gie_06_2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
EDITORIAL
Auf in die Zukunft
FOTO: BDG
Martin Vogt,
Chefredakteur
(E-Mail: martin.vogt@bdguss.de)
In dieser Ausgabe der Giesserei finden
Sie an verschiedenen Stellen Inhalte, die
deutliche innere Bezüge untereinander
haben. Das gilt natürlich im Grundsatz immer
für alle technisch-wissenschaftlichen
Themen, die man letztlich unter dem Begriff
„Prozess“ zusammenfassen könnte.
Ob und wie wir dies künftig in der GIES-
SEREI handhaben, hängt auch von Ihren
Rückmeldungen ab – und deswegen verweise
ich gerne noch mal auf unsere nach
wie vor laufende Leserumfrage, die dazu dienen
soll, die GIESSEREI noch plausibler,
noch besser, noch stringenter strukturiert,
noch wertvoller für Sie zu machen.
Konkret geht es mir aber für diese Ausgabe
um einen anderen Zusammenhang: In
der Rubrik „Unternehmen und Märkte“ berichten
wir wie jedes Jahr über den Gussabsatz
des Vorjahres und beleuchten natürlich
auch die konjunkturelle Situation Deutschlands
und der Welt.
Etwas weiter hinten im Bereich „Technologie
& Trends“, beschreiben wir ausführlich
ein Projekt, das der Verband zusammen
mit dem Land Nordrhein-Westfalen und weiteren
Projektpartnern gestartet hat. „Inno-
Guss“ wird auf zwei Jahre terminiert sehr
gründlich den Bestand aufnehmen: Wie arbeitet
die Branche, insbesondere bezogen
auf die nun mal erforderliche Prozesswärme,
die für die Branche überragende Bedeutung
hat? Wie könnten Transformationspfade
Richtung Klimaneutralität aussehen? Sicherlich
wird dabei Wasserstoff eine Rolle
spielen, aber nicht ausschließlich. Und als
drittes möchte ich eine Meldung im „Aktuellen“
nennen, das ja gleich hinter dem Foto
des Monats beginnt: Der Bundesverband
der Deutschen Gießerei-Industrie hat einen
neuen Präsidenten gewählt und geht mit
Clemens Küpper in die nächsten Jahre. Er
hat unmittelbar auch die Herausforderungen
für die Branche angesprochen - die Dekarbonisierung
etwa – die zu stemmen sein
wird unter der Prämisse rund 70 000 qualifizierte
Arbeitsplätze in unserer sehr wettbewerbsfähigen
Industrie dauerhaft zu sichern.
Und damit zum offensichtlichen inneren
Zusammenhang der Themen: Neben den
technischen Themen, die wir ja Ausgabe für
Ausgabe immer wieder schwerpunktmäßig
behandeln, ist natürlich das große Ganze
der äußeren Bedingungen die elementare
Voraussetzung, um am Ende unternehmerisch
erfolgreich agieren zu können. Wie
sind die Bedingungen der Produktion in
Deutschland und anderswo? Wie teuer ist
beispielsweise Energie? Wie ist das mit dem
CO 2
?
Dass diese Themen auf unsere Branche
verstärkt zukommen, war auch schon zur
Jahreswende klar. Aber zweifellos haben
sich mit dem allmählichen Abebben der Corona-Thematik
und wenige Monate vor der
Bundestagswahl Themen dramatisch beschleunigt.
Gefühlt wird inzwischen mehr
über Klima und Klimaneutralität gesprochen
als jemals zuvor, dafür eher wenig darüber,
was konkret die Dinge in der Umsetzung bedeuten.
Und hier schließt sich der Kreis: Bisweilen
hört man die Formulierung, unsere
Branche „fliege unter dem Radar“ hindurch.
Sollte es wirklich so sein? Oder sollten wir
an unserer Sichtbarkeit arbeiten, daran, für
die Themen der Gießerei-Branche Gehör zu
finden, eben „auf dem Radar“ zu sein?
An dieser Stelle sei nochmals an den Zukunftstag
am 29. Juni erinnert - mailen Sie
mir gerne für genauere Informationen zu
dieser Veranstaltung.
Jetzt wünsche ich Ihnen viel Spaß beim
Lesen der neuen GIESSEREI!
GIESSEREI 108 06/2021 3
INHALT
Brasilien
Türkei
2%
2%
2,21
2%
Mexiko
3%
Rest der Welt
11%
FOTO: LEDA WERKE
Russland
4%
Deutschland
5%
Japan
5%
USA
10%
Indien
11%
China
45%
GRAFIK: MODERNCASTING, CAEF
FOTO: ADOBE STOCK
64
Formanlagen
SPEKTRUM
Eine Disamatic-Formanlage sorgt für verbesserte
Gussteilqualität, neue technische
Möglichkeiten, Ressourcenschonung
und Energieeffizienz bei der Leda
Werk GmbH & Co. KG.
24
Gussproduktion
UNTERNEHMEN & MÄRKTE
Der Beitrag bietet Zahlen und eine Einordnung
der Gussproduktion in Deutschland
sowie die Entwicklungen auf dem Weltmarkt
im Hinblick auf die Auswirkungen
der Covid-19-Pandemie.
44
Prozesswärme
TECHNOLOGIE & TRENDS
Prozesswärme muss in Zukunft möglichst
klimaneutral erzeugt werden. Dabei soll ein
Forschungsprojekt des BDG und weiterer
Partner unterstützen, das jetzt vom Land
NRW die Förderzusage erhalten hat.
34
Niederdruckgießen
FORSCHUNG & INNOVATION
Die neue Niederdruckgießanlage
am Fraunhofer IFAM kann
Aluminium, Kupfer und Salz
schmelzen und vergießen.
FOTO: FRAUNHOFER IFAM
4 GIESSEREI 108 06/2021
AKTUELLES
8 Clemens Küpper neuer BDG-Präsident
9 Meier Guss: Rahdener Gießerei will Kapazitäten ausweiten
14 Bosch Rexroth: Multimillionen-Investition in Lohr
AKTUELLES/TAGUNGEN
20 VDI-Ingenieurtag: Schulterschluss für Klimaneutralität, Robert Piterek
INTERVIEW
22 Warum das BMWi auf Leichtbau setzt: Interview mit Bundeswirtschafts minister
Peter Altmaier, Benedikt Hofmann
KOSTENLOSES
WHITE PAPER
Der Nachhaltigkeitsvorteil
UNTERNEHMEN & MÄRKTE
24 Zwischen Transformation und Pandemie: Deutsche Gussproduktion und Entwicklungen
auf dem Weltmarkt, Tillman van de Sand
30 150 Jahre Wöhr: Vom Familienunternehmen zum schlanken Maschinenbauer,
Robert Piterek
TECHNOLOGIE & TRENDS
44 Prozesswärme-Projekt mit BDG-Initiative: Forschen für die Zukunft der Gießerei-Industrie,
Cesare Troglio, Martin Vogt
54 PUR-Cold-Box-Prozess: Bindemittelaufbau in Kernformwerkzeugen, Andreas
Zach, Gotthard Wolf, Andreas Keßler, Jonas Pröger
60 Partikelverstärkte Aluminiummatrix-Komposite: Entwicklung eines großserientauglichen
Ultraschall-Gießverfahrens, Robert Pippig, Thomas Grund,
Thomas Lampke, Christian Gawert, Rüdiger Bähr, Ihsan Özer
FORSCHUNG & INNOVATION
34 Hochflexible Niederdruckgießtechnik: Forschen für die elektromobile Zukunft,
Christoph Pille
37 Digitalisierung in der Gießereitechnik, Teil 1: Herausforderungen und Chancen,
Andreas Bührig-Polaczek, Max Rudack, Felix Salentin, Marvin Sandt, Dierk
Hartmann, Maximilian Brait, Eduard Koppensteiner, Gerhard Schindelbacher,
Peter Schumacher
SPEKTRUM
64 Mit modernen Formanlagen zukunftsfähig gießen, Nina Dybdal, Rasmussen
Taastrup
68 Mittels Prüftechnik präzise Entgraten, Susanna Klimenko
70 Metall-3-D-Drucken mit Draht, Rebekka Jurtz, Jörg Lantzsch
73 Pfanneninhalte bis zu 50 000 kg ohne Zwischengetriebe sicher bewegen,
Peter Linke, Martin Voigt
76 Wasserbasierte Schlichten: Formaldehyd-Emissionen reduzieren, Christoph
Genzler, Rene Roeleveld
BERUF & KARRIERE
81 Die Agilität der Unternehmen mit System erhöhen, Georg Kraus
Nachhaltigkeit ist ein entscheidendes
Thema der modernen Industrielandschaft,
insbesondere in energieintensiven
Industrien, wie Eisen- bzw. Stahl- und
Aluminiumgießereien. Auch wenn dies
oft mit einer erhöhten Regulierung und
Kosten verbunden ist, kann die Einführung
nachhaltigerer Technologien und Praktiken,
insbesondere im Hinblick auf den Energieund
Ressourcenverbrauch, als sehr
vorteilhaft angesehen werden.
Weitere Informationen finden Sie in
unseren zwei neuen White Papers.
RUBRIKEN
3 Editorial
6 Foto des Monats
84 Patente
90 News
100 Medien & Bücher
102 Personalien
103 VDG intern
104 Termine
105 Inserentenverzeichnis/Stellenmarkt
106 Vorschau/Impressum
White paper
https://foseco.hubspotpagebuilder.
com/foseco-paper-deutsch
FOSECO. Your partner to build on.
Noch kein Abo? Dann wählen Sie die Hotline 06123/9238-242
oder schicken eine E-Mail an: dvsmedia@vuservice.de
GLOBAL LEADER IN MOLTEN
METAL FLOW ENGINEERING
GLOBAL LEADER IN MOLTEN
METAL FLOW ENGINEERING
AKTUELLES
FOTO: ZOLLERN GMBH & CO. KG
6 GIESSEREI 108 06/2021
Foto des
Monats:
Aus einem
Guss
Der filigrane Wälzlagerring des Herstellers
Zollern findet seine Anwendung in einer
Tunnelbohrmaschine. Das im Durchmesser
über sechs Meter große Bauteil wurde
in einer besonders abriebfesten Kupferlegierung
in einem Stück abgegossen.
Die 133 Lager-Fenster sind auf Fertigmaß
gegossen.
Hat auch Ihr Unternehmen interessante
Bildmotive? Senden Sie Ihre Bildvorschläge
an: soschinski@bdguss.de oder per
Post an die Bildredaktion, Giesserei,
Hansa allee 203, 40549 Düsseldorf.
GIESSEREI 108 06/2021 7
AKTUELLES
WAHLEN IM VERBAND
Clemens Küpper ist neuer BDG-Präsident
Der Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie
hat einen neuen Präsidenten:
Clemens Küpper wurde für die
kommenden drei Jahre bis 2024 gewählt.
Clemens Küpper erlernte den Beruf des
Gießereimechanikers und schloss Studien
in Duisburg und Bielefeld als Gießereiingenieur
(Dipl.-Ing.) und Wirtschaftsingenieur
(Dipl.-Wirt.-Ing.) ab. Er ist Sprecher
der Geschäftsführung der
Eisengießerei Baumgarte GmbH in Bielefeld-Brackwede.
Clemens Küpper ist Jahrgang
1967, gebürtig aus Bielefeld, verheiratet
und Vater dreier Kinder.
Nach seiner Wahl am 27. Mai machte
er die künftigen Schwerpunkte deutlich:
„Die deutsche Gießerei-Industrie bietet
mehr als 70.000 Mitarbeitern hoch qualifizierte
Arbeit. Sie ist innovativ, stolz,
kraftvoll und weltweit wettbewerbsfähig.
Wir wollen auch in Zukunft ein wichtiger
Teil der deutschen Industrielandschaft
sein“, sagte Küpper, „Es gilt, diese Kraft
auch unter den großen Herausforderungen
zu erhalten. Insbesondere der Weg
in die Klimaneutralität wird anspruchsvoll
für unsere Branche.“
Küpper ist der insgesamt 23. Präsident
in der Geschichte der Wirtschaftsverbände
– seit 2008 BDG – die bereits 1869 mit
dem Verein Deutscher Eisengießereien
(VDE) und seinem Gründungspräsidenten
Carl Ernst Friedrich Tenge begonnen hatte.
Unmittelbar folgt er auf Dr.-Ing. Dr. E.h.
Erwin Flender, der das Amt seit 2012 bekleidet
hatte. www.bdguss.de
FOTO: MARTIN VOGT, BDG
STAHLKNAPPHEIT
Betriebsabläufe
sind deutlich
beeinträchtigt
Bei einer Mitgliederbefragung hat der
Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung
(WSV) ermittelt, dass Unternehmensplanung,
Produktion und
Lieferung seiner Mitgliedsunternehmen
durch die aktuelle Stahlmarktsituation
deutlich beeinträchtigt sind.
So bejahten 98 % der Mitgliedsunternehmen
die Frage, ob die aktuelle Stahlmarktsituation
ihre Unternehmensplanung beeinträchtige.
Rund die Hälfte davon sehen
eine „sehr erhebliche“ Beeinträchtigung.
89 % der befragten Stahlverarbeiter antworten,
dass sogar ihre aktuelle Produktion
bereits betroffen sei und 87 % können
bereits ihre Kunden nicht mehr wie vereinbart
beliefern.
„Die Ergebnisse dieser Branchenumfrage
sind alarmierend. Die Stahlversorgung
muss viel schneller nachziehen, um
die steigende Nachfrage zu bedienen“, so
WSV-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer.
Zu Lieferengpässen kommt es bei den
vereinbarten Jahresmengen und besonders
dramatisch bei Mehrmengen. Im
Markt sind erhebliche Preiserhöhungen
beim Stahl zu beobachten.
Als Gründe für diese prekäre Versorgungslage
werden verschiedene genannt.
Über 80 % der befragten Unternehmen
glauben, dass sowohl die Stahlhersteller
als auch die Kunden z.B. aus dem Automobil-
und Maschinenbau die konjunkturelle
Entwicklung unterschätzt haben. Hinzu
kommt, dass fehlende Importmengen
die Situation verschärfen. So exportiert
z.B. China aufgrund der wachsenden Binnennachfrage
weniger Stahl. Außerdem
sind Stahlimporte in die EU teilweise kontingentiert
bzw. mit Schutzzöllen belegt.
Viele Stahlverarbeiter sind laut Branchenumfrage
zudem der Auffassung, dass die
Stahlhersteller das Angebot bewusst verknappen.
„Bei der Stahl verarbeitenden
Industrie kommt es bereits zu Produktionsausfällen.
Das ist Gift für die wirtschaftliche
Erholung, die wir alle brauchen.
Wir benötigen jetzt dringend mehr
Stahl und Rohstoffe“, so Hauptgeschäftsführer
Christian Vietmeyer.
www.wsm-net.de
Möchten Sie, dass wir Ihre Presseinformationen
für unsere Rubrik
Aktuelles berücksichtigen?
Dann schicken Sie Ihre Meldungen
bitte an: redaktion@bdguss.de
8 GIESSEREI 108 06/2021
MEIER GUSS
Rahdener Gießerei
will Kapazitäten
ausweiten
Meier Guss im nordrhein-westfälischen
Rahden möchte seine Kapazität von
68 000 auf 100 000 Tonnen Eisenguss
erhöhen. Ein entsprechender Antrag
liegt vor. Es geht um eine Erhöhung der
Schmelzleistung und die Einführung eines
Drei-Schicht-Betriebs, um die „umfangreiche
Auftragslage“ zu meistern.
Die Arbeit bei Auftragsspitzen oder in der
Saisonzeit solle darüber hinaus künftig im
Drei-Schicht-Betrieb möglich sein, kündigte
Marc Mateika, technischer Geschäftsführer
bei Meier Guss an. „Wir wollen die
Rahmenbedingungen schaffen, um die bislang
nicht genutzten Kapazitäten zu nutzen“,
sagte Mateika. „Wir wollen Flexibilität
gewinnen.“ Zum Teil sei die Auftragslage
so umfangreich, dass die vorhandenen
Kapazitäten und Zeiten dafür nicht ausreichten.
Mit einer Ausweitung der Kapazität
solle auch die Wettbewerbsfähigkeit
erhalten und der Standort Rahden mit seinen
Arbeitsplätzen gesichert werden. Meier
Guss produziert schwerpunktmäßig
Guss für den vergleichsweise krisensicheren
Baubereich und ist u. a. Marktführer
bei Straßenkanalguss.
Der Standort Rahden werde gestärkt,
die Auswirkungen auf die Nachbarn würden
durch Emissionsschutzmaßnahmen
verbessert, und das Unternehmen schaffe
eine höhere Energieeffizienz, was Umwelt
und Klima schone. Mateika sprach von einer
„Win-Win-Situation für alle Beteiligten.“
Hintergrund für das geplante Vorhaben
ist nach Angaben Mateikas, dass die
Eisengießerei aktuell 35 Prozent ihrer Kapazitäten
nicht nutzen könne, was mittelfristig
einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit
zur Folge hätte. Die Produktion
werde durch die Anpassungen auf einen
längeren Zeitraum entzerrt. Meier Guss
könne somit flexibler auf Auftragsspitzen
und saisonale Schwankungen reagieren.
Ein längerer Betrieb der Schmelzanlagen
an Werktagen bedeute zudem eine
deutliche Verbesserung der Energienutzung.
Eine entscheidende Rolle spiele
hierbei der Kupolofen. „Dieser kann nach
erfolgter Genehmigung fortan auch zur
Nachtzeit im Heißbetrieb genutzt werden“,
teilte Mateika mit.
Meier Guss lege höchsten Wert darauf,
dass die Wertschöpfung aller Produkte ausschließlich
in Deutschland stattfinde. Das
gewährleiste hohe Umwelt- und Arbeitsstandards
und vermeide lange Transportwege.
Mateika: „Wettbewerber aus Indien
und China produzieren bei niedrigen, für
Meier Guss nicht akzeptablen Umwelt- und
Arbeitsstandards und nutzen dabei den klimaschädlichen
Schiffsweg über die Weltmeere.
Meier Guss leistet seinen Beitrag,
um Umwelt und Klima zu entlasten.“
Das flüssige Eisen aus dem Kupolofen
hat eine Temperatur von rund 1400 Grad
Celsius, bevor es bei Meier Guss in die
weitere Verarbeitung geht.
www.meierguss.de
Quelle: Joern Spreen-Ledebur, Neue Westfälische
Zeitung für das Lübbecker Land
vom 21. April 2021
Seit Jahrzehnten Seit Jahrzehnten führend führend durch ein durch breites ein breites und
und
tiefes Produktsortiment tiefes Produktsortiment der Bereiche
der Bereiche
• Gießereibedarf
• Gießereibedarf
• Modellbaubedarf
• Modellbaubedarf
• Werkzeugharze • Werkzeugharze einschl. einschl. Zubehör
Zubehör
Wir sind Wir Vertriebspartner sind Vertriebspartner des gesamten
des gesamten
Toolingprogrammes von
von
Bitte fordern Bitte fordern Sie entsprechende Sie entsprechende Kataloge Kataloge an!
an!
Hohnen Hohnen & Co.KG & Co.KG | Lipper | Hellweg Lipper Hellweg 47
47
33604 Bielefeld
33604 Bielefeld
Tel. (0521) Tel. (0521) 9 22 12-0 9 22 | E-Mail: 12-0 | E-Mail: info@hohnen.de
info@hohnen.de
www.hohnen.de www.hohnen.de | shop.hohnen.de
| shop.hohnen.de
FOTO: JOERN SPREEN-LEDEBUR
GIESSEREI 108 06/2021 9
AKTUELLES
HEINRICH WAGNER SINTO
Geschäftsführerwechsel
in
Bad Laasphe
Seit dem 1. April 2021 ergänzt Andreas
Klein als Sprecher die Geschäftsführung
der Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik
GmbH in Bad Laasphe. Er tritt damit
die Nachfolge von Klaus Wilbert an,
der Ende März aus dem Unternehmen
ausgeschieden ist.
Gemeinsam mit Minoru Hirata, der seit
2014 als weiterer Geschäftsführer bestellt
ist, verantwortet Klein die operativen
Tätigkeiten des Unternehmens mit
über 300 Mitarbeitern. Bereits seit 1991
ist Andreas Klein für die Heinrich Wagner
Sinto Maschinenfabrik GmbH in verschiedenen
verantwortungsvollen Positionen
tätig und verfügt so über 30 Jahre Berufserfahrung
im internationalen Maschinenund
Anlagenbau.
Bis zu seinem Wechsel in die Geschäftsführung
verantwortete er zuletzt
als Geschäftsbereichsleiter die weltweiten
Aktivitäten im Bereich After Sales und
Service. Das traditionsreiche Maschinenbauunternehmen
produziert seit über 80
Jahren am Standort Bad Laasphe Ausrüstung
für die Gießerei-Industrie. Hauptsächlich
werden Formmaschinen und Anlagen
für die Bereiche Grünsand und Aluminium-Kokillenguss
sowie automatische
Gießmaschinen und Sandregenerierungsanlagen
hergestellt. Die Heinrich Wagner
Sinto Maschinenfabrik GmbH ist Teil der
weltweit tätigen Sintokogio-Gruppe mit
Hauptsitz in Nagoya, Japan.
www.wagner-sinto.de
Andreas Klein ist künftig Sprecher der
Geschäftsführung bei HWS in Bad Laasphe.
Er verfügt über 30 Jahre Berufserfahrung
im internationalen Maschinen- und Anlagenbau.
FOTO: HWS
FOTO: ASK CHEMICALS
ASK CHEMICALS
Umwelt- und Ressourcenschutz
im
Wülfrather Werk
Zum internationalen Tag der Umwelt am
5. Juni rücken der Klimawandel und die
Forderung nach mehr Umweltschutz,
Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit
in den Fokus. Als führender Anbieter von
Gießerei-Chemikalien und -materialien
arbeitet ASK Chemicals kontinuierlich
daran, in seinen eigenen Produktionsstätten
Abfälle und Emissionen zu vermeiden.
In seinem Wülfrather Hauptwerk hat das
Unternehmen mit dem Spülwasserrecycling
und der thermischen Nachverbrennung
zwei wichtige Projekte für mehr Umwelt-
und Ressourcenschutz realisiert.
Denn Wasser wird nicht nur für die Herstellung
von Chemikalien, sondern darüber
hinaus auch für die Reinigung von
Anlagen eingesetzt. Hierbei gilt es, die
Menge des Reinigungs- und Spülwassers
zu reduzieren oder dieses im besten Fall
wiedereinzusetzen. An seinem Hauptproduktionsstandort
in Wülfrath hat ASK
Chemicals nun mit der Umsetzung eines
Automatisierungsprojektes begonnen,
das bereits jetzt bis zu 600 t Wasser jährlich
einspart. Das entspricht etwa der
Menge von 3000 gefüllten Badewannen.
Nach der Herstellung der Produkte werden
die Fertigungsanlagen aus Qualitätsgründen
mit Wasser gereinigt, bevor ein
neues Produkt gefertigt werden kann.
Bisher wurde das Reinigungswasser der
ASK Chemicals
Werk in Wülfrath,
wo das Gießereichemieunternehmen
in
zwei Projekten den
Umwelt- und Ressourcenschutz
verbessert.
Abwasserbehandlungsanlage zugeführt
und schließlich entsorgt.
In einem neuen, vollständig automatisierten
Prozess wird dieses Spülwasser
nun sortenrein in Auffangbehälter gepumpt
und dem nächsten Produktionsansatz
wieder zugeführt. Alle Herstellungsschritte
werden zu jeder Zeit über
das Prozessleitsystem gesteuert und kontrolliert,
um die Qualität des Endproduktes
zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten.
Mit der Umsetzung des Projekts spart
ASK Chemicals wertvolles Wasser ein,
recycelt Rohstoffe und reduziert Abfall.
Die thermische Nachverbrennungsanlage
am Standort Wülfrath, die eine der
modernsten in Europa ist, ermöglicht es,
die beim Produktionsprozess entstehenden
Emissionen in einem geschlossenen
System zu halten und Energie ressourcenschonend
in den Produktionskreislauf
zurückzuführen. Die zurückgewonnene
Energie wird genutzt, um beispielsweise
Produktionsanlagen auf die notwendige
Betriebstemperatur aufzuheizen.
„Mit gezielten Investitionen in Umweltund
Ressourcenschutz, wie in das Spülwasserrecycling
oder in unsere thermische
Nachverbrennungsanlage, leisten
wir nicht nur einen wichtigen gesellschaftlichen
Beitrag, sondern sichern den langfristigen
Erfolg von ASK Chemicals als
führendem Anbieter von Gießereichemikalien
und -materialien“, so Dr. Jens Müller,
Executive Vice President Chemicals
Division von ASK Chemicals.
www.ask-chemicals.com
10 GIESSEREI 108 06/2021
SILBITZ GROUP
IHK-Qualitäts siegel für Thüringer Eisengießer
Die Silbitz Group GmbH wurde für besonderes
Engagement bei der Berufsorientierung,
Berufsausbildung und Fachkräfteentwicklung
junger Menschen
ausgezeichnet. Mit dem Qualitätssiegel
„Top-Ausbildungsbetrieb“ darf sich das
Gießereiunternehmen zu den sieben
prämierten Ausbildungsbetrieben in
Ostthüringen zählen.
„Talente früh aufspüren und auf vielseitige
Art zielgerichtet fördern will die Silbitz
Group GmbH, dafür setzt sie sich seit vielen
Jahren ein und deshalb gibt es auch
gleich mehrere Gründe für die Auszeichnung
als Top-Ausbildungsunternehmen
im Saale-Holzland-Kreis“, betonte Peter
Höhne, Hauptgeschäftsführer der Industrie-
und Handelskammer Ostthüringen.
Er überreichte am 29. April in Silbitz die
Urkunde der IHK an Personalleiter Christian
Blödner und Ausbildungsleiter Ronny
Keppler. „Das Unternehmen ist seit langem
engagierter und verlässlicher Partner
bei der Berufsausbildung, unter anderem
durch die Arbeit von sechs Ausbildern und
die aktive Mitwirkung von zwei Prüfern
im IHK-Prüfungsausschuss“, so Peter
Höhne.
Seit 1991 werden in dem Unternehmen
viele junge Leute für den eigenen
Bedarf ausgebildet. Zwei Technische Modellbauer
erhielten 2019 und 2020 sogar
eine Auszeichnung als IHK-Prüfungsbeste.
Weitere junge Fachkräfte haben inzwischen
ein Meisterstudium oder eine Weiterbildung
zum Techniker absolviert. „Derzeit
werden 23 Auszubildende in zehn
Berufen vom Gießereimechaniker, Elektroniker
oder Zerspanungsmechaniker bis
zum Werkstoffprüfer begleitet. Unsere
hauseigene Ausbildungswerkstatt ermöglicht
es uns zielgerichtete Aufgaben in der
Metallgrundausbildung direkt vor Ort zu
erledigen. Zu unserer Firmenphilosophie
gehört es auch, allen mit erfolgreichem
Abschluss einen Arbeitsplatz im Unternehmen
und entsprechend des betrieblichen
Bedarfs Weiterbildungsmöglichkeiten
anzubieten“, sagt Ausbildungsleiter
Ronny Keppler.
Traditionell setzt die Silbitz Group
durch Schul- und Kindergartenpatenschaften
wichtige Impulse. Praktika, Ferienarbeit
und Unternehmensbesichtigungen
bieten die Gelegenheit zum Kennenlernen.
Die Auszubildenden haben
darüber hinaus einen Imagefilm erstellt,
der auf den sozialen Netzwerken YouTube
Personalleiter Christian Blödner, Ausbildungsleiter Ronny Keppler und IHK-Hauptgeschäftsführer
Ostthüringen Peter Höhe vor Silbitz Guss im gleichnamigen Ort in
Thüringen (v.l.n.r.).
und Facebook ein
großer Erfolg war.
Hinzu kommen Flyer
und Plakate, um
auf die Möglichkeiten
der Berufsausbildung
aufmerksam
zu machen
und so möglichst
viele der 30 verfügbaren
Ausbildungsplätze
für 2021/22
in Silbitz und Zeitz
zu besetzen.
www.silbitz-group.
com
SLOVENIAN
FOUNDRYMEN
SOCIETY
Invitation to
61. IFC PORTOROZ 2021
and foundry exhibition
15.-17. SEPTEMBER 2021
Contact: SLOVENIAN FOUNDRYMEN SOCIETY,
Lepi pot 6, p.p. 424, 1001 Ljubljana, Slovenia
T: +386 1 2522 488, F: +386 1 4269 934
drustvo.livarjev@siol.net, www.drustvo-livarjev.si
FOTO: SILBITZ GROUP
GIESSEREI 108 06/2021 11
AKTUELLES/TAGUNGEN
VDI-Ingenieurtag
Der VDI-Ingenieurtag in Düsseldorf lief in diesem Jahr
größten teils rein virtuell ab. Normalerweise besuchen ihn
bis zu 1500 Teilnehmer.
Schulterschluss für Klimaneutralität
Beim virtuellen VDI-Ingenieurtag am 20. Mai in Düsseldorf warb Grünen-Bundesvorsitzender
Robert Habeck um Unterstützung bei der klimaneutralen Transformation von
Wirtschaft und Industrie. Die Schuldenbremse soll für die nötigen Investitionen kein
Hindernis sein und die Digitalisierung ein wichtiger technischer Eckpfeiler.
FOTOS: JULIAN HUKE
Wenn es um Klimaschutz geht, mutet
die Debatte im Land in den
vergangenen Wochen und Monaten
wie ein Überbietungswettbewerb
nach dem Motto „wer ist grüner“ an. Losgetreten
hat die Welle das Bundesverfassungsgerichtsurteil
vom 24. März, das
verbindliche CO 2 -Minderungsziele im bisherigen
Klimaschutzgesetz der Regierung
bemängelte und konkretere Zielvorgaben
für die Zeit ab 2031 forderte. Dann ging
alles ganz schnell und bereits am 12. Mai
lag ein Gesetzentwurf der Regierungsparteien
hierzu vor, in dem u. a. Klimaneutralität
bis 2045 festgeschrieben wird. Die
Debatte um das Erreichen der Ziele bei
Klimaschutz und CO 2 -Reduktion ist seither
in vollem Gange: Die Grünen peilen
jetzt 2042 bei der Klimaneutralität an, wie
Grünen-Parteivorsitzender Robert Habeck
auf dem VDI-Ingenieurtag mitteilte.
Das Hoch der Ökopartei in den Umfragen
zur Bundestagswahl im September
macht Vertreter der Grünen inzwischen
zu beliebten Gesprächspartnern in den
höchsten Kreisen von Wirtschaft und Industrie.
Im Fokus stehen dabei die Grünen-Bundesvorsitzenden
Robert Habeck
und Annalena Baerbock, die auch Kanzlerkandidatin
ist. Die beiden werden inzwischen
in den Talkrunden der TV-Sender
herumgereicht. Baerbock war in den
letzten Wochen darüber hinaus u. a. bei
der Vorstandssitzung des Verbands der
Automobilindustrie (VDA) sowie beim VDI-
Ingenieurtag am 20. Mai eingeladen. Hier
20 GIESSEREI 108 06/2021
VDI-Präsident Dr.-Ing. Volker Kefer, Grünen-Bundesvorsitzender Robert Habeck und Moderatorin
Gesa Eberl (v.l.n.r.) beim VDI-Ingenieurtag in Düsseldorf.
muss ihr aber die Talkrunde mit den CDUund
SPD-Kanzlerkandidaten Armin Laschet
und Olaf Scholz am gleichen Tag
dazwischengekommen sein. Denn beim
virtuellen Ingenieurtag in Düsseldorf erschien,
ebenfalls virtuell zugeschaltet,
nicht Annalena Baerbock – sondern Robert
Habeck.
Nichtsdestotrotz konnte beim VDI das
eingespielte Programm auch mit Habeck
so durchgeführt werden wie geplant: Im
Mittelpunkt des Events stand der Klimawandel
mit der im Pariser Klimaabkommen
festgeschriebenen Begrenzung der
Erderwärmung auf 1,5 Grad und der Beitrag,
den deutsche Ingenieure zum Erreichen
dieses Ziels leisten können.
VDI-Direktor Ralf Appel bemühte zum
Einstieg in das Thema ein Brandt-Zitat
von 1961: „Der Himmel über der Ruhr
muss wieder blau werden“. Moderator
Christof Teuner nahm den Ball auf und
ergänzte das Zitat auf die heutigen Zeiten
zugeschnitten zu: „Deutschland muss
grün werden“. Hierzu wurde Bundesumweltministerin
Svenja Schulze zugeschaltet,
die die Ziele der Bundesregierung
präsentierte: 40 Milliarden Euro jährlich
für Klimaschutz, um die CO 2 -Emissionen
bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber
1990 zu senken. „Klimafreundliche
Lösungen sichern den Standort
Deutschland“, zeigte sie sich mit Blick
auf die Innovationsfähigkeit deutscher
Ingenieurkunst überzeugt.
Dann folgte der Hauptgast der Veranstaltung,
die in regulären Zeiten bis zu
1500 Teilnehmer nach Düsseldorf führt.
Robert Habeck wies auf die gewaltigen
technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Umwälzungen hin, die der
Umbau des Landes hin zur Klimaneutralität
erfordern wird. „Um den Boost loszutreten“
sind Investitionen von 500 Milliarden
Euro bis zum Ende des Jahrzehnts
und zwischen 1,7 und 2,3 Billionen Euro
bis zum Erreichen der Klimaneutralität
erforderlich, rechnete er vor. Für den notwendigen
Investitionsbedarf soll die im
Gesetz vorgegebene Schuldenbremse gegebenenfalls
geändert werden. Durch die
Einführung der verschiedenen Maßnahmen
entsteht aber eine „soziale Unwucht“,
gab er zu bedenken. Deshalb sollen
diejenigen, die benachteiligt werden,
die CO 2 -Steuereinnahmen zurückerhalten.
Auch die Unternehmen sollen bei
dem Prozess mithalten können, warb er
für die grünen Pläne.
Technisch soll die Klimaneutralität
durch die Konzentration auf zwei Maßnahmen-Säulen
geschehen: Zum einen
auf den Ausbau der erneuerbaren Energien,
wobei sowohl im Wind- als auch im
Solarbereich die Kapazitäten verdoppelt
werden müssen. Abstandsregeln für
Windräder wie in Bayern bezeichnete er
in diesem Zusammenhang als „nicht akzeptabel“.
Die zweite Säule ist die Kopplung
der Energiesysteme, um E-Strom in
alle Bereiche der Wirtschaft zu bringen.
Dabei nannte er die Mobilität und die Industrie
und sprach in diesem Zusammenhang
auch von Wasserstoff und E-Fuels.
Kern der Vision, für die es „die volle Kreativität“
deutscher Ingenieurkunst
braucht, ist ein anderes technisches Verständnis.
Bei dieser sogenannten „Man
on the Moon“-Mentalität zählt nur das
Erreichen des Ziels nach dem Beispiel der
Mondlandung 1969. Habeck schweben
Dächer mit Photovoltaik vor, mit Wasserstoff
angetriebene Lkw, das autonome
Fahren sowie die Digitalisierung als Hebel
für mehr Einsparungen beim CO 2 -Ausstoß.
Wie denn Digitalisierung und die Klimaziele
in diesem Modell zusammenpassen
würden, wollte VDI-Präsident Dr.-Ing.
Volker Kefer im Anschluss an diese Ausführungen
wissen. „Die Heizsysteme können
allein 30 Prozent CO 2 durch Digitalisierung
einsparen“, nannte der Grünen-
Vorsitzende ein Beispiel. Weder sei
Deutschland allerdings Vorreiter bei der
Digitalisierung noch in den Bereichen Solar
und Wind, wo „viele Fehler gemacht
wurden“.
Die Stärken Deutschlands sieht Habeck
dagegen u. a. in der Chemischen
Industrie und im Maschinenbau. „Und das
zeigt auf Sie – den VDI“, betonte er. „Die
Ingenieure sollen ihre Arbeit machen, ich
sorge dafür das sie bezahlt wird“, bot er
an. Dr.-Ing. Volker Kefer sagte im Gegenzug
Know-how und Beratung zu und
sprach von einem „Deal“. „Der VDI ist ein
großes Netzwerk von Experten und Ingenieuren,
die guten Willens sind“, versicherte
er.
Damit schwenkt nun auch der größte
technisch-wissenschaftliche Verein
Deutschlands und Europas auf die Linie
einer grünen Wirtschaft ein. Das ist allerdings
keine große Überraschung, denn wie
Svenja Schulze in ihrer Rede betonte, hat
der VDI schon den CO 2 -Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz
(BEHG) unterstützt
und sogar einen höheren gefordert.
Die Reihen bei der Beschleunigung
der ökologischen Transformation des Landes
schließen sich.
Das übrige Programm des Ingenieurtags
drehte sich rund um das Kernthema:
es ging um Klimaschutz im Wärmemarkt,
um Nachhaltigkeit in den Life Sciences,
um die Gebäude und Stromnetze der Zukunft
sowie um die künftige Mobilität und
grünen Wasserstoff.
Robert Piterek
GIESSEREI 108 06/2021 21
INTERVIEW
FOTO: BPA/STEFFEN KUGLER
22 GIESSEREI 108 06/2021
„Der Leichtbau hat enorme Potenziale, um Klimaschutz
und Stärkung der Wirtschaft zu verbinden“
Interview mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier
Warum das BMWi auf Leichtbau setzt
Im Interview erklärt Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie
der Bundesrepublik Deutschland, wie der Leichtbau Klimaschutz und Stärkung der
Wirtschaft verbinden kann.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat
den Leichtbau ganz hoch auf die Agenda gehoben. Das ist spätestens
klar, seit die EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen
Jahr dazu genutzt wurde, das EU-Netzwerk Leichtbau zu gründen.
Auch im Rahmen der Hannover Messe Digital Edition Mitte
April hat das Thema durch den Lightweighting Summit eine
bedeutende Rolle eingenommen. Ein passender Anlass, um dem
Bundesminister drei Fragen zum Thema Leichtbau in Deutschland
zu stellen.
Wodurch bekommt der Leichtbau für das BMWi und die
Wirtschaft eine so große Bedeutung?
Leichtbau kann dazu beitragen, unsere ambitionierten Klimaziele
zu erreichen, denn er verbraucht weniger Ressourcen und
weniger Energie. Gerade in der aktuellen Coronakrise ist es
wichtiger denn je, Zukunftsfelder in den Blick zu nehmen. Denn
neben aktueller Krisenhilfe müssen wir die Segel auch auf Zukunft
setzen. Leichtbau ist ein solches Zukunftsfeld und trägt
dazu bei, unseren Industriestand zu modernisieren und so Wertschöpfung
und Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. Leichtbau
wird für immer mehr Branchen, Materialien und Fertigungsverfahren
relevant.
Einige Beispiele: Leichtere Fahrzeuge verbrauchen weniger
Energie und stoßen weniger CO 2 -Emissionen aus. 100 Kilogramm
weniger Gewicht reduzieren den Kraftstoffverbrauch
eines Autos um circa 0,3 bis 0,5 Liter pro 100 Kilometer. Bei
einem Airbus A 320 entsprechen 100 Kilogramm weniger Gewicht
fast 10 000 Liter weniger Kerosin pro Flugzeug und Jahr.
Im Maschinen- und Anlagenbau lassen sich durch Leichtbaulösungen
pro Jahr 1,5 Millionen Tonnen Stahl einsparen und über
zwei Millionen Tonnen CO 2 .
Der Leichtbau hat also enorme Potenziale, um Klimaschutz
und Stärkung der Wirtschaft zu verbinden. Deshalb haben wir
als Bundeswirtschaftsministerium die Initiative Leichtbau etabliert.
Das Herzstück der Initiative ist das Technologietransfer-
Programm Leichtbau. Zur Förderung marktnaher Forschungsund
Entwicklungsvorhaben stehen hierüber jährlich mehr als
70 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem haben wir Anfang
dieses Jahres die Leichtbaustrategie des Bundeswirtschaftsministeriums
für den Industriestandort Deutschland veröffentlicht.
Eine Strategie ist immer nur der erste Schritt. Was sind
die wichtigsten Ziele der Leichtbaustrategie des Bundeswirtschaftsministeriums
und welche Maßnahmen werden
dafür ergriffen?
Mit der Strategie bringen wir unter dem Motto „Von der Wirtschaft
für die Wirtschaft!“ den Leichtbau in Deutschland voran.
Dieser Bottom-up-Prozess ist von entscheidender Bedeutung.
Über 350 Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft
haben ihr Know-how und ihre Erfahrungen eingebracht und
so die Grundlage für eine praxisnahe Leichtbaustrategie geschaffen.
Und ich freue mich sehr, dass diese hohe Beteiligung
auch in der aktuellen Corona-Krise weiterlief – auch das ein
wichtiges Signal.
Nur gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften
können wir die acht Maßnahmenpakete der Strategie
auch tatsächlich umsetzen.
Und wo steht Deutschland beim Leichtbau tatsächlich?
Deutschland hat beim Leichtbau eine sehr gute Ausgangsposition,
denn für uns zentrale Industriebranchen wie die Automobilindustrie
und der Maschinen- und Anlagenbau sind wichtige
Anwendungsfelder. Darauf wollen wir aufbauen. Unser Ziel ist,
dass Deutschland zum Leitanbieter und -markt für Leichtbau
werden soll. Das ist gut für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Klima.
Und das ist wichtig, um nach der Corona-Krise den Anschluss
in wichtigen Zukunftsfeldern nicht zu verlieren, sondern im Gegenteil:
vorn mit dabei zu sein.
Dazu müssen wir uns noch stärker in Europa und international
vernetzen. Denn der Leichtbau ist eine globale Herausforderung
oder besser: eine globale Chance. Deshalb haben
wir im letzten Jahr im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft das
EU-Netzwerk Leichtbau aus der Taufe gehoben. Gleichgesinnte
Mitgliedstaaten vernetzen sich auf Ebene der Regierungen
und die EU-Kommission, Wirtschaft und Wissenschaft sind
dabei. Das erste Treffen war erfolgreich und wir hoffen, den
Staffelstab an Österreich für das zweite Treffen im Herbst
übergeben zu können.
Das Gespräch mit Peter Altmaier führte Benedikt Hofmann
GIESSEREI 108 06/2021 23
UNTERNEHMEN & MÄRKTE
150 Jahre Wöhr
Wöhr-Führungsgespann in der Montagehalle in Bopfingen:
Konstrukteur Stephan Borst, Elektrotechniker Peter Wagner
und der kaufmännische Leiter Josef Preiß (v.l.n.r.).
Vom Familienunternehmen
zum schlanken Maschinenbauer
Familiengeführte Mittelständler gelten als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Viele
bleiben über Generationen in Familienbesitz, bei anderen überdauert nur der Name und
der profitable Teil ihres Geschäfts. So auch beim Maschinenbauer Wöhr, der mit seinen
Anlagen unverzichtbarer Zulieferer deutscher Handformgießereien ist.
FOTOS: WÖHR
VON ROBERT PITEREK, DÜSSELDORF
Wer deutsche Handformgießereien
besucht, kommt an ihnen
nicht vorbei: den Anlagen in
blau und gelb, an denen auf schwarzem
Grund der weiße Kreis mit dem Wöhr-
Schriftzug prangt. Denn die Gießereimaschinen
des mittlerweile 150 Jahre alten
Maschinenbauers gehören in die Handformerei
wie Formkästen, Schmelzpfannen
und Arbeiter mit Helmen und
Schutzvisieren. Eine überschaubare Nische
für gute Geschäfte sollte man meinen,
doch in Deutschland produzieren
weiterhin rund 100 Gießereien im Handformguss,
die etwa 15 Prozent der deutschen
Gießerei-Industrie ausmachen.
Abnehmer von Wöhr-Anlagen sind zudem
Aluminiumsand- und Stahlgießereien.
Konzentration auf das
Gießereigeschäft
Einer, an dem man wiederum auf den einschlägigen
Tagungen und Konferenzen
zum Thema Formsand und der dazu passenden
Anlagentechnik nicht vorbeikommt,
ist Josef Preiß. Der mittlerweile
68-jährige gebürtige Österreicher ist auf
jeder begleitenden Fachausstellung mit
dabei, wo er bestens vernetzt und für sein
Fachwissen bekannt ist.
Preiß leitet gemeinsam mit seinen
Partnern Peter Wagner und Stephan
Borst den ehemaligen Familienbetrieb.
Ehemalig, weil Wöhr seit 2004 kein Familienunternehmen
mehr ist, sondern ein
schlanker Maschinenbauer, der sich heute
voll auf das Gießereigeschäft konzentriert.
30 GIESSEREI 108 06/2021
Montage von Durchlaufwirbelmischern in der Produktionshalle.
Aufschwung folgte
nach Abschwung
„Als ich 1989 als Berater zu Wöhr kam,
hat das Unternehmen über die Konjunktur
gelebt, wie damals viele Mittelständler.
Wenn die Konjunktur gut lief, wurde ordentlich
Geld verdient, damit man dann,
wenn es schlecht lief, davon zehren konnte“,
blickt Preiß zurück. Um die damals
270 Mitarbeiter zu halten, wurden defizitäre
Bereiche wie der Stahlbau aufrechterhalten.
So folgte Aufschwung nach Abschwung,
eine nachhaltige Lösung für
einen Weiterbetrieb des Gesamtunternehmens
blieb aus. Preiß, Wagner und Borst
wagten 2004 ein Management-Buy-Out
und verschmolzen den Wöhr-Gießereibereich
mit der zuvor gegründeten AAGM
(Aalener Gießereimaschinen).
Haupttätigkeitsbereich heute ist die
Technik rund um das Mischen kaltharzgebundenen
Sands. Diese sogenannte
Kaltformerei ist in Englisch auch als Nobake
bekannt. Zum Produktrepertoire von
Wöhr gehören Durchlaufwirbelmischer,
Formanlagen und Sandregenerierungsanlagen.
Neuerdings ist auch eine Schlichtestation
hinzugekommen, die Wöhr-Konstrukteur
Stephan Borst entwickelt hat.
Heutzutage verfügt Wöhr über eine deutlich
schlankere Struktur als früher: Mit
variabler Mitarbeiterzahl ist das Unternehmen
nicht mehr so umsatzgetrieben
wie damals und erwirtschaftet je nach
Auftragslage zwischen 5 und 12 Millionen
Euro im Jahr. Kaufmann Preiß hat das Risiko
für sein Unternehmen stark eingehegt.
Expansionen sieht er kritisch. „Was
machen Sie denn, wenn Sie mit Ihrem
Unternehmen weltweit aufgestellt sind,
und dann bricht der Weltmarkt um 35 Prozent
ein“, fragt er. Das Unternehmen setzt
primär auf die EU und die Türkei mit Dependenzen
und Schwesterunternehmen
in Tschechien, Polen und an der Ägäis.
Handformguss hat Federn gelassen
Preiß‘ kritische Einstellung zu internationalen
Expansionen erscheint berechtigt.
Schließlich erholt sich das Geschäft nach
dem letzten globalen Wirtschafts einbruch
wegen der Corona-Pandemie gerade erst
wieder. Darüber hinaus hat auch der
Handformguss, Wöhrs Hauptkundenkreis,
in den vergangenen Jahren Federn gelassen.
Allein in Deutschland sind in den vergangenen
sechs Jahren bis zu 150 000
Tonnen Gießkapazität laut BDG verloren
gegangen. Auf der Strecke blieben bekannte
Unternehmen wie z. B. der Eisenguss
der Friedrich Wilhelms-Hütte in
Mühlheim/Ruhr, die Smart Foundry in
Hasloch sowie die Baettr Stade GmbH,
ehemals Global Castings (die GIESSEREI
berichtete). „Wenn eine Handformgießerei
schließt, müssen wir schauen, wohin
der Guss geht und die neuen Gussproduzenten
als Kunden gewinnen“, verrät
Preiß. So bleibt das Geschäft einigermaßen
stabil.
Inzwischen geht es aber wieder aufwärts:
Der Ersatzbedarf für Anlagen steigt
an. Auch interessante Projekte wie die
Umstellung und Erneuerung von Altanlagen
finden langsam wieder Eingang in die
Auftragsbücher. Mit dem Durchlaufwirbelmischer
Känguru, der Prozessvorteile
wie das Einsparen von Chromitsand bietet,
ist kürzlich auch wieder ein Erweiterungsprojekt
dabei gewesen. Weihnachten
wurde die Anlage nach Spanien geliefert.
Maschinenbau in
Zeiten des Green Deals
Die Anlagentechnik des Unternehmens
aus Bopfingen in Baden-Württemberg ist
derweil auf dem aktuellen Stand der
Technik. Elektrotechniker Peter Wagner
ist der Experte für Inbetriebnahmen sowie
Realisierung von Projekten und das
sichtbarste Gesicht beim Kunden vor Ort.
Heute muss er dabei auch die Digitalisierung
im Blick haben. „Überwachung,
Kommunikationsfähigkeit per SPS-System,
dezentrale Datentransparenz und
Fahrbarer höhenverstellbarer Durchlaufwirbelmischer
vom Typ Känguru.
Unternehmen ist nicht mehr
umsatzgetrieben
GIESSEREI 108 06/2021 31
32 GIESSEREI 108 06/2021
Regenerierungsanlage inklusive Fluidbettkühlersichter
mit Trennsieb.
Schlichtestation mit vollautomatischer Schlichteaufbereitungsanlage.
die Aufbereitung von Produktionsdaten
sind aktuelle Themen, die wir immer einfacher
gestalten, damit Instandhalter die
Technik leichter bedienen können“, erklärt
Wagner. Diesen Anspruch galt es für
Wagner vor einiger Zeit auch bei der
Handformgießerei Karl Casper Guss in
Remchingen (die weiße Gießerei) zu
erfüllen, die zu den Vorreitern der Digitalisierung
in diesem Bereich der Gieße rei-
Industrie zählt. Hinzu kommen Fern service
und aktuell auch die Fern inbetriebnahme
angesichts eingeschränkter Reisemöglichkeiten
in der Pandemie. Maschinenbauingenieur
Stephan Borst ist zugleich
der CAD-Konstrukteur im Hintergrund,
der mit seinem Know-how den Markt
schnell und effektiv bedient und dabei auf
der Klaviatur von Festigkeitsanalysen,
thermischen Analysen und Simulationsmethoden
zu spielen versteht. Und Preiß?
Er ist der Mann fürs Geschäft, der auch
in die Zukunft blickt und Potenziale in der
derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklung
entdeckt: „Es sieht ja aktuell so aus,
als ob es durchaus eine grüne Bundeskanzlerin
geben könnte. Und das passt
vielleicht sogar in die Zeit des Green
Deals, der Kreislaufwirtschaft und der
CO 2 -Reduktion.“ Kritisch sieht Preiß in
diesem Zusammenhang die thermische
Regenerierung des Formsands, die durch
zurückgehende Entsorgungsmöglichkeiten
auf Deponien und in stillgelegten
Bergwerken häufiger nachgefragt wird.
Denn die Hochtemperaturregeneration
der chemisch gebundenen Sande in
Handformgießereien verschlingt viel Energie
und erzeugt reichlich Schwefeldioxid.
„So kann man schlecht CO 2 einsparen“,
weiß Preiß.
Ziel: Regenerierung bei Niedrigtemperaturen
Wöhr arbeitet deshalb seit zwei Jahren
gemeinsam mit Hochschulen an einem
Historie Eisenwerk Gebr. Wöhr
Regenerationsprozess, der ähnlich wie in
der Natur bei Normaltemperaturen abläuft.
„Muss man den Sand extrem hochheizen,
wenn es andere Möglichkeiten
gibt“, fragt er. Aktuell sieht er keine
brauchbare Innovation auf dem Markt. Im
Gegenteil. „Es werden im Bereich der Anorganik
Lösungen für große Gießereien
angeboten, bei denen der Sand hochgeheizt
und später auch noch mechanisch
bearbeitet wird“, hat er beobachtet. Der
Unternehmer sieht die Zeichen der Zeit
positiv, weist auf die erheblichen öffentliche
Fördermöglichkeiten für nachhaltige
Innovationen hin und sieht sich darüber
hinaus als Maschinenhersteller in der Verantwortung.
„Wir sind gefordert, hier Lösungen
anzubieten, damit die Gießereien
sich zukunftsfähig aufstellen können“,
betont er.
Preiß legt die Messlatte hoch. Beste
Voraussetzungen, um die Marktposition
als bedeutender Gießereizulieferer für
Handformgießereien zu halten und damit
dem eigenen Unternehmen über die bereits
beachtlich lange Zeitspanne seines
Bestehens hinaus eine sichere Zukunft
zu bieten.
www.aagm.de
1871: Gegründet als Bauschlosserei im Zentrum Stuttgarts von Jakob Wöhr.
1906: Fortgeführt als „Fabrik für Eisenkonstruktionen“ von den Söhnen Ernst und
Philipp Wöhr.
1910 -1919: Aus Platzmangel Umzug nach Aalen-Unterkochen. Zahlreiche Hochbauten
in Stuttgart wie Hindenburgbau, Zeppelinbau, Hochhaus Breuninger. Starke
Ausrichtung auf Eisenbahnbau, Bahnsteigsperren und Dächer unter anderen
auf der Strecke Ulm-Crailsheim, Hafenbahnhof Friedrichshafen, Brücken sowie
unzählige Fabrikbauten.
1926 -1927: Erstes Stahlhaus in Deutschland. Musterhaus auf dem Werksgelände
in Unterkochen noch vor dem weltbekannten Bauhaus-Stahlhaus in Dessau und
Weimar.
Ab 1933: Ausrichtung auf Maschinenbau mit Förderanlagen und Laufkranen für
Industrie und Lagerbetriebe. Lieferungen an Gießereien und Papierfabriken.
Nach 1945: Wiederaufbau der Firma mit den Hauptprodukten Kranbau, Stahlbau,
Förder- und Maschinentechnik für Gießereien und Papierfabriken, Paket- und Briefsortieranlagen
für die Deutsche Bundespost.
Ab 1965: Verstärkte Tätigkeit im Gießereimaschinenbereich mit den Abteilungen
„Flüssigeisen“ und „Sand“ mit zahlreichen Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen.
1993 -1997: Die Familiengesellschafter übertragen die Firma im Rahmen eines
MBI mehrheitlich an ein neues Managementteam.
2004: Die AAGM Aalener Gießereimaschinen GmbH übernimmt im Rahmen eines
MBO die Firma und führt den Geschäftsbereich Gießereimaschinen weiter.
2005: Die Wöhr CZ s.r.o. nimmt als Schwesterfirma in Brno, Tschechien ihre Tätigkeit
auf.
Seit 2018: Die Wöhr PL sp.o.o. in Oswiece, Polen, und die Wöhr Makine Mühendislik
Ticaret in lzmir, Türkei, starten als Service und Vertriebsgesellschaften.
GIESSEREI 108 06/2021 33
FORSCHUNG & INNOVATION
FOTOS: FRAUNHOFER IFAM
Hochflexible Niederdruckgießtechnik
Forschen für die elektromobile
Zukunft
Im Niederdruckgießen sowohl Aluminium als auch Kupfer und Salz schmelzen und vergießen?
Das bietet seit diesem Frühjahr eine neue Niederdruckgießanlage für industrienahe,
angewandte Forschung des Fraunhofer IFAM am Standort Wolfsburg. Vergossene Salzkerne
werden beim Druckgießen zur Herstellung hohler Bauteile, wie Motoren und Batteriegehäuse
eingesetzt. Kupferguss eignet sich wegen seiner thermischen und elektrischen
Leitfähigkeit ebenfalls für elektromobile Anwendungen.
VON CHRISTOPH PILLE, BREMEN
Das Niederdruckgießverfahren
(kurz: ND-Guss) ermöglicht die
gießtechnische Herstellung qualitativ
hochwertiger Gussteile mit hervorragenden
mechanischen Eigenschaften,
insbesondere aus dem Leichtmetall Aluminium.
Es kommt vorzugsweise bei der
Herstellung dickwandiger Gussteile zur
Anwendung. Bekannt ist das Verfahren
für das Gießen von Leichtmetallfelgen für
Kraftfahrzeuge, Fahrwerkskomponenten
mit hohen sicherheitsrelevanten Anforderungen
oder Antriebskomponenten und
Gehäusen.
Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik
und Angewandte Materialforschung
IFAM mit Hauptsitz in Bremen
bietet anwendungsorientierte Forschung
und Entwicklung im Bereich Gießereitechnik
mit dem Schwerpunkt auf druckunterstützten
Gießverfahren wie Druckgießen,
Niederdruckgießen und druckunter-
34 GIESSEREI 108 06/2021
Die neue, flexible Niederdruckgießmaschine
des Fraunhofer IFAM
am Standort in Wolfsburg.
Shuttle-Ofen beim Einfahren unter
das Gießportal.
stütztem Feingießen. Seit 2015 bietet das
Fraunhofer IFAM Anlagentechnik zum
Niederdruckgießen an.
Werkstoff wechseln mit dem
Tiegel-Schnellwechsel-System
Seit Frühjahr 2021 steht nun am Standort
Wolfsburg eine neue Niederdruckgießanlage
für industrienahe, angewandte Forschung
zur Verfügung. Die Anlagentechnik
bietet eine Innovation für das Niederdruckgussgießen:
sie ermöglicht sowohl
das konventionelle Schmelzen und Vergießen
von Aluminium als auch von hochschmelzenden
Metallen wie Kupfer. Ermöglicht
wird diese Multi-Funktionalität
durch ein neuartiges „Tiegel-Schnellwechsel-System“
in Verbindung mit einer besonderen
Schmelztechnologie, die sowohl
direktes als auch indirekt induktives
Schmelzen bietet. Auf diese Weise können
sowohl konventionelle Metalle wie Aluminium,
Kupfer, Messing, Bronze, Magnesium
oder Stahl geschmolzen werden, aber
auch nicht-metallische Schmelzen wie
z.B. Salz-Mischungen können geschmolzen
und vergossen werden. Diese Technologie
ermöglicht das industrialisierbare
Herstellen hochqualitativer Salzkerne
im Niederdruckgießverfahren. Solche als
„verlorene Kerne“ bezeichneten Kerne
aus Salz stehen derzeit im Fokus der Entwicklungen
für den Einsatz im Druckgießverfahren
zur Herstellung hohl gegossener
Bauteile wie Motor- und Batteriegehäuse.
Die neue Niederdruckgießanlage bietet
eine Schmelzleistung von max. 130
kW für eine Schmelztemperatur von bis
zu 1650 °C. Das Schmelzvolumen beträgt
110 Liter und der Gießdruck bis 1,0 bar.
Die untere Aufspannfläche von 1310 x
1290 mm² kann Werkzeuge bis zu einem
Gesamtgewicht von 3500 kg aufnehmen.
Die obere Aufspannfläche von 1200 x
1200 mm² ermöglicht eine Schließkraft
von max. 60 t. Durch einen vertikal verfahrbaren
Ofenraum wird eine freie Zugänglichkeit
des Schmelz- und Warmhaltetiegels
und somit ein schneller Legierungswechsel
ermöglicht. Neben der
flexiblen Verarbeitung verschiedener
Schmelzen kann die Anlage ebenfalls sowohl
konventionelle Stahlkokillen als auch
Sand- oder Halbkokillen bedienen und
bietet derzeit somit im Bereich der gießtechnischen
Forschungslandschaft hohe
Flexibilität und Innovationspotenzial.
Breites Einsatzspektrum
für die Forschung
Das neue Anlagenkonzept ist in Zusammenarbeit
mit der Tegisa Giessereianlagen
und Industrieöfen GmbH, Köln, entstanden.
Es basiert auf einem Prototyp
dieses neuartigen Anlagenkonzeptes, der
2015 erstmalig am Fraunhofer IFAM in
GIESSEREI 108 06/2021 35
MEDIEN & BÜCHER
Wie die Kuhglocken entstehen
290 Jahre Glockenguss in der Schweizer Gießerei Berger
Haben auch Sie interessante Videos
zum Thema Gießereitechnik im Internet
gefunden? Senden Sie Ihre Videovorschläge
an: redaktion@bdguss.de
Eine Berger-Mitarbeiterin bringt kunstvolle Gravuren auf dem Modell an. Für eine fertige Kuhglocke sind vielfältige Arbeitschritte nötig.
Abguss der Glocken bei 1650 °C. Jede Glocke
ist ein Einzelstück.
Glocken vor der Bearbeitung. Jeder Wanderer
kennt ihren Klang auf den Bergalmen.
Mit kunstvollen Stickereien werden die Lederhalsbänder
der Kühe veredelt.
SCREENSHOTS: BERGER GLOCKENGUSS
Die Glockengiesserei Berger GmbH ist
ein traditionelles Familienunternehmen
in Emmental in der Schweiz. Seit mehr
als 290 Jahren produziert die Familie
Berger echte Schweizer Kuhglocken. Jede
Glocke wird in Handarbeit gefertigt
und ist ein Einzelstück. Wie sie entstehen
zeigt jetzt ein eindrucksvoller Film.
Bei Berger werden auch die Lederbänder
für die Kuhglocken produziert. So findet
ein großer Teil der Wertschöpfungskette
im Unternehmen statt. Darin unterscheidet
sich die Glockengießerei nicht von einer
Seriengießerei, die wirtschaftlich produzieren
will.
Der knapp vier Minuten lange Film
zeigt den kompletten Produktionsprozess
vom Schmelzen und Formenbau über das
Einbringen von Gravuren und den Abguss
bis zur Nachbearbeitung und zur Fertigung
der kunstvoll gestalteten Lederbänder.
Wie die Glocke dann einmal am Hals ihrer
Träger auf den Almen der Alpenrepublik
klingen, bleibt der Fantasie der Zuschauer
überlassen. Wussten Sie schon? Glocken
bedeuten Schutz und halten böse Geister
von Haus, Hof und lieben Menschen fern.
Kanonen wurden für militärische Zwecke,
Glocken nur in Friedenszeiten gegossen.
„Deshalb ist eine schöne Glocke und der
dazugehörige Klang auch ein Zeichen für
Frieden und Sicherheit.“ Sogenannte „Sales
Bells“ gibt‘s auch als Motivation für
Verkaufs teams mit Versand in 120 Länder.
QR-CODE/Link:
Link zu OneDrive - Anmelden
nicht erforderlich!
https://t1p.de/7mp5
100 GIESSEREI 108 06/2021