GIG September 2019
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FILM<br />
29<br />
© Neue Visionen Filmverleih<br />
hier glaubhaft die Balance zwischen Hoffnung<br />
und Gebrochenheit hält.<br />
Die Dramaturgie ist zwar recht konventionell gestrickt,<br />
aber die lineare Erzählweise ist per se ja<br />
noch nichts Schlechtes, zumal, wenn sie mehr<br />
Zeit für die sorgfältige Inszenierung verschafft.<br />
Und ja, „Tatort“-Macher Bernd Böhlich kann auch<br />
Suspense: Als die Stasi überraschend an der Türe<br />
klingelt, kommt hier fast Spannung à la „Der zerrissene<br />
Vorhang“ auf. Dieter Oßwald<br />
D <strong>2019</strong>; Regie: Bernd Böhlich; mit Alexandra<br />
Maria Lara, Robert Stadlober, Stefan Kurt u.a.;<br />
Bundesstart: 05.09.; www.neuevisionen.de<br />
Antonia Berger (Alexandra Maria Lara)<br />
kann nicht vergessen<br />
FILM DES MONATS<br />
HEIDENHORROR<br />
Midsommar<br />
Gut ein Jahr nach seinem gefeierten Regiedebüt<br />
„Hereditary“ trumpft Ari Aster gleich<br />
zum zweiten Mal mit dem (höchstwahrscheinlich)<br />
elegantesten und effektivsten Schocker<br />
des Jahres auf. Wieder geht’s um unaussprechliche<br />
Kulte, die hier allerdings, entgegen aller<br />
Genrekonventionen, nicht im Dunkeln ihr<br />
Unwesen treiben: Im gleißenden Mittsommersonnenlicht<br />
entspinnt sich für die nach einer<br />
Familientragödie traumatisierte US-Doktorandin<br />
Dani ein rauschhafter Alptraum, als sie<br />
ihren Freund und dessen Kommilitonen auf<br />
einen Recherchetrip ins schwedische Hinterland<br />
begleitet. Dort wollen sie dem neuntägigen<br />
Mittsommerfest einer paganen Gemeinschaft<br />
beiwohnen. Dass ihre freundlich erscheinenden<br />
Gastgeber etwas andere Vorstellungen<br />
von Moral und Ethik haben, offenbart<br />
sich den Besuchern, als sie Zeugen eines befremdlichen<br />
Rituals werden.<br />
Im abgrundtiefen<br />
Kontrast zwischen<br />
blumenbekränztem<br />
Schweden-<br />
Idyll und okkultem<br />
Grauen entfaltet<br />
das psychologisch<br />
ausgefeilte Opus<br />
einen verstörenden<br />
Sog, in dem<br />
Aster seine brutalen<br />
Schockmomente<br />
perfekt platziert.<br />
Inmitten des<br />
wuchtig-weirden<br />
Dani (Florence Pugh) und<br />
Christian (Jack Reynor)<br />
werden Zeugen eines<br />
verstörenden Rituals<br />
© Gabor Kotschy Courtesy of A24<br />
Szenarios thront Hauptdarstellerin Florence Pugh<br />
(„Lady Macbeth“) mit einer zwingenden Intensität,<br />
die man seit Heather Donahues legendärer<br />
„Blair Witch“-Performance im Horrorgenre nicht<br />
erlebt hat. Karin Jirsak<br />
USA <strong>2019</strong>; Regie: Ari Aster; mit Florence<br />
Pugh, Jack Reynor, Will Poulter u.a.; Bundesstart:<br />
26.09.; www.weltkino.de<br />
EXZENTRISCH UND ELEGANT<br />
Nurejew - The White Crow<br />
Der Stoff, aus dem Legenden sind: 1938 kommt<br />
Rudolf Nurejew in der Transsibirischen Eisenbahn<br />
zur Welt. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen,<br />
avanciert er in den 1960er-Jahren zu einem<br />
der bedeutendsten Balletttänzer der Welt.<br />
Damit es dazu kommen konnte, musste Nurejew<br />
sich zunächst aus den restriktiven Fängen<br />
des sowjetischen Systems befreien. Es gelang<br />
ihm im Juni 1961, in einem spektakulären Befreiungsakt,<br />
der hier wie das Finale eines Thrillers<br />
inszeniert wird.<br />
„Rudi“ (Oleg Ivenko) will nichts<br />
weniger als die Freiheit<br />
© Alamode Film<br />
Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges kommt<br />
der junge Tänzer mit dem Leningrader Kirow-<br />
Ballett erstmals nach Paris. Fasziniert von der<br />
westlichen Lebensart ist „Rudi“ umso fester<br />
entschlossen, sein Talent der ganzen Welt zu<br />
präsentieren. Zusammen mit seiner neuen<br />
Freundin Clara Saint<br />
(Adèle Exarchopoulos)<br />
durchstreift er die Museen<br />
und Nachtclubs<br />
der Stadt. Dabei werden<br />
sie auf Schritt und<br />
Tritt vom KGB überwacht,<br />
der fürchtet,<br />
Nurejew könne in den<br />
Westen überlaufen.<br />
Die Situation eskaliert<br />
am 16. Juni 1961, als<br />
der russische Geheimdienst<br />
am Flughafen Le<br />
Bourget versucht, Nurejew<br />
zur Rückkehr<br />
nach Moskau zu zwingen.<br />
Mit dem ukrainischen<br />
Ballettstar Oleg Ivenko<br />
in der Hauptrolle gelingt<br />
Ralph Fiennes in<br />
seiner dritten Regiearbeit ein elegantes und unkonventionelles<br />
Biopic mit viel Pariser Sixties-<br />
Flair. Karin Jirsak<br />
GB / F / SRB <strong>2019</strong>; Regie: Ralph Fiennes; mit<br />
Oleg Ivenko, Adèle Exarchopoulos, Chulpan Khamatova<br />
u.a.; Bundesstart: 26.09.; www.alamodefilm.de<br />
17,0mm