Industrieanzeiger 11.18
Themenheft Industrie 4.0 mit Serie Industrie 4.0 - Stand der Technik
Themenheft Industrie 4.0 mit Serie Industrie 4.0 - Stand der Technik
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<strong>11.18</strong><br />
02.05.2018 | 140. Jahrgang www.industrieanzeiger.de<br />
Künstliche Intelligenz Was heute möglich ist Seite 50<br />
Kollaboratives Design In 120 Tagen zum Auto Seite 75<br />
3D-Druck Qualität in der additiven Fertigung Seite 59<br />
Dr. Friedrich Völker<br />
Der IoT-Experte über<br />
cleveres Vermarkten Seite 26<br />
Top-<br />
Thema<br />
Industrie<br />
4.0<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 1
eLogistics verbindet.<br />
C-Teile-Management<br />
in der Industrie 4.0<br />
kk-elogistics.de<br />
2 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
meinung<br />
We make ideas flow.<br />
Kein Ende der<br />
Arbeit<br />
„Das Ende der Arbeit“, das der US-Ökonom Jeremy Rifkin in seinem<br />
gleichnamigen, 1995 erschienenen Buch prophezeit hat, ereilt<br />
uns nicht. Im Gegenteil: Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland<br />
hat einen Rekord erreicht. Knapp 33 Mio. Menschen sind hierzulande<br />
sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Mangel an Fachkräften<br />
wird zu einem immer wichtigeren Standortfaktor – und ist<br />
mit ein Beweggrund für Unternehmen, vermehrt im Ausland zu investieren.<br />
Laut einer Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags<br />
(DIHK) unter rund 5200 Unternehmen planen sogar<br />
36 % der international aktiven Betriebe mit höheren Budgets als<br />
noch 2017 (33 %). Dass dadurch allein im Ausland rund 200 000<br />
zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, kann<br />
uns angesichts der Kritik am deutschen<br />
Leistungsbilanzüberschuss nur recht sein.<br />
Wer aber denkt, dass dies zu Lasten der heimischen<br />
Standorte geht, irrt. Das Auslandsengagement<br />
führt im Inland zu mehr Aufträgen<br />
und mehr Jobs – rund 80 000 Stellen<br />
sollen 2018 dadurch dazukommen, die Gesamtwirtschaft<br />
erwartet laut Studie sogar<br />
einen Zuwachs von 600 000 Stellen. Die<br />
Investitionen in Deutschland könnten sogar<br />
noch höher ausfallen, würde der Fachkräftemangel<br />
sie nicht blockieren. Wer händeringend<br />
neue Leute sucht, wird auch trotz<br />
zunehmender Digitalisierung und Industrie<br />
4.0 – für manchen Jobkiller Nummer eins –<br />
kaum Arbeitsplätze abbauen. Das Zentrum<br />
für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW) hat in einer Studie für das BMBF<br />
sogar nachgewiesen, dass der digitale<br />
Wandel mehr Jobs schafft, als er zerstört.<br />
Allerdings sind nach technischen Revolutionen<br />
die Arbeitsplätze oft anders gelagert,<br />
da die Berufswelt sich ändert. Hierauf<br />
und auf die Förderung der Arbeitskräfte<br />
muss das Augenmerk liegen. •<br />
Themen <strong>11.18</strong><br />
06 Technik-Augenblicke<br />
08 Tipps der Redaktion<br />
16 Robotics Award<br />
20 Smart Factory<br />
22 Digitaler Wandel<br />
24 Cybersicherheit<br />
26 Online-Marketing<br />
30 Industrie 4.0<br />
48 Cloud Computing<br />
50 Künstliche Intelligenz<br />
54 Antriebstechnik<br />
56 Vernetzte Produktion<br />
59 Qualitätssicherung<br />
75 Kollaboratives Design<br />
78 Intralogistik<br />
90 Glosse<br />
Infusion und Karosserie?<br />
Sie sehen zwei Erfolgs geschichten.<br />
Jede stammt aus einer anderen<br />
Branche, jede beginnt mit einer ganz<br />
speziellen fluidischen Herausforderung.<br />
Doch etwas Entscheidendes<br />
haben sie gemein: Am Ende<br />
stimmt die gewünschte Menge.<br />
Erfahren Sie mehr über die Surface-<br />
Acoustic-Wave-Technologie, und<br />
lassen Sie sich inspirieren von<br />
unseren Erfolgsgeschichten:<br />
www.buerkert.de/<br />
geschichten-mit-flow<br />
11.–15.06.2018<br />
Halle 11.1 / Stand E62<br />
Dietmar Kieser<br />
Stv. Chefredakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 3
inhalt <strong>11.18</strong><br />
30 | Serie Industrie 4.0<br />
Jede Folge unserer Serie<br />
Industrie 4.0 liefert wichtige<br />
Impulse und Fakten zur digitalen<br />
Produktion. 18 Seiten<br />
fassen ausgesuchte und aktualisierte<br />
Inhalte der Vorjahresserienteile<br />
zusammen.<br />
50 | Künstliche Intelligenz<br />
Warum KMU den Hype um<br />
selbstlernende Technologie<br />
nicht verschlafen sollten und<br />
was heute schon möglich ist,<br />
haben wir mit Experten bei<br />
IBM diskutiert.<br />
26 | Interview<br />
DHBW-Dozent Dr. Friedrich<br />
Völker ist davon überzeugt,<br />
dass das Internet of Things<br />
die Verkaufsstrategie<br />
technischer Produkte völlig<br />
verändern wird.<br />
4 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
News & Management<br />
03 Meinung<br />
Die Digitalisierung frisst zwar keine<br />
Jobs, verändert jedoch Arbeitsplätze<br />
10 Maschinen- und Anlagenbau<br />
Branchenverband VDMA rechnet 2018<br />
mit 5 % Produktionswachstum<br />
16 Robotics Award<br />
Prozesskette mit 33 interagierenden<br />
Roboteranlagen überzeugt Jury<br />
17 Jahresbilanz<br />
Pilz steigerte im Geschäftsjahr 2017<br />
seinen Umsatz um 11 %<br />
20 Smart Factory<br />
Wie Auftragsfertiger Magna Steyr seine<br />
Autofertigung konsequent digitalisiert<br />
22 bvik-Ratgeberrubrik<br />
So werden Marketingentscheider zu<br />
Superhelden des digitalen Wandels<br />
24 Cybersicherheit<br />
Empfehlungen und Prognosen zum<br />
Schutz vor Cyberangriffen<br />
●26 Interview<br />
Ökonom Friedrich Völker zum Online-<br />
Marketing technischer Produkte<br />
29 Digitalisierung<br />
Produktionsprofessoren der WGP<br />
mahnen weitere wichtige Schritte an<br />
Industrie 4.0<br />
30 Einstiegsszenarien<br />
So starten hiesige Mittelständler in die<br />
digitale Produktion<br />
33 IT-Architektur<br />
Cloud oder Inhouse? Mit Industrie 4.0<br />
entsteht eine hybride Datenlandschaft<br />
36 Künstliche Intelligenz<br />
Entwicklungen und Trends bei der Einführung<br />
industrieller KI-Anwendungen<br />
38 Mensch-Maschine-Kollaboration<br />
Für das Tandem Mensch-Roboter gibt<br />
es gelungene Beispiele<br />
41 Additive Fertigung<br />
Additive Manufacturing als Prozess in<br />
der Smart Factory<br />
42 Lean Management<br />
Industrie 4.0 und Lean Management<br />
passen gut zusammen<br />
46 Vorausschauende Wartung<br />
Predictive Maintenance senkt die Wartungskosten<br />
um ein Drittel<br />
Technik & Wissen<br />
48 Cloud Computing<br />
Minicloud-Lösungen speziell für kleine<br />
und mittlere Unternehmen<br />
●50 Interview<br />
Was mit KI aus IBM-Sicht heute und<br />
morgen in der Fertigung möglich ist<br />
54 Antriebstechnik<br />
Algorithmen werten Antriebsdaten für<br />
die vorausschauende Wartung aus<br />
56 Vernetzte Produktion<br />
Standardisierte Schnittstellen als Basis<br />
für umfassende Vernetzung<br />
●75 Kollaboratives Design<br />
In nur vier Monaten entstand der<br />
straßenzugelassene ILO 1 – möglich<br />
dank digitalisierter Entwicklungskette<br />
78 Intralogistik<br />
Portalkrananlagen und Säulenschwenkkrane<br />
entlasten Werker<br />
80 Transportroboter<br />
Lichtgitter als Sicherheitssystem<br />
schützt die Ware<br />
Sonderteil<br />
●59 Qualitätssicherung<br />
Tagungsband zu unserem Forum<br />
„Qualitätssicherung in der additiven<br />
Fertigung“ auf 16 Seiten<br />
Produkte & Service<br />
06 Augenblicke der Technik<br />
08 Tipps der Redaktion<br />
14 Veranstaltungen<br />
19 Menschen<br />
82 Produkte<br />
87 Vorschau<br />
87 Impressum<br />
88 Bücher<br />
89 Wir berichten über<br />
90 Zuletzt<br />
Zum Titelbild<br />
Die Antriebstechnik verschmelzt mit<br />
Robotik und Automation zu neuartigen<br />
Industrie-4.0-Komponenten für smarte<br />
und effiziente Produktionsprozesse.<br />
Bild: vege/Fotolia<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 5
augenblicke der technik<br />
6 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Möglicherweise ist er Ihnen in der vergangenen<br />
Woche schon über den Kopf geschwirrt.<br />
Die Rede ist vom Bionic Flying Fox. Im<br />
Rahmen der Hannover Messe 2018 stellte<br />
der Esslinger Automatisierer Festo erneut<br />
aktuelle Highlights aus seinem Bionic Learning<br />
Network vor. Im Verbund mit Hochschulen,<br />
Instituten und Entwicklerfirmen<br />
entwirft Festo dort Forschungsträger, deren<br />
technische Grundprinzipien aus der Natur<br />
abgeleitet sind. Der Flughund beherrscht<br />
trotz seiner Spannweite<br />
von 2,28 m enge Flugradien.<br />
Möglich macht<br />
das seine ausgetüftelte<br />
Kinematik nach dem<br />
Scherenprinzip. Die Handschwinge klappt<br />
sich beim Aufschwung ein und breitet sich<br />
zum kraftvollen Abschwung wieder aus.<br />
Damit sich der Flying Fox in einem definierten<br />
Luftraum teilautonom bewegen kann,<br />
kommuniziert er mit einem sogenannten<br />
Motion-Tracking-System, das permanent<br />
seine Position erfasst. Gleichzeitig plant das<br />
System die Flugbahnen und liefert die dazu<br />
nötigen Steuerbefehle. Start und Landung<br />
führt der Mensch aus. Die Flügel des 580 g<br />
leichten Flugobjekts setzen sich aus einem<br />
3D-gestrickten Netztextil zusammen, das<br />
mit Folien stabilisiert wird.<br />
Bild: Festo<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 7
tipps der redaktion<br />
Pure Entspannung<br />
Bild: Luuna<br />
Die smarte Schlafmaske Luuna von Entertech hilft beim Einschlafen<br />
durch Musik über die zugehörige App. Es gibt drei Modi:<br />
Schlaf, Konzentration und Power Nap. Die Maske analysiert die<br />
Wirkung der Musik auf den Körper und passt sie an. Das geschieht<br />
mithilfe von integrierten EEG-Sensoren, die Gehirnströme messen.<br />
Zum Waschen können diese entfernt<br />
werden. Durch die „Löcher“ in<br />
der Mitte kann man sehen,<br />
ohne die Maske abzuziehen.<br />
Bye, bye Tacho-<br />
Manipulation<br />
Bild: Carly Connected App<br />
Unterwegs<br />
drucken<br />
Kurz über Bluetooth oder USB unterwegs<br />
etwas drucken? Mit dem Mini-<br />
Drucker Nemonic von Mangoslab geht<br />
das. Tinte oder Toner sind aufgrund<br />
des speziellen Thermopapiers nicht nötig.<br />
Das Papier gibt es in in vier Farben<br />
und mit der maximalen Größe von 104<br />
x 80 mm. Der Drucker ist in fünf Farben<br />
erhältlich und hat eine Gesamtgröße<br />
von 112 x 112 x 90 mm³.<br />
Bild: Mangoslab<br />
@<br />
Eine<br />
Das Münchner Unternehmen Carly<br />
Connected Car bietet einen Adapter<br />
für die OBD2-Schnittstelle in Gebrauchtwagen<br />
an, mit dem man unter<br />
anderem die Richtigkeit des Tacho-<br />
Kilometerstandes überprüfen kann.<br />
Mit dem Adapter liest die passende<br />
App bis zu 30 Steuergeräte aus, von<br />
denen viele den Kilometerstand speichern.<br />
Mit weiteren Funktionen können<br />
zusätzlich Fehler wie Falschmeldungen<br />
des Temperatursensors ausgelesen<br />
und gelöscht werden.<br />
Übersicht sowie weitere Informationen zu<br />
den einzelnen Tipps erhalten Sie hier:<br />
www.industrieanzeiger.de/tipps<br />
Im Falle eines Falles sicher<br />
Bild: E-Vone<br />
Das Ziel von E-Vone war die Entwicklung von Schuhen, die Senioren<br />
unabhängiger machen sowie Arbeiter und Wanderer schützen.<br />
Fällt der Träger hin, wird sofort ein Alarm mit Ortsangabe an ein<br />
Cloud-Netzwerk übermittelt. Eine anschließende Vibration bestätigt<br />
den ausgelösten Alarm, der in 120 Ländern funktioniert.<br />
8 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Connecting Global Competence<br />
Bereit für die nächste<br />
industrielle Revolution?<br />
Was eine Leitmesse für intelligente Automation und Robotik<br />
ausmacht? Sie schafft Orientierung: als internationaler Treffpunkt<br />
aller produzierenden Industriezweige. Sie bewegt den<br />
Markt: als Innovationsplattform, Impulsgeber und Trendlabor.<br />
Sie sichert die Branchenzukunft: als Wegweiser der digitalen<br />
Transformation.<br />
Das macht die automatica zum idealen Umfeld für alle, die ihre<br />
Produktion dank der Schlüsseltechnologien Robotik und<br />
Automation schneller, flexibler und dabei sicher gestalten wollen.<br />
Für zukunftsfähige Produktionskonzepte – von der Komponente<br />
zum System, von der Applikation bis zur Dienstleistung. Impulse<br />
und konkrete IT-Lösungen für die Smart Factory bietet unser<br />
Themenbereich IT2Industry.<br />
Was wir dabei fokussieren? Die Digitale Transformation in der<br />
Fertigung, Mensch-Roboter-Kollaboration, Servicerobotik und<br />
Arbeit 4.0. Hinzu kommen ein anwendungsorientiertes Rahmenprogramm<br />
und direkter Kontakt zu Key Playern auf Entscheider-<br />
Ebene. Oder kurz: alles, was Ihr Unternehmen weiterbringt.<br />
Update your business.<br />
Willkommen auf der automatica 2018:<br />
automatica-munich.com/besucher<br />
The Leading Exhibition for Smart Automation and Robotics<br />
19.–22. Juni 2018 | München<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 9
nachrichten<br />
VDMA erwartet<br />
höhere Produktion<br />
Maschinenbau | Der VDMA rechnet für 2018 mit<br />
einer guten Konjunktur. Verbandspräsident Welcker<br />
warnt aber auch vor Herausforderungen<br />
und nimmt die Politik in die Pflicht.<br />
Angesichts dynamischer Auftragseingänge<br />
sowie guter Perspektiven<br />
für die Nachfrage erhöhe<br />
der VDMA seine Prognose<br />
für das Produktionswachstum<br />
im deutschen Maschinenbau<br />
von 3 auf 5 %, sagte Verbandspräsident<br />
Carl Martin Welcker<br />
anlässlich der Hannover Messe.<br />
Der Verband rechnet damit,<br />
dass sich die USA als größter<br />
Einzelmarkt weiter expansiv<br />
entwickeln wird. Allerdings sei<br />
der aktuelle Handelskonflikt ein<br />
nicht zu unterschätzendes Risiko,<br />
dessen Auswirkungen noch<br />
nicht abzuschätzen sind.<br />
Welcker betonte, für eine exportstarke<br />
Industrie wie den<br />
Maschinenbau – mehr als drei<br />
Viertel der Produktion geht ins<br />
Ausland – seien offene Grenzen<br />
unverzichtbar, um weiterhin Arbeitsplätze<br />
und Wohlstand zu sichern.<br />
Er forderte von Politikern<br />
in Brüssel und Berlin, den regelbasierten<br />
freien Handel zu verteidigen.<br />
Durch eine Eskalation<br />
der Konfikte würden die USA,<br />
China und Europa verlieren.<br />
Für China rechnet der<br />
VDMA mit einem Tempoverlust<br />
der Exporte, die Lieferungen in<br />
die EU-Partnerländer werden<br />
nach Ansicht der Verbandsvolkswirte<br />
weiter zulegen. Einzig<br />
für das Geschäft mit Großbritannien<br />
rechnen sie mit<br />
einem stärkeren Rückgang als<br />
2017, als die Exporte um 3 %<br />
sanken. Insbesondere der industrielle<br />
Mittelstand benötige konkrete<br />
Hilfe in der Exportförderung.<br />
Die Hannover Messe zeige<br />
auch deutlich die Bedeutung des<br />
Maschinenbaus für Industrie<br />
4.0. Doch gerade der Bereich<br />
Künstliche Intelligenz könne<br />
nicht durch nationale Alleingänge<br />
geregelt werden. Um im globalen<br />
Wettbewerb bestehen zu<br />
können, brauche es eine mutige<br />
europäische Strategie. Welcker<br />
warnte die Politik, den Erfolg<br />
der Digitalisierung in der Industrie<br />
als selbstverständlich vorauszusetzen.<br />
Der Wandel geschehe<br />
mit enormem Tempo,<br />
und sei gerade für mittelständische<br />
Betriebe eine riesige Herausforderung.<br />
Mehr unter:<br />
http://hier.pro/sh3ne. (mw) •<br />
Der VDMA erwartet im<br />
laufenden Jahr ein Produktionswachstum<br />
von<br />
5 % im deutschen Maschinen-<br />
und Anlagenbau.<br />
Bild: Hermle<br />
Elektroindustrie für 2018 optimistisch<br />
Die deutsche Elektroindustrie freut sich<br />
über gute Geschäfte. Sorge bereiten<br />
Handelsbeschränkungen und Fachkräftemangel.<br />
Bild: industrieblick/Fotolia<br />
ZVEI | Die sehr gute Geschäftsentwicklung<br />
des vergangenen Rekordjahres habe sich<br />
weiter beschleunigt, so dass die Elektroindustrie<br />
optimistisch aufs Jahr 2018 blicke,<br />
erklärte ZVEI-Präsident Michael Ziesemer.<br />
An der konservativen Prognose von 3 %<br />
Produktionswachstum halte der Branchenverband<br />
dennoch fest. Wachsende Handelskonflikte,<br />
insbesondere zwischen den USA<br />
und China – den größten Absatzmärkten<br />
der deutsche Elektroindustrie –, seien ein<br />
unkalkulierbares Risiko für die Weltwirt-<br />
schaft. Das Elektrohandelsvolumen mit beiden<br />
Ländern betrug 2017 95 Mrd. Euro<br />
und damit knapp die Hälfte des Handelsvolumens<br />
mit allen Ländern Europas. 2017<br />
stiegen die nominalen Erlöse, die auch<br />
Dienstleistungen und Software einschließen,<br />
auf einen neuen Höchststand von 192 Mrd.<br />
Euro. Für 2018 rechnet der ZVEI mit einer<br />
Steigerung um 5 Mrd. auf 197 Mrd. Euro.<br />
Die Branche beschäftigt derzeit 872 000<br />
Menschen im Inland. Weitere Infos unter:<br />
http://hier.pro/FhjJ8. •<br />
10 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Partnerschaft soll Mittelständlern Zugang zu IoT ermöglichen<br />
Internet of Things | GFT und die<br />
Software AG gehen eine strategische<br />
Partnerschaft rund um<br />
die IoT-Plattform Cumulocity<br />
ein. Die ursprünglich von Software<br />
entwickelte Plattform<br />
steht mit der Partnerschaft auch<br />
dem Technologiepartner und<br />
Berater für branchenspezifische<br />
IT-Lösungen zur Verfügung.<br />
„Die Partnerschaft ermöglicht<br />
es uns, das spezifische Beratungs-Know-how<br />
von GFT<br />
mit der IoT-Plattform-Expertise<br />
der Software AG zu verbinden“,<br />
so Dr. Wolfram Jost, CTO von<br />
Software. Für ihn haben Mittelständler<br />
derzeit noch zu großen<br />
Respekt vor dem Internet der<br />
Dinge. Die cloudbasierte Plattform<br />
Cumolocity IoT könne<br />
den Einstieg ins vernetzte Zeitalter<br />
jedoch unterstützen, so<br />
Jost weiter. Mit ihr können Unternehmen<br />
Geräte oder Maschinen<br />
untereinander und mit dem<br />
Internet verbinden und zentral<br />
verwalten. •<br />
Wissenschaft<br />
begrüßt offene<br />
Cloud-Plattform<br />
Datenaustausch | Im Aufbau<br />
einer sogenannten European<br />
Open Science Cloud (EOSC)<br />
durch die Europäische Kommission<br />
sieht die Allianz der Wissenschaftsorganisationen<br />
grundsätzlich<br />
potenziell positive Effekte.<br />
Damit können etwa<br />
Erkenntnisprozesse und Innovationen<br />
vorangetrieben, die<br />
Sicherung und Aufbereitung von<br />
Forschungsdaten verbessert sowie<br />
die interdisziplinäre und<br />
globale wissenschaftliche Zusammenarbeit<br />
erleichtert werden,<br />
heißt es. Gleichzeitig<br />
besteht aus Sicht der bedeutendsten<br />
Wissenschaftsorganisationen<br />
in Deutschland zu einigen<br />
Fragen noch Klärungs- und Diskussionsbedarf.<br />
Eine Ausgestaltung der<br />
EOSC müsse wissenschaftsgeleitet<br />
erfolgt. Das heißt, der fach -<br />
liche Nutzen sollte laut der Allianz<br />
im Vordergrund stehen und<br />
Nutzerinnen und Nutzer sollten<br />
angemessen in allen Entscheidungsstrukturen<br />
einer EOSC<br />
vertreten sein. Bestehende nationale<br />
Strukturen, Kompetenzen,<br />
Funktionalitäten und Initiativen<br />
bezogen auf das Forschungsdatenmanagement<br />
müssten zudem<br />
angemessen berücksichtigt und<br />
eine stabile Finanzierung für die<br />
Aufbau- sowie die Betriebsphase<br />
sichergestellt werden. •<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 11
nachrichten<br />
Ticker<br />
+++ Leistungselektronik | In<br />
Dresden hat 3-5 Power Electronics<br />
(35PE) eine Produktionsstätte<br />
für die Fertigung von Galliumarsenid-Leistungshalbleitern<br />
eröffnet. In der Anlage veredelt<br />
35PE Wafer im Hochvakuum<br />
zu Leistungshalbleitern, die<br />
in Industrie-4.0-Technologien<br />
eingesetzt werden. +++<br />
Digitaler Wandel schafft<br />
mehr Jobs als er zerstört<br />
❧<br />
+++ Aveva | Der Anbieter von<br />
Engineering- und Industrie-Software<br />
geht eine Fusion mit der<br />
Sparte Industrie-Software von<br />
Schneider Electric ein. Mit dem<br />
neuen Ende-zu-Ende-Angebot<br />
wollen die Partner die digitale<br />
Transformation im gesamten<br />
Lebenszyklus von Anlagen und<br />
Betriebsabläufen in Unternehmen<br />
voranbringen. +++<br />
❧<br />
+++ Werkzeugmaschinen | FFG<br />
übernimmt MHD Maschinenservice<br />
und ergänzt damit sein<br />
Angebot im Bereich der Verzahntechnik.<br />
Das Portfolio des<br />
Eislinger Werkzeugmaschinenherstellers<br />
erweitert sich damit<br />
um geradverzahnte Kegelräder<br />
und Wälzstoßmaschinen. +++<br />
❧<br />
+++ Jahresbilanz | Schaltbau<br />
schließt das Geschäftsjahr 2017<br />
mit einem Ergebnis vor Zinsen<br />
und Steuern von 2,4 Mio. Euro<br />
ab. Der Auftragseingang stieg<br />
um 7,8 % im Vergleich zum<br />
Vorjahr. Der Münchner Konzern<br />
ist Anbieter von Komponenten<br />
und Systemen für die<br />
Verkehrstechnik und Investitionsgüterbranche.<br />
+++<br />
Der Einsatz von Industrierobotern<br />
hat viele<br />
Betriebe wettbewerbs -<br />
fähiger gemacht. Bild:<br />
Herrndorff/Fotolia<br />
ZEW-Studie | Roboter und Digitalisierung schaffen mehr<br />
Jobs, als sie vernichten, besagt eine Studie von ZEW-Forschern.<br />
Der Weltroboterverband IRF fühlt sich bestätigt.<br />
Mit 309 Robotern pro 10 000<br />
Arbeitnehmern belegt die deutsche<br />
Fertigungsindustrie Rang<br />
drei. Gleichzeitig waren 2017<br />
rund 44 Mio. Personen hierzulande<br />
erwerbstätig – so viele wie<br />
noch nie seit der Wiedervereinigung.<br />
Laut dem jüngsten Positionspapier<br />
des Weltroboterverbands<br />
IRF hat die rasante Ausrüstung<br />
mit Industrierobotern<br />
in den Betrieben zu einer positiven<br />
Jobbilanz geführt.<br />
Neben Aufgaben, die heute<br />
von Maschinen erledigt werden,<br />
sind neue Tätigkeiten für die<br />
Mitarbeiter entstanden, so die<br />
jüngste Studie des Zentrums für<br />
Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW) im Auftrag des<br />
Bundesforschungsministeriums.<br />
Für IFR-Präsident Junji Tsuda<br />
bestätigen die Ergebnisse der<br />
ZEW-Studie für den Arbeitsmarkt,<br />
„was wir in den führenden<br />
Industrienationen weltweit<br />
bei der Automation mit Industrierobotern<br />
beobachten“. Die<br />
Modernisierung der Produktion<br />
führe dazu, dass insbesondere<br />
gefährliche, gesundheitsschädliche<br />
und monotone Arbeiten von<br />
Maschinen übernommen würden.<br />
Zwar wurden laut ZEW<br />
innerhalb von fünf Jahren 5 %<br />
der Beschäftigten ersetzt – diese<br />
würden jedoch in der Gesamt -<br />
bilanz durch neue Beschäftigung<br />
ausgeglichen, heißt es.<br />
In Deutschland führte der<br />
verstärkte Maschineneinsatz dazu,<br />
dass die Zahl der Arbeitsplätze<br />
insgesamt um 1 % gewachsen<br />
ist. Auf Basis der Angaben<br />
der befragten Betriebe<br />
schätzt das ZEW, dass die weitere<br />
Automation und Digitalisierung<br />
in den Unternehmen bis<br />
2021 Prozesse auslösen wird,<br />
die zu einer Erhöhung der Beschäftigung<br />
um 1,8 % führen<br />
werden. •<br />
12 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Deutscher Innovationspreis für Guss-Bremsscheibe<br />
Buderus Guss | Für die Bremsscheibe<br />
„iDisc“ ist die Bosch-<br />
Tochter Buderus Guss mit dem<br />
Deutschen Innovationspreis<br />
ausgezeichnet worden. Der Preis<br />
wurde zum neunten Mal unter<br />
der Schirmherrschaft des BMWi<br />
in drei Kategorien vergeben von<br />
Accenture, Daimler, EnBW und<br />
„Wirtschaftwoche“.<br />
Die iDisc ist eine Bremsscheibe<br />
aus Gusseisen mit Lamellengrafit<br />
(Grauguss), bei der eine<br />
spezielle Hartmetallbeschich-<br />
tung den Verschleiß von Scheibe<br />
und Belag senkt. Derzeit verursachen<br />
Reifen und Bremsen<br />
rund ein Drittel des Feinstaubs<br />
in den Citys – diesen Anteil<br />
kann die iDisc drastisch reduzieren,<br />
teilt Buderus Guss mit.<br />
„Angesiedelt zwischen herkömmlicher<br />
Graugussscheibe<br />
und Keramikscheibe ist die<br />
iDisc einmalig“, sagt Projekt -<br />
leiter Thomas Pfeiffer. Sie roste<br />
nicht, erzeuge kaum Bremsstaub<br />
und bilde keine Riefen. •<br />
Freudenberg<br />
steigert Umsatz<br />
Geschäftszahlen | Der Technologiekonzern<br />
Freudenberg hat<br />
seinen Umsatz im Jahr 2017 um<br />
18,3 % auf über 9,3 Mrd. Euro<br />
gesteigert. Rund ein Drittel des<br />
Umsatzes wurde dabei mit Produkten<br />
erreicht, die jünger als<br />
vier Jahre sind.<br />
„2017 war sowohl operativ<br />
als auch strategisch ein erfolgreiches<br />
Jahr für Freudenberg“,<br />
sagt Dr. Mohsen Sohi, CEO der<br />
Freudenberg Gruppe. CFO Dr.<br />
Ralf Krieger betont die Investitionen<br />
von 670 Mio. Euro, von<br />
denen 170 Mio. in Akquisitionen<br />
und der Rest in Produktionsanlagen,<br />
Sachanlagen, Gebäuden<br />
und immateriellen Vermögenswerten<br />
floß.<br />
Die Eigenkapitalquote des<br />
Weinheimer Unternehmens erhöhte<br />
sich von 45 auf 47,4 %,<br />
womit es wie im Vorjahr mit<br />
„A3“ durch die Ratingagentur<br />
Moody´s Deutschland bewertet<br />
wird. Um seine Innovationskraft<br />
zu stärken, entwickelt Freudenberg<br />
seine bestehenden Technologieplattformen<br />
weiter und hat<br />
im letzten Jahr Plattformen in<br />
den Bereichen Digitalisierung<br />
und Hygiene hinzugefügt.<br />
Ende 2017 beschäftigte das<br />
Unternehmen rund 48 000 Mitarbeiter.<br />
2018 rechnet es mit einem<br />
Wachstum von 1 bis 3 %<br />
auf den relevanten Märkten. •<br />
Wenn zwischen Ihnen und uns mehr entsteht:<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 13
nachrichten<br />
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Digitales Arbeiten<br />
überwiegt erstmals<br />
Verfahrenstechnische Anlagenplanung in<br />
der Praxis, 07. - 08. Juni, Altdorf<br />
TAW e. V., Wuppertal<br />
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Cebit 2018, 11. - 15. Juni, Hannover<br />
Deutsche Messe, Hannover<br />
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20. Jahresfachkonferenz DuD 2018 Datenschutz<br />
und Datensicherheit,<br />
11. - 13. Juni, Köln<br />
Computas Gisela Geuhs, Berlin<br />
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Achema – Fachmesse der Prozessindustrie,<br />
11. - 15. Juni, Frankfurt/M.<br />
Dechema, Frankfurt/M.<br />
www.achema.de<br />
Wärmebildkameras, Infrarotthermometer<br />
und deren richtige Anwendung,<br />
13. Juni, Berlin<br />
Optris, Berlin<br />
www.optris.de<br />
Instandhaltung 4.0 im smarten Dialog,<br />
13. - 14. Juni, München<br />
GiS, Erlangen<br />
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❧<br />
❧<br />
❧<br />
Technologische Trends<br />
verändern den digitalen<br />
Arbeitsplatz maßgeblich.<br />
Bild: alphaspirit/Fotolia<br />
!<br />
Studie | Deutschsprachige Unternehmen setzen erstmals<br />
mehr digitale Technologien ein als analoge Lösungen. Die<br />
Arbeitseffizienz soll um fast ein Drittel gestiegen sein.<br />
In und zwischen deutschen Unternehmen<br />
erfolgt die Zusammenarbeit<br />
zunehmend in digitaler<br />
Form. Da mehr und mehr<br />
Mitarbeiter Social-Collaboration(SC)-Tools<br />
nutzen, stieg der<br />
Reifegrad der Unternehmen auf<br />
einer Skala von 1 bis 7 gegenüber<br />
Vorjahr von 3,28 auf 3,96.<br />
Damit kommen erstmals mehr<br />
aktuelle digitale Technologien<br />
zum Einsatz, als analoge Lösungsansätze<br />
– etwa das Befragen<br />
persönlicher Kontakte oder<br />
etablierte Technologien wie zum<br />
Beispiel das Versenden von<br />
E-Mails. Laut der 3. Deutschen<br />
Social Collaboration-Studie<br />
2018 des Beratungshauses Campana<br />
& Schott und dem Fach -<br />
bereich Wirtschaftsinformatik<br />
der TU Darmstadt werden am<br />
häufigsten digitale Tools für die<br />
Suche nach Informationen und<br />
Neuigkeiten verwendet, gefolgt<br />
von Anträgen und Formularen.<br />
Wer öfters SC-Tools einsetzt, arbeite<br />
um bis zu 30 % effizienter.<br />
Allerdings sind nur knapp 10 %<br />
der Befragten vollständig zufrieden<br />
mit der technischen Ausstattung<br />
ihres Arbeitsplatzes. Es<br />
fehlt vor allem an intuitiv bedienbaren<br />
Anwendungen. •<br />
SC-Tools dienen inzwischen vor allem<br />
zur Förderung von Innovationen.<br />
Quelle: Campana & Schott<br />
14 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Bosch baut Smart Factory in Mexiko<br />
Elektronikmodule | Die Bedeutung des Partnerlands Mexiko<br />
der Hannover Messe zeigt eine Entscheidung von Bosch:<br />
In Celaya entsteht eine Smart Factory für 100 Mio. Euro.<br />
Das Schwellenland hat sich<br />
zur Industrienation entwickelt,<br />
angetrieben vor allem von der<br />
Mobilitätsbranche. Allein 2017<br />
wurden knapp 3,8 Millionen<br />
Fahrzeuge gefertigt, teilt Bosch<br />
mit. Mexiko setze verstärkt auf<br />
Industrie 4.0 und Bosch trage<br />
dazu bei. Zum Einsatz kommt<br />
beispielsweise ein MES, das<br />
Daten sammelt und in Echtzeit<br />
über die Produktion informiert,<br />
um Maschinen vorausschauend<br />
zu warten und die Produkte -<br />
qualität zu verbessern.<br />
„Bis Mitte 2019 soll die<br />
Fertigung in nahezu allen<br />
Bosch-Werken in Mexiko mit<br />
unserem intelligenten Steuerungssystem<br />
ausgestattet sein“,<br />
kündigt René Schlegel an,<br />
Vorsitzender der Bosch-Gruppe<br />
in Mexiko. Insgesamt betreibt<br />
Bosch aktuell zwölf Fertigungs-<br />
Bis 2019 soll das smarte Werk<br />
für Elektronikkomponenten in<br />
der zentralmexikanischen Stadt<br />
hochgezogen sein. „Bosch setzt<br />
auf Mexiko“, sagte Dr. Stefan<br />
Hartung, Geschäftsführungsmitglied<br />
der Bosch-Gruppe, im<br />
Vorfeld der Industriemesse.<br />
„Das Land ist und bleibt ein<br />
wichtiger Markt sowie ein<br />
Knotenpunkt für unseren globalen<br />
Fertigungs- und Entwicklungsverbund.“<br />
Ziel sei es, am neuen Standort<br />
in den kommenden Jahren<br />
mehr als 1200 zusätzliche<br />
Arbeitsplätze zu schaffen. Insgesamt<br />
ist die Bosch-Gruppe heute<br />
mit rund 16 000 Mitarbeitern<br />
und allen vier Unternehmens -<br />
bereichen in Mexiko vertreten<br />
und erzielte 2016 einen Jahres -<br />
umsatz von 1,1 Mrd. Euro am<br />
mexikanischen Markt.<br />
standorte im Land und setzt bereits<br />
heute smarte Technologien<br />
ein, etwa in Toluca und Juárez.<br />
In Celaya sollen Steuergeräte<br />
als Schlüsselkomponenten für<br />
vernetzte Mobilität produziert<br />
werden. „Wir reagieren mit dem<br />
neuen Standort auf die Nach -<br />
frage nach Elektronikkomponenten<br />
im amerikanischen<br />
Markt“, sagte Schlegel. •<br />
Bosch ist in Mexiko an<br />
zehn Standorten mit<br />
16 000 Mitarbeitern<br />
vertreten. Bild: Bosch<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 15
Heinz Berger gewinnt<br />
Robotics Award<br />
Die stolzen Vertreter von Heinz Berger zwischen Dr. Jochen Köckler,<br />
Chef der Deutschen Messe (li.) und Niedersachsens Wirtschaftsminister<br />
Bernd Althusmann (2.v.r.). Bild: <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Robotik | Mit einer Prozesskette aus Roboterzellen fürs Polieren von<br />
Töpfen und Pfannen überzeugte Heinz Berger die Jury.<br />
Die Freude bei der Heinz Berger Maschinenfabrik<br />
war groß. Der Spezialist für<br />
Schleif- und Poliertechnik ist der Sieger des<br />
Robotics Award 2018. Die Wuppertaler<br />
überzeugten die Jury mit einer Prozesskette<br />
aus Roboterzellen, die als Poliersystem für<br />
Töpfe und Pfannen eingesetzt wird. Insgesamt<br />
33 vollständig interagierende und miteinander<br />
vernetzte Roboteranlagen führen<br />
vollautomatisierte Werkstück- und Werkzeugwechsel<br />
durch. Eine intelligente Interaktion<br />
der Zellen und Aufteilung der einzelnen<br />
Produktionsschritte ermöglicht eine<br />
hoch flexible und effiziente Produktion kleiner<br />
Losgrößen. Durch eine integrierte Industrie-4.0-Schnittstelle<br />
mit IP-basierten<br />
Protokollen lässt sich die Anlage weltweit<br />
steuern und überwachen. Sie wird in Wuppertal<br />
bereits in der Produktion betrieben.<br />
Die Jury begründete ihre Entscheidung unter<br />
anderem damit, dass es sich um eine<br />
ganzheitliche Lösung für den Mittelstand<br />
handle, die einen Bereich betrifft, der vorher<br />
nicht automatisiert war.<br />
Den zweiten Platz sicherte sich das<br />
Fraunhofer-Institut IFAM mit einem mobilen<br />
System zum Fräsen von Großbauteilen.<br />
Standard-Industrieroboter lassen sich damit<br />
zu mobilen CNC-Fräsrobotern aufrüsten.<br />
Auf den dritten Platz kam der Automatisierer<br />
drag&bot. Die Stuttgarter waren mit<br />
einer Plattform angetreten, die es ermög-<br />
licht, Industrieroboter unterschiedlichster<br />
Hersteller intuitiv zu programmieren, zu bedienen<br />
und flexibel einzusetzen.<br />
Der mit 10 000 Euro dotierte Robotics<br />
Award wurde bereits zum achten Mal verliehen.<br />
Der Preis zeichnet innovative robotergestützte<br />
Lösungen im Bereich industrielle<br />
Automatisierung oder mobile Roboter<br />
und autonome Systeme aus. Die Jury legt<br />
besonderen Wert darauf, dass die Automatisierungs-Lösungen<br />
technologisch und ökonomisch<br />
fortschrittlich sind und einen Beitrag<br />
in industrieller oder gesellschaftlicher<br />
Hinsicht leisten. Der Robotics Award wurde<br />
vor acht Jahren von der Hannover Messe<br />
und der Fachzeitschrift <strong>Industrieanzeiger</strong> ins<br />
Leben gerufen. Mehr über die Siegerlösung<br />
und weitere Einreichungen lesen Sie in wenigen<br />
Wochen in unserer Ausgabe 15/2018<br />
und unter www.industrieanzeiger.de. •<br />
Cybersicherheit in Branche angekommen<br />
Elektroindustrie | Um die Aufmerksamkeit<br />
für Cybersicherheit in der Elektroindustrie<br />
zu erhöhen, hat der ZVEI mit dem Bundesamt<br />
für Sicherheit in der Informationstechnik<br />
ein Sicherheitslagebild für die deutsche<br />
Elektroindustrie erstellt. Damit erweitert<br />
der Verband sein 2016 veröffentlichtes<br />
Pilotprojekt „Sicherheitslagebild im Fachverband<br />
Automation“, bei dem die Mitgliedsunternehmen<br />
zu ihrem Status quo in<br />
der Cybersicherheit befragt wurden, auf die<br />
gesamte Branche. 88 % der nun Befragten<br />
gaben an, dass Cybersicherheit ein Top -<br />
thema der Geschäftsführung sei. Das bestätigen<br />
auch die steigenden Budgets, die in<br />
Technik, Prozesse und Know-how investiert<br />
werden. 60 % der Unternehmen waren in<br />
den vergangenen zwei Jahren von Trojanern<br />
oder Ransomware betroffen. Bemerkenswert<br />
ist aus Sicht des ZVEI, dass sowohl im<br />
Büro- als auch im Produktionsumfeld Software-Schwachstellen<br />
eine Hauptursache für<br />
Vorfälle sind. Damit gewinnt die Bewertung<br />
und Prüfung von eingekaufter Soft- und<br />
Hardware an Bedeutung. Das Sicherheits -<br />
lagebild zeigt, dass Know-how-Aufbau und<br />
die Vertrauenswürdigkeit von eigenen und<br />
Drittprodukten entscheidende Faktoren<br />
sind, um Cyberangriffen zu begegnen. •<br />
Speicher für<br />
stabiles Netz<br />
Batteriespeicher | Das<br />
Unternehmen Kraftwerksbatterie<br />
Heilbronn, ein<br />
Joint Venture von Bosch<br />
und EnBW, hat in Heilbronn<br />
einen Stromspeicher<br />
für Primärregelenergie<br />
in Betrieb genommen.<br />
768 Lithium-Ionen-Batteriemodule<br />
mit einer maximalen<br />
Leistungsabgabe<br />
von rund 5 MW und einer<br />
Speicherkapazität von<br />
5 MWh sind damit in die<br />
Leittechnik des dortigen<br />
EnBW-Großkraftwerks<br />
eingebunden. •<br />
Das ZVEI-Sicherheitslagebild thematisiert Cybersicherheit<br />
in der Elektroindustrie. Bild: chombosan/Fotolia<br />
16 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
nachrichten<br />
Umsatz um 11 %<br />
gesteigert<br />
Jahresbilanz I Pilz erwirtschaftete 2017 11 % mehr Umsatz<br />
als 2016. Die Steuerungstechnik bleibt der wichtigste Umsatzträger,<br />
aber auch Dienstleistungen bewähren sich.<br />
338 Mio. Euro Umsatz erzielte<br />
Pilz im Geschäftsjahr 2017.<br />
„Mit einem Umsatzplus von<br />
10,6 % gegenüber 2016 haben<br />
wir unsere wirtschaftlichen Ziele<br />
übertroffen“, erklärte Susanne<br />
Kunschert, Geschäftsführende<br />
Gesellschafterin des Lösungsanbieters<br />
von Automations- und<br />
Sicherheitstechnik. Mit rund<br />
70 %bleibt die Steuerungstechnik<br />
beim Anbieter aus Ostfildern<br />
der wichtigste Umsatzträger,<br />
aber auch der Bereich der<br />
Dienstleistungen habe sich mit<br />
etwa 13 % als ein festes Standbein<br />
etabliert.<br />
Der gestiegene Exportanteil<br />
von 71,9 % – und damit einem<br />
Plus von 0,7 Prozentpunkten gegenüber<br />
2016 – unterstreicht die<br />
internationale Ausrichtung des<br />
Anbieters. „Knapp 20 % unseres<br />
Umsatzes erzielen wir in<br />
Asien und Australien, rund<br />
10 % auf dem amerikanischen<br />
Kontinent und über 70 % in<br />
Europa“, sagte Kunschert.<br />
Auch für 2018 rechnet Pilz<br />
mit einem Umsatzplus zwischen<br />
6 und 7 %. „In das Geschäftsjahr<br />
2018 sind wir gut gestartet.<br />
Mit Blick auf den aktuellen Auftragseingang<br />
liegen wir im<br />
Plan“, gab Kunschert einen Ausblick.<br />
(nu) •<br />
Die Geschäftsführenden<br />
Gesellschafter Susanne<br />
Kunschert und Thomas<br />
Pilz rechnen nach einem<br />
positiven 2017 mit<br />
weiterem Umsatzwachstum.<br />
Bild: Pilz<br />
Balluff mit Rekordwachstum<br />
Automation | Der zunehmende Automatisierungdruck in<br />
vielen Branchen hat dem Senorhersteller Balluff ein Rekordwachstum<br />
von rund 21 % auf 459 Mio. Euro beschert.<br />
Dem für 2019 formulierten Umsatzziel<br />
von 500 Mio. Euro ist<br />
die Balluff-Gruppe aus Neuhausen<br />
auf den Fildern im vorigen<br />
Geschäftsjahr sehr nahe gekommen.<br />
2017 setzte der Automa -<br />
tisierungstechnikspezialist laut<br />
eigenen Angaben 459 Mio. Euro<br />
(+21,4 %) um, ein Jahr zuvor<br />
waren es noch 378 Mio. Euro.<br />
Für das Rekordwachstum habe<br />
die hohe Nachfrage nach Automatisierungslösungen<br />
gesorgt.<br />
Sensor-, Identifikations- und<br />
Netzwerktechnologien sowie<br />
Software bilden dabei das Portfolio.<br />
Das rundum positive Bild,<br />
wie Geschäftsführerin Katrin<br />
Stegmaier-Hermle sagte, setzte<br />
sich fort. Das Wachstum sei mit<br />
rund 9 % im ersten Quartal dieses<br />
Jahres „nach wie vor stark“.<br />
Die aktuelle Auftragslage stimme<br />
Balluff für das Gesamtjahr<br />
2018 optimistisch. Auch das<br />
finanzielle Fundament ist stabil.<br />
Die belegen die Eigenkapitalquote<br />
von 76 % sowie ein Banken-Rating<br />
von AAA+. Zudem<br />
investieren die Schwaben 13,3<br />
% ihrer Erlöse in Forschung<br />
und Entwicklung. Zudem gewinne<br />
das Unternehmen laut<br />
Stegmaier-Hermle auch noch<br />
Marktanteile. Die Umsatzrendite<br />
beträgt 10,5 %. Weltweit<br />
beschäftigt die Gruppe 3600<br />
Mitarbeiter. •<br />
Die Geschäftsführer Florian Hermle, Katrin Stegmaier-<br />
Hermle und Michael Unger (v. li.) sind mit der Entwicklung<br />
der Balluff-Gruppe im Jahr 2017 sehr zufrieden.<br />
Bild: Balluff<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 17
nachrichten<br />
Sieger des Hermes Awards steht fest<br />
Bundesministerin für Bildung und Forschung,<br />
Anja Karliczek (links), Endress+Hauser (Mitte)<br />
und Jury-Vorsitzender Wolfgang Wahlster bei<br />
der Preisverleihung. Bild: Deutsche Messe<br />
Innovation | Endress+Hauser Messtechnik<br />
gewinnt den diesjährigen<br />
Hermes Award. Der international bekannte<br />
Industriepreis wurde im Rahmen<br />
der Eröffnungsfeier der Hannover<br />
Messe verliehen. Das Familienunternehmen<br />
aus Weil am Rhein erhält<br />
die Auszeichnung für ein hygienisches<br />
Kompaktthermometer mit einem<br />
selbstkalibrierenden Sensor für sicherheits-<br />
und qualitätsrelevante Messungen<br />
von Prozesstemperaturen. Diese<br />
sind etwa in der Lebensmittel- oder<br />
Pharmaindustrie erforderlich.<br />
Jury-Vorsitzender Prof. Dr. Dr. h. c.<br />
mult. Wolfgang Wahlster erläutert die<br />
Entscheidung wie folgt: „Smarte Sensorik<br />
ist ein wichtiger Treiber der<br />
nächsten Stufe von Industrie 4.0. Gerade<br />
weil in einer Smart Factory die<br />
Dichte der Sensorik extrem ansteigt,<br />
wird die auditsichere Selbstkalibrierung<br />
der Sensoren ohne Anlagenstillstand<br />
zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor.“<br />
Genau hier setze das Produkt<br />
von Endress+Hauser an.<br />
Neben dem Gewinner waren Alpha<br />
Laser, GBS German Bionic Systems,<br />
TH Ingolstadt/Continental und<br />
Upskill nominiert. •<br />
Henkel wird weltweiter<br />
Vertriebspartner<br />
für HP Multi Jet<br />
Fusion 3D-Drucker.<br />
Bild: Henkel<br />
Ausbau der Partnerschaft<br />
für 3D-Druck-Lösungen<br />
Vertriebspartner | Henkel weitet die Partnerschaft<br />
mit Hewlett Packard (HP) für 3D-Druck-Lösungen<br />
weiter aus. Das Unternehmen ist bereits in der offenen<br />
Materialplattform von HP aktiv, um die Entwicklung,<br />
das Testen und die Qualifizierung der Materialien<br />
für HP´s pulverbasierte Jet Fusion Technologie<br />
voranzutreiben. Als Vertriebspartner nutzt Henkel<br />
nun die Kombination aus Material expertise und<br />
Kundennähe für die weltweite Vorstellung der HP<br />
Multi Jet Fusion Technologie in Design- und Produktionsabteilungen.<br />
Laut dem Unternehmen wird die<br />
neue Technologie von HP eine wichtige Rolle in der<br />
industriellen Transformation hin zur Additiven<br />
Fertigung spielen. Mit der Partnerschaft wollen beide<br />
Unternehmen den industriellen Einsatz von<br />
3D-Druck-Lösungen beschleunigen.<br />
•<br />
Wilo: Bestes Ergebnis<br />
der Firmengeschichte<br />
Pumpsysteme | Die Wilo SE blickt auf ihr<br />
erfolgreichstes Geschäftsjahr zurück. Die Umsatzerlöse<br />
legten zum achten Mal in Folge zu und<br />
verzeichneten mit rund 1,4 Mrd. Euro ein Wachstum<br />
von 7,4 %, währungsbereinigt sogar von<br />
8,5 %. Einen weiteren Rekord erzielte die Gruppe<br />
beim Konzernergebnis, das um 13,0 % auf<br />
85,9 Mio Euro stieg. Die Investitionen erhöhte<br />
Wilo um rund 14 % auf knapp 125 Mio. Euro und<br />
will die Digitali sierung weiter voran treiben.<br />
„Neben Investitionen in Forschung und Entwicklung<br />
sowie in den Stammsitz mit Smart Factory<br />
und Future Office haben wir auch massiv in die<br />
digitale Transformation auf Produktebene und in<br />
Vertriebsprozesse investiert“, sagt CEO Oliver<br />
Hermes. Letztes Jahr präsentierte Wilo die erste<br />
„Smart-Pumpe“ mit einer Kombination aus Sensorik,<br />
Regelungstechnik, bi-direktionaler Konnektivität<br />
und möglichen Software-Updates. •<br />
Ziel: Standard des Internets<br />
Kooperation | SAP kooperiert<br />
nun mit eClass e.V., der Normierungsorganisation<br />
zur Klassifizierung<br />
und eindeutigen<br />
Beschreibung von Produkten<br />
und Dienstleistungen. eClass<br />
wird in das SAP Asset Intelligence<br />
Network (SAP AIN)<br />
eingebunden , wo Hersteller und<br />
Nutzer Informationen über<br />
SAP sieht Normung als wichtige Voraussetzung<br />
für Digitalisierung in der Industrie.<br />
Bild: wladimir1804/Fotolia<br />
technische Komponenten austauschen<br />
können. SAP liefert<br />
erstmals ein Produkt mit eClass-<br />
Inhalten aus. Im Servicefall oder<br />
der Beschaffung erleichtert die standardisierte Beschreibung einer<br />
Produktklasse die Vergleichbarkeit, so dass sich gegebenenfalls auch<br />
über einen anderen Hersteller Teile austauschen lassen . SAP gibt an,<br />
durch die Integration der einheitlichen und standardisierten<br />
Beschreibung von Assets in das SAP AIN mit eClass konsequent den<br />
Weg zu einer globalen Registry industrieller Assets zu gehen. Durch<br />
die enge Anbindung an eClass könne man nun Produktstammdaten<br />
über alle Länder-, Sprach- und Branchengrenzen hinweg digital<br />
austauschen.<br />
•<br />
18 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
menschen<br />
Turkish<br />
Machinery mit<br />
neuer Spitze<br />
Müller geht in Ruhestand<br />
27 Jahre war Alfred Müller (Bild) „Verkaufsleiter Inland“<br />
bei der EBM-Papst Mulfingen GmbH & Co. KG<br />
und baute ab 2006 als Geschäftsführer den Standort<br />
EBM-Papst Österreich auf. Nun verabschiedete er sich<br />
in den Ruhestand. Bereits im April 2017 hatte Müller<br />
sein Amt an Nachfolger David Kehler übergeben. Seither<br />
stand er als Berater der Geschäftsführung zur Seite.<br />
Die Mitglieder von Turkish Machinery, mit Hauptsitz<br />
in Ankara, haben turnusgemäß die Führungsmannschaft<br />
der Maschinenexportunion und somit<br />
das Präsidium und den Vorstand neu gewählt: Das<br />
Amt des Präsidenten übernimmt künftig Kutlu<br />
Karavelioglu (Bild), der bereits lange Jahre im Vorstand<br />
der türkischen Exportunion vertreten war.<br />
Sevda Kayhan Yilmaz bleibt weiterhin im Vorstand<br />
der Initiative vertreten. Sie wird in dieser Funktion<br />
wieder federführend für Deutschland zuständig sein.<br />
InterSystems IRIS Data Platform<br />
Für die, die unsere Zukunft gestalten<br />
WAS ZÄHLT:<br />
EINE PLATTFORM,<br />
DIE ALLESL<br />
VERBINDET<br />
Industrie 4.0 und eine verzahnte<br />
→<br />
Produktion benötigen intelligente<br />
und vernetzte IT-Systeme. Die neue<br />
InterSystems IRIS Data Platform<br />
verbindet Daten, Anwendungen,<br />
Prozesse und Menschen über Systemgrenzen<br />
hinweg. Damit die digitale<br />
Transformation die Produktion<br />
zukunftssicher macht.<br />
Weil es das ist, was zählt.<br />
Mehr unter<br />
www.InterSystems-IRIS.de<br />
Vom 11. bis 15.6. auf der CEBIT<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 19
news & management<br />
Digitale Vernetzung steigert Effizienz und Flexibilität der Prozesskette<br />
Wissen und Daten<br />
sind stets verfügbar<br />
Smart Factory | Als Auftragsfertiger für Automobilhersteller<br />
ist Magna Steyr von Trends wie der Elektrifizierung<br />
des Antriebs, Vernetzung und Variantenvielfalt<br />
betroffen. Die Antwort lautet „Smart Factory“.<br />
Selbstlernende Roboter, fahrerlose Transportsysteme,<br />
Drohnen, Elektrotrucks, Echtzeitsteuerung und Big Data.<br />
Was sich anhört wie Zutaten eines Science-Fiction-<br />
Films, ist bei Magna Steyr in Graz schon Realität. Der<br />
Auftragsfertiger für Automobilmodelle vernetzt seine<br />
Anlagen, Mitarbeiter und Produkte sukzessive miteinander<br />
per Echtzeit-Kommunikation. Auf diese Weise<br />
sollen Wissen und Daten an jedem Punkt der Entwicklung<br />
und Fertigung sofort digital zur Verfügung stehen<br />
und so die Effizienz und Flexibilität entlang der gesamten<br />
Prozesskette steigen.<br />
Diese unter dem Namen „Smart Factory“ subsummierten<br />
Anwendungen sind teilweise schon in den Produktionsablauf<br />
integriert. Wie etwa die sogenannte „Digital<br />
Factory“, die den kompletten Produktlebenszyklus<br />
von der Entwicklung über die Fabrikplanung bis hin zur<br />
eigentlichen Produktion in digitalen Modellen darstellt.<br />
Dieser digitale Zwilling von Produkt und Fertigungsanlage<br />
ermöglicht mit seiner durchgängigen Datenbasis eine<br />
ganzheitliche Steuerung der Produktion, eine rasche<br />
Intervention entlang der ganzen Prozesskette und dadurch<br />
eine steilere Hochlaufkurve als bisher. Von der digitalen<br />
Fabrik profitiert auch Big Data, die Analyse von<br />
großen Datenmengen nach relevanten Informanten.<br />
Magna Steyr arbeitet mit Partnern intensiv an Algorithmen,<br />
die per künstliche Intelligenz (KI) wichtige Informationen<br />
aus dem Datenpool filtern. Beispielsweise hat<br />
man sämtliche Materialbewegungen aller Projekte über<br />
mehrere Jahre analysiert, um daraus Optimierungspo-<br />
20 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Die Werker arbeiten künftig immer enger<br />
mit digital gesteuerter Technik zusammen.<br />
Auch kollaborierende Roboter gehören<br />
dazu. Bilder: Magna Steyr<br />
tenziale abzuleiten. Aus den Datenbanken bedient sich<br />
auch die additive Fertigung. In dieser Technik erstellt<br />
das Unternehmen Vorrichtungen wie Spannkeile und<br />
Positionierhilfen.<br />
Als Bausteine der „Smart Factory“ hat der Hersteller<br />
einige Techniken eingeführt: So sind in der Endmontage<br />
seit 2017 kollaborierende Roboter im Einsatz, die nicht<br />
mehr aufwendig programmiert werden müssen, sondern<br />
von den Mitarbeitern einfach für spezielle Prozesse angelernt<br />
werden. Dann verdingen sich die Roboter als<br />
„dritte Hand“ für ergonomisch schwierige Tätigkeiten,<br />
während die Mitarbeiter körperlich einfachere, aber anspruchsvollere<br />
Aufgaben erledigen. Und das ganze ohne<br />
die bisherigen Schutzzäune: die Roboter reagieren sensorgesteuert<br />
auf kleinste Kollisionen und schalten im<br />
Bedarfsfall sofort ab.<br />
Schwarmintelligenz ermöglicht mehr Flexibilität<br />
Weitere Aufgaben übernehmen fahrerlose Transportsysteme.<br />
Sie liefern ohne Spurführung und fixe Routenbindung<br />
den nötigen Nachschub an Teilen, sind für den gemischten<br />
Verkehr geeignet und kommunizieren Routeninformationen<br />
in Echtzeit. Mit dieser Abkehr vom starren<br />
Perlenketten-Prinzip und Hinwendung zu einer<br />
Schwarmintelligenz erreicht das Unternehmen mehr<br />
Flexibilität in Bezug auf den Varianten- und Modellmix<br />
bei gleichzeitiger Reduktion von Vorlaufzeit sowie Umrüstzeit<br />
und -kosten. Auch der Einsatz von intelligenten<br />
Gebinden ist geplant, die ihren Inhalt automatisch erkennen<br />
und in Zukunft sogar selbst nachbestellen.<br />
Ebenfalls in der vorgelagerten Logistik setzt der Hersteller<br />
in einem Pilotprojekt Drohnen ein. Sie schweben auf<br />
definierten Bahnen durch eine Lagerhalle, scannen<br />
selbstständig die Materiallabels ab und ermöglichen so<br />
eine Echtzeit-Inventur des Lagerbestands.<br />
Signalwirkung über die Werksgrenzen hinweg hat ein<br />
anderes Leuchtturmprojekt: der Einsatz von elektrisch<br />
angetriebenen Trucks. Sie transportieren Rohkarossen<br />
über öffentliche Straßen in die Lackiererei auf einem anderen<br />
Werksgelände. Mit einem Fahrzeug- und Logistik-Partner<br />
hat der Anbieter in nur elf Monaten ein Logistikkonzept<br />
erarbeitet, bei dem ein E-Truck zwei Rohkarossen<br />
pro Vorgang in die Lackiererei transportiert.<br />
In nur drei Minuten Standzeit werden die Trailer jeweils<br />
automatisch be- und entladen sowie parallel dazu die<br />
Fahrzeugbatterien geladen.<br />
Die „Smart Factory“ erfüllt Anforderungen, die sich<br />
seit 2018 durch den Bau von vier grundverschiedenen<br />
Fahrzeugmodellen (Mercedes-Benz G-Klasse, BMW 5er,<br />
Jaguar I-Pace und E-Pace) in einem Werk stellen. Hinzu<br />
kommt, dass die bis zu 200 000 Fahrzeuge mit konventionellen<br />
Verbrennungsmotoren, Plug-in-Hybriden oder<br />
rein elektrischen Antriebssträngen ausgerüstet sind.<br />
Datenbrillen spielen Einbauhilfen ein oder geben bei<br />
Audits die Prüfschritte vor<br />
Doch das Konzept ist noch nicht durchgehend ausgerollt.<br />
Beispielsweise wird die Nutzung der virtuellen<br />
Welt in der Produktion zunehmen – entweder als Augmented,<br />
Virtual oder Mixed Reality. So erforscht man<br />
bereits den Einsatz von mobilen Datenbrillen. Sie können<br />
etwa in der Entwicklung für dreidimensionale virtuelle<br />
Ansichten genutzt werden, den Werkern Einbauhilfen<br />
oder montagespezifische Informationen einspielen<br />
oder bei Audits die einzelnen Prüfschritte vorgeben.<br />
In weiterer Zukunft sieht der Hersteller seine Produktion<br />
nicht nur mit fahrerlosen Materialtransportsystemen,<br />
sondern auch mobilen Maschinen und Transporteinheiten<br />
für die Fahrzeuge ausgestattet. Dann wäre<br />
eine agile Fertigung möglich – mit flexibler Linienführung,<br />
voll vernetzt und digitalisiert. •<br />
Hartmut Hammer<br />
Journalist in Leutenbach<br />
Automatisierte und digitalisierte Produktionsanlagen bedeuten einen<br />
entscheidenden Schritt hin zur agilen Fertigung.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 21
news & management<br />
Neue Technologien wie<br />
Künstliche Intelligenz<br />
sowie Virtual und Augmented<br />
Reality bieten<br />
Marketern bisher ungeahnte<br />
Möglichkeiten und<br />
Potenziale für neue Strategien.<br />
Bild: Tierney/<br />
Fotolia<br />
bvik-Experten informieren über B2B-Marketing der Zukunft<br />
Superheld des<br />
digitalen Wandels<br />
Digitalisierung | Durch die digitale Transformation<br />
verschwimmen die Grenzen zwischen digitaler und<br />
physischer Welt zunehmend. Für Marketingentscheider<br />
gilt es, das Spannungsfeld zwischen Mensch und<br />
Maschine zu beherrschen und neue Technologien für<br />
erfolgreiches Marketing zu nutzen.<br />
Wer angesichts der fortschreitenden digitalen<br />
Transformation den Anschluss nicht verpassen<br />
will, der darf sich diesem Veränderungsprozess<br />
nicht verschließen, sondern<br />
muss bereit sein, sich darauf einzulassen. Es<br />
fordert Mut, neue Technologien einzusetzen,<br />
doch nur so können Unternehmen<br />
nachhaltig und langfristig erfolgreich sein.<br />
Durch die Weiterentwicklung von<br />
„Künstlicher Intelligenz“ (KI) und Technologien<br />
wie Augmented oder Virtual Reality<br />
(AR und VR) und auf der Basis intelligenter<br />
Informationsverarbeitung entstehen völlig<br />
neue faszinierende Produkte und Geschäftsmodelle.<br />
Beim diesjährigen Tag der Industriekommunikation<br />
(#TIK2018) am 21.<br />
Juni im Veranstaltungsforum Fürstenfeld in<br />
Fürstenfeldbruck erfahren Marketingentscheider,<br />
wie es ihnen gelingen kann, einerseits<br />
die Potenziale der neuen Technologien<br />
zu nutzen und andererseits die persönliche<br />
Komponente in der Kundenkommunikation<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Einer, der weiß, wie die neuen Technologien<br />
den B2B-Bereich – besonders die Beziehung<br />
zwischen Unternehmen und Kunden –<br />
verändern, ist Marketing-Visionär Dietmar<br />
Dahmen. In seiner Keynote beim TIK 2018<br />
wird er zeigen, wie es Marketern gelingt, die<br />
digitale Transformation zu nutzen und zu<br />
Superhelden des Wandels zu werden.<br />
„Hyperindividualisierte“ Kommunikation<br />
als Chance<br />
Nach Dahmens Meinung bieten „Künstliche<br />
Intelligenz“ und automatisierte Prozesse<br />
eine große Chance für Marketer in ihrer Beziehung<br />
zum Kunden: „KI ermöglicht eine<br />
kundenindividualisierte Ansprache. Statt<br />
‚speak with one voice‘ heißt es für Unternehmen<br />
zukünftig ‚speak with one million<br />
voices‘, da jeder Kunde seinen maßgeschneiderten<br />
Newsletter sowie individuelle Werbung<br />
erhält.“<br />
Während sich Kunden früher an Unternehmen<br />
anpassen mussten, passen sich heute<br />
Unternehmen durch individuelle Kommunikation<br />
über unterschiedliche Kanäle und<br />
Devices an den Kunden an. Für Dahmen<br />
liegen die Vorteile dieser „hyperindividua-<br />
lisierten Kommunikation“ auf der Hand, da<br />
22 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Unternehmen diese gezielt steuern und die<br />
Relevanz beim Empfänger erhöhen können.<br />
„An jeder Stelle der Customer Journey kann<br />
der Absender für den Adressaten spezifische<br />
und relevante Messages liefern. Dadurch<br />
werden Abläufe einfacher, schneller, mehr<br />
connected und individueller.“<br />
Tag der<br />
Industriekommunikation 2018<br />
”<br />
Unter dem Motto „B2B-Marketing der Zukunft: virtuell – künstlich<br />
– menschlich“ findet am 21. Juni 2018 im Veranstaltungsforum<br />
Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck (bei München) der Tag der Industriekommunikation<br />
statt. Beim großen B2B-Marketing-Event des<br />
Bundesverband Industrie Kommunikation e. V. (bvik) geben sich<br />
hochkarätige Keynote-Speaker, Trendforscher, Wissenschaftler und<br />
Fachleute aus der Praxis die Klinke in die Hand und erklären, welche<br />
Trends B2B-Marketer in Zukunft nicht verpassen dürfen.<br />
Informationen und Anmeldung unter www.bvik.org.<br />
Emotionale Markenerlebnisse<br />
durch VR & AR<br />
Neben Automatisierung und Individualisierung<br />
sind auch Visualisierung und Emotionalisierung<br />
entscheidende Faktoren für<br />
einen erfolgreichen Umgang mit dem digitalen<br />
Wandel. So ermöglichen VR- und AR-<br />
Anwendungen durch visuelle Effekte ein<br />
starkes emotionales Markenerlebnis.<br />
B2B-Unternehmen sollten sich diese immersive<br />
Wirkung auf Messen, bei Events sowie<br />
in Showrooms oder via einer eigenen App<br />
zunutze machen.<br />
„Emotionen spielen im Kontext von VR<br />
und AR eine wichtige Rolle, da diese zielgerichtet<br />
eingesetzt werden können. Wenn der<br />
Nutzer beispielsweise durch eine VR-Brille<br />
auf einmal die ‚Superkräfte‘ eines Röntgenblicks<br />
erhält, werden positive Emotionen<br />
ausgelöst, wodurch Erklärungen der Funktionalitäten<br />
einprägsamer werden“, erklärt<br />
Alissia Quaintance, Co-Founder & Digital<br />
Innovation Strategist von IQ Gemini. Sie<br />
wird beim TIK 2018 erklären, wie VR und<br />
AR nützlich und wertschöpfend in Unternehmen<br />
eingesetzt werden können: „Eine<br />
gute VR- oder AR-Anwendung überlädt den<br />
Nutzer nicht mit Informationen, Text und<br />
Sprachbefehlen, sondern sie ist so strukturiert,<br />
dass der Nutzer in eine Anwendung<br />
geführt wird, die ihm dabei helfen kann,<br />
Themen zu verstehen, die er sich sonst nur<br />
vorstellen könnte.“ Ihrer Meinung nach<br />
bietet sich dadurch für Unternehmen und<br />
speziell für Marketer die Möglichkeit, den<br />
Kunden die Produkte auf eine spielerische,<br />
emotionale Art näherzubringen sowie die<br />
Funktionalitäten verständlich und anschaulich<br />
zu erläutern. Die Interaktion des Kunden<br />
mit dem Angebot des Unternehmens ist<br />
dadurch viel größer als bei allen anderen<br />
Medien und Formaten.<br />
KI ermöglicht eine kundenindividualisierte<br />
Ansprache. Statt ‚speak<br />
with one voice‘ heißt es für Unternehmen<br />
zukünftig ‚speak with<br />
one million voices‘.“<br />
Dietmar Dahmen, Marketing-Visionär<br />
Gefahr der Überforderung<br />
Quaintance warnt jedoch davor, den Menschen<br />
durch neue Technologien und Anwendungen<br />
zu überfordern: „Durch die Massen<br />
an Informationen, die wir durch Screens in<br />
unserem Alltag erleben, ergibt sich eine<br />
Überlastung unserer Sinne und Emotionen,<br />
die meiner Meinung nach in Verbindung<br />
stehen mit den ansteigenden Raten von<br />
Depressionen und Burn-outs.“ Der Überhang<br />
an Informationen und die fehlende<br />
Zeit zur Reflexion und Einordung, was<br />
diese Informationen eigentlich bedeuten,<br />
führen zu einer Schockstarre. Dies lässt sich<br />
laut der Expertin im Rahmen des digitalen<br />
Transformationsprozesses sowohl bei Individuen<br />
als auch bei Organisationen und<br />
Unternehmen erkennen. Im Fokus muss<br />
hierbei also immer der verantwortungsbewusste<br />
Umgang mit dem Kunden stehen,<br />
der durch neue Technologien nicht überfordert<br />
werden darf.<br />
Doch, wie findet man die Balance zwischen<br />
einem individuellen, emotionalen<br />
Markenerlebnis und dem verantwortungsbewussten<br />
Umgang beim Einsatz neuer<br />
Technologien? Werden sich erfolgreich<br />
geführte Unternehmen in Zukunft dadurch<br />
auszeichnen und von anderen abheben, dass<br />
sie ihre Markenidentität trotz fortschreitender<br />
Individualisierung von Produkten und<br />
Services aufrechterhalten? Gelingt es dem<br />
Marketing, diese Herausforderungen zu<br />
meistern und den Spagat zwischen Individualisierung<br />
und einheitlicher Markenidentität<br />
zu schaffen?<br />
Antworten auf diese und viele weitere<br />
spannende Fragen zur Zukunft des<br />
B2B-Marketings wollen die hochkarätigen<br />
Keynote-Speaker, Trendforscher, Wissenschaftler<br />
und Fachleute aus der Praxis beim<br />
Tag der Industriekommunikaiton, dem<br />
B2B-Marketing-Event des Bundesverband<br />
Industrie Kommunikation e. V. (bvik), klären.<br />
Unter dem Motto „B2B-Marketing der<br />
Zukunft: virtuell – künstlich – menschlich“<br />
zeigen sie auf, welche Trends B2B-Marketer<br />
in Zukunft nicht verpassen dürfen. •<br />
Dominik Schubert<br />
PR-Referent beim bvik<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 23
Empfehlungen für mehr Cybersicherheit<br />
Daten vor Schaden<br />
bewahren<br />
Cybersicherheit | Das Risiko, Cyberangriffen ausgesetzt<br />
zu sein, steigt täglich. Um dem entgegen zu wirken,<br />
gibt es Empfehlungen zum Schutz vor Cyberangriffen<br />
und Prognosen zu künftigen Bedrohungen.<br />
Angemessene Cybersicherheit ist eine der Grundvoraussetzungen<br />
für den Schutz kritischer Infrastrukturen und<br />
sensibler Daten sowie für die Aufrechterhaltung eines<br />
störungsfreien Geschäftsbetriebs. Sie ist ein wesentlicher<br />
Faktor für den Erfolg der digitalen Wirtschaft. Die Experten<br />
des Unternehmens Airbus Cyber Security haben<br />
eine Liste zusammengestellt, wie kritische Infrastrukturen<br />
und sensible Daten zu schützen sind.<br />
• Netzwerk-Zonierung: Unternehmen und Betreiber<br />
kritischer Infrastrukturen können ihr Netzwerk in Bereiche<br />
gliedern, die nicht oder nur bedingt miteinander<br />
vernetzt sind. So entstehen Überwachungspunkte,<br />
die dabei helfen, von einem Angriff betroffene Zonen<br />
schnell zu lokalisieren, und Hacker daran hindern,<br />
sich weiter horizontal im Netzwerk zu bewegen.<br />
• Authentifizierung und Zugriffskontrollen: Das Identitätsmanagement<br />
sollte auf einer Multi-Faktor-<br />
Authentifizierung basieren. Mithilfe einer Zugriffssteuerung<br />
und -kontrolle können Administratoren de-<br />
finieren, wer zu welchem Zweck auf welche Geräte<br />
und Daten zugreifen darf. Dies ermöglicht auch eine<br />
sichere Fernwartung.<br />
• Whitelisting: Betreiber kritischer Infrastrukturen und<br />
Unternehmen können Anwendungs-Whitelists auf<br />
den Servern installieren. Die applikationsspezifischen<br />
Filter sorgen dafür, dass nur solche Programme verwendet<br />
werden können, deren Ausführung explizit<br />
erlaubt ist.<br />
• Komponentenhärtung: Die Sicherheit von Netzwerkkomponenten<br />
lässt sich erhöhen, auf diesen ausschließlich<br />
Software eingesetzt wird, die dort tatsächlich<br />
benötigt wird. Es ist ratsam, alle Softwarebestandteile<br />
und Funktionen zu entfernen, die zur Erfüllung<br />
der vorgesehenen Aufgaben nicht zwingend erforderlich<br />
sind, denn sie stellen ein vermeidbares<br />
Sicherheitsrisiko dar – zum Beispiel, wenn Patches<br />
nicht sofort installiert werden.<br />
• Monitoring: Eine möglichst frühe Angriffserkennung<br />
ist entscheidend. Betreiber kritischer Strukturen können<br />
dafür Monitoringsysteme einsetzen, die kritische<br />
Netzwerksegmente kontinuierlich überwachen. Internen<br />
Servern sollte man keinen direkten Zugang zum<br />
Internet (zum Beispiel durch Verwendung eines<br />
Proxy-Servers in der Demilitarisierten Zone, kurz:<br />
DMZ) gewähren.<br />
24 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
news & management<br />
Die Schäden von Cyberangriffen sind nur zum Teil<br />
direkt quantifizierbar. Daneben stehen Reputationsund<br />
Imageschäden und entgangene Chancen.<br />
Bilder: Airbus Cybersecurity<br />
• Notfallplan: In einem Notfallplan sollten Verantwortlichkeiten,<br />
Berichtslinien und Eskalationspfade eindeutig<br />
festgelegt werden, um gerüstet zu sein, falls es<br />
zu einem Angriff kommen sollte. Wenn keine personellen<br />
Ressourcen für ein internes Notfallteam vorhanden<br />
sind, können Unternehmen auf die Unterstützung<br />
externer Anbieter zurückgreifen.<br />
Die Schäden von Cyberangriffen sind nur zum Teil<br />
direkt quantifizierbar. Daneben stehen Reputationsund<br />
Imageschäden und entgangene Chancen. Wovor<br />
soll man sich nun schützen? Die Erfahrung und die Analyse<br />
der bisherigen Angriffe hat gelehrt: In naher Zukunft<br />
werden die Bedrohungen über Social-Media- und<br />
Drahtlos-Netzwerke besonders akut werden. Die Forscher<br />
des Cyber-Sicherheitsspezialisten haben ebenfalls<br />
eine Liste der wichtigsten Technologieprognosen für<br />
den Cybersicherheitsmarkt erstellt. Die Übersicht basiert<br />
auf Trends, die 2017 in den Security Operations<br />
Centers (SOCs) des Unternehmens in Deutschland,<br />
Frankreich und Großbritannien ermittelt wurden.<br />
• Prognose 1: Fehlende Social-Media-Sicherheitsricht -<br />
linien werden zum ernsthaften Risiko für Unternehmen.<br />
2017 war eine regelmäßige Nutzung der Social-<br />
Media-Plattformen für die Verbreitung gefälschter<br />
Nachrichten oder die Manipulation der öffentlichen<br />
Meinung zu beobachten. Soziale Medien lassen sich<br />
zur Manipulierung von Personen („Social Engineering“)<br />
und für das Ausspionieren von Informationen<br />
nutzen und sind damit ein Einfallstor für diverse<br />
hochentwickelte Angriffe auf Unternehmen. Kriminelle<br />
und Hacker nutzen diese Plattformen bekanntermaßen<br />
für betrügerische Antiviren- und Phishing-<br />
Kampagnen oder die Verbreitung von Malware zum<br />
Schaden ihrer Opfer.<br />
• Prognose 2: Angriffe auf Drahtlos-Netzwerke werden<br />
dramatisch zunehmen. Die Zahl der Angriffe auf<br />
Drahtlos-Netzwerke wird ansteigen, da Angreifer versuchen,<br />
die im Oktober 2017 öffentlich gemachte<br />
Krack-Sicherheitslücke (Key Reinstallation Attack)<br />
auszunutzen. Diese Lücke ermöglicht es Angreifern,<br />
den Wifi-Datenverkehr zwischen Geräten und einem<br />
Wifi-Router abzufangen, auszulesen und schlimmstenfalls<br />
sogar schädliche Daten in Websites einzubringen.<br />
Angreifer könnten über die betroffenen Geräte<br />
möglicherweise auch vertrauliche Informationen abrufen,<br />
wie beispielsweise Kreditkartendetails, Passwörter,<br />
Chat-Nachrichten oder E-Mails.<br />
• Prognose 3: Verschlüsselung wird Strafverfolgungsorgane<br />
weiterhin vor Herausforderungen stellen. Bedenken<br />
hinsichtlich des Datenschutzes, die verstärkte<br />
Sensible Daten und kritische<br />
Infrastrukturen können mit<br />
verschiedenen Maßnahmen,<br />
wie zum Beispiel Netzwerk-<br />
Zonierung, vor Cyberan -<br />
griffen geschützt werden.<br />
Nutzung von Cloud-Computing, die zunehmende<br />
Zahl von Datenschutzverletzungen und die Einführung<br />
einer Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)<br />
werden dazu beitragen, dass Unternehmen künftig die<br />
End-to-End-Verschlüsselung (E2EE) als effektivste<br />
Möglichkeit der Datensicherung nutzen. Andererseits<br />
wird E2EE die Strafverfolgungsorgane vor Herausforderungen<br />
stellen, da auch Kriminelle diese Technik<br />
für Spionage und andere subversive Zwecke nutzen<br />
werden.<br />
•<br />
Marcus Pauli<br />
Security Analyst, Airbus Cybersecurity, München<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 25
interview<br />
Ökonom Friedrich Völker zum Online-Marketing technischer Produkte<br />
„Upgrade nur für eine Nacht“<br />
Die Verkaufsstrategie von technischen Produkten wird sich<br />
durch das Internet völlig verändern, erklärt der Betriebswirtschaftler<br />
Dr. Friedrich Völker, Lehrbeauftragter an der Dualen<br />
Hochschule Baden-Württemberg.<br />
Der promovierte Betriebswirtschafler<br />
Friedrich Völker hält<br />
an der DHBW eine<br />
Vorlesung über das<br />
„Internet der Dinge“.<br />
Bilder: W. Scheible<br />
Was verstehen Sie unter dem Internet of<br />
Things, Herr Völker?<br />
Es beschreibt die Vernetzung von physischen<br />
Produkten der wirklichen Welt in<br />
einer virtuellen, Internet-ähnlichen Struktur.<br />
Was das Internet der Dinge bewirkt, dokumentiert<br />
das Beispiel eines Sportschuhherstellers,<br />
der in der Sohle eines Jogging -<br />
modells Sensoren integrierte, um die Schrittabfolge<br />
zu registrieren. Die Daten konnten<br />
über das Netz ausgelesen werden. Das Ergebnis:<br />
90 Prozent der Käufer dieser Schuhe<br />
joggten nie, sondern sie gingen mit ihnen<br />
maximal in Schrittgeschwindigkeit. So fand<br />
der Hersteller heraus, dass dieses Produkt<br />
von einer völlig anderen Zielgruppe gekauft<br />
wurde, als er annahm. Seine Marketingstrategie<br />
war demnach völlig falsch.<br />
Ist das Internet der Dinge gleichzusetzen<br />
mit dem, was Experten unter Industrie 4.0<br />
verstehen?<br />
Beide Begriffe werden häufig im gleichen<br />
Zusammenhang verwendet. Doch das ist<br />
Unsinn. Bei Industrie 4.0 geht es darum, die<br />
Wertschöpfungskette eines Unternehmens<br />
weitgehend automatisiert zu steuern. Damit<br />
das klappt, braucht man das Internet of<br />
Things, das IoT, als Grundlage. Ich muss<br />
also Maschinen oder Werkstücke erst einmal<br />
vernetzen, um eine leistungsfähigere<br />
Wertschöpfungskette zu erhalten.<br />
Das Internet der Dinge bewirkt, dass Produkte<br />
anders vermarktet werden müssen<br />
als bisher. Das hat sich in vielen deutschen<br />
Unternehmen noch nicht herumgesprochen.<br />
Unser Maschinenbau entwickelt Produkte<br />
nach dem Wasserfallmodell: Jemand hat<br />
26 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
eine Produktvision, darauf folgen erste Kundengespräche,<br />
und daraus resultieren die<br />
Design- und die Prototypenphase. Also immer<br />
topdown. Bis das Produkt marktreif ist,<br />
dauert es meist Jahre – mit dem Nachteil,<br />
dass man Erfahrung mit der Marktdurchdringung<br />
erst am Schluss des Zyklus macht.<br />
Mit dem Internet der Dinge kann man<br />
das ändern – über den Minimum-Viable-<br />
Product-Ansatz, der nach dem minimalst<br />
marktfähigen Produkt sucht.<br />
Das müssen Sie erklären.<br />
Solche Produkte können nur ganz wenig,<br />
sind aber vernetzt. So sammelt der Hersteller<br />
bei schnell herausgebrachten, im traditionellen<br />
Sinn eher unfertigen Produkten<br />
sofort Markterfahrungen. Und über die<br />
Vernetzung liefert der Hersteller per Software-Update<br />
neue und bessere Funktionen<br />
nach.<br />
Funktioniert das ähnlich wie beim iPhone?<br />
Genau. Als das iPhone auf den Markt kam,<br />
war es mit weitreichender Sensorik bestückt,<br />
für die es damals kaum Anwendungen<br />
gab. Nach und nach änderte sich das<br />
mit Updates oder Apps. Die Installation<br />
neuer Software orientiert sich am Hardwarefundus<br />
des Geräts, den unterschied -<br />
liche Anbieter unterschiedlich interpretieren.<br />
Bei modernen Autos zeichnet sich Ähnliches<br />
ab: Sie haben mehr Hardware an<br />
Bord, als die Nutzer bezahlen. Hätten sie<br />
dann gerne – etwa für eine längere Nachtfahrt<br />
– ein umfassendes Assistenzpaket,<br />
können sie nur für diese Fahrt upgraden.<br />
Auch die Motorenleistung lässt sich auf diese<br />
Weise individuell anpassen.<br />
Vita Friedrich Völker<br />
Völker, Jahrgang 1985, promovierte an der Universität Stuttgart am<br />
Lehrstuhl für Finanzwissenschaften über Strategien in Familienunternehmen.<br />
Danach begann er bei einem Maschinenbau-Unternehmen<br />
im Raum Stuttgart als Assistent des Vorstands und registrierte,<br />
dass das Internet der Dinge ein Zukunftsthema wird. Seit 2015 ist<br />
er verantwortlich für digitale Produkte. Friedrich Völker hält an der<br />
Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) im Studiengang<br />
„Wirtschaft – Dienstleistungsmanagement – Medien und Kommunikation“<br />
eine Vorlesung über das „Internet of Things“.<br />
Das Internet<br />
der Dinge<br />
bewirkt, dass<br />
Produkte<br />
anders vermarktet<br />
werden müssen<br />
als bisher.<br />
Das hat sich<br />
vielfach noch<br />
nicht herum -<br />
gesprochen.“<br />
Das geht aber bloß, wenn der Motor eine<br />
eingebaute Leistungsreserve – sprich: mehr<br />
Kilowatt – mit sich führt. Das verteuert den<br />
Preis.<br />
Das müssen Sie anders betrachten. Eine Riesenherausforderung<br />
heute ist die Variantenvielfalt,<br />
die beim Hersteller für Kosten an<br />
verschiedensten Stellen sorgt – in der Lagerhaltung,<br />
bei der Produktion, bei der Instandhaltung.<br />
Wer nur wenige Motortypen<br />
anbietet, die über Software herauf- und<br />
heruntergeregelt werden können, produziert<br />
billiger und kann den wertigeren Motor<br />
ohne Preisanpassung einbauen.<br />
Wie verbreitet ist diese neue Denkrichtung<br />
in der mittelständischen Produktion?<br />
Selbst wenn die Erkenntnis da ist – und<br />
auch der Wille, etwas zu verändern –, ist der<br />
Fisch noch nicht geputzt, salopp gesagt.<br />
Man braucht das Know-how, man braucht<br />
Finanzmittel, die sich nicht sofort amortisieren.<br />
Es geht um neue Technologie, um neue<br />
Märkte, also um etwas Hochkomplexes. Ich<br />
denke, dass einige Marktteilnehmer da nicht<br />
mehr mitkommen und ausscheiden.<br />
Wie können sich mittelständische Unternehmen<br />
das nötige Know-how beschaffen?<br />
Zu Beginn ist es immer ratsam, sich Berater<br />
und Partner zu holen. Ein guter Weg ist:<br />
Erste Produkte gemeinsam mit erfahrenen<br />
Partnern entwickeln, eigene Mitarbeiter<br />
dadurch schulen und dann erst langsam die<br />
erforderlichen Experten fest ins Unternehmen<br />
holen.<br />
Wie wählt man die Partner aus?<br />
Das ist gar nicht so einfach, weil inzwischen<br />
viele Firmen behaupten, gute Berater zu sein<br />
– Chiphersteller, Telekommunikationsunternehmen,<br />
klassische Strategieberater. Ich<br />
glaube, dass es am besten ist, wenn man sich<br />
ein Ingenieurbüro – wie man früher gesagt<br />
hätte – ins Haus holt: einen Partner also, der<br />
als Generalunternehmer agiert, verschiedene<br />
Zulieferer koordiniert und auch strategisch<br />
unterstützt. Nachgefragt ist das Konzept der<br />
agilen Entwicklung – weg vom klassischen<br />
Lasten- und Pflichtenheft. Alles ist im Fluss,<br />
spezifiziert wird erst während der Entwicklung.<br />
Das ist etwas, das US-Amerikaner gut<br />
können.<br />
Wie erleben Sie die Auseinandersetzung im<br />
deutschen Maschinenbau zwischen eher<br />
traditionellen Entwicklern und denen, die<br />
über das Internet of Things an die Produkte<br />
herangehen?<br />
Wer IoT-orientiert ist, muss sich häufig<br />
gegen etablierte Prozesse stellen – man<br />
bricht gewissermaßen mit den Gesetzen<br />
eines Unternehmens. Wer IoT erfolgreich<br />
einführen möchte, muss sich von konventionellen<br />
Entwicklungsprozessen lösen und<br />
neue etablieren. Unternehmen, die diesen<br />
Weg einschlagen, gründen häufig aus dem<br />
Mutterhaus eine neue Gesellschaft aus, weil<br />
man dadurch meist schneller mit bestehenden<br />
Strukturen brechen kann. Das Problem<br />
dabei ist, Industrie 4.0 auf die bestehenden<br />
Geschäftsbereiche zurück zu übertragen.<br />
Spätestens dann brechen im Mutterhaus die<br />
Kämpfe zwischen den Abteilungen aus.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 27
interview<br />
Sie erwähnten, dass sich durch die neue<br />
Produktionsphilosophie auch die Vermarktungsstrategie<br />
ändern muss. An was denken<br />
Sie konkret?<br />
Der klassische Maschinenbauer kalkuliert<br />
etwa so: Wenn ich in eine bestehende<br />
Maschine zusätzlich Hard- und Software<br />
einbaue, erhöht das meine Herstellkosten.<br />
Wenn das beispielsweise 10 000 Euro ausmacht,<br />
kommen Preisaufschläge drauf, und<br />
die Maschine geht für 20 000 Euro mehr in<br />
den Markt. Der moderne Marktansatz sieht<br />
folgendermaßen aus: Die Maschine wird<br />
durch die Hard- und Software-Integration<br />
zwar teurer, doch das schlägt sich nicht im<br />
Abgabepreis nieder. Sondern man überlegt,<br />
durch welche Varianten sich die Mehrkosten<br />
finanzieren lassen. Mein Lieblingsbeispiel<br />
ist Facebook. Dort ist die Nutzung für<br />
Dr. Friedrich Völker ist sich sicher: „Die Vernetzung<br />
erschließt völlig neue Kunden.“<br />
den User kostenlos. Die Firma finanziert<br />
sich über Dritte – über Werbung. Zugespitzt<br />
behaupte ich: Wenn ein deutscher Maschinenbauer<br />
Facebook erfunden hätte, würde<br />
der Zugang etwas kosten, und wahrscheinlich<br />
hätte man die Software noch über eine<br />
CD-ROM verschickt. Amerikaner sind einfach<br />
besser drauf, wenn es um Finanzierungsmodelle<br />
geht.<br />
Im einen Fall handelt es sich um einen Endkundenmarkt,<br />
im anderen aber um einen<br />
B2B-Markt.<br />
Zugegeben. Aber auch im Business-to-Business-Markt<br />
gibt es bereits moderne Strategien.<br />
Rolls-Royce baut Flugzeugturbinen.<br />
Doch die werden längst nicht mehr im klassischen<br />
Sinn verkauft. Das Unternehmen<br />
stellt die Turbinen zur Verfügung, und die<br />
Fluggesellschaften bezahlen nur noch die<br />
Dienstleistung, dass die Turbinen die Flugzeuge<br />
sicher von A nach B bringen. Damit<br />
das gut funktioniert, überwacht Rolls-<br />
Royce über das Internet of Things in Echtzeit<br />
alle wesentlichen Turbinendaten. Sobald<br />
sich eine Unregelmäßigkeit zeigt, rückt<br />
der Reparaturtrupp ran. Rolls-Royce liefert<br />
nicht mehr nur Turbinen, sondern auch den<br />
Reparaturservice, der integraler Bestandteil<br />
des Geschäftsmodells ist. Andere Bewerber<br />
gibt es nicht, weil durch die Datenübermittlung<br />
per Internet Rolls-Royce stets näher<br />
am Problem dran ist als sonstige Service-<br />
Unternehmen. Ein Patentrezept für erfolgreiche<br />
IoT-Geschäftsmodelle gibt es allerdings<br />
nicht.<br />
Was müssen Unternehmen ändern?<br />
Die Universität St. Gallen hat das in einer<br />
Studie akribisch weltweit untersucht. Das<br />
wichtigste Ergebnis: Die Ubers, Googles,<br />
Amazons und Ali Babas dieser Welt sind<br />
nicht durch Produkt- oder Prozessinno -<br />
vation erfolgreich geworden, sondern<br />
durch Innovation bei den Geschäftsmo -<br />
dellen: Sie vermarkten clever! Und: Auf<br />
die Beine gestellt haben sie ihre Geschäfts -<br />
modelle nicht durch einen völlig neuen<br />
Ansatz, sondern durch eine Rekombination<br />
existierender Muster. Laut der Universität<br />
St. Gallen gibt es grundsätzlich nur 55<br />
Muster möglicher Geschäftsmodelle. Wer<br />
diese im Hinblick auf seine Produktion<br />
prüft, hat eine gute Chance, strukturierter<br />
vorzugehen und dadurch erfolgreicher zu<br />
sein.<br />
Können wir das Ganze einmal pragmatisch<br />
durchgehen – etwa am Beispiel eines Gabelstaplerherstellers?<br />
Als Hersteller von Gabelstaplern weiß ich,<br />
dass damit häufig Arbeitsunfälle passieren –<br />
etwa durch Zusammenstöße. Ein Kundenbedürfnis<br />
ist also Sicherheit. Nehmen wir<br />
einmal an, dass die meisten Unfälle an Kreuzungspunkten<br />
in der Lagerhalle zustande<br />
kommen. Wenn man in Echtzeit über Sensorik<br />
erkennen würde, wo sich die Gabelstapler<br />
gerade bewegen, könnte man ihre Geschwindigkeit<br />
bei einer gefahrenkritischen<br />
Einfahrt in eine Kreuzung automatisch reduzieren<br />
– egal was der Fahrer macht. Die<br />
integrierte Sicherheitssystematik wäre dann<br />
ein Kundennutzen. Ein intelligentes Geschäftsmodell<br />
wäre, dass der Kunde die<br />
neue Sicherheitseinrichtung für eine Reihe<br />
automatischer Bremsvorgänge ohne Aufpreis<br />
erhält. Er kann über einen bestimmten<br />
Zeitraum dann selbst beobachten, wie sich<br />
die Unfallrate entwickelt. Wenn er zu der<br />
Überzeugung gelangt, dass sie nachweislich<br />
kleiner geworden ist, wird er für die automatisierten<br />
Bremsvorgänge künftig gewiss<br />
gerne einen Servicebetrag bezahlen, weil seine<br />
Lagerhaltung dadurch unfallfreier ist.<br />
Und wie profitiert der Hersteller selbst?<br />
Und wenn die Gabelstapler einmal vernetzt<br />
sind, bietet sich eine Reihe weiterer Optimierungen<br />
an. Durch die vernetzte Sensorik<br />
weiß der Hersteller nun exakt, wie lange<br />
und in welchen Frequenzen die Gabelstapler<br />
eingesetzt werden. So kann er die Batterie<br />
optimieren, vielleicht sogar leichter wählen.<br />
Damit nicht genug: Durch die Vernetzung<br />
bekommt der Gabelstaplerhersteller Daten<br />
über die Lagerhaltung. Die kann er anonymisiert<br />
auswerten und Unternehmen anbieten,<br />
die bisher noch nicht mit ihm zusammengearbeitet<br />
haben – etwa Lageroptimierern.<br />
Dadurch hätte er ganz nebenbei ein<br />
neues Kundenpotenzial erschlossen. Mit<br />
herkömmlich agierenden Vertriebsmitarbeitern<br />
ist das allerdings nicht zu machen.<br />
Dazu braucht es Leute, die den Kunden herausfordern.<br />
In den USA sagt man dazu<br />
„challenger sales approach“. •<br />
Wolfgang Hess<br />
Redaktionsdirektor Sonderprojekte der<br />
Konradin Mediengruppe<br />
28 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Wer sich bereits intensiv<br />
mit Industrie 4.0 be -<br />
schäftigt, ist im Vorteil,<br />
wenn die Konjunktur<br />
nicht mehr auf Hoch -<br />
touren läuft.<br />
Bild: PTW/TU Darmstadt<br />
Industrie 4.0 im produzierenden Gewerbe<br />
Als Ganzes längst<br />
nicht umgesetzt<br />
Digitalisierung | Für die WGP ist Industrie 4.0 noch<br />
lange nicht umgesetzt. Die Produktionstechnikprofessoren<br />
mahnen wichtige Schritte an, um die Fertigung<br />
in Deutschland zukunftsfähig zu halten.<br />
Es sollte ein Weckruf an Politik und Wirtschaft sein: das<br />
vor zwei Jahren veröffentlichte „Standpunktpapier<br />
I ndustrie 4.0“ der Wissenschaftlichen Gesellschaft<br />
Produktionstechnik (WGP), die führende deutsche Professoren<br />
dieses Fachgebiets vereint. Zwar habe sich bis<br />
heute einiges getan, zieht WGP-Präsident Prof. Dr.<br />
Berend Denkena ein erstes Fazit. Doch immer noch<br />
würden wichtige Schritte fehlen, um die Produktion in<br />
Deutschland zukunftsfähig zu halten. Mittlerweile hätten<br />
sich die meisten Unternehmen des produzierenden<br />
Gewerbes mit der Digitalisierung auseinandergesetzt,<br />
meistens würden jedoch nur einzelne Projekte in Angriff<br />
genommen.<br />
„Die digitale Transformation als Ganzes ist längst<br />
noch nicht umgesetzt. Das liegt daran, dass die alten<br />
Geschäftsmodelle, die seit vielen Jahren funktionieren,<br />
jetzt in der Sonderkonjunktur weiter sehr gut laufen“,<br />
schätzt Prof. Thomas Bauernhansl die Lage ein. „Ist diese<br />
Phase aber vorbei, werden diejenigen einen Wettbewerbsvorteil<br />
haben, die sich intensiv mit Industrie 4.0<br />
beschäftigt haben“, so der Leiter des Stuttgarter Uni-<br />
Instituts IFF und des Fraunhofer IPA.<br />
Dass die Politik das Thema Digitalisierung massiv<br />
aufgegriffen hat – darin sind sich die Autoren des<br />
Standpunktpapiers einig. Die von der WGP-geforderten<br />
Living Labs gibt es demnach noch immer nicht. Die Idee<br />
war, ganze Fabriken als eine Art reales Labor aufzubauen,<br />
um zu verstehen, wie Industrie 4.0 in der Praxis<br />
funktioniert. „Es hat sich aber eine sehr gute Projektlandschaft<br />
entwickelt und bundesweit sind Zentren entstanden,<br />
die Unternehmen bei der Umsetzung von Industrie-4.0-Projekten<br />
unterstützen“, sagt Prof. Gunther<br />
Reinhart, Institutsleiter des Münchener IWB. So sind in<br />
den letzten zwei Jahren bundesweit 22 öffentlich geförderte<br />
Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren entstanden.<br />
Dennoch soll es an grundlegenden Ecken haken. So<br />
fehlt es an Infrastruktur und Standards. Vor allem in<br />
ländlichen Gebieten hinkt Deutschland bei Mobilfunk<br />
und Internet weit hinterher. „Wir sollten Pilotregionen<br />
schaffen, wo man Dinge auf höchstem technischem<br />
Niveau ausprobieren kann“, regt Bauernhansl an. Benötigt<br />
würden förderliche gesetzliche Rahmenbedingungen,<br />
etwa beim Datenschutz.<br />
Die WGP-Autoren warnen zudem davor, dass „wir<br />
in der Entwicklung von Zukunftstechnologien wie dem<br />
maschinellen Lernen in starker Konkurrenz zu Google<br />
und Co. stehen“, sagt Prof. Jörg Krüger, Institutsleiter<br />
des Berliner IWF. „Das heißt, wir benötigen auch aus<br />
diesem Grund jetzt dringend einen weiteren Schub und<br />
Unterstützung seitens der Politik, um unsere Stärken in<br />
der praxisorientierten Umsetzung von Industrie 4.0 mit<br />
neuen Technologien weiter ausbauen zu können.“ Denn<br />
„die Hochtechnologien finden nur schwer den Weg in<br />
den Mittelstand“, moniert Krüger. Auch wären neue<br />
Aus- und Weiterbildungskonzepte dringend notwendig,<br />
um die rasant fortschreitende Entwicklung in den<br />
I+K-Technologien in der Lehre abzubilden. (dk) •<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 29
industrie 4.0<br />
Der Weg zur Smart<br />
Factory ist ein kontinuierlicher<br />
Prozess und kein<br />
abgeschlossenes Projekt.<br />
Bild: Olivier Le Moal/Fotolia<br />
Industrie 4.0: Einstiegsszenarien für den Mittelstand<br />
Zurück für die<br />
Zukunft<br />
Digitalisierung | Industrie 4.0 ist eine Chance für den<br />
Standort Deutschland. Inzwischen haben deutsche<br />
Unternehmen wieder Rückverlagerungen aus dem<br />
Ausland vorgenommen, weil eine digitalisierte Produktion<br />
die Effizienz so steigert, dass auch im Inland<br />
wieder wirtschaftlich gefertigt werden kann.<br />
Kompendium<br />
Industrie 4.0<br />
Seit Jahren begleiten wir Sie auf dem Weg zu<br />
Industrie 4.0 mit unserer Serie, die das Thema<br />
aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.<br />
In diesem Kompendium haben wir<br />
die interessantesten und die auf unserer<br />
Webseite „<strong>Industrieanzeiger</strong>.de“ am häufigsten<br />
angeklickten Fachartikel zusammengestellt.<br />
Die Beiträge wurden dafür auf Basis<br />
neuer Trends, Studien und Lösungen aktualisiert<br />
– mit diesem Kompendium bleiben<br />
Sie auf dem neuesten Stand der Technik in<br />
puncto Digitalisierung.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Hochschule<br />
Karlsruhe und des Fraunhofer-Instituts für System- und<br />
Innovationsforschung ISI, die vom VDI in Auftrag gegeben<br />
wurde. Demnach verlagern jährlich ungefähr 3 %<br />
der deutschen Unternehmen Produktionslinien wieder<br />
zurück ins Heimatland. Das klingt nicht nach viel, sind<br />
aber in Summe immerhin über 500. Dabei verlagern in<br />
der Digitalisierung schon fortgeschrittene Betriebe<br />
zehnmal häufiger Teile ihrer Produktion wieder an den<br />
deutschen Standort zurück als Betriebe, die nach wie<br />
vor analog arbeiten.<br />
Ein Beleg dafür, dass Industrie 4.0 wirkt. Wie aber<br />
sollten sich gerade KMUs dem Thema Digitalisierung<br />
nähern? Konzepte für den Einstieg in Industrie 4.0 gibt<br />
es viele. Oft beginnen die Empfehlungen mit der umfassenden<br />
Installation von Sensoren und Aktoren in der<br />
Fertigung. Deren Vernetzung und die Speicherung der<br />
entstehenden Daten unterstützen im nächsten Schritt<br />
30 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
unternehmensweites Monitoring und in Folge produktbezogene<br />
IT-Services, die Losgröße eins unterstützen.<br />
Dieser Ansatz ist technologisch richtig, aber für mittelständische<br />
Unternehmen oft zu abstrakt.<br />
Staatliche Förderung<br />
Um hier Abhilfe zu schaffen, hat das Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Energie die Förderinitiative „Mittelstand<br />
4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“<br />
ins Leben gerufen. Sie soll gezielt Digitalisierung und Industrie<br />
4.0-Verfahren in die Unternehmen tragen, deren<br />
Wettbewerbsfähigkeit stärken und neue Geschäftsfelder<br />
erschließen.<br />
Mittlerweile beraten insgesamt 27 Kompetenzzentren<br />
in ganz Deutschland interessierte Unternehmen.<br />
Damit bietet dieses bundesweit<br />
flächendeckende Unterstützungsnetzwerk<br />
Digitalisierung<br />
zum Anfassen. Darüber hinaus<br />
forschen die Mittelstand<br />
4.0-Agenturen auch zu übergreifenden<br />
Themen wie Cloud-<br />
Computing, IT-Kommunikation,<br />
Logistik und Prozessen.<br />
Die Kompetenzzentren werden<br />
zukünftig in der Fläche praxisrelevantes<br />
Wissen zur Digitalisierung,<br />
Anwendung und Vernetzung<br />
betrieblicher Prozesse<br />
zusammenführen, weiterentwickeln<br />
und „in die Sprache des<br />
Mittelstandes übersetzen“, so<br />
die Zielsetzung des BMWi. Eine<br />
weitere Aufgabe besteht darin,<br />
mittelstandstaugliche Lösungen<br />
zu sammeln und kleine und<br />
mittlere Unternehmen zu motivieren,<br />
den Prozess der Digitalisierung im eigenen Betrieb<br />
anzugehen. Die Zentren werden von „Mittelstand<br />
4.0-Agenturen“ begleitet, die verschiedene Schwerpunktthemen<br />
bearbeiten. So gibt es eine „Cloud-Agentur“,<br />
eine für das digitale Prozess- und Ressourcenmanagement,<br />
eine Agentur für Kommunikationsprozesse,<br />
Wissensmanagement und Innovationsmanagement.<br />
Und nicht zuletzt beantwortet die Agentur „Handel“<br />
Fragen rund um B2B, Produktionsverbindungshandel<br />
und der eRechnung.<br />
Schritt für Schritt<br />
Die einzelnen Zentren arbeiten koordiniert, aber eigenständig<br />
in der jeweiligen Region. Das Vorgehen ähnelt<br />
sich jedoch und ist sichtbar auf den Mittelstand zugeschnitten.<br />
Das Kompetenzzentrum in NRW beispielsweise<br />
bietet aufeinander aufbauende Module. Der erste<br />
Schritt besteht in einer ausführlichen Informationsphase.<br />
Dazu gehören unter anderem eine Unternehmenssprechstunde<br />
und die Roadshow „Digital in NRW“.<br />
Danach lädt das Kompetenzzentrum zu Demonstratoren<br />
in der Region, wo bestehende Lösungen erläutert<br />
werden. Es folgt im dritten Schritt eine gezielte technologiespezifische<br />
Beratung und die Konzipierung individueller<br />
Anwendungen. Darauf baut die Qualifizierung<br />
des Unternehmens auf – und abschließend die Umsetzung<br />
des Projektes.<br />
Eine alternative Vorgehensweise bietet das Fraunhofer<br />
Institut mit dem „Industrie-4.0-CheckUp“. Einleitend<br />
meint dazu Professor Michael Schenk, Leiter des<br />
Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung<br />
IFF: „Neben der sukzessiven Entwicklung und<br />
Integration von 4.0-Technologien in die Unternehmenswelt<br />
müssen wir auch lernen, an welcher Stelle ihr Ein-<br />
Die Vernetzung von Sensoren, Aktoren und Steuerungen vor Ort.<br />
Bild: Schnaithmann<br />
satz tatsächlich wertschöpfend ist und wo vielleicht<br />
nicht. Die Digitalisierung der Produktions- und Logistikwelt<br />
ist die Zukunft. Aber der Beratungsbedarf der<br />
Unternehmen ist enorm. Denn es gibt keine 4.0-Lösungen<br />
von der Stange, sondern stets individuelle Lösungen.<br />
Am Ende steht das Ziel einer möglichst prozessübergreifenden<br />
Digitalisierung und Vernetzung, die<br />
auch die Unternehmenspartner mit einbezieht.“<br />
Das strukturierte Konzept des Fraunhofer Instituts<br />
beginnt mit Vor-Ort-Begehungen und persönlichen Interviews.<br />
Auf dieser Basis erstellen die Berater eine Potenzialanalyse<br />
zur Einführung und Umsetzung von Industrie<br />
4.0-Technologien. Sie beinhaltet zum Beispiel eine<br />
Unternehmenseinstufung hinsichtlich des Reifegrads<br />
für Industrie 4.0, einen Maßnahmenkatalog zur kon-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 31
industrie 4.0<br />
kreten Anwendung inklusive Erfolgsprognosen. Dazu<br />
kommen eine Kosten-Nutzen-Abschätzung sowie Entscheidungshilfen<br />
für geplante Investitionsvorhaben.<br />
Status und Perspektiven<br />
Die aktuelle Bitkom-Studie „Industrie 4.0“ gibt Auskunft<br />
über den tatsächlichen Stand der industriellen<br />
und mittelständischen Umsetzungen von Industrie<br />
4.0-Konzepten. Demnach verfügt der Maschinenbau-<br />
Sektor mit Abstand über die meisten Anwendungsfälle<br />
(circa 30 %), gefolgt von der DV-/Elektronik-/Optik-<br />
187 aus Deutschland. Demnach legen die deutschen Familienunternehmer<br />
ihr größtes Augenmerk auf Data &<br />
Analytics (63 %) sowie vernetzte Lieferketten (41 %).<br />
Themen wie Robotics, Künstliche Intelligenz oder Virtual<br />
Reality fehlen in den Aufzählungen und sind damit<br />
in ihrer Bedeutung bei den Unternehmen noch nicht angekommen.<br />
Dabei birgt gerade das Thema Robotics im<br />
Rahme der Prozessautomatisierung große Kosteneinsparpotenziale.<br />
Als Hemmschuh für die Einführung von Industrie<br />
4.0-Konzepten sehen Mittelständler vor allem mangelndes<br />
Know-how als größte Bremse (33 %), gefolgt von<br />
fehlender Veränderungsbereitschaft (30 %). 12 % der<br />
Befragten sehen keinen konkreten Bedarf für digitale<br />
Transformation.<br />
Arbeitnehmer sehen Veränderungen<br />
Und wie sehen das die betroffenen Arbeitnehmer? Darüber<br />
gibt eine Umfrage der IAS-Gruppe mit dem Titel<br />
„Die deutsche Wirtschaft und die Digitalisierung“ Auskunft.<br />
IAS befragte im Ende 2016 insgesamt 280 Personen<br />
und wollte wissen: „Wie schätzen Führungskräfte<br />
und Mitarbeiter die Entwicklung und die Auswirkungen<br />
der Digitalisierung im Mittelstand ein?“ 92 % der<br />
Befragten glaubten, dass die Digitalisierung starken Einfluss<br />
auf ihren Betrieb nehmen wird. 87 % merken dies<br />
bereits an ihrem eigenen Arbeitsplatz und fast alle<br />
(96 %) rechnen in den nächsten zehn Jahren mit spürbaren<br />
Konsequenzen. Als Änderungen erwarten jeweils<br />
gut 60 % der Befragten, dass neue Berufsbilder entstehen<br />
werden, neue Organisationsformen Einzug halten<br />
werden und dass sich traditionelle Arbeitsorte und<br />
-zeiten auflösen werden. (mg)<br />
•<br />
Mit 30 % aller Anwendungsfälle ist der Ma schinenbau Vorreiter<br />
in puncto Industrie 4.0. Bild: Gorodenkoff/ Fotolia<br />
Branche (rund 18 %), Fahrzeugbau und Zulieferern<br />
(etwa 16 %) sowie der Bereich Metallerzeugung und<br />
-bearbeitung (circa 11 %). Gefragt sind dabei zuerst<br />
einmal Automatisierungslösungen, gefolgt von Lösungen<br />
zur Steigerung der Energieeffizienz. Erst mit weitem<br />
Abstand folgen Value-based Services für Produkte und<br />
Werke, dazu zählen auch Predictive Maintenance-Konzepte.<br />
Die Schlussfolgerung des Branchenverbandes:<br />
maschinennahe Branchen sind aktiver als servicenahe.<br />
Industrie 4.0 ist Familiensache<br />
Den Stand der Industrie 4.0-Dinge in Familienunternehmen<br />
ist ein Kernthema des „6. European Family Business<br />
Barometers“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
KPMG. An der Umfrage beteiligten sich Mitte 2017 europaweit<br />
mehr als 1000 Familienunternehmen, davon<br />
Weitere<br />
Informationen<br />
Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Energie<br />
Scharnhorststraße 34–37<br />
D-10115 Berlin<br />
info@bmwi.bund.de<br />
Tel. 030/18615–0<br />
Fraunhofer-Institut IFF Magdeburg<br />
Sandtorstraße 22<br />
39106 Magdeburg<br />
ideen@iff.fraunhofer.de<br />
Tel. 0391 4090–0<br />
32 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Die Bedeutung von Cloud Computing für Industrie-4.0-Konzepte<br />
Grenzenlose Freiheit<br />
in der Wolke<br />
IT-Architektur | Cloud oder Inhouse? Security as a<br />
service oder eigene Spezialisten? Evolution oder Re -<br />
volution? Mit Industrie 4.0 entsteht eine zunehmend<br />
hybride Datenlandschaft, die neue Fragen aufwirft –<br />
nicht zuletzt auch Sicherheitsfragen.<br />
2017 war das Jahr der Hackerangriffe. Die<br />
Gesamtzahl dieser Attacken stieg im Jahresvergleich<br />
um 69 %. Damit erhebt sich die<br />
Frage nach der Datensicherheit auch und<br />
gerade im industriellen Umfeld. Denn für<br />
produzierende Unternehmen gewinnen<br />
Cloud-basierte Angebote zunehmend an Bedeutung.<br />
SAP und andere Serviceprovider<br />
setzen vermehrt auf diese Entwicklung und<br />
bieten Private Clouds an, die nur dem jeweiligen<br />
Vertragspartner zugänglich sind. In<br />
diesem Fall basiert das Datennetz auf einem<br />
unternehmens- beziehungsweise organisations-internen<br />
Intranet. Das Angebot reicht<br />
vom reinen Speicherplatz über mehr Rechenleistung<br />
bis hin zu Büro-Software und<br />
ERP-Anwendungen.<br />
Bei manchen Cloud-Anbietern sind die<br />
ERP-Suites schon branchenspezifisch vorkonfiguriert<br />
(zum Beispiel mit einem produktionstechnischen<br />
oder serviceorientierten<br />
Schwerpunkt). Allerdings haben sich in<br />
vielen Betrieben im Laufe der Jahre individuelle<br />
Geschäftsprozesse etabliert, die nicht<br />
in diesen Rahmen passen. Eine Weiterentwicklung<br />
in Richtung Cloud-basiertes Datenmodell<br />
ist dann weder sinnvoll noch<br />
Die Cloud verbindet nicht nur Rechner,<br />
sondern auch Anwendungen über Unternehmensgrenzen<br />
hinweg. Bild: sdecoret/<br />
Fotolia<br />
wirtschaftlich. Diese Prozesse werden sich<br />
im Zuge der Digitalisierung aber ohnehin<br />
wandeln müssen, um eine unternehmensübergreifende<br />
Wertschöpfungskette zu ermöglichen.<br />
Die Einführung einer standar -<br />
disierten Software-as-a-Service-Applikation<br />
(SaaS) kann dabei behilflich sein, sich an<br />
Industrie-4.0-Standards anzupassen.<br />
ERP-Anwendungen in einem SaaS-Modell<br />
bieten überzeugende Vorteile. Sie werden<br />
vom Service-Provider betrieben; Installation,<br />
Wartung und Updates laufen unbemerkt<br />
im Hintergrund. Alle relevanten Geschäftsdaten<br />
können mobil und von jedem<br />
Endgerät zeit- und ortsunabhängig genutzt<br />
werden – in Zeiten hoher Mobilität der Mitarbeiter<br />
ein entscheidender Vorteil. Anstelle<br />
der klassischen Softwarelizensierung tritt<br />
bei SaaS-Anbietern in den meisten Fällen ein<br />
modularer Abrechnungsmodus, der zu Einsparungen<br />
führen kann – denn nicht selten<br />
wird bei konventionellen Software-Paketen<br />
nur ein Teil genutzt, aber alles bezahlt. Dieser<br />
Kostenanteil entfällt bei einer individuellen<br />
Berechnung; ebenso der Aufwand für eine<br />
eigene IT-Infrastruktur sowie die Kosten<br />
für Räume, Wartung und Instandhaltung.<br />
Pro und contra Wolke<br />
Häufig werden gerade Sicherheitsargumente<br />
gegen eine Cloud-Lösung angeführt: Zu<br />
ungeschützt sei der Datenverkehr übers<br />
Internet zu Rechenzentren, auf die das Unternehmen<br />
keinen Einfluss hat. Doch meist<br />
ist genau das Gegenteil der Fall. Denn wel-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 33
industrie 4.0<br />
ches Unternehmen treibt schon den Security-Aufwand,<br />
den zertifizierte Rechenzentren<br />
bieten: redundante Strom- und Datenleitungen,<br />
Zutrittskontrollen, aufwendige Vorkehrungen<br />
für Brandschutz und Kühlung<br />
sowie Backup-Services an verteilten Standorten.<br />
Ganz zu schweigen von den jeweils<br />
neuesten Firewalls und Verschlüsselungs-<br />
Technologien.<br />
Wo liegen die Hemmnisse in puncto<br />
Cloud für Mittelstand und KMUs in<br />
Deutschland? Im Rahmen der „The 2018<br />
57 % der Mitarbeiter glauben,<br />
dass Ihr Unternehmen nicht sensibel<br />
genug mit Daten umgeht.“<br />
The 2018 Global Cloud Data Security Study<br />
Global Cloud Data Security Study“ wurden<br />
weltweit über 3000 IT-Manager und Sicherheitsverantwortliche<br />
zu diesem Thema befragt.<br />
Demnach setzt bereits ein Drittel aller<br />
Unternehmen ausschließlich auf Cloud<br />
Computing; die Tendenz steigt. 79 % der<br />
Befragten gab an, dass Cloud-Anwendungen<br />
und Plattformlösungen wichtig oder<br />
sehr wichtig für den Geschäftsbetrieb sind.<br />
Die Studie erwartet, dass dieser Wert in den<br />
nächsten zwei Jahren auf 87 % steigt.<br />
Und doch setzen noch viele Unternehmen<br />
auf On-Premise-Lösungen – also auf die<br />
Datenhaltung im eigenen Haus. Neben<br />
Sicherheitsfragen zählt zu den Gründen<br />
auch die Angst vor Abhängigkeit. Wer seine<br />
Daten einem Anbieter anvertraut und<br />
Schnittstellen und Strukturen darauf ausrichtet,<br />
kann zukünftig nur noch mit großem<br />
Aufwand den Anbieter wechseln. Standards,<br />
die den Wechsel zum nächsten<br />
Dienstleister ermöglichen, sind nicht in<br />
Sicht. Dazu kommen Detailfragen, wie die<br />
gesetzlich vorgeschriebene ultimative Löschung<br />
mancher Daten; das ist in der Cloud<br />
nicht ohne weiteres möglich. Oder auch die<br />
Frage, was bei einer Insolvenz des Service-<br />
Anbieters geschieht. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit<br />
werden die entsprechenden<br />
Server dann an einen anderen Cloud-Anbieter<br />
verkauft – im Zweifelsfall inklusive aller<br />
Daten. Allerdings sind solche Schreckensszenarien<br />
noch nicht eingetreten.<br />
Was noch für die Cloud spricht ist die<br />
nahezu unbegrenzte Skalierbarkeit. Wer den<br />
Speicherplatz im Netz mietet, kann Ressourcen<br />
flexibel ausbauen. Das ist gerade im<br />
Hinblick auf die sprunghaft ansteigenden<br />
Datenmengen im Industrie-4.0-Umfeld ein<br />
wichtiger Aspekt. In der Produktion ermitteln<br />
Sensoren zunehmend im Millisekunden-Takt<br />
den aktuellen Status von Systemen<br />
Ein konsolidierter Datenstamm für alle<br />
Anwendungen und alle Devices. Bild:<br />
fotohansel/Fotolia<br />
und Objekten und erzeugen Daten, die verarbeitet<br />
und gespeichert werden müssen.<br />
Der Weg in die Cloud:<br />
1. Analyse und Konsolidierung<br />
Vor der Migration der eigenen Daten sollte<br />
eine Analyse des bestehenden Datenstammes<br />
stehen. Laut einer Schätzung der International<br />
Data Corporation (IDC) bestehen<br />
60 % der in Rechenzentren gespeicherten<br />
Informationen aus mehreren Kopien und/<br />
oder veralteten Versionen derselben Daten,<br />
die durch unterschiedliche Anwendungen<br />
erzeugt wurden. Dabei kann die disruptive<br />
Kraft von Industrie-4.0-Konzepten dabei<br />
helfen, alte Strukturen und Prozesse zu analysieren<br />
und durch effizientere zu ersetzen.<br />
34 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
2. Sicherheitsstufen und Verbindungswege<br />
festlegen<br />
Die Compliance-Vorschriften mancher<br />
Marktpartner verlangen eine geschlossene<br />
IT-Architektur. Das muss nicht das Aus für<br />
eine Cloud-Lösung bedeuten. Die Alternative:<br />
Eine Hybrid-Cloud, in welcher die sensiblen<br />
Daten in der Private Cloud sowie alle<br />
anderen Daten in einer Public Cloud liegen.<br />
in Europa tätig sind. Microsoft OneDrive<br />
for Business, Dropbox Business wie auch<br />
Box Business unterliegen beispielsweise dem<br />
US-Recht. Auf deren Servern gespeicherte<br />
personen- und unternehmensrelevante<br />
Daten sind daher nicht vor dem Zugriff<br />
von US-Behörden geschützt. Noch unsicherer<br />
gelten Provider-Standorte außerhalb<br />
Europas.<br />
Freude<br />
am Finden<br />
Rangfolge der Services<br />
Office-Anwendungen aus der Cloud<br />
43%<br />
Groupware (z. B. E-Mail, Kalender)<br />
Branchenspezifische Anwendungen<br />
35%<br />
34%<br />
Collaboration-Anwendungen<br />
Security as a Service<br />
Business Intelligence/Big Data<br />
Customer Relationship Management<br />
Enterprise Resource Planning (ERP)<br />
30%<br />
29%<br />
26%<br />
23%<br />
23%<br />
Telefonie aus der Cloud, VoIP<br />
19%<br />
0% 20% 40%<br />
Office-Lösungen und Groupware führen vor branchenspezifischen Anwendungen bei der Nutzung<br />
von SaaS-Modellen. Quelle: KPMG, Bitkom Research<br />
Über die Sicherheitsstufen hinaus sollten<br />
auch die Übertragungswege geprüft und<br />
festgelegt werden. Die verwendeten Netzstrukturen<br />
müssen jederzeit die festgelegten<br />
Geschwindigkeiten garantieren.<br />
3. Die Wahl des Providers<br />
Cloud ist nicht gleich Cloud. Die wichtigsten<br />
Unterscheidungsmerkmale bestehen<br />
zum Beispiel in den Standorten der Rechenzentren,<br />
in der Kontrolle über den Datenfluss<br />
und in Form der angebotenen Services.<br />
Der Standort ist entscheidend, weil unterschiedliche<br />
Länder verschiedene Datenschutz-Gesetze<br />
anwenden. Spätestens seit<br />
Edward Snowden ist klar, dass die großen<br />
externen Rechenzentren von Microsoft und<br />
Google nicht so sicher sind wie ver -<br />
sprochen. Zudem haben amerikanische Behörden<br />
bestätigt, dass der europäische<br />
Datenschutz nicht für US-Firmen gilt, die<br />
4. Leistungsbeschreibung<br />
In den Vertrag mit dem ausgewählten Provider<br />
gehört die Zertifizierung des Anbieters,<br />
die einen Mindeststandard für die Informationssicherheit<br />
gewährleistet – zum Beispiel<br />
nach ISO 27001. Fernwartungszugriffe dürfen<br />
zum Beispiel nur nach ausreichender<br />
Authentifizierung über verschlüsselte Kommunikationsverbindungen<br />
erfolgen. Ebenso<br />
wichtig sind die Dokumentation von<br />
Schnittstellen für das Security Monitoring<br />
und Fragen des Incident Handlings. Auch<br />
dazu müssen Verantwortlichkeiten, Eskalationsstufen<br />
und Kommunikationswege zwischen<br />
dem Unternehmen und dem Provider<br />
festgeschrieben werden. Zudem müssen Regelungen<br />
für die Beendigung der Leistungen<br />
der Public Cloud getroffen werden: Zum<br />
Beispiel, welche Daten wie zu übergeben<br />
sind und welche Daten irreversibel gelöscht<br />
werden müssen. (mg) •<br />
Die Beschaffungsplattform<br />
für C-Teile<br />
Jetzt informieren:<br />
simplesystem.com<br />
simple system GmbH & Co. KG<br />
Haberlandstraße 55<br />
D-81241 München<br />
Tel: +49 (0)8 00/ 0 00 58 35<br />
Fax: +49 (0)8 00/ 0 00 58 37<br />
info@simplesystem.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 35
industrie 4.0<br />
Durch den Einsatz von<br />
intelligenten Robotern erwartet<br />
McKinsey ab 2018<br />
eine jährliche Steigerung<br />
des Bruttoinlandsprodukts<br />
um 4 %. Bild:<br />
zapp2photo/Fotolia<br />
Entwicklungen und Trends bei der Einführung von KI-Systemen<br />
KI für KMUs<br />
Künstliche Intelligenz | Cobots, Bildverarbeitungssysteme<br />
oder Produktionsplanungstools – 2017 hat<br />
sich der Markt für industrielle KI-Anwendungen weltweit<br />
nahezu verdoppelt. Bitkom sagt ein weiteres<br />
Wachstum um 500 % bis zum Jahre 2020 voraus.<br />
Der aktuelle Entwicklungsstand von KI-basierten<br />
Anwendungen lässt sich am besten<br />
am Fortschritt beim autonomen Fahren ablesen.<br />
Dabei müssen kontinuierlich ebenso<br />
komplexe wie dynamische Vorgänge wahrgenommen,<br />
analysiert und in Handlungen<br />
umgesetzt werden. Inzwischen machen diese<br />
Systeme nicht mehr Fehler als das Vorbild<br />
Mensch. In naher Zukunft werden sie uns in<br />
puncto Sicherheit und Effizienz überlegen<br />
sein. Der Durchbruch von Künstlicher Intelligenz<br />
im Industrie-4.0-Umfeld steht indes<br />
noch aus. Zwar soll sich laut einer Prognose<br />
des Branchenverband Bitkom der Umsatz in<br />
den Bereichen KI, Cognitive Computing<br />
und Machine Learning in den nächsten drei<br />
Jahren auf 21,2 Mrd. Euro mehr als verfünffachen<br />
– aber das zeigt weniger die aktuelle<br />
Akzeptanz als vielmehr das zukünftige<br />
Potenzial, das in diesem Thema steckt.<br />
Die Berater von McKinsey rechnen in ihrer<br />
2017 veröffentlichten Studie „Smartening<br />
up with Artificial Intelligence (AI) –<br />
What’s in it for Germany and its Industrial<br />
Sector?“ vor, dass sich das Bruttoinlandsprodukt<br />
Deutschlands durch den konsequenten<br />
Einsatz von intelligenten Robotern<br />
und selbstlernenden Computern bis 2030<br />
jährlich um 4 % steigern ließe. Dies entspricht<br />
einem zusätzlichen jährlichen<br />
Wachstum von 0,25 Prozentpunkten oder<br />
insgesamt einer Summe von 160 Mrd. Euro.<br />
Für den wachsenden Einsatz Künstlicher<br />
Intelligenz im Industrie-4.0-Umfeld sprechen<br />
nicht nur wirtschaftliche, sondern<br />
auch technische Gründe: Sie können zum<br />
Beispiel als Cloud-Service angeboten werden<br />
und sind damit omnipräsent verfügbar.<br />
Gleichzeitig sinken die Investitionskosten<br />
36 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Machine Learning basiert wie menschliches<br />
Lernen auf der Analyse von Informationen.<br />
Bild Sergey/Fotolia<br />
und steigt die Anwendungsreife dank lernfähiger<br />
Algorithmen. Die aktuellen KI-Entwicklungen<br />
unterscheiden sich deutlich von<br />
den Ansätzen in der Vergangenheit. Wurde<br />
früher versucht, mit leistungsstarken Rechnern<br />
riesige Datenmengen durchzurechnen,<br />
setzen die Forscher heute primär auf selbstlernende<br />
Systeme, die in Echtzeit mit Menschen<br />
und Maschinen kommunizieren, sich<br />
dabei an frühere Interaktionen erinnern und<br />
eigenständig Schlüsse ziehen können. Dabei<br />
analysieren sie mit Hilfe von Sensoren<br />
ihr Umfeld und verarbeiten in Echtzeit Big<br />
Data aus unterschiedlichen Quellen.<br />
Mögliche Anwendungsbereiche<br />
Drei Einsatzgebiete für KI im Umfeld von<br />
Industrie 4.0 zeichnen sich ab: die Automatisierung<br />
von Vorgängen und Prozessen, die<br />
automatisierte Datenverarbeitung sowie die<br />
automatische Mustererkennung. Die Automatisierung<br />
von Routineaufgaben wird damit<br />
eine der vorrangigen Anwendungen für<br />
intelligente Programme und Maschinen. Sie<br />
ermöglicht beispielsweise eine gezielte Fehleranalyse<br />
und damit eine bisher unerreichte<br />
”<br />
Ich glaube, es gibt keinen großen<br />
Unterschied zwischen dem, was<br />
ein biologisches Gehirn erreichen<br />
kann, und dem, was ein Computer<br />
leisten kann.“<br />
Prof. Stephen Hawking, Astrophysiker<br />
Qualitätssteigerung. Dabei wurden gerade<br />
in den letzten Jahren technische Durchbrüche<br />
erreicht: Lag die Fehlerrate bei computergestützter<br />
Bilderkennung 2010 noch bei<br />
28 %, waren es 2017 deutlich unter 5 %.<br />
In der Praxis sieht das so aus: Ein Sensor,<br />
ein Antrieb oder ein Bildverarbeitungssystem<br />
lernt im Realbetrieb und optimiert auf<br />
Basis der gewonnenen Informationen die<br />
aktuellen Betriebsparameter. Diese einzelnen<br />
Daten können meist auf ähnliche Prozesse<br />
übertragen werden. Ein konkretes Beispiel<br />
dafür ist Predictive Maintenance, also<br />
die vorausschauende Wartung von Maschinen<br />
und Werkzeugen mithilfe Künstlicher<br />
Intelligenz. Hierbei werden historische Maschinendaten<br />
analysiert, um Vorhersagen<br />
über den zu erwartenden Ausfall eines Bauteiles<br />
zu treffen. Um die Funktionsfähigkeit<br />
einer Predictive-Maintenance-Lösung zu gewährleisten,<br />
arbeitet das zugehörige KI-System<br />
in einer Trainings- und in einer Anwendungsphase.<br />
Die Aufgaben beider Phasen<br />
unterscheiden sich grundlegend. Während<br />
der Trainingsphase werden typische Zusammenhänge<br />
auf Basis der bestehenden Datensätze<br />
dokumentiert. Dabei werden meist<br />
große Datenmengen, normalerweise alle<br />
verfügbaren historischen Daten, verwendet.<br />
In der Anwendungsphase steht dagegen der<br />
einzelne Datensatz im Fokus. Dieser wird<br />
auf Basis der bisherigen Erkenntnisse für<br />
Vorhersagen bewertet.<br />
Die McKinsey-Berater erwarten eine um<br />
20 % verbesserte Anlagennutzung, wenn<br />
durch KI die Wartungsarbeiten vorausschauend<br />
durchgeführt werden. Durch die<br />
gezielte Zusammenarbeit von Robotern und<br />
Mitarbeitern soll darüber hinaus die Produktivität<br />
bei einzelnen Arbeitsschritten um<br />
weitere 20 % wachsen. Bei der Qualitätssicherung<br />
durch KI – etwa durch automatische<br />
visuelle Fehlererkennung – halten die<br />
Wirtschaftsberater eine Produktionssteigerung<br />
um 50 % und eine Reduktion des Ausschusses<br />
von bis zu 30 % für realisierbar.<br />
Aber auch für ERP- und MES-Systeme<br />
sind zukünftig KI-Anwendungen denkbar.<br />
Dafür eignen sich diese bestens: Denn die<br />
Systeme arbeiten mit Regeln und sind bereits<br />
in leistungsstarke Rechenstrukturen integriert.<br />
Meist ist auch eine große Datenbasis<br />
vorhanden. Der nächste Schritt, aus diesen<br />
vorhandenen Daten zu lernen und daraus<br />
Optimierungsvorschläge abzuleiten, ist<br />
nur logisch. Auch hier wagen die McKinsey-<br />
Spezialisten eine präzise Prognose: Ihrer<br />
Einschätzung nach kann eine Optimierung<br />
der Lieferkette – beispielsweise durch exaktere<br />
Abverkaufsprognosen – zu einer Reduktion<br />
der Lagerhaltungskosten um bis zu<br />
50 % führen. In der Forschung und Entwicklung<br />
sind demnach Kostenreduktionen<br />
von 10 bis 15 % sowie 10 % schnellere<br />
Markteinführungszeiten möglich. (mg) •<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 37
industrie 4.0<br />
Der Mensch ist und bleibt<br />
das Maß aller Dinge –<br />
auch und gerade im Umfeld<br />
von Industrie 4.0.<br />
Bild: AlienCat/Fotolia<br />
Trends im Bereich Robotik und Automation<br />
Kollaborateure im<br />
Mittelstand<br />
Automation | In der Vergangenheit wurde eine Fertigungsaufgabe<br />
entweder komplett manuell ausgeführt<br />
oder von einem Roboter. Eine Zusammenarbeit war<br />
nicht möglich. Dafür sorgten schon die Sicherheits -<br />
bestimmungen. Eine neue Generation von Robotern<br />
wird das ändern.<br />
Die sogenannten Cobots (Kurzform für kollaborative<br />
Roboter) machen gemeinsame<br />
Sache mit ihren menschlichen Kollegen. Für<br />
Stefan Sagert, Robotik-Spezialist beim Verband<br />
Deutscher Maschinen- und Anlagenbau<br />
(VDMA), zeichnet sich ein Wandel ab:<br />
„Die neue Technik macht den Einsatz von<br />
Robotern flexibel und damit auch für kleinere<br />
Unternehmen interessant. Wir gehen<br />
davon aus, dass der Anteil der Mensch-<br />
Roboter-Systeme in den kommenden Jahren<br />
steil ansteigt.“<br />
Börse und Branche wittern in der Tat einen<br />
Boom. Die Marktforscher von Markets and<br />
Markets sagen für die Jahre 2017 bis 2023<br />
ein durchschnittliches Umsatzplus im Geschäft<br />
mit Cobots von 57 % jährlich voraus<br />
– ein Anstieg des Marktvolumens auf umgerechnet<br />
ungefähr 4 Mrd. Euro. „Cobots<br />
sind der am schnellsten wachsende Markt in<br />
der Robotik. Wir erschließen damit neue<br />
Welten“, bestätigt Hans-Georg Krabbe,<br />
Vorstandschef der deutschen Landesgesellschaft<br />
von ABB.<br />
Mittelständische Produktionsstrukturen<br />
sind üblicherweise durch hohe Variantenvielfalt<br />
geprägt – und damit verbunden mit<br />
häufigen Umrüstvorgängen. Der Einsatz<br />
von flexiblen Industrierobotern ist deshalb<br />
nur mit schnell umrüstbaren Werkzeugen<br />
sowie einer einfachen Roboterprogrammierung<br />
möglich. Hilfestellung kommt unter<br />
anderem vom Fraunhofer Institut. Im Rahmen<br />
des Hyropa-Projektes wurde beispielsweise<br />
der Einsatz von automatisch rekonfigurierbaren,<br />
passiven Gelenkarmen untersucht.<br />
Das Ziel: die Produktionsaufgaben in<br />
Standard-Roboterzellen zu vereinfachen.<br />
Dabei kamen vielfältige Greifer zum Einsatz,<br />
um Werkstücke mit unterschiedlicher<br />
Geometrie und Abmessungen zu halten und<br />
zu manipulieren. Damit konnte die Flexi -<br />
38 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
ilität bestehender Roboterzellen deutlich<br />
und wirtschaftlich erhöht werden.<br />
Robotics leicht gemacht<br />
Ein Viertel aller in Deutschland installierten<br />
Roboter fällt laut VDMA Robotik + Automation<br />
in den Traglastbereich bis 6,5 kg. In<br />
diese Leistungsklasse fallen viele der neuen<br />
Generation kollaborierenden Roboter<br />
(Cobots). Mit einem Gewicht von teilweise<br />
nur 10 kg können sie problemlos von einem<br />
Werker getragen und an beliebiger Stelle<br />
Der Unterschied<br />
zwischen Robot und Cobot<br />
Die Idee für Cobots (Collaborative Robots) entstand 1995 im Rahmen<br />
eines Forschungsprojekts bei General Motors. Zielsetzung<br />
waren sichere Roboter, die wortwörtlich Hand in Hand mit Menschen<br />
arbeiten können.<br />
1. Partnerschaft Mensch-Maschine<br />
Klassische Industrieroboter arbeiten nach einem festen Programm,<br />
ohne Rücksicht auf umstehende Mitarbeiter. Für die Sicherheit sorgen<br />
Zäune und Käfige. Cobots arbeiten dagegen gemeinsam mit<br />
einem Menschen. Sie assistieren bei komplexen oder gefährlichen<br />
Aufgaben, die sich nicht vollständig automatisieren lassen.<br />
2. Partnerschaftliche Rücksicht<br />
Cobots kommen dank hochentwickelter Sensoren bei der kleinsten<br />
Berührung zum Stillstand. Das macht Sicherheitsbereiche endlich<br />
überflüssig.<br />
3. Einfach lernfähig<br />
Cobots lassen sich ohne große Vorkenntnisse programmieren: Zum<br />
Beispiel indem der Arm manuell bewegt wird und der Cobot sich<br />
diese Aktion merkt. Teilweise kommen auch grafische Benutzeroberflächen<br />
zum Einsatz.<br />
montiert werden. Ihre Merkmale: klein,<br />
flexibel und einfach zu programmieren.<br />
Teilweise reicht es, den Roboterarm einmal<br />
manuell zu führen, die Bewegung wird dann<br />
automatisch einprogrammiert. Anders als<br />
bei klassischen Industrierobotern, die in<br />
abgetrennten Bereichen arbeiten, stehen<br />
Cobots in direktem Kontakt mit Arbeitern.<br />
Sensortechnik registriert die Position und<br />
alle menschlichen Bewegungen. So können<br />
Cobots assistieren, ohne ein Verletzungsrisiko<br />
dazustellen.<br />
Für Produktionslinien in mittelständischen<br />
Unternehmen ist vor allem die Flexibilität<br />
der Cobots entscheidend. Mensch-<br />
Roboter-Teams werden neben Vollautomatisierung<br />
und reiner Handarbeit zur dritten<br />
Alternative in der Fertigung. Dabei unterstützten<br />
sie einen neuen Arbeitsfluss von<br />
Mensch und Maschine: Der Cobot übernimmt<br />
beispielsweise monotone, gefährliche<br />
oder belastende Arbeiten, während der<br />
Mensch sich parallel dazu auf anspruchsvolle<br />
Montagearbeiten oder auf die Fehlerbehebung<br />
konzentriert.<br />
Die assoziativen, sensorischen<br />
und taktilen<br />
Fähigkeiten des Menschen<br />
sind und bleiben<br />
einzigartig. Bild: kasto/Fotolia<br />
Auf der sicheren Seite<br />
Um das Verletzungsrisiko zu minimieren,<br />
gelten für Cobots strenge Sicherheitsbestimmungen.<br />
Sie schreiben beispielsweise weniger<br />
verfügbare Dynamik und Kraft vor. In<br />
der Regel sind sie leichter, rundlicher und<br />
manchmal sogar gepolstert. Cobots bewegen<br />
sich langsamer als klassische Roboter.<br />
Das ist keine Einschränkung – schließlich<br />
soll er sich an die menschliche Geschwindigkeit<br />
anpassen und die liegt deutlich unter<br />
der einer Maschine. Wird ein Mensch von<br />
so einem Roboterarm getroffen, ist die Kraft<br />
der Bewegung niemals stark genug, um ihn<br />
ernsthaft zu verletzen.<br />
Für die Bewegungsauslösung existieren<br />
zwei Konzepte: Beim Prinzip der „direkten<br />
Handführung“ bewegt sich der Roboter<br />
nur, wenn er unmittelbar aktiviert wird –<br />
4. Flexible Einsatzmöglichkeiten<br />
Durch das geringe Gewicht können Cobots von nur einem Mann<br />
transportiert und an beliebigen Produktionsstellen horizontal oder<br />
vertikal montiert werden.<br />
zum Beispiel durch eine Berührung. Das verleiht<br />
dem Mitarbeiter jederzeit die vollständige<br />
Kontrolle. Bewegt sich der kollabora -<br />
tive Roboter ohne direkte Anweisung, wird<br />
die gemeinsame Tätigkeit kontinuierlich<br />
überwacht – mit einer ausgefeilten Sensor-<br />
Technologie. Der Roboter wird dann automatisch<br />
langsamer, wenn der vorgeschriebene<br />
Sicherheitsabstand unterschritten wird –<br />
oder stoppt ganz.<br />
Beispielhaft<br />
Ob Mittelstand oder Industrie, Lösungen<br />
für die gelungene Kooperation von Mensch<br />
und Roboter gibt es bereits viele, beispielsweise<br />
der LBR iiwa von Kuka. LBR steht für<br />
„Leichtbauroboter“, iiwa für „intelligent<br />
industrial work assistant“. Er ist der erste in<br />
Serie gefertigte sensitive – und damit kolla-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 39
industrie 4.0<br />
borationsfähige – Roboter. Dieser Cobot<br />
kann beispielsweise zum Beladen von Werkzeugmaschinen<br />
oder zum Anreichen von<br />
Teilen eingesetzt werden. Es arbeitet ohne<br />
Schutzzaun und ist deshalb vor Ort schnell<br />
installierbar. Kuka setzt den LBR iiwa in der<br />
eigenen Robotermontage ein. Hier verschraubt<br />
er die Getriebeschwingen für den<br />
großen Industrieroboter KR Quantec. Dabei<br />
folgt er den Anweisungen des menschlichen<br />
Kollegen: Dieser berührt ihn wie eine<br />
Person am Arm und startet damit den automatisierten<br />
Schraubprozess. Währenddessen<br />
bestückt der Mitarbeiter den zweiten Ablagetisch<br />
mit einer neuen Getriebeschwinge.<br />
”<br />
Division<br />
Roboter entlasten den Menschen von schweren und<br />
monotonen Arbeiten. Sie werden ihn nicht ersetzen.<br />
Bild: Nataliya Hora/Fotolia<br />
„Wir schätzen, dass heute etwa<br />
10 % der in der Industrie eingesetzten<br />
Roboter kollaborativ arbeiten.“<br />
Ist der Cobot fertig, geht er in Ruheposition.<br />
Erst, wenn der Mitarbeiter ihn wieder berührt,<br />
macht er sich erneut an die Arbeit.<br />
Gleiche Zielgruppe, aber ein anderes<br />
Konzept präsentiert ABB mit YuMi, einem<br />
kollaborativen Zweiarmroboter. Er wurde<br />
speziell für die Kleinteilmontage in der Elektronikindustrie<br />
entwickelt. YuMi kann mit<br />
seinen beiden Roboterarmen alle notwen -<br />
digen Bewegungen auf engstem Raum ausführen.<br />
Die Reichweite der Roboterarme<br />
entspricht dabei in etwa der Reichweite von<br />
menschlichen Armen. YuMi kann direkt an<br />
bisher von Menschen besetzten Arbeitsstationen<br />
eingesetzt werden. Rainer Benz, Lead<br />
Harald von Heynitz, Partner Unternehmensberatung KPMG<br />
Manager der Division Industrie -<br />
automation und Antriebe in Deutschland,<br />
beschreibt die Herangehensweise von ABB:<br />
„Vereinfachung ist ein wichtiger Baustein,<br />
um Robotik und Automatisierung auch für<br />
kleine und mittelständische Betriebe attraktiv<br />
zu machen. Das beginnt bei der einfachen,<br />
intuitiven Programmierung, führt<br />
über die Programmierung, Bedienung und<br />
Überwachung des Roboters bis hin zu einem<br />
frei wählbaren Bediengerät, wie beispielsweise<br />
ein Smartphone, ein Tablet oder<br />
ein PC.“<br />
Menschen ersetzen Roboter<br />
Es geht auch andersrum: Bei Mercedes-Benz<br />
haben erstmals Menschen Roboter ersetzt.<br />
In der Montage des S-Klasse Coupés im<br />
Werk Sindelfingen wurden Fließband-<br />
Roboter ausgetauscht und neue Arbeitskräfte<br />
eingestellt, um für die steigende Zahl der<br />
Modellvarianten flexibler zu werden. Der<br />
Kündigungsgrund: „Roboter kommen nicht<br />
zurecht mit dem Grad der Individualisierung<br />
und den vielen Varianten, die wir heute<br />
haben. Wir sparen Geld und schützen unsere<br />
Zukunft, indem wir mehr Arbeitskräfte<br />
einstellen“, sagte Produktionschef Markus<br />
Schäfer der Nachrichtenagentur Bloomberg.<br />
Auch bei der aktuellen E-Klasse werden<br />
zukünftig Arbeiter das Head-up-Display auf<br />
der Windschutzscheibe einbauen. Bislang<br />
war das der Job von zwei fest installierten<br />
Robotern. Mercedes-Benz setzt immer mehr<br />
auf Individualisierung. Entscheidet sich ein<br />
Käufer für die S-Klasse-Limousine, kann er<br />
sehr viele Details nach Wunsch gestalten –<br />
von vier verschiedenen Typen von Reifenventilklappen,<br />
über Karbonbeschichtungen<br />
bis hin zu beheizbaren Getränkehaltern.<br />
„Diese Varianz ist zu viel für die Maschinen“,<br />
sagt Schäfer. „Sie können die vielen<br />
verschiedenen Optionen nicht bewältigen.“<br />
Gute Nachrichten für Humanisten. (mg) •<br />
40 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Laserbasierte Verfahren<br />
ermöglichen den Sprung<br />
vom Rapid Prototyping<br />
zum Rapid Manufacturing.<br />
Bild: Trumpf<br />
Additive Manufacturing als Prozess in der Smart Factory<br />
Wertschöpfung<br />
addieren<br />
Additive Fertigungsverfahren | Ob Kraftwerksbau,<br />
Raumfahrt, Medizintechnik oder Automobilindustrie:<br />
Additive Fertigungsmethoden leiteten laut US-Ökonom<br />
Jeremy Rifkin die nächste industrielle Revolution<br />
ein.<br />
Auch wenn deutsche Ingenieure etwas<br />
nüchterner an das Thema herangehen, der<br />
Verein Deutscher Ingenieure (VDI) beispielsweise<br />
sieht gute Chancen für innova -<br />
tive Geschäftsmodelle. Additive Verfahren<br />
sind schon länger als 3D-Druck oder auch<br />
als Rapid Prototyping bekannt. Die Weiterentwicklung<br />
des Verfahrens zum Rapid<br />
Manufacturing eröffnet jetzt neue Anwendungsgebiete.<br />
Die Vorteile überzeugen branchenübergreifend:<br />
Airbus fertigt inzwischen mehrere<br />
Bauteile mit dem neuen Verfahren, unter<br />
anderem einen ganzen Ventilblock. Er bietet<br />
die gleiche Leistung wie das konventionelle<br />
Bauteil, ist aber 35 % leichter und besteht<br />
aus weniger Einzelteilen. Das im 3D-Druckverfahren<br />
hergestellte Bauteil absolvierte inzwischen<br />
einen ersten erfolgreichen Testflug<br />
im Airbus A380.<br />
Additive Fertigungsverfahren arbeiten im<br />
Schichtbaubetrieb: So können geometrisch<br />
komplexe Strukturen hergestellt werden, die<br />
mit konventionellen Fertigungsverfahren<br />
nicht oder nur aufwendig realisierbar wären.<br />
Unterschieden wird dabei zwischen Extrusions-<br />
und pulverbasierenden Prozessen.<br />
Bei der Extrusion wird Kunststoff durch<br />
eine beheizte Düse aufgeschmolzen und<br />
geometrisch definiert abgelegt. Bei pulverbasierenden<br />
Prozessen wird das Pulver in<br />
einer dünnen Schicht aufgetragen und dann<br />
punktgenau mit einem Laser aufgeschmolzen.<br />
Beim Abkühlen verbindet sich die<br />
Schicht mit der darunterliegenden aus dem<br />
letzten Durchgang. Danach wird wieder<br />
eine neue Schicht aufgetragen usw. Der große<br />
Vorteil des Laserverfahrens: Es funktioniert<br />
nicht nur mit Kunststoffen, sondern<br />
auch mit Metallen. Die Bauteile weisen hervorragende<br />
mechanische und physikalische<br />
Eigenschaften auf und können als finale<br />
Produkte verwendet werden.<br />
Grenzen und Risiken<br />
Werden additive Fertigungsverfahren zur<br />
Wunderwaffe der Effizienz und Flexibilität?<br />
Vermutlich nicht. Mit diesen Verfahren dauert<br />
die Teilefertigung unter Umständen mehrere<br />
Stunden. Bei großen Stückzahlen ist<br />
und bleibt die Massenfertigung unerreicht<br />
wirtschaftlich. Darüber hinaus erfordern die<br />
neuen Fertigungsverfahren noch große Entwicklungs-Anstrengungen,<br />
bis sie sicher beherrscht<br />
und darüber hinaus auch noch<br />
schnittstellenfrei in die Prozesskette von der<br />
Entwicklung bis zur Qualitätskontrolle integriert<br />
werden können.<br />
Und nicht zuletzt werfen additive Verfahren<br />
neue Rechtsfragen auf: Hochwertige<br />
Produkte, die schnell und kostengünstig<br />
nachgebaut werden können, benötigen<br />
eventuell zusätzlichen patent- und urheberrechtlichen<br />
Schutz. Darüber hinaus ergeben<br />
sich auch haftungsrechtliche Fragen. Bei<br />
fehlerhaften Produkten ist zu prüfen, wer<br />
die Verantwortung trägt: der Programmierer<br />
oder der Produzent? (mg) •<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 41
industrie 4.0<br />
Mehr als 90 % aller deutschen Unternehmen<br />
verwenden Lean Management-<br />
Methoden. Bild: Olivier Le Moal/Fotolia<br />
Lean Management als Voraussetzung für die smarte Produktion<br />
Digitalisierung<br />
macht schlank<br />
Industrie 4.0 | Lean steht nicht nur für schlank, sondern<br />
vor allem für Wertschöpfung ohne Verschwendung<br />
– so zumindest der originäre Ansatz der Entwickler<br />
dieses Ansatzes in den 90er-Jahren. Damit<br />
sind Lean und Industrie 4.0 keine Gegensätze.<br />
Voraussetzung dafür ist ein präzises Verständnis<br />
beider Ansätze. Wer Lean Management<br />
nur als Weg zum Sparen und Kürzen<br />
versteht, wird nicht von Lean&Digital-<br />
Synergien profitieren. Ursprünglich leitet<br />
sich Lean Management aus dem Produk -<br />
tionssystem von Toyota ab. Schon in den<br />
Anfängen ging es nicht primär um Einsparungen,<br />
sondern um die möglichst effiziente<br />
Verwendung aller Ressourcen. Dazu zählen<br />
nicht nur Maschinen und Materialien, sondern<br />
auch Ideen und Arbeitszeit. Darunter<br />
fallen zum Beispiel ein gut organisiertes Vorschlagswesen<br />
wie auch die effiziente Organisation<br />
von Besprechungen und Konferenzen.<br />
Oberstes Ziel ist konsequente Qualität,<br />
der Weg dorthin führt über Flexibilität und<br />
Transparenz. Alle Prozesse werden an beliebigen<br />
Punkten kontinuierlich hinterfragt<br />
und bei Bedarf geändert. Dazu müssen die<br />
Mitarbeiter gut geschult sein und alle Beteiligten<br />
von der Entwicklung über die Fertigung<br />
und Logistik bis hin zu den externen<br />
Partnern eng miteinander kooperieren.<br />
Grob vereinfacht wird bei Lean-Ansätzen<br />
versucht, die Komplexität zu reduzieren,<br />
um mit einfachen Mitteln einfach bessere<br />
Lösungen erreichen zu können. Dabei<br />
werden komplexe Systeme und Problemstellungen<br />
in einfachere, operativ besser beherrschbare<br />
Einheiten zerlegt.<br />
Allerdings könnten die klassischen Methoden<br />
des Lean Managements bald an<br />
Grenzen stoßen. Zwar machten in der Vergangenheit<br />
schlanke, verschwendungsarme<br />
Prozesse und Abläufe Unternehmen deutlich<br />
flexibler, indem sie Kosten drückten und<br />
Ressourcen sparten. Dabei sind die wachsenden<br />
Produktvarianten und damit verbunden<br />
die sinkenden Losgrößen nur<br />
schwer mit festen Cycle Times und standardisierten<br />
Prozessen vereinbar – mögen sie<br />
noch so transparent sein. Mehr noch: Werden<br />
in einer konventionellen Lean Produc -<br />
tion Prozesse, Durchlaufzeiten oder die<br />
Pufferbestände verändert, muss auch das<br />
Kanban-System angepasst werden. Dazu<br />
kommt, dass sich auch die Nachfrageseite<br />
42 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
ERP-SYSTEM<br />
FLEXIBLE FERTIGUNG<br />
PSI-CLICK-DESIGN<br />
immer volatiler verhält. Auch das wird es<br />
erschweren, allein mit klassischen Lean<br />
Methoden die Auslastung der Kapazitäten<br />
anzupassen. Damit erhebt sich die Frage, ob<br />
Lean-Ansätze überhaupt noch zeitgemäß<br />
sind? Werden sie durch digitale Konzepte<br />
ersetzt werden?<br />
Zwei Wege, ein Ziel<br />
Eine Antwort darauf gibt die Studie „Lean<br />
4.0 – Schlank durch Digitalisierung“ der<br />
Management- und Technologie-Berater von<br />
Stichwort Lean und Industrie 4.0<br />
Mehr Usability<br />
Mit der neuen Java-basierten PSIpenta-<br />
Version gestalten Unternehmen mit<br />
PSI-Click-Design selbst ihre Benutzer-<br />
<br />
<br />
» www.psi-automotive-industry.de<br />
Wie wichtig sind folgende Lean-Management-Methoden aus Ihrer<br />
Sicht beim Übergang zur Smart Factory?<br />
Prozessoptimierung und<br />
Verschwendungsreduzierung<br />
Reduzierung der Durchlaufund<br />
Rüstzeiten<br />
Wertstromorientierte<br />
Organisation<br />
Varianten- und<br />
Komplexitätsmanagement<br />
Verbrauchssteuerung<br />
1% 4%<br />
29%<br />
66%<br />
1% 8% 36%<br />
55%<br />
1% 8% 39%<br />
52%<br />
1% 9% 38%<br />
52%<br />
1% 12% 47%<br />
40%<br />
Software für Versorger und Industrie<br />
Gar nicht wichtig<br />
% 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Weniger wichtig Wichtig Sehr wichtig<br />
Prozessoptimierung und Verschwendungsreduzierung stehen im Mittelpunkt von<br />
Lean Management-Methoden. Bild Staufen<br />
Bearing Point. Sie haben 50 produzierende<br />
Unternehmen nach deren Einschätzung gefragt.<br />
Die große Mehrheit (72 %) war sich<br />
darin einig, dass es nicht ausreicht, parallel<br />
in bestehende Lean-Strukturen digitale<br />
Technologien zur Automatisierung und Vernetzung<br />
einzuführen und auf Synergien zu<br />
hoffen. Der Erfolg der Ansätze bedingt sich<br />
vielmehr gegenseitig, wenn sie gezielt<br />
zusammengeführt werden.<br />
Und: Lean Management und Industrie<br />
4.0 passen gut zusammen. Beide setzen am<br />
Shopfloor an, verfolgen einen dezentralen<br />
Steuerungsansatz und klassische Effizienzziele.<br />
Natürlich gibt es auch Unterschiede:<br />
Lean Management ist „nur“ eine Methode,<br />
deren Einführung am Verständnis, aber<br />
auch an der technischen Umsetzbarkeit<br />
scheitern kann. Digitalisierung dagegen<br />
basiert zuerst einmal auf Technologie, die<br />
Gewalzte<br />
Ringe<br />
Zylindrisch oder profiliert.<br />
Außendurchmesser von 150 - 2000 mm,<br />
Gewicht von 3 kg - 1500 kg.<br />
Werkstoffe: Bau-, Edelbau- und Wälzlagerstähle,<br />
Werkzeugstähle, Rostfrei-Qualitäten, Nickelbasisund<br />
Titanlegierungen.<br />
Gewalzte Ringe Blankstahl<br />
Platestahl Umformtechnik GmbH<br />
Platehofstraße 1 - 58513 Lüdenscheid - Germany<br />
Tel.: 02351 439-0 - info@platestahl.com<br />
Fax: 02351 439-355 - www.platestahl.com<br />
Achema vom 11. – 15.06.2018 – Halle 11.0 - Stand D59<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 43
industrie 4.0<br />
sowohl hohe Investitionen als auch effiziente<br />
Umfeldstrukturen erfordert. Wird aber<br />
Lean Management bereits im Unternehmen<br />
gelebt, fällt die Einführung von Industrie<br />
4.0-Architekturen leichter.<br />
Während Lean Management also einen<br />
eher organisatorisch geprägten Ansatz verfolgt,<br />
der gezielt komplexe Strukturen vereinfachen<br />
soll, werden im Rahmen von<br />
Industrie 4.0 eher technische Problemlösungen<br />
verfolgt, um mit einem höheren Automatisierungsgrad<br />
komplexe Vorgänge zu<br />
beherrschen. Wichtig ist dabei vor allem,<br />
dass diese Vereinfachung von Systemen und<br />
Prozessen aus Sicht des Anwenders durch<br />
einfach beherrschbare Schnittstellen erreicht<br />
wird. Deshalb kommen hier zunehmend<br />
dezentrale Steuerungen und digitale Assistenten<br />
zum Einsatz.<br />
Digitalisierung und der Einsatz von Assistenten<br />
kommt vor allem dann in Frage,<br />
wenn es sich um eine diskrete Produktion<br />
mit individualisierten, eher hochwertigen<br />
Produkten handelt. Typischerweise sind das<br />
Serienproduktionen mit deutlichen Schwankungen<br />
im Volumen und im Fertigungsmix,<br />
bei denen auch Lieferanten und Partner in<br />
den Workflow eingebunden werden müssen.<br />
Das kann dann gelingen, wenn zuerst mit<br />
Lean-Prinzipien die vorhandene Komple -<br />
xität reduziert wird, um dann mit Industrie-<br />
4.0-Technologien die verbleibenden beherrschbar<br />
zu machen. Die gegenseitige<br />
Korrelation von Lean Management und<br />
Industrie 4.0 zeigt sich auch durch die<br />
gegenseitigen Hindernisse. So geben in der<br />
erwähnten Bearing-Point-Studie die Befragten<br />
als größte Hemmnisse bei der Einführung<br />
digitaler Strukturen zuerst einmal<br />
„Unflexible Prozesse im Unternehmen“ an.<br />
Immerhin 26 % waren dieser Meinung. Es<br />
folgen „Hierarchische Strukturen“ mit<br />
21 %, auf Platz drei eine „Konservative Unternehmensstrategie“<br />
und erst an vierte Stelle<br />
ein „Limitiertes Budget“ (jeweils 12 %).<br />
Das zeigt, dass auch die techniklastigen<br />
Industrie-4.0-Projekte zuerst einmal in den<br />
Köpfen, Einstellungen und Einschätzungen<br />
aller Betroffenen starten müssen.<br />
Technik als Motor<br />
Allerdings belegt die Studie „25 Jahre Lean<br />
Management“ der Staufen AG, dass gesamtheitliche<br />
Lean- und Industrie-4.0-Innovationen<br />
in der Praxis häufig von der Technologie<br />
ausgehen. Dafür haben die Unternehmensberater<br />
in Zusammenarbeit mit der TU<br />
Darmstadt 1350 Führungskräfte aus deutschen<br />
Industrieunternehmen befragt. Demnach<br />
treiben bei jedem vierten Unternehmen<br />
nicht nur die eigenen Wachstums- und Ertragsziele<br />
die Weiterentwicklung von Lean<br />
Management an, sondern auch neue Technologien.<br />
Sie werden eingeführt, um Prozesse<br />
zu optimieren und Verschwendungsquellen<br />
auszumerzen. 95 % der Unternehmen<br />
werten diese Aktivitäten als Grundvoraussetzung<br />
für den Übergang zur Fabrik der<br />
Zukunft. (mg)<br />
•<br />
Die Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt<br />
KI versus Arbeitsplätze?<br />
Künstliche Intelligenz | Werden im Zuge der Digitalisierung<br />
die Werkshallen menschenleer? Wächst die<br />
Gefahr durch autonome Maschinen? Nicht innerhalb<br />
der nächsten 15 Jahre, da sind sich die Experten einig.<br />
Entwarnung kommt unter anderem auch durch eine<br />
breit angelegte Studie der Stanford University über gesellschaftliche<br />
und ökonomische Auswirkungen intelligenter<br />
Systeme. Zwei Dutzend führender Experten für<br />
KI, Informatik und Robotik kamen zum Ergebnis, dass<br />
künstliche Intelligenz zumindest in den nächsten 15 Jahren<br />
keine ernsthafte Bedrohung für die Menschheit darstellt:<br />
„Bisher wurden keine Maschinen mit selbsterhaltenden<br />
langfristigen Zielen und Absichten entwickelt<br />
und damit ist in näherer Zukunft auch nicht zu rechnen“.<br />
Allerdings prognostiziert die Studie auch, dass KI mit<br />
hoher Wahrscheinlichkeit weite Teile unseres Alltags auf<br />
den Kopf stellen wird – von der Produktion über den<br />
Kauf bis hin zum Konsum von Gütern; aber auch Bereiche<br />
wie Transport und Information. Dazu zählen zum<br />
Beispiel automatisierte Lastwagen und Fluggeräte sowie<br />
persönliche Roboter. Sie sollen bis 2030 weite Verbrei-<br />
Friedliche Coexistenz: Arbeiter und seine Maschine.<br />
Bild: zapp2Photo/Fotolia<br />
44 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
”<br />
Als wir das Feuer erfunden<br />
haben, haben die Menschen<br />
damit auch eine Weile<br />
lang Mist gebaut. Aber<br />
irgendwann haben wir den<br />
Feuerlöscher erfunden.“<br />
Prof. Stephen Hawking, Astrophysiker<br />
tung finden, sind aufgrund technischer Hürden vorerst<br />
aber auf bestimmte Nischen beschränkt.<br />
Die Studie ist Teil eines auf 100 Jahre angelegten Projekts<br />
und wird zukünftig alle fünf Jahre aktualisiert. Die<br />
gelassene Aussicht der Experten bringt Mitautor Oren<br />
Etzioni, auf den Punkt. Er sagt als CEO des unabhängigen<br />
Allen Institute for Artificial Intelligence: „Ich sehe<br />
das als ein Zeichen des Erwachsenwerdens für den Bereich<br />
Künstliche Intelligenz. Der extrem positive Hype<br />
ist falsch. Aber auch für Schwarzmalerei gibt es keine<br />
sachliche Grundlage. Viel wichtiger ist die Frage, wie<br />
Menschen und KI-Systeme effektiv zusammenarbeiten<br />
und kooperieren können“.<br />
Schreckensszenarien erwarten die Wissenschaftler<br />
aus Stanford also nicht. Sie warnen aber, dass KI in bestimmten<br />
Bereichen wie etwa in der Fertigung und dem<br />
Transportwesen durchaus Arbeitsplätze ersetzen wird;<br />
an anderen Stellen wie in der Verwaltung werde die<br />
Technologie zumindest wichtige Aufgaben übernehmen.<br />
Die Autoren empfehlen deshalb, auch über neue soziale<br />
Sicherungsnetze nachzudenken: „Es ist nicht zu früh für<br />
eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie die wirtschaftlichen<br />
Früchte von KI-Technologien geteilt werden<br />
sollten.“<br />
Auch hierzulande erwarten Fachleute, dass mit den<br />
zunehmenden Möglichkeiten der Automatisierung auf<br />
Basis künstlicher Intelligenz die Einsatzgebiete wachsen<br />
werden. Bisher war Ziel aller Automatisierung, anstrengende<br />
oder eintönige Routinearbeiten maschinell zu ersetzen.<br />
Neue, intelligente Systeme zielen jetzt aber auch<br />
auf qualifizierte Berufsbilder und beileibe nicht nur in<br />
der Produktion. Gemäß einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt-<br />
und Berufsforschung (IAB) müssen 15 %<br />
der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in<br />
Deutschland damit rechnen, dass ihre Tätigkeit durch<br />
Computer ersetzt wird. McKinsey rechnet gar mit dem<br />
Verlust jedes zweiten Arbeitsplatzes in der Verwaltung.<br />
Allerdings werden auch neue Berufsbilder entstehen:<br />
Zum Beispiel die nächste Generation Mechatroniker,<br />
IT-Spezialisten mit fundiertem Produktionswissen und<br />
nicht zuletzt Datenanalytiker, welche Big Data richtig<br />
formen und lesen können. (mg) •<br />
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Würth Industrie Service GmbH & Co. KG<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> Industriepark Würth · 97980 Bad Mergentheim 45<br />
T +49 7931 91-0 · info@wuerth-industrie.com
Die Kombination von Condition-Monitoring-Systemen<br />
mit intelligenten Analyse-Tools<br />
unterstützt vorausschauende<br />
Wartung. Bild: ProstoSvet/Fotolia<br />
Predictive Maintenance senkt die Wartungskosten um ein Drittel<br />
Vorbeugen ist<br />
besser als warten<br />
Wartung | Weniger Aufwand, weniger Ausfälle, verbesserte<br />
Qualität: Die vielen Vorteile der vorausschauenden<br />
Wartung überzeugen. Notwendig wird<br />
dafür allerdings eine integrierte, digitalisierte und<br />
vernetzte Maschinenüberwachung.<br />
Klassische Wartungskonzepte setzen entweder<br />
auf turnusmäßige oder aber auf reaktive<br />
Wartung. Bei der reaktiven Wartung werden<br />
Maschinen ohne vorbeugende Instandhaltungsaktivitäten<br />
betrieben. Erst beim Ausfall<br />
einer Komponente wird die Maschine<br />
zwangsweise gestoppt. Allerdings decken<br />
die Einsparungen in der Regel nicht die Kosten<br />
für einen Produktionsstillstand und dessen<br />
Folgeschäden – ganz abgesehen von den<br />
Problemen in der Produktionsplanung und<br />
damit verbunden weiteren Umsatzeinbußen.<br />
Bei der turnusmäßigen Wartung wird dagegen<br />
vorbeugend eingegriffen. Das verschwendet<br />
allerdings auch Ressourcen, weil<br />
dann beispielsweise Werkzeuge schon ausgetauscht<br />
werden, die noch funktionstüchtig<br />
sind.<br />
Wie auch immer: Die ungeplante Unterbrechung<br />
von Produktionsprozessen ist ein<br />
Worst-Case-Szenario in der Fertigungsindustrie;<br />
inklusive unabsehbarer Folgen für<br />
Qualität, Kosten und Termine. Predictive<br />
Maintenance (PM) setzt dagegen auf Fakten<br />
und deren Analyse. Dafür werden im laufenden<br />
Prozess die aktuellen Zustandsdaten<br />
von Maschinen, Werkstücken und Komponenten<br />
erfasst. Diese Daten werden mit<br />
Informationen aus Drittsystemen wie ERP<br />
oder CRM kombiniert und anschließend<br />
interpretiert. Die Software verarbeitet automatisch<br />
die bereitgestellten Informationen<br />
in Echtzeit, erkennt spezifische Fehlermuster<br />
und ermittelt die wahrscheinlichen Ursachen<br />
des Problems.<br />
Das Ziel: die Berechnung des optimalen<br />
Wartungszeitpunktes in Abhängigkeit von<br />
Auslastung, Qualität und Planungsvorgaben.<br />
Die Erwartungen sind groß: Laut einer<br />
aktuellen Studie der Strategieberater von<br />
Roland Berger erhoffen sich 65 % der befragten<br />
Produktionsleiter Mehrwerte bei der<br />
Erforschung von Fehlerquellen, Ausfällen<br />
und Störungen. Dass die auf PM ruhenden<br />
Hoffnungen berechtigt sind, belegt ein<br />
weiteres Papier des Weltwirtschaftsforums<br />
in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen<br />
Accenture: Bei geplanten Reparaturen<br />
belaufen sich die Einsparungen<br />
demnach auf 12 %, Wartungskosten sinken<br />
um fast 30 %. Ungeplante Stillstände gehen<br />
laut der Studie um 70 % zurück.<br />
Disruptive Geschäftsmodelle<br />
Nicht nur die Betreiber der Anlagen, auch<br />
die Hersteller befassen sich intensiv mit dem<br />
Thema: Hier eröffnen sich über Service-<br />
Funktionen neue Geschäftsmodelle. Wer die<br />
Anlage baut, kennt sich wie kein Zweiter<br />
mit ihren technischen Gegebenheiten aus.<br />
Jedes vierte Fertigungsunternehmen plant<br />
laut IDC die Instandhaltung und den Betrieb<br />
von Maschinen zukünftig stärker auszulagern.<br />
Dieser Trend wird durch den Kostendruck<br />
im verarbeitenden Gewerbe sowie<br />
durch die Forderung nach mehr Flexibilität<br />
getrieben. Dazu kommt die technologische<br />
Entwicklung hin zu Industrie 4.0.<br />
46 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
industrie 4.0<br />
An der vorausschauenden Instandhaltung<br />
werden das Prinzip und der Nutzen von<br />
Industrie 4.0 besonders deutlich. Dank der<br />
digitalen Vernetzung und der Kommunikation<br />
von Maschinen, Werkstücken und Komponenten<br />
in einer Industrie-4.0-Umgebung<br />
können auf Basis der Zustandsdaten aller<br />
Komponenten drohende Ausfälle frühzeitig<br />
erkannt, Prozesse beschleunigt und Produktionsstillstände<br />
vermieden werden. Die dazu<br />
benötigten Schlüsselkomponenten sind verfügbar<br />
und erprobt: dazu zählen Sensoren,<br />
Funkerkennung (RFID), Funknetzanbindung<br />
(mSIM) und Hochleistungssoftware<br />
für die Interpretation von Daten sowie für<br />
die Formulierung von Empfehlungen oder<br />
gleich für die Auslösung automatischer Aktionen.<br />
Allein die Integration ist Neuland:<br />
Für Predictive Maintenance müssen Wartungs-Logs,<br />
Konfigurationsdaten sowie Sensor-<br />
und Telemetriedaten miteinander kombiniert<br />
werden.<br />
Realisierte Predictive-Maintenance-Projekte<br />
zeigen das enorme Potenzial. So erkennen<br />
Drehmaschinen heute während der Bearbeitung<br />
von Werkstücken auf Basis einer Frequenzanalyse,<br />
ob ein Werkzeug demnächst<br />
brechen wird. Dann wird sowohl ein Werkzeugwechsel<br />
erforderlich, als auch die Weiterleitung<br />
der Daten für die Optimierung<br />
der Produktionsplanung.<br />
Beim Überschreiten von Schwellwerten<br />
greift das System ein<br />
Dabei zeigt sich eine weitere Herausforderung:<br />
Wegen der nahezu unüberschaubaren<br />
Vielzahl an Einflussgrößen auf die Qualität<br />
des Endprodukts wird die Identifikation der<br />
entscheidenden Parameter zu einer echten<br />
Herausforderung. Die Lösung besteht darin,<br />
den Produktionsprozess mit einem Data-<br />
Mining-System zu überwachen. Diese Systeme<br />
arbeiten mit einer Reihe von Schwellwerten,<br />
bei deren Überschreitung automatisch<br />
oder manuell eingegriffen werden<br />
kann, um vorgegebene Toleranzen einhalten<br />
zu können.<br />
Predictive Maintenance ist ein typisches<br />
Beispiel für eine sinnvolle und wirtschaft -<br />
liche Industrie-4.0-Umsetzung, bei der herkömmliche<br />
Industrieprozesse mit intelligenter<br />
IT-Technologie verknüpft werden. Im<br />
Zuge der vollvernetzten Produktion der<br />
Zukunft – der Fabrik 4.0 – werden noch<br />
weitergehende Formen von Predictive<br />
Maintenance möglich sein. So werden zukünftig<br />
Fahrzeugkomponenten wie Motoren,<br />
Getriebe und Kupplungen ihre eigene<br />
Intelligenz mitbringen und eigene Diagnosen<br />
erstellen.<br />
Den Entscheidern in Produk tion und Instandhaltung<br />
werden damit neue Möglichkeiten<br />
für Frühwarnsysteme und Prävention<br />
an die Hand gegeben. Denn letztlich hat immer<br />
noch der Bediener das letzte Wort in der<br />
Produktionskette. (mg) •<br />
smart plastics<br />
Ungeplante Ausfälle vermeiden<br />
Industrie 4.0 – smart plastics erhöhen die Ausfallsicherheit<br />
Intelligente Energieketten, Leitungen und Linearlager sagen Austauschtermine im laufenden<br />
Betrieb voraus und integrieren sich nahtlos in Ihre Prozesse (vorausschauende Wartung).<br />
Dank smart plastics steigt die Anlagenverfügbarkeit und die Wartungskosten sinken.<br />
Video "Industrie 4.0 – vorausschauende Wartung" unter igus.de/smartplastics<br />
plastics for longer life ®<br />
Tel. 02203-9649-800 info@igus.de<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 47
technik & wissen<br />
Mit sogenannten Minicloud-Lösungen<br />
bieten Firmen auch virtuelle Dienste für<br />
KMU, die an die jeweiligen Bedürfnisse<br />
angepasst und zudem kostengünstig<br />
sind. Bild: Julien Eichinger/Fotolia<br />
Minicloud für Minianwendungen<br />
Kleine Lösung<br />
– großer Vorteil<br />
Cloud Computing | Durch die Auslagerung von IT-<br />
Diensten in die Cloud sparen Unternehmen Kosten.<br />
Kleine und mittlere Betriebe benötigen jedoch oft<br />
individuelle Lösungen.<br />
@<br />
Welche<br />
Im Rahmen von Cloud-Computing nutzen<br />
Unternehmen bereits zahlreiche Dienste:<br />
von E-Mail-Services und Datensicherung<br />
über Datenbanken bis hin zu Onlinemessen<br />
oder Webinaren. Der Vorteil daran: Durch<br />
die Auslagerung der virtuellen Services an<br />
darauf spezialisierte Cloud-Anbieter sparen<br />
Unternehmen eigene Rechenzentren mit der<br />
entsprechenden IT-Infrastruktur und damit<br />
Kosten. „Kleine und mittlere Unternehmen<br />
(KMU) benötigen meist jedoch spezielle und<br />
individuelle Lösungen“, weiß Jürgen Auer,<br />
Funktionen mit der Online-Lösung von Server-<br />
Daten umgesetzt werden können, zeigt die Übersicht:<br />
https://beispiel.server-daten.de<br />
Betreiber und Inhaber von Server-Daten,<br />
einem Web-Datenbank-Anbieter für KMU.<br />
„Große Anbieter können diesen stark<br />
individualisierten Dienst aufgrund des Aufwands<br />
nicht anbieten. Da kommen kleine<br />
Anbieter mit Minicloud-Lösungen gerade<br />
recht. KMU können mit cloudbasierten<br />
Datenbanken unstrukturierte, halb strukturierte<br />
oder gut strukturierte Daten speichern,<br />
verwalten, abrufen, erweitern und<br />
mit ihren Kunden zusammen nutzen“, erklärt<br />
Auer. Bei den Minicloud-Anbietern<br />
handelt es sich um kleine Unternehmen, deren<br />
Alleinstellungsmerkmal darin besteht,<br />
innerhalb von Minuten bis zu wenigen<br />
Stunden auf individuelle Kundenwünsche<br />
einzugehen.<br />
„Um Minicloud-Lösungen zu nutzen,<br />
bedarf es weder einer bestimmten Software,<br />
noch eines bestimmten Dateityps. Man<br />
benötigt lediglich einen Internetanschluss<br />
und einen Browser freier Wahl“, hebelt Auer<br />
etwaige Bedenken aus.<br />
Zwar ist die Hemmschwelle vieler KMU<br />
in Bezug auf Cyberangriffe nach wie vor<br />
groß. Doch Anwenderbeispiele zeigen auch<br />
das große Potenzial der Technik: „Der typische<br />
Fall ist ein Kunde, der zehn Filialen in<br />
unterschiedlichen Städten betreibt,“ beschreibt<br />
Auer. „Das spezielle Problem: Jede<br />
Filiale hat einen Veranstaltungsraum. Die<br />
Termine werden jedoch nicht nur von den<br />
jeweiligen Filialen ausgemacht, sondern es<br />
geschieht regelmäßig, dass beispielsweise in<br />
Hamburg eine Buchung für München entge-<br />
48 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Si-Akademie<br />
für Sicherheit und Gesundheit<br />
gengenommen wird. Um die Frage zu lösen,<br />
wann welcher Raum frei ist, habe ich eine<br />
Cloud-Lösung entwickelt, die den Mitarbeitern<br />
gestattet, von ihrer Filiale aus, auf einen<br />
Terminkalender für die Veranstaltungsräume<br />
in allen Filialen zuzugreifen. So kann<br />
jeder Mitarbeiter sofort sehen, wann welcher<br />
Raum belegt oder frei ist“, führt der<br />
Programmierer aus. Während die Mitarbeiter<br />
sich bisher untereinander telefonisch abstimmen<br />
mussten, und am anderen Apparat<br />
der Kunde wartete, geht der Mitarbeiter<br />
nun in den Veranstaltungsplan und schaut,<br />
ob der entsprechende Termin frei ist. Ist er<br />
es, reserviert er diesen für den Kunden. Ist er<br />
es nicht, sucht er mit dem Kunden zusammen<br />
einen geeigneten anderen Termin.<br />
”<br />
Ein anderes Beispiel ist eine Provisions -<br />
lösung: Hierbei wurden abgeschlossene Verträge<br />
von Immobilienverkäufen in die<br />
Cloud gegeben. Der entsprechende Verkäufer<br />
besitzt eine Pin – und damit wird ihm im<br />
System automatisch die entsprechende Provision<br />
gutgeschrieben. Vorher musste der<br />
Mitarbeiter ein Antragsformular ausfüllen,<br />
in dem er seinen Anspruch geltend machte.<br />
Der Projektablauf bei Server-Daten ist<br />
unkompliziert: Ein Kunde weiß genau, was<br />
er möchte, oder zumindest, welches Ergebnis<br />
er erhalten will. Beispielsweise will er die<br />
Sicherheit, dass er Räume nicht doppelt vermietet.<br />
„Dann werden die Parameter besprochen“,<br />
erklärt Auer. „Zuerst geht es<br />
darum, festzulegen, welche Spalten das Formular<br />
haben soll. Es sind manchmal triviale<br />
Dinge, an die der Kunde in seinem Formular<br />
nicht denkt, die bei dessen Fehlen jedoch<br />
eine Zuordnung zu einem bestimmten Kunden<br />
unmöglich machen.“ Anschließend geht<br />
es um Sicherheitsfragen: Wo soll das Formular<br />
implementiert werden, wie sollen Kunden<br />
Zugriff auf das Formular haben, wie<br />
sollen die Daten gespeichert werden, welche<br />
Mitarbeiter sollen oder dürfen in welcher<br />
Tiefe Zugriff auf die Informationen haben.<br />
Die Einrichtung der entsprechenden Formulare<br />
dauert laut Auer rund ein bis zwei Tage,<br />
ein ganzes Projekt dauere in der Regel drei<br />
bis vier Tage.<br />
Benötigt der Kunde eine Erweiterung seiner<br />
Formulare, geschieht dies meist, während<br />
er noch am Telefon mit dem Cloud-<br />
Anbieter seine Anforderungen diskutiert.<br />
„So kann ich sofort sehen, ob beispielsweise<br />
ein neues Feld, eine neue Verlinkung oder<br />
ein neues Formular genau so konzipiert<br />
werden sollte, wie der Kunde sich das vorstellt.<br />
Es kann gut sein, dass der Kunde zwar<br />
eine genaue Vorstellung hat, sich das For-<br />
Um Minicloud-Lösungen zu<br />
nutzen, bedarf es weder einer<br />
bestimmten Software, noch eines<br />
bestimmten Dateityps.“<br />
Quelle: Jürgen Auer, Inhaber von Server-Daten<br />
mular später jedoch als schlecht nutzbar<br />
herausstellt. In diesem Fall kann ich sofort<br />
eine Anpassung vorschlagen.“<br />
Das Besondere bei den Minicloud-Angeboten<br />
liegt laut Auer an deren Branchenunabhängigkeit.<br />
Benötigt ein Mitarbeiter etwa<br />
in der Fertigung Teile, füllt er in der Cloud<br />
einen entsprechenden Anforderungsschein<br />
aus. Der Mitarbeiter im Einkauf greift auf<br />
dieses Formular zu und bearbeitet es weiter.<br />
Die Daten werden dabei automatisch in den<br />
Bestellbogen eingetragen und abgeschickt.<br />
Das Papierformular oder eine Software fällt<br />
weg. Will ein Mitarbeiter seine Arbeitsstunden<br />
festhalten, geht er in die Cloud, füllt das<br />
Formular aus, der Mitarbeiter in der Personalabteilung<br />
ruft das Formular ab, oder die<br />
Daten werden automatisch dem Stundenkonto<br />
des Mitarbeiters gutgeschrieben und<br />
später angerechnet. •<br />
Hertha-Margarethe Kerz<br />
Freie Industriejournalistin, Hamburg<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 49
interview<br />
Was mit KI aus Sicht von IBM heute und morgen in der Fertigung möglich ist<br />
„Durch KI wird Software<br />
zum Wettbewerbsfaktor“<br />
Watson ist aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz<br />
bekannt. Was sich genau hinter der Technologie verbirgt, inwiefern<br />
sie auch für den Einsatz in KMU interessant ist und warum<br />
Unternehmen den Hype um künstliche Intelligenz nicht verschlafen<br />
sollten, haben wir mit Experten bei IBM diskutiert.<br />
❧ Nora Nuissl<br />
Dr. Wolfgang Hildesheim,<br />
Leiter IBM Watson und AI<br />
Innovation in der DACH-<br />
Region, erklärt, was sich<br />
hinter der Watson-Techno -<br />
logie verbirgt. Bilder: IBM<br />
Melanie Schauber, Leiterin<br />
der Geschäftseinheit IBM<br />
Watson IoT, sieht in KI vor<br />
allem den Vorteil der<br />
Verknüpfung unstrukturierter<br />
Daten, etwa Bilder, mit<br />
strukturierten Daten aus<br />
Maschinen.<br />
Watson-Technologie wurde als Jeopardy-spielender<br />
Supercomputer bekannt. Herr Hildesheim, ist Watson<br />
ein Supercomputer oder eine Cloud- beziehungsweise<br />
Edge-Lösung?<br />
Hildesheim: Watson ist kein allwissendes Superhirn<br />
oder ein Supercomputer, sondern eine modular aufgebaute<br />
Cloud-Plattform. Diese Plattform ist mit Services<br />
auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattet.<br />
Kunden können über Schnittstellen, sogenannte Application<br />
Programming Interfaces (APIs), auf diese Dienste<br />
aus der Cloud zugreifen und so Services ohne großen<br />
Aufwand in ihre eigenen Systeme einbinden, um damit<br />
individuelle Auf gabenstellungen und Probleme zu lösen.<br />
Das können beispielsweise Sprach-, Bild- oder Text -<br />
analysen, Übersetzungsleistungen oder Konversations-<br />
Hilfen sein. Diese Services basieren auf Algorithmen, die<br />
kognitiv, also im weitesten Sinne lernfähig sind, und die<br />
im Kontext ihres Einsatzes individuell für ihre spezi -<br />
fischen Aufgaben trainiert werden.<br />
Kaufen Unternehmen Watson dann als Software oder<br />
als Dienstleitung?<br />
Hildesheim: Wir bieten Watson-Dienste im Normalfall<br />
als API-Service in der Cloud. Wenn der Kunde das<br />
wünscht, kann er damit on Premise – also in der eigenen<br />
IT-Umgebung – oder als Edge-Variante arbeiten. Dafür<br />
braucht er aber große Rechenkapazität.<br />
Welche Kosten kommen auf Anwender zu?<br />
Hildesheim: Wir bieten unterschiedliche Preismodelle<br />
wie „Pay-per-Call“ oder Abonnements. Nur probieren<br />
kostet nichts.<br />
Wo wird Watson in der Fertigungsindustrie schon eingesetzt?<br />
Hildesheim: An sich profitieren alle Branchen davon –<br />
von Versicherungen über Banken bis hin zur Automobilindustrie.<br />
Der Aufzugsanlagenanbieter Kone beispielsweise<br />
setzt die Technologie für die Steuerung und<br />
50 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Überwachung seiner Aufzüge ein. ABB nutzt Watson für<br />
die Qualitätskontrolle in der Produktion und bei der<br />
Lufthansa unterstützt das System die Mitarbeiter des<br />
internen Service & Help Centers dabei, Fragen von Passagieren<br />
weltweit schneller und exakter zu beantworten.<br />
Inwiefern kann Watson auch für kleine und mittlere<br />
Unternehmen interessant sein?<br />
Hildesheim: Da die Technologie aus der Cloud bezogen<br />
werden kann, ist sie unabhängig von der Unternehmensgröße<br />
für kleine Unternehmen genauso attraktiv<br />
wie für große. Bezahlt wird das, was tatsächlich in Anspruch<br />
genommen wird – je nach jeweiligem gewählten<br />
Preismodell.<br />
Die Gesprächspartner:<br />
• Dr. Wolfgang Hildesheim, Leiter IBM Watson<br />
und AI Innovation in der DACH-Region<br />
• Melanie Schauber, Leiterin der Geschäftseinheit<br />
IBM Watson IoT<br />
• Steffen Hartmaier, Leading Client Technical<br />
Architect für IBM Watson IoT<br />
Frau Schauber, neuronale Netze gibt es in der Infor -<br />
matik ja schon lange: Wie begründet sich der aktuelle<br />
KI-Durchbruch?<br />
Schauber: Es gibt drei Hauptfaktoren, die den aktuellen<br />
Durchbruch begünstigen:<br />
• die tausendfache bis millionenfache Steigerung der<br />
Rechenkapazität gegenüber den 80er-Jahren,<br />
• Big Data, also die Verfügbarkeit von großen digitalen<br />
Datensätzen zu fast allen Themen sowie<br />
• verbesserte Algorithmen, die wiederum von der höheren<br />
Rechenleistung und Big Data profitieren.<br />
Diese Faktoren bedingen sich gegenseitig. Die Entwicklung<br />
verläuft gegenwärtig auch nicht mehr linear, sondern<br />
exponentiell.<br />
Wieviel Vorwissen braucht ein künstliches neuronales<br />
Netzwerk, um Trends in Datenbergen zu erkennen?<br />
Schauber: Je besser ein KI-System im Vorfeld mit Daten<br />
versorgt und trainiert wird, desto präziser kann es<br />
Trends und Muster erkennen. Ein wichtiges Kriterium<br />
ist auch die Qualität der Algorithmen. In verschiedenen<br />
Tests wurde beispielsweise ermittelt, dass unser KI-System<br />
Watson dank seiner ausgefeilten Algorithmen<br />
Warum künstliche Intelligenz auch für<br />
kleine und mittlere Unternehmen der<br />
Fertigungsindustrie interessant ist und<br />
was heute schon möglich ist, haben wir<br />
mit Experten bei IBM diskutiert.<br />
Bild: phonlamaiphoto/Fotolia<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 51
interview<br />
schneller als vergleichbare Systeme lernt. Auch im Hinblick<br />
auf Spracherkennung und -verarbeitung setzt Watson<br />
neue Standards: Im letzten Jahr wurde mit einer<br />
Fehlerrate von nur noch 6,9 % ein industrieweiter Rekord<br />
aufgestellt, gegenwärtig liegen wir sogar noch<br />
darunter – bei 5,5 %. Kein anderes System erreicht diesen<br />
Wert, das ist auch besser als Mensch. Um das zu<br />
schaffen, erweiterten wir ständig unsere Deep-Learning-<br />
Technologien. Dazu kombinieren wir Long Short Term<br />
Memory und ein bestimmtes Sprachmodell (Wave-Net)<br />
mit drei verschiedenen Akkustik-Modellen. Das System<br />
lernt damit nicht nur, wenn es etwas richtig verstanden<br />
hat, sondern auch aus Fehlern. Diese Kombination beschleunigt<br />
die Entwicklung des Sprachverständnisses.<br />
Welche KI-Früchte kann man Ihrer Ansicht nach als<br />
erstes ernten – vorausschauende Wartung?<br />
Schauber: Die vorausschauende Wartung gehört zweifellos<br />
dazu. Grundsätzlich hilft im Umfeld industrieller<br />
Fertigung insbesondere die Verknüpfung unstrukturierter<br />
Daten, wie Bilder oder Geräusche, mit strukturierten<br />
Daten aus den Maschinen. Vor allem diese Kombina -<br />
tion wird zu neuen Erkenntnissen führen.<br />
Wie funktionieren künstliche<br />
neuronale Netze?<br />
Ein neuronales Netz ist ein Verbund<br />
vernetzter Neuronen, der als Teil unseres<br />
Nervensystems einer bestimmten<br />
Funktion dient – wie dem Sehen.<br />
Künstliche neuronale Netzwerke<br />
(KNN) sind ähnlich aufgebaut: Sie<br />
können aus unterschiedlichen künst -<br />
lichen Neuronen aufgebaut werden,<br />
die binäre Signale verwenden. Die<br />
Topologie eines solchen Verbundes<br />
hängt von der jeweiligen Aufgabe ab,<br />
das heißt das KNN wird aufgabenspezifisch<br />
konstruiert, etwa für die Bildoder<br />
Spracherkennung, für die Geräusch-<br />
oder Textinterpretation. Nach<br />
der Konstruktion eines künstlichen<br />
Netzes folgt dann die Trainingsphase,<br />
in der das Netz „lernt“. Das kann<br />
durch folgende Methoden geschehen:<br />
• Entwicklung neuer Verbindungen<br />
oder Löschen bestehender Verbindungen,<br />
• Ändern der Gewichtung,<br />
• Anpassung der Schwellenwerte,<br />
• Hinzufügen oder Löschen von<br />
Neuronen.<br />
Damit arbeiten KNN ähnlich den<br />
natür lichen in unserem Nervensystem.<br />
Sie sind mithilfe von Beispielen in der<br />
Lage, eigenständig Muster zu erkennen,<br />
Verknüp fungen herzustellen oder<br />
kontext-basierte Rückschlüsse zu ziehen.<br />
Je besser ein KI-System im Vorfeld<br />
mit Daten versorgt und trainiert<br />
wird, desto präziser kann es Trends<br />
und Muster erkennen.<br />
„IT wurde oft<br />
und zu lange<br />
nur als<br />
notwendiges<br />
Übel und nicht<br />
als Chance<br />
betrachtet. Mit<br />
Industrie 4.0<br />
und KI ändert<br />
sich das gerade.“<br />
Was ist denn mit KI heute bereits möglich?<br />
Schauber: Die Kernkompetenzen von kognitiven Sys -<br />
temen sind Spracherkennung und Dialogfähigkeit. Hinzu<br />
kommen ihre Möglichkeiten, große Mengen strukturierter<br />
und unstrukturierter Daten, wie Bilder oder<br />
handschriftliche Aufzeichnungen, zu verarbeiten, dabei<br />
Muster zu erkennen und Korrelationen herzustellen. Sie<br />
lernen und bilden ihr Verständnis aus Interaktionen und<br />
Erfahrungen, die sie mit ihrer Umgebung machen. Auf<br />
Basis dieser Eigenschaften können die Technologien<br />
Hinweise und Ratschläge für die Optimierung von Produktionsprozessen,<br />
Wartung und Reparatur geben: Sie<br />
können etwa Alarm schlagen, wenn konkrete Maschinenprobleme<br />
auftreten, können Fehler finden oder auch<br />
Attacken aus dem Cyberspace aufdecken und abwehren.<br />
Können Sie ein Beispiel für den erfolg reichen Einsatz<br />
von KI beschreiben?<br />
Schauber: Heute können aus der Kombination der Analyse<br />
strukturierter Daten, die für den Betrieb von Solaranlagen<br />
notwendig sind, in Kombination mit Wetterdaten,<br />
die mit Kommentaren (also unstrukturierten Daten)<br />
zum Wetter aus sozialen Medien wie Facebook oder<br />
Twitter kombiniert werden, Vorhersagen für die tatsächliche<br />
Energieerzeugung der Anlagen erstellt werden.<br />
Diese Vorhersagen können wiederum genutzt werden,<br />
um konventionelle Kraftwerke rechtzeitig aufzuschalten,<br />
damit Schwankungen im Stromnetz vermieden werden.<br />
Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass wir<br />
ohne lernende Systeme bei einer Vorhersage-Genauigkeit<br />
von circa 60 Prozent liegen, mit KI-basierten Systemen<br />
aber mittlerweile bei über 90 Prozent.<br />
Wird KI aus Ihrer Sicht fester Bestandteil von Maschinen<br />
und Robotern werden?<br />
Schauber: Ja. Zum einen wird KI als Cloud-Service bezahlbar,<br />
gleichzeitig verbessert sich die Qualität von<br />
Machine-Learning- Algorithmen rasant. Auch die Verfügbarkeit<br />
von Daten ist enorm gestiegen, zusätzlich<br />
52 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Software als gewichtiger Wettbewerbsfaktor in den Mittelpunkt<br />
unternehmensstrategischer Überlegungen. Und<br />
damit kommt es sozusagen zu einem IT- Kultur-Clash:<br />
Denn Investitionsstau mit meist veralteter Hard- und<br />
Software trifft auf eine neue Generation innovativer<br />
Technologien.<br />
Aktuell hinken Industrieunternehmen in puncto<br />
Predictive Maintenance noch hinterher, weiß Steffen<br />
Hartmaier, Leading Client Technical Architect für IBM<br />
Watson IoT. Bild: IBM<br />
machen sich die Auswirkungen der Open-Source- und<br />
Open-API-Bewegung bemerkbar: Wo noch vor wenigen<br />
Jahren meist proprietäre Systeme im Einsatz waren,<br />
sind heute viele Systeme mit standardisierten Schnittstellen<br />
versehen und damit auch wesentlich einfacher<br />
mit intelligenten Services und Anwendungen kombinierbar.<br />
Noch klingt vieles nach Zukunftsmusik: Wie sieht denn<br />
der reale Umsetzungsstand in deutschen Industrie -<br />
unternehmen aus?<br />
Hartmaier: Predictive Maintenance muss erst mal in<br />
den Werkshallen tatsächlich angekommen sein. So weit<br />
sind wir in der Regel noch gar nicht. Gegenwärtig geht<br />
es in den meisten Betrieben erst einmal darum, eine<br />
Condition-based-Maintenance – also die zustandsabhängige<br />
Wartung von Maschinen und Anlagen, basierend<br />
auf der Auswertung von Maschinendaten – hinzubekommen.<br />
Die vorausschauende Wartung wäre dann<br />
der nächste Schritt.<br />
Wo liegen noch Herausforderungen?<br />
Hartmaier: Weniger in der Technik als vielmehr in der<br />
bisher mangelnden Investitionsbereitschaft für die Einführung<br />
von KI- Systemen. Viele Firmen leiden IT-technisch<br />
betrachtet unter einem regelrechten Inves -<br />
titionsstau. Denn IT wurde oft und zu lange nur als notwendiges<br />
Übel und nicht als Chance betrachtet. Kostenminimierung<br />
war daher auch das alles beherrschende<br />
Thema. Mit Industrie 4.0, IoT, Blockchain und KI ändert<br />
sich das gerade: Auf einmal rückt der Einsatz von<br />
Was bedeutet das für die Unternehmen?<br />
Hartmaier: Diese sind mehr oder weniger gezwungen<br />
eine gemeinsame Basis zu schaffen, um die Vorteile von<br />
KI und Machine Learning nutzen zu können. Das bedeutet<br />
auch: Der in den vergangenen Jahren zu<br />
beobachtende Trend einer „Two Speed IT“ funktioniert<br />
nicht. Die Unterteilung in klassische IT, die sich vor<br />
allem mit der Wartung und dem Betrieb von Bestandssystemen<br />
befasst und die, meist aus den Geschäftsbe -<br />
reichen heraus getriebenen, IT-Initiativen und Projekte –<br />
wie die Entwicklung mobiler, kognitiver Analytics-<br />
Applikationen – ist unserer Ansicht nach gescheitert.<br />
Wie steht es um rechtliche Fragen: Wer haftet, wenn ein<br />
kognitiv lernender Roboter Schäden verursacht?<br />
Hartmaier: Bei der Frage der Haftung für das Fehlverhalten<br />
eines intelligenten Roboters oder Fahrzeugs gibt<br />
es noch industrieübergreifend Handlungsbedarf. Der<br />
Roboter beziehungsweise die KI verfügt nach heute geltendem<br />
Recht nicht über eine Rechtspersönlichkeit und<br />
kann damit nicht eigenständig am Rechtsverkehr teilnehmen.<br />
Genauso wenig wie der Roboter wirksam Verträge<br />
schließen kann, kann er für Schäden, die er verursacht,<br />
haften. Im Schadensfall wird es also kompliziert.<br />
Inwiefern?<br />
Hartmaier: So könnte der Geschädigte Ansprüche gegen<br />
den Roboterhersteller oder der KI, also den Softwareanbieter,<br />
geltend machen. Genauso könnte er aber auch<br />
gegen den Eigentümer des Roboters oder denjenigen<br />
vorgehen, der für den Betrieb im konkreten Fall verantwortlich<br />
war. Ebenfalls nicht zu vergessen ist der- oder<br />
dieje nige, die die Informationen bereitgestellt haben,<br />
mittels derer sich der Roboter die Tätigkeit beigebracht<br />
hat. Die Suche nach der Ursache und damit dem<br />
Verantwort lichen dürfte oftmals sehr schwierig und<br />
langwierig ausfallen – zum Ärger aller Beteiligten. Es ist<br />
daher Aufgabe des Gesetz gebers, hier eine zeitgemäße<br />
und prakti kable Lösung zu schaffen.<br />
Was wird zukünftig noch möglich mit künstlicher<br />
Intelligenz?<br />
Schauber: Was die Zukunft bringt – und vor allem<br />
wie schnell eine tatsächlich autonom denkende, künst -<br />
liche Intelligenz zur Verfügung stehen wird – darüber<br />
kann momentan nur spekuliert werden. Viel wichtiger<br />
ist es aber, dass die bereits verfügbaren kogni tiven<br />
Lösungen auf breiter Front heute tatsächlich auch<br />
genutzt werden.<br />
•<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 53
technik & wissen<br />
Dank der intelligenten<br />
Algorithmen kann die<br />
integrierte PLC der<br />
Umrichter aus internen<br />
Zustandswerten Größen<br />
berechnen, die nicht direkt<br />
messbar sind. Bilder:<br />
Nord Drivesystems<br />
Vorausschauende Wartung mit virtueller Sensorik<br />
Größen berechnen<br />
statt messen<br />
Frequenzumrichter | Nord wertet Antriebsdaten mit<br />
intelligenten Algorithmen aus. Entwicklungsziel des<br />
Herstellers ist die Predictive Maintenance: Sie liefert<br />
höhere Verfügbarkeit zu geringeren Kosten.<br />
Die Digitalisierung der Antriebstechnik und<br />
der Produktion erfordert das Zusammenspiel<br />
von Sensorik, virtueller Sensorik, den<br />
Schnittstellen zu Bussystemen und intelligenter<br />
Software. Getriebemotoren in Produktions-<br />
oder Logistikanlagen werden<br />
meist über Frequenzumrichter gesteuert.<br />
Die Umrichter von Nord Drivesystems er-<br />
mitteln standardmäßig wichtige Betriebs -<br />
daten wie Stromaufnahme, Spannung,<br />
Drehzahl und ihre Betriebstemperatur, die<br />
sich für die intelligente Zustandsüber -<br />
wachung und die vorausschauende Wartung<br />
der Antriebe verwenden lassen.<br />
Predictive Maintenance, also vorausschauende<br />
Wartung, ist die konsequente<br />
Fortführung des Condition Monitoring, das<br />
als Weiterentwicklung der klassischen<br />
Betriebsstundenerfassung schon länger in<br />
viele moderne Industrieanlagen integriert<br />
ist. Während Condition Monitoring nur das<br />
Erkennen eines Abnutzungszustandes ermöglicht,<br />
kann mit der vorausschauenden<br />
Wartung im Idealfall rechtzeitig im Voraus<br />
ein Wartungstermin eingeplant werden. In<br />
der Konsequenz bedeutet dieses Konzept<br />
höhere Anlagenverfügbarkeit, reduzierte<br />
Kosten, eine höhere Antriebslebensdauer<br />
und vor allen Dingen keine Ausfälle.<br />
Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung<br />
eröffnen sich neue Möglichkeiten einer<br />
54 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
vorausschauenden Wartung mit überschaubarem<br />
Aufwand. Das Unternehmen will<br />
deshalb auch für kleinere Getriebemotoren,<br />
die in Intralogistik-Installationen in großer<br />
Zahl verbaut sind, wirtschaftliche Konzepte<br />
für netzbasiertes Condition Monitoring und<br />
Predictive Maintenance entwickeln und anbieten.<br />
Zusätzliche reale Sensoren für das<br />
Condition Monitoring, wie sie in Industriegetrieben<br />
zum Einsatz kommen, sind in diesen<br />
Anlagen oft zu kostenintensiv.<br />
Mit virtueller Sensorik, die auf intelligenten<br />
mathematischen Algorithmen basiert,<br />
und der integrierten PLC können die Frequenzumrichter<br />
durch Vorverarbeitung der<br />
internen Zustandswerte Größen berechnen,<br />
die sie nicht direkt messen können: Aus den<br />
gemessenen elektrischen Daten berechnet<br />
sich die Antriebsleistung, die in Kombina -<br />
tion mit den bekannten physikalischen Parametern<br />
des Getriebeöls hinreichend genau<br />
auf die Öllebensdauer schließen lässt. So<br />
wird der Ausnutzungsgrad des Getriebeöls<br />
und damit der voraussichtliche Ölwechseltermin<br />
zugänglich. Je nach Beanspruchung,<br />
Auslastung und Aufstellung des Getriebemotors<br />
können sich diese Termine innerhalb<br />
einer Anlage mit gleichaltrigen Getriebe -<br />
motoren deutlich unterscheiden.<br />
Ein weiteres Szenario plant Ähnliches für<br />
die Vorhersage des Verschleißzustandes und<br />
des idealen Wartungstermins durch einen<br />
Soll- und Ist-Abgleich per Algorithmus: In<br />
einer Lernphase werden an der neuen Förderanlage<br />
im unbelasteten und belasteten<br />
Zustand die elektrischen Daten ermittelt<br />
Intralogistiklösungen wie<br />
etwa der Feldverteiler<br />
Nordac-Link sind Industrie-4.0-fähig<br />
und können<br />
wichtige Zustandsdaten<br />
des Antriebs für<br />
vorbeugende Wartungskonzepte<br />
in eine Cloud<br />
übertragen.<br />
schauende Wartung für die Antriebstechnik<br />
durchgeführt werden.<br />
Intelligente Frequenzumrichter mit PLC<br />
können autarke Entscheidungen treffen<br />
Industriegetriebe sind die Schwergewichte<br />
in der Antriebstechnik und müssen hohe<br />
Drehmomente übertragen. Kleine unbemerkte<br />
Defekte können aufgrund der großen<br />
einwirkenden Kräfte schnell zum Totalschaden<br />
führen. Das wäre nicht nur teuer,<br />
sondern fatal: Wichtige Anlagenteile stünden<br />
still bis Ersatz geliefert und eingebaut<br />
ist. Der Hersteller setzt deshalb auch bei den<br />
Industriegetrieben auf Condition Monitoring<br />
und Predictive Maintenance, um maximale<br />
Anlagenverfügbarkeit bei hoher Wirtschaftlichkeit<br />
zu erreichen. Voraussetzung<br />
sind auch hier intelligente Frequenzumrichter<br />
mit integrierter PLC, die autarke Entscheidungen<br />
treffen können. Allerdings sind<br />
die Kosten physischer Sensoren im Verhältnis<br />
zu den Getriebekosten nicht so gravie-<br />
und als Referenzwerte festgelegt. Werden<br />
diese im späteren Realbetrieb überschritten,<br />
erkennt der Frequenzumrichter, dass sich<br />
am mechanischen System etwas verändert<br />
hat. Das kann durch stärkere Reibung,<br />
Verschleiß, ein beschädigtes Lager oder<br />
Getriebe sowie durch eingeklemmte Fremdkörper<br />
(etwa Verpackungsmaterial oder<br />
Klebebänder) geschehen. Sind die mathematischen<br />
Zusammenhänge der Anlage bekannt<br />
und in validierte intelligente Algorithmen<br />
für die Datenauswertung überführt,<br />
kann auch ohne reale Sensorik eine vorausrend,<br />
weshalb ergänzend auch reale Temperatur-<br />
und Schwingungssensoren sinnvoll<br />
sein können.<br />
Speziell die Schwingungssensorik bietet<br />
eine Reihe von Vorteilen: Für die Lager gibt<br />
es detaillierte Herstellerdatenbanken, die<br />
die charakteristischen Schwingungsfrequenzen<br />
von Innenring, Außenring und Wälzkörpern<br />
jedes Lagertyps enthalten. Bekannt<br />
sind auch Zahneingriffsfrequenz, Lager -<br />
frequenz und Drehzahl. Die einzelnen Frequenzen<br />
lassen sich also klar identifizieren<br />
und zuordnen. Anhand der Zeitsignale oder<br />
einer FFT-Analyse (Fast Fourier-Transformation)<br />
kann das Frequenzspektrum untersucht<br />
werden, um die Ursachen der auftretenden<br />
Schwingungen zu erkennen. Die<br />
FFT-Analyse ist ein Algorithmus zur effizienten<br />
Berechnung der diskreten Fourier-<br />
Transformation (DFT). Mit ihr lässt sich ein<br />
digitales Signal in seine Frequenzanteile zerlegen<br />
und analysieren.<br />
Abgleich mit Schwingungsdatenbanken<br />
erlaubt detaillierte Zustandsdiagnose<br />
Die Ermittlung der Frequenzanteile, Amplituden<br />
und Phasen der Schwingungen und<br />
ihr Abgleich mit den Schwingungsdaten -<br />
banken erlauben eine detaillierte Zustandsdiagnose.<br />
So kann nicht nur der Wartungszeitpunkt<br />
berechnet werden, es wird auch<br />
klar, wo der Fehler liegt und welche Ersatzteile<br />
erforderlich sind.<br />
Grundsätzlich ist eine Cloud-Anbindung<br />
selbst beim Retrofitting bestehender Anlagen<br />
nicht schwer umzusetzen. Alle Antriebe<br />
haben eine eigene IP-Adresse, über die sie<br />
mittels eines Routers erreicht werden können.<br />
Die durch Condition Monitoring und<br />
Predictive Maintenance gewonnen Daten<br />
jedes Antriebes lassen sich abfragen, ohne in<br />
die Gerätesteuerung oder die Software einzugreifen.<br />
Die intelligenten Antriebskomponenten<br />
übertragen die Werte über ein Internet-Gateway<br />
an eine sichere Cloud. Dort<br />
stehen sie für die Auswertung mit Filter- und<br />
Analyse-Tools zur Verfügung. An einem beliebigen<br />
anderen Ort kann ein Techniker die<br />
Daten in einem Web-Interface analysieren<br />
und die Anlage auf jedem mobilen Endgerät<br />
in einer 3D-Darstellung überschauen. •<br />
Dr. Omar Sadi<br />
Techn. Geschäftsführer, Getriebebau Nord<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 55
technik & wissen<br />
„Open Connectivity“ von DMG Mori: Damit lassen<br />
sich auch Fremdfabrikate, Maschinen komplementärer<br />
Technologiebereiche und manuelle Arbeitsplätze in<br />
einen Verbund integrieren. Bild: DMG Mori<br />
Standardisierte Schnittstellen als Basis für umfassende Vernetzung<br />
Maschinen lernen<br />
sich auszutauschen<br />
Vernetzte Produktion | Die ganze Prozesskette zu<br />
vernetzen, verspricht Fertigungsbetrieben einen kräftigen<br />
Produktivitätsschub. Dazu fehlen jedoch noch<br />
spezialisten. Der promovierte Ingenieur ist<br />
überzeugt: „Industrie 4.0 bietet uns die historische<br />
Chance, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Industriestandorts Europa auf Dauer zu<br />
erhalten, ja sogar noch zu steigern und dadurch<br />
Beschäftigung zu sichern.“<br />
Um auch in der eigenen Fertigung zukunftsfähig<br />
zu bleiben, treibt Trumpf die Digitalisierung<br />
des Unternehmens kontinuierlich<br />
voran. Über 500 Mitarbeiter arbeiteten<br />
laut Kammüller bereits an mehr als 30 Projekten<br />
der Digitalen Transformation mit.<br />
„Dadurch erzielen wir mehr Effizienz, verringern<br />
die Kosten und steigern unsere<br />
Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere für unsere<br />
Standorte mit hohen Lohnkosten ist die<br />
Digitalisierung ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal“,<br />
so Kammüller weiter. Im<br />
laufenden Geschäftsjahr eröffnete Trumpf<br />
unter anderem eine Smart Factory in Chicago/USA<br />
und ein vernetztes Logistikzentrum<br />
am Stammsitz in Ditzingen bei Stuttgart.<br />
Smartphone liefert alle wichtigen Daten<br />
„Wir arbeiten mittlerweile vielerorts in der<br />
Schnittstellenstandards. Die werden derzeit im Rahmen<br />
einer VDW-Initiative entwickelt. ❧ Mona Willrett mobil über das Smartphone“, berichtet<br />
Fertigung nicht mehr nur digital, sondern<br />
Kammüller, „sowohl in den eigenen Werken<br />
als auch als Angebot für unsere Kunden.“<br />
„Mit der Digitalisierung steht uns gerade So erhalten beispielsweise die Werker in der<br />
ein ähnlicher Innovationsschub unmittelbar Gerlinger Stanzwerkzeug-Fertigung von<br />
bevor, wie ihn die Fertigungstechnik hierzulande<br />
Trumpf alle wichtigen Informationen über<br />
durch die Automatisierung in den ver-<br />
den Zustand der Maschinen auf ihr<br />
gangenen Jahrzehnten erlebte“, sagte Dr. Smartphone. Der CDO beschrieb die jüngste<br />
Mathias Kammüller, Chief Digital Officer<br />
Entwicklung dort: „Es reicht jetzt aus,<br />
(CDO) bei Trumpf, anlässlich der Hausmesse<br />
wenn uns ein Kunde ein Handy-Foto eines<br />
Intech des Maschinenbauers und Laser- Bauteils mit Barcode zuschickt, um die Pro-<br />
duktion des Teils zu starten.“ Kommt das<br />
Foto bis 14 Uhr in Gerlingen an, dann verlässt<br />
das fertige Stanzwerkzeug noch am sel-<br />
”<br />
ben Tag das Werk.<br />
Industrie 4.0 bietet uns die Chance,<br />
die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Ditzinger nutzen die Werker inzwischen<br />
Auch in der hauseigenen Blechfertigung<br />
Europas dauerhaft zu festigen.“<br />
ihr Smartphone, um wichtige Daten im<br />
Blick zu behalten. Die eingeführten Digitalisierungslösungen<br />
verbesserten dort laut<br />
Dr. Mathias Kammüller, Chief Digital Officer bei Trumpf<br />
Kammüller die Transparenz und die Effizienz<br />
der Prozesse, so dass die Kosten signi-<br />
56 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Vernetzte Fertigung: Mitarbeiter<br />
aus der Blechfertigung<br />
bei Trumpf in Ditzingen bei<br />
der Schichtbesprechung. Bild:<br />
Trumpf<br />
Künstliche Intelligenz für vorausschauende Wartung:<br />
Die Daten aus der Steuerung eines Roboters werden an<br />
eine SPS übermittelt, wo sie auf der Geräteebene bearbeitet<br />
werden und anschließend in die Cloud zur Analyse<br />
durch die KI-Plattform von IBM Watson gehen.<br />
Bild: Mitsubishi<br />
„Industrie 4.0 wird im<br />
Produktionsbetrieb nur<br />
vorankommen, wenn es<br />
möglichst einfach wird,<br />
die Komponenten zu<br />
vernetzen“, sagt Prof.<br />
Eberhard Abele, Leiter<br />
des PTW an der TU<br />
Darmstadt. Bild: PTW<br />
fikant sanken – unter anderem, weil eine<br />
Maschine eingespart werden konnte.<br />
Wie sich die Anforderungen für Fertigungsbetriebe<br />
in den letzten Jahren veränderten,<br />
beschrieb Dr. Heinz-Jürgen Prokop,<br />
Vorsitzender des Geschäftsbereichs Werkzeugmaschinen<br />
bei Trumpf, an einem Beispiel:<br />
„Einer unserer Kunden erzählte mir<br />
kürzlich, in den 70er-Jahren habe er im<br />
Schnitt pro Bestellung einen Auftrag für 60<br />
Teile erhalten, in den 90ern seien es noch 25<br />
Teile gewesen, heute noch vier.“ Der Aufwand<br />
für die vor- und nachgelagerten Prozesse<br />
sei hingegen nahezu unverändert geblieben.<br />
Diese unproduktiven Anteile verursachten<br />
heute bis zu 80 % des Gesamtaufwands<br />
eines Auftrags. Um sie deutlich zu<br />
straffen, digitalisiert Trumpf die gesamte<br />
Auftragsabwicklung, von der Kundenanfrage<br />
bis zur Rechnungslegung, von der Rohmaterialbestellung<br />
bis zum Versand der fertigen<br />
Teile und Komponenten.<br />
Brancheninitiative entwickelt Standard<br />
Entscheidende Voraussetzung für eine<br />
durchgängige Vernetzung ist jedoch, dass<br />
die verschiedenen Systeme miteinander<br />
kommunizieren können. Das hat auch der<br />
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />
(VDW) erkannt, dessen Vorsitzender<br />
Prokop im Nebenberuf ist. Mit seiner Brancheninitiative<br />
zur „Sprache für Industrie<br />
4.0“ legte der Verband einen Fahrplan vor,<br />
wie die Schnittstellen der Maschinen standardisiert<br />
werden sollen. „Ziel ist es, einen<br />
Standard für die Anbindung unterschiedlichster<br />
Maschinensteuerungen an eine gemeinsame<br />
Schnittstelle zu entwickeln und<br />
softwaretechnisch zu implementieren“, erklärte<br />
Prokop anlässlich der Vorstellung der<br />
Initiative vor gut einem halben Jahr.<br />
In der ersten Projektphase ist ein Kernteam<br />
mit den Firmen DMG Mori, Emag,<br />
Grob, Heller, Liebherr-Verzahntechnik, United<br />
Grinding und Trumpf beteiligt. Christian<br />
Josi, Projektleiter beim United-Grinding-<br />
Gruppenmitglied Studer, begründet das Engagement<br />
so: „Technisch ist Industrie 4.0<br />
umsetzbar. Wenn jedoch keine Vereinheit -<br />
lichung der Standards stattfindet, wird es<br />
weiterhin bei Insellösungen bleiben.“<br />
Doch nicht nur für die Projektgruppe<br />
sind Standardisierung und eine gemeinsame<br />
„Sprache“ für Fertigungssysteme eine zwingende<br />
Voraussetzung für den Erfolg von Industrie<br />
4.0. Prof. Eberhard Abele, Leiter des<br />
Instituts für Produktionsmanagement, Technologie<br />
und Werkzeugmaschinen (PTW) der<br />
TU Darmstadt, sagt: „Betriebsleiter und vor<br />
allem Fertigungsplaner müssen sehr viele<br />
unterschiedliche Betriebsmittel planen, einkaufen<br />
und zunehmend vernetzen. Sie haben<br />
gar nicht die Zeit, viel Aufwand in die<br />
Vernetzungsproblematik zu investieren.“<br />
Ein herstellerübergreifender Standard sei<br />
hier eine große Hilfe. Der Wissenschaftler<br />
ist sich sicher: „Industrie 4.0 wird im Produktionsbetrieb<br />
nur voran kommen, wenn<br />
es möglichst einfach wird, die Komponenten<br />
zu vernetzen.“ Laut Abele sollte unsere<br />
heimische Industrie bei der Definition dieser<br />
Standards eine maßgebliche Rolle spielen:<br />
„Es ist ja fast schon ein Naturgesetz, dass<br />
derjenige, der die Standards setzt, gewisse<br />
Vorteile am Markt hat. Ich glaube, die<br />
Chancen stehen nicht schlecht dazu, denn<br />
Deutschland ist eine der führenden Nationen<br />
im Werkzeugmaschinenbau.“<br />
Steuerungshersteller sind mit im Boot<br />
Einen der größten Erfolge der VDW-Brancheninitiative<br />
seit ihrer Präsentation sieht<br />
Heinz-Jürgen Prokop darin, dass es gelungen<br />
ist, die wichtigen Steuerungshersteller<br />
mit ins Boot zu holen. Gemeinsam wollen<br />
die Partner übergreifende Standards für den<br />
Datenaustausch an Werkzeugmaschinen<br />
entwickeln. Bereits im September sollen auf<br />
der Stuttgarter Metallbearbeitungsmesse<br />
AMB erste Lösungen präsentiert werden.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 57
technik & wissen<br />
Dass der Weg dahin noch steinig ist, zeigt<br />
sich laut Heinz-Jürgen Prokop schon allein<br />
daran, dass Steuerungssignale von Hersteller<br />
zu Hersteller zum Teil unterschiedlich<br />
definiert werden. Im Extremfall könne das<br />
einen Zeitversatz von mehreren Minuten<br />
bedeuten. „Trotz aller Hürden ist das Projektteam<br />
jedoch hochmotiviert. Alle wissen<br />
beim Sägenspezialisten Kasto, weiß um die<br />
Bedeutung einheitlicher Schnittstellen,<br />
schließlich müssen sich die Sägen und Lagersysteme<br />
aus Achern schon heute in einen<br />
digitalisierten und einheitlich gesteuerten<br />
Materialfluss integrieren lassen.<br />
Bei all diesen Überlegungen ist die Datensicherheit<br />
ein zentraler Aspekt. Authentifizierung<br />
oder Zugangsschutz müssen gesichert<br />
sein, schließlich sind die Hersteller für<br />
die Sicherheit ihrer Produkte im Sinne der<br />
EU-Maschinenrichtlinie verantwortlich.<br />
Standard soll international gelten<br />
Damit der angestrebte Standard auch international<br />
akzeptiert wird, will die VDW-<br />
Initiative in einer gemeinsamen Arbeits-<br />
„Ziel ist es, einen Standard für die Anbindung<br />
unterschiedlichster Maschinensteuerungen an<br />
eine gemeinsame Schnittstelle – einen Connector<br />
– zu entwickeln und softwaretechnisch zu im -<br />
plementieren“, sagt Dr. Heinz-Jürgen Prokop.<br />
Er leitet den Geschäftsbereich Werkzeugma -<br />
schinen bei Trumpf und ist Vorsitzender des<br />
Branchenverbands VDW. Bild: Trumpf<br />
um die Notwendigkeit eines Schnittstellenstandards“,<br />
betont der promovierte Ingenieur.<br />
Jedem sei bewusst, dass selbst große<br />
Unternehmen auf lange Sicht mit Vernetzungsbestrebungen<br />
im Sinne von Industrie<br />
4.0 scheitern, wenn sie nur auf proprietäre<br />
geschlossene Systeme setzten. Eine umfassende<br />
Lösung werde es nicht geben. Zu spezifisch<br />
sind die Anforderungen der unterschiedlichen<br />
Technologien und Anwender –<br />
allein im Werkzeugmaschinenbau.<br />
Im Kern der Bemühungen steht deshalb<br />
ein so genannter Konnektor, der Signale unterschiedlicher<br />
maschinen- oder steuerungsspezifischer<br />
Schnittstellen quasi in eine einheitliche<br />
Sprache übersetzt – das Projektteam<br />
einigte sichauf den Kommunikationsstandard<br />
OPC UA. Die Herausforderung<br />
besteht nun darin, die herstellerspezifischen<br />
„Basis für die Vernetzung ist ein einheitlicher<br />
Kommunikationsstandard, der alle wesent -<br />
lichen Prozessdaten berücksichtigt und einen<br />
gesteuerten Lese- und Schreibzugriff für alle<br />
be teiligten Produktionspartner erlaubt“, sagt<br />
Sönke Krebber, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
von Kasto. Bild: Kasto<br />
Teile in möglichst einheitlicher Form anpassbar<br />
zu machen. In einem weiteren<br />
Schritt hat das Projektteam festzulegen begonnen,<br />
welche Signale für welche Maschinen<br />
im Schnittstellenstandard überhaupt<br />
spezifiziert werden sollen.<br />
Die Chancen, die ein Standard bietet,<br />
sieht auch Jonas Ruesch, Manager Software<br />
Development Digital Transformation bei<br />
GF Machining Solutions: „Eine standardisierte<br />
Schnittstelle für Maschinensteuerungen<br />
ist eine grundlegende Voraussetzung<br />
fürs Umsetzen flexibler Anwendungen wie<br />
sie unsere Kunden im Umfeld von Industrie<br />
4.0 fordern. Und ein Connector-Stack, wie<br />
ihn die VDW-Initiative vorsieht, würde den<br />
Aufwand fürs Entwickeln steuerungsunabhängiger<br />
Lösungen signifikant senken.<br />
Das sehen auch Franz-Xaver Bernhard<br />
und Sönke Krebber so. Bernhard, Vorstand<br />
für Forschung und Entwicklung beim Frässpezialisten<br />
Hermle in Gosheim, sieht einen<br />
solchen Konnektor unter anderem beim Digitalisierung<br />
der Prozesse in kleinen und<br />
mittleren Unternehmen als hilfreich und<br />
notwendig für den Erfolg. Nur so ließen<br />
sich einzelne Module unkompliziert und<br />
mit vertretbarem Aufwand verketten. Und<br />
auch Krebber, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
iDaten nur zu erfassen<br />
reicht nicht. Für Industrie<br />
4.0 müssen sie<br />
sich auch herstellerübergreifend<br />
austauschen<br />
lassen. Standardisierung<br />
ist dazu unerlässlich.<br />
Sie wird<br />
vom 18. bis 22. September<br />
2018 ein zentrales<br />
Thema auf dem<br />
„Digital Way“ – einer<br />
neuen Sonderschau<br />
mit Kongress – der<br />
Stuttgarter Metallbearbeitungsmesse<br />
AMB sein.<br />
gruppe mit der OPC-Foundation eine<br />
länderübergreifende Joint-Working-Group<br />
bilden, in der alle Mitglieder der Founda -<br />
tion ihre Interessen einbringen und so den<br />
internationalen Standardisierungsprozess<br />
befruchten können. Zur internationalen Abstimmung<br />
hat der VDW zudem unter anderem<br />
die Schwesterverbände AMT in Amerika<br />
und JMTBA in Japan kontaktiert.<br />
Auf der Stuttgarter Metallbearbeitungsmesse<br />
AMB – sie findet vom 18. bis zum 22.<br />
September statt – sollen weitere Ergebnisse<br />
der VDW-Brancheninitiative vorgestellt<br />
werden. Auf der neuen Sonderschau „Digital<br />
Way“ mit Kongress werden sie eine zentrale<br />
Rolle spielen.<br />
•<br />
58 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Eine Sonderausgabe von<br />
TAGUNGSBAND<br />
Qualitätssicherung<br />
in der additiven Fertigung<br />
13. SONDERAUSGABE/SONDERTEIL<br />
März 2018 in Stuttgart<br />
Bild: Renishaw<br />
Expertenwissen<br />
zu den Themen<br />
Qualitätsmanagement,<br />
Mess- und Prüftechnik<br />
sowie zu neuen<br />
Technologien<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 59
DIE NEUE GENERATION DER COMPUTERTOMOGRAPHIE<br />
DAS NEUE WENZEL<br />
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Capture your parts DNA<br />
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CT-System auf dem Markt. Der exaCT U bietet vier Verfahrachsen, ein gewaltiges Leistungspotenzial, beeindruckende<br />
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wurde explizit darauf geachtet, dass es automatisiert in der direkten Produktionsumgebung operieren kann.<br />
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2 > Sonderteil AUSGABENBEZEICHN<br />
60 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Qualitätssicherung in der additiven Fertigung | TAGUNGSBAND<br />
80 Teilnehmer bei der ersten Veranstaltung<br />
Viele QS-Fragen sind noch offen<br />
Das Interesse am<br />
Forum „Qualitätssicherung<br />
in der<br />
additiven Fertigung“<br />
war groß<br />
Fotos: Jochen Hempler<br />
Mit insgesamt rund 80 Teilnehmern war das erste Forum „Qualitätssicherung in der<br />
additiven Fertigung“ ein runder Erfolg. Quality Engineering und das Fraunhofer IPA<br />
haben die Veranstaltung, die am 13. März 2018 in Stuttgart stattfand, gemeinsam<br />
organisiert.<br />
Autorin: Sabine Koll, Redaktion Quality Engineering<br />
13 Experten aus Praxis und Forschung<br />
adressierten die unterschiedlichsten Qualitätsaspekte<br />
entlang des gesamten Produktionsprozesses.<br />
Dazu zählten rechtliche Themen<br />
ebenso wie Fragen rund um das Qualitätsmanagement<br />
sowie aktuelle und künftige<br />
Normen, welche die Leitplanken für die<br />
Qualitätssicherung setzen. Im Fokus standen<br />
natürlich auch die Mess- und Prüftechnik.<br />
Daneben präsentierten sechs Partner<br />
aus der Industrie in der Ausstellung ihre Lösungen<br />
und Dienstleistungen.<br />
„Wir erleben gerade eine spannende Phase<br />
in der additiven Fertigung. Sie entkommt<br />
immer mehr dem Prototypen-Stadium und<br />
wird interessant für die Serienproduktion“,<br />
sagte Gregor Reischle, Program Manager<br />
Additive Manufacturing bei TÜV Süd Product<br />
Service. „Daher wird es für die Unternehmen,<br />
die additive Fertigung betreiben,<br />
nun Zeit, die Themen rund um die Qualitätssicherung<br />
auf den Tisch zu bringen und<br />
sich darum zu kümmern.“<br />
„Additive Fertigung ist heute längst noch<br />
nicht da, wo wir sie aus Qualitätssicht gerne<br />
hätten. Eine wiederholbare Werkstückqualität<br />
ist gerade bei Verfahren, die Kunststoff<br />
einsetzen, nicht gegeben“, bestätigte Rolf<br />
Becker, Leiter der Forschungsabteilung bei<br />
Schunk. Das Unternehmen fertigt kundenspezifische<br />
Greifer in Losgröße 1 mit generativer<br />
Technologie, seit acht Jahren bereits<br />
aus Kunststoff, seit vergangenem Jahr auch<br />
aus Metall. Bei diesen Greifern handelt es<br />
sich durchgängig um Bauteile, die von den<br />
Kunden in der Fabrik eingesetzt werden, also<br />
nicht um Prototypen. Becker: „Die Oberflächenrauheit<br />
der gefertigten Bauteile stimmt<br />
nicht ohne Nacharbeit, geometrische Genauigkeiten<br />
sind von Dienstleistern für additive<br />
Fertigung nicht einzufordern. Maschinenbautaugliche<br />
Zertifikate für Toleranzen<br />
im Zehntel-Millimeter-Bereich wären schon<br />
von Vorteil. Außerdem wäre es wünschenswert,<br />
wenn die Konstrukteure bereits Messpunkte<br />
bei den Bauteilen vorsehen würden.“<br />
„Das Qualitätsmanagement erweist sich<br />
bei allen Verfahren für die additive Fertigung<br />
als sehr komplex, weil viele hundert<br />
Variablen Einfluss auf die Qualität der Fertigungsprozesse<br />
und der Bauteile haben“,<br />
sagte auch Professor Frank Brückner, Geschäftsfeldleiter<br />
Generieren und Drucken<br />
am Fraunhofer IWS in Dresden. Er empfahl<br />
den Besuchern des Forums, die gesamte<br />
Prozesskette im Blick zu haben – angefangen<br />
beim CAD-Modell über das Pulvertesten<br />
und das Post-Finishing bis hin zum Monitoring<br />
des Fertigungsprozesses.<br />
„Alleine mit den Details für das richtige<br />
Handling des Pulvers könnte man schon eine<br />
Veranstaltung füllen“, so Brückner weiter.<br />
An die Maschinenhersteller gerichtet<br />
äußerte der Professor den Wunsch, Sensordaten<br />
stärker als bisher sammeln und auswerten<br />
zu können, um daraus eine gewisse<br />
Intelligenz abzuleiten – und den Fertigungsprozess<br />
stabiler und reproduzierbarer zu gestalten.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 61
TAGUNGSBAND | Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Professor Frank Brückner, Geschäftsfeldleiter Generieren<br />
und Drucken am Fraunhofer IWS in<br />
Dresden: „Das Qualitätsmanagement erweist<br />
sich als sehr komplex, weil viele hundert Variablen<br />
Einfluss auf die Qualität der Fertigungsprozesse<br />
und der Bauteile haben“<br />
Gregor Reischle, Program Manager Additive Manufacturing<br />
bei TÜV Süd Product Service: „Wir erleben<br />
eine spannende Phase in der additiven Fertigung.<br />
Sie entkommt immer mehr dem Prototypen-Stadium<br />
und wird interessant für die Serienproduktion“<br />
Rolf Becker, Leiter der Forschungsabteilung bei<br />
Schunk: „Die Oberflächenrauheit der gefertigten<br />
Bauteile stimmt nicht ohne Nacharbeit, geometrische<br />
Genauigkeiten sind von Dienstleistern für<br />
additive Fertigung nicht einzufordern“<br />
VORABEND BEI RENISHAW<br />
INFO<br />
Auch die Abendveranstaltung, die am Vortag des Forums im neuen Solution<br />
Center für additive Fertigung bei Renishaw in Pliezhausen stattfand, war sehr<br />
gut besucht. Die Kernkompetenz von Renishaw ist die industrielle Messtechnik,<br />
doch baut das Unternehmen sein Geschäftsfeld für generative Fertigung derzeit<br />
stark aus: Dazu gehören Laser-Fertigungssysteme und Dienstleistungen,<br />
wie sie im Solution Center angeboten werden. Kunden erhalten die gesamte<br />
Bandbreite an Möglichkeiten, um marktfähige Bauteile additiv zu fertigen.<br />
Mitarbeiter von Renishaw führten die Besucher durch das Messtechnik-Labor<br />
sowie natürlich durch das neue Solution Center für generative Fertigung. „Wir<br />
haben bei unseren Laser-Fertigungssystemen eine sehr hohe Fertigungstiefe.<br />
Beispielsweise entwickeln und fertigen wir die Optiken, die Z-Achsen und die<br />
Produktionssteuerungs-Software selbst“, erklärte Jan-Peter Derrer, Product Manager<br />
Additive Manufacturing bei Renishaw, in seiner Ansprache an die Besucher.<br />
„Dadurch können wir eine sehr hohe Genauigkeit der Produktionsprozesse<br />
garantieren.“ Mehr noch: Die neue QS-Monitoring-Software Infini AM messe<br />
kontinuierlich während des Prozesses die Laserleistung. „Wir denken, dass wir<br />
hier ein Tool geschaffen haben, mit dem wir uns in der Branche auf Grenzwerte<br />
einigen können“, so Derrer. Renishaw verfügt darüber hinaus mit dem Equator<br />
über ein Prüfgerät, mit dem sich die Maßhaltigkeit additiv gefertigter Bauteile<br />
überprüfen lässt. Die damit gewonnenen Daten können zur Korrektur des Fertigungsprozesses<br />
herangezogen werden, indem sie an die Steuerung der Fertigungsmaschine<br />
übertragen werden. Dies funktioniert heute schon bei Bearbeitungsmaschinen.<br />
Bei seinen Lasersystemen für die additive Fertigung arbeitet<br />
Renishaw derzeit noch an einer derart automatisierten Prozesskette.<br />
Andreas Leupold, Leupold Legal, lenkte<br />
den Blick der Besucher auf die rechtlichen<br />
Aspekte der additiven Fertigung. „Für Auftraggeber<br />
und Dienstleister reicht ein Geheimhaltungsvertrag<br />
nicht mehr aus. Sie<br />
sollten vielmehr Industrial Security Agreements<br />
vereinbaren und ein entsprechendes<br />
Industrial Security Management System<br />
einführen, um personenbezogene sowie<br />
Maschinendaten zu schützen“, so sein Ratschlag.<br />
Er wies darauf hin, dass ein 3D-Modell<br />
kein patentierbares Produkt sei. Die<br />
Markenrechte, so Leupold, liegen beim Auftragnehmer,<br />
sobald dieser nur kleinste Änderungen<br />
an der Konstruktion vornehme.<br />
Auch bestehe kein Recht an den Produktionsdaten.<br />
„Es gibt keine Rechte an Daten,<br />
sondern nur an physischen Gegenständen“,<br />
stellte er klar. Vor diesem Hintergrund sei<br />
die Frage der Produkthaftung bei der additiven<br />
Fertigung sehr spannend. Denn wer<br />
letztlich der „Hersteller“ eines solchen Produkts<br />
sei, müssen die Vertragspartner in<br />
Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV)<br />
fixieren.<br />
Reischle, TÜV Süd, gab einen Überblick<br />
über bestehende Normen sowie Standardisierungsbestrebungen<br />
auf nationaler und<br />
internationaler Ebene. „Vieles ist heute<br />
62 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Qualitätssicherung in der additiven Fertigung | TAGUNGSBAND<br />
Ira Effenberger, Gruppenleiterin Abteilung Bildund<br />
Signalverarbeitung am Fraunhofer IPA, berichtete<br />
über die Möglichkeiten der Automatisierung<br />
der Qualittätssicherung<br />
Andreas Leupold, Leupold Legal, riet den Besuchern,<br />
Industrial Security Agreements bei der Zusammenarbeit<br />
mit Dienstleisternim Bereich additive<br />
Fertigung abzuschließen<br />
Steffen Hachtel, Geschäftsführer des Werkzeugbauers<br />
und Spritzgießers Hachtel, gab einen Einblick<br />
in den Einsatz der CT, die er seit zehn Jahren<br />
nutzt<br />
Dr. Siminia Fulga-Beising,<br />
Fraunhofer IPA, und<br />
Raphael Geiger von der<br />
University of Southern<br />
Denmark gaben am Ende<br />
des Vortragsprogramm<br />
spannende Einblicke in<br />
Zukunftsthemen<br />
Werkstoffe verändert sich die Partikelmorphologie.<br />
Dies beeinträchtigt die Fließfähigkeit<br />
des Materials und kann zu Fehlstellen<br />
im Bauteil führen“, so der Wissenschaftler.<br />
Steffen Hachtel, Geschäftsführer des<br />
Werkzeugbauers und Spritzgießers Hachtel,<br />
gab einen Einblick in den Einsatz der Computertomografie<br />
(CT), die er seit zehn Jahren<br />
nutzt, um Kunststoffteile zu optimieren<br />
und Werkzeuge zu verbessern. „Die CT ist<br />
ein Zaubermittel im Kunststoffbereich,<br />
stößt aber an ihre Grenzen, wenn es sich um<br />
Bauteile aus Metall handelt“, so Hachtel.<br />
Stark variierende Wanddicken erzeugen<br />
dann Artefakte. Insofern sei die CT für Defektanalysen<br />
durchaus kritisch zu sehen.<br />
schon vorhanden, doch haben wir auch<br />
noch viele Lücken“, lautete sein Resümee.<br />
Insbesondere die Zertifizierung von Materialien<br />
stecke noch in den Anfängen. Heute<br />
existieren in der Regel Zusagen der Maschinenhersteller<br />
für die Werkstoffe, die in ihren<br />
Maschinen nutzbar sind.<br />
Im Vortragsblock zur Mess- und Prüftechnik<br />
zeigte Thorsten Müller, Projektleiter Additive<br />
Manufacturing am Fraunhofer IFAM,<br />
auf, wie sich Pulverwerkstoffe analysieren,<br />
charakterisieren und qualifizieren lassen.<br />
„Bei einer Wiederverwendung rezyklierter<br />
MEHR ZUM EVENT<br />
INFO<br />
Weitere Fotos vom Forum sowie das Programm<br />
finden Sie auf der Webseite von Quality Engineering:<br />
http://hier.pro/MdTcV<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 63
TAGUNGSBAND | Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Jan-Peter Derrer, Product Manager<br />
Additive Manufacturing, Renishaw<br />
Welche Möglichkeiten bieten Sie Firmen, die eine additive Fertigung aufbauen?<br />
Der 3D-Metalldruck eröffnet neue Chancen, innovative Bauteilkonzepte<br />
wirtschaftlich und kurzfristig zu realisieren. Was<br />
aber geschieht vor und nach dem 3D-Druck? Renishaw ist das<br />
weltweit einzige Unternehmen, das die gesamte Produktionskette<br />
der additiven Fertigung begleiten kann, einschließlich<br />
der Nachbearbeitung und Qualitätssicherung der gedruckten<br />
Bauteile. Dies betrifft das Bauteilkonzept, die Detailkonstruktion,<br />
die Programmierung der Fertigungsabläufe, das additive<br />
Verfahren auf der Maschine und die Nachbearbeitung der „gedruckten“<br />
Bauteile. In unserem Solutions Center Nähe Stuttgart<br />
können Interessenten sogenannte Mietzellen nach einer<br />
ausführlichen Unterweisung in die Systemtechnik und die<br />
Grundlagen der additiven Fertigung eigenständig nutzen, um<br />
einmal selbst die gesamte Prozesskette vom Design und der<br />
Konstruktion bis hin zur Nacharbeit zu verwirklichen. Wir sind<br />
überzeugt, dass die Solutions Center und die mietbaren Produktionszellen<br />
interessierten Unternehmen den Einstieg in<br />
diese neue Technologie erheblich erleichtern werden.<br />
Ralf Becker, Leiter der<br />
Forschungsabteilung, Schunk<br />
Foto: Schunk<br />
Foto: Renishaw<br />
Was sind für Sie in der Praxis die größten<br />
Herausforderungen?<br />
Der Maschinenbau mit seinen Prozessen und Genauigkeitsforderungen<br />
wird von den allermeisten 3D-Druck-Dienstleistern leider<br />
immer noch nicht verstanden. Unsere Konstruktionen sind, um<br />
wirtschaftlich möglichst viel Sinn zu machen, zum Teil so komplex,<br />
dass Dienstleister die Herstellung sogar ablehnen. Wir haben eine<br />
eigene Maschine zum Kunststofflasersintern im Haus, auf der ein<br />
sehr gut ausgebildeter Kollege diese Teile aber problemlos herstellt.<br />
Diese Teile werden bei uns in Produkten oder als Produkte eingesetzt.<br />
Dabei werden kritische Bereiche vorab simuliert, so dass im<br />
späteren Betrieb keinerlei Einschränkungen bezüglich Einsatzdauer<br />
und Belastungszyklen gemacht werden müssen. Ein Vorschlag zur<br />
möglichen Lösung für dieses Problem ist von mir seit einigen Jahren<br />
eine Zertifizierung von Dienstleistern, verbunden mit dem Versprechen,<br />
auch bei Wiederholbestellungen immer die angegebenen (engen)<br />
Toleranzen einzuhalten. Der VDMA arbeitet an solchen Vorschlägen,<br />
die aber leider noch nicht in der Umsetzung sind.<br />
64 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Qualitätssicherung in der additiven Fertigung | TAGUNGSBAND<br />
Professor Frank Brückner,<br />
Geschäftsfeldleiter<br />
Additive Manufacturing<br />
and Printing, Fraunhofer<br />
IWS<br />
Dr. Andreas Leupold,<br />
Leupold Legal<br />
Qualitätsmanagement in der additiven<br />
Fertigung – wozu ist das notwendig?<br />
Mit Hilfe der additiven Fertigung lassen sich hochgradig komplexe<br />
sowie individualisierte Produkte überwiegend lagenweise<br />
herstellen. Insbesondere durch die resultierenden Freiheitsgrade<br />
dieser modernen Verfahren, aber auch beispielsweise Fertigungsschwankungen<br />
ist ein allumfassendes Qualitätsmanagement<br />
startend von der Ausgangsbasis (wie zum Beispiel der<br />
Bauteilauslegung oder des Zusatzwerkstoffes) bis hin zur Endprüfung<br />
der Komponenten erforderlich, um die Funktionalität<br />
des Bauteiles über die gesamte Nutzungsdauer als auch dessen<br />
robuste Prozessierung sicherzustellen. In Abhängigkeit der Bauteilanforderungen<br />
in unterschiedlichen Branchen ergeben sich<br />
unterschiedliche Tiefen sowie Zyklen notwendiger Qualitätsmanagementmaßnahmen<br />
unter Zuhilfenahme geeigneter Monitoring-Werkzeuge.<br />
Welche Rechtsfragen sind in der<br />
additiven Fertigung besonders wichtig?<br />
In meiner Beratung von Unternehmen, die selbst additiv fertigen<br />
oder sich dafür Unterstützung bei Dienstleistern holen, zeigt sich<br />
immer wieder, dass der industrielle 3D-Druck nicht nur ein anderes<br />
Herstellungsverfahren ist, sondern der rechtlichen Absicherung in<br />
der gesamten Wertschöpfungskette bedarf. Das beginnt mit dem<br />
Erwerb der Nutzungsrechte an einer additiven (Neu-) Konstruktion<br />
und der Freedom-to-operate-Analyse. Doch ebenso gilt es, das Prozess-Know-how<br />
und Geschäftsgeheimnisse zu schützen.<br />
Dazu müssen Industrial-Security-Agreements geschlossen werden,<br />
die weit mehr leisten müssen, als die üblichen Non-Disclosure-<br />
Agreements. Wegen der Vielzahl der Faktoren, die das Druckergebnis<br />
beeinflussen können, kommt dem Qualitätsmanagement und<br />
dem Abschluss von Qualitätssicherungsvereinbarungen, die den Besonderheiten<br />
der additiven Fertigung Rechnung tragen, besondere<br />
Bedeutung bei der Vermeidung der Produkthaftung zu, die Geschäftsführer<br />
und Vorstände auch persönlich treffen kann.<br />
Gregor Reischle, Program Manager<br />
Additive Manufacturing, TÜV SÜD<br />
Product Service<br />
Foto: TÜV SÜD<br />
Foto: Fraunhofer IWS<br />
Foto: Leupold<br />
Wie weit ist die Normierung fortgeschritten?<br />
Für den Bereich der industriellen Fertigung gibt es schon<br />
lange bestehende Normen, die den Standardisierungsgrad<br />
stetig fortschreiben. Für den Bereich der Additiven Fertigung<br />
sieht das jedoch anders aus. Hier fehlen entweder<br />
verbindliche Normen, die den Besonderheiten additiver<br />
Herstellverfahren Rechnung tragen, oder der Implementierungsgrad<br />
vorhandener Fertigungsstandards ist sehr gering.<br />
So stellt gerade die Fertigung risikobehafteter und<br />
qualitativ anspruchsvoller Bauteile Designer, Anwender<br />
und Hersteller vor große Herausforderungen, weil viele Fragen<br />
zur Qualitätssicherung noch unbeantwortet sind. Um<br />
hier Abhilfe zu schaffen, arbeiten die deutschen Normungsorganisationen<br />
DIN und VDI gemeinsam mit ihren<br />
internationalen Pendants ISO und ASTM daran, neue Standards<br />
für die Additive Fertigung zu entwickeln. Über den<br />
aktuellen Stand informiere ich in meinem Vortrag. Auch<br />
die Additive Manufacturing-Initiative von TÜV SÜD verfolgt<br />
das Ziel, die Branche bei diesen Fragen zu begleiten.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 65
TAGUNGSBAND | Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Thorsten Müller,<br />
Projektleiter Additive<br />
Manufacturing, Fraunhofer IFAM<br />
Steffen Hachtel,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter,<br />
F. & G. Hachtel<br />
Welche Bedeutung hat die Analyse<br />
der Pulverwerkstoffe?<br />
Als Rohstoff für die Pulverbett-basierenden 3D-Druckverfahren<br />
wie Laser- und Elektronenstrahlschmelzen (LBM und EBM)<br />
oder für das Binder-basierte „Binder Jetting“ kommt dem Metallpulver<br />
eine hohe Bedeutung zu. In der Additiven Prozesskette<br />
ist es ebenso bestimmend für die finale Bauteilqualität,<br />
wie das 3D-Datenmodell und die Prozessparameter während<br />
des Druckens. Zur Herstellung hochqualitativer Bauteile sind<br />
robuste Druckprozesse unabdingbar, die wiederum nur mittels<br />
gleichbleibender Rohstoff- sprich Pulverqualität erreicht<br />
werden. Daher ist die Analyse charakteristischer Pulvermerkmale<br />
wie der Partikelgrößenverteilung, der Fließeigenschaften<br />
und der chemischen Zusammensetzung unbedingt notwendig.<br />
Dieses gilt nicht nur für ungebrauchtes, frisches Pulver<br />
bei Neubefüllung von 3D-Drucksystemen, sondern auch<br />
prozessbegleitend, um die Wiederverwendbarkeit des nicht<br />
gebundenen Pulvers zu gewährleisten.<br />
Was sind für Sie die größten Heraus -<br />
forderungen in der Messtechnik?<br />
Die additive Fertigung hat sich aus dem Rapid Prototping entwickelt.<br />
Oberste Priorität hatte dabei die schnelle Umsetzung von<br />
komplexen Geometrien in Entwicklungsmustern. Im Unterschied<br />
zu Serienbauteilen, bei der eine sichere Erfüllung einer Funktion sowie<br />
der Prüfung und Dokumentation durch qualitätssichernden<br />
Maßnahmen gefordert sind, waren diese Fragestellungen hier von<br />
untergeordneter Bedeutung. Die technischen Fragestellungen hinsichtlich<br />
einer Qualifizierung additiv gefertigter Bauteile sind in vielerlei<br />
Hinsicht mit den Serienbauteilen aus konkurrierenden Verfahren<br />
vergleichbar, wie zum Beispiel die Formtreue und Maßhaltigkeit:<br />
Dennoch geriet die Notwendigkeit einer Qualifizierung erst<br />
dann in den Fokus der additiven Fertigung, als der Anspruch erhoben<br />
wurde, Funktionsteile in Losgröße 1 anzufertigen. Die additive<br />
Fertigung ist aufgrund der kleinen Losgröße darauf angewiesen, effiziente<br />
Messmethoden in digitalisierter Form anzuwenden. Die industrielle<br />
Computertomographie ist hier ein ideales Instrument.<br />
Ira Effenberger, Gruppenleiterin,<br />
Fraunhofer IPA<br />
Foto: Fraunhofer IPA<br />
Foto: Fraunhofer IFAM<br />
Foto: Hachtel<br />
Welche Rolle spielt die Automatisierung in der QS additiv gefertigter Teile?<br />
Für den zuverlässigen Einsatz additiv gefertigter<br />
Bauteile in nachgelagerten Produktionsschritten<br />
und schließlich im Endprodukt<br />
ist eine Qualitätskontrolle zwingend erforderlich.<br />
Sie gewährleistet nicht nur die Maßhaltigkeit<br />
sondern auch die Stabilität und<br />
Funktionalität des Bauteils. Eine Automatisierung<br />
der Qualitätssicherung ist hier von<br />
Vorteil, um schon frühzeitig während des<br />
additiven Fertigungsprozesses auftretende<br />
Fehler zu erkennen und darauf reagieren zu<br />
können. Hierfür kann mit einem optischen<br />
Inline-Prüfsystem gearbeitet werden, das<br />
automatisiert Bilder aufnimmt, diese auswertet<br />
und somit den Druckprozess überwacht.<br />
Nach der Fertigstellung und Entnahme<br />
des Bauteils aus dem 3D-Drucker sind<br />
teilweise weitere Mess- und Prüfschritte<br />
durchzuführen, zum Beispiel eine Inspektion<br />
von innenliegenden Strukturen. Hier<br />
kommen 3D-Messsysteme wie die Computertomographie<br />
zum Einsatz, die in der Lage<br />
sind, eine zerstörungsfreie 3D-Inspektion<br />
des kompletten Bauteils automatisiert<br />
durchzuführen.<br />
66 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
From Powder<br />
To Performance.<br />
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AUSGABENBEZEICHN Sonderteil < 9<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 67
TAGUNGSBAND | Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Dr. Timo Bernthaler,<br />
Institut für Material forschung,<br />
Hochschule Aaalen<br />
Jochen Tenkamp,<br />
Gruppenleiter<br />
Additive Fertigung,<br />
TU Dortmund<br />
Welche Rolle kann die Mikroskopie bei der<br />
additiven Fertigung spielen?<br />
Additive Fertigung hat signifikante Vorteile in Formgebung, nahezu<br />
endkonturnaher Bauteile, sowie integrierter Funktionseigenschaften.<br />
Mikroskopie ist dabei ein elementares Verfahren, um teils noch nicht<br />
bekannte Zusammenhänge zwischen Pulvercharakteristika, Prozessparametern<br />
(zum Beispiel thermischer Lasereintrag, Wärmebehandlungen),<br />
dem resultierenden inneren Materialaufbau mit Kornstrukturen<br />
und Fehlern, der Oberflächenausbildung, sowie erzielbarer Materialeigenschaften<br />
für additive Fertigung zu erfassen. Die qualitative und<br />
quantitative Mikroskopie und Tomographie ist für die Prozessentwicklung,<br />
aber auch die begleitende Prozessüberwachung und Qualitätsbewertung<br />
gezielt einsetzbar. Insbesondere bei aussichtsreichen Materialien,<br />
wie etwa WC-Co-Kompositen, die bislang für laserbasierte<br />
additive Verfahren herausfordernd sind, ist Mikroskopie zum Prozessverständnis<br />
unabdingbar. Mein Vortrag nimmt diese Fragestellungen<br />
auf und stellt Anwendungen der Mikroskopie entlang des Additive-<br />
Manufacturing-Prozesses dar.<br />
Welche Möglichkeiten ergeben sich<br />
durch Ermüdungsprüfungen?<br />
Es ist bekannt, dass konventionell und additiv gefertigte Werkstoffe<br />
und Strukturen Ausfälle im Bereich sehr hoher Lastspielzahlen<br />
(Very High Cycle Fatigue, VHCF) auch für Beanspruchungen<br />
unterhalb der sogenannten Dauerfestigkeit verzeichnen.<br />
Moderne Versuchstechniken, wie die Ultraschallermüdungsprüfung<br />
mit Prüffrequenzen von 20 000 Hz, ermöglichen die<br />
zeit- und ressourceneffiziente Ermittlung von statistisch abgesicherten<br />
Ermüdungsgrößen für sicherheitsrelevante Bauteile.<br />
VHCF-Ermüdungsprüfungen bieten im Vergleich zu Zugversuchen<br />
den Vorteil, dass sie sich als besonders (struktur-)sensitive<br />
und zuverlässige Bewertungsmethode eignen, um beispielsweise<br />
die Auswirkung unterschiedlicher Pulverqualitäten, Wärmebehandlungen,<br />
chemischer Zusammensetzungen, Fertigungsparameter<br />
und Gefügedefekte, etwa Porosität, auf die<br />
mechanische Leistungsfähigkeit additiv gefertigter Werkstoffe<br />
und Strukturen unter Schwingbeanspruchung zu ermitteln.<br />
Robin Day,<br />
Projektleiter Advanced Materials<br />
and Processes,<br />
RWTH Aachen Digital Additive<br />
Production DAP<br />
Foto: DAP<br />
Foto: Hochschule Aalen<br />
Foto: TU Dortmund<br />
Was sind die größten Herausforderungen bei der Qualitätsüberwachung?<br />
Qualitätskontrolle ist aus der modernen Fertigung gar<br />
nicht mehr weg zu denken. Für neue Fertigungsverfahren<br />
ist es damit Pflicht, noch vor der Industrialisierung die<br />
Qualitätssicherung additive hergestellte Komponenten<br />
festzulegen. Diese Qualitätskriterien sind nicht trivial, da<br />
sich die additive Fertigung grundlegend von der konventionellen/subtraktiven<br />
Fertigung unterscheidet. So können<br />
mit additiver Fertigung Strukturen erzeugt werden,<br />
die nicht von Werkzeugen oder Messsonden erreicht werden<br />
können (zum Beispiel innenliegende Kühlstrukturen).<br />
Wir haben einen großen Fundus an Prozessüberwachungstools,<br />
aber wie ich diese einsetzen kann scheitert<br />
aktuell am fehlenden Prozessverständnis additiver Fertigungsverfahren.<br />
Es stellte sich die Frage: Welche vielversprechenden<br />
Tools mit anschließenden Auswertealgorithmen<br />
werden wir in Zukunft benutzen? Was kennen wir<br />
schon und wie kann ich diese Normen auf den additiven<br />
Fertigungsprozess adaptieren?<br />
68 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Kundenspezifische Systeme<br />
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Schneller in-line CT<br />
•<br />
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Fehlererkunnung<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Automatisierung<br />
In-line-Röntgeninspektion<br />
Automatisierte Auswertungssoftware<br />
Integriert in Produktionslinien<br />
Servcies<br />
Retrofits<br />
Consulting<br />
Sonderanlagen<br />
Umstieg von Film zu DR<br />
•<br />
•<br />
•<br />
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Brandenbrooker Weg 2-4<br />
23617 Stockelsdorf<br />
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www.visiconsult.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 69
TAGUNGSBAND | Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Foto: University of Southern Denmark<br />
Raphael Geiger,<br />
SDU Mechanical Engineering,<br />
University of Southern<br />
Denmark<br />
Foto: Fraunhofer IPA<br />
Dr. Simina Fulga-Beising,<br />
Senior Scientist, Abteilung Bildund<br />
Signalverarbeitung,<br />
Fraunhofer IPA<br />
Welche Herausforderung birgt die Her -<br />
stellung von Kohlefaserverbundteilen?<br />
Welche Bedeutung kann maschinelles<br />
Sehen und Lernen erhalten?<br />
Neue Werkstoffe innerhalb der additiven Fertigungsverfahren<br />
erweitern die Einsatzmöglichkeiten speziell im Leichtbau.<br />
Drohnen profitieren von diesen Entwicklungen, sowohl Multirotor<br />
Designs als auch Drohnen mit festen Tragflügeln, sogenannten<br />
„fixed wing drones“. Einerseits ermöglicht additive<br />
Fertigung die Produktion komplexer Leichtbaustrukturen, neben<br />
diesem „konstruktiven Leichtbau“ erweitern Leichtbaumaterialien<br />
wie Kohlenstofffaser-Verbundwerkstoffe die Attraktivität<br />
im Bereich Luftfahrt enorm. Drohnen weisen meist kleinere<br />
Abmessungen als herkömmliche Fluggeräte auf. Hierdurch<br />
fallen die Nachteile der additiven Verfahren wie die relativ geringe<br />
Produktivität und Bauraumgröße weniger stark ins Gewicht.<br />
Was allerdings technisch noch zu lösen ist, ist eine lückenlose<br />
Qualitätssicherung innerhalb des Verfahrens. Das Ziel<br />
im Sinne der Drohnen-Fertigung ist eine 100%ige Bauteil und<br />
Werkstoffüberprüfung ab Losgröße 1.<br />
Die Kombination von künstlicher Intelligenz und industrieller Bildverarbeitung<br />
ist der Schlüssel für den Bereich der selbst organisierten<br />
Prozess- und Produktqualität durch Selbstkontrolle und Selbstregelung,<br />
der sogenannten Qualität 4.0. Die additiv entstehenden<br />
Produkte sollen nicht nur unter anderem zu Kosten eines<br />
Massenprodukts entwickelt, designed und hergestellt werden, sondern<br />
sie müssen die geforderte Reproduzierbarkeit und wiederholbare<br />
Qualität erreichen. Aus der Sicht der Produkt- und Prozessqualitätssicherung<br />
wird „additiv“ erst dann zu einer gleichwertigen<br />
Technologie, wenn die Qualitätskontrolle automatisch ge sichert<br />
werden kann. Maschinelles Sehen und Lernen sind die Hauptparameter<br />
der Kernfunktionen einer smarten additiven Fertigung mit<br />
Qualität 4.0. Damit wird nicht nur eine automatische Bestimmung<br />
der selbstadaptiven Produktionsparameter realisierbar, sondern<br />
auch eine selbstständige Qualitätsüberwachung und Qualitätssicherung<br />
entlang der gesamten Wertschöpfungskette.<br />
Mehrsprachige Katalogproduktion<br />
Für die Produktion Ihrer mehrsprachigen oder versionierten Kataloge sind wir bestens gerüstet –<br />
speziell wenn es um das Know-how beim Projektmanagement Ihrer hochkomplexen Aufträge geht.<br />
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70 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
AUSGABENBEZEICHN Sonderteil < 1 3<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 71
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Additive Fertigung in der Energietechnik<br />
Stationäre Gasturbine zur<br />
Effizienssteigerung bei der<br />
Brennstoffeinspritzung<br />
Funktionalität<br />
Die für die SLM ® Technologie charakteristische Geometriefreiheit<br />
hinsichtlich des Bauteildesigns ermöglicht die<br />
Steigerung der Bauteilfunktionalität. Die Verwendung<br />
dieser Technologie führt in dem hier vorliegenden Beispiel<br />
zu einer Optimierung der Geometrie des Swirlers. Durch<br />
die Verwendung einer internen Gitterstruktur und<br />
zusätzlichen Kanälen lässt sich eine Funktionsoptimierung<br />
und -integration erzielen. Die Gitternetzstruktur ermöglicht<br />
eine Gewichtsreduktion des Bauteils und somit eine Verringerung<br />
des Materialeinsatzes und des Rohstoffbedarfs.<br />
Modifizierte<br />
Brennstoffdüse (Swirler)<br />
Zur Herstellung einer modifizierten Brennstoffdüse hat<br />
sich PRÄWEST für das SLM ® Verfahren entschieden.<br />
Dieser sogenannte Swirler dient der Einspritzung und<br />
optimalen Verteilung des Brennstoffes in der Brennkammer.<br />
Entscheidend ist hierbei, den Brennstoff so zu<br />
verteilen, dass eine gleichmäßige, schnelle und vollständige<br />
Verbrennung möglich ist. Der Swirler wird aus der<br />
Nickelbasislegierung IN 718 gefertigt. Das Material<br />
zeichnet sich vor allem durch seine hohe Korrosionsbeständigkeit<br />
aus. Dabei weist der Werkstoff im SLM ®<br />
Verfahren typischerweise eine Zugfestigkeit (Rm) von<br />
1.230 N/mm² auf.<br />
Seit der Gründung im Jahr 1945 hat sich PRÄWEST als<br />
dynamisches und innovatives Unternehmen stetig weiterentwickelt.<br />
Der Lohnfertiger für den Bereich Aerospace<br />
und Turbo Machinery hat sich auf die Nachbearbeitung<br />
komplexer Bauteile spezialisiert. In dem hochmodernen<br />
Maschinenpark kommen die Verfahren Fräsen, Drehen<br />
und Schleifen zum Einsatz, wofür 130 CNC-Fräsmaschinen<br />
und 24 Roboter zur Verfügung stehen.<br />
Kosteneinsparungen<br />
Durch den Einsatz der SLM ® Technologie zur Herstellung<br />
des Swirlers konnten die Kosten um mehr als 65 Prozent<br />
gesenkt werden. Die Einsparung von zwei Prozessschritten<br />
führte außerdem zu einer Reduzierung der Produktionsdurchlaufzeiten<br />
von mehr als 50 Prozent.<br />
Effizienz<br />
Freiheitsgrade bei der Konstruktionsänderung ermöglichen<br />
die Integration neuer Funktionen. In dem vorliegenden<br />
Fallbeispiel konnte hiermit der Wirkungsgrad des Turbinensystems<br />
und somit die Effizienz des Bauteils durch den<br />
Einsatz der SLM ® Technologie verbessert werden. Unterstützt<br />
wird dies durch die hohe Prozessflexibilität des<br />
SLM ® Prozesses. Die werkzeuglose Fertigung ermöglicht<br />
die Umsetzung der Konstruktionsänderungen und<br />
zeichnet sich dabei durch seine geringe Kosten- und Zeitintensität<br />
aus. Das Selective Laser Melting Verfahren eignet<br />
sich somit für die Einzel- und Serienfertigung von Bauteilen.<br />
Flexibilität<br />
Der Einsatz der SLM ® Technologie ermöglicht die Umsetzung<br />
konstruktiver Änderungen, die mittels konventioneller<br />
Fertigungsverfahren aus wirtschaftlichen oder<br />
technologischen Aspekten nicht durchführbar sind. Da<br />
diese in der SLM ® Prozesskette wenig zeit- und kostenintensiv<br />
sind, ist eine flexible Anpassung günstiger und<br />
effizienter zu realisieren.<br />
Zeitersparnis<br />
Die Realisierung kürzerer Prozessdurchlaufzeiten stellt<br />
eine der wesentlichen Stärken der SLM ® Technologie dar.<br />
Diese können aufgrund einer hohen Fertigungstiefe im<br />
SLM ® Prozess realisiert werden, da Nebenzeiten wie<br />
Umspann und Einrichten entfallen. Der Anteil, der im<br />
Pre-Prozess anfallenden Prozessschritte kann in einer<br />
Serienproduktion um bis zu 50 Prozent reduziert werden.<br />
Die zeit- und kostenintensive Datenaufbereitung, die zu<br />
den Stützprozessen des Produktionsprozesses zählt,<br />
entfällt nahezu vollständig.<br />
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72 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
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AUSGABENBEZEICHN Sonderteil < 1 5<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 73
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Produktionslinie erfordert zunehmend optische<br />
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16 > Sonderteil AUSGABENBEZEICHN<br />
74 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
technik & wissen<br />
Innerhalb von nur vier<br />
Monaten hat es<br />
Emm! Solutions<br />
geschafft, ein eigenes<br />
Auto zu entwickeln. „Der<br />
ILO ist derzeit das<br />
kleinste, kompakteste<br />
Mobilitätskonzept”, sagt<br />
Firmengründer Armin<br />
Müller, hier im Design-<br />
Büro selbst am Steuer.<br />
Bild: Annette Cardinale<br />
Digitale Entwicklungskette beschleunigt den Weg zum Prototypen<br />
In 120 Tagen<br />
zum Auto<br />
Kollaboratives Design | Emm! Solutions hat es<br />
geschafft, in nur vier Monaten ein eigenes Auto zu<br />
entwickeln und den „ILO 1“ auf vier Räder zu stellen.<br />
Der Clou: Über eine webbasierte Software wurden die<br />
Konstruktionsaufgaben im Lieferanten-Netzwerk<br />
verteilt und so alle Prozesse gesteuert.<br />
Die einheitliche digitale Kommunikation entlang der<br />
gesamten Prozesskette machte es möglich, zahlreiche<br />
Teile zeitgleich zu entwickeln und zu optimieren, zum<br />
Beispiel hinsichtlich ihres Gewichts. Das Ergebnis ist ein<br />
Konzeptfahrzeug mit einer Straßenzulassung für den<br />
Prototypen. Diese Innovation präsentierte die Landesagentur<br />
für Leichtbau Baden-Württemberg in ihrer<br />
monatlichen Rubrik „ThinKing“ im Januar 2018. Mit<br />
ihr gibt Leichtbau BW innovativen Produkten und<br />
Dienstleistungen eine Plattform.<br />
Wie sieht die Mobilität von morgen aus? Mit dieser<br />
knackigen Aufgabe beschäftigt sich das Start-up<br />
Emm! Solutions. Hinter dem jungen Unternehmen aus<br />
Weil der Stadt steckt Armin Müller, der zu Beginn der<br />
Neunziger Projektleiter des ESP-Systems bei Daimler<br />
und zuletzt in leitender Funktion für Porsche tätig war.<br />
„Beim Thema Mobilität geht es darum, eine Transportaufgabe<br />
zu lösen. Diese erzeugt Verkehr – mit all seinen<br />
Problemen“, sagt Müller. Zusammen mit seinem Team<br />
hat Müller an einem neuen Mobilitätskonzept für den<br />
Individualtransport gearbeitet. Der „ILO 1“ ist ein<br />
kompaktes Konzeptleichtbaufahrzeug – wenige Zentimeter<br />
kleiner als der aktuelle Smart ForTwo. Im<br />
Prototyp findet derzeit eine Person Platz, in einer<br />
späteren Variante sollen zwei Personen befördert<br />
werden können.<br />
Um den ILO 1 zu realisieren, bestand die Heraus -<br />
forderung für das kleine Start-up vor allem darin, das<br />
Projektmanagement und die Produktionssteuerung<br />
möglichst schlank und effizient zu halten. „Wir wollten<br />
an Fähigkeiten und Know-how hinzugewinnen, aber<br />
nicht wachsen“, sagt Müller. Hier kommt das Product-<br />
Lifecycle-Management-System des ebenfalls noch jun-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 75
technik & wissen<br />
gen Unternehmens Cassini Systems Europe mit ins<br />
Spiel: Über deren webbasierte Software lief die gesamte<br />
Kommunikation mit den Lieferanten ab.<br />
Im PLM-System von Cassini können einzelne Teile<br />
oder Bauteilgruppen für einen bestimmten Lieferanten<br />
freigegeben werden. Dieser erhält dann Zugriff auf alle<br />
dort hinterlegten Dokumente, die für die Herstellung<br />
relevant sind. Dazu gehören beispielsweise die CAD-<br />
Daten und Spezifikationen wie etwa Qualität, Strapazierfähigkeit<br />
und das „erlaubte“ Gesamtgewicht des<br />
Teils. „Mit diesen Daten kann sich der Hersteller gleich<br />
an die Konstruktion des Bauteils machen. Viele<br />
die Teile leichter zu machen oder ihre Funktion zu<br />
verbessern“, erklärt Müller. Die Aufgaben mussten also<br />
nicht von einer Firma allein geschultert werden und<br />
viele Prozesse konnten parallel ablaufen.<br />
„Durch die Digitalisierung der Prozesskette und die<br />
Entwicklung sowie Produktion in einem Netzwerk aus<br />
mehreren Unternehmen hat man die Chance, die timeto-market<br />
zu verkürzen. Das ist ein enormer Wert -<br />
hebel“, erklärt Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer<br />
der Leichtbau BW GmbH. Um das volle Potential auszuschöpfen,<br />
müsse jedoch wirklich die gesamte Prozesskette<br />
digitalisiert und der Datenaustausch standardisiert<br />
Die komplette Karosserie besteht aus leichtem CFK mit 1,8 mm Wanddicke.<br />
Die Blenden werden additiv als Lasersinterteile gefertigt. Bild: Emm! Solution<br />
Die Batterie des ILO 1 lädt sich innerhalb von drei Stunden vollständig auf – eine<br />
Akkuladung ermöglicht eine Reichweite von 80 km. Die Ladeklappe des ILO 1 ist<br />
aus Kohlefaser wie die gesamte Karosserie. Bild: Emm! Solutions<br />
Zwischenschritte entfallen dadurch, vor allem in der<br />
Kommunikation. Dieses Vorgehen haben wir bei unserem<br />
ILO 1 erprobt“, sagt Müller. Denn für ihn gehörte<br />
zum Gesamtkonzept auch die Frage, wie Kollaboration<br />
schlank und effizient stattfinden kann.<br />
Nach getaner Arbeit lädt der Lieferant seine Dateien<br />
wieder in das Online-System hoch und produziert das<br />
Teil. Es findet also automatisch eine digitale Dokumentation<br />
der Entwicklungsarbeit statt und der Datenaustausch<br />
erfolgt für alle Akteure nachvollziehbar über<br />
diese Schnittstelle. „Die Besonderheit an diesem System<br />
ist, dass wir viele klassische Detailaufgaben in der Konstruktion<br />
unter den Lieferanten verteilt haben – etwa<br />
sein. „Dies eröffnet für den Leichtbau auch ganz neue<br />
Möglichkeiten, denn so können Produktion und<br />
Entwicklung noch enger zusammenarbeiten. Es werden<br />
ganz andere Arbeitsweisen und Abläufe in die Unternehmen<br />
und die Lieferkette einziehen“, meint Seeliger.<br />
Die Konstruktion des ILO 1 sieht er als Paradebeispiel<br />
für Top-down-Konzept leichtbau.<br />
„Wir sind mit einem konzeptionellen Ansatz an das<br />
Projekt herangegangen. Unser Auto sollte so leicht wie<br />
möglich werden, um energieeffizient und ressourcenschonend<br />
unterwegs zu sein“, sagt Armin Müller. Das<br />
Thema Gewicht ist beim ILO 1 ohnehin eine essentielle<br />
Frage. Denn um in die Fahrzeugklasse „Leichtelektro -<br />
mobile“ zu kommen, sollte er nur maximal 450 kg auf<br />
die Waage bringen (ohne Batterie). „Wir mussten jedes<br />
Teil hinsichtlich seiner Funktion optimieren und leichter<br />
machen, sonst hätte das Gesamtsystem nicht funktioniert<br />
und wir wären nicht unter die 450 Kilogramm<br />
gekommen“, erklärt Müller.<br />
„Der ILO 1 ist ein gutes Beispiel, wie gerade der<br />
Leichtbau im Hinblick auf die Konstruktion ein zentra-<br />
76 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
ler Möglichmacher sein kann, um ein Fahrzeug neu zu<br />
denken oder – wie im Fall des ILO 1 – überhaupt erst<br />
realisierbar zu machen“, sagt Dr. Seeliger.<br />
Die Außenhaut des kleinen E-Mobils besteht aus<br />
einem sehr dünnen CFK-Laminat. „Im ILO 1 stecken<br />
viele Metall- und Kunststoffteile, die wir im 3D-Druck<br />
direkt aus dem CAD haben herstellen lassen“, erklärt<br />
Müller. Da der ILO 1 elektrisch angetrieben wird, war<br />
auch das Gewicht der Batterie ein Thema. Doch durch<br />
ein effizientes Energiemanagement auf Softwareseite<br />
konnten die Entwickler das Batteriegewicht senken. Mit<br />
einer Akkuladung kommt der ILO 1 auf eine Reichweite<br />
von 80 km. Zudem haben die Entwickler bei der Verlegung<br />
der Kabelbäume auf kurze Wege und möglichst<br />
geringen Materialeinsatz geachtet.<br />
„Der ILO 1 ist derzeit das kleinste, kompakteste<br />
Mobilitätskonzept”, sagt Müller. Mit 1,3 m Breite und<br />
2,3 m Länge belegt er beim Parken eine Fläche von nur<br />
rund 3 m². Ein normaler Pkw kommt im Vergleich dazu<br />
auf 8 bis 10 m² Fläche. „Wenn nur noch ILOs unterwegs<br />
wären, dann würden in zahlreichen Städten auf<br />
einen Schlag viele Flächen frei werden und man hätte<br />
mit unserem Auto kein Parkplatzproblem mehr“, sagt<br />
Müller. „Denn auf einen normalen Pkw-Parkplatz passen<br />
zwei ILOs – der Verkehr würde sich halbieren.“<br />
Beim Thema Mobilität spielt vor allem die Frage des<br />
Fahrzeuggewichts eine entscheidende Rolle, also wie<br />
viel Kilogramm bewegt werden müssen, um eine Person<br />
zu befördern. Mit vier beziehungsweise fünf beförderten<br />
Personen ist ein Pkw selten ausgelastet. „Zum<br />
Beispiel im Berufsverkehr sitzen im Schnitt nur 1,1 Personen<br />
im Fahrzeug. Bei einem normalen Pkw müssen<br />
für den Transport einer Person rund eineinhalb Tonnen<br />
an Fahrzeuggewicht bewegt werden, beim ILO 1 sind es<br />
nur 450 Kilogramm“, rechnet Müller vor. Noch besser<br />
würde das Konzeptfahrzeug abschneiden, wenn man<br />
zwei Personen als Passagier unterbringt. Das geringe<br />
Emm! Solutions<br />
Das Start-up mit Sitz in Weil der Stadt hat<br />
Armin Müller 2015 gegründet. Anfang der<br />
Neunziger war er Projektleiter für das ESP-<br />
System bei Daimler und später mit leitenden<br />
Aufgaben bei ZF Friedrichshafen und<br />
Porsche betraut. Derzeit besteht das Team<br />
von Emm! Solutions aus neun Mitarbeitern,<br />
die neue Mobilitätskonzepte realisieren und<br />
so aktuelle Verkehrsprobleme lösen wollen.<br />
www.emm-solutions.de<br />
Gewicht des Fahrzeugs sorgt für einen niedrigeren<br />
Kraftstoffverbrauch und weniger CO 2 -Emissionen.<br />
Momentan gibt es drei Prototypen des Konzeptfahrzeugs,<br />
die alle auch eine Straßenzulassung haben. Einer<br />
davon steht im Büro von Emm! Solutions im Firmensitz<br />
in Weil der Stadt und die Entwickler arbeiten weiterhin<br />
an kleinen Verbesserungen.<br />
Mit entsprechender Programmierung kann man den<br />
ILO 1 auch hochautomatisiert fahren lassen. Denn an<br />
Bord sind bereits verschiedene Systeme verbaut, die ihm<br />
helfen, seine Umgebung wahrzunehmen und sich darin<br />
autonom zu bewegen. Dazu gehören beispielsweise<br />
Radar- und Ultraschallsensoren, Kameras und ein<br />
Lidar-System zur Objekterkennung sowie Abstandsund<br />
Geschwindigkeitsmessung.<br />
Doch die Vision von Armin Müller und seinem Team<br />
für den ILO 1 geht noch viel weiter: Das Fahrzeug soll<br />
mit Sensoren und einem Leit-System interagieren und<br />
kommunizieren, die in der Umgebung fest installiert<br />
sind. Damit soll es ihm gelingen, intelligent und autonom<br />
durch die Stadt zu navigieren und dabei den<br />
jeweils aktuell herrschenden Verkehrsfluss zu meistern.<br />
Mit dem straßentauglichen ILO 1 haben die Entwickler<br />
von Emm! Solutions den ersten Schritt in diese Richtung<br />
bereits gemacht.<br />
•<br />
Alexander Hauber<br />
Leichtbau BW GmbH, Stuttgart<br />
Im Prototyp des ILO 1 findet derzeit eine Person Platz, in einer<br />
späteren Variante sollen sich zwei Personen in dem kompakten<br />
E-Mobil befördern lassen können. Bild: Annette Cardinale<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 77
technik & wissen<br />
Die Portalkransysteme<br />
entlasten die Werker bei<br />
Dürholdt in der Dreherei,<br />
der Bohrerei und in der<br />
Montage. Bilder:Vetter<br />
Krananlagen von Vetter optimieren die Produktionsabläufe bei Dürholdt<br />
Schwere Ventile<br />
feinfühlig bewegen<br />
Intralogistik | Der Armaturenhersteller Dürholdt hat<br />
seine Produktion in neue Räumlichkeiten verlegt und<br />
die Gelegenheit genutzt, die Werker an den Fertigungsinseln<br />
mit Portalkrananlagen und Säulenschwenkkranen<br />
zu entlasten. Dabei setzen die Wuppertaler<br />
auf Lösungen des Kranbauers Vetter.<br />
Dass auch Standardkrane für individuelle Bedürfnisse<br />
geeignet sein können, zeigt eine Installation des Kranspezialisten<br />
Vetter bei Franz Dürholdt, einem Hersteller<br />
von Industriearmaturen. Um für die Zukunft gerüstet<br />
zu sein, hat das Wuppertaler Unternehmen den Produktionsbereich<br />
in neue, großzügigere Räumlichkeiten verlegt,<br />
wo die Abläufe grundsätzlich neu organisiert sind.<br />
Außerdem wurde die Arbeit für die Werker an den Fertigungsinseln<br />
mit Portalkrananlagen und Säulenschwenkkranen<br />
ergonomischer und effizienter gestaltet.<br />
Dürholdt ist ein internationaler Anbieter von Industriearmaturen<br />
aller Art und kann auf eine lange Tradi -<br />
tion zurückblicken. Inzwischen ist das Familienunternehmen<br />
in der fünften Generation auf dem Markt aktiv<br />
und hat sich mit einem Know-how von mehr als 140<br />
Jahren im Armaturenbau zu einem leistungsfähigen und<br />
serviceorientierten Vollsortimenter entwickelt. Bei<br />
Schlauch-Membranventilen und Schlauch-Quetschventilen<br />
ist Dürholdt auf dem heimischen und europäischen<br />
Markt führend. Die besondere Stärke der Wuppertaler<br />
sind projektbezogene Beratungen und Speziallösungen<br />
für den Industriearmaturenbau. Hierzu gehören vornehmlich<br />
ausgekleidete Armaturen zum Absperren und<br />
Regeln von aggressiven, abrasiven, feststoffhaltigen,<br />
staubförmigen und körnigen Medien, die in nahezu<br />
allen Industriezweigen eingesetzt werden.<br />
„Bei der Ausschreibung der neuen Krananlagen hat<br />
sich Vetter Krantechnik deutlich vom Wettbewerb abgesetzt“,<br />
erzählt Karsten Schievelbusch, Geschäftsführer<br />
bei Dürholdt. Dabei habe neben einem guten Preis-Leistungsverhältnis<br />
vor allem die lösungsorientierte Bera-<br />
78 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Da die Räume unterkellert sind, wurde die Kransäule<br />
mit einer Sonderkonstruktion auf den Grundträgern<br />
befestigt, die im Keller die Betondecke abstützen.<br />
tung überzeugen können. „Vetter Krantechnik ist optimal<br />
auf unsere Anforderungen eingegangen und hat uns<br />
Kranlösungen angeboten, die unser neues Fertigungskonzept<br />
perfekt unterstützen“, versichert Schievelbusch.<br />
Bei der Installation der Krananlagen musste sich<br />
Vetter an den bestehenden Räumlichkeiten orientieren<br />
und die eine oder andere Herausforderung meistern. So<br />
sind zum Beispiel einige Produktionsbereiche unterkellert,<br />
so dass die Krane nicht auf herkömmliche Weise<br />
befestigt werden konnten. Vetter löste das Problem mit<br />
einer pfiffigen Sonderkonstruktion. Zudem nutzten die<br />
Spezialisten bei allen Krananlagen den vorhandenen<br />
Platz optimal aus. Die Brücken der Portalkransysteme<br />
wurden so hoch gebaut wie möglich. Außerdem wurden<br />
die Kranbahnen dem Hallenlayout angepasst, so dass<br />
die Werker den Hakenweg optimal ausnutzen können.<br />
Insgesamt sind bei Dürholdt zwei Säulenschwenkkrane<br />
und fünf Portalkransysteme vom Typ P300 installiert.<br />
Die Modelle kommen im Montagebereich, in der Bohrerei<br />
und Dreherei sowie im Prüfraum und im Versand<br />
zum Einsatz. Auf diese Weise konnte eine flächendeckende<br />
Bestreichung der Fertigungsinseln sichergestellt<br />
werden.<br />
”<br />
Quelle:<br />
Die beiden Säulenschwenkkrane<br />
vom Typ Meister und<br />
Assistent haben eine Tragfähigkeit<br />
von 1000 kg und 500 kg.<br />
Der große Schwenkkran vom<br />
Typ Meister hat eine Ausladung<br />
von 7 m und ist komplett elektrisch<br />
und stufenlos in unterschiedlichen<br />
Geschwindigkeiten<br />
bedienbar. Damit ist im Versand<br />
ein feinfüh liges Handling der<br />
schweren Ventile möglich. Der<br />
Standardkran Assistent im Prüfbereich<br />
wird manuell bedient.<br />
Wegen des darunter liegenden<br />
Kellers mussten sich die Spezialisten<br />
aus Siegen für diese Krananlage<br />
eine Sonderkonstruktion<br />
einfallen lassen. Vetter befestigte<br />
die Kransäule auf den Grundträgern,<br />
die im Keller in einem<br />
Abstand von 2,10 m die Betondecke abstützen.<br />
Die Profi-Portalkransysteme kommen in der Dreherei,<br />
der Bohrerei und in der Montage zum Einsatz. Die<br />
Installation der Krananlage im Montagebereich mit<br />
zwei Kranbrücken und einer Tragfähigkeit von jeweils<br />
500 kg war auch nicht auf herkömmliche Weise möglich,<br />
da auch dieser Bereich unterkellert ist. Deshalb hat<br />
der Hersteller eine der Kranstützen auf die Grundträger<br />
montiert. Die Laufbahnen wurden durch die Wand zur<br />
benachbarten Halle geführt und dort an den jeweiligen<br />
Kranstützen montiert. Im Torbereich wurde eine der<br />
Kranstützen mit einer Kragarmverlängerung zur Aufnahme<br />
der Laufbahn versehen. So bleibt der Torbereich<br />
frei und der Staplerverkehr kann ungehindert die Einfahrt<br />
passieren.<br />
Die Portalkransysteme in den Bereichen Drehen und<br />
Bohren sind auf 1000 kg Traglast ausgelegt und mit<br />
einer Kranbrücke mit jeweils 500 kg Traglast ausgestattet.<br />
Hier wollten sich die Wuppertaler die Option offenhalten,<br />
die Anlage bei weiterem Wachstum mit einer<br />
zweiten Kranbahn mit 500 kg Traglast zu erweitern.<br />
Schließlich soll die Produktion nicht nur den gegenwärtigen<br />
Ansprüchen genügen, sondern auch für die Zukunft<br />
noch Spielraum bieten. (ub) •<br />
Die lösungsorientierte Beratung<br />
hat uns am Ende überzeugt.“<br />
Karsten Schievelbusch, Geschäftsführer Dürholdt<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 79
technik & wissen<br />
Die Leitsteuerung der Transportroboter<br />
gewährleistet eine<br />
spursichere Fahrzeugführung.<br />
Bilder: EK Automation<br />
Erstes automatisches Transportrobotik-System an einem Flughafen<br />
Ein Gitter aus Licht<br />
schützt die Ware<br />
Intralogistik | Transportroboter von EK Automation<br />
verfrachten Waren durch den Sicherheitsbereich des<br />
Flughafens in Oslo. Damit das Gut unterwegs nicht<br />
manipuliert werden kann, spannt ein Sicherheitssystem<br />
ein Lichtgitter um die Ware, sodass jeder Zugriff<br />
sofort erkannt wird.<br />
Der Abstecher in einen Duty Free Shop<br />
gehört heute für viele Fluggäste einfach dazu<br />
und hier stoßen die Reisenden wie selbstverständlich<br />
auf gefüllte Spirituosen-, Kosmetik-<br />
und Süßwarenregale. Damit das so<br />
bleibt müssen die Warenströme reibungslos<br />
funktionieren. Für die Betreiber ist das eine<br />
besondere Herausforderung, denn jedes Logistik-Konzept<br />
im Sicherheitsbereich eines<br />
Flughafens muss sich strengen Vorschriften<br />
unterordnen. Das Hamburger Unternehmen<br />
Gebr. Heinemann betreibt am internationa-<br />
len Terminal des Oslo Airports, das erst im<br />
letzten Jahr eröffnet wurde, einen der größten<br />
Duty Free Shops in Europa. Die Waren<br />
für diesen Shop werden aus dem Zentral -<br />
lager in Hamburg zum Wareneingang des<br />
Flughafens überführt. Von hier aus müssen<br />
sie bedarfsgerecht in die Shops transportiert<br />
werden.<br />
Für die effiziente Warenversorgung<br />
brauchten die Betreiber eine automatisierte<br />
Lösung und entschieden sich für die Einführung<br />
des weltweit ersten fahrerlosen Transportsystems<br />
an einem Flughafen im Duty-<br />
Free-Bereich. Mit der Realisierung beauftragte<br />
Gebr. Heinemann die EK Automation<br />
aus Rosengarten bei Hamburg. Das Unternehmen<br />
mit rund 180 Mitarbeitern weltweit<br />
hat sich auf automatische Materialfluss-<br />
und Lagersysteme spezialisiert und<br />
zählt zu den führenden europäischen Anbietern<br />
von fahrerlosen Transportsystemen<br />
(FTS), die auch Transportroboter genannt<br />
werden. Die Spezialisten aus dem hohen<br />
Norden entwickeln intelligente und effiziente<br />
FTF-Lösungen, die individuell auf Kundenanforderungen<br />
zugeschnitten sind.<br />
Simulation ermittelt die optimale Zahl<br />
der Transportroboter<br />
Bei dem Projekt am Oslo Airport gab es eine<br />
Reihe von besonderen Herausforderungen.<br />
„Die Paletten müssen eine Wegstrecke mit<br />
Aufzügen über mehrere Etagen und durch<br />
lange, schmale Gängen zurücklegen“, erzählt<br />
Felix Schad, Projektleiter bei EK Automation.<br />
„Das Ganze spielt sich zudem in<br />
unterschiedlichen Sicherheitsbereichen des<br />
Flughafens ab.“ Und deswegen muss sichergestellt<br />
sein, dass die Ware bei der Beförderung<br />
durch das FTS nicht manipuliert werden<br />
kann. Für die Ausarbeitung des idealen<br />
Verkehrskonzepts und die Ermittlung der<br />
optimalen Zahl von Transportrobotern beauftragte<br />
Gebr. Heinemann die EK Automation<br />
mit der Durchführung einer 3D-Simulation.<br />
Dabei wurde ein Modell der Räumlichkeiten<br />
erstellt, in dem die Prozessabläufe<br />
in unterschiedlichen Varianten dargestellt<br />
80 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Auf dem Weg durch die Ver -<br />
sorgungsgänge schützt ein Sensoren-Lichtgitter<br />
die Paletten<br />
auf den Transportrobotern vor<br />
unberechtigtem Zugriff.<br />
Dank der Sensoren<br />
nehmen die Fahrzeuge<br />
die mit Ware befüllten<br />
Paletten millimetergenau<br />
auf ihre Gabel.<br />
und durchgespielt wurden, um so zur besten<br />
Lösung zu gelangen. Mit dieser Vorgehensweise<br />
ließen sich frühzeitig ungeahnte Herausforderungen,<br />
Planungsrisiken oder Engpässe<br />
identifizieren und das automatische<br />
Transportsystem konnte exakt auf die<br />
räumlichen Gegebenheiten zugeschnitten<br />
werden, um so eine maximale Produktivität<br />
zu erreichen.<br />
Auf Basis der vorab erstellten Simulation<br />
entschieden sich die Verantwortlichen im<br />
ersten Schritt für die erforderliche Zahl der<br />
FTS. Danach wurde von EK Automation die<br />
Streckenführung ausgearbeitet, auf der die<br />
Maschinen die Waren automatisch und bedarfsgerecht<br />
in den Abflugbereich transportieren.<br />
Im Einsatz sind Standard-Gabelstapler,<br />
die der Spezialist aus Rosengarten umrüstete.<br />
Die Fahrzeuge wurden durch seitlich<br />
angebrachte Traversen ergänzt und mit<br />
einem Lasernavigations-System ausgerüstet.<br />
Die Waren werden auf Paletten vom<br />
Wareneingang des Flughafens zu den Abgabeplätzen<br />
befördert. Zur Abholung der Paletten<br />
übermitteln Sensoren ein Signal an die<br />
Fahrzeuge, die sich mit den gewünschten<br />
Produkten automatisch auf den Weg zu den<br />
Shops machen. Die Transportleitsteuerung<br />
von EK Automation hält ständig und an<br />
jedem Punkt der Strecke Kontakt zu den<br />
Fahrzeugen. Einzigartig ist das Sicherheitssystem,<br />
mit dem die Transportroboter ausgestattet<br />
wurden. „Die Paletten, die bewegt<br />
werden, sind durch eine innovative Sensorlösung<br />
geschützt“, erklärt Schad. „Diese<br />
spannt ein Lichtgitter um die Waren und erkennt<br />
sofort jeden Zugriff während des<br />
Transports durch die Versorgungsgänge.“<br />
Hat tatsächlich ein Zugriff stattgefunden,<br />
erfolgt eine Meldung und der Transportroboter<br />
steuert einen Kontrollpunkt an, wo<br />
Sicherheitsmitarbeiter die erforderlichen<br />
Maßnahmen einleiten können.<br />
Wenn es klemmt, ist der Servicetechniker<br />
innerhalb von 2 bis 4 h vor Ort<br />
Ein weiterer Bestandteil des Projekts war<br />
ein maßgeschneidertes Service-Konzept, das<br />
den Betreibern der Duty Free Shops im Servicefall<br />
kurze Reaktionszeiten bietet und<br />
eine rasche Versorgung mit Ersatz- und Verschleißteilen<br />
sichert. Über eine Hotline ist<br />
EK Automation an sieben Tagen in der Woche<br />
rund um die Uhr für den Anwender in<br />
Oslo erreichbar. Bei Bedarf werden die Spezialisten<br />
aus Rosengarten zunächst mittels<br />
Fernwartung zugeschaltet und entscheiden<br />
dann, ob sie per Remote-Lösung helfen können<br />
oder ob ein Servicetechniker vor Ort<br />
erforderlich ist. Dafür setzt EK Automation<br />
einen lokalen Partner ein, der je nach Tageszeit<br />
innerhalb von zwei bis maximal vier<br />
Stunden vor Ort ist, um Abhilfe zu schaffen.<br />
„Es hat sich ausgezahlt, dass wir diesen<br />
Partner frühzeitig in das Projekt eingebunden<br />
und qualifiziert haben“, versichert Marco<br />
Bemmlotte, Head of Customer Rela -<br />
tionship Management bei der E&K Automation<br />
GmbH. „Erste Einsatzfälle belegen,<br />
dass unsere Funktionskette im Servicefall in<br />
Abstimmung mit dem Kunden und dem<br />
lokalen Partner reibungslos funktioniert.“<br />
Felix Schad und Marco Bemmlotte sind<br />
sich im Rückblick einig, dass die Zusammenarbeit<br />
der verschiedenen Partner maßgeblich<br />
zum Erfolg des Transportrobotik-<br />
Projekts beigetragen hat. Auch Auftraggeber<br />
Marco Rebohm, Director Global Logistics<br />
bei Gebr. Heinemann, zieht ein positives<br />
Fazit: „Das FTS, das wir zusammen mit<br />
unserem Projektpartner EK Automation unter<br />
Berücksichtigung aller relevanten Prozesse<br />
und Anforderungen entwickelt haben,<br />
sorgt für effiziente und zuverlässige Transporte<br />
in einer baulich restriktiven und dynamischen<br />
Umgebung.“ Auch der vom Gesetzgeber<br />
geforderte manipulationssichere<br />
Transport von Waren im Sicherheitsbereich<br />
sei gewährleistet. Dafür sorge die ausgeklügelte<br />
Scanner-Technik. (ub) •<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 81
produkte<br />
Hochgenaue Netzanalyse<br />
für die Stromerzeugung<br />
Statusinformationen<br />
kontinuierlich übertragen<br />
Klemme | Mit der Netzmonitoring-Oversampling-Klemme<br />
EL3783 von Beckhoff steht systemintegriert in der<br />
Standard-Steuerung nun auch die hochgenaue Netzanalyse<br />
für stromerzeugende Anlagen<br />
zur Verfügung. Das Highlight:<br />
Es können 3-phasige<br />
Wechselspannungsnetze bis<br />
690 V simultan auf sechs Kanälen<br />
und mit 20 kSamples/s<br />
direkt in der SPS analysiert werden.<br />
Die Ethercat-Klemme erfasst<br />
zur Bestimmung des Netzzustands<br />
auf jeder der drei Phasen mit 16 Bit aufgelöste<br />
Augenblickswerte von Spannungen bis zu 400/690 Veff<br />
und Strömen bis 1 beziehungsweise 5 Aeff. Die sechs<br />
Klemmenkanäle werden simultan nach dem Ethercat-<br />
Oversampling-Prinzip mit einer zeitlichen Auflösung<br />
von 50 μs – also deutlich schneller als die Zykluszeit der<br />
Steuerung – ausgewertet.<br />
•<br />
Cloud Computing | Mit der<br />
cloudbasierten Lösung Proficloud<br />
von Phoenix Contact erhalten<br />
Unternehmen Informationen<br />
zur Optimierung von Abläufen<br />
in der Fertigung. Dabei werden<br />
Statusinformationen von<br />
Standard- und Safety-Funktionen<br />
durch eine Profinet-<br />
Steuerungslösung kontinuierlich<br />
übertragen und ausgewertet.<br />
Durch die ganzheitliche<br />
Betrachtung von<br />
Ressourcen und Maschinen<br />
ergeben sich für Betreiber<br />
und Konstrukteure<br />
neue Möglichkeiten, die<br />
Betriebsleistung zu erhöhen.<br />
So werden etwa Zusammenhänge<br />
zwischen<br />
Safety- und Prozessparametern<br />
ermittelt oder Betriebs- sowie<br />
Wartungsprozesse linienübergreifend<br />
im täglichen Betrieb<br />
überwacht. Mit dem Zugriff auf<br />
diese Informationen lassen sich<br />
Maßnahmen ableiten und Bedienungsmuster<br />
erkennen. •<br />
Große Antriebsstränge vor<br />
Überlastschäden geschützt<br />
Sicherheitskupplungen | Auch bei großen<br />
Anlagen und Maschinen sind es oft die<br />
kleinen Dinge, die vieles einfacher<br />
und besser machen. So leisten beispielsweise<br />
spielfreie Sicherheitskupplungen<br />
von R+W hervorragende<br />
Dienste für viele verschiedene<br />
Anwendungsfälle mit Ausrückmomenten<br />
in einer Range von 0,1 Nm bis sogar<br />
20 000 kNm. Zusätzlich können durch die verschiedenen<br />
Baureihen und Ausführungen viele Anwendungs -<br />
fälle direkt aus dem Standardport folio bedient und<br />
somit schnell geliefert werden. Kundenindividuelle<br />
Sonderlösungen entwickelt der Anbieter mit der hauseigenen<br />
Konstruktionsabteilung in enger Abstimmung<br />
mit der Anlagenkonstruktion. Sicherheitskupplungen<br />
sind ein entscheidender Faktor, um den reibungslosen<br />
Betrieb eines Motors zu gewährleisten. Sie schützen fragile<br />
Maschinenapplikationen vor Überlastschäden, die<br />
nicht nur teure Reparaturen nach sich ziehen, sondern<br />
auch einen kompletten Stillstand verursachen können.<br />
Beim Abschalten aufgrund einer Störung zählt deswegen<br />
jede Millisekunde.<br />
•<br />
Zentrale Kontrollinstanz im<br />
industriellen Umfeld<br />
Netzwerk-Überwachung | Mit dem Central Cube bietet das<br />
Systemhaus F1-Team eine zentrale Kontrollinstanz für das industrielle<br />
Umfeld. Damit soll eine möglichst hohe Automatisierung<br />
von Fernwartung und Meldungsmanagement möglich<br />
sein. Als digitales Bindeglied zwischen Unternehmens-IT und<br />
Systemhaus installiert, überwacht der handtellergroße Intelbasierte<br />
Mini-PC alle mit ihm vernetzten Komponenten und<br />
sendet permanent Statusberichte an die Experten des Systemhauses.<br />
Von Gebäudeleittechnik bis SPS-Steuerung: Zeigen<br />
Sensoren Druck- oder Temperaturabfälle, Maschinenstillstände<br />
oder Probleme mit der Konnektivität an, tritt das automatisierte<br />
Meldungsmanagement des F1-Teams remote in Kraft<br />
und verhindert Ausfälle. Um Fehler zu beheben oder Hersteller-Updates<br />
zu installieren, muss kein Techniker<br />
mehr erscheinen. Zur automatisierten<br />
Arbeitsweise des Central Cubes kommt<br />
seine unkomplizierte Installation<br />
hinzu. Fehlt am Standort eine<br />
DSL-Verbindung, lässt sich der<br />
Mini-PC durch die erweiterbare<br />
LTE-Option aus der Ferne konfigurieren.<br />
Dazu reicht der einfache Anschluss<br />
an Strom und Netzwerk. •<br />
82 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
In die Zukunft mit IO-Link<br />
Sensorik | SMC stattet seine digitalen Druckschalter der<br />
Serie ISE70/71 mit IO-Link-Technik aus und macht sie so<br />
bereit für die Industrie 4.0.<br />
Die ISE70/71-Präzisionsdruckschalter<br />
können Druckwerte,<br />
den Status des Schaltausgangs<br />
sowie Diagnoseinformationen<br />
und Fehlerwarnungen über IO-<br />
Link an übergeordnete Feldbussysteme<br />
oder eine SPS senden.<br />
Am Schaltausgang ist die Polarität<br />
zwischen NPN und PNP frei<br />
wählbar. Zudem verfügen sie<br />
über ein zweizeiliges Display:<br />
Neben dem aktuellen Druckwert<br />
können diese zwei weitere<br />
Parameter in einem Teilbild-<br />
schirm anzeigen. Hier können<br />
Anwender zwischen Sollwert<br />
(Grenzwert), Hysteresewert,<br />
Höchst- oder Tiefstwert sowie<br />
der Verzögerungszeit wählen.<br />
Für eine optimale Lesbarkeit ist<br />
das Display um 45° abgewinkelt.<br />
Ein Schwenkmechanismus<br />
ermöglicht eine Drehung von<br />
336°. Druckmessungen sind bis<br />
1,6 MPa möglich.<br />
Die Druckschalter sind mit<br />
einem persistenten Speicher ausgestattet.<br />
Darin werden etwa die<br />
Höchst- und Tiefstwerte auch<br />
bei einer Unterbrechung der<br />
Stromversorgung gespeichert.<br />
Bei Bedarf können diese mit<br />
dem Istwert angezeigt werden.<br />
Der ISE70/71 verfügt über zwei<br />
Ausgänge mit M12-Stecker und<br />
Schutzklasse IP 67 .<br />
Zu den typischen Anwendungen<br />
zählen die Betriebs -<br />
druck messung in Roboterarmen,<br />
die Drucküberwachung<br />
von Gasbehältern, die Luftzufuhr<br />
in Beförderungssystemen<br />
und die Überprüfung von Ausgangsdruck<br />
und Ansaugdruck<br />
bei Pick-and-Place-Anwendungen.<br />
•<br />
Die ISE70/71-Präzisions-<br />
Druckschalter mit<br />
IO-Link. Bild: SMC<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 83
produkte<br />
Autotuning reduziert<br />
Inbetriebnahmezeit<br />
Servoantrieb | Der AC-Servoantrieb der Serie Delta Asda-A3<br />
ist für Anwendungen ausgelegt, die eine Reaktionsschnelligkeit,<br />
Genauigkeit und Laufruhe erfordern. Der integrierte Absolutwertgeber<br />
verfügt über einen Frequenzgang von 3,1 kHz.<br />
Die AC-Servoantriebe sind sehr<br />
leistungsfähig, denn aufgrund<br />
der 24-Bit-Auflösung lassen sich<br />
16 777 216 Impulse pro Umdrehung<br />
beziehungsweise 46 603<br />
Impulse pro Grad realisieren.<br />
Die Kerbfilter stellen eine Resonanz-<br />
und Schwingungsunterdrückung<br />
sicher und sorgen damit<br />
für einen reibungslosen Betrieb<br />
der Maschine.<br />
Die bedienerfreundliche Software<br />
mit grafischer Schnittstelle<br />
und Autotuning-Funktion minimiert<br />
die Zeit für die Inbetriebnahme<br />
und vereinfacht den Im-<br />
plementierungsprozess. Darüber<br />
hinaus benötigt der Servoantrieb<br />
sehr wenig Einbauraum<br />
und lässt sich leicht im Schaltschrank<br />
unterbringen.<br />
Außerdem ermöglichen die<br />
Servoantriebe moderne Motion-<br />
Control-Funktionen wie etwa<br />
das E-Cam-Tool (für fliegende<br />
und rotierende Schnitte).<br />
Schließlich unterstützen sie 99<br />
anspruchsvolle Steuerungsprogramme<br />
für eine erhöhte Beweglichkeit<br />
der Einzelachsen.<br />
Die Antriebe sind mit einem<br />
neuen Programm zur Schwingungsunterdrückung<br />
und einer<br />
bedienerfreundlichen Konfigurationssoftware<br />
ausgerüstet. Bei<br />
mechanischen Bauteilen mit<br />
hoher Elastizität wie etwa Riementrieben<br />
kann die Inbetriebnahme<br />
stabilisiert werden. Zusätzlich<br />
kann über eine Systemdiagnose-Funktion<br />
und unter<br />
Zugrundelegung der Federkonstanten<br />
sowie des Koeffizienten<br />
zur Ermittlung der viskosen Reibung<br />
die Steifigkeit der Maschine<br />
berechnet werden. •<br />
Die Antriebe sind mit<br />
einem neuen Programm<br />
zur Schwingungsunterdrückung<br />
und einer<br />
Konfigurationssoftware<br />
ausgerüstet. Bild: Delta<br />
Ohne Angst zupacken<br />
Handschutz | Wer seine<br />
Hände vor Schnitten,<br />
Chemikalien oder Hitze<br />
schützen muss, für<br />
den haben W+R und<br />
Seiz neue Lösungen:<br />
Die Modelle Falcon<br />
und Chrome sind gegen<br />
Chemikalien und<br />
Hitze beschichtet. Die<br />
Fingerfertigkeit wird<br />
dadurch nicht eingeschränkt.<br />
Die Diamond Technology besteht<br />
aus einem Polymer, das die Faser abriebund<br />
reißfest macht, sowie aus schnittfesten<br />
Mikropartikeln, die den Schnittschutz ge -<br />
genüber herkömm lichen Fasern verdoppeln.<br />
Nach EN 388 wird Schnittschutzlevel 5 und<br />
nach ISO 13997 eine Leistung von mehr als<br />
15 N erreicht. Beim Chrome sind es Level 3<br />
und 5 N.<br />
•<br />
Schrittbewegung mit<br />
hoher Wiederholbarkeit<br />
Aktuator | Portescap hat den<br />
neuen hochleistungsfähigen<br />
35DBM Can-Stack-Linearaktuator<br />
entwickelt. Das verbesserte<br />
Design des linearen 35-mm-<br />
Schrittmotors ist besonders<br />
geeignet für Anwendungen,<br />
die eine<br />
hohe lineare Kraft erfordern. Der Aktuator verfügt<br />
über einen optimierten Magnetkreis, der<br />
durch Hochenergie-Neodym-Magneten angetrieben<br />
wird. Der 7,5°-Schrittwinkel bietet eine präzisere<br />
Schrittbewegung mit hoher Genauigkeit und<br />
Wiederholbarkeit. Der Schritt-Linearaktuator besitzt<br />
eine Haltekraft von 112 N und ist in Aus -<br />
führungen mit und ohne Verdrehsicherung mit<br />
diversen Gewindespindelsteigungs- und Wicklungsoptionen<br />
auf dem Online-Motorauswahl-<br />
Tool Motioncompass erhältlich. •<br />
84 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
Damit genau das nicht passiert<br />
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Mit seiner Kistenbaureihe<br />
K 470 mit Gefahrgutzulassung<br />
bietet<br />
Zarges ein Plus an Sicherheit.<br />
Die Kisten eignen<br />
sich für den Transport<br />
gefährlicher Stoffe<br />
aller Art. Möglich wird<br />
dies über ein vielfältiges<br />
Zubehör, das unter anderem<br />
flüssigkeitsdichte Beutel, Polster- oder Aufsaugmaterial<br />
enthält. Wer eine ergonomische Lösung benötigt, ist<br />
mit der neuen Mobilbox K 424 XC mit Gefahrgutzulassung<br />
gut beraten. Mit zwei zusätzlichen Rädern vereint sie<br />
die Vorteile der Kisten mit neuer Mobilität. Zusätzlich ist<br />
sie belastbar, stapelbar und bietet ebenfalls eine umfang -<br />
reiche Auswahl an anpassbaren Innenausstattungen. •<br />
Modular bewegen<br />
Linearantriebe | Bahr Modultechnik<br />
rückt modulare Positioniertechnik<br />
mit neu entwickelten<br />
Spezialkonstruktionen in<br />
den Fokus, etwa Tripod-Kinematiken<br />
für die Pick&Place-<br />
Automation und den 3D-Druck.<br />
Erstmals stellt man die variable<br />
und montagefreundliche Generation<br />
eines neuen Delta-Drucker-Aufbaus<br />
vor. Der in Sandwich-Bauweise<br />
konstruierte<br />
CLL 60 ist für den großformatigen<br />
FFF/FDM-Druck ausgelegt<br />
und lässt sich in allen Abmessungen<br />
frei konfigurieren. Zudem<br />
sind neue Positioniereinheiten<br />
und Systemlösungen für<br />
Hubanwendungen zu sehen.<br />
Neben dem mit der Gebäudeautomation<br />
vernetzbaren Hebelift<br />
für Traglasten bis 400 kg zeigt<br />
Bahr auch das für den Einsatz<br />
in automatisierten Regalbedienund<br />
Kommissionieranlagen optimierte<br />
ELZU-W-Portal, dessen<br />
auf 120 mm Bauhöhe verstärkte<br />
X-Achse die Positionierung von<br />
Lasten über lange Verfahrwege<br />
mit hoher Steifigkeit gewähr -<br />
leisten soll. Ebenfalls neu sind<br />
die MLN-Linearachsen Noppenriemenantrieb<br />
für geräuscharme<br />
Verwahrwege mit annähernd<br />
vibrationsfreien Über -<br />
gängen. •<br />
Kompetenz im<br />
industriellen Mittelstand<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 85
produkte<br />
Ähnliche Eigenschaften wie<br />
klassisches Polyamid<br />
Hochgenaue Messungen<br />
auch bei Öl und Schmutz<br />
Polyamid-6-Pulver | Neu im<br />
Produktportfolio von Resinex<br />
sind die für das Selektive Lasersintern<br />
entwickelten Sinterline<br />
Polyamid-6-Pulver von Solvay.<br />
Prototypen, die daraus mit dieser<br />
3D-Drucktechnologie hergestellt<br />
wurden, haben ähnlich<br />
gute mechanisch-thermisch-chemische<br />
Kennwerte wie konventionelle<br />
Polyamid-Spritzguss -<br />
teile. Damit sehen sie nicht nur<br />
aus wie die späteren Serienprodukte,<br />
in der Anwendung verhalten<br />
sie sich auch annähernd<br />
identisch. Die Produktreihe umfasst<br />
den ungefüllten Typ 3400<br />
HT 110 sowie den mit 40 %<br />
Glaskugeln gefüllten Typ 6300<br />
HT 110. Beide Varianten ermöglichen<br />
die schnelle Realisierung<br />
funktionaler, thermisch<br />
und mechanisch hoch belast -<br />
barer Teile. Sie kombinieren eine<br />
hohe Steifigkeit von bis zu<br />
6300 MPa mit hoher Heißluft-,<br />
Wirbelstromsensoren | Die Wirbelstromsensoren Eddy<br />
NCDT 3001 von Micro-Epsilon sind nun auch mit<br />
M18-Gehäuse sowie Messbereichen von 6 und 8 mm<br />
verfügbar. Diese Erweiterung macht sie flexibler. Die<br />
temperaturkompensierten Sensoren liefern schnelle und<br />
präzise Ergebnisse für verschiedenste Applikationen in<br />
allen Branchen. Auch in schwierigen Umgebungen mit<br />
Druck, Schmutz oder Öl sind hochgenaue Weg-, Abstands-<br />
und Positionsmessungen möglich. Die Sensoren<br />
entsprechen der Schutzart IP67 und sind universell in<br />
der Automatisierung sowie im Maschinen- und Anlagenbau<br />
einsetzbar.<br />
Des Weiteren sind<br />
sie temperaturkompensiert<br />
bis 70 °C.<br />
Hervorzuheben sind<br />
die hohe Messgenauigkeit<br />
und Linearität<br />
sowie die<br />
hohe Grenzfrequenz<br />
von 5 kHz. •<br />
Schutz für Stromabgänge auf<br />
kleinstem Raum<br />
Leistungsschalter | Der Compact<br />
NSXM von Schneider Electric<br />
vervollständigt die Kompaktklasse<br />
der Leistungs- und Lasttrennschalterbaureihe<br />
im unteren Bereich<br />
von 16 bis 160 A. Auf<br />
kleinstem Raum schützt er<br />
Stromabgänge über thermomagnetische<br />
und elektronische Auslösemechanismen,<br />
heißt es. Für den<br />
Einbau in Schaltanlagen zur Energieverteilung<br />
mit beengten Platzverhältnissen<br />
und in Schaltfeldern<br />
für optimierte Energieverteilung<br />
ist er besonders geeignet. Ebenso vorteilhaft ist er als<br />
Hauptschalter in Steuerschränken für den Maschinenbau<br />
einsetzbar. Er ist mit einem Ausschaltvermögen auf<br />
fünf Niveaus erhältlich (16, 25, 36, 50 und 70 kA bei<br />
415 V) und bietet einen zuverlässigen Schutz bei elek -<br />
trischen Verteilungen und Generatoren sowie bei Verbrauchern<br />
wie Motoren und Transformatoren. •<br />
Unterstützung von OPC<br />
UA und MQTT<br />
Schnittstelle | Die Produktfamilie<br />
der Embedded-Kommunika -<br />
tionsschnittstellen Anybus<br />
Compactcom von HMS Industrial<br />
Networks unterstützt<br />
künftig auch die IoT-Protokolle<br />
OPC UA und MQTT.<br />
Damit lassen sich Daten<br />
im Umfeld von Industrie<br />
4.0/IIoT sicher austauschen.<br />
Die Schnittstelle kann IT-<br />
Systemen und IIoT-Anwendungen Geräte- und Maschinendaten<br />
der Feldebene direkt zur Verfügung stellen.<br />
Die Geräte- und Maschinendaten ermöglichen die Datenanalyse<br />
im Hinblick auf vorausschauende Wartung<br />
und Optimierung von Fertigungsprozessen. Die<br />
Kommunikations lösung bietet noch weitere Möglichkeiten,<br />
industrielle Hardware mit IT-Systemen und IoT-<br />
Software zu verbinden – zum Beispiel über integrierte,<br />
anpassbare Web seiten und die Unterstützung von Web<br />
Services, E-Mail und FTP.<br />
•<br />
86 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
vorschau 12.18<br />
Blockchain im Einkauf<br />
Die Kryptowährung Bitcoin sorgte im vergangenen<br />
Jahr für Furore an den internationalen<br />
Börsen. Doch die dahinter liegende Blockchain-Technologie<br />
birgt nach Meinung von<br />
Experten viele Vorteile für die Optimierung<br />
von Beschaffungsprozessen. Etablierte Anbieter<br />
wie SAP Ariba, aber auch Startups wie das<br />
Dresdner Unternehmen Contractus arbeiten<br />
daran, wie unsere Titelstory zu diesem Thema<br />
zeigen wird. Bild: Sashkin/Fotolia<br />
Interim-Manager<br />
Manager auf Zeit übernehmen nicht nur die<br />
Aufgabe als kaufmännischer Leiter. Sie können<br />
während ihres Mandats auch einen Nachfolger<br />
aus den eigenen Reihen der Firma aufbauen.<br />
Fuhrpark-Spezial<br />
Wissenswertes rund um aktuelle Trends in den<br />
Bereichen Leasingverträge, Güter- und Immobilienabsicherung<br />
für Fuhrparkbetreiber sowie<br />
Ausschreibungsmanagement.<br />
erscheint montags Impressum<br />
ISSN 0019–9036<br />
Organ des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung<br />
e.V. (WSM), Düsseldorf, Hagen. Die Mitglieder<br />
des Verbandes erhalten den <strong>Industrieanzeiger</strong> im Rahmen ihrer<br />
Mitgliedschaft. Zusammenarbeit im Fachbereich der Gießereitechnik<br />
mit der Zentrale für Gussverwendung, Düsseldorf.<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Mitherausgeber: Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher (Werkzeugmaschinen);<br />
Prof. Dr.-Ing. Fritz Klocke (Technologie der Fertigungsverfahren);<br />
Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt (Fertigungsmesstechnik<br />
und Qualitätsmanagement); Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Günther<br />
Schuh (Produktionssyste matik), WZL RWTH Aachen<br />
Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Chefredakteur:<br />
Dipl.-Ing. (FH) Werner Götz (gö), Phone +49 711 7594–451<br />
Stellv. Chefredakteur:<br />
Dipl.-Betriebswirt (FH) Dietmar Kieser (dk),<br />
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Redaktion:<br />
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M.A. Laura Cyprian (lc), Phone +49 711 7594–342<br />
M. A. Dana Fattahi (df), Phone +49 711 7594–475<br />
B. A. (FH) Nora Nuissl (nu), Phone +49 711 7594–391<br />
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Dipl.-Ing. Olaf Stauß (os), Phone +49 711 7594–495;<br />
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Infowirtin (FH) MonaWillrett (mw),<br />
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Ständige freie Mitarbeiter:<br />
Dipl.-Ing. Volker Albrecht, Michael Grupp, Sabine Koll,<br />
Markus Strehlitz<br />
Redaktionsassistenz: Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />
Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />
Layout: Beate Böttner, Vera Müller, Helga Nass<br />
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Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565, Fax –1565<br />
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Anzeigen-Annahmeschluss für Gelegenheits anzeigen mittwochs,<br />
15 Uhr.<br />
Leserservice: Ute Krämer, Phone +49 711 7594–5850,<br />
Fax –15850, E-Mail: ute.kraemer@konradin.de<br />
Erscheinungsweise: montags (34 x jährlich)<br />
Bezugspreis: Inland jährlich 206,70 € inkl. Versandkosten und<br />
MwSt; Ausland 206,70 € inkl. Versandkosten. Einzelpreis 8,00 €<br />
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Auszubildende gegen Nachweis: Inland 137,80 € inkl. MwSt.<br />
und Versandkosten, Ausland 137,80 € inkl. Versandkosten.<br />
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Sofern die Lieferung nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich<br />
bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />
Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals vier Wochen zum<br />
Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach Ablauf<br />
des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils vier<br />
Wochen zum Quartalsende.<br />
Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen oder höherer<br />
Gewalt entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
AUSLANDSVERTRETUNGEN<br />
Großbritannien/Irland: Jens Smith Partnership, The Court, Long<br />
Sutton, GB-Hook, Hampshire RG 29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: media@jens.demon.co.uk;<br />
Japan: Mediahouse Inc., Kudankita 2-Chome Building, 2–3–6,<br />
Kudankita, Chiyoda-ku, Tokyo 102, Phone 03 3234–2161,<br />
Fax 03 3234–1140; Belgien, Frankreich, Luxemburg, Italien,<br />
Switzerland IFF media ag, Frank Stoll, Technoparkstrasse 3,<br />
CH-8406 Winterthur, Tel: +41 52 633 08 88, Fax: +41 52 633<br />
08 99, e-mail: f.stoll@iff-media.ch; USA: D.A. Fox Advertising<br />
Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza, 19th Floor, New York, NY<br />
10001, Phone +1 212 8963881, Fax +1 212 6293988, detlef<br />
fox@comcast.net<br />
Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors, nicht<br />
unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte keine Gewähr. Alle im <strong>Industrieanzeiger</strong> erscheinenden<br />
Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte,<br />
auch Übersetzungen, vorbehalten. Reproduktionen, gleich<br />
welcher Art, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />
Druck: Konradin Druck, Leinfelden-Echterdingen<br />
Printed in Germany<br />
© 2018 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 87
ücher<br />
Digitalisierung<br />
Karriere in<br />
digitaler<br />
Arbeitswelt<br />
Das Karrieremanagement wird sich im Zuge der digitalen<br />
Transformation und Disruption verändern.<br />
Darin liegt eine große Chance, die eigene Arbeitssituation<br />
anders und angepasst an die aktuelle Lebenssituation<br />
zu gestalten. Diese Buch bietet Orientierung<br />
und zeigt auf worauf es künftig bei der Karrieregestaltung<br />
in der digitalen Arbeitswelt ankommt.<br />
Karriere im Umbruch, Thomas Landwehr,<br />
Hanser Verlag, 2018, 240 S. 34,00 Euro,<br />
ISBN: 978-3-446-45478-1<br />
Dieses Buch ist für Praktiker geschrieben und beleuchtet<br />
die grundsätzliche Bedeutung von Industrie<br />
4.0. Produktion und modernste Informationsund<br />
Kommunikationstechnik verzahnen sich. Die<br />
Art und Weise, wie zukünftig produziert und gearbeitet<br />
wird, verändert sich nachhaltig.<br />
Praxishandbuch Industrie 4.0, Kai Lucks,<br />
Schäffer Poeschel, 2017, 856 S., 99,95 Euro,<br />
ISBN: 978-3-7910-3851-3<br />
Mess- und<br />
Magnetisiertechnik<br />
Dieser Themenband vermittelt die fachlichen<br />
Grundlagen für einen gemeinsamen Kenntnisstand<br />
der Werkstoffe und gleiche Mess- und<br />
Prüfverfahren. Dies ist Basis für ein reibungsloses<br />
Geschäftsverhältnis zwischen Verbraucher<br />
und Hersteller von Dauermagneten.<br />
Dauermagnete, Mess- und Magnetisiertechnik,<br />
Cassin, Kuntze, Ross, Expert Verlag, 2017,<br />
178 S. 49,80 Euro, ISBN: 978-3-8169-3419-6<br />
Back to the roots<br />
Die allgegenwärtige Komplexität<br />
in allen Bereichen, sei es im alltäglichen<br />
Leben oder in Unternehmen,<br />
sind nur durch Vereinfachung effizienter<br />
und menschlicher zu machen.<br />
Dieses Buch zeigt auf welche<br />
Anomalien aus Regeln, Gesetzen,<br />
Gebrauchsanleitungen und Verfahrensvorschriften<br />
entstehen und alle<br />
Organisationen lähmen. Wer die<br />
Komplexitätstreiber erkennt, kann<br />
dagegen steuern. Hinweise aus der<br />
Praxis und Beispiele für Informations-Architektur<br />
und Arbeitstechnik<br />
in erfolgreichen Firmen runden<br />
die Darstellung ab.<br />
Das Prinzip Einfachheit,<br />
Christian Helfrich, Expert Verlag,<br />
2018, 141 S. 39,80 Euro,<br />
ISBN: 978-3-8169-3333-5<br />
88 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong>
markt<br />
Verkäufe und Handel von gebrauchten Maschinen/Anlagen/Geräten<br />
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• Zeitschrift (z.B. <strong>Industrieanzeiger</strong>)<br />
• Ausgabe und Jahr (z.B. 01_18)<br />
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3–5 Power Electronics 12<br />
ABB ............................................. 38, 50<br />
Accenture ........................................ 46<br />
Airbus Cyber Security 24<br />
Alpha Laser ...................................... 18<br />
Aveva ................................................ 12<br />
Bahr Modultechnik ......................... 85<br />
Balluff ................................................ 17<br />
Bearing Point ................................... 42<br />
Beckhoff ........................................... 82<br />
Berger, Heinz ................................... 16<br />
Bitkom ......................................... 30, 36<br />
Bloomberg ........................................ 38<br />
Bosch .......................................... 15, 16<br />
Buderus Guss .................................. 13<br />
Bundesamt für Sicherheit<br />
in der Informationstechnik 16<br />
Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Energie 30<br />
bvik .................................................... 22<br />
Campana & Schott .......................... 14<br />
Carly Connected Car ........................ 8<br />
Cassini Systems Europe 75<br />
Continental ....................................... 18<br />
Cycle ................................................. 42<br />
Dahmen, Dietmar ............................ 22<br />
Delta .................................................. 84<br />
DHBW ............................................... 26<br />
DIHK .................................................... 3<br />
drag&bot .......................................... 16<br />
Dropbox ............................................ 33<br />
Dürholdt ............................................ 78<br />
EBM-Papst ....................................... 19<br />
eClass ............................................... 18<br />
EK Automation ................................. 80<br />
Emm! Solutions ............................... 75<br />
EnBW ................................................ 16<br />
Endress+Hauser Messtechnik 18<br />
Entertech ............................................ 8<br />
E-Vone ................................................. 8<br />
F1-Team ............................................ 82<br />
Facebook .......................................... 26<br />
FFG ..................................................... 12<br />
Fraunhofer Institut 30, 38<br />
Fraunhofer ISI .................................. 30<br />
Freudenberg .................................... 13<br />
GBS German Bionic Systems 18<br />
Gebr. Heinemann ............................ 80<br />
GF Machining Solutions 56<br />
GFT .................................................... 11<br />
Hannover Messe ............................. 16<br />
Henkel ............................................... 18<br />
Hermle .............................................. 56<br />
Hewlett Packard ............................. 18<br />
HMS Industrial Networks 86<br />
Hochschule Karlsruhe 30<br />
IAS-Gruppe ...................................... 30<br />
IBM .................................................... 50<br />
IDC ..................................................... 46<br />
IFAM..................................................<br />
16<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> ............................ 16<br />
IQ Gemini .......................................... 22<br />
IRF......................................................<br />
12<br />
Kasto ................................................. 56<br />
KPMG ................................................ 30<br />
Kraftwerksbatterie Heilbronn 16<br />
Kuka .................................................. 38<br />
Leichtbau BW .................................. 75<br />
Magna Steyr .................................... 20<br />
Mangoslab ......................................... 8<br />
Markets and Markets 38<br />
McKinsey ......................................... 36<br />
Mercedes-Benz .............................. 38<br />
MHD Maschinenservice 12<br />
Micro-Epsilon .................................. 86<br />
Nord Drivesystems ......................... 54<br />
OneDrive ........................................... 33<br />
Phoenix Contact .............................. 82<br />
Pilz ..................................................... 17<br />
Portescap ......................................... 84<br />
PTW...................................................<br />
56<br />
R+W ................................................... 82<br />
Resinex ............................................. 86<br />
Roland Berger ................................. 46<br />
Rolls-Royce ...................................... 26<br />
SAP .............................................. 18, 33<br />
Schaltbau ......................................... 12<br />
Schneider Electric 12, 86<br />
Seiz .................................................... 84<br />
Server-Daten ................................... 48<br />
SMC ................................................... 83<br />
Software ........................................... 11<br />
Solvay ............................................... 86<br />
TH Ingolstadt ................................... 18<br />
Toyota ............................................... 42<br />
Trumpf ............................................... 56<br />
TU Darmstadt ................................... 14<br />
Turkish Machinery..........................<br />
19<br />
Universität St. Gallen 26<br />
Upskill ............................................... 18<br />
VDMA .......................................... 10, 38<br />
VDW .................................................. 56<br />
VDI ..................................................... 41<br />
Vetter.................................................<br />
78<br />
W+R ................................................... 84<br />
WGP .................................................. 29<br />
Wilo ................................................... 18<br />
Zarges ............................................... 85<br />
ZEW...............................................<br />
3, 12<br />
ZVEI ............................................. 10, 16<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>11.18</strong> 89
zuletzt ...<br />
Alles nur<br />
geträumt?<br />
Neulich war ich das vierte<br />
Mal im neuen Getränkemarkt.<br />
Nach dem Bezahlen sagt der<br />
Verkäufer: „Jetzt noch Name/Geburtstag eingeben und Ihre Kontakte<br />
freigeben, damit ich das Bier freischalten kann.“ „Was?“, ereifere ich mich.<br />
„Die Testphase ist abgelaufen, haben Sie nicht die AGB gelesen?“, kontert<br />
er. „Wenn Sie Windows-Software für müde hundert Euro kaufen, zicken Sie ja<br />
auch nicht rum.“ Leider hab ich‘s eilig und stimme zu. Bevor unsere geplante<br />
Party beginnt, noch schnell in den Supermarkt, frische Milch der Marke<br />
Bauerngutshof holen. Nun schon wieder. Diesmal fordert mich die Verpackung<br />
zur Zustimmung auf. „Drüben bei der billigen H-Milch geht’s auch<br />
ohne“, lässt mich die Verkäuferin mit abschätzigem Blick wissen. Mir reicht‘s.<br />
Wütend gehe ich zur Billigmilch. Sicherheitshalber schaue ich auf das Verfallsdatum:<br />
31. Oktober 2035 – ups, das war wohl ein Blick in die Zukunft!<br />
In diesem Moment wache ich auf. Belustigt recke ich die Glieder. Und über -<br />
lege, wir könnten doch für jede Seite unserer Zeitschrift eine solche Eingabe<br />
verlangen. Das wäre doch eine geniale Einnahmequelle<br />
für die Presse! Das muss ich vorschlagen. In<br />
der nächsten Nacht träumt mir, dass ich deswegen<br />
berühmt werde. Cortana zeigt mir, was einmal<br />
auf meinem Grabstein stehen wird und führt mich<br />
dorthin. Klar, das Grab-Panel ist elektronisch. Aber<br />
was lese ich da? „Fehler 404. Das Profil des<br />
Verstorbenen kann nicht angezeigt werden“. Ohh,<br />
Bild: krissikunterbunt / Fotolia<br />
hatte ich versäumt, ein Benutzerkonto anzulegen<br />
und meine Kontaktdaten freizugeben?<br />
os<br />
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