Linzer Bibelsaat (Nr. 150 09/2019)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Leitartikel<br />
Beziehungsverhältnis<br />
„Herren – Sklaven/Diener“<br />
Es war doch immer so: Die einen sind<br />
oben und herrschen, die anderen sind<br />
unten und haben zu dienen. Auch heute<br />
gibt es in Europa Sklaven.<br />
Es wird mit Frauen gehandelt und in verschiedensten<br />
Formen Macht ausgeübt.<br />
Mit Macht haben wir ein Problem. Doch<br />
das Streben nach Herrschaft scheint so alt<br />
zu sein wie die Menschheit. Andererseits<br />
sprechen Christinnen und Christen im<br />
Glaubensbekenntnis von einem „allmächtigen“<br />
Gott und glauben an einen<br />
Gott, der auch Tote wieder ins Leben rufen<br />
kann. Unser Gott ist allmächtig. Wie<br />
könnte sonst der Osterglaube bestehen<br />
oder es die vielen Machterweise geben,<br />
durch die der Schöpfer Wunderbares<br />
schafft und am Leben erhält?<br />
Das Problem mit der Macht kommt<br />
wohl daher, dass wir immer wieder erfahren,<br />
wie sehr sie missbraucht werden<br />
kann. So entstehen verschiedene<br />
Tyranneien, die ein Ungleichgewicht<br />
schaffen und die Menschen in „Herren“<br />
und „Sklaven“ einteilen. Im Laufe der<br />
Menschheitsgeschichte wurden auch<br />
Religionen dazu instrumentalisiert, beim<br />
Aufbau von Herrschaftssystemen mit bestimmten<br />
Ideologien strukturelle Gewalt<br />
zu begründen bzw. zu festigen und physische<br />
Gewalt als legitim erscheinen zu<br />
lassen. Die geistliche (Vormacht-)Stellung<br />
kann missbraucht werden.<br />
Bei den aktuell aufgetretenen Missbrauchsfällen<br />
leiden zuallererst die<br />
Betroffenen und ihre Familien. Die Kirche<br />
und die Ordensgemeinschaften sind gefordert<br />
– auch, was ihr Ansehen betrifft.<br />
Ein guter Anfang – jedoch nur kurz<br />
Männliche Bibelauslegung war immer<br />
wieder geneigt, sich die Welt zu unterwerfen.<br />
Der Auftrag, „über die Fische des<br />
Meeres, über die Vögel des Himmels und<br />
über alle Tiere“ zu walten (Gen 1,28), ist<br />
nach dem Vorbild Gottes zu verstehen,<br />
der für seine Schöpfung sorgt und sie als<br />
„sehr gut“ bewertet. Bereits zu Beginn<br />
der Bibel zeigt die Erzählung von Kain<br />
und Abel eine Konkurrenzsituation auf.<br />
Die zerstörerische Macht breitet sich aus<br />
(vgl. Gen 4,1–16). Im Zusammenhang<br />
mit dem Weinrausch des Noach (vgl.<br />
6