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TheaterCourier November/Dezember 2018

TheaterCourier November/Dezember 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Comödie Dresden Alle unter eine Tanne - Dinnershows - Achtung Lehmann - Merlins Wunderland - Operndoppelabend Staatsoperette - Boulevardtheater Schneewittchen - Theaterkalender - Kleines-Welt-Theater - Fast Forward - PantomimeTheaterFestivalAusstellung Semperbau - René Hasler - Gewinnspiel - Kolumne Roderich Kreile uvm.

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www.theatercourier.de<br />

<strong>November</strong> & <strong>Dezember</strong> <strong>2018</strong> | Seite 15<br />

Von einem Quereinsteiger, der sagt: Gute Bücher werden immer gern gekauft<br />

LITERATUR<br />

René Hasler übernahm<br />

spontan die Dresdner<br />

Buchhandlung „lesensart“<br />

Zwei kleine Fenster, dann zwei Stufen zur<br />

Tür und rechts ein etwas größeres Fenster<br />

– man könnte die kleine Buchhandlung in<br />

der Strehlener Lannerstraße fast übersehen.<br />

Aber eben nur fast, denn über mangelnde<br />

Kundschaft kann sich Buchhändler<br />

René Hasler nicht beklagen. „Dass die<br />

Leute keine Bücher mehr lesen oder kaufen,<br />

kann ich nicht bestätigen. Im Gegenteil,<br />

viele ziehen teure gebundene Bücher<br />

dem billigeren Taschenbuch vor“, so der<br />

gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann.<br />

Nicht Buchhändler? Nein, denn als<br />

René Hasler in seinem Buchladen<br />

vor zwei Jahren der Vorgänger nach fast<br />

20 Jahren seine kleine gut sortierte Buchhandlung<br />

aus Altersgründen aufgeben<br />

wollte, fand sich einfach kein Nachfolger.<br />

Während des Ausverkaufes kam Frau Hasler<br />

vorbei und brachte die Idee mit nach<br />

Hause. „Ich habe mir das angeschaut, fand<br />

es für mich passend, bin eingestiegen –<br />

und habe es keinen Tag bereut.“<br />

Seitdem hat er das Kinderbuchsortiment<br />

vergrößert – vor allem um viel nachgefragte<br />

hochwertige Ausgaben. Zehn Prozent<br />

des Bestandes sind Sachbücher, es<br />

gibt ausgewählte Biografien (keine, die<br />

überall herumliegen), Wanderkarten, CDs,<br />

Filme, Leporellos, besondere Kalender<br />

(auch auf dem Direktweg von regionalen<br />

© Regine Eberlein<br />

Künstlern), Fach- und Rechnungsliteratur<br />

für Schulen, Institutionen und Vereine sowie<br />

gebundene Bücher von einem breiten<br />

Autorenspektrum – rund 5.000 Exemplare,<br />

schätzt Hasler, sind im Angebot. Wie<br />

kommen die Bücher zu ihm? „Zweimal im<br />

Jahr kommen Verlagsvertreter mit ihren<br />

Katalogen zu mir und wir wählen aus. Damit<br />

fahre ich gut.“<br />

Während unseres Gespräches bestellt eine<br />

Kundin ein Spanisch-Lehrbuch bei ihm. Warum<br />

bestellt sie das nicht selbst online? „Das<br />

dauert länger, hier komme ich vorbei und<br />

kann es mir morgen abholen. Besser geht<br />

das nicht!“ Logische Antwort – und eine<br />

gute Einstellung zum lokalen Handel vor<br />

Ort. Haslers ausgefallenste Bestellung bisher<br />

war ein englisches Schmetterlingsbuch<br />

für rund 300 Euro. „Ich besorge alles, was bestellbar<br />

ist, sogar antiquarische Ausgaben.“<br />

Der 85 Quadratmeter große Laden ist<br />

schmal und lang – hinten stehen zwei 70er<br />

Jahre Sofas, Tisch und Kaffeemaschine<br />

sind auch da. „Viele kommen zum Stöbern<br />

und wollen dabei ein bisschen quatschen“,<br />

grinst der 42-Jährige. Das gehört dazu, er<br />

ist auch sehr kommunikativ und aufgeschlossen.<br />

Von seinem Vorgänger – Dr.<br />

Harzmann hilft immer noch gerne mit aus<br />

– hat er die Tradition der Lesungen einmal<br />

im Quartal übernommen. Dafür könnte<br />

der Laden ruhig doppelt so groß sein ...<br />

NACHGEFRAGT<br />

Sind Sie eine Leseratte?<br />

Mittlerweile ja, ich lese gern und jeden<br />

Abend etwas.<br />

Ist Ihre Familie auch buchaffin?<br />

Meine drei Kinder sind 10, 13 und 15<br />

Jahre und da wir keinen Fernseher haben,<br />

lesen sie eben. Aber sie reden mit<br />

mir nicht drüber ... (grinst)<br />

Haben Sie einen Lieblingsautor?<br />

Ich lese gerne Belletristik, die in Geschichte<br />

eingebettet ist, wie John Williams<br />

„Butchers Crossing“.<br />

Was lesen Sie nicht?<br />

Liebes- und Kriminalromane.<br />

Was gibt es bei Ihnen nicht?<br />

Ich verramsche keine Ware, lieber<br />

gebe ich sie an die Verlage zurück.<br />

Regine Eberlein<br />

Geschichte neu geschrieben: „Dresden 1919“<br />

Wie Menschen auf<br />

Zeitgeschichte reagieren<br />

Menschen in verschiedenen Zeitepochen<br />

und Geschichte – aber so, wie sie tatsächlich<br />

war – das ist das große Anliegen der<br />

in Dresden geborenen Autorin, Regisseurin<br />

und DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier<br />

(68). Im Vorjahr erhielt sie für ihre Verdienste<br />

um die Aufarbeitung der Geschichte<br />

der Diktaturen im 20. Jahrhundert den<br />

„Verdienstorden des Freistaates Sachsen“.<br />

Dieser Tage ist ein weiteres Buch zum<br />

Thema erschienen, „Dresden 1919“. Eigentlich<br />

wollte sie ein Spielfilmdrehbuch<br />

schreiben und arbeitete seit 2005 daran.<br />

„Die Recherche war sehr aufwändig,<br />

aber Dresden hat ja sehr gute Bibliotheken“,<br />

sagte sie. Und so ist ein Sachbuch<br />

entstanden, das von der Zeit nach dem<br />

Ersten Weltkrieg, der entstehenden Weimarer<br />

Republik, den Klassenkämpfen<br />

zwischen Sozialdemokraten und kaisertreuem<br />

Bürgertum in einer explosiven<br />

Zeit erzählt. Und dieses Deutschland, das<br />

mit sich selbst zu tun hat, ist eingebettet<br />

in das Europa des Jahres 1919, das gerade<br />

einen Weltkrieg hinter sich hat und der<br />

große Verlierer ist.<br />

Klier baut in diese faktenbezogenen Ereignisse<br />

die Erlebnisse und Erfahrungen<br />

von Menschen, vor allem bekannten<br />

Künstlern, ein, die hautnah dabei waren.<br />

Sie gräbt Äußerungen und Erlebtes von<br />

Erich Kästner, Oskar Kokoschka, Otto Dix,<br />

Heinrich George, Victor Klemperer, Otto<br />

Griebel, den abgeschossenen Piloten Max<br />

Immelmann und vielen anderen aus und<br />

verortet sie so.<br />

Ausführlich widmet sie sich dem Thema<br />

Frauen. Sie, die während des Krieges zu<br />

Hause alles am Laufen hielten, wollten<br />

sich nicht wieder in die Bedeutungslosigkeit<br />

drängen lassen. Die Schauspielerin<br />

Marie Stritt richtete die erste<br />

Rechtsschutz-Beratungsstelle für Frauen<br />

in Dresden ein und Louise Otto-Peters<br />

gründete den Allgemeinen Deutschen<br />

Frauenverein, (erst) seitdem dürfen<br />

Frauen offiziell wählen. So notierte Käthe<br />

Kollwitz am 25. Januar 1919: „Sonntag.<br />

Wahltag. Zum ersten Mal gewählt.“<br />

Akribisch hat Freya Klier das Buch nach<br />

den Geschehnissen Monat für Monat von<br />

Oktober 1918 bis Februar 1920 und schließlich<br />

Frühjahr 1920 gegliedert. Manchem<br />

begegnen wir immer mal wieder, anderes<br />

konnte nicht mehr recherchiert werden.<br />

Es sind ganz normale Bürger, aber auch bekannte<br />

Künstler, die ihre Kriegserlebnisse<br />

in Bildern oder Gedichten verarbeiten.<br />

Es ist ein politisches Sachbuch ohne belletristische<br />

Elemente in der ihr typischen<br />

prägnanten Sprache. Klier baut geschickt<br />

nach längeren sachlichen Erörterungen<br />

Geschehnisse um Menschen ein, so dass<br />

immer wieder Spannung aufgebaut wird.<br />

Das ist auch nötig, denn es ist schon teilweise<br />

schwere Kost und nichts für mal<br />

schnell abends zum Einschlafen ein paar<br />

Seiten lesen ...<br />

Regine Eberlein<br />

„Dresden 1919 –<br />

Die Geburt einer neuen Epoche“<br />

von Freya Klier<br />

Verlag Herder<br />

384 Seiten

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