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Fedora 3 Leseprobe

Sofie und die Wölfe beschließen, die Dörfer der Menschen über die Machenschaften der Virtus Cooperation aufzuklären. Dort erleben sie eine Überraschung, die nicht nur Sofie eine vollkommen neue Sicht auf die Dinge gibt, sondern auch Gaian unmittelbar zu beeinflussen scheint. Keine der beiden Seiten ist bereit aufzugeben. Eine Konfrontation mit ihrem Vater ist für Sofie unvermeidlich. Der mitreißende Abschluss der Fedora Chronik.

Sofie und die Wölfe beschließen, die Dörfer der Menschen über die Machenschaften der Virtus Cooperation aufzuklären. Dort erleben sie eine Überraschung, die nicht nur Sofie eine vollkommen neue Sicht auf die Dinge gibt, sondern auch Gaian unmittelbar zu beeinflussen scheint.
Keine der beiden Seiten ist bereit aufzugeben. Eine Konfrontation mit ihrem Vater ist für Sofie unvermeidlich.

Der mitreißende Abschluss der Fedora Chronik.

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Jeanette Peters<br />

Keim der Hoffnung<br />

<strong>Fedora</strong> Chronik III


F e d o r a C h r o n i k I I I : K e i m d e r H o f f n u n g<br />

© 2 0 1 8 J e a n e t t e P e t e r s<br />

C o v e r g e s t a l t u n g : J e a n e t t e P e t e r s<br />

Te x t : J e a n e t t e P e t e r s<br />

Te x t g e s t a l t u n g : J e a n e t t e P e t e r s<br />

L e k t o r a t : A n n a Te r e s<br />

B i l d m a t e r i a l : p i x a b a y . c o m ; A d o b e s t o c k<br />

J e a n e t t e P e t e r s<br />

D ö r w e r s t r a ß e 6 8<br />

4 4 3 5 9 D o r t m u n d<br />

G e r m a n y<br />

I S B N : 9 7 8 1 7 9 3 1 7 8 4 8 0<br />

E m a i l : L e s e e u l e n – v e r l a g @ g m x . d e


Für Esther,<br />

danke für all die inspirierenden Stunden, in denen wir unsere<br />

Werke miteinander geteilt haben. Danke für deine unermüdliche<br />

Unterstützung in sämtlichen Bereichen.


<strong>Fedora</strong><br />

7


8


Prolog<br />

alik wandte sich von dem Bildschirm ab und drehte sich zu<br />

seinem Partner um. Er war unzufrieden. Das alles lief<br />

überhaupt nicht wie geplant. Er musterte sein Gegenüber.<br />

Irrte er sich oder funkelten seinen Augen tatsächlich belustigt?<br />

»Was willst du nun tun?«, fragte der andere.<br />

In die Ecke gedrängt, wagte Malik nicht, den Blick zu senken.<br />

Er würde keine Schwäche zeigen. Es war kein Weltuntergang.<br />

Noch gab es genug Probanden. Er musste diese nur … Ein listiges<br />

Lächeln schlich sich auf seine Lippen. »Ich habe noch genug<br />

Nachkommen. ExM098 ist nicht unersetzlich.«<br />

»Doch diese Probenden sind nicht hier«, bemerkte der Andere.<br />

»Dann müssen wir sie eben herholen! Meine Nachkommen<br />

scheinen für deine Saat am empfänglichsten zu sein.«<br />

»Nun, aber deine andere Tochter scheint zu einem Problem für<br />

uns zu werden. Anstatt sich unserem Befehl zu unterwerfen …«<br />

»Das weiß ich auch!«, fauchte Malik an und bereute es<br />

umgehend, als er den kalten Blick in den Augen seines<br />

Gegenübers sah. Er durfte nicht vergessen, dass der Andere zwar<br />

menschlich aussah, dies jedoch nur eine Farce war. »Aber ihre<br />

Infektion war unrein. Bea hat sie durch ihr Blut infiziert. Die<br />

anderen werden hier in unseren Laboren behandelt und dann in<br />

das Erziehungsheim gebracht.«<br />

»Und du bist dir sicher, dass das funktioniert? Wir müssen nun,<br />

da unser Spion nicht mehr aktiv ist, mit allem rechnen. Wir<br />

wissen nicht mehr, was die anderen Planen.«<br />

9


»Das ist einfach. Es sind primitive Völker, von ihren Instinkten<br />

getrieben. Sie wollen Vergeltung. Und in ihren ungebildeten<br />

Verstand kann das nur eines bedeuten: Krieg. Sie werden gegen<br />

uns vorgehen und dies auf dem kriegerischen Weg.«<br />

»Was macht dich da dermaßen sicher? Du kannst dir keine<br />

weiteren Fehler leisten, Malik. Meine Geduld ist endlich.«<br />

Malik musste sich zusammenreißen, um nicht zu<br />

zurückzuweichen. Es stimmte: Die Geduldsspanne seines Partners<br />

war gering. Dabei hatten sie schon viel erreicht. Beatrice war ihr<br />

hoffnungsvollstes Subjekt gewesen, doch es gab noch weitere<br />

Kinder. Er selbst hatte dafür gesorgt, dass es sie gab. Und genau<br />

hier lag auch begründet, wieso er ahnte, was auf sie zukam. Er<br />

hatte unter den Primitiven gelebt. Nicht unter den Wölfen und<br />

Vampiren und ganz gewiss nicht unter den Ghoulen. Doch die<br />

Menschen dort und seine Angestellten, die diese Dörfer<br />

bewachten, hatten ihn einen guten Einblick in deren Denkweise<br />

ermöglicht.<br />

»Sie werden angreifen«, versicherte er mit fester Stimme. »Sie<br />

wissen nicht alles über uns. Die Informationen des Spiones haben<br />

das deutlich gezeigt. Wenn man bedenkt, wie lange sie bereits<br />

hinter uns her sind und Informationen sammeln, ist ihr Wissen<br />

derart mangelhaft, dass ich nicht verstehe, wieso du dir Sorgen<br />

machst.«<br />

Das kalte Lachen seines Partners jagte Malik eiskalte Schauder<br />

über den Rücken. Es klang derart unecht und falsch … Er<br />

schluckte und widerstand dem Drang sich wieder den<br />

Bildschirmen des Computers zuzuwenden, nur um nicht weiter in<br />

diese kalten schwarzen Augen sehen zu müssen.<br />

»Auch du warst primitiv, ehe du auf mich getroffen bist«,<br />

erinnerte ExU001 ihn. Er hatte sich nie einen Namen zugelegt, da<br />

er es für unwürdig befand. Malik vermied es also seine Sätze in der<br />

Art zu formulieren, die einen Namen benötigte.<br />

Tief durchatmend, um sich zu beruhigen und nicht seiner Wut<br />

nachzugeben, nickte Malik. »Ich weiß. Doch du hast mir dein<br />

Blut eingeflößt und mich zu deinem Partner gemacht. Gemeinsam<br />

werden wir die Welt beherrschen und die Menschen unterjochen.<br />

10


Wenn wir erst einmal fertig sind, wird es keine Werwölfe, Vampire<br />

oder Ghoule mehr geben, außer jenen, die wir selbst züchten. Eine<br />

Welt, wie du sie dir wünschst.«<br />

Der Andere nickte. »Eine Welt, in der alle meine Untergebenen<br />

sind. Du wirst meine rechte Hand sein, wenn es dir gelingt. Wenn<br />

nicht …«<br />

Malik schluckte angespannt, sagte jedoch nichts. Er wusste, was<br />

geschehen würde, wenn er versagte. Er kannte das Risiko. Doch er<br />

würde Erfolg haben und dann gemeinsam mit ExU001 die Welt<br />

beherrschen.<br />

11


12


Kampf um Lovlin<br />

unter! Lucs Schrei hallte durch ihren Kopf und Sofie<br />

reagierte instinktiv. Der Feuerball aus dem<br />

Handflammenwerfer des Dorfmagiers sauste dicht über<br />

ihren Kopf hinweg. Sofie konnte die Hitze der Flammenkugel<br />

spüren und bildete sich ein, versengtes Haar zu riechen.<br />

Sie blieb noch einen Augenblick auf dem Boden liegen und<br />

holte angestrengt Luft. Das alles gestaltete sich weniger einfach, als<br />

erhofft.<br />

Ihr Plan war es gewesen in das Dorf einzudringen, die<br />

Mitarbeiter von Virtus, die für die Bewohner Lovlins Magier<br />

waren, auszuschalten und dann Aufklärungsarbeit zu leisten. Sie<br />

waren erwischt worden, ehe auch nur einer von ihnen in das Dorf<br />

hatte schleichen können. Man hatte sie sogar erwartet. Woher<br />

hatten sie nur gewusst, dass sie auf dem Weg waren?<br />

Nun, es spielte keine Rolle. Jetzt galt es erst einmal zu überleben.<br />

Ein Rückzug würde nichts bringen und wäre für ihren Plan nicht<br />

förderlich. Also mussten sie durchhalten und es erledigen.<br />

Genug ausgeruht!, dachte sie sich und sprang wieder auf die<br />

Füße. Sofort stürzte sich eine der Dorfwachen auf sie. Sofie wich<br />

aus und griff nach dem Speer, mit dem er sie hatte ausschalten<br />

wollen. Mit einer geschickten Drehung entwandte sie ihm die<br />

Waffe und hielt sie nun ihrerseits in der Hand.<br />

13


Als die Wache angriffsbereit zu ihr herumfuhr stutzten sie beide.<br />

Es war Sorin, der Hauptmann der Wache.<br />

»Du!«, keuchte er, doch dann erfüllte Hass seine Augen. »Du<br />

verschwörst dich gegen deinesgleichen um diesem … Vieh zu<br />

helfen uns auszulöschen?«<br />

Da Sofie sich durch die Waffe in ihrer Hand im Vorteil wähnte,<br />

ließ sie sich auf das Gespräch ein. Langsam schüttelte sie den<br />

Kopf. »Nein, niemand soll ausgelöscht werden. Wir versuchen<br />

euch zu retten«, erklärte sie fieberhaft.<br />

Das höhnische Lachen, welches der Hauptmann ausstieß, ließ<br />

Sofies Zuversicht schwinden. »Retten … Retten? Wovor wollt ihr<br />

uns retten? Die einzige Gefahr weit und breit ist das Vieh in den<br />

Wäldern, das uns immer wieder angreift!«<br />

»Du irrst dich! Sie haben mich gerettet. Es gibt etwas viel<br />

Schlimmeres als die Wölfe. Nämlich die, die auch für das<br />

Verschwinden der Kinder verantwortlich sind. Meine Schwester,<br />

Toma … und all die anderen. Willst du nicht wissen, was wirklich<br />

vor sich geht?«<br />

Für einen kurzen Augenblick konnte sie Zweifel in Sorins Augen<br />

erkennen. Dann jedoch stürzte er auf sie zu und entriss ihr den<br />

Speer.<br />

Diesmal gelang es Sofie nicht vollkommen, ihm auszuweichen<br />

und sie nahm wahr, wie die Spitze des Speers sich in ihren<br />

Oberarm grub. Sofort schoss ein scharfes Kribbeln durch ihren<br />

gesamten Arm und die Geschwindigkeit, mit der die Veränderung<br />

sich vollzog, war zu schnell, zu abrupt, als dass Sofie etwas<br />

dagegen hätte machen können.<br />

Es war ein instinktives Verhalten. Einer ihrer Tentakel schoss auf<br />

Sorin zu – der sie mit schreckensgeweiteten Augen anstarrte – und<br />

riss ihm den Speer aus den Händen. Ein kurzer Ruck und die<br />

Waffe zerbrach in zwei Teile.<br />

Sofie biss die Zähne zusammen, um Sorin nicht zu verletzen. Ihr<br />

Tentakel schien nach Blut zu dürsten, nun wo es derart nah war.<br />

Doch ebenso, wie sie die Bewegungen instinktiv steuerte, so<br />

wusste sie auch, dass Blut das Böse der Infektion nähren und<br />

stärken würde. Sie würde nicht mit den Tentakel töten. Niemals!<br />

14


»Du bist eine von denen! Du bist auch so ein Vieh!«, schrie<br />

Sorin und griff nach dem Dolch, den er in der Scheide seines<br />

Gürtels trug.<br />

Es gelang ihm nicht, zum Angriff überzugehen. Luc tauchte auf<br />

und rammte gegen den Körper des Wächters. Sie gingen beide zu<br />

Boden. Ehe Sofie irgendetwas sagen konnte, gruben sich die<br />

Zähne des Wolfes in Sorins Kehle.<br />

Nun würde es noch schwerer werden die Dorfbewohner zu<br />

überzeugen. Sorin war hoch angesehen gewesen, als sie noch im<br />

Dorf gelebt hatte. Daran würde sich nicht viel geändert haben.<br />

Doch es brachte nichts, sich nun darüber zu ärgern. Der Kampf<br />

tobte immer noch um sie herum.<br />

Luc und sie tauschten einen kurzen Blick und dann wandte sich<br />

jeder von ihnen dem nächsten Gegner zu. Einer der Magier<br />

kämpfte mit Gaian. Sofie dachte nicht lange nach und eilte dem<br />

Bruder ihres Gefährten zur Hilfe.<br />

Sie sprang den Magier von hinten an, zog im Sprung bereits<br />

ihren Dolch und zog ihn über die weiche Haut an seinem Hals.<br />

Das Blut, welches aus der Wunder hervortrat nicht beachtend,<br />

musterte sie Gaian für eine Sekunde. Er schien unverletzt. Welch<br />

ein Glück.<br />

Ohne sie wäre der Jüngling gar nicht hier auf dem Schlachtfeld<br />

zu finden. Doch da Sofie darauf bestanden hatte die Krieger zu<br />

begleiten, musste man es auch Gaian gestatten. Dadurch hatte sie<br />

ihre Entscheidung schnell bereut, war jedoch nicht gewillt<br />

gewesen, sie zu revidieren. Nun sah sie es als ihre Pflicht an, zu<br />

verhindern, dass er zu Schaden kam.<br />

»Geh zu Luc!«, wies Sofie Gaian an und drehte sich dann um<br />

ihre eigene Achse. Ein Mann in Wächterkleidung kam auf sie zu<br />

gerannt. Sofie stellte ihre Beine ein wenig auseinander, um<br />

besseren Halt zu bekommen und bereitete sich auf seinen Angriff<br />

vor.<br />

Er preschte auf sie zu und zog im Lauf ein Schwert. Sofie<br />

zögerte. Sie selbst hatte den Schwertkampf nicht erlernt, also blieb<br />

ihr nur der Dolch oder der Handflammenwerfer. Da sie noch<br />

nicht gewillt war, den Mann gleich zu töten, stellte sie sich darauf<br />

15


ein zur Seite auszuweichen, eine Drehung zu vollführen und den<br />

Mann dann von hinten anzugriefen, sobald er durch seinen<br />

eigenen Schwung an ihr vorbeigerannt war.<br />

Als der Moment kam, ging alles schief.<br />

Sofie rutschte auf dem vom Blut durchtränkten Boden weg und<br />

fiel schmerzhaft auf den Boden. Der Mann, der sich immer noch<br />

im vollen Lauf befand, das Schwert hoch erhoben und bereit zum<br />

finalen Schlag, konnte nicht mehr ausweichen und fiel über sie.<br />

Seine schweren Stiefel trafen Sofie an der Schläfe und für einen<br />

kurzen Augenblick wurde ihr schwarz vor Augen. Sie versuchte das<br />

Bewusstsein zu behalten. Wenn sie nun ihre Sinne verlor, wäre es<br />

für jeden Gegner ein Leichtes sie zu töten.<br />

Schwankend und stöhnend drehte sie sich um den Wächter<br />

anzusehen, für den Fall, dass er sie erneut angreifen wollte.<br />

Es wäre nicht nötig gewesen. Der Mann hatte sich mit seinem<br />

eigenen Schwert aufgespießt, als er über sie gefallen war. Sofie<br />

schüttelte sich kurz und rappelte sich schließlich auf.<br />

Sie sah, wie die Wölfe die restlichen Wächter zusammentrieben<br />

und umzingelten. Magier konnte Sofie keine lebenden mehr<br />

entdecken. Es sah aus, als wäre das Schlimmste vorerst vorbei.<br />

Nun galt es, die Dorfbewohner zu überzeugen, dass sie nichts<br />

Böses im Sinn hatten. Ein schwieriges Unterfangen, nachdem sie<br />

derart viele von ihnen getötet hatten.<br />

16


Missionierungsarbeit<br />

ährend die Wächter sich umringt von riesenhaften Wölfen<br />

zusammendrängten, ging Sofie auf sie zu. Sie sah, wie Luc<br />

sich entfernte, sicher, um seine menschliche Gestalt<br />

anzunehmen. Er wollte zu den Dorfbewohnern sprechen. Doch<br />

dafür mussten sie bereit sein zuzuhören.<br />

Sofie trat zwischen Bando und Gaian und musterte die Männer.<br />

Die Gesichter waren ihr immer noch vertraut, doch der Ausdruck,<br />

als einige der Wächter ihren Blick auf sie richteten, war ein<br />

vollkommen anderer. Es war deutlich zu sehen, wie verraten sie<br />

sich fühlten. Sie glaubten, Sofie sei gekommen, um das Dorf zu<br />

überfallen. Und wie sollten sie auch nicht? Der Kampf hatte derart<br />

schnell begonnen …<br />

Sie suchte nach jemanden, der ihr wohlgesonnen gewesen war,<br />

als sie noch im Dorf lebte. Schnell fand sie das Gesicht von Lasslo,<br />

dem Dorfschmied und hielt seinen Blick fest in ihrem.<br />

»Ihr müsst uns anhören«, erklärte Sofie beschwörend. »Es war<br />

nie unsere Absicht jemanden zu verletzen. Das wäre auch nicht<br />

nötig gewesen, wenn ihr uns nicht angegriffen hättet.« Sie konnte<br />

sehen, wie Lasslo den Mund öffnete, um den Vorwurf zu<br />

kommentieren doch sie schüttelte den Kopf. »Schon gut. Ihr<br />

müsst zuhören. Die Welt ist nicht, wie sie scheint. Wir haben<br />

herausgefunden, wer hinter den verschwundenen Kindern steckt.<br />

17


Es verschwinden auch Wölfe, wusstet ihr das? Sie haben mir das<br />

Leben gerettet.«<br />

Lasslo sah sie lediglich schweigend an. Sofie hätte weiterreden<br />

können, doch was würde das bringen? Je mehr sie nun vor sich<br />

hin brabbelte, desto unglaubwürdiger wirkte sie. Also ließ sie die<br />

Worte wirken, die sie bereits an die Wächter gerichtet hatte. Wenn<br />

es ihnen gelang, diese Männer zu überzeugen, würde es bei dem<br />

Rest der Dorfbewohner ein Leichtes werden.<br />

»Warum sollten wir dir glauben?«, fragte Lasslo schließlich.<br />

Sofie atmete auf. Nach Sorin war er derjenige, auf den die<br />

Männer im Dorf hörten. Sein Können in der Schmiedekunst hatte<br />

dazu geführt. Es war gut, dass er sich auf das Gespräch einließ. Sie<br />

lächelte also und versuchte ruhig zu bleiben. »Ich lebe noch, oder<br />

nicht? Ich stehe hier vor euch. Und ihr kennt mich. Glaubst du<br />

wirklich, ich würde mit den Wölfen geschlossen hier stehen, wenn<br />

es sich anders verhielte?«<br />

»Du bist eines dieser Monster!«, rief einer der Männer. »Ich habe<br />

es sehen, als du Sorin angegriffen hast.«<br />

Nun zögerte Sofie. Es zu leugnen würde nichts bringen. »Ich<br />

wurde infiziert. Durch die Menschen, die auch die Kinder<br />

entführen, um diese ebenfalls zu infizieren. Es ist … eine Art<br />

Krankheit, doch ich bin im Gegensatz zu vielen anderen, nicht<br />

daran gestorben.« Sie schluckte, als sie an Bea dachte. »Und ich<br />

bin auch immer noch ich, anders als meine Schwerster es war.«<br />

Die älteren Männer holten erschrocken Luft. »Du hast Bea<br />

gefunden?«, fragte Lasslo ungläubig.<br />

Trauer führte dazu, dass Sofies Herz sich schmerzhaft<br />

zusammenzog, doch sie nickte. »Habe ich«, gestand sie langsam.<br />

»Inzwischen lebt sie nicht mehr. Die Infektion … Sie hat sie zu<br />

einem seelenlosen Monster gemacht. Sie hat diesen Männern<br />

geholfen weitere Kinder und auch Wölfe zu entführen.«<br />

»Wer hat sie getötet?«<br />

Wieder zögerte Sofie. Sie wollte ehrlich sein, doch wie würden<br />

die Männer es aufnehmen? Zitternd holte sie Luft: »Ich. Sie hat<br />

gedroht, meine Freunde zu holen. Einen nach dem anderen,<br />

während sie mich angriff, um mich ebenfalls zu töten. Ich<br />

18


wünschte, es hätte einen anderen Weg gegeben. Doch ihre …<br />

Krankheit war zu weit fortgeschritten.«<br />

»Du tötest dein eigen Fleisch und Blut, um diese Hunde zu<br />

retten?«, rief wieder der Mann von davor.<br />

Sofie versuchte den Vorwurf beiseitezuschieben und hielt ihren<br />

Blick fest auf Lasslo gerichtet. »Die Welt ist eine andere, als man<br />

uns weißmachen möchte. Die Magier … Sie beherrschen keine<br />

Magie.« Hoffentlich würde dieses Beispiel etwas bringen.<br />

»Sie schießen Feuer aus ihren Händen? Wie nennst du es, wenn<br />

nicht Magie?«, fragte Lasslo. Er wirkte nicht abwehrend, nur<br />

interessiert.<br />

Sofie hob den Arm, drehte sich ein wenig zur Seite und visierte<br />

einen Baum an. Dann bewegte sie ihre Finger, um den<br />

Handflammenwerfer zu aktivieren.<br />

Die Feuerkugel schoss hervor und raste auf den Baum zu, der<br />

sofort in Flammen aufging. Ein kollektives Aufstöhnen ging durch<br />

die Männer. Sofie drehte sich wieder zurück und zog ihren Ärmel<br />

ein Stück nach oben, um ihnen die Manschette zu zeigen.<br />

»Dies hier ist ein Handflammenwerfer. Ein technologisches<br />

Gerät, mit dem jeder Mensch Feuerkugeln erzeugen kann, wenn<br />

er weiß, wie man damit umgeht.« Sie ließ die Hand wieder sinken.<br />

»Es sind keine Magier. Es sind Mitarbeiter einer Organisation, die<br />

Versuche an Menschen, Wölfen, Vampiren und sogar den<br />

Ghoulen durchführt.«<br />

Keiner der Wächter schien Worte zu finden. Sofie entging nicht,<br />

dass viele noch auf den schwelenden Baumstamm starrten.<br />

»Hört euch an, was wir zu sagen haben. Solltet ihr danach<br />

immer noch der Meinung sein, wir wollen euch etwas Böses,<br />

werden wir gehen und euch nicht weiter behelligen. Ich gebe euch<br />

mein Wort.«<br />

»Das Wort eines Monsters!«, schrie erneut der Mann, dessen<br />

Einwände nun schon häufiger ertönt waren.<br />

Ehe Sofie etwas sagen konnte, fuhr Lasslo zu ihm herum. »Halt<br />

den Mund, Daron!«, wies er den Mann an. »Wir werden uns<br />

anhören, was sie zu sagen haben. Zunda, Kuna, ihr geht die<br />

Dorfältesten holen, ich möchte, dass sie dabei sind. Auch die<br />

weiblichen!«<br />

19


Zunda und Kuna waren von ihrer Mutter behandelt worden an<br />

dem Tag, bevor Sofie das Dorf verlassen hatte. Sie erinnerte sich<br />

gut daran. Die beiden nickten und zogen sich unsicher in<br />

Richtung Dorfeingang zurück. Die Wölfe machten ihnen<br />

anstandslos Platz.<br />

Luc tauchte wieder auf, diesmal in seiner menschlichen Gestalt.<br />

Als Sofie sich zu ihm herumdrehte, lächelte er ihr zu und nickte.<br />

Er hatte jedes ihrer Worte über ihre Gefährtenbindung<br />

mitbekommen und schien zufrieden damit zu sein.<br />

Neben ihr blieb er stehen und betrachtete die Menge. Sofie<br />

beobachtete ihn genau. Es war deutlich zu sehen, dass er über sein<br />

Vorgehen nachdachte. Dann sah er, ebenso wie Sofie es getan<br />

hatte zu Lasslo. »Du hast hier das Sagen?«, fragte er mit ruhiger<br />

Stimme.<br />

Lasslo wandte sich zu den Männern um. Einige von ihnen<br />

nickten, andere starrten betreten zu Boden. Dann blickte er<br />

wieder zu Luc. »Sieht danach aus«, antwortete der Dorfschmied.<br />

»Dann such deine Leute zusammen, die du bei unserem<br />

Gespräch dabei haben möchtest. Ich werde Gabe und Sofie<br />

hierbehalten und den Rest des Rudels zurück in unser Dorf<br />

schicken. Mein Zeichen an euch, dass ich euch vertraue. Ich hoffe<br />

ihr missbraucht es nicht.«<br />

»Das klingt fair«, bemerkte Lasslo und seufzte dann. »Wir<br />

werden in die Schenke gehen. Dort sollte genug Platz für alle sein,<br />

die an diesem Gespräch teilnehmen wollen. Ich möchte<br />

niemanden ausschließen. Jeder muss für sich entscheiden.<br />

Allerdings darf niemand, der nicht teilnimmt, hinterher unsere<br />

Entscheidung in Frage stellen, inwieweit wir euch vertrauen.<br />

Entschließen wir uns, mit euch zu kooperieren, ist dieser<br />

Entschluss bindend für das gesamte Dorf.«<br />

»Dies scheint mir annehmbar.« Luc drehte sich zum Rudel um<br />

und ließ seinen Blick über die vielen Wölfe schweifen. »Ihr habt es<br />

gehört. Geht zurück ins Dorf. Wir werden nachkommen, sobald<br />

wir hier alles geregelt haben.«<br />

Sofie entging der vorwurfsvolle Blick von Gaian und einigen der<br />

anderen Wölfe nicht, doch Luc ignorierte es. Er war der<br />

20


Alphawolf und damit mussten sie sich seinem Willen fügen. Gabe<br />

erschien dankbar, diesmal nicht wieder zurückgeschickt zu<br />

werden, da er als Stellvertreter all zu oft im Dorf blieb, wenn Luc<br />

auf eine Mission ging. Sie selbst war überrascht, dass Luc ihr<br />

gestattete zu bleiben. Doch dann wurde ihr der Sinn dahinter klar.<br />

Die Menschen in Lovlin kannten sie. Auch wenn sie fast zwei<br />

Jahren nicht mehr zur Dorfgemeinschaft gehörte, setzte Luc<br />

darauf, dass man ihr eher vertraute, als den Wölfen.<br />

Die Wächter sahen dabei zu, wie die Wölfe sich zurückzogen<br />

und schließlich im Wald verschwanden. Dann betrachtete Lasslo<br />

Luc, Gabe und Sofie für einen Augenblick, ehe er nickte, als sei er<br />

zu einer Entscheidung gekommen.<br />

»Folgt mir«, wies er sie an und drehte sich um, um ins Dorf<br />

zurückzugehen. Sofie und ihre Begleiter folgten der Aufforderung,<br />

gespannt, was sie nun erwartete.<br />

21


22


Ein Entschluss<br />

s dauerte lange, die gesamte Geschichte zu erzählen. Viele<br />

Fragen wurden gestellt, doch die Anwesenden in der Schenke<br />

schienen ihnen zu glauben. Sofie war erleichtert, denn<br />

wenigstens waren sie nun gewarnt vor den Machenschaften von<br />

Virtus. Selbst wenn die Dorfbewohner sich dagegen entschieden<br />

mit ihnen zusammenzuarbeiten.<br />

Als schließlich alles erzählt war, blieb es eine Weile still. Dann<br />

räusperte Lasslo sich und seufzte tief. »Das klingt alles so<br />

unwirklich«, murmelte er. »Aber eure Waffen und die Dinge, die<br />

ihr beschreibt, sind dermaßen unwahrscheinlich, dass man sie sich<br />

kaum ausdenken kann. Und ich sehe dich, Sofie. Du warst<br />

niemals ein einfaches Kind. Zu eigensinnig und neugierig als gut<br />

für dich ist. Als du abgehauen bist, hast du deiner Mutter das<br />

Herz gebrochen, doch sie zeigte es niemanden. Sie sagte immer,<br />

sie hat geahnt, dass du eines Tages hinausziehen und nach deiner<br />

Schwester suchen würdest. Und Toma war ein guter Freund von<br />

dir. Somit kann man es verstehen.«<br />

»Ich wollte meiner Mutter niemals weh tun. Doch … Sie hatte<br />

recht. Selbst wenn das mit Toma nicht passiert wäre, hätte ich<br />

wahrscheinlich irgendwann den Drang dazu gehabt, nach Beatrice<br />

zu suchen.«<br />

23


»Und du hast sie gefunden«, bemerkte Lasslo. »Unsere Kinder<br />

… Die Kinder dieses Dorfes in den Händen solcher Barbaren. Ich<br />

will das nicht. Es darf keine weiteren Opfer mehr geben! Aber<br />

unsere besten Kämpfer sind tot. Was erwartet ihr also von uns?«<br />

Nun regte sich Luc zum ersten mal seit langer Zeit wieder.<br />

»Nichts, was ihr nicht bereit seid zu geben. Es war unser ernst, als<br />

wir sagten, wie ließen euch unbehelligt, wenn ihr euch dagegen<br />

entscheidet uns zu helfen. Alles hilft. Waffen, Nahrung, Rüstung<br />

… Wenn sich ein oder zwei von euch bereiterklären würden mit<br />

uns zu den anderen Dörfern zu ziehen, um dort mit den<br />

Dorfvorstehern zu sprechen, könnten wir vielleicht weitere<br />

Kämpfe mit den Unschuldigen verhindern.«<br />

»Das wäre wünschenswert«, sagte eine der Frauen bedrückt. »Es<br />

hat schon zu viele Verluste gegeben.«<br />

»Da stimme ich dir zu. Auch mein Bruder befindet sich<br />

darunter. Es soll nicht noch mehr Opfer geben. Virtus muss das<br />

Handwerk gelegt werden. Angefangen dabei, dass wir euch<br />

aufklären. So ist es nicht mehr ganz so leicht für sie, euch<br />

unvorbereitet zu erwischen. Anschließend werden wir gemeinsam<br />

mit den Ghoulen und den Vampiren nach Macea ziehen. Dort<br />

sitzt die Zentrale.«<br />

»Und was erwartet euch da?«, fragte nun Zanda.<br />

»Das wissen wir nicht. Wir müssen uns auf alles vorbereiten.<br />

Aber eines ist für mich sicher: Nur gemeinsam sind wir stark.« Luc<br />

sah grimmig und in seinem besten Alphawolfblick in die Runde<br />

der Dorfbewohner. Sofie entging nicht, wie viele von ihnen<br />

instinktiv den Blick senkten.<br />

Sie wechselte einen schnellen Blick mit Gabe, in dessen Augen<br />

ebenfalls ein belustigtes Funkeln stand. Anscheinend war es auch<br />

ihm nicht entgangen.<br />

»Also gut. Wir wissen, es gibt viele neue Informationen. Wir<br />

werden euch einige Tage Zeit lassen, um über die Dinge<br />

nachzudenken. In drei Tagen kommen wir zurück und hören uns<br />

eure Entscheidung an.«<br />

Leises Murmeln ertönte. Lasslo drehte sich um und sah die<br />

Dorfältesten an. Einige von ihnen nickten. Dann stand der<br />

24


Dorfschmied auf und drehte sich zu der Gemeinde um. »Wer von<br />

euch braucht noch Bedenkzeit?«<br />

Niemand meldete sich. Sofie hielt den Atem an. Es war nur all<br />

zu deutlich, dass Lasslo die Sache schnell hinter sich bringen<br />

wollte. Also würde er jetzt abstimmen lassen.<br />

»Wer von euch ist für einen Zusammenschluss mit den Wölfen?<br />

Wie genau unsere Art der Hilfe aussehen kann, werden wir noch<br />

besprechen.«, fragte Lasslo in die Runde.<br />

Da waren Hände in der Luft. Viele Hände! Mehr als die Hälfte.<br />

Sofie wagte es, wieder Luft zu holen und tauschte einen<br />

fieberhaften Blick mit Luc. Er wirte ebenso erregt wie sie. Die<br />

erste Hürde war geschafft. Es war ihnen gelungen, neue<br />

Verbündete zu gewinnen.<br />

Kuna stand auf und musterte kurz die Wölfe, ehe er zu Lasslo<br />

sah. »Ich will mich anbieten die Wölfe zu begleiten, wenn sie zu<br />

den anderen Dörfern ziehen«, erklärte der Jäger.<br />

Neben ihm sprang Zanda auf. »Ich ebenfalls. Wir waren oft auf<br />

der Jagd und kennen die Wälder gut. Zudem kennen wir auch<br />

einige Jäger, denen wir auf unseren Pirschen begegnet sind. Dies<br />

könnte hilfreich sein. Es sind nicht viele und es geschah selten,<br />

aber es ist vorgekommen.«<br />

»Eure Hilfe wäre uns willkommen«, sagte Luc ruhig, ehe Zanda<br />

und Kuna anfangen konnten, ihren Nutzen zu untermalen.<br />

Lasslo nickte zustimmend. »Es ist eure Entscheidung. Und sie<br />

ehrt euch ebenso, wie unser Dorf. Ich werde euch als<br />

Unterstützung Waffen und Rüstung nach eurem Wunsch<br />

herstellen.«<br />

Gabe räusperte sich. »Vielleicht wäre es von Nutzen, wenn sie<br />

einige unserer Waffen erhalten. Ein Schwert ist schön und gut,<br />

eine Schusswaffe jedoch besitzt eine größere Reichweite. Auch<br />

unsere Rüstungen sind leichter und sicherer als alles, was ihr<br />

schmieden könnt.« Er wechselte einen schnellen Blick mit Luc.<br />

Sofie spürte das Zupfen an der Rudelverbindung, was bedeutete,<br />

dass Gabe ihm darüber eine Frage stellte. Luc nickte kaum<br />

merklich. Gabe sah wieder zu Kuna und Zanda. »Ihr seid<br />

wagemutig. Ich werde euren Wagemut auf die Probe stellen und<br />

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