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IMMOBILIENPOLITIK<br />
WOHNFLÄCHENKONSUM<br />
MIETZINS ALS<br />
WICHTIGSTER FAKTOR<br />
FÜR VERDICHTUNG<br />
Die neusten Erhebungen des Bundes zeigen:<br />
Der Mietzins ist der wichtigste Faktor,<br />
um Verdichtung zu erreichen. Tiefe Mieten<br />
führen zu Mehrkonsum von Wohnfläche.<br />
TEXT—IVO CATHOMEN*<br />
HOHE MIETZINSE, TIEFER<br />
FLÄCHEN VERBRAUCH<br />
Mieter handeln rational. Sind die Mietzinse<br />
hoch, schränken sie ihren Wohnflächenverbrauch<br />
ein. Das ist der Schluss aus<br />
den jüngsten Erhebungen des Bundesamts<br />
für Statistik zu den Schweizer Wohnverhältnissen.<br />
2017 konsumierte jeder Bewohner<br />
in der Schweiz im Durchschnitt 46<br />
Quadratmeter. Je grösser die Wohnung<br />
nach Massgabe der Zimmerzahl, umso höher<br />
ist der Flächenverbrauch. Sind es bei<br />
den 1-Zimmer-Wohnungen durchschnittlich<br />
nur 29 Quadratmeter, so beläuft sich<br />
der Konsum bei 6 und mehr Zimmern auf<br />
doppelt so viel, nämlich 59 Quadratmeter<br />
pro Person.<br />
Auffallende Abweichungen vom Durchschnittswert<br />
sind in Städten mit mehr als<br />
100 000 Einwohnern sowie in bevorzugten<br />
Vororten und Tourismusregionen auszumachen.<br />
In den grössten Städten beträgt<br />
die durchschnittliche Wohnfläche vergleichsweise<br />
tiefe 36 bis 43 Quadratmeter<br />
– und dies, obwohl die Anzahl Personen pro<br />
Wohnung in den grössten Städten mit zwischen<br />
1,9 und 2,2 Personen mehrheitlich<br />
unter dem schweizerischen Durchschnitt<br />
liegt (2,2).<br />
Der geringere Flächenkonsum korrespondiert<br />
mit den höheren Mietzinsen in<br />
den Städten. Die Mieter in der Schweiz bezahlten<br />
gemäss einer ebenfalls jüngst veröffentlichten<br />
Statistik über die Periode<br />
2015 bis 2017 durchschnittlich 1319 CHF<br />
Nettomietzins pro Monat. Zürich (1536<br />
CHF), Genf (1395 CHF), Winterthur (1381<br />
CHF) und Luzern (1371 CHF) lagen signifikant<br />
über diesem Durchschnittswert.<br />
FEIND DER VERDICHTUNG<br />
Damit lässt sich argumentieren, dass die<br />
Höhe des Mietzinses ein Hauptfaktor dafür<br />
ist, wie viel Wohnraum pro Person konsumiert<br />
wird. Diese Preiselastizität könnte<br />
wiederum dahingehend interpretiert werden,<br />
dass Wohnraum ab einer bestimmten<br />
als notwendig erachteten Fläche kein reines<br />
Grundgut darstellt. Damit ist ein höherer<br />
bzw. steigender Mietzins dazu geeignet,<br />
den Flächenkonsum zu beeinflussen. Werden<br />
die Mietzinse durch Regulierung unter<br />
dem Marktgleichgewicht gehalten, wird<br />
der Konsum von Wohnfläche stimuliert –<br />
für gleich viel Mietzins kann mehr Fläche<br />
verbraucht werden.<br />
Damit ist der Mietzins ein wichtiger<br />
Faktor bei den Verdichtungsbestrebungen.<br />
Denn Verdichtung kann nicht nur bei der<br />
Bauordnung ansetzen. Sie muss ebenso den<br />
Flächenverbrauch in Betracht ziehen. Dieser<br />
hat 2017 gegenüber den Vorjahren<br />
nochmals auf die erwähnten 46 Quadratmeter<br />
zugenommen. Von 2013 bis 2016 lag<br />
er bei 45 Quadratmeter. Das tönt nach wenig.<br />
Umgerechnet auf die Schweizer Bevölkerung<br />
sind es aber immerhin 8,4 Mio. Quadratmeter.<br />
Eine Konsolidierung des<br />
Flächenverbrauchs zeichnet sich zwar ab,<br />
eine eigentliche Trendwende ist aber nicht<br />
in Sicht.<br />
*IVO CATHOMEN<br />
Dr. oec. HSG, ist Herausgeber der<br />
Zeitschrift Immobilia.<br />
WOHNFLÄCHENVERBRAUCH 2017<br />
Durchschnittliche Wohnfläche pro<br />
Bewohner in Quadratmeter<br />
Schweiz 46<br />
100 000 und mehr Einwohner<br />
Basel 40<br />
Bern 39<br />
Genève 36<br />
Lausanne 37<br />
Winterthur 43<br />
Zürich 39<br />
50 000 bis 99 999 Einwohner<br />
Biel 41<br />
Lugano 47<br />
Luzern 45<br />
St. Gallen 44<br />
20 000 bis 49 999 Einwohner<br />
(Auswahl)<br />
Aarau 48<br />
Chur 45<br />
Dietikon 38<br />
Dübendorf 43<br />
Frauenfeld 49<br />
Fribourg 37<br />
La Chaux-de-Fonds 43<br />
Meyrin 31<br />
Neuchâtel 41<br />
Nyon 40<br />
Rapperswil-Jona 47<br />
Schaffhausen 48<br />
Sion 44<br />
Thun 43<br />
Uster 45<br />
Wettingen 46<br />
Wetzikon ZH 43<br />
Wil SG 46<br />
Yverdon-les-Bains 37<br />
QUELLE: BUNDESAMT FÜR STATISTIK, WOHNVER-<br />
HÄLTNISSE, STRUKTURERHEBUNG, MÄRZ <strong>2019</strong><br />
10<br />
IMMOBILIA / Mai <strong>2019</strong>