02.06.2021 Aufrufe

gie_06_2021

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

VDI-Präsident Dr.-Ing. Volker Kefer, Grünen-Bundesvorsitzender Robert Habeck und Moderatorin

Gesa Eberl (v.l.n.r.) beim VDI-Ingenieurtag in Düsseldorf.

muss ihr aber die Talkrunde mit den CDUund

SPD-Kanzlerkandidaten Armin Laschet

und Olaf Scholz am gleichen Tag

dazwischengekommen sein. Denn beim

virtuellen Ingenieurtag in Düsseldorf erschien,

ebenfalls virtuell zugeschaltet,

nicht Annalena Baerbock – sondern Robert

Habeck.

Nichtsdestotrotz konnte beim VDI das

eingespielte Programm auch mit Habeck

so durchgeführt werden wie geplant: Im

Mittelpunkt des Events stand der Klimawandel

mit der im Pariser Klimaabkommen

festgeschriebenen Begrenzung der

Erderwärmung auf 1,5 Grad und der Beitrag,

den deutsche Ingenieure zum Erreichen

dieses Ziels leisten können.

VDI-Direktor Ralf Appel bemühte zum

Einstieg in das Thema ein Brandt-Zitat

von 1961: „Der Himmel über der Ruhr

muss wieder blau werden“. Moderator

Christof Teuner nahm den Ball auf und

ergänzte das Zitat auf die heutigen Zeiten

zugeschnitten zu: „Deutschland muss

grün werden“. Hierzu wurde Bundesumweltministerin

Svenja Schulze zugeschaltet,

die die Ziele der Bundesregierung

präsentierte: 40 Milliarden Euro jährlich

für Klimaschutz, um die CO 2 -Emissionen

bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber

1990 zu senken. „Klimafreundliche

Lösungen sichern den Standort

Deutschland“, zeigte sie sich mit Blick

auf die Innovationsfähigkeit deutscher

Ingenieurkunst überzeugt.

Dann folgte der Hauptgast der Veranstaltung,

die in regulären Zeiten bis zu

1500 Teilnehmer nach Düsseldorf führt.

Robert Habeck wies auf die gewaltigen

technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen

Umwälzungen hin, die der

Umbau des Landes hin zur Klimaneutralität

erfordern wird. „Um den Boost loszutreten“

sind Investitionen von 500 Milliarden

Euro bis zum Ende des Jahrzehnts

und zwischen 1,7 und 2,3 Billionen Euro

bis zum Erreichen der Klimaneutralität

erforderlich, rechnete er vor. Für den notwendigen

Investitionsbedarf soll die im

Gesetz vorgegebene Schuldenbremse gegebenenfalls

geändert werden. Durch die

Einführung der verschiedenen Maßnahmen

entsteht aber eine „soziale Unwucht“,

gab er zu bedenken. Deshalb sollen

diejenigen, die benachteiligt werden,

die CO 2 -Steuereinnahmen zurückerhalten.

Auch die Unternehmen sollen bei

dem Prozess mithalten können, warb er

für die grünen Pläne.

Technisch soll die Klimaneutralität

durch die Konzentration auf zwei Maßnahmen-Säulen

geschehen: Zum einen

auf den Ausbau der erneuerbaren Energien,

wobei sowohl im Wind- als auch im

Solarbereich die Kapazitäten verdoppelt

werden müssen. Abstandsregeln für

Windräder wie in Bayern bezeichnete er

in diesem Zusammenhang als „nicht akzeptabel“.

Die zweite Säule ist die Kopplung

der Energiesysteme, um E-Strom in

alle Bereiche der Wirtschaft zu bringen.

Dabei nannte er die Mobilität und die Industrie

und sprach in diesem Zusammenhang

auch von Wasserstoff und E-Fuels.

Kern der Vision, für die es „die volle Kreativität“

deutscher Ingenieurkunst

braucht, ist ein anderes technisches Verständnis.

Bei dieser sogenannten „Man

on the Moon“-Mentalität zählt nur das

Erreichen des Ziels nach dem Beispiel der

Mondlandung 1969. Habeck schweben

Dächer mit Photovoltaik vor, mit Wasserstoff

angetriebene Lkw, das autonome

Fahren sowie die Digitalisierung als Hebel

für mehr Einsparungen beim CO 2 -Ausstoß.

Wie denn Digitalisierung und die Klimaziele

in diesem Modell zusammenpassen

würden, wollte VDI-Präsident Dr.-Ing.

Volker Kefer im Anschluss an diese Ausführungen

wissen. „Die Heizsysteme können

allein 30 Prozent CO 2 durch Digitalisierung

einsparen“, nannte der Grünen-

Vorsitzende ein Beispiel. Weder sei

Deutschland allerdings Vorreiter bei der

Digitalisierung noch in den Bereichen Solar

und Wind, wo „viele Fehler gemacht

wurden“.

Die Stärken Deutschlands sieht Habeck

dagegen u. a. in der Chemischen

Industrie und im Maschinenbau. „Und das

zeigt auf Sie – den VDI“, betonte er. „Die

Ingenieure sollen ihre Arbeit machen, ich

sorge dafür das sie bezahlt wird“, bot er

an. Dr.-Ing. Volker Kefer sagte im Gegenzug

Know-how und Beratung zu und

sprach von einem „Deal“. „Der VDI ist ein

großes Netzwerk von Experten und Ingenieuren,

die guten Willens sind“, versicherte

er.

Damit schwenkt nun auch der größte

technisch-wissenschaftliche Verein

Deutschlands und Europas auf die Linie

einer grünen Wirtschaft ein. Das ist allerdings

keine große Überraschung, denn wie

Svenja Schulze in ihrer Rede betonte, hat

der VDI schon den CO 2 -Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz

(BEHG) unterstützt

und sogar einen höheren gefordert.

Die Reihen bei der Beschleunigung

der ökologischen Transformation des Landes

schließen sich.

Das übrige Programm des Ingenieurtags

drehte sich rund um das Kernthema:

es ging um Klimaschutz im Wärmemarkt,

um Nachhaltigkeit in den Life Sciences,

um die Gebäude und Stromnetze der Zukunft

sowie um die künftige Mobilität und

grünen Wasserstoff.

Robert Piterek

GIESSEREI 108 06/2021 21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!