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Schuhe sind Kulturgt. Das technische Know- How einer jeden Epoche wurde herangezogen, um unser Bedürfnis nach Schmuck und Schutz zu befriedigen. Die stürmische Entwicklung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts nach der Industrialisierung hat auch in der Schuhindustrie zur Einführung hochproduktiver Technologien geführt. 13 Wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits erwähnt, entstand erst durch die Erfindung der Nähmaschine die Schuhindustrie. Sie führt also zur heutigen seriellen Produktion. Ein Großteil der Schuhe wird nicht mehr genäht, sondern verklebt: Damit ist nicht nur ihr Preis, sondern in der Regel auch ihre Qualität gesunken. Heutzutage werden jährlich insgesamt 23,5 Milliarden Paar Schuhe auf der Welt produziert. Jeder Europäer kauft sich im Schnitt 5,5 Paar neue Schuhe pro Jahr. 14 Aktuell werden 87 Prozent aller Schuhe in Asien produziert, wobei China mit fast zwei von drei weltweit verkauften Paar Schuhen der wichtigste Produzent ist. 15 Die Produktionsart von Schuhen ist auch heute, obwohl so viele Schritte von Maschinen übernommen wurden, unglaublich arbeitsintensiv. Fast 390 Arbeitsschritte sind notwendig, um einen Schuh zu produzieren. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts hat sich die Art, wie Schuhe hergestellt werden, kaum verändert. Doch auch das Schuhwerk folgt dem Fast-Fashion- Model. Alle zwei Wochen kommen neue Modelle auf den Markt und sind genauso schnell nicht mehr „in“, beziehungsweise gehen aufgrund der billigen Verarbeitung kaputt und landen anschließend meist im Hausmüll. Ein Schuh setzt also nicht nur durch die Produktionsart und den Transport, sondern auch bei der Entsorgung Treibhausgase und andere toxische Chemikalien frei. Der Abrieb von Schuhsohlen steht - noch vor Kosmetika, auf Platz sieben der Liste der größten Mikroplastik-Quellen. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz, in dem die Abfallentsorgung der Bundesrepublik geregelt ist, sieht eine andere Priorität: Produkte sollen lieber – so die Rangfolge – wiederverwendet, repariert und recycelt werden, damit die enthaltenen Rohstoffe mehrfach genutzt werden können. Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft, bei der Produkte oder Stoffe idealerwei- se erst gar nicht mehr zu Abfall werden. 16 Doch heute sind Sneaker sehr komplex aufgebaut und fast schon Hightechprodukte. Sie sind atmungsaktiv durch Superabsorbervliese und je nach Witterung luftdurchlässig oder absolut wasserdicht. Ventilationselemente, sowie absorbierene Polymere versprechen uns immer angenehm trockene Füße und 3D-Klima-Komfort-Systeme absorbieren durch Laminate sekundenschnell jeglichen Wasserdampf im Schuh. Sogenannte Barfußtechnologien sorgen dafür, dass wir den Schuh sogar ganz vergessen. Dabei werden Sneaker of immer aufwendiger- mehr Rohstoffkomponenten, mehr Klebestellen, mehr Nähte. Durch limitierte Editionen und aufwendig produzierte Werbefilme stillen die Sportschuhgiganten den Konsumhunger der sogenannten „Sneakerheads“ nach dem neuesten Schuhmodell. Die Frage hinter diesen Marketingstrategien ist, ob das alles die zuvor genannten Probleme, welche durch die Schuhproduktion verursacht werden, rechtfertigen. Es gibt einige Firmen die fair und nachhaltig produzierte Sneaker herstellen. Diese ahben aber oft eine Optik, die einem Großteil der Konsumenten nicht gefällt. Meist ist dies auch nur sogenanntes „ Greenwashing“ also PR-Methoden, die darauf zielen, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen. Zwar kommen längst auch die großen Markenhersteller – Adidas, Puma, Nike, Asics & Co. – zu einem Umdenken, doch von einer nachhaltigen Produktion sind Sie noch weit entfernt. Auch wenn hin und wieder einzelne Produktlinien auf den Markt gebracht werden, die sauberer produziert sind und mit nachhaltigen Materialien experimentieren: Es ändert nichts daran, dass Sie ihr Geschäft damit machen, in Billiglohnländern in riesigen Mengen Dinge zu produzieren, von denen viele vollkommen unnötig und viel zu kurzlebig sind. 49