Frohe Weihnachten Haff
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Montag/Dienstag, 24./25. Dezember 2018<br />
<strong>Frohe</strong>s Fest<br />
Seite 3<br />
Ein Hit zum Weinen<br />
Strafe fürs Ausbüxen<br />
Lesergeschichte<br />
von Monika Lichter<br />
aus Eggesin<br />
Meine Mutti war sehr schwer<br />
an Krebs erkrankt und lag<br />
schon fast zwei Jahre in der<br />
Klinik. An dem Weihnachtsfest,<br />
an das ich mich erinnere,<br />
war sie auf Urlaub zu Hause.<br />
Es sollte wohl ein ganz besonderes<br />
Fest werden, denn die<br />
Erwachsenen wussten wahrscheinlich<br />
schon, dass es das<br />
letzte meiner Mutti werden<br />
sollte.<br />
Ich war fünf Jahre alt<br />
und hatte davon keine Ahnung.<br />
Für mich war nur<br />
wichtig, was bringt mir das<br />
Christkind. Tagelang war<br />
das Elternschlafzimmer<br />
schon verschlossen, sogar<br />
das Schlüsselloch hatten die<br />
schlauen Engel zugestopft.<br />
Ich fand das echt gemein.<br />
An Heiligabend saßen<br />
meine Mutti, mein Vati und<br />
meine Schwester Sonja (sie<br />
war elf Jahre älter als ich) auf<br />
dem Sofa und warteten auf<br />
das, was da kommen sollte.<br />
Meine Schwester Rosemarie<br />
(14 Jahre älter als ich) war<br />
nicht zu Hause.<br />
Dann ertönte das Klingeln<br />
eines Glöckchens, und die<br />
Tür vom Schlafzimmer öffnete<br />
sich. Ich konnte nicht<br />
mehr atmen, denn vor mir<br />
stand das Christkind – ein<br />
langes weißes Kleid, Glitzer<br />
überall und über dem Gesicht<br />
einen Schleier. Es war überirdisch<br />
schön. Und dann fragte<br />
dieses engelsgleiche Wesen<br />
mich, ob ich denn ein Liedchen<br />
singen könne. Ha! Das<br />
konnte ich, und wie ich das<br />
konnte! Ich nickte eifrig,<br />
stellte mich in Positur<br />
und dann sang ich: „Anneliese,<br />
ach, Anneliese, warum<br />
bist du böse auf mich?“<br />
Totenstille! Dann klammerte<br />
sich das Christkind<br />
an den Türrahmen und<br />
schluchzte so sehr, dass sein<br />
ganzer Körper zitterte. Und<br />
meine restliche Familie?<br />
Alle lagen übereinander und<br />
schluchzten ebenfalls.<br />
Ich war so stolz auf mich.<br />
Ich hatte mit meinem Gesang<br />
alle zum Weinen gebracht. Das<br />
Christkind verschwand, ohne<br />
„Tschüss“ zu sagen, und ich<br />
vermisste es – ehrlich gesagt<br />
– auch nicht. Es hatte mir eine<br />
„Bella Puppe“ gebracht. und<br />
das war das Allerwichtigste.<br />
Für mich ist diese Erinnerung<br />
sehr kostbar, denn das<br />
darauffolgende Fest hat meine<br />
Mutti nicht mehr erlebt.<br />
Das ist meine liebste<br />
Weihnachtserinnerung.<br />
Lesergeschichte<br />
von Anke Löhns<br />
aus Templin<br />
Es war wohl im Jahr 1951. Ich<br />
war neun Jahre alt, heute bin<br />
ich schon seit über 25 Jahren<br />
Oma.<br />
Es war bei uns in der Gemeinde<br />
Brauch, am Heiligabend<br />
ein Krippenspiel in<br />
der Kirche aufzuführen mit<br />
den Kindern aus der Gemeinde.<br />
Meine Eltern hatten<br />
eine Landwirtschaft, und die<br />
Tiere gingen in der Futterversorgung<br />
vor. Also war am<br />
Heiligabend die Zeit immer<br />
knapp. Alles sollte vor dem<br />
Gottesdienst fertig sein.<br />
Mutter erzählte immer,<br />
dass sie das Fenster auflässt,<br />
damit das Christkind,<br />
während wir in der Kirche<br />
sind, die Geschenke bringt.<br />
Mein Bruder und ich mussten<br />
schon vorher zur Kirche,<br />
um noch mal alles durchzusprechen.<br />
Der Gottesdienst<br />
begann, wir Kinder haben<br />
das Krippenspiel aufgeführt,<br />
anschließend predigte der<br />
Pastor. Uns Kindern wurde<br />
es wohl zu langweilig,<br />
und wir beschlossen,<br />
heimlich abzuhauen.<br />
Hinter<br />
dem Altar<br />
führte eine Tür<br />
nach draußen.<br />
Wir wollten<br />
schnell nach<br />
Hause, waren<br />
doch neugierig auf<br />
unsere Geschenke, die bestimmt<br />
schon unter dem<br />
Baum lagen. Wir hatten aber<br />
nicht bedacht, dass die Eltern<br />
ja in der Kirche saßen und<br />
die Schlüssel in der Tasche<br />
hatten. So mussten wir enttäuscht<br />
und unverrichteter<br />
Dinge wieder zurück in die<br />
Kirche schleichen.<br />
Nachher sind wir artig mit<br />
den Eltern nach Hause gegangen.<br />
Die Mutter schloss die<br />
Tür auf – und der Tisch war<br />
leer. Sie hatte in der ganzen<br />
Hektik vor dem Gottesdienst<br />
vergessen, die Geschenke<br />
zu verteilen. Uns wurde<br />
nun gesagt, da das<br />
Christkind ja gesehen<br />
habe, dass<br />
wir verschwunden<br />
waren, was<br />
den Eltern auch<br />
nicht entgangen<br />
war, hat es die Geschenke<br />
zurückgehalten.<br />
Unsere Enttäuschung und<br />
das schlechte Gewissen waren<br />
groß. Nach dem Abendessen<br />
lagen aber alle Geschenke<br />
unter dem Weihnachtsbaum,<br />
und die Welt war wieder in<br />
Ordnung.<br />
Wie die Lichterkette fast<br />
zum Streitfall wurde<br />
Lesergeschichte<br />
von Ingrid Giese<br />
aus Strasburg<br />
Bei uns ist es Gewohnheit,<br />
dass mein Mann immer am<br />
Heiligabend vormittags den<br />
Weihnachtsbaum schmückt.<br />
Das ist ein richtiges Ritual!<br />
Dann wird der uralte Pappkoffer<br />
mit dem Weihnachtsschmuck<br />
vom Boden geholt,<br />
eine Flasche Bier auf den<br />
Tisch gestellt – und los geht<br />
es. So war es auch <strong>Weihnachten</strong><br />
2010. Als Erstes wurden<br />
die elektrischen Lichter angebracht,<br />
um zu sehen, ob auch<br />
alles funktioniert. Wie schon<br />
so oft wollten aber nicht alle<br />
brennen. Arno hat viel gebastelt,<br />
aber diesmal wollte<br />
es nicht klappen. Bis mir die<br />
Sache über wurde.<br />
Ich ging ans Telefon, um<br />
„Elektro Schmidt“ anzurufen,<br />
ob sie noch Lichterketten<br />
hätten. Frau Schmidt<br />
war sehr freundlich und sagte<br />
mir, dass sie noch welche<br />
da hat. Da mein Mann nach<br />
seiner Operation nicht fit im<br />
Gehen ist, verabredeten wir,<br />
dass er mit dem Auto vor<br />
dem Laden hält<br />
und sie ihm die<br />
Lichterkette rausbringt.<br />
Das passende<br />
Geld hatte ich gleich<br />
mitgegeben.<br />
Arno fuhr los, parkte<br />
direkt vor dem Geschäft,<br />
drehte das Fenster herunter<br />
und da stand auch tatsächlich<br />
schon die Frau mit der<br />
Lichterkette in der Hand.<br />
Mein Mann rief schon von<br />
Weitem: „Geben Sie mir die<br />
Lichterkette!.“ Die Frau war<br />
sehr erstaunt und erschrocken.<br />
„Nein, Herr Giese, die<br />
habe ich doch eben erst gekauft!“<br />
„Nein“, meinte Arno.<br />
„Meine Frau hat doch extra<br />
angerufen und gesagt, dass<br />
Sie mir die Lichterkette rausbringen<br />
sollen!“ „Nein, nein.<br />
Das ist ein Irrtum. Das ist<br />
meine, die gebe ich nicht ab.“<br />
In diesem Moment hatte<br />
auch Frau Schmidt mitbekommen,<br />
dass Arno vorgefahren<br />
war. Schnell kam<br />
sie aus dem Laden mit der<br />
richtigen Lichterkette. Alles<br />
hat sich aufgeklärt, und<br />
die Drei mussten ordentlich<br />
lachen. Arno kam lachend<br />
nach Hause, und der Weihnachtsbaum<br />
konnte schön<br />
fertig geschmückt werden.<br />
Irene Frank aus Neubrandenburg schreibt:<br />
1972 – unser Sohn war gerade fünf Jahre alt.<br />
Er ging in den Kindergarten. Die Kindergärtnerin<br />
motivierte die Kinder, zur Weihnachtsfeier ein Gedicht<br />
aufzusagen. Ich schrieb ihm dieses Gedicht:<br />
Ich freue mich auf den Weihnachtsmann.<br />
Grad neulich hab ich ihn gesehen.<br />
Er stand im Kaufhaus nebenan,<br />
ich grüßte im Vorübergehen.<br />
Er trug einen Sack mit vielen Sachen,<br />
mit Teddys, Autos und noch mehr,<br />
den Mund verzog er wie zum Lachen<br />
und zeigte seine Gaben her.<br />
Ich freue mich auf den Weihnachtsmann.<br />
Jetzt kann er ruhig kommen.<br />
Und klopft es abends bei uns an,<br />
so wird er freundlich<br />
von mir aufgenommen.<br />
Foto: Bernd Von Jutrczenka<br />
Am Heiligen Abend<br />
doch nicht allein zu Hause<br />
Lesergeschichte<br />
von Magdalena Fuchs<br />
aus Schwaneberg<br />
Einige Jahre ist es schon<br />
her, dass ich erstmalig den<br />
Heiligen Abend alleine verbringen<br />
musste. Mein Mann<br />
hatte anderweitige familiäre<br />
Vorhaben, und ich<br />
war unendlich traurig.<br />
Damals war es dann<br />
ein Ziegenbock in<br />
unserem Stall, der<br />
mich mit seiner<br />
„gewichtigen“<br />
Liebesbekundung<br />
zu Fall und damit<br />
doch noch zum<br />
Lachen gebracht<br />
hatte. All die darauf<br />
folgenden Jahre<br />
konnte ich den Heiligen<br />
Abend stets mit<br />
meinem lieben Mann verbringen.<br />
Das ist jetzt leider<br />
für immer vorbei, im April<br />
2018 ist er gestorben.<br />
Die schlimmen und leidvollen<br />
Wochen und Monate<br />
danach machten mir schwer<br />
zu schaffen, doch regelrechtes<br />
Grauen beschlich mich<br />
bei dem Gedanken an den bevorstehenden<br />
Heiligen Abend<br />
2018. Was sollte ich tun? Es<br />
nochmals aushalten, allein<br />
vor dem Lichterbäumchen zu<br />
sitzen? An irgendeiner Veranstaltung<br />
von anderen einsam<br />
gewordenen Menschen<br />
teilnehmen? Mich zu einer<br />
bekannten Familie einladen<br />
<br />
Foto: privat<br />
lassen? Mit keinem dieser<br />
Gedanken konnte ich mich<br />
richtig anfreunden.<br />
Doch dann kam eine wunderschöne<br />
Überraschung: Die<br />
mit ihren Familien in Berlin<br />
lebenden Söhne aus meines<br />
Mannes erster Ehe meldeten<br />
ihren Weihnachtsbesuch genau<br />
zum Heiligen Abend an.<br />
In all den vergangenen Jahren<br />
hatten diese unendlich liebevollen<br />
Kinder meines Mannes<br />
mit ihm und mir einen der<br />
Weihnachtsfeiertage zusammen<br />
verbracht – den Heiligen<br />
Abend aber doch mit ihren<br />
Familien in Berlin. In diesem<br />
Jahr rücken wir bei mir in<br />
der Uckermark zusammen,<br />
um die schmerzliche Lücke,<br />
die ihr Vater hinterlassen hat,<br />
ein wenig kleiner zu machen.<br />
Wie schön!<br />
Und da fand ich in einem<br />
Prospekt eine kleine Skulptur<br />
von einer Fuchs-Mama<br />
mit Kind. Diese habe ich sogleich<br />
besorgt, damit sie den<br />
Weihnachtstisch krönt, wenn<br />
Fuchs-Mama und die Fuchs-<br />
Kinder gemeinsam den Heiligen<br />
Abend feiern.<br />
HZ