tradition zurückblicken. Robert<br />

Niedermeier ist Kunst<strong>gie</strong>ßer und<br />

schafft Werke für die halbe Ewigkeit.<br />

Der Bayerische Rundfunk hat sich in einem<br />

Fernsehbeitrag dem Kunstguss gewidmet<br />

und die Kunst-Gießerei Robert<br />

Niedermeier in München besucht. Die<br />

Gießerei kann auf eine über 100-jährige<br />

Tradition zurückblicken. Im Beitrag<br />

kann dem Meister über die Schulter geschaut<br />

werden, wie ein Abguss des heiligen<br />

Korbinians entsteht. Insbesondere<br />

mit den Künstlern arbeitet Robert Niedermeier<br />

gerne zusammen. Er weiß<br />

worauf es ankommt und legt besonderen<br />

Wert auf die individuelle Nachbearbeitung.<br />

Sein Gespür für Farben, Proportionen<br />

und Oberflächen bürgt für das<br />

Vertrauen, dass die Künstler dem Gießer<br />

schenken.<br />

Der 5-minütige Film ist auf YouTube abrufbar.<br />

Ein Auszug über die vielfältigen<br />

Arbeiten der Münchner Gießer finden sich<br />

auf der Webseite des Traditionsunternehmens.<br />

www.kunstguss.biz<br />

QR-CODE/Link:<br />

Link zum Film<br />

auf YouTube:<br />

http://bit.ly/2gjUvJf<br />

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