Leben und Genuss Herbst 2018

An diesem frühen Abend hofft er, dass die
Rehgeiss, die er seit einiger Zeit beobachtet,
mit ihren zwei Kitzen wieder auf die Lichtung
tritt. Der erfahrene Jäger schiesst nur Kitze,
wenn die Geiss zwei Junge führt. So sei der Eingriff
etwas weniger schlimm für das Muttertier.
Ihm fällt die Aufgabe nicht leicht. Doch der Eingriff
ist nötig, um die Population unter Kontrolle
zu halten. Leben zu viele Tiere im Revier, ist die
Gefahr grösser, dass sich Krankheiten ausbreiten
oder Inzucht entsteht.
Und dann taucht die Geiss auf. Im Schlepptau
ihre beiden Kitze. 130 Meter Entfernung. Gantenbein
beobachtet die Tiere lange. Versucht zu
erkennen, welches der Kitze das Schwächere ist.
Beide sind kräftige Jungtiere. Er muss sich entscheiden.
Der Jäger wartet, bis das erwählte Kitz
richtig steht, so dass ein sauberer Schuss gewährleistet
ist. Er zielt und drückt ab. Der Schuss hallt
im offenen Gelände noch eine Weile nach. Nach
kurzer Zeit zieht sich die Geiss mit ihrem Jungen
in den Wald zurück, und Gantenbein steigt behutsam
die Leiter runter. Er geht auf das geschossene
Kitz zu. Sein Schuss war perfekt. Er sucht nach
einem geeigneten Zweig
und gibt dem erlegten Tier
den letzten Bissen. Dabei
legt er dem Kitz ehrenvoll
den Zweig in den Mund
und betrachtet es einen
Moment. Mit gekonnter
Technik weidet Hanspeter Gantenbein das erlegte
Tier anschliessend aus und markiert es. Noch
am selben Abend wird das Kitz aus der Decke
geschlagen. Ein erfolgreicher Tag für den Urnäscher.
Seit 42 Jahren sorgt Hanspeter Gantenbein
bereits dafür, dass sich die Flora und Fauna in
seinem Jagdrevier optimal entwickeln kann.
Der Eingriff ist nötig, um die
Population unter Kontrolle zu halten.
50
Magazin_Nr. 2_2018_Leben und Genuss