Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 03|18
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Arbeit | Wohnung | Hoffnung<br />
<strong>Rundbrief</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>03|18</strong><br />
Frauen<br />
So zart, so stark<br />
„Ich vegetierte dahin …“<br />
Vom Sozialfall<br />
zum Sozialbetreuer<br />
„Zu ebener Erde“<br />
NÖ-Premiere des<br />
neuen Obdachlosen-Films<br />
Leben in Gewalt<br />
Menschenhandel und<br />
Zwangsprostitution in<br />
Österreich
Kontaktdaten <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten<br />
Verwaltung & Geschäftsführung<br />
Herzogenburger Str. 48-50, 3100 St. Pölten<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 0<br />
info@emmaus.at<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
0676 / 88 6 44 - 346<br />
oea@emmaus.at<br />
Zivildienst<br />
0676 / 88 6 44 - 293<br />
zivildienst@emmaus.at<br />
Dienstleistungen<br />
Ortweingasse 2-8, 3107 Viehofen<br />
Exkursionen & Besuche<br />
0676 / 88 6 44 - 636<br />
oea@emmaus.at<br />
Beratungsstelle Mühlweg<br />
0676 / 88 6 44 - 578<br />
bbe@emmaus.at<br />
Altwarenhandel & Transporte<br />
Möbelverkauf: Mi, 15–18 Uhr,<br />
jeden 1. Samstag im Monat beim Flohmarkt, 9–14 Uhr<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 520<br />
E-Mail: altwaren@emmaus.at<br />
Sanierung<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 283<br />
E-Mail: sanierung@emmaus.at<br />
Gartenpflege<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 279<br />
E-Mail: info@emmaus.at<br />
Kunstwerkstatt<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 574<br />
E-Mail: kunst@emmaus.at<br />
KunstHandWerk-Verkauf<br />
Ortweingasse 2, 3107 Viehofen<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 770<br />
E-Mail: verkauf@emmaus.at<br />
Achtung! Der KunstHandWerk-Verkauf ist bis auf weiteres wegen<br />
Renovierungsmaßnahmen geschlossen!<br />
Verkauf nur nach telefonischer Vereinbarung!<br />
Offenlegung und Impressum<br />
lt. §25 Mediengesetz<br />
Medieninhaber,<br />
Herausgeber und Verleger:<br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten -<br />
Verein zur Integration sozial benachteiligter<br />
Personen, 3100 St. Pölten, Herzogenburger<br />
Straße 48, ZVR: 248337422<br />
Für den Inhalt verantwortlich:<br />
Mag. Karl Langer<br />
Redaktion:<br />
Mag. Christian Veith<br />
Jutta Strobl<br />
Layout: Matthias Böswart<br />
LeserInnen-Service<br />
und Adressän<strong>der</strong>ungen:<br />
Jutta Stobl<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 636<br />
E-Mail: jutta.strobl@emmaus.at<br />
Herstellung:<br />
Druckerei Janetschek GmbH,<br />
3860 Heidenreichstein<br />
Die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten ist<br />
zu 100 Prozent Eigentümerin <strong>der</strong> vierteljährlich<br />
erscheinenden periodischen<br />
Druckschrift „Emmaus-<strong>Rundbrief</strong>“.<br />
Weiters ist die <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten Eigentümerin und Betreiberin<br />
<strong>der</strong> Homepage www.emmaus.at.<br />
Geschäftsführung<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten,<br />
Herzogenburger Straße 48,<br />
3100 St. Pölten:<br />
Mag. Karl Langer<br />
Roland Hammerschmid<br />
Peter Hirsch<br />
Verein:<br />
Obmann DI Franz Angerer, 1. Obmann-Stv.<br />
DI Benno Scheiblauer, 2.<br />
Obmann-Stv. Ilse Baier, Schriftführerin<br />
Gertrud Wallenböck, Kassier DI Dr.<br />
Walter Feninger<br />
Rechnungs- und Wirtschaftsprüfer:<br />
Höchtl & Partner Wirtschaftsprüfung<br />
GmbH, Mariazeller Str. 150, 3100 St.<br />
Pölten<br />
Blattlinie: Der „Emmaus-<strong>Rundbrief</strong>“<br />
dient <strong>der</strong> Berichterstattung über die<br />
aktuelle Entwicklung <strong>der</strong> Einrichtungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten<br />
und zur umfassenden Information für<br />
FreundInnen und För<strong>der</strong>er des Vereins.<br />
Coverfoto:<br />
Burlingham/shutterstock.com<br />
www.emmaus.at
Vorwort | 3<br />
Liebe FreundInnen<br />
und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong>!<br />
Selbst ist die Frau<br />
„Eine Welt, in <strong>der</strong> die Frauen ausgegrenzt<br />
werden, ist eine sterile Welt … sie vermitteln<br />
uns die Fähigkeit, die Welt mit an<strong>der</strong>en<br />
Augen zu sehen, die Dinge mit kreativerem,<br />
geduldigerem, zärtlicherem Herzen<br />
zu spüren.“ (Papst Franziskus)<br />
2018 bietet reichhaltige Möglichkeiten<br />
des Gedenkens: 400 Jahre Beginn des<br />
30-jährigen Kriegs, 200 Jahre Erstaufführung<br />
von „Stille Nacht“ o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong><br />
200. Geburtstag von Karl Marx.<br />
Hierzulande wurde Ende 1918 – nach<br />
dem Ende <strong>der</strong> Monarchie – die Republik<br />
Österreich<br />
ausgerufen.<br />
Und 1938 –<br />
vor 80 Jahren<br />
– kam <strong>der</strong> Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland<br />
– zwei völlig unterschiedliche<br />
Umbrüche, beide tief in unser kollektives<br />
Gedächtnis eingebrannt.<br />
Ein prägendes Jubiläum wird dabei leicht<br />
übersehen: Die Einführung des Frauenwahlrechts<br />
in Österreich im Herbst 1918<br />
(jenes für Männer war bereits 1907 gekommen).<br />
Ohne Ausdauer, Kampf und<br />
Entschlossenheit vieler mutiger Frauen<br />
wäre es 1918 nicht dazu gekommen. Aus<br />
diesem Grund widmen wir die aktuelle<br />
<strong>Ausgabe</strong> des <strong>Rundbrief</strong>s den vielen<br />
Frauen bei Emmaus – Mitarbeiterinnen,<br />
Freiwilligen o<strong>der</strong> Gästen. 54 % <strong>der</strong> Emmaus-MitarbeiterInnen<br />
sind Frauen und<br />
weit mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Emmaus-Freiwilligen<br />
ebenfalls.<br />
Foto: Kogler<br />
„Das Recht ströme wie Wasser,<br />
die Gerechtigkeit wie ein<br />
nie versiegen<strong>der</strong> Bach“ Am 5,24<br />
Armut von Frauen ist oft<br />
an<strong>der</strong>s und wenig sichtbar.<br />
Neben Krankheit, Wohnungslosigkeit,<br />
Beziehungsproblemen und Langzeitarbeitslosigkeit<br />
gehören auch Unterdrückung<br />
und Ausbeutung zum Lebensalltag<br />
dieser Frauen.<br />
Das Emmaus-Frauenprojekt begann<br />
im Jänner 2004 in einer angemieteten<br />
Dachgeschoßwohnung mit sechs Notschlafplätzen<br />
für notleidende Frauen.<br />
Da <strong>der</strong> Bedarf ständig stieg, erfolgte<br />
bereits ein Jahr später <strong>der</strong> Umzug in ein<br />
eigenes Haus. Heute gibt es<br />
eine Notschlafstelle mit vier<br />
Plätzen und ein Frauen-Café<br />
(Tageszentrum). Das Wohnheim<br />
hat 6 Plätze für akut wohnungslose<br />
und 12 weitere für psychisch erkrankte<br />
Frauen.<br />
Angesichts <strong>der</strong> Armutsgefährdung und<br />
Altersarmut von Frauen ist es dringend<br />
notwendig, die Rechte von Frauen immer<br />
wie<strong>der</strong> sicherzustellen.<br />
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in<br />
den Herbst und – sollten Sie eine Frau<br />
sein – ein großes DANKE! speziell an SIE<br />
für alles, was Sie für das Wohlergehen<br />
<strong>der</strong> Menschen in ihrer Umgebung und<br />
das Funktionieren <strong>der</strong> Welt täglich leisten!<br />
Karl Langer<br />
Geschäftsführer<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten
08<br />
VERKAUFT<br />
14<br />
10<br />
08<br />
20<br />
06<br />
Inhalt<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>03|18</strong><br />
12<br />
05<br />
06<br />
07<br />
08<br />
10<br />
Wo soll ich hin?<br />
Frauen sind oft<br />
verdeckt wohnungslos<br />
Gastgeschichte: „Ich<br />
vegetierte dahin ...“<br />
Christian war ein hoffnungsloser<br />
Sozialfall. Heute hilft er<br />
selbst bedürftigen Menschen<br />
Mit-Mensch<br />
Die Kolumne von Emmaus<br />
St. Pölten Grün<strong>der</strong> Charly<br />
Rottenschlager<br />
Leben in Gewalt<br />
Menschenhandel und<br />
Zwangsprostitution sind<br />
auch in Österreich<br />
traurige Realität<br />
Mit Spannnugen leben<br />
Vor 85 Jahren starb Hildegard<br />
Burjan. Die Sozialpionierin<br />
war die erste Frau im<br />
österreichischen Parlament<br />
12<br />
14<br />
16<br />
17<br />
18<br />
„Frauenpower“<br />
im Grünen<br />
Auf <strong>der</strong> Emmaus-CityFarm<br />
lernen Frauen fortschrittliches<br />
„Garteln“<br />
Emmaus-Werkstätten<br />
Tragbar und kreativ.<br />
Neues von <strong>der</strong> Tagestätte<br />
Projekt&Design<br />
„Mir geht es um das<br />
Wohl <strong>der</strong> Menschen“<br />
Gerda Schmied engagiert<br />
sich neu im Emmaus-<br />
Vorstand<br />
Antworten geben<br />
auf soziale Fragen<br />
Emmaus-Generalversammlung<br />
2018<br />
„Soogut“ wie nie<br />
Die Sozialmärkte in NÖ<br />
haben einen neuen Namen<br />
20<br />
22<br />
„Zu ebener Erde“<br />
Die RegisseurInnen im<br />
Gespräch über den<br />
neuen österrichischen<br />
Obdachlosenfilm<br />
Buchtipps<br />
„Kein Dach über dem Leben“<br />
und „Running Man. Ein Ultralauf<br />
zurück ins Leben“
Thema | 5<br />
Wo soll ich hin?<br />
Verdeckte Wohnungslosigkeit von Frauen<br />
Armutsgefährdung von Frauen führt oft zu Wohnungslosigkeit. Frauen sind armutsgefährdet,<br />
weil sie häufig jahrzehntelang ein Leben in traditionellen Frauenrollen<br />
geführt, ihre Erwerbsarbeit jahrelang unterbrochen und unbezahlte Hausund<br />
Familienarbeit geleistet haben.<br />
von Rita Olah<br />
Viele wohnungslose Frauen konnten<br />
sich außerdem – als Folge von<br />
traumatischen Kindheits- und Sozialisationserfahrungen<br />
– nie eine gesicherte<br />
Existenz aufbauen. Ihr Leben ist<br />
von ständigem Weglaufen geprägt.<br />
Frauen sind oft jahrelang „verdeckt wohnungslos“.<br />
Um Wohnungslosigkeit zu<br />
vermeiden, ihre Not zu verbergen und<br />
ihre Grundbedürfnisse abzudecken, entwickeln<br />
sie unauffällige Problemlösungsstrategien.<br />
Sie kommen bei Bekannten<br />
unter, bei Verwandten, Zweckpartnern<br />
und Zufallsbekanntschaften. Diese privaten<br />
Lösungen führen jedoch häufig in<br />
neue Abhängigkeiten, oft verbunden mit<br />
körperlicher, psychischer o<strong>der</strong> sexueller<br />
Gewalt. Aus Scham o<strong>der</strong> von Schuldgefühlen<br />
geplagt nehmen viele Frauen Gewalt<br />
und Nötigung in Kauf, weil sie glauben,<br />
dass die Gesellschaft ihre Armut als<br />
persönliches Versagen und als Schande<br />
sieht.<br />
Annas Weg<br />
Die 35-jährige Anna ging den Weg von<br />
<strong>der</strong> verdeckten Wohnungslosigkeit zur<br />
Sichtbarkeit im Hilfssystem. Anna war<br />
von einem Bekannten, <strong>der</strong> sie eingesperrt<br />
und geschlagen hatte, zu einer Freundin<br />
geflüchtet. Schon davor hatte sie fünf Mal<br />
im Frauenwohnheim angerufen: „Kann<br />
ich kommen?“ Sie tat es nie. Auf Anraten<br />
ihrer Freundin kam sie nach zwei Wochen<br />
doch in die Notschlafstelle. „Ich gebe es<br />
gleich zu, ich habe Alkohol getrunken“<br />
sagte sie, „ich hätte es sonst nicht geschafft,<br />
herzukommen. Mein Vater hat<br />
mir immer gesagt, ich bin ein Versager,<br />
aus mir wird nie etwas. Ich habe alles versucht,<br />
damit er nicht Recht hat. Jetzt ist es<br />
aber so weit: Ich bin ein Versager.“<br />
Aber Anna hat nicht versagt, nur weil sie<br />
institutionelle Hilfe in Anspruch genommen<br />
hat. Jetzt, zwei Jahre später, hat sie<br />
eine eigene Wohnung und einen Job –<br />
und sieht es auch so.<br />
Rita Olah leitet das Emmaus-<br />
Frauenwohnheim in St. Pölten.<br />
Foto: Monkey Business Images/shutterstock.com
6 | Gastgeschichte<br />
„Ich vegetierte dahin …“<br />
Christian – vom Sozialfall zum Sozialbetreuer<br />
Zunächst verläuft das Leben von Christian (*1967) nach Wunsch: 8 Jahre Facharbeiter,<br />
16 Jahre Produktionsleiter, eine Familie mit 4 Kin<strong>der</strong>n. Doch Christian hat ein<br />
Alkoholproblem … Im <strong>Rundbrief</strong> spricht er über sein Leben.<br />
Mit 46 Jahren saß ich plötzlich hinter Gittern.<br />
Dabei hatte ich die zwei Jahre davor<br />
nur versucht, zu überleben. Während <strong>der</strong><br />
U-Haft schaute ich oft durch die Gittervon<br />
Karl Rottenschlager<br />
Ich wurde in Wien geboren, aber meine<br />
Familie übersiedelte schon bald nach<br />
Hohenberg. Nach <strong>der</strong> Schule machte<br />
ich in St. Pölten die Lehre zum Feinmechaniker.<br />
Während des Bundesheeres<br />
lernte ich meine spätere Frau kennen; mit<br />
21 habe ich geheiratet. Wir bekamen 2<br />
Buben und 2 Mädchen.<br />
Jahre später wurde ich in Hohenberg Produktionsleiter<br />
einer Firma. In dieser Zeit<br />
zeigte sich erstmals mein Alkoholproblem.<br />
Dann kam, nach 18 Jahren Ehe, die<br />
Scheidung. Ich war 38. Jetzt begann ich<br />
richtig zu trinken. Der Chef wollte mich<br />
halten, doch schließlich musste er mich<br />
kündigen. Ich war 43. Zwei Jahre später<br />
war ich in einer totalen Krise. Ich hatte<br />
keinen Selbstwert mehr. Allein, zusammen<br />
mit meinem Hund, vegetierte ich im<br />
eigenen Haus dahin. Strom gab es keinen<br />
mehr, nur noch Kerzenlicht. Ich war knapp<br />
vor <strong>der</strong> Delogierung. Trotz allem dachte<br />
ich, es wird schon wie<strong>der</strong>. Doch ich fand<br />
keinen Ausweg.<br />
Suchtkrank<br />
In dieser unerträglichen Situation brach<br />
ich in ein Gasthaus ein, um zu Geld, Wein,<br />
Zigaretten und Cognac zu kommen. Ich<br />
war so hoffnungslos. Mein Tagesrhythmus<br />
bestand aus trinken und schlafen.<br />
Zwischendurch sammelte ich Holz zum<br />
Einheizen. Damals – um das Jahr 2010 –<br />
glaubte ich noch immer, nicht süchtig zu<br />
sein und je<strong>der</strong>zeit mit dem Trinken aufhören<br />
zu können.<br />
In dieser Phase trank ich täglich bis zu<br />
drei Doppler Wein und zwei Flaschen Cognac.<br />
Dann verlor ich den Führerschein.<br />
Ich fuhr trotzdem weiter. Schließlich hatte<br />
ich einen Verkehrsunfall ohne Personenschaden<br />
aber mit 3,2 Promille im Blut.<br />
Am 23. Oktober 2013 wurde ich verhaftet.<br />
Die Schadenssumme betrug € 25.000,–<br />
und ich bekam 2 Jahre, dank eines gnädigen<br />
Richters davon nur 8 Monate unbedingt.<br />
Während <strong>der</strong> U-Haft machte ich<br />
einen „kalten Entzug“. Ich hätte das nicht<br />
durchgestanden, aber ein Wachebeamter<br />
half mir dabei. Während <strong>der</strong> Haft entschuldigte<br />
ich mich bei meinen Kin<strong>der</strong>n.<br />
Alle vier nahmen die Entschuldigung an.<br />
Auch mein Bru<strong>der</strong> und meine Schwägerin<br />
unterstützten mich in dieser Zeit. Allerdings<br />
wurde während <strong>der</strong> Haft mein Haus<br />
versteigert.<br />
Wende in <strong>der</strong> Haft<br />
Foto: Nimai/shutterstock.com
stäbe und dachte: „Christian, so kann es<br />
nicht weitergehen!“<br />
Und dann legte ich den Schalter um.<br />
Nach <strong>der</strong> Haft kam ich im Mai 2014 zu<br />
Emmaus. Stefan, ein Mitarbeiter, brachte<br />
mich auf die Idee einer Ausbildung im Sozialbereich.<br />
Davor musste ich allerdings<br />
eine Therapie machen. Im Jänner 2015<br />
begann ich damit beim Grünen Kreis. In<br />
den folgenden 18 Monaten konnte ich<br />
je<strong>der</strong>zeit mit einer Vertrauensperson reden.<br />
Das war entscheidend. Nach <strong>der</strong><br />
Therapie strich man mich im Oktober<br />
2016 aus dem Strafregister.<br />
Im September 2016 begann ich die Ausbildung<br />
zum Fachsozialbetreuer. Seit<br />
2018 bin ich Pflegeassistent. 2019 möchte<br />
ich die Ausbildung zum Alten- und Behin<strong>der</strong>tenbetreuer<br />
abschließen.<br />
Inzwischen habe ich den Führerschein<br />
wie<strong>der</strong>. Und wenn alles klappt, bin ich<br />
2021 schuldenfrei. Große Freude machen<br />
mir meine 4 Enkelkin<strong>der</strong>. Auch mein Bru<strong>der</strong><br />
ist sehr verständnisvoll.<br />
Mein Ziel ist es, einen guten Job zu finden<br />
und vielleicht auch wie<strong>der</strong> eine Partnerschaft<br />
…“<br />
Mit-Mensch<br />
Gastgeschichte | 7<br />
von Karl Rottenschlager<br />
Missbrauch – und<br />
niemand glaubt ihr<br />
„Meinen Vater kenne<br />
ich nicht, die Mutter<br />
war alkoholabhängig.<br />
Darum kam ich zu Pflegeltern,<br />
wo es mir anfangs<br />
gut ging“, erzählt Rita*. Doch mit 9 Jahren<br />
wird Rita verhaltensauffällig, beginnt<br />
zu rauchen und schwänzt die Schule.<br />
Dann missbraucht sie ihr Pflegevater. Die<br />
14-jährge zeigt ihn beim Jugendamt an.<br />
Doch man glaubt ihr nicht, „Phantasien<br />
einer Pubertierenden“ bekommt sie zu<br />
hören. Rita macht eine Lehre zur Verkäuferin<br />
in einem Supermarkt. Ihre Freundschaften<br />
zerbrechen, weil sie meist auf<br />
alkoholabhängige Männer trifft. Mit 19<br />
verliert Rita im 6. Monat ihr Kind – ihr Lebensgefährte<br />
hat sie spitalsreif geschlagen.<br />
Erst im Emmaus-Frauenwohnheim<br />
kommt Ritas Leidensgeschichte ans<br />
Licht. Der Missbrauch wird neuerlich angezeigt<br />
und diesmal glaubt man ihr. Sie<br />
erhält Psychotherapie und eine finanzielle<br />
Entschädigung. Rita heiratet. Das<br />
ersehnte Kind kommt gesund zur Welt.<br />
Doch die Beziehung kriselt – <strong>der</strong> Partner<br />
kifft. Rita quälen Existenzängste und es<br />
kommt zur Scheidung. Seit 2016 ist Rita<br />
alleinerziehende Mutter. Derzeit arbeitet<br />
sie in einer Trauma-Therapie ihre Vergangenheit<br />
auf, was ihr sehr hilft. „Dank<br />
Emmaus habe ich nun einen Job und<br />
eine Wohnung, mein Sohn besucht die<br />
HTL. Endlich kann ich ohne Angst und in<br />
Frieden leben.“<br />
Foto: Böswart<br />
*Name geän<strong>der</strong>t
8 | Thema<br />
Leben in Gewalt<br />
Menschenhandel und Zwangsprostitution<br />
in Österreich<br />
von Anna Mayrhofer<br />
Ilona ist 24 Jahre alt und stammt aus<br />
Rumänien. Der Vater war arbeitslos<br />
und Alkoholiker. Wenn er betrunken<br />
war, gab es zu Hause oft Streit. Niemand<br />
konnte es ihm recht machen, und in seinem<br />
Ärger schlug er die Mutter und die<br />
Kin<strong>der</strong>. Die älteren Geschwister verließen<br />
das Haus sehr früh. Die Mutter versuchte,<br />
die Familie zusammenzuhalten und<br />
durch Gelegenheitsarbeit Geld zu verdienen.<br />
Ilona schwänzte oft die Schule,<br />
es kümmerte sich sowieso niemand um<br />
sie. Nach <strong>der</strong> Schule arbeitete sie kurze<br />
Zeit in einer Fabrik. Im Dorf gab es nur<br />
wenige Arbeitsplätze. Ein Cousin, <strong>der</strong> in<br />
Österreich lebte, versprach Ilona dort Arbeit<br />
und ihrer Mutter, dass er auf sie aufpassen<br />
würde.<br />
Ilona fuhr. Ihr Cousin brachte sie direkt in<br />
ein Bordell und erklärte ihr ihre zukünftige<br />
„Arbeit“. An<strong>der</strong>e Frauen sagten ihr, was<br />
sie tun müsse. Ilona wollte weg, aber ihr<br />
Cousin schlug ihr ins Gesicht und drohte,<br />
er würde ihrer Familie und im ganzen<br />
Dorf erzählen, dass sie eine Hure sei. Als<br />
sie sich weiterhin weigerte, schickte er ein<br />
paar „Freunde“ zu ihr ins Zimmer, die Ilona<br />
vergewaltigten. Dann tat sie, was man<br />
ihr sagte.<br />
Einmal im Monat durfte sie 500 Euro nach<br />
Hause schicken. Ihre Mutter freute sich,<br />
sie konnte das Dach des kleinen Hauses<br />
reparieren und auch den Arztbesuch bezahlen,<br />
den sie schon seit Monaten hinausgeschoben<br />
hatte. Wenn Ilona zweio<strong>der</strong><br />
dreimal im Jahr ihre Eltern besuchte<br />
und <strong>der</strong>en Elend sah, wusste sie, warum<br />
sie sich in Österreich prostituierte, auch<br />
wenn ihr Cousin das meiste Geld daran<br />
verdiente. Aber das wusste niemand. Sie<br />
erfand Geschichten von ihrer angeblichen<br />
Arbeit als Kellnerin. Endlich war <strong>der</strong><br />
Vater zufrieden mit ihr. Mittlerweile hatte<br />
sie gelernt, wie das alles auszuhalten war:<br />
mit Alkohol und Schmerztabletten.<br />
Falsche Versprechungen<br />
Frauen wie Ilona haben neben materieller<br />
Armut, mangeln<strong>der</strong> Schul- und Berufsausbildung,<br />
Arbeitslosigkeit, Hoffnungsund<br />
Perspektivenlosigkeit oft schon in<br />
SOLWODI (=Solidarity with women in distress – Solidarität mit Frauen in Not) ist eine internationale<br />
Menschenrechts- und Hilfsorganisation. Sie unterstützt Frauen und Mädchen, die<br />
Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Gewalt und Ausbeutung geworden sind.<br />
SOLWODI Österreich besteht seit 2012. In Wien und Innsbruck gibt es Schutzwohnungen<br />
für Frauen und ihre Kin<strong>der</strong> sowie Beratungsstellen. SOLWODI Österreich wird ausschließlich<br />
durch Spenden finanziert.<br />
solwodi.at
Thema | 9<br />
ihrer Herkunftsfamilie<br />
Gewalt bis<br />
hin zum sexuellen<br />
Missbrauch erlebt.<br />
Sie werden mit falschen<br />
Versprechungen<br />
auf eine gut bezahlte<br />
Arbeit ins Ausland gelockt.<br />
Durch finanzielle Abhängigkeit,<br />
Ausnutzen ihrer<br />
Hilflosigkeit sowie Androhen<br />
und Ausüben psychischer<br />
und physischer Gewalt<br />
werden die Frauen in<br />
ausbeuterische Beziehungen,<br />
Arbeitsverhältnisse<br />
o<strong>der</strong> in<br />
die Prostitution gezwungen.<br />
Österreich ist Transitund<br />
Zielland zugleich. Frauen aus Osteuropa,<br />
Nigeria, China … werden nach<br />
Österreich gebracht und landen in <strong>der</strong><br />
Prostitution. Viele sind Opfer von Menschenhandel.<br />
Ihre Identität herauszufinden<br />
ist schwierig, weil die Frauen aus<br />
Angst meist nichts sagen. Die Täter bleiben<br />
unbekannt. Die Nachfrage <strong>der</strong> Männer<br />
in Österreich nach „gekauftem Sex“<br />
för<strong>der</strong>t den Markt. Der oft verwendete<br />
Begriff „Sexarbeit“ suggeriert dabei den<br />
freiwilligen und selbstbestimmten „Verkauf<br />
sexueller Dienstleistungen“. Doch<br />
er verharmlost Hintergründe und Auswirkungen<br />
von Prostitution. Die Grenzen<br />
zwischen Prostitution, Zwangsprostitution<br />
und Menschenhandel sind fließend.<br />
Leben ohne Angst<br />
Durch eine Streetworkerin kam Ilona<br />
zu SOLWODI. Zusammen mit an<strong>der</strong>en<br />
Frauen und<br />
<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n<br />
lebt sie<br />
in <strong>der</strong> anonymen<br />
Schutzwohnung.<br />
Die Sozialarbeiterinnen<br />
bieten<br />
Beratung und Begleitung<br />
bei medizinischen,<br />
rechtlichen, sozialen und<br />
psychischen<br />
VERKAUFT<br />
Problemen an und<br />
helfen bei Behördengängen<br />
sowie <strong>der</strong><br />
Wohnungs- und Arbeitssuche.<br />
Ebenso wichtig sind<br />
Hilfe zur psychischen Stabilisierung,<br />
Stärkung des Selbstwertgefühls sowie<br />
Unterstützung bei <strong>der</strong> Entwicklung neuer<br />
Lebensperspektiven.<br />
Ilona hat einen Deutschkurs begonnen<br />
und geht regelmäßig zu einer Psychotherapeutin.<br />
Sie möchte lernen, ohne Angst<br />
zu leben und die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> letzten Jahre<br />
aus ihrem Kopf zu bekommen. Wenn es<br />
ihr psychisch wie<strong>der</strong> besser geht, hofft<br />
sie, eine Arbeitsstelle und eine eigene<br />
kleine Wohnung zu finden.<br />
Sr. Anna Mayrhofer (*1966), FMM ist Dipl.<br />
Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin. 2012<br />
übernahm sie die Leitung <strong>der</strong> SOLWO-<br />
DI-Schutzwohnung in Wien. Seit 2017 ist<br />
sie Teil des Leitungsteams von SOLWODI<br />
Österreich.<br />
Foto: BeataGFX/shutterstock.com
10 | Thema<br />
Mit Spannungen leben<br />
Die Sozialpionierin und Politikerin Hildegard Burjan<br />
Hildegard Burjan, (*30.1.1883 in Görlitz a. d. Neisse, +11. 6. 1933 in Wien), verheiratet,<br />
Mutter, Jüdin, die sich nach lebensbedrohlicher Erkrankung taufen lässt. Akademikerin<br />
mit wachem Blick für gesellschaftliche Entwicklungen, erste weibliche<br />
christlich-soziale Abgeordnete im österreichischen Parlament. Grün<strong>der</strong>in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />
apostolischen Lebens Caritas Socialis (CS). Sozialpionierin nach dem<br />
Motto „Die Liebe Christi drängt uns …“, in Gott verwurzelte Frau, tatkräftig, innovativ<br />
und mutig. Am 29. 1. 2012 seliggesprochen.<br />
von Karin Weiler<br />
Das Leben Hildegard Burjans war geprägt<br />
von vielfältigen Spannungen:<br />
zwischen Politik und Kirche, zwischen<br />
Ehe, Familie und Gründung einer<br />
Schwesterngemeinschaft, zwischen Verpflichtungen<br />
in einem herrschaftlichen<br />
Haushalt und dem Engagement für die<br />
Ärmsten <strong>der</strong> Gesellschaft, zwischen ihrem<br />
einfachen Glauben und dem tatkräftigen,<br />
mutigen Auftreten als Frau in <strong>der</strong><br />
Kirche, zwischen Hilfe für Einzelne und<br />
nötigen strukturverän<strong>der</strong>nden Maßnahmen,<br />
zwischen <strong>der</strong> Pflege <strong>der</strong> Beziehung<br />
zu Gott und ihrem vielfältigen Engagement,<br />
zwischen<br />
Gottvertrauen und<br />
großem persönlichen<br />
Einsatz.<br />
„Gott, wenn du<br />
bist, zeige dich mir“<br />
Hildegard Burjans<br />
Bitte drückt die<br />
spannende Ambi-<br />
valenz ihres Suchens nach Gott aus. Einerseits<br />
ist sie sich gar nicht sicher, ob es<br />
Gott überhaupt gibt, an<strong>der</strong>erseits spricht<br />
sie IHN in ihrer Bitte als DU an. Die junge<br />
Frau war als nüchterne Philosophin auf<br />
<strong>der</strong> Suche nach dem letzten Sinn. Zum<br />
Glauben an Gott fand sie erst in ihrer<br />
lebensbedrohenden Erkrankung – und<br />
zwar durch das Beispiel tätigen Glaubens<br />
<strong>der</strong> sie liebevoll pflegenden Ordensfrauen<br />
im Berliner St. Hedwig Krankenhaus.<br />
„Wenn mir <strong>der</strong> liebe Gott nur ein Brieferl<br />
schreiben würde …“. Hildegard Burjan ist<br />
stets auf <strong>der</strong> Suche nach dem Willen Gottes<br />
und findet SEINE Spuren in den Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
ihrer Zeit. „Gott gibt uns<br />
Hildegard Burjan mit<br />
Parlamentariern in <strong>der</strong><br />
Säulenhalle des Parlaments
Thema | 11<br />
den Verstand,<br />
damit<br />
wir die<br />
Not einer<br />
Zeit, die<br />
Ursachen<br />
<strong>der</strong> Not,<br />
die Mittel,<br />
die zur Abhilfe<br />
führen,<br />
erkennen.“<br />
1919 gründet<br />
Hildegard<br />
Burjan<br />
die<br />
Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis<br />
(CS). Die Frauen, die sich <strong>der</strong> neuen Gemeinschaft<br />
anschließen, sind als Weggefährtinnen<br />
Hildegard Burjans sozial und<br />
politisch tätig und erfahren. Hildegard<br />
Burjan veranstaltet Exerzitien für sozial<br />
engagierte Frauen. Der Wunsch, diese religiöse<br />
Vertiefung fortzusetzen, führt zur<br />
Gründung <strong>der</strong> CS. Als Überschrift <strong>der</strong> ersten<br />
Leitsätze <strong>der</strong> sozial tätigen Gemeinschaft<br />
überrascht <strong>der</strong> Bibelvers „Ruhet<br />
ein wenig aus“ (Mk 6,31). Das feine Hören<br />
auf die Stimme Gottes, <strong>der</strong> das Leben <strong>der</strong><br />
Menschen in Fülle will, führt zum Engagement<br />
für Menschen am Rand <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />
Aus eigener Erfahrung weiß Hildegard<br />
Burjan um die nötige Balance zwischen<br />
„sich einsetzen für an<strong>der</strong>e“ und dem „zurückkehren<br />
zur Ruhe mit DIR und in DIR“,<br />
wie sie im Tagesgebet <strong>der</strong> Schwestern<br />
formuliert. Die große Ressource und das<br />
Fundament ihrer Sendung ist ihr Vertrauen<br />
auf die Hilfe Gottes, zu dem sie aus<br />
allem Getriebe des Alltags wie<strong>der</strong> zurückkehren<br />
kann. „Ob es möglich ist, Martha<br />
und Maria zugleich zu sein? Ganz sicher<br />
und es ist das große Ideal, das wir versuchen<br />
wollen in <strong>der</strong> CS“.<br />
Das Verbindende suchen<br />
Hildegard Burjans Blick für die tieferen<br />
Zusammenhänge sozialer Not führt sie<br />
in die Politik. „Volles Interesse für die<br />
Politik gehört zum praktischen Christentum.“<br />
Der Wiener Kardinal Friedrich Piffl<br />
bezeichnete Hildegard Burjan als das<br />
Gewissen des Parlaments. Eine große Toleranz<br />
auch gegenüber weltanschaulich<br />
An<strong>der</strong>sdenkenden zeichnet sie aus. „Je<br />
fester ein Mensch von seiner Weltanschauung<br />
überzeugt und durchdrungen<br />
ist, je mehr ihm seine Gesinnung heiligste<br />
Herzenssache ist, desto ruhiger erträgt er<br />
an<strong>der</strong>e Meinungen, desto mehr sucht er<br />
überall das Versöhnende, Verbindende<br />
heraus und ignoriert bei gemeinsamer<br />
Arbeit das Trennende.“<br />
Hildegard Burjans Weg durch die Spannungsfel<strong>der</strong><br />
ihres Lebens und ihrer Zeit<br />
bleibt nicht ohne die Erfahrung von<br />
Schwierigkeiten und Scheitern. „Wir müssen<br />
Mut haben und vom Leben noch<br />
lernen wollen“, ermutigt sie ihre WeggefährtInnen.<br />
Halt und Orientierung findet<br />
sie im Willen Gottes und formuliert im<br />
Weihegebet <strong>der</strong> Caritas Socialis: „Ich will<br />
nur deine Ehre suchen, vor keiner Schwierigkeit<br />
und Mühe zurückweichen, mich<br />
durch keinen Misserfolg erschüttern und<br />
durch keinen Erfolg von DIR entfernen<br />
lassen.“<br />
Sr. Karin Weiler CS (*1969), Theologin,<br />
Supervisorin, Exerzitienbegleiterin, tätig<br />
im Bereich Werte, Sozial Pastorale Dienste,<br />
Ehrenamt <strong>der</strong> CS Caritas Socialis und<br />
als Referentin für Hospiz und Palliative<br />
Care.<br />
Foto: zVg
12 | Emmaus<br />
„Frauenpower“ im Grünen<br />
Garteln für Fortgeschrittene auf <strong>der</strong> CityFarm<br />
Wie verbunden sind Frauen mit Gärten? Für meine Masterarbeit habe ich Gäste <strong>der</strong><br />
CityFarm über ihre Garten-Erinnerungen befragt.<br />
von Ruth San<strong>der</strong><br />
Immer wie<strong>der</strong> erzählten sie vom Garten<br />
<strong>der</strong> Großmutter o<strong>der</strong> Mutter: „Die Oma<br />
hat a bissl im Gemüsegarten gewerkt –<br />
wir ham dann Versteckerl gespielt.“ O<strong>der</strong>:<br />
„Wir haben früher einen großen Garten<br />
gehabt, da hat meine Mutter immer Ribisel<br />
geerntet.“ Dass <strong>der</strong> Garten aber nach<br />
dem Tod <strong>der</strong> Mutter o<strong>der</strong> Oma nun nicht<br />
mehr bebaut würde: „Den Garten hat<br />
meine Oma betreut und wie sie gestorben<br />
ist … So viel Zeit hat keiner, so viel zu<br />
machen wie sie gemacht hat.“<br />
Warum stehen in <strong>der</strong> Rückschau gerade<br />
Frauen mit Gärten in Verbindung? Eine Erklärung:<br />
In den 70er und 80er Jahren des<br />
20. Jh. war die Arbeit in Haus und Garten<br />
und die Erwerbsarbeit außerhalb noch<br />
stärker zwischen Frau und Mann aufgeteilt.<br />
In Ackerbaukulturen gehört die Erde<br />
den Frauen bzw. ist mit ihnen gleichgesetzt,<br />
da sie beide durch ihre Fruchtbarkeit<br />
die Fortdauer des Lebens garantieren<br />
und die Mutterschaft <strong>der</strong> Frau ein sesshaftes<br />
Leben auferlegt. ¹<br />
Was tun Frauen heute am liebsten im<br />
Garten? „Unkraut jäten“ nannten Teilnehmerinnen<br />
häufig, es mache Spaß, die Erde<br />
rieche gut und fühle sich gut an. „Man<br />
sieht, was man gemacht hat und das tut<br />
mir einfach gut.“ Und: „Es ist ein Erfolgserlebnis<br />
wenn die Wurzel mit außageht.“<br />
Der Psychologe<br />
und Gartentherapeut<br />
Konrad Neuberger<br />
meint<br />
dazu: „Beim<br />
Jäten werden<br />
Übel in Form<br />
von Problem-<br />
Unkräutern an<br />
<strong>der</strong> Wurzel gepackt<br />
und mit<br />
‚Stumpf und<br />
Stiel‘ ausgerissen.“<br />
Unsicher sind<br />
Teilnehmerinnen<br />
hingegen<br />
beim Rasenmähen,<br />
beim<br />
Ummähen von<br />
kleinen Flächen<br />
und Sträuchern, beim Umgang mit dem<br />
Antrieb und beim Ausleeren des Korbes.<br />
Anleiterinnen bieten daher therapeutisch<br />
den Workshop „Frauenpower beim<br />
Rasenmähen“ an. Dadurch erlangen die<br />
Teilnehmerinnen mehr Sicherheit und<br />
Selbstvertrauen beim Mähen. Es wirkt:<br />
„Gemma bald wie<strong>der</strong> Rasenmähen!“<br />
Ruth San<strong>der</strong> ist Ergotherapeutin und<br />
arbeitet seit 2009 auf <strong>der</strong> CityFarm.<br />
Foto: Emmaus<br />
¹ Simone de Beauvoir: „Das an<strong>der</strong>e Geschlecht“ (1949)
Dekalog <strong>der</strong> Gelassenheit<br />
Teil 1<br />
Nur für heute<br />
werde ich mich bemühen,<br />
den Tag zu erleben,<br />
ohne das Problem<br />
meines Lebens<br />
auf einmal lösen zu wollen.<br />
Der „Dekalog <strong>der</strong> Gelassenheit“ wird Papst Johannes XXIII. zugeschrieben.<br />
Foto: Arnaud Martinez/shutterstock.com<br />
Grafik: Designed by Kjpargeter / Freepik
14 | Betriebe Viehofen<br />
Tragbar, schneidig, zauberhaft<br />
Neues von <strong>der</strong> Tagestätte Projekt&Design<br />
von Andrea Leonhartsberger<br />
Rucksack<br />
Der Rucksack ist <strong>der</strong> perfekte Begleiter<br />
für Veranstaltungen o<strong>der</strong> einen gemütlichen<br />
Stadtbummel. Bequem finden auch<br />
Notizbuch und Co im Format A4 Platz.<br />
Der Rucksack wird mit einem Kordelzug<br />
verschlossen und ist durch die variable<br />
Knotenposition größenverstellbar. Im Inneren<br />
befindet sich eine kleine Tasche, in<br />
<strong>der</strong> Schlüsselbund, Geldbörse o<strong>der</strong> Handy<br />
verstaut werden können.<br />
Preis: € 19,90<br />
Fotos: Martin Elmer<br />
Zauberlicht<br />
Ein Blickfang auf <strong>der</strong> Terrasse, neben <strong>der</strong><br />
Eingangstür o<strong>der</strong> auch im Innenbereich.<br />
Durch die Öffnungen scheint die Flamme<br />
hindurch und schafft auf diese Weise eine<br />
angenehme Atmosphäre.<br />
Das Zauberlicht ist ca. 40 cm hoch. Die<br />
Kerze steht auf einem dazupassenden<br />
Keramikuntersetzer. Durch die handwerkliche<br />
Herstellung kommt es zu geringen<br />
Farb-, Muster- und Formabweichungen.<br />
Auf Wunsch ist eine individuelle<br />
Farbwahl möglich (Produktionsdauer<br />
ca. 3 Wochen).<br />
ACHTUNG! Dieser Artikel kann<br />
nicht versendet werden. Nur<br />
Abholung ist möglich!<br />
Preis: € 21,–
Schneidebretter<br />
aus Eichen-Hirnholz<br />
Das Hirnholz Schneidebrett ist<br />
ein Blickfang in je<strong>der</strong> Küche. Die<br />
Form ist klassisch und schlicht, das<br />
Schneidebrett ein ideales Utensil<br />
für alles, was in <strong>der</strong> Küche unters<br />
Messer muss. Da Hirnholz extrem<br />
wi<strong>der</strong>standsfähig und langlebig ist,<br />
eignet es sich auch hervorragend als<br />
Hackbrett. Die Oberfläche ist mit Naturöl behandelt, so kommt die charakteristische<br />
Holzmaserung noch besser zur Geltung. Da es sich um ein Naturprodukt handelt,<br />
sollte es nur von Hand abgewaschen werden.<br />
Maße: ca. 39,5 x 29,5 x 3 cm<br />
Preis: € 38,–<br />
Topflappen<br />
Dieser farbenfrohe Topflappen entsteht aus Upcyclingwolle, die zu Stricklieslschnüren<br />
verarbeitet und anschließend mit Kettgarn umhäkelt wird. Der Topflappen hat<br />
einen Durchmesser von 25 cm und einen Le<strong>der</strong>riemen (mit Hohlniete befestigt) zum<br />
Aufhängen. Da Upcyclingwolle verwendet wird, kann es zu farblichen Abweichungen<br />
kommen.<br />
Preis: € 5,50
16 | Emmaus<br />
„Mir geht es um das Wohl <strong>der</strong> Menschen“<br />
Gerda Schmied ist neu im Emmaus-Vorstand<br />
Sie heißt Gerda Schmied, ist Lehrerin von Beruf und Mutter von vier Kin<strong>der</strong>n im<br />
besten Alter. Seit <strong>der</strong> letzten Emmaus-Generalversammlung im Juni 2018 ist Gerda<br />
Schmied außerdem neu gewähltes Mitglied im Vorstand von Emmaus,<br />
engagiert sich also freiwillig. Ein Portrait <strong>der</strong> rührigen St. Pöltnerin.<br />
von Christian Veith<br />
Seit wann engagieren Sie sich sozial –<br />
und warum?<br />
Als Mutter von vier Kin<strong>der</strong>n und gläubige<br />
Christin engagiere ich mich in <strong>der</strong> Dompfarre<br />
(als Tischmutter bei <strong>der</strong> Erstkommunion,<br />
bei <strong>der</strong> Firmvorbeitung und bei<br />
den Kin<strong>der</strong>bibelwochen). Den Beruf Lehrerin<br />
habe ich nicht nur als Job gesehen,<br />
son<strong>der</strong>n ich war immer sehr engagiert<br />
für meine Schülerinnen und Schüler. Als<br />
Biologielehrerin setze ich mich natürlich<br />
auch für die Umwelt und Tierwelt ein.<br />
Ich glaube, soziales Engagement ist für<br />
ein fried- und freudvolles Zusammenleben<br />
<strong>der</strong> Menschen sehr wichtig.<br />
Wie sind Sie auf Emmaus aufmerksam<br />
geworden?<br />
Da ich in St. Pölten wohne, kenne ich<br />
einfach die vielen Einrichtungen <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong>.<br />
Außerdem durfte ich<br />
vor einigen Jahren Karl Rottenschlager,<br />
den Grün<strong>der</strong> von Emmaus, kennenlernen,<br />
dessen Engagement mich sehr beeindruckt.<br />
Interesse an freiwilliger Mitarbeit?<br />
Informationen dazu:<br />
Jutta Strobl, Öffentlichkeitsarbeit<br />
T: 0676/88 6 44 636<br />
M: jutta.strobl@emmaus.at<br />
Wohnort: St. Pölten<br />
Familienstand: :<br />
verheiratet/vier Kin<strong>der</strong><br />
(20,19,16,11)<br />
Beruf: Hauptschullehrerin (jetzt Neue<br />
Mittelschule), aber bis auf ein Jahr Unterbrechung<br />
seit 20 Jahren bei den Kin<strong>der</strong>n<br />
zu Hause<br />
Warum haben Sie sich entschieden, bei<br />
Emmaus im Verein freiwillig mitzuarbeiten?<br />
[Emmaus-Obmann, Anm.] Franz Angerer,<br />
den ich seit vielen Jahren aus <strong>der</strong> Dompfarre<br />
kenne, hat mich gefragt, ob ich<br />
nicht mitmachen möchte. Ich habe mich<br />
gerne darauf eingelassen.<br />
Was sehen Sie als ihre Aufgabe(n) im<br />
Verein?<br />
Ich bin noch in <strong>der</strong> “Orientierungsphase”<br />
und selbst gespannt, wie ich im Verein<br />
mithelfen kann.<br />
Was ist Ihnen für Sie persönlich und allgemein<br />
im Leben wichtig?<br />
Das Wichtigste im Leben ist die Gesundheit.<br />
Ich habe lei<strong>der</strong> meinen einzigen<br />
Bru<strong>der</strong> vor 20 Jahren wegen einer<br />
Krebserkrankung verloren. Das Wohl <strong>der</strong><br />
Menschen ist mir ein beson<strong>der</strong>es Anliegen.<br />
Foto: zVg
Emmaus | 17<br />
„… Antworten geben auf soziale Fragen“<br />
Emmaus-Generalversammlung 2018<br />
Die alljährliche Generalversammlung <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten fand<br />
diesmal am 19. Juni 2018 statt.<br />
von Christian Veith<br />
Unter an<strong>der</strong>em wurden drei neue<br />
Mitglie<strong>der</strong> in den Vorstand gewählt:<br />
Gerda Schmied (siehe Portrait links),<br />
HS-Lehrerin. Neben ihrer neuen Funktion<br />
im Emmaus-Verein engagiert sie sich vor<br />
allem in <strong>der</strong> Dompfarre St. Pölten. Gerda<br />
Schmied hat vier Kin<strong>der</strong>.<br />
Christoph Tanzer, Soziologe. Von 2003–<br />
2007 war er in <strong>der</strong> kath. Jugend in St.<br />
Pölten aktiv. Damals lernte er Emmaus<br />
kennen. Heute arbeitet er bei <strong>der</strong> AK NÖ.<br />
Christoph Tanzer ist verheiratet, hat 3 Kin<strong>der</strong><br />
und lebt in Kemmelbach.<br />
Christian E<strong>der</strong>, Theologe und Pastoralassistent<br />
in Ybbs. Während des Studiums<br />
engagierte er sich in einem Integrationshaus.<br />
Danach arbeitete Christian E<strong>der</strong> im<br />
Emmaus-Wohnheim Kalvarienberg mit. Er<br />
ist verheiratet und hat eine Tochter.<br />
Im Vorstand wurden alle Mitglie<strong>der</strong> in ihren<br />
Funktionen einstimmig gewählt. Ein<br />
großes Dankeschön an dieser Stelle auch<br />
an Johanna Pfaffenbichler! Seit den Anfängen<br />
des Vereins hatte sie das Amt <strong>der</strong><br />
Kassiererin inne. Dieses übergab sie nun<br />
an Walter Feninger. Bereits seit<br />
13 Jahren – und auch die nächsten<br />
4 Jahre wie<strong>der</strong> – ist Franz Angerer<br />
(im Bild 4.v.r.) Emmaus-Obmann.<br />
Ein kurzes Portrait:<br />
Ein paar Worte zu Beruf und Familie<br />
Ich hab einen hervorragenden Job in <strong>der</strong><br />
NÖ Landesverwaltung, eine Aufgabe, die<br />
mich fachlich voll und ganz ausfüllt und<br />
für mich sinnstiftend ist. Ich sehe meinen<br />
öffentlichen Dienst als großes Privileg. Daneben<br />
habe ich eine wun<strong>der</strong>bare Familie.<br />
Warum hast du dich wie<strong>der</strong> aufstellen<br />
lassen?<br />
Ich habe 1991 bei Emmaus in <strong>der</strong> Herzogenburger<br />
Straße Zivildienst gemacht,<br />
es waren acht Monate, in denen ich den<br />
„an<strong>der</strong>en“ Teil <strong>der</strong> Gesellschaft kennengelernt<br />
habe. Ich bin jeden Tag gerne in<br />
die Herzogenburger Straße gegangen. Bis<br />
heute. Vielleicht kann ich <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
mit meinem Dienst bei Emmaus ein wenig<br />
zurückgeben.<br />
Was hast du dir als Obmann für die Zukunft<br />
vorgenommen?<br />
Mein Ziel ist auch weiterhin ein proaktiver<br />
Verein Emmaus, <strong>der</strong> auf soziale Fragen<br />
Antworten sucht und findet. Ich möchte<br />
aber auch engagierte, zufriedene MitarbeiterInnen<br />
und solche mit einem hohen<br />
Grad an Eigenverantwortung.<br />
Foto: Rottenschlager
18 | SAM NÖ<br />
Soogut wie nie<br />
Neuer Name für Nie<strong>der</strong>österreichs Sozialmärkte<br />
Seit 21. Juni 2018 heißen die ehemaligen SOMA-Märkte soogut.<br />
Das doppelte „o“ in soogut drückt<br />
die Wichtigkeit <strong>der</strong> Arbeit aus, die<br />
in den soogut-Märkten geleistet<br />
wird: Das erste „o“ symbolisiert die Nachhaltigkeit<br />
<strong>der</strong> Arbeit. Pro Jahr werden<br />
über 1 700 Tonnen Lebensmittel, die von<br />
Handel und Industrie vernichtet werden<br />
müssten (Saisonwaren, Fehletikettierungen,<br />
Waren mit kurzem Mindesthaltbarkeitsdatum),<br />
jedoch noch voll genießbar<br />
sind, einer sinnvollen Verwertung zugeführt.<br />
„Es ist soo nachhaltig, bei uns einzukaufen.“<br />
Das zweite „o“ steht für die Menschen,<br />
die durch das Tun <strong>der</strong> soogut-Märkte gestärkt<br />
werden. Denn auch weiterhin werden<br />
Menschen mit geringem Einkommen<br />
unterstützt. Neben einer sehr günstigen<br />
Einkaufsmöglichkeit finden die KundInnen<br />
immer ein offenes Ohr bei den MitarbeiterInnen.<br />
Und diese selbst haben seit<br />
langer Zeit wie<strong>der</strong> eine Anstellung und<br />
fühlen sich – ebenso wie die vielen freiwilligen<br />
HelferInnen – gebraucht. „Hier zu<br />
sein tut mir soo gut!“<br />
Die Namens- und Logoän<strong>der</strong>ung betont,<br />
was soogut mit diversen an<strong>der</strong>en Maßnahmen<br />
– wie Sanierungsarbeiten und<br />
Standortwechsel – bereits seit geraumer<br />
Zeit verfolgt: Kundinnen und Kunden sollen<br />
in einer wertschätzenden Atmosphäre<br />
einkaufen. Ziel ist es, dass jede/r, <strong>der</strong>/<br />
die in einen soogut-Markt kommt, dies<br />
nicht nur wegen <strong>der</strong> Geldbörse tut, son<strong>der</strong>n<br />
auch, damit Lebensmittel nicht völlig<br />
sinnlos entsorgt werden.<br />
Zugleich kann sich jede/r – unabhängig<br />
vom Einkommen – im Kaffeehausbereich<br />
eines soogut-Marktes stärken und ein<br />
paar Meter weiter Secondhand-Mode<br />
einkaufen – ein Beitrag für den Umweltschutz.<br />
Soogut steht für Nachhaltigkeit und Offenheit<br />
allen Menschen gegenüber und<br />
für die Stärkung jener, die Unterstützung<br />
brauchen.<br />
Für die Berechtigung, im Lebensmittelbereich<br />
eines soogut-Marktes einzukaufen,<br />
ist auch in Zukunft ein Einkaufspass<br />
notwendig. Die Einkommensverhältnisse<br />
werden – wie bisher – zumindest einmal<br />
im Jahr von den soogut-MitarbeiterInnen<br />
überprüft.<br />
soogut.at<br />
Foto: Veith
Emmaus | 19<br />
Sonne am Montagmorgen<br />
So schön kann eine Woche beginnen!<br />
Am Montagmorgen des 4. Juni<br />
überbrachte einer <strong>der</strong> treuesten<br />
Emmaus-Spen<strong>der</strong>, Prälat<br />
i.R. Johannes Oppolzer, einen<br />
großzügigen Scheck in <strong>der</strong><br />
Höhe von 1.000 Euro.<br />
In Empfang genommen wurde<br />
er von Emmaus-Obmann Franz<br />
Angerer und Geschäftsführer<br />
Karl Langer.<br />
Vielen herzlichen Dank, Herr<br />
Prälat, dass Sie immer wie<strong>der</strong><br />
an uns denken!<br />
Süße Früchtchen<br />
Fotos: Böswart, Emmaus<br />
Gibt es etwas Köstlicheres als heimische Erdbeeren frisch vom Feld? Wohl kaum.<br />
Erdbeeren mag – fast – jede/r: Ganz ohne irgendwas o<strong>der</strong> mit Zucker, mit Schlagobers<br />
o<strong>der</strong> mit Joghurt … Auch selbstgemachtes Erdbeereis lässt den Gaumen<br />
schwelgen.<br />
Und so war es eine Riesenfreude, als Hauptstadtbauer<br />
Anton Dangl Emmaus ein tolles<br />
Angebot machte: Gemeinsam mit unseren<br />
Gästen auf seinem Erdbeerfeld in Windpassing<br />
kostenlos die reifen Früchte abernten.<br />
Dieser Vorschlag wurde selbstverständlich<br />
gerne angenommen. Körbeweise landeten<br />
die herrlichen Früchte in den Emmaus-Küchen,<br />
wo sie entwe<strong>der</strong> gleich verzehrt o<strong>der</strong><br />
zu Knödel, Marmeladen … verarbeitet wurden.<br />
Vielen Dank dafür!
20 | Thema<br />
„Auch ich bin ein Mensch …<br />
Film „Zu ebener Erde – Obdachlos in Wien“<br />
Der Kinodokumentarfilm ZU EBENER ERDE begleitet wohnungslose Menschen in<br />
Wien über ein Jahr lang durch alle Jahreszeiten hinweg auf ihren alltäglichen Wegen.<br />
Er zeigt ihre Überlebensstrategien, befragt sie nach ihren Träumen, Ängsten<br />
und Sehnsüchten und zeigt ihren ganz eigenen Blick auf das Leben in Wien. Ein Gespräch<br />
mit den RegisseurInnen Birgit Bergmann (Schnitt), Steffi Franz (Drehbuch)<br />
und Oliver Werani (Kamera).<br />
von Christian Veith<br />
Warum dieser Film?<br />
O: In Wien wird Obdachlosigkeit zunehmend<br />
sichtbar. Wir wollten wissen: Was<br />
denken Obdachlose, was sind ihre Geschichten.<br />
Warum gibt es Obdachlosigkeit<br />
überhaupt.<br />
B: In Österreich gab es dazu nur Reportagen,<br />
keinen Film.<br />
Was ist euer Anliegen?<br />
O: Nach dem Film sollen Menschen sagen:<br />
Eine kurze Zeit werde ich an Obdachlosen<br />
nicht mehr achtlos vorbeigehen.<br />
Ich werde sie bemerken und ihnen<br />
Geld, Essen, Gewand geben. O<strong>der</strong> ihnen<br />
einfach „Hallo“ sagen und nicht mehr versuchen,<br />
sie auszublenden.<br />
B: Wir wollen Obdachlosen eine Stimme<br />
geben, sie aus <strong>der</strong> Anonymität herausholen.<br />
S: Meist wird über sie gesprochen, aber<br />
kaum mit ihnen.<br />
Wie seid ihr zu euren „DarstellerInnen“<br />
gekommen, wer lässt sich freiwillig in<br />
seiner Not filmen?<br />
S: Wir sind auf Obdachlose zugegangen<br />
und haben lange vor dem Dreh Kontakt<br />
mit ihnen gehabt. Wir haben viel Zeit mit<br />
ihnen verbracht und mit ihnen gesprochen.<br />
Von Anfang an war klar, dass wir<br />
einen Film drehen wollten.<br />
O: Wir sind relativ schnell mit <strong>der</strong> Kamera<br />
gekommen, schon nach zwei- bis dreimal<br />
Sehen. Aber oft wollten die Leute<br />
auch nicht gefilmt werden und die Kamera<br />
blieb in <strong>der</strong> Tasche. Die Obdachlosen<br />
mussten sich an die Kamera gewöhnen,<br />
aber auch ich musste mich an sie gewöhnen<br />
und war anfangs sehr nervös.<br />
B: Dabei wird Vertrauen aufgebaut. Wir<br />
haben nur gefilmt, wenn sie wollten und<br />
haben nie auf‘s Filmen bestanden.<br />
Wie konntet Ihr eure DarstellerInnen davon<br />
überzeugen, mitzumachen?<br />
S: Weil wir Interesse an ihrem Leben und<br />
ihrer Geschichte hatten.<br />
O: Sie werden ernst genommen.<br />
S: Für sie war es eine an<strong>der</strong>e Art von Termin<br />
und nicht nur das Befriedigen von<br />
Grundbedürfnissen. So ist eine Form von<br />
Struktur in ihr Leben gekommen. Das Filmen<br />
hat ihnen Spaß gemacht.<br />
O: Wir haben wesentlich mehr Zeit mit ihnen<br />
ohne Kamera verbracht als mit. Aber<br />
wir haben vorher immer gesagt, was gedreht<br />
werden soll und gefragt, ob ihnen<br />
das passt.<br />
Wurden eure DarstellerInnen im Aufnahmezeitraum<br />
von euch unterstützt?<br />
Bild: Stadtkino Filmverleih, Grafik: Designed by starline / Freepik
Thema | 21<br />
O: Wir haben ihnen z.B. Zelte, Gewand,<br />
Essen, Schlafsäcke, Zigaretten o<strong>der</strong> Geld<br />
vorbeigebracht. Wir haben sie auch aus<br />
privaten Mitteln unterstützt.<br />
B: Aufgrund unserer finanziellen För<strong>der</strong>ung<br />
konnten wir unseren ProtagonistInnen<br />
Jahreskarten für die Öffis kaufen,<br />
Lesebrillen beschaffen o<strong>der</strong> mit ihnen<br />
Grammelknödel essen gehen. Auch jetzt<br />
unterstützen wir sie weiterhin privat.<br />
Die Szenen wirken sehr authentisch. Wie<br />
ist euch das gelungen?<br />
O: Zum Beispiel geht einem Streit o<strong>der</strong><br />
Gespräch von Hedy ein halbstündiger<br />
Monolog voraus, die Kamera filmt aber<br />
immer mit.<br />
S: Hier haben wir z.B. sehr lange gewartet,<br />
bis sie die Kamera vergessen und einfach<br />
drauflos gesprochen hat.<br />
Wie ging es euch, als ihr vom Tod eines<br />
Protagonisten erfahren habt?<br />
S: Der Tod ist ein Thema dieses Films, er<br />
hat mit <strong>der</strong> Lebensrealität zu tun. Wenn<br />
du auf <strong>der</strong> Straße lebst, bist du einem höheren<br />
Risiko ausgesetzt, verfrüht zu sterben.<br />
O: Das haben wir während <strong>der</strong> Dreharbeiten<br />
auf brutalste Art und Weise erfahren.<br />
Wie sehen sich Obdachlose selbst, wie<br />
wollen sie behandelt werden?<br />
B: Sie wollen respektvoll behandelt werden,<br />
als Mensch respektiert und nicht<br />
bepinkelt, bespuckt o<strong>der</strong> angezündet<br />
werden.<br />
O: Manche wollen einfach ihre Ruhe und<br />
nicht angesprochen werden. An<strong>der</strong>e sind<br />
extrovertiert, sprechen alle an und wollen<br />
Geld. Wie<strong>der</strong> ein an<strong>der</strong>er ist gerne unter<br />
Menschen, aber nicht for<strong>der</strong>nd.<br />
Was wünscht ihr euch mit diesem Film?<br />
B: Mein Wunsch wäre es, dass sich das<br />
Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen Obdachlosen<br />
gegenüber verän<strong>der</strong>t. Ich hoffe, dass ihn<br />
sich auch viele Personen anschauen, die<br />
sich bisher nicht auf dieses Thema eingelassen<br />
haben. Ein Film kann im Großen<br />
nichts verän<strong>der</strong>n, aber im Kleinen. Wenn<br />
nur eine Person ihr Bewusstsein verän<strong>der</strong>t,<br />
finde ich das schon schön.<br />
Veranstaltungstipp<br />
2.10.2018, 20.00 Uhr, Cinema Paradiso,<br />
St. Pölten: NÖ-Premiere von<br />
„Zu ebener Erde“.<br />
Film + Gespräch mit (angefragt) Mag. Martin<br />
Wancata (Leiter Abteilung Soziales <strong>der</strong> NÖ<br />
Landesregierung), den RegisseurInnen, Walter<br />
Steindl (Leiter des Emmaus-Wohnheims<br />
Kalvarienberg) und einem Emmaus-Gast mit<br />
Erfahrung von Obdachlosigkeit.
22 | Buchtipps<br />
Kein Dach über dem Leben<br />
von Richard Brox<br />
rowohlt, 2017, € 10,–<br />
Traumatische Kindheitserlebnisse mit seinen Eltern, Gewalterfahrungen<br />
und sexuelle Nötigung in Kin<strong>der</strong>heimen werden<br />
Richard Brox zum Verhängnis. Er verliert das Vertrauen in die<br />
Menschen, zieht jahrzehntelang durch die Lande, verliert dabei<br />
aber nie Würde und Stolz. Im Internet berichtet er über Obdachloseneinrichtungen<br />
– im Guten wie im Schlechten. Zusammen<br />
mit den sozial engagierten Journalisten Dirk Kästel und Albrecht<br />
Kieser schreibt er in seinem Buch über die schmerzvolle Aufarbeitung seiner Vergangenheit.<br />
Im versöhnlichen Schlusswort stellt Brox sein Projekt Casa Colonia in Köln<br />
vor. In diesem Haus- und Integrationsprojekt erfahren Hilfesuchende Zufriedenheit,<br />
Würde, Respekt und Gleichheit. „Kein Dach über dem Kopf“ beschreibt, warum Menschen<br />
vor <strong>der</strong> Gemeinschaft fliehen und wie sie es dennoch schaffen können, aus<br />
Drogensucht, Gewalt und rastloser Getriebenheit auszusteigen.<br />
Running Man. Ein Ultralauf zurück ins Leben:<br />
Aus dem Drogenrausch zum Runners High<br />
von Charlie Engle<br />
Unimedica, 2018, € 19,80<br />
Der junge Charlie hat es nicht einfach: eine Mutter, die in alternativen<br />
Theaterprojekten aufgeht, ein Vater, <strong>der</strong> gerne kritisiert<br />
(„Lob war für Weicheier, wohingegen Herabsetzung und<br />
Verhöhnung dazu dienten, einen Mann aus einem zu machen“)<br />
und seine Familie verlässt, als sein Sohn drei Jahre alt ist. Für<br />
den US-Amerikaner Charlie Engle führt <strong>der</strong> Weg zum Ausdauersport<br />
– und zu Alkohol und an<strong>der</strong>en Drogen, was auf Dauer nicht harmoniert. Dementsprechend<br />
holprig verläuft sein Leben als junger Erwachsener.<br />
Um das Ende des Buches vorwegzunehmen: Das Glücksgefühl, einen unfassbar strapaziösen<br />
Lauf zu absolvieren, hat die bessere Qualität; Drogen können das nie leisten.<br />
An <strong>der</strong> autobiografischen Erzählung werden beson<strong>der</strong>s Laufsportbegeisterte Freude<br />
haben. Findet sich darin doch beispielsweise die genaue Beschreibung eines 111-tägigen<br />
Laufs durch die Sahara (über 7 500 km), um Spenden für ein Brunnenbohr-Projekt<br />
zu sammeln.
Emmaus | 23<br />
Ein Kick für Emmaus<br />
Gemeinsam mit HYPO NOE-Generaldirektor<br />
Peter Harold und den<br />
Sportlegenden Frenkie Schinkels<br />
und Toni Pfeffer überreichte „Club<br />
NÖ“-Präsident und LH a.D. Erwin<br />
Pröll den Erlös des 34. Hallenfußballturniers<br />
des Club Nie<strong>der</strong>österreich<br />
an die <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten, die Parkinson-Selbsthilfe<br />
NÖ, den Sozialdienst Mostviertel,<br />
sowie in Not geratenen Familien.<br />
„Wenn <strong>der</strong> Club NÖ die Fußballschuhe<br />
anzieht, geht es stets um mehr als nur Spiel, Spaß und Sport. Die eigent-<br />
Foto: Gerald Lechner, Grafiken: Designed by Freepik<br />
liche Intention heißt, Spenden zu lukrieren“ betonte Clubpräsident Pröll bei <strong>der</strong><br />
Spendenübergabe. Die Übergabe erfolgte im Rahmen eines gemütlichen Beisammenseins<br />
im Foyer des Panoramasaals <strong>der</strong> Hypo NOE in St. Pölten. Die Emmaus-Vertreter<br />
Christian Veith (Öffentlichkeitsarbeit) und Thomas Frind (Wohnheim<br />
Herzogenburger Straße) übernahmen den Spendenscheck zusammen mit<br />
Gästen des Wohnheims von Erwin Pröll.<br />
Für die Vorratskammer<br />
Die Abschlussklasse für die Ausbildung „FachsozialbetreuerIn Altenarbeit" sammelte<br />
in einem Projekt Gegenstände „für den alltäglichen Gebrauch" und spendete diese<br />
dem Emmaus Frauenwohnheim. Die Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums<br />
Eybnerstraße zeigten sich sehr großzügig, sodass ein Gabentisch reich gedeckt werden<br />
konnte. Frauenwohnheim-Mitarbeiterin Regina Durnwal<strong>der</strong> freute sich bei <strong>der</strong><br />
Übergabe: „Jetzt sind unsere Vorratskammern wie<strong>der</strong> gut gefüllt! Das hilft uns wirklich<br />
sehr." Herzlichen Dank für das Engagement – an die Schüler, aber vor allem auch<br />
an Mag. Ulrike Koppensteiner von <strong>der</strong> Schule für Sozialbetreuungsberufe, die Emmaus<br />
immer wie<strong>der</strong> in die Schulprojekte miteinbezieht.<br />
Foto: Strobl
Österreichische Post AG<br />
Sponsoring-Post<br />
Benachrichtigungspostamt<br />
3101 St. Pölten<br />
GZ 02Z033980 S<br />
Gut beschil<strong>der</strong>t<br />
Unsere neuen Standortschil<strong>der</strong> in Viehofen<br />
und <strong>der</strong> Herzogenburger Straße wurden von<br />
Metallbau Grado (im Bild vertreten durch<br />
Bojana Ilic & Stefan Bicker) aus Karlstetten<br />
gefertigt und montiert. Auch in an<strong>der</strong>en<br />
Fragen im Bereich Metall ist Grado immer<br />
wie<strong>der</strong> verlässlicher Partner <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong>.<br />
Danke!<br />
Foto: Böswart<br />
Rette Leben!<br />
Blutspendeaktion im Pfarrzentrum Viehofen<br />
Am 27. September 2018 haben Sie Gelegenheit, Blut zu spenden und damit Leben zu<br />
retten. Die Aktion wird von <strong>der</strong> Blutbank UK St. Pölten durchgeführt. Für alle Spen<strong>der</strong>innen<br />
und Spen<strong>der</strong> gibt es anschließend im Emmaus-Quatschcafé am Standort Viehofen<br />
ein paar Würstel und ein Getränk. Die Würstel werden von <strong>der</strong> Blutbank gesponsert.<br />
Dafür ein herzliches Danke!<br />
Pfarrzentrum Viehofen<br />
27. September 2018, 13:00–18:00 Uhr<br />
Ihre Blutspende hilft, Leben zu retten!<br />
ACHTUNG! Bei je<strong>der</strong> Blutspende ist ein Lichtbildausweis erfor<strong>der</strong>lich!<br />
Mit finanzieller Unterstützung von<br />
Sparkasse NÖ Mitte-West, IBAN: AT84 2025 6000 0003 8570 | BIC: SPSPAT21<br />
Raiba St. Pölten, IBAN: AT96 3258 5000 0112 9360 | BIC: RLNWATWWOBG<br />
Spenden an die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> sind steuerlich absetzbar!<br />
Die Registriernummer <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten lautet: SO 1120.