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Freiluftwerk Magazin 1819

Das neue Freiluftwerk-Magazin mit Produkten und Geschichten rund ums Freiluftwerk. Mit Produkten von Patagonia, Norrøna, Mountain Equipment, Arc'teryx, Fjäll Räven ... Das Magazin kannst Du Dir auch kostenlos schicken lassen. Mail an shop@freiluftwerk.de www.freiluftwerk.de #ski, #skitour, #freeride, #climbing, #alpinism

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Bildquelle: Stephan Steinberger, Leben und Schriften,<br />

Gesellschaft Alpiner Bücherfreunde. Dr. Josef Braunstein 1929<br />

Stephan<br />

Steinberger<br />

Ein alpiner Pionier<br />

von Christian Rester<br />

Stefan Steinberger, Bergfreund, Freising - klar, der Stefan vom<br />

<strong>Freiluftwerk</strong>. Tja, das ist leider nur die halbe Wahrheit. Drehen wir<br />

das Rad der Geschichte um schlappe 175 Jahre zurück, treffen wir auf<br />

einen Burschen desselben Namens, teilweise derselben Gesinnung,<br />

aber mit einem ganz anderen Lebensweg. Willkommen zu einer kleinen<br />

Zeitreise in das Grau der alpinen Frühgeschichte; Lodenjanker sitzt:<br />

Stephan Steinberger (nicht der vom <strong>Freiluftwerk</strong>) wurde am 14. Dezember<br />

1833 auf dem Einödhof Obergschwend bei Ruhpolding geboren. Der<br />

begabte Knabe soll Priester werden und wird als Zehnjähriger nach<br />

Freising geschickt. lm Knabenseminar werden sein Lerneifer und seine<br />

Ergebnisse als „vorzüglich“ bewertet. Eine Eigenschaft Steinbergers<br />

findet zwischen den Zeilen Beachtung: Er ist von innerer Unruhe<br />

getrieben, von Fernweh und dem Drang zum Unterwegssein. Später<br />

schrieb er: „An den Grenzen Tirols geboren, war ich von Jugend an<br />

ans Berggehen gewöhnt, indem ich mich während der Herbstferien<br />

oft wochenlang auf den Bergen herumtrieb.“ Noch fehlen ihm die<br />

Möglichkeiten für größere Touren, doch er beschließt, die Wanderungen<br />

als Training zu sehen: „Meine damaligen Exkursionen sah ich nur<br />

als Vorübung für künftige Gletscherfahrten an“. Konditionstraining<br />

war für die damaligen Bergsteiger noch nicht selbstverständlich, bei<br />

Steinberger konnte es so aussehen: lm Oktober 1853 erstieg er von<br />

Ruhpolding aus das Sonntagshorn und marschierte anschließend ins<br />

15 Kilometer entfernte Traunstein und wieder zurück. Dafür benötigte<br />

er 11 Stunden, wobei er am Berg mit etwa 650 Höhenmetern pro Stunde<br />

und auf der Straße mit 7,5 Kilometer pro Stunde unterwegs war;<br />

respektable moderne Ultratrailzeiten. 1856 wanderte er von Ruhpolding<br />

ins 70 Kilometer entfernte St. Gilgen und bewältigte noch am selben<br />

Tag die über 1200 Höhenmeter zum Gipfel des Schafbergs. Dass es<br />

ihm bei diesen konditionellen Voraussetzungen, gerade in seiner<br />

Zeit, an geeigneten Gefährten mangelte, ist nachvollziehbar. Folglich<br />

unternahm er fast alles alleine und schaffte dabei mit die kühnsten<br />

Alleinbegehungen seiner Zeit.<br />

1854 erstieg er in einer Blitzattacke als erster den Großglockner im<br />

Alleingang. Karl Hofmann, einer der Gründerväter des Alpenvereins,<br />

nannte diese Tat „ein in der Geschichte des Großglockners einzig<br />

dastehendes Unternehmen“. Steinberger war wohl von Freising aus<br />

ins Fuschertal gewandert, überschritt die Pfandlscharte und stieg<br />

nach Heiligenblut ab. Am 17. August brach er um 5.00 Uhr, ohne<br />

einen Pickel, nur mit einem „Bergstecken“ ausgerüstet, auf (das<br />

<strong>Freiluftwerk</strong> gab es zu dieser Zeit noch nicht; Anm. d. Verf.). Nach<br />

starken Schneefällen präsentierte sich das spaltenreiche Leiterkees in<br />

unguter Verfassung: „lch gelangte zu einer Stelle, die durch ihr lichteres<br />

Weiß von ihrer Umgebung abstach und mir daher verdächtig vorkam.<br />

Auf eine Sondierung hin hielt ich sie für sicher: Nichts ahnend und<br />

den Stock in waagrechter Haltung in der Mitte haltend tat ich zwei<br />

Schritte und siehe - die Schneedecke brach und ich schien unrettbar<br />

verloren. Doch welch sonderbares Glück! Die waagrechte Lage des<br />

Stockes rettete mich. (...) Krampfhaft ihn umklammernd, schwebte<br />

ich frei über dem finstern Abgrund, worin unsichtbare Gewässer<br />

brausten. So hing ich ein paar Augenblicke da, bis es mir mit dem<br />

höchsten Kraftaufwande gelang. an dem Stocke an die Oberfläche des<br />

Gletschers mich zu schwingen, wo ich dem Himmel dankte für meine<br />

glückliche Rettung. “ Unverdrossen spurte der wackere Gottesmann<br />

weiter im Nebel durch den Gletscher und gelangte trotz Höhensturm<br />

über die Hohenwartscharte als erster Alleingänger in weniger als 10<br />

Stunden auf den Gipfel. Vom Sturm geschüttelt und von entsetzlichem<br />

Durst gequält, gerät er in Selbstzweifel: „Die Unbesonnenheit, ja<br />

Vermessenheit meines Unternehmens trat jetzt deutlich mir vor die<br />

Augen. (...) Ich hatte mich, ganz ohne sittlichen Zweck und Wert, so<br />

frevelhaft vermessen in so unbeschreiblich furchtbare Gefahren<br />

begeben.“ In starkem Schneetrieben macht er sich wieder an den<br />

Abstieg, vermeidet im letzten Augenblick einen Sturz auf die Pasterze<br />

und erreicht in der Dämmerung wohlbehalten Heiligenblut. Hätte er ▶<br />

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