Frohe Weihnachten Prenzlau
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Montag/Dienstag, 24./25. Dezember 2018<br />
<strong>Frohe</strong>s Fest<br />
Seite 5<br />
Drehorgel bringt kranken<br />
Menschen viel Freude<br />
Lesergedicht<br />
von Doris Grevesmühl<br />
aus Dahmen<br />
Lesergeschichte<br />
von Sonja Zimmermann<br />
aus Templin<br />
Ich bin im Jahr 2003 zusammen<br />
mit meiner langjährigen<br />
Freundin von der Schweiz<br />
nach Rügen ausgewandert.<br />
Beim Hauskauf sind wir<br />
leider an unserer schweizerischen<br />
Gutgläubigkeit gescheitert.<br />
Der langen Rede<br />
kurzer Sinn: Alles verloren,<br />
aber trotzdem geblieben.<br />
Leider holte der Krebs<br />
meine liebe Freundin wieder<br />
ein. Niere weg, Blase weg und<br />
nun die zweite Niere befallen.<br />
Inzwischen wohnten wir in<br />
einem schönen Haus in Langendorf<br />
bei Stralsund.<br />
Es war November 2013,<br />
und meine Freundin litt<br />
schwer an den Folgen der<br />
Chemo. Ich war fast am Ende<br />
meiner Kräfte. Da hatte meine<br />
kluge Freundin die Idee:<br />
Nimm unsere Drehorgel und<br />
spiele auf dem Weihnachtsmarkt<br />
von Stralsund, dann<br />
kommst du auf andere Gedanken.<br />
Der Event-Manager<br />
der Stadt war begeistert von<br />
meinem Vorschlag und engagierte<br />
mich für den ganzen<br />
Dezember. Diese Stunden auf<br />
dem geschmückten Weihnachtsmarkt<br />
mit den vielen<br />
Lichtern und den strahlenden<br />
Augen von Groß und Klein<br />
gaben mir wieder Kraft für<br />
meine schwere Aufgabe zu<br />
Hause. Ich brachte meiner<br />
Sonja Zimmermann mit ihrer Drehorgel auf dem Weihnachtsmarkt in Stralsund. <br />
Freundin das Strahlen und<br />
die Freude der Marktbesucher<br />
mit. Ich erzählte ihr von<br />
meinen wunderbaren Begegnungen<br />
mit so unterschiedlichen<br />
Menschen. Diese Begeisterung<br />
ging auch auf die<br />
Schwerkranke über, und das<br />
erfüllte mein Herz mit großer<br />
Dankbarkeit.<br />
Das Drehorgelspielen hat<br />
mir immer nur Freude gebracht.<br />
Aber das wunderbarste<br />
Weihnachtsgeschenk<br />
war für mich das Erlebnis<br />
in einem Seniorenheim des<br />
Deutschen Roten Kreuzes. Ich<br />
spielte auf der Weihnachtsfeier<br />
des Hauses, und alle<br />
sangen fröhlich mit. Als ich<br />
Ein Fünfziger wandert<br />
von Hand zu Hand<br />
Lesergeschichte<br />
von Gisela Jantzen<br />
aus Pasewalk<br />
Wie in jedem Jahr traf sich<br />
die Familie Kunze am zweiten<br />
Advent. In der Runde wurden<br />
alle Weihnachtsvorbereitungen<br />
besprochen. Dabei ging<br />
es auch um die Weihnachtsgeschenke.<br />
Evelyn, die 14-jährige<br />
Tochter, maulte seit einiger<br />
Zeit. Sie wollte nicht erneut<br />
zum Fest die von Oma gestrickten<br />
Schals, Mützen und<br />
Söckchen unter der Tanne<br />
auspacken. Nein, ihre Freundinnen<br />
erhielten seit dem<br />
vorigen Jahr Geld geschenkt.<br />
Und das wollte sie jetzt auch.<br />
5o Euro wären ihr recht.<br />
Opa Günter stimmte der<br />
Meinung der Enkelin zu. Die<br />
von seinen Angehörigen bei<br />
Woolworth gekauften Schlipse,<br />
Hemden und Unterhosen<br />
stapelten sich in seinem Wäschefach.<br />
Vater und Mutter<br />
Kunze sahen ein wenig hilflos<br />
in die Runde, und Oma<br />
saß sehr betrübt da.<br />
Sie strickte doch<br />
so gern.<br />
Endlich räusperte<br />
sich Opa. Man<br />
solle doch jedem<br />
in der Familie 50<br />
Euro jetzt schon<br />
schenken. Dann könne<br />
jeder kaufen, was er wollte.<br />
Evelyn strahlte übers ganze<br />
Gesicht und umarmte Opa,<br />
fasste nach dem Geld, das<br />
Opa ihr gab. 50 Euro hielt sie<br />
in ihren Hände.<br />
Doch dann sah sie auf<br />
Oma, bei der die Tränen kullerten.<br />
Nein, Evelyn wollte<br />
nicht herzlos sein. Sie schob<br />
Oma die 50 Euro hin mit dem<br />
Wunsch, diese sollte weiter<br />
stricken, eben nicht für sie,<br />
Geldgeschenke sind bei Heranwachsenden beliebt. Foto: Ute Ziemann<br />
sondern für die Sammlung in<br />
der Gemeinde.<br />
Aber was nun mit dem<br />
Geld, das Oma bei ihrer Rente<br />
nicht unbedingt brauchte.<br />
Sie reichte es ihrer Tochter<br />
und ihrem Schwiegersohn<br />
weiter<br />
mit der Bemerkung,<br />
sie und Opa<br />
lebten ja bei den<br />
Kindern im Haus,<br />
hatten dort ihren<br />
eigenen Wohnbereich.<br />
Da wären die 50 Euro<br />
ein kleines Dankeschön. Mutter<br />
und Vater Kunze nahmen<br />
zwar das Geld. Eigentlich war<br />
Opa der erste Spender gewesen.<br />
Da sollte der das bekommen,<br />
was er aus seinem<br />
Portemonnaie herausgenommen<br />
hatte.<br />
Opa hatte die Geldübergaben<br />
schmunzelnd beobachtet.<br />
Jeder in der Runde hatte<br />
50 Euro in der Hand gehabt.<br />
Doch keiner hatte es wirklich<br />
in seinen Händen behalten.<br />
Nach einer kleinen Weile sahen<br />
alle recht zufrieden aus.<br />
Evelyn bekam die 50 Euro<br />
von Opa.<br />
Und die anderen der Familie,<br />
auch Evelyn, beschlossen,<br />
wie in jedem Jahr <strong>Weihnachten</strong><br />
Geschenke unter den Tannenbaum<br />
zu legen, jedoch<br />
nicht das übliche der letzten<br />
Jahre. Nein, jeder wollte<br />
sich etwas anderes einfallen<br />
lassen, geplante Überraschungen,<br />
über die man sich<br />
freuen konnte. Aber keine<br />
Geldscheine!<br />
Foto: Privat<br />
schon gehen wollte, bat mich<br />
die Leiterin noch, bei zwei im<br />
Sterben liegenden Patienten<br />
zu spielen. Wie es der Zufall,<br />
den es ja nicht gibt, so wollte,<br />
hatte ich gerade die Rolle<br />
mit „Stille Nacht“ in der Orgel.<br />
Wir gingen zu den Todkranken<br />
hin, und ich spielte<br />
die „Stille Nacht“ mit großer<br />
Ehrfurcht.<br />
Danach kam die Betreuerin<br />
weinend, aber auch strahlend<br />
heraus. Sie erzählte mir,<br />
dass die Frau seit Monaten<br />
mit dem Sterben kämpft.<br />
Beim Klang des Liedes öffnete<br />
sie – seit drei Monaten zum<br />
ersten Mal – die Augen und<br />
strahlte über das ganze Gesicht.<br />
Sie versuchte sogar mitzusingen.<br />
Auch der Mann im<br />
Nebenzimmer reagierte äußerst<br />
positiv auf die Klänge.<br />
Als ich im Auto saß, musste<br />
auch ich weinen. Dafür,<br />
dass ich mit dem Spiel auf<br />
der Drehorgel, Menschen in<br />
manchmal auch sehr schweren<br />
Zeiten, Freude bringen<br />
kann, bin ich sehr dankbar.<br />
Auch dieses Jahr spielte<br />
ich zusammen mit meinem<br />
Lebenspartner wieder auf den<br />
Märkten in <strong>Prenzlau</strong> und in<br />
Himmelpfort und an vielen<br />
Orten der schönen Uckermark,<br />
die nach dem Tod<br />
meiner Freundin meine neue<br />
Heimat geworden ist.<br />
Es war irgendwann kurz vor<br />
<strong>Weihnachten</strong> in den achtziger<br />
Jahren. Meine Freunde<br />
und ich saßen in der kleinen<br />
Gaststätte in unserem Ortsteil<br />
unseres schönen Dorfes.<br />
Hier war es immer urgemütlich,<br />
und es gab immer etwas<br />
zu lachen. In diesem Jahr lag<br />
besonders viel Schnee und, es<br />
war auch sehr frostig. Alle<br />
freuten sich auf <strong>Weihnachten</strong>.<br />
Wir bekamen gerade unseren<br />
zweiten Punsch serviert,<br />
und es war eigentlich alles so<br />
wie immer, da ging plötzlich<br />
die Tür auf, und Bekannte<br />
betraten den Gastraum. Wir<br />
wunderten uns, wo die auf<br />
einmal herkamen. Es waren<br />
zwei junge Männer und eine<br />
Frau. Es handelte sich hierbei<br />
um einen stolzen Trabantbesitzer<br />
nebst seiner Freundin.<br />
Der Dritte war ein auf Kreisebene<br />
sehr erfolgreicher Motocrossfahrer.<br />
Der aber war<br />
nicht im Trabi gekommen,<br />
sondern – seiner Mentalität<br />
entsprechend – mit einer getunten<br />
Crossmaschine tschechischer<br />
Bauart. Er war einer<br />
der Härtesten seiner Zunft,<br />
und draußen waren es mindestens<br />
10 Grad minus. Wir<br />
haben uns wie immer nett<br />
unterhalten.<br />
Kindheitserinnerungen<br />
Endlich war der Heiligabend wieder da.<br />
Mit bunten Kugeln und sehr viel Lametta<br />
hatten wir geschmückt den grünen Tannenbaum<br />
und Kerzenduft erfüllte den ganzen Raum.<br />
Nach endlos scheinenden Stunden gab es dann<br />
Kaffee und auch Mohnstollen am Nachmittag.<br />
Danach durften wir nicht mehr im Raum bleiben,<br />
mussten uns woanders die Zeit vertreiben.<br />
Gingen deshalb in das Zimmer nebenan,<br />
ungeduldig wartend auf den Glöckchenklang,<br />
der für uns stets das Signal gewesen war,<br />
dass inzwischen auch der Weihnachtsmann war da.<br />
Beim Kerzenschein sagten wir, wie es Brauch,<br />
schnell unsere gelernten Gedichte auf.<br />
Erst danach sahen wir unsere Gaben,<br />
die immer unter dem Weihnachtsbaum lagen.<br />
Nur manchmal haben wir daran gedacht,<br />
wie es der Weihnachtsmann wohl hatte geschafft,<br />
die Geschenke in das Zimmer zu tragen,<br />
ohne dass wir es je gesehen haben.<br />
Für mich das Beste sind Bücher gewesen.<br />
Gleich unter dem Baum begann ich zu lesen,<br />
Musste dann aber aufhören damit,<br />
wenn das Abendessen stand auf dem Tisch.<br />
Aus dem Radio erklang dazu leise<br />
so manche altbekannte Weihnachtsweise.<br />
Gemeinsame Spiele beendeten dann<br />
wie immer einen schönen Heiligabend.<br />
Inzwischen sehr viel Zeit vergangen ist,<br />
doch denk‘ ich gerne an die Kindheit zurück,<br />
die zwar niemals jemand zurückholen kann,<br />
die uns aber begleitet ein Leben lang.<br />
Wer hoch genug fliegt, kann<br />
den Weihnachtsmann sehen<br />
Lesergeschichte<br />
von Sven Krause<br />
aus Jatznick<br />
Bei minus 10 Grad auf dem<br />
Morrad – nicht jedermanns<br />
Sache. <br />
Foto: Ingo Wagner<br />
Dann wurde es draußen<br />
langsam dunkel, und wir beschlossen,<br />
langsam in Richtung<br />
Heimat zu ziehen. Mein<br />
Freund und ich durften im<br />
Trabi mitfahren,<br />
Um ins Dorf zu kommen,<br />
gab es zwei Möglichkeiten,<br />
entweder direkt durch den<br />
Wald oder die holprige Straße.<br />
Wir entschieden uns,<br />
durch den Wald zu fahren.<br />
Da kam der Motorcrossfahrer<br />
plötzlich auf die Idee,<br />
um die Wette zu fahren. Er<br />
würde dem Trabifahrer auch<br />
etwas Vorsprung geben, und<br />
schon ging es los. Wir waren<br />
kaum im Wald, schon war<br />
der Crossfahrer hinter uns<br />
und versuchte bis zum Ende<br />
des Waldes uns durch gefährliche<br />
Stunts zu überholen.<br />
Sein Weihnachtsmannpudel<br />
flatterte im Fahrtwind.<br />
Er gab alles. Es klappte aber<br />
nicht, und wir wunderten<br />
uns, dass er noch im Sattel<br />
saß.<br />
Als wir dann am Waldrand<br />
ankamen, gab er noch einmal<br />
Vollgas und setzte noch einmal<br />
zum Überholvorgang an.<br />
Er schaffte es wieder nicht,<br />
denn auf der rechten Seite<br />
standen ein paar Bäume im<br />
Weg. Er wusste nicht wohin.<br />
Er fuhr im vollen Tempo<br />
gegen einen großen Findling<br />
und hob ab. Es ging im Steigflug<br />
über den Lenker in Richtung<br />
Baumwipfel. Seine Maschine<br />
folgte ihm und drehte<br />
sich bestimmt dreimal um<br />
die eigene Achse. Beide landeten<br />
nebeneinander im<br />
Schneeberg am Wegesrand.<br />
So etwas hatten wir noch<br />
nicht gesehen. Wir liefen sofort<br />
zu ihm. Er lag regungslos<br />
da. Doch plötzlich fing er<br />
an zu grinsen und meinte, so<br />
einen Stunt würde ihm keiner<br />
nachmachen und was das<br />
Schönste wäre: Er glaube ja<br />
nicht an den Weihnachtsmann,<br />
aber er habe ihn eben<br />
tatsächlich gesehen.<br />
Wir waren froh, dass ihm,<br />
bis auf ein paar Prellungen,<br />
nichts weiter passiert war,<br />
sonst wäre es damals bestimmt<br />
kein schönes Weihnachtsfest<br />
geworden.<br />
PZ