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BAU & HAUS<br />
KUNST AM BAU<br />
«ES GIBT<br />
IMMER MEHR<br />
ORTLOSIGKEIT»<br />
Im Gespräch mit der Immobilia<br />
verteidigt der Kurator Christoph<br />
Doswald die Kunst im öffentlichen<br />
Raum und erläutert, warum<br />
es manchmal doch besser<br />
ist, darauf zu verzichten.<br />
TEXT—DIETMAR KNOPF*<br />
BIOGRAPHIE<br />
CHRISTOPH<br />
DOSWALD<br />
(*1961), ist ein Schweizer<br />
Publizist, Kurator<br />
und Hochschuldozent.<br />
Seit 1. Oktober 2009 ist<br />
er Vorsitzender der<br />
Arbeitsgruppe Kunst<br />
im öffentlichen Raum<br />
der Stadt Zürich.<br />
Woher kommt Ihr Engagement für die<br />
Kunst im öffentlichen Raum?<br />
Christoph Doswald: Mich hat schon immer interessiert,<br />
wie Kunst und Gesellschaft zusammenhängen.<br />
Und dabei vor allem die Frage, wie sich Kunstwerke<br />
aus einem politischen, wirtschaftlichen oder<br />
kunsthistorischen Kontext heraus entwickeln.<br />
Hatten Sie jemals Ambitionen künstlerisch<br />
zu arbeiten?<br />
Nein, ich verstehe mich eindeutig als Kunstvermittler.<br />
Obwohl ich aus einer künstlerischen Familie<br />
komme, mein Vater war Architekt, und ich deshalb<br />
bereits als Kind durch alle Kathedralen<br />
Europas geschleppt wurde, verspürte ich nie den<br />
Wunsch, mich als Künstler auszudrücken.<br />
Welche Rolle spielt die Kunst am Bau in der<br />
Schweiz?<br />
Öffentliche Kunst spielt in vielen Ländern eine Rolle,<br />
weil sie immer auch ein gesellschaftlicher Ausdruck<br />
ist. In Ländern mit einer starken feudalistischen<br />
Vergangenheit, wie beispielsweise Frankreich<br />
oder Deutschland, stand öffentliche Kunst vor allem<br />
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter Generalverdacht.<br />
Hier in der Schweiz, wo die Demokratie<br />
gross auf den Fahnen steht, hat man seit jeher<br />
ein Problem mit der Heldenverehrung, darum pflegen<br />
wir keinen Personenkult im engeren Sinne. Aus<br />
diesem Grund gibt es in der Schweiz, im Vergleich<br />
zu anderen Ländern, auch eher wenig Denkmäler.<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich kurz<br />
nach dem Zürcher Kunstprojekt «Hafenkran<br />
an der Limmat» fragen. Dort regte sich starker<br />
Widerspruch in der Bevölkerung. Wie ist<br />
Ihre Sicht der Dinge?<br />
Das Projekt «Hafenkran» habe ich von meiner Vorgängerin<br />
Dorothea Strauss geerbt. Sie hat damals,<br />
als Direktorin des Hauses Konstruktiv, zusammen<br />
mit einer Wettbewerbskommission, dieses Projekt<br />
angeschoben. Ja, es gab viel Kritik seitens der Bevölkerung,<br />
aber kontroverse Diskussionen können<br />
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IMMOBILIA / Mai <strong>2019</strong>