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Presseaussendung des WWF zum Thema Wolf, mit besonderem Bezug zur Situation in Niederösterreich.
Presseaussendung des WWF zum Thema Wolf, mit besonderem Bezug zur Situation in Niederösterreich.
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Presseaussendung<br />
Naturschutzorganisation fordert lückenlose Einhaltung des Managementplans mit fachgerechtem<br />
Herdenschutz – Kein Freibrief für Abschüsse<br />
Wien, St. Pölten, 14. September 2018 - Der <strong>WWF</strong> Österreich kritisiert die geplante Novelle des<br />
niederösterreichischen Jagdgesetzes als populistische Schnellschuss-Aktion ohne naturschutzfachliche Grundlage<br />
und ohne ausreichende öffentliche Begutachtung. „Damit will die Landesregierung von ihren eigenen<br />
Versäumnissen im Wolfsmanagement ablenken. Jahrelang wurde wenig bis nichts getan, um die Bevölkerung<br />
sachlich zu informieren, Weidetierhalter zu unterstützen und fachgerechten Herdenschutz zu ermöglichen. Daher<br />
wird jetzt eine Sicherheitsgefährdung herbeigeredet, um Abschüsse von Wölfen zu rechtfertigen. Gleichzeitig wird<br />
der EU-rechtlich gesicherte Artenschutz konsequent schlechtgeredet“, kritisiert <strong>WWF</strong>-Experte Christian Pichler. „Die<br />
Sorgen der Bevölkerung müssen absolut ernst genommen werden, aber das in der Novelle dargestellte<br />
Bedrohungsszenario ist völlig übertrieben. Anstatt ein seriöses Wolfsmanagement aufzubauen, wird sofort nach der<br />
Flinte gerufen“, betont Pichler.<br />
Der <strong>WWF</strong> Österreich fordert die lückenlose Einhaltung des bestehenden Managementplans, der im Rahmen eines<br />
Stufenplans zunächst auf Beratung und professionellen Herdenschutz setzt, bevor weitere Maßnahmen überhaupt<br />
in Frage kommen. „Sowohl EU-Recht als auch der nationale Managementplan sehen immer das Prinzip des<br />
‚gelindesten Mittels‘ vor. Daher darf auch die geplante Novelle kein Freibrief für willkürliche Abschüsse sein“, sagt<br />
Pichler. Tatsächlich auffällige oder problematische Wölfe könnten übrigens schon jetzt entnommen werden, dafür<br />
gibt es klare Kriterien. Steht ein Wolf im Verdacht, eine potentielle Gefahr für Menschen darzustellen, wären<br />
sachverständige Fachleute anzuhören, deren Einschätzung über weitere Schritte entscheidet. Jede potenziell<br />
kritische Situation muss gesondert bewertet werden, jede getroffene Maßnahme muss im Einklang mit der FFH-<br />
Richtlinie der Europäischen Union stehen.<br />
Das Land Niederösterreich hält sich bisher nicht an die im Managementplan vereinbarten Maßnahmen, weil viel zu<br />
wenig beraten wird und fachgerechter Herdenschutz nur als Lippenbekenntnis, aber nicht in der Praxis existiert.<br />
Fakt ist auch: Entgegen der tendenziösen Darstellung im Gesetzesantrag ist eine normal umzäunte Weide noch<br />
lange kein fachgerechter Herdenschutz, wie er in anderen europäischen Ländern praktiziert wird. Gemäß<br />
Managementplan sind Abschüsse erst dann erlaubt, wenn es einem „Problemwolf“ mehrfach gelingt, fachgerecht<br />
installierten Herdenschutz zu überwinden oder er sich auch von Herdenschutzhunden nicht abschrecken lässt.<br />
Eigene Wolfszonen sind rechtswidrig und absurd<br />
Die zusätzlich zur Novelle in einer Landtagsresolution angedachten „wolfsfreien Zonen“ widersprechen laut<br />
bisherigen Aussagen von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella sowie Umweltministerin Elisabeth Köstinger dem<br />
EU-Naturschutzrecht. Auch fachlich ist dieser Vorschlag höchst problematisch, weil sich Wildtiere nicht an<br />
willkürliche Zonierungen halten können. Noch dazu ist der Wolf eine weit wandernde Tierart, die mehr als 70<br />
Kilometer pro Tag zurücklegen kann. „Es ist offensichtlich, dass mit ‚Wolfszonen‘ nur eine weitere künstliche<br />
Rechtfertigung für Abschüsse konstruiert werden soll“, analysiert <strong>WWF</strong>-Experte Pichler.<br />
Im Vergleich zu anderen Tieren wie Wildschweinen, Kühen oder Hunden wird die Gefährlichkeit des Wolfes stark<br />
übertrieben. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland (nach zwei<br />
Jahrzehnten derzeit 60 Rudel, ca. 500 Wölfe) bzw. in die Schweiz (drei bis vier Rudel, ca. 50 Wölfe) gab es keine<br />
einzige Attacke oder gar Verletzte. Im Gegensatz dazu mussten laut Kuratorium für Verkehrssicherheit allein im<br />
Jahr 2017 in Österreich rund 3.600 Personen nach einem Hundebiss im Krankenhaus nachbehandelt werden.<br />
Rückfragehinweis, Footage und Fotos:<br />
Claudia Mohl, Pressesprecherin <strong>WWF</strong> Österreich Tel. 0676/83488203,<br />
E-Mail: claudia.mohl@wwf.at