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Bibel und Kirche 19_1_Jugend und Bibel

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inhaltlichen Dimensionen eines Textes in größter Offenheit den<br />

<strong>Jugend</strong>lichen darzulegen. Gleichzeitig ist dieselbe Offenheit gegenüber<br />

den vielfältigen Lebenserfahrungen sowie ein großes Vertrauen<br />

in die Rezeptionsfähigkeit der <strong>Jugend</strong>lichen erforderlich. Gibt man<br />

den biblischen Text »frei«, dann bestimmen die <strong>Jugend</strong>lichen selbst<br />

über die Relevanz des Textes für sich. Sie spüren in der Regel sehr<br />

genau, welches Wort sie anspricht <strong>und</strong> stellen so einen ersten Zugang<br />

für sich her. Daraus resultiert ihre Bereitschaft, sich intensiver auf den<br />

Text einzulassen <strong>und</strong> zu überprüfen, ob die Relevanz trägt. Diese kann<br />

durchaus als kritische Anfrage oder bestätigend für das eigene Denken<br />

<strong>und</strong> Handeln sein. Wichtig ist, dass ein Verstehensprozess ermöglicht<br />

<strong>und</strong> zugelassen wird, der zum einen nicht nur rational vor sich geht<br />

<strong>und</strong> zum andern Diversität <strong>und</strong> Pluralität weder für den Text noch für<br />

die individuellen Lebenserfahrungen ausschließt. Solche Offenheit<br />

führt zu Interesse <strong>und</strong> zum Austausch zwischen Text <strong>und</strong> Leser*in/<br />

Hörer*in, zwischen den Lesenden/Hörenden <strong>und</strong> innerhalb des Textes.<br />

Die jeweiligen Akteur*innen folgen einem anderen Rollenverständnis:<br />

Die <strong>Bibel</strong> wirkt selbstredend, weil nicht nur eine einzige Perspektive<br />

zugelassen wird, sondern vielfältiges Deuten, Begreifen, Hören, Lesen<br />

im Verstehensprozess enthalten sind. Wie in einem Orchesterwerk<br />

bringen Hören <strong>und</strong> Lesen die unterschiedlichen »Stimmen« im Text<br />

zum Klingen <strong>und</strong> lösen jeweilige Resonanzen aus; die Hörenden bzw.<br />

Lesenden lernen im Austausch untereinander weitere Verstehenszugänge<br />

kennen, die unterschiedlichen Lebenserfahrungen entspringen.<br />

Das bewirkt eine Auseinandersetzung mit den eigenen Erfahrungen:<br />

Wo stehe ich gerade? Warum ist dieser Gedanke für mich fremd, weshalb<br />

bedeutsam, weshalb nachvollziehbar? <strong>Jugend</strong>liche nehmen eine<br />

solch offene Begegnung mit biblischen Texten auf, weil sie spüren,<br />

dass diese in ihrer Suche nach der eigenen Identität bedeutsam werden<br />

kann. Sie selbst werden durch ihr Verstehen bedeutsam, weil durch sie<br />

das Wort Gottes lebendig bleibt. Gemeinsam bilden sie eine »Verstehergemeinschaft«,<br />

die das subjektive Lesen <strong>und</strong> Deuten einem Verständigungsprozess<br />

unterwirft (Schambeck 2017, 42).<br />

Schließlich verändert sich die Rolle der Theologie, die diesen Verstehensprozess<br />

begleitet: Sie ist moderierend <strong>und</strong> unterstützend tätig,<br />

stellt vielfältige Entdeckungsmöglichkeiten her <strong>und</strong> schafft einen<br />

offenen Raum. Erst in der anschließenden Vertiefung der Begegnung<br />

kann Wissen <strong>und</strong> Deuten weitere Verstehensebenen eröffnen.<br />

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