Immobilia 2007/06 - SVIT
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Dossier<br />
Interview<br />
«Online ist keine Druckmaschine»<br />
Interview und Bilder: Ivo Cathomen<br />
Zeitungen sind nach wie vor das grösste Werbemedium. Sie sind jedoch<br />
unter Bedrängnis seitens der elektronischen Medien. Hanspeter Lebrument,<br />
Präsident des Schweizer Zeitungsverlegerverbandes Presse Schweiz und<br />
Verleger der Südostschweiz, erklärt im Gespräch mit immobilia, warum Zeitungsinserate<br />
weiterhin ihre Bedeutung haben.<br />
Print – vor allem Zeitungen und Publikumszeitschriften<br />
– weisen einen hohen<br />
Streuverlust auf. Was ist dem entgegenzuhalten?<br />
Der Streuverlust zählt für mich nur bedingt.<br />
Zeitungen werden heute so gemacht,<br />
dass sie bezüglich Sparten, Kaufkraft<br />
oder regionaler Abdeckung eine hohe<br />
Erreichbarkeit der jeweiligen Zielgruppe<br />
aufweisen. Das gibt es in den anderen Medien<br />
nur teilweise. Es existiert kaum mehr<br />
eine Zeitung, die für sich in Anspruch<br />
nimmt, ein Blatt für alle zu sein. Sie sind<br />
viel fokussierter. Bei den Fachzeitschriften<br />
ist der Streuverlust sogar sehr gering. Nehmen<br />
wir beispielsweise die immobilia. Es<br />
gibt kein Medium, mit dem Sie die <strong>SVIT</strong>-<br />
Mitglieder und damit die Immobilienwirtschaft<br />
besser erreichen. Ausserdem spielt<br />
es dem Leser keine Rolle, ob er die Zeitschrift<br />
heute oder in einer Woche liest. Immer<br />
dann, wenn der Inserent eine präzise<br />
Abdeckung will, entscheidet er sich für<br />
Print.<br />
Mit 335 Mio. CHF Werbeumsatz im 1. Quartal<br />
<strong>2007</strong> sind die Zeitungen klarer Leader<br />
im Schweizer Werbemarkt. Gleichzeitig<br />
werden die Printmedien von den elektronischen<br />
Medien bedrängt. Ist Print eine<br />
Gattung in der Defensive?<br />
Hanspeter Lebrument: Seit den achtziger Jahren,<br />
mit dem Start des Privatradios, des Privatfernsehens<br />
und später dem Online haben<br />
die Printmedien kontinuierlich an Marktanteil<br />
zugunsten der elektronischen Medien verloren.<br />
Diese sind mit tiefen Werbetarifen in den<br />
Markt eingestiegen, während die Printmedien<br />
aufgrund der vormaligen Monopolstellung<br />
ein relativ hohes Preisniveau durchzusetzen<br />
versuchten. Wir haben uns aber als stärkster<br />
Werbeträger halten können. Die Voraussagen,<br />
Print werde bedeutungslos, haben sich somit<br />
nicht bewahrheitet. Der jetzige Aufschwung<br />
der Werbeeinnahmen im Print ist konjunkturell<br />
bedingt, nicht strukturell.<br />
«Das kann nur ein Inserat», heisst die Informationskampagne<br />
des Verbandes. Ist<br />
das tatsächlich so?<br />
Über die Werbewirkung kann man immer<br />
geteilter Meinung sein. Es gibt aber klare<br />
Vorteile des gedruckten Inserats. Eine Zeitung<br />
hat eine lange Lebensdauer und eine<br />
lange Verfügbarkeit, im Gegensatz etwa zu<br />
einem Werbespot. Die Zeitung ist im Unterschied<br />
zu Online ein Anreizmedium. Der Leser<br />
will sich überraschen lassen; will neue<br />
Bedürfnisse wecken lassen. Im Internet bewegt<br />
sich der Besucher sehr gezielt und mit<br />
einem vorgängig definierten Bedürfnis.<br />
Nehmen wir das Beispiel Immobilienmarkt.<br />
Der Internetbenutzer hat seinen Entschluss<br />
zum Umzug gefasst und sucht eine Wohnung.<br />
Der Zeitungsleser stösst mehr oder<br />
weniger zufällig auf ein interessantes Wohnungsangebot<br />
und entschliesst sich darauf<br />
zu einem Umzug.<br />
Verschiedene Verlage starten derzeit<br />
neue Formate. Gratiszeitungen wie<br />
«Neue Ideen» werden lanciert. Wie sind<br />
diese angesichts allgemein stagnierender<br />
Leserzahlen einzuordnen?<br />
Wir haben das schon immer gehabt. Mit<br />
viel präziseren Daten über die Leser können<br />
wir die Zielgruppen heute enger eingrenzen<br />
und direkter ansprechen. Aber an<br />
der Grundzusammensetzung des Mediums<br />
Print – Publikumszeitungen und -zeitschriften,<br />
Mitgliederzeitungen und Fachpublikationen<br />
– hat sich wenig geändert.<br />
Gerade die Gratisformate haben aber<br />
eine andere Philosophie...<br />
Die Gratiszeitungen entfalten einen grossen<br />
Einfluss auf die Zeitungslandschaft.<br />
Derzeit steht eine zweite Gratiszeitung<br />
Frühzustellung in die Haushaltungen im<br />
Startblock. Sie bringen die abonnierten<br />
Zeitungen in Bedrängnis. Noch lässt sich<br />
nicht sagen, ob es nur zu Marktanteilsverschiebungen,<br />
wie wir sie mit dem Auftreten<br />
der Privatradios gesehen haben, oder<br />
ob es zu einem eigentlichen Crash der<br />
abonnierten Zeitungen kommt. Ich glaube<br />
eher, dass die Printmedien nebeneinander<br />
Platz finden, wobei die verkauften und<br />
abonnierten Zeitungen schwächer werden.<br />
immobilia Juni <strong>2007</strong>