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Jahrbuch_190513 FINALE YUMPUU TEST

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1<br />

factfulness<br />

werte und wort halten.<br />

JAHRBUCH 2018


factfulness<br />

werte und wort halten.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

2<br />

3<br />

INHALT<br />

B&C PRIVATSTIFTUNG UND<br />

B&C INDUSTRIEHOLDING<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN UND<br />

B&C INNOVATION INVESTMENTS<br />

04 – 51<br />

52 – 106<br />

Factfulness ...............................................................................................................04<br />

Vorwort des Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes / Erich Hampel .............................05<br />

Jahresbrief des Stiftungsvorstandes / Stiftungsvorstand Wolfgang Hofer ....................06<br />

Standort mit Bestimmung / Wertelandkarte .............................................................. 10<br />

B&C Team ..............................................................................................................12<br />

Mit Kongruenz und Vertrauen zum Erfolg / Peter Edelmann, CEO ............................ 16<br />

Die Realität der Fakten – ein komplexes Puzzle / Patrick Prügger, CFO .....................20<br />

Zielgerichtet und nachhaltig fördern / Mariella Schurz ..............................................23<br />

Investments im Sinne des Standortes Österreich / Thomas Zimpfer ............................26<br />

Die Entwicklung der Werte Europas / Matthias Beck ................................................30<br />

Dem Denken auf der Spur / Christopfer Weyrer ........................................................32<br />

Digitale Ethik / Sarah Spiekermann-Hoff ..................................................................33<br />

Bildung ist der beste Anlegerschutz / Christoph Boschan ...........................................34<br />

Investieren mit Impact / Michael Altrichter ..............................................................36<br />

Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit / Susanne Kalss .......................................38<br />

Houskapreis 2018 .....................................................................................................40<br />

Houska-Talk: Energie, die verändert / Michael Stadler ...............................................42<br />

Club der Houskapreisträger ......................................................................................44<br />

Was bewirkte der Houskapreis? ................................................................................46<br />

Wiener Unternehmensrechtstag .................................................................................48<br />

Wertschöpfung für Österreich 2018 ..........................................................................52<br />

B&C Kernbeteiligungen / Globale Präsenz ................................................................56<br />

Ein Tag mit AMAG / Lenzing / Semperit ..................................................................58<br />

AMAG .....................................................................................................................64<br />

Facts & Figures ........................................................................................................70<br />

LENZING ...............................................................................................................72<br />

Facts & Figures ........................................................................................................78<br />

SEMPERIT .............................................................................................................80<br />

Facts & Figures ........................................................................................................86<br />

B&C Innovation Investments<br />

Die Chancen der Technologie nutzen / Petra Preining, Thomas Zimpfer ....................90<br />

Flightkeys: Flugmanagement im digitalen Zeitalter ...................................................94<br />

KINEXON: Echtzeit-Intelligenz für das Internet der Dinge ......................................97<br />

TTTech: Digitale Plattformen für eine vernetzte Welt ............................................. 100<br />

Citrine: Materialien, aus denen unsere Zukunft gebaut wird .................................... 103<br />

Impressum ............................................................................................................. 106


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

4<br />

5<br />

Erich Hampel<br />

Vorsitzender des<br />

Stiftungsvorstandes<br />

factfulness<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Ist die Welt heute wirklich so, wie wir sie sehen? Menschen nehmen<br />

bei relevanten Themen wie zum Beispiel Armut, Bildung,<br />

Bevölkerungswachstum oder Klimawandel die globale Situation<br />

viel schlechter wahr, als sie tatsächlich ist. Dies hat der 2017<br />

verstorbene schwedische Wissenschafter Hans Rosling festgestellt.<br />

Rosling kritisiert in seinem Buch „Factfulness“, dass Medien häufig durch emotionale<br />

Botschaften, dramatische Berichte oder Dringlichkeitsapelle bewusst unsere Urinstinkte<br />

ansprechen. Die Tendenz zu permanentem, oberflächlichem Verallgemeinern, Dramatisieren<br />

und Angstschüren hindert uns, Informationen systematisch einem Faktencheck zu unterziehen.<br />

Stattdessen zementieren wir unsere Vorurteile ein und verzichten darauf, veraltetes<br />

Wissen aufzufrischen. Wer nüchtern und sachlich Fakten und Daten vermittelt, droht heute<br />

in der Informationsflut unterzugehen.<br />

Roslings Botschaft lautet: Faktencheck ist besser als blindes Vertrauen – und die Welt ist nicht so<br />

schlecht, wie sie scheint.<br />

wirtschaftliche Entscheidungen, vor allem jene mit<br />

langfristigen Auswirkungen, erfordern stets einen sorgfältigen<br />

Faktencheck und Berechenbarkeit in jedem<br />

Sinn des Wortes.<br />

Der Titel des B&C-<strong>Jahrbuch</strong>s 2018 „Factfulness – Werte<br />

und Wort halten“ passt daher sehr gut zu den Aufgaben,<br />

Leistungen und Herausforderungen der B&C-Gruppe.<br />

Seit vielen Jahren fördern wir Großinvestitionen<br />

unserer Kernbeteiligungen Lenzing AG, AMAG Austria<br />

Metall AG und Semperit AG Holding und sichern<br />

dadurch deren internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />

und Entwicklung.<br />

In den letzten 10 Jahren wurde über 1 Milliarde Euro<br />

in der AMAG investiert, wodurch in Ranshofen das<br />

modernste Alu-Werk Europas entstand. Die Lenzing<br />

AG investierte zuletzt in eine neue Produktionslinie am<br />

Standort Heiligenkreuz. Bei Semperit konnte durch den<br />

Werksausbau für Hydraulikschläuche in Odry, Tschechien<br />

die international führende Wettbewerbsposition<br />

des Bereiches Semperflex gefestigt werden. Die B&C<br />

Innovation Investments GmbH hat sich 2018 erfolgreich<br />

an zwei weiteren Wachstumsunternehmen im Technologiebereich<br />

beteiligt.<br />

Der Blick auf die Fakten und Kennzahlen der<br />

B&C-Gruppe in diesem <strong>Jahrbuch</strong> zeigt auch, dass wir<br />

heute und für die Zukunft gut aufgestellt sind – strategisch,<br />

organisatorisch und auch personell. Weichenstellungen<br />

im Stiftungsvorstand wurden zuletzt ebenso<br />

umgesetzt, wie die Neuformierung der Geschäftsführung<br />

der B&C Industrieholding.<br />

Wir haben also vorgesorgt und sind auch in Zukunft da,<br />

wenn wir gebraucht werden – speziell dann, wenn es gilt,<br />

heimische Vorzeigeunternehmen und exzellentes technologisches<br />

Know-how in Österreich zu halten.<br />

Gemeinsam sind wir stets auf der Suche nach den besten<br />

Ideen für unseren Wirtschaftsstandort. Das macht die<br />

B&C-Gruppe auch zu einem geschätzten Partner im<br />

Forschungs- und Bildungsbereich, wie zahlreiche erfolgreiche<br />

Projekte und Kooperationen mit verschiedenen<br />

Organisationen und Institutionen belegen.<br />

Zu allen diesen Themen finden Sie Beiträge in diesem<br />

<strong>Jahrbuch</strong>. Interviews und Gastbeiträge hochkarätiger<br />

Experten – sowie der eine oder andere philosophische<br />

Gedankenanstoß – runden dieses Buch ab.<br />

Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre<br />

und freuen uns auf Ihr Feedback!<br />

ERICH HAMPEL<br />

Vorsitzender des<br />

Stiftungsvorstandes


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

6 7<br />

J A H R E S B R I E F D E S<br />

STIFTUNGSVORSTANDES<br />

Wolfgang Hofer<br />

Vorstandsmitglied der<br />

B&C Privatstiftung<br />

Inmitten einer Welt, die von mancherort zunehmenden Unsicherheiten und<br />

einem oft fragwürdigen Faktenverständnis geprägt ist, haben wir dieses <strong>Jahrbuch</strong><br />

unter das Thema Factfulness gestellt, denn wir sehen in der Besinnung auf das, was<br />

Tatsache ist, einen wesentlichen Wert. Auf den folgenden Seiten wollen wir<br />

daher dem Prinzip Factfulness sowie anderen aktuellen Themen Raum geben und<br />

die wesentlichen Entwicklungen und Meilensteine in unserer Stiftung sowie unseren<br />

Beteiligungen darstellen.<br />

Wolfgang Hofer ist Vorstandsmitglied<br />

der B&C Privatstiftung,<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

der B&C Industrieholding GmbH<br />

und Partner bei Grohs Hofer<br />

Rechtsanwälte GmbH.<br />

Das Jahr 2018 brachte für uns erneut manchen<br />

Erfolg, aber auch ganz unerwartet, große Herausforderungen.<br />

Getreu der Satzung unserer<br />

Stiftung galt unsere Aufmerksamkeit zuvorderst<br />

der Förderung und Weiterentwicklung<br />

unserer Kernbeteiligungen. Bei der AMAG<br />

steht derzeit das Hochlaufen der beiden<br />

großen neuen Walzwerke ganz oben auf der<br />

Agenda. Daneben werden bereits jetzt die<br />

nächsten Schritte bedacht, denn die Welt<br />

bleibt nicht stehen, sondern dreht sich höchstens<br />

schneller.<br />

Semperit hat den aufgezwungenen Abschied<br />

vom thailändischen Joint Venture zu verdauen<br />

und baut die sehr erfolgreichen Industriesektoren<br />

Semperflex, Sempertrans und<br />

Semperform weiter aus. Lenzing steht vor<br />

der Herausforderung, auch im Ausland<br />

näher an die Kunden zu rücken. Die Strategie<br />

lautet insgesamt: weg von Commodities,<br />

hin zu Spezialitäten.<br />

Die Geschäftstätigkeit unserer drei Kernbeteiligungen<br />

generiert insgesamt 1,5<br />

Milliarden Euro Bruttowertschöpfung in<br />

Österreich. Dies entspricht fast 0,5 % der<br />

heimischen Wirtschaftsleistung und sichert<br />

mehr als 13.500 Arbeitsplätze. Damit<br />

tragen unsere Kernbeteiligungen nicht unerheblich<br />

zu Wohlstand und Beschäftigung<br />

in Österreich bei.<br />

Unser jüngstes Segment, die Beteiligung<br />

an Wachstumsunternehmen entwickelt sich<br />

erfreulich. Es ist wirklich erfrischend, mit welcher<br />

Einsatzbereitschaft und Ernsthaftigkeit<br />

sich Jungunternehmer ihren Ideen widmen.<br />

Wir begleiten diese Unternehmen in der<br />

Wachstumsphase gerne dabei, ihr Geschäftsmodell<br />

und ihre Standfestigkeit weiterzuentwickeln<br />

und damit zu wichtigen Säulen der<br />

Wirtschaft von morgen zu werden. Darüber<br />

hinaus planen wir die Kooperation mit öffentlichen<br />

Fördereinrichtungen zu intensivieren.<br />

Durch die Nutzung vorhandener Strukturen<br />

werden Ressourcen effizienter eingesetzt<br />

und begrenzte öffentliche Gelder werden um<br />

zusätzliche Mittel erweitert. So können mehr<br />

förderwürdige Projekte in den Genuss einer<br />

Unterstützung kommen. Selbstverständlich<br />

setzen wir auch den 2005 initiierten Houskapreis<br />

fort, der wirtschaftsnahe, anwendungsorientierte<br />

Forschung fördert.<br />

Zwischen 2006 und 2019 wurden zahlreiche Projekte<br />

aus der universitären Forschung sowie innovative<br />

Forschungsleistungen von KMUs prämiert.<br />

Die B&C gehört damit zu den größten nicht aus<br />

Steuergeld finanzierten Initiativen im Land.<br />

Im Rahmen des Stiftungszwecks realisieren wir<br />

damit auf mehreren Ebenen sinnvolle Aktivitäten<br />

für Österreich.<br />

In unserem Akquisitionsfokus stehen weiterhin<br />

große Unternehmen mit einer vielversprechenden<br />

bzw. entwicklungsfähigen Marktposition,<br />

insbesondere im internationalen Wettbewerb.<br />

Das Familienunternehmen ist für uns die international<br />

erfolgreichste Eigentümervariante – wo<br />

immer diese nicht möglich ist, sehen wir unser<br />

Stiftungsmodell als eine gute Wahl.<br />

Das öffentliche Interesse an der B&C und ihrer<br />

weiteren Entwicklung ist derzeit besonders hoch.<br />

Dabei stellen sich aktuell eine Reihe von Fragen,<br />

für die es von Seiten der Legislative, respektive<br />

der Judikatur Klärungen braucht. Vor dem<br />

Hintergrund unserer erfolgreichen Entwicklung<br />

ist es in der Tat nicht verwunderlich, dass unsere<br />

Stiftung auch in den Blickpunkt von ausgewiesenen<br />

Chancen-Findern und Chancen-Verwertern<br />

gerät. Es ist die Aufgabe des Stiftungsvorstandes,<br />

derartige Ansätze am Stiftungszweck zu messen.<br />

In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten:<br />

Der klare Zweck unserer Stiftung ist, das<br />

österreichische Unternehmertum zu fördern.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

8<br />

9<br />

Wolfgang Hofer<br />

Vorstandsmitglied der<br />

B&C Privatstiftung<br />

„Für das Bestehen im<br />

Wettbewerb braucht<br />

es heute Flexibilität<br />

und Anpassung, nicht<br />

jedoch Beharren und<br />

Versteinerung.“<br />

Wir tun dies insbesonders im Hinblick auf<br />

unsere Kernbeteiligungen und halten so die<br />

Entscheidungszentralen bedeutender Unternehmen<br />

in Österreich. Alleine in den Jahren<br />

2016 bis 2018 haben die Kernbeteiligungen<br />

der B&C fast EUR 800 Mio. in Österreich<br />

investiert. Diese Unternehmen werden nach<br />

streng ökonomischen Grundsätzen geführt,<br />

damit sie sich auf Dauer im internationalen<br />

Wettbewerb behaupten können. Durch die<br />

Besetzung der Aufsichtsräte auch mit externen<br />

Fachleuten geben wir unseren Beteiligungen<br />

Hilfestellung und Leitlinien für eine ungestörte<br />

Entwicklung.<br />

Weiters hält die Stiftungsurkunde klar und<br />

deutlich fest, dass Begünstigten kein Recht<br />

auf Zuwendungen zukommt. Alle Erträge der<br />

Stiftung sind primär in neue Unternehmen<br />

oder in bestehende Beteiligungen zu reinvestieren.<br />

Im Einklang mit diesem Prinzip haben<br />

wir zum Beispiel Semperit in den vergangenen<br />

beiden Jahren Hybridkapital zur Verfügung<br />

gestellt. Ein Handel mit Begünstigtenrechten<br />

wäre natürlich mit der Erwartung<br />

eines Returns auf das für den Erwerb eingesetzte<br />

Kapital verbunden, was regelmäßige<br />

Kapitalabflüsse bedeuten würde, was<br />

wiederum dem Stiftungszweck widerspricht.<br />

Das österreichische Stiftungsrecht ist ein noch<br />

junges Rechtsgebiet, das sich in der derzeitigen<br />

Form allerdings einigermaßen anpassungsresistent<br />

darstellt. Das ziemlich unflexible<br />

Abstellen auf den ursprünglichen Willen des<br />

Stifters berücksichtigt nicht, dass sich die Welt<br />

weiterentwickelt – die richtige Entscheidung<br />

eines Stifters von vor 25 Jahren kann sich<br />

in der Gegenwart als nicht mehr zeitgemäß<br />

darstellen. Für das Bestehen im Wettbewerb<br />

braucht es heute Flexibilität und Anpassung,<br />

nicht jedoch Beharren und Versteinerung.<br />

Es stellt sich die Frage, ob es dem Gesetzgeber<br />

gelingt, nach dem Wegfall der Generation<br />

der Stifter einer gewissen Dynamik in den<br />

weiteren Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten<br />

Raum zu geben, ohne die wirklich<br />

tragenden Säulen jeder Stiftung zu schleifen.<br />

Derzeit sind Änderungsrechte nur den Stiftern<br />

vorbehalten, in der Folge entfallen die Möglichkeiten<br />

für Änderungen de facto –<br />

die Anwendung des bestehenden Gesetzes<br />

durch die Gerichte ist oft starr und stellt unpraktische<br />

Hürden auf. Selbstverständlich steht<br />

es dabei außer Streit, dass der Stiftungszweck<br />

an sich sakrosankt bleiben muss, bedenkenswert<br />

ist allerdings eine größere Offenheit in der<br />

Umsetzung desselben. Es wäre unser Wunsch,<br />

dass sich der Gesetzgeber dieser Herausforderung<br />

stellt und sie erfolgreich bewältigt.<br />

Für uns im Stiftungsvorstand ist es im laufenden<br />

Jahr eine zentrale Aufgabe, die gegenwärtigen<br />

Turbulenzen, die von unseren eigentlichen<br />

Kernthemen ablenken, zu klären und zu lösen.<br />

Wir werden uns diesem Vorhaben mit voller<br />

Kraft widmen. Darüber hinaus geht 2019 eine<br />

neue Initiative zum Thema Wirtschaftsbildung<br />

an den Start: Mit unserem Partner Berndorf-<br />

Privatstiftung gründen wir die Bildungsstiftung.<br />

Wir können so unsere finanziellen<br />

Ressourcen und unsere fachliche Expertise<br />

bündeln und wollen unterschiedliche Projekte,<br />

die nachhaltig wirksam sind, gemeinsam<br />

realisieren.<br />

Diese Jahr wirft auch aufgrund des drohenden<br />

Brexits große Fragen auf. Der EU-Ausstieg<br />

Großbritanniens ist bereits aus wirtschaftlicher<br />

Sicht nachteilig, aus politischer Perspektive<br />

aber ein Desaster. Die Einigkeit Europas wäre<br />

heute dringlicher denn je. Im Kontext globaler<br />

Entwicklungen stellen separatistische Tendenzen<br />

in der EU eine ernste Bedrohung dar<br />

– inmitten der Vielfalt Europas ist es entscheidend,<br />

gemeinsame, verbindende Standpunkte<br />

zu finden.<br />

Die wirtschaftliche Union Europas wird ohne<br />

einem Bewusstsein der Einigkeit und Zusammengehörigkeit<br />

nicht möglich sein. Daher<br />

braucht es gerade heute, neben der wirtschaftlichen<br />

wohl auch mehr politische Bildung, um<br />

in der Gesellschaft ein solides Grundverständnis<br />

für diese Werte zu verankern.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

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11<br />

STAND<br />

ORT<br />

B & C<br />

WERTELANDKARTE<br />

AMAG<br />

Kompetenz<br />

Leidenschaft<br />

Reflexion<br />

Langfristige<br />

Orientierung<br />

Ressource<br />

WERTSCHÄTZUNG<br />

Komplexität<br />

STANDORT MIT<br />

BESTIMMUNG<br />

Werte und Wort halten<br />

Fairness<br />

Talente<br />

PROFESSIONALITÄT<br />

VERANTWORTUNG<br />

Berechenbarkeit<br />

B&C<br />

PRIVATSTIFTUNG<br />

Authenzität<br />

Im Zentrum der B&C Privatstiftung steht ein<br />

ebenso knappes wie klares Ziel: die Förderung<br />

des österreichischen Unternehmertums. Diese<br />

Mission wurde anlässlich der Gründung der<br />

Privatstiftung im Jahr 2000 in der Satzung<br />

festgehalten und leitet seither das strategische<br />

wie das operative Tun sämtlicher Gesellschaften<br />

der Gruppe.<br />

Mit langfristig orientierten Beteiligungen<br />

bietet die B&C stabile Eigentumsverhältnisse,<br />

Vermögen wird im Land gehalten, Know-how<br />

und Unternehmenszentralen bleiben in Österreich.<br />

Als aktiver Kernaktionär industrieller<br />

Leitbetriebe unterstützen wir die Entwicklung<br />

von nachhaltigen Wachstumsstrategien sowie<br />

die Expansion auf den Weltmärkten.<br />

Die B&C gibt ihren Kernbeteiligungen Planungssicherheit<br />

und übt ihre Aktionärsrechte<br />

verantwortungsbewusst im Interesse des<br />

jeweiligen Unternehmens aus. Damit wird<br />

nicht nur ein wesentlicher Beitrag zum Erfolg<br />

der Unternehmen geleistet, sondern auch der<br />

Industriestandort Österreich gefördert.<br />

Vor dem Hintergrund des digitalen Wandels<br />

investiert die B&C darüber hinaus in technische<br />

Wachstumsunternehmen, die zukunftsorientierte<br />

Lösungen entwickeln. Aufstrebende<br />

Betriebe werden hierdurch in ihrer Entwicklung<br />

unterstützt und mit etablierten Unternehmen<br />

vernetzt. Essenzielle Schlüsseltechnologien<br />

werden so für den österreichischen Wirtschaftsstandort<br />

erschlossen.<br />

Neben der konkreten Beteiligungstätigkeit fördert<br />

die B&C-Gruppe über mehrere Initiativen<br />

auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen.<br />

Mit dem Houskapreis werden<br />

wirtschaftsnahe und damit unternehmensrelevante<br />

Forschungsprojekte prämiert. Weitere<br />

Initiativen sind beispielsweise Stiftungsprofessuren<br />

sowie der Wiener Unternehmensrechtstag,<br />

der sich mit aktuellen Unternehmensund<br />

Kapitalmarktrechtsthemen beschäftigt.<br />

Die Tätigkeit der B&C-Gruppe reicht damit<br />

weit über die strategischen Beteiligungen<br />

hinaus – wodurch ein wichtiger Beitrag für<br />

die österreichische Volkswirtschaft und die<br />

Allgemeinheit in Österreich geleistet wird.<br />

LENZING<br />

Unabhängigkeit<br />

Mut zu Neuem<br />

Resilienz<br />

Aufmerksamkeit<br />

Verlässlichkeit<br />

VERTRAUEN<br />

Verbundenheit<br />

Glaubwürdigkeit<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

SEMPERIT<br />

Stabilität<br />

Handlungssicherheit


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

12<br />

13<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Vorstand:<br />

Erich Hampel, Vorsitzender<br />

Wolfgang Hofer<br />

Herbert Ortner<br />

Stiftungszweck:<br />

„Förderung des<br />

österreichischen<br />

Unternehmertums“<br />

MANAGEMENT-GESELLSCHAFTEN<br />

Aufsichtsrat:<br />

Wolfgang Hofer, Vorsitzender<br />

Josef Krenner<br />

Birgit Noggler<br />

Astrid Skala-Kuhmann<br />

Sonja Zimmermann<br />

Peter Edelmann, CEO<br />

Patrick Prügger, CFO<br />

Mariella Schurz<br />

Thomas Zimpfer<br />

Petra Preining<br />

Thomas Zimpfer<br />

INDUSTRIEBETEILIGUNGEN<br />

TECHNOLOGIEBETEILIGUNGEN<br />

KERN-<br />

BETEILIGUNGEN<br />

52,7 %<br />

50,0 %<br />

+2 AKTIEN<br />

WEITERE<br />

BETEILIGUNGEN<br />

THOMAS<br />

ZIMPFER<br />

Geschäftsführer<br />

MARIELLA<br />

SCHURZ<br />

Geschäftsführerin<br />

PETER<br />

EDELMANN<br />

Geschäftsführer<br />

CEO<br />

PATRICK<br />

PRÜGGER<br />

Geschäftsführer<br />

CFO<br />

54,2 %<br />

10,0 %


B & C<br />

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D A S<br />

T E A M<br />

D E R<br />

B&C


B & C<br />

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M I T K ON G R U E N Z U N D<br />

VERTRAUEN ZUM ERFOLG<br />

Peter Edelmann ist seit Jahresbeginn CEO der B&C-Gruppe. In<br />

dieser Funktion verantwortet er vor allem die strategische<br />

Ausrichtung, das Beteiligungsmanagement der Kernbeteiligungen<br />

sowie den Portfolioausbau im Industrie- und Technologiebereich.<br />

Er spricht im Interview zu persönlichen Erfahrungen langjähriger<br />

Führungstätigkeit, der Relevanz von Werten und aktiver<br />

Aufsichtsratsarbeit.<br />

Peter Edelmann<br />

CEO<br />

PETER EDELMANN<br />

ist im Libanon geboren,<br />

studierte in Deutschland<br />

Betriebswirtschaftslehre und<br />

war in vielen Industrieunternehmen<br />

im<br />

Management tätig, u. a.<br />

war er lange Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung von Voith<br />

Turbo, zuletzt war er<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

von KAEFER<br />

Isoliertechnik.<br />

Ein wesentlicher Fokus Ihrer Tätigkeit<br />

sind die Kernbeteiligungen der B&C.<br />

Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang<br />

den Stellenwert der Aufsichtsratsarbeit<br />

ein?<br />

Der Aufsichtsrat ist Interessenvertreter des<br />

Eigentümers und ist in dieser Funktion vor<br />

allem dafür da, den Vorstand einer Beteiligung<br />

zu unterstützen und gemeinsam mit diesem<br />

sicherzustellen, dass sich das Unternehmen erfolgreich<br />

entwickelt, sich den richtigen Herausforderungen<br />

stellt und wandlungsfähig bleibt.<br />

Wie die Wurzeln eines Baumes ist er meist für<br />

Kunden und Mitarbeiter nicht sichtbar, aber<br />

eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass der<br />

Vorstand gut und wirksam arbeiten kann.<br />

Der Aufsichtsrat muss indirekt führen und als<br />

Sparringspartner die richtigen Fragen stellen:<br />

Was ist zu tun und warum? Im Sinne seiner<br />

strukturellen und mittelbaren Führungsaufgabe<br />

ist der Aufsichtsrat nicht direkt aktiv<br />

tätig; er überprüft, was einem externen Blick<br />

standhält. Der Vorstand erarbeitet unmittelbar<br />

und im Kontext, was konkret zu tun ist und<br />

kann sich dabei auf das neutrale, distanzierte<br />

und trotzdem involvierte Bild des Aufsichtsrats<br />

stützen.<br />

Wenn man eine Kugel von A nach B rollen<br />

möchte, wird der Vorstand die Kugel unmittelbar<br />

bewegen und der Aufsichtsrat wird dafür<br />

Sorge tragen, dass sich eine schiefe Ebene in<br />

die beabsichtigte Richtung einstellt. Strukturelle<br />

Führung ist nicht evident, aber mittelbar<br />

sehr wesentlich!<br />

Aber ist es nicht die Aufgabe des Aufsichtsrates,<br />

die Führungsmannschaft in<br />

Unternehmen zu besetzen?<br />

Ja, das ist essenziell: Der Aufsichtsrat muss<br />

die richtigen Personen im Vorstand auswählen<br />

und positionieren und dafür sorgen, dass sie als<br />

Team gut zusammenarbeiten und die beabsichtigte<br />

Wirksamkeit erzielen.<br />

Die Digitalisierung und andere Megatrends in der<br />

Wirtschaft sind derzeit in aller Munde. Wie muss<br />

hier der Aufsichtsrat zusammengesetzt sein, damit er<br />

die richtigen Impulse setzen kann?<br />

Der Aufsichtsrat muss divers aufgestellt sein, er darf nicht<br />

homogen sein. Die Mitglieder müssen unterschiedliche<br />

Blickrichtungen auf das Unternehmen mitbringen. Die<br />

Kernfrage ist: Welche Perspektiven braucht ein Unternehmen?<br />

Die Themen können sehr unterschiedlich sein,<br />

wichtig ist eine gute Kombination. Die Diversität des<br />

Führungsteams und des Aufsichtsrats ist die Basis für<br />

Kreativität. Die kreative Leistung muss in den Unternehmen<br />

erbracht werden, aber der Aufsichtsrat kann sie<br />

durch die richtigen Fragestellungen anregen.<br />

Das Thema Werte ist für Sie sehr wesentlich – was ist<br />

hier Ihre Orientierung?<br />

Werte sind ein zentrales Element der Unternehmenskultur:<br />

Durch Werte wird eine Unternehmenskultur geformt<br />

und ein Individuum mit einer Gemeinschaft verbunden.<br />

Werte sind kein Recht des Individuums gegenüber der<br />

Gemeinschaft, sondern sie beschreiben die Erwartungen<br />

der Gemeinschaft an ihre Mitglieder und wie ein Individuum<br />

denken und handeln soll, damit die Gemeinschaft<br />

erfolgreich ist. Letzten Endes ist ein Unternehmen eine<br />

Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel Erfolg zu haben. Hierfür<br />

muss jeder Einzelne seinen wertvollen Beitrag leisten. Die<br />

Werteorientierung ist die Grundlage, damit eine Gemeinschaft<br />

Erfolg haben kann.<br />

Was macht Unternehmen erfolgreich, worauf sollte<br />

man aus Ihrer Sicht den Blick lenken?<br />

Ich bin davon überzeugt, dass Kongruenz und Vertrauen die<br />

Grundlage für unternehmerischen Erfolg sind – Kongruenz<br />

im Sinne eines stimmigen Gesamtbildes, das sich nicht nur<br />

auf eine Ebene fokussiert. Die Bilanz bildet dabei auf einer<br />

unteren Ebene die Momentaufnahme der Substanz zum<br />

31.12. eines Jahres ab. Wenn man auf die Substanz Einfluss<br />

nehmen möchte, muss man eine Ebene darüber ansetzen, in<br />

der Gewinn- und Verlustrechnung.<br />

Letztlich ist noch eine ganz andere Ebene entscheidend: die<br />

Attraktivität des Unternehmens für Kunden und Mitarbeiter.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

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19<br />

M E I N W E RT E B I L D<br />

F Ü R D I E B & C<br />

„Führungsteams zu<br />

führen motiviert mich –<br />

ich sehe gerne, wie<br />

Menschen Dinge gestalten!<br />

Ich helfe im Hintergrund<br />

und freue mich über<br />

die Erfolge.“<br />

PETER EDELMANN<br />

VERTRAUEN<br />

Vertrauen ist die Basis all unserer Aktivitäten.<br />

Wir erlangen es, indem unser Handeln vorhersehbar<br />

ist und auf Prinzipien basiert. Wir<br />

agieren stets so, dass wir das Vertrauen und<br />

die Loyalität unser Gesprächspartner, Kollegen,<br />

Mitarbeiter und Eigentümer behalten und<br />

intensivieren. In jeder Situation handeln wir so,<br />

dass unser Verhalten als Grundlage einer allgemeinen<br />

Maxime herangezogen werden kann.<br />

WERTSCHÄTZUNG<br />

Unser Umgang miteinander ist von Achtsamkeit<br />

und Wertschätzung getragen. Wir<br />

behandeln und respektieren den anderen als<br />

individuelle Persönlichkeit und freuen uns<br />

über dessen Andersartigkeit als Quelle der Inspiration<br />

und Kreativität. Kollegialität und Zuverlässigkeit<br />

sind uns bei der Arbeit im Team<br />

wichtig. Aus unseren attraktiven Arbeitsbeziehungen<br />

formt sich eine großartige und diverse<br />

Gemeinschaft, aus der starke Partnerschaften<br />

hervorgehen.<br />

PROFESSIONALITÄT<br />

Wer für Kunden attraktiv ist, kann sich eine höhere Preisprämie<br />

erarbeiten und Marktanteile gewinnen. Wer für Mitarbeiter<br />

attraktiv ist, kann auf höhere Motivation und Produktivität<br />

zählen. Daher gilt es, permanent an der Attraktivität zu arbeiten,<br />

hier ist auch die Ebene des Aufsichtsrates gefragt. Was aber<br />

nicht stimmig ist, kann nie attraktiv werden. Wird Kongruenz<br />

erreicht, haben Unternehmen das Potenzial, attraktiv zu werden<br />

und Erfolg zu haben.<br />

Sie waren zuvor bei führenden deutschen Industrieunternehmen<br />

aktiv, die global erfolgreich sind. Was hat<br />

Sie gereizt, diese Position anzunehmen?<br />

Ich habe in meiner ganzen beruflichen Laufbahn nur für<br />

Familienunternehmen gearbeitet, weil ich deren Werteorientierung<br />

und Langfristigkeit schätze. Familien haben finanziellen<br />

Erfolg, weil sie nicht vorrangig daran interessiert sind, ein Unternehmen<br />

zu verkaufen, sondern es stetig weiterzuentwickeln<br />

und an die nächste Generation in einem viel besseren Zustand<br />

zu übergeben.<br />

Natürlich sind Familienunternehmen auch ein empfindliches<br />

Konstrukt. Den Stürmen der Generationswechsel unterliegt<br />

dagegen eine Stiftung nicht – sie ist damit noch nachhaltiger.<br />

Die Konstruktion der B&C gefällt mir gerade deswegen sehr<br />

gut. Zu Beginn meiner Laufbahn hat mich das Gestalten stark<br />

motiviert – ein Werk von Wert zu schaffen und das am liebsten<br />

gemeinsam mit anderen! Je älter ich werde, desto mehr tritt das<br />

eigene, unmittelbare Gestalten in den Hintergrund.<br />

Das Wachstum der Menschen, die einem anvertraut sind, motiviert<br />

weit stärker. Führungsteams zu führen motiviert mich<br />

– ich sehe und erlebe gerne, wie Menschen Dinge professionell<br />

und mit Leidenschaft gestalten! Ich helfe im Hintergrund und<br />

freue mich über deren Erfolge. Ein Unternehmen muss letztlich<br />

ein Ort produktiver Partnerschaften sein, einer Partnerschaft<br />

für gutes Arbeiten und Leben. Wenn die Strukturen ansprechend<br />

sind, bereitet die Arbeit Freude und die Menschen sind<br />

in der Lage, entlang ihrer Talente und Interessen zu wachsen<br />

und aufzublühen.<br />

Was sind aus Ihrer Sicht die Stärken des neu formierten<br />

Führungs-Teams der B&C-Gruppe?<br />

Es ist ein komplementäres Team von werteorientierten<br />

Menschen, die gerne und gut miteinander arbeiten und sich<br />

gegenseitig vertrauen. Das macht das besondere Potenzial<br />

dieser Mannschaft aus.<br />

Die B&C ist ein Ort produktiver Partnerschaften,<br />

die auf echter Zusammenarbeit und aktiver<br />

Beteiligung aller Mitglieder basieren. Alle leisten<br />

ihr Bestes im Hinblick darauf, was sie sind,<br />

was sie wissen und was sie beitragen können.<br />

Professionalität ist für uns ein wichtiger Wert,<br />

wir streben kontinuierlich danach, in unserem<br />

Tun Meisterschaft zu erlangen. Wir streben<br />

kontinuierlich nach höheren Leistungsstandards<br />

und arbeiten nahtlos im Team zusammen. Wir<br />

sind zupackend und ergebnisorientiert, bewerten<br />

auf der Basis von Fakten und konzentrieren<br />

uns auf die Erfolgsfaktoren.<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

Unser Tun ist von Langfristigkeit und Stetigkeit<br />

getragen. Wir treffen Entscheidungen, die<br />

nachhaltig und auch auf die nächste Generation<br />

hin orientiert sind. Unser unternehmerisches<br />

Wirken hat das Wohle Österreichs im Blick.<br />

VERANTWORTUNG<br />

Das Gesamtinteresse steht bei allen unseren<br />

Handlungen an erster Stelle. Wir ringen stets<br />

um die beste Lösung. Es zählt was richtig<br />

ist und nicht wer Recht hat. Wir beachten<br />

die Gesetze, die ethischen Normen und die<br />

Bewahrung unserer Umwelt. Wir halten uns<br />

an Verträge und versprechen nur, was wir auch<br />

einhalten können.<br />

BESCHEIDENHEIT<br />

Wir nehmen uns selbst gerne zurück und ringen<br />

stets darum, ein guter und aufmerksamer<br />

Zuhörer zu sein. Wir versuchen, eine „großzügige“<br />

und „dienende“ Haltung einzunehmen<br />

und die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich<br />

sind, ohne Eitelkeit und Arroganz.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

20<br />

21<br />

PATRICK PRÜGGER<br />

D I E R E A L I TÄT D E R FA K T E N –<br />

EIN KOMPLEXES PUZZLE<br />

Patrick Prügger, CFO ist seit 2011 Geschäftsführer der<br />

B&C Industrieholdung GmbH. Im Interview spricht er über die<br />

neue Nachhaltigkeitsberichterstattung und den Wert valider Fakten,<br />

nicht nur in der Finanzberichterstattung von Unternehmen.<br />

studierte Handelswissenschaften<br />

an der<br />

Universität Linz<br />

und ist in den USA als<br />

Wirtschaftsprüfer<br />

zugelassen.<br />

Er war Finanzvorstand<br />

in börsennotierten<br />

Unternehmen (u. a. bei<br />

KTM) und ist seit 2011<br />

Geschäftsführer der B&C<br />

Industrieholding GmbH.<br />

PATRICK PRÜGGER<br />

Seit 2017 ist für Unternehmen mit mehr<br />

als 500 Mitarbeitern eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

auf EU-Ebene<br />

verpflichtend. Wie sind Ihre Erfahrungen<br />

nach dem ersten Berichtsjahr?<br />

Letztes Jahr haben unsere Kernbeteiligungen<br />

das erste Mal verpflichtend einen Nachhaltigkeitsbericht<br />

erstellt. Das war ein lehrreicher<br />

Prozess, weil wir ganz unterschiedliche<br />

Reifegrade dafür in den Unternehmen hatten.<br />

Bei AMAG und Lenzing wird Nachhaltigkeit<br />

schon lange als eines der Fundamente der<br />

Unternehmensstrategie gelebt und ist integrierter<br />

Bestandteil deren Geschäftsmodelle.<br />

Bei AMAG beginnt das Thema Nachhaltigkeit<br />

zum Beispiel in der Gießerei durch den<br />

Einsatz von Schrott. Bis zu 80 % rezikliertes<br />

Vormaterial im Produktionsprozess ist in dieser<br />

Form einzigartig. Es gibt keinen Aluminiumverarbeiter<br />

weltweit, der bei der breiten<br />

„Geht es uns<br />

heute besser als<br />

vor 20 Jahren?“<br />

Produktpalette eine so hohe Schrotteinsatzquote<br />

aufweist. Das ist nicht nur nachhaltig,<br />

sondern auch ökonomisch sehr sinnvoll. Bei<br />

Lenzing ist Nachhaltigkeit ebenso ein zentrales<br />

Thema und war schon immer als Teil<br />

der gelebten Unternehmenskultur verankert.<br />

Dort war es die Aufgabe, die Philosophie<br />

aus dem Marketing in die „Welt der externen<br />

Finanzberichterstattung“ zu bringen.<br />

Besonders war für mich die mit dem<br />

NaDiVeG neu eingeführte Prüfpflicht des<br />

Aufsichtsrates. Es war für mich überraschend<br />

wie wenig sich Aufsichtsräte im Allgemeinen<br />

ihrer Verantwortung bewusst waren. Für<br />

mich eine zentrale Frage war: Wie kann der<br />

Aufsichtsrat den Bericht nicht nur formal<br />

und gegebenenfalls prozessual, sondern auch<br />

inhaltlich prüfen. Der Aufsichtsrat muss<br />

darauf einwirken, eine Nachhaltigkeitskultur<br />

im Unternehmen zu schaffen. Ich bin dafür,<br />

generell etwas weniger, aber dafür authentisch, offen,<br />

transparent und fokussiert, die wirklich wesentlichen<br />

Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten, als die Unternehmen<br />

mit komplexen noch nicht einheitlich messbaren Zielsystemen<br />

zu überfordern.<br />

In seinem Buch Factfulness beschreibt der schwedische<br />

Forscher Hans Rosling, dass unsere Einschätzungen<br />

oft nicht den tatsächlichen Fakten entsprechen,<br />

da wir von veralteten Annahmen ausgehen,<br />

negativen Ereignissen mehr Beachtung schenken als<br />

positiven und von Emotionen geleitet sind.<br />

Das negative Denken ist heute insgesamt sehr präsent,<br />

auch durch die Negativschlagzeilen. Für Rosling<br />

entsteht dadurch insgesamt eine verzerrte Sicht auf<br />

unsere Welt, die dazu führt, dass wir Fortschritte<br />

und Veränderungen zu wenig wahrnehmen. Sehen<br />

wir uns schlechter, als wir sind – sollten wir den<br />

Blick auf unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft<br />

neu justieren?<br />

Aus meiner Wahrnehmung muss zwischen Gegenwart,<br />

Blick nach vorne und Vergangenheit differenziert werden.<br />

Gerade mit Blick in die Vergangenheit scheint es so zu sein,<br />

dass wir die negativen Entwicklungen untergewichten und<br />

die positiven übergewichten. Was Gegenwart und Zukunft<br />

betrifft scheint es genau umgekehrt zu sein. Es ist erstaunlich,<br />

dass tendenziell nur Bad News Good News sind.<br />

Obwohl es uns doch in nahezu allen Bereichen des Lebens<br />

heute besser geht als den Generationen vor uns. Primär ist<br />

zu adressieren, um wie viel geht es denen, denen es früher<br />

schlechter ging, heute besser. Es muss eine Balance gewahrt<br />

bleiben und es soll nicht passieren, dass wir in einer Gesellschaft<br />

landen, wo alle nur mehr das Glas halb leer sehen.<br />

Das führt sonst zu Destruktivität.<br />

Ein Beispiel ist die Frage, ob die Produktion von Baumwolle<br />

oder Zellulose umweltfreundlicher ist? Viele denken<br />

Baumwolle wäre in Summe besser und nachhaltiger, weil<br />

sie nach ihrem subjektiven Gefühl urteilen. Betrachtet<br />

man jedoch die Fakten, so ist das anders. Zellulose ist eine<br />

industriell hergestellte Faser, deren Rohstoff Holz ist. In<br />

fast allen relevanten Dimensionen ist diese Faser nachhaltiger<br />

als Baumwolle – man denke alleine an die allseits<br />

bekannten ökologischen Katastrophen durch die künstliche<br />

Bewässerung. Eine faktenbasierte Diskussion ist Grundvoraussetzung,<br />

um diese Frage erörtern und beantworten<br />

zu können.<br />

Geht es uns heute besser als vor 20 Jahren? Diese Diskussion<br />

ist ebenfalls faktenbasiert zu führen. Auch muss man<br />

sich verschiedene Lebensbereiche ansehen. Beispielsweise<br />

zu qualitativ hochwertiger Aus- und Weiterbildung haben<br />

heute tendenziell mehr junge Leute Zugang als noch vor 30<br />

Jahren. Dass es sozial natürlich noch immer Barrieren gibt,<br />

liegt an der Sozialisierung und dem Umfeld der Familie.<br />

Auch der Zugang zu Quantität und Qualität im Konsumbereich<br />

hat sich enorm gesteigert – man betrachte alleine<br />

das Reise- und Urlaubsverhalten. Was vor 30 Jahren einer<br />

privilegierten Oberschicht vorbehalten war, ist heute für<br />

viele – leider noch nicht alle – ein leistbarer Lebensstandard.<br />

Hören wir doch endlich auf zu jammern und arbeiten<br />

daran, das Erreichte zu erhalten bzw. weiterzuentwickeln.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

22<br />

23<br />

Mariella Schurz<br />

Geschäftsführerin<br />

Patrick Prügger<br />

CFO<br />

„Unter Factfulness verstehe<br />

ich die unaufgeregte<br />

Rückbesinnung auf Fakten.“<br />

MARIELLA SCHURZ<br />

Das Buch Factfulness ist außerdem ein Plädoyer für<br />

die Stärke von validen Daten. Rosling ist überzeugt:<br />

Die Welt lässt sich nicht ohne Zahlen verstehen –<br />

aber auch nicht mit ihnen allein. Rosling plädiert<br />

dafür, sich nicht von den Instinkten leiten zu lassen,<br />

sondern Fakten kritisch zu prüfen, selbst wenn die<br />

Zusammenhänge komplex sind. Auch auf Unternehmensebene<br />

ist dies ein zentrales Anliegen, oder?<br />

Das muss das Ziel sein. Die Kunst wird sein, dass man die<br />

enorme Menge und Komplexität von Zusammenhängen,<br />

Informationen und Daten so abstrahiert, dass es verständlich<br />

wird. Das erzeugte Bild muss objektiv neutral bleiben.<br />

Wichtig erscheint aber der zweite Halbsatz von Roslings<br />

Statement. Neben den Zahlen und Fakten ist und bleibt<br />

der Faktor Mensch.<br />

Bei AMAG hat es einen Wechsel an der<br />

Spitze gegeben.<br />

Ich erlebe bei AMAG in meiner Funktion als Aufsichtsrat<br />

ein hohes Maß an positiver Emotionalität und die Identifikation<br />

der Mitarbeiter mit dem Unternehmen hat zu einer<br />

wirklich tollen Unternehmenskultur geführt. Das ist nicht<br />

zuletzt dem jetzigen Vorstand und deren Vorgängern zu<br />

verdanken. Ein gut funktionierendes Team steht für mich<br />

im Zweifel über der Kompetenz eines Einzelnen.<br />

Interne versus externe Vorstandsbesetzung: Der Nachfolgeprozess<br />

für den CEO war völlig ergebnisoffen angelegt.<br />

Der Aufsichtsrat hat einen spezialisierten Personalberater<br />

mit der Suche geeigneter Kandidaten beauftragt und in<br />

diesen Prozess wurden auch interne Kandidaten in die<br />

Nachfolgeplanung einbezogen. Ich persönlich freue mich<br />

sehr, dass sich ein interner Kandidat in diesem objektiven<br />

und harten Prozess durchsetzen und zum neuen CEO<br />

bestellt werden konnte.<br />

Wie sehen Sie insgesamt die Entwicklung des<br />

Unternehmens?<br />

Ich bin hinsichtlich der langfristigen Entwicklung der<br />

AMAG sehr zuversichtlich. Zum einen, weil dort echt ein<br />

großartiges Führungsteam und eine gute Unternehmenskultur<br />

vorhanden ist. Wir haben ein nachhaltiges Geschäftsmodell,<br />

aber auch einige Herausforderungen.<br />

Die vorhandene Prozess- und Produktkompetenz adressiert<br />

zukunftsträchtige Themen und hat enormes Potenzial.<br />

Es muss aber bewusst sein, dass es heutzutage mehr<br />

Überraschungen gibt als noch vor einigen Jahren. Was uns<br />

früher ein Jahrzehnt lang beschäftigt hat, verändert sich<br />

heute zwei Mal im Jahr. Die Zyklen – so es überhaupt noch<br />

Zyklen sind – werden kürzer, die Amplituden größer.<br />

Das ist die Normalität von heute. Um damit umgehen zu<br />

können, sind völlig neue Führungs- und Steuerungsmodelle<br />

erforderlich. Das ist für mich auch ein wesentlicher Aspekt<br />

von Digitalisierung im Sinne eines nicht nur unternehmerischen,<br />

sondern gesellschaftlichen Transformationsprozesses.<br />

Z I E L G E R I C H T E T U N D<br />

NACHHALTIG FÖRDERN<br />

Was hat sich für Sie in den letzten<br />

12 Monaten in Ihrer Tätigkeit verändert?<br />

Ich bin seit 2018 Mitglied der Geschäftsführung<br />

der B&C Industrieholding GmbH und<br />

verantworte in dieser Funktion die Bereiche<br />

Compliance, Personal und Kommunikation,<br />

also klassische Inhalte für eine gelernte<br />

Juristin.<br />

Gleichzeitig bin ich aber auch für die B&C<br />

Privatstiftung als Generalsekretärin tätig und<br />

hier für die Förderinitiativen der Stiftung<br />

zuständig, wie beispielsweise für den Houskapreis.<br />

Das <strong>Jahrbuch</strong> ist heuer dem Generalthema<br />

Factfulness gewidmet. Wie<br />

stehen Sie diesem Begriff gegenüber?<br />

Unter Factfulness verstehe ich die unaufgeregte<br />

Rückbesinnung auf Fakten. Wie sich die<br />

sozialen Medien etabliert haben, steht heute<br />

in einem starken Kontrast dazu. Die Begeisterung<br />

mag zwar schon wieder am Abflauen<br />

sein, hat aber dazu geführt, dass zu vieles unhinterfragt<br />

geglaubt und verbreitet wird. Die<br />

Menschen brauchen einfach Zeit, um einen<br />

verantwortungsbewussten Umgang mit den<br />

neuen Medien zu lernen. Ich denke und hoffe,<br />

dass wir an einem Punkt der Rückbesinnung<br />

angelangt sind.<br />

MARIELLA SCHURZ<br />

ist promovierte Juristin<br />

und seit 2012 bei der B&C<br />

Industrieholding tätig, wo<br />

sie auch seit 2018 Mitglied<br />

der Geschäftsführung ist.<br />

Gleichzeitig fungiert sie als<br />

Generalsekretärin der B&C<br />

Privatstiftung.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

24<br />

25<br />

Wir wären damit beim Thema<br />

Kommunikation, die einen Schwerpunkt<br />

Ihrer Tätigkeit bei der B&C bildet.<br />

Was ist Ihnen hier wichtig?<br />

In der heutigen sehr schnelllebigen Zeit ist<br />

es eine besondere Herausforderung, Themen,<br />

die einem wichtig und wertvoll erscheinen,<br />

genau auf den Punkt zu bringen. Wir halten<br />

uns dabei an das Prinzip der Authentizität.<br />

Man sollte meiner Meinung nach immer sich<br />

und seiner Linie treu bleiben.<br />

community sehr gut angenommen wurde und<br />

sehr anerkannt ist. Im Rahmen der jährlichen<br />

Preisverleihung ist es uns ein großes Anliegen,<br />

den österreichischen Spitzenforschern<br />

eine wertschätzende Bühne für ihre beeindruckenden<br />

Leistungen zu bieten.<br />

Seit 2018 gibt es den Club der<br />

Houskapreisträger. Was waren Ihre<br />

Beweggründe, diesen zu gründen<br />

und was hat sich seither getan?<br />

Mariella Schurz<br />

Geschäftsführerin<br />

Zu Ihren Agenden bei der B&C Privatstiftung<br />

zählt auch das Förderwesen der<br />

Stiftung – eine zentrale Säule ist hier<br />

der Houskapreis, Österreichs größter<br />

privater Preis für anwendungsnahe<br />

Forschung. Er wird seit mehr als einem<br />

Jahrzehnt vergeben. Wie hat er sich seit<br />

dem Start entwickelt?<br />

Der Houskapreis wurde im Jahr 2005 ins<br />

Leben gerufen. Im kommenden Jahr wird die<br />

Preisverleihung bereits zum 15. Mal stattfinden.<br />

Während dieser langen Periode hat sich<br />

einiges verändert, vieles wurde erfolgreich<br />

weiterentwickelt, aber wir bemühen uns stets<br />

noch besser zu werden. Luft nach oben gibt<br />

es immer.<br />

Wir konnten beobachten, dass sich nicht<br />

nur die Anzahl der Einreichungen beim<br />

Houskapreis sehr gut entwickelt hat,<br />

sondern insbesondere auch die Qualität<br />

der Projekte.<br />

Wir selbst sind keine Experten für Forschungsförderung,<br />

verfügen jedoch über<br />

hochrangig besetzte Gremien, die aufgrund<br />

ihrer Expertise und ihrer Netzwerke<br />

fundierte Beurteilungen vornehmen können.<br />

Für den Fachbeirat und die Fachjury ist es<br />

wegen der Vielzahl der qualitativ hochwertigen<br />

Projekte nicht immer einfach, die Preisträger<br />

zu ermitteln. Es freut mich persönlich<br />

sehr, dass der Houskapreis in den letzten<br />

Jahren in der österreichischen Forschungs-<br />

Ich wurde mehrfach in der Vergangenheit<br />

von ehemaligen Preisträgern angesprochen,<br />

dass sie sich zusätzlich zur jährlichen<br />

Preisverleihung eine stärkere Vernetzung<br />

wünschen. Auch uns war es ein Anliegen,<br />

die Entwicklung der Preisträger und ihrer<br />

Projekte weiter zu verfolgen. So haben wir<br />

im April 2018 den Club der Houskapreisträger<br />

ins Leben gerufen. Der Club soll kein<br />

Selbstzweck sein, sondern den Spitzenforschern<br />

einen Mehrwert bieten.<br />

Im Jänner 2019 fand der erste Netzwerkabend<br />

zum Schwerpunktthema „Interaktion<br />

Wissenschaft – Wirtschaft – von der<br />

Forschungsidee bis zur wirtschaftlichen<br />

Umsetzung“ statt. Unterschiedliche Stakeholder<br />

haben ihre spezifischen Erfahrungen<br />

eingebracht, wodurch sich eine sehr<br />

angeregte Diskussion ergeben hat.<br />

Die B&C Privatstiftung unterstützt<br />

Forschung auch über Stiftungsprofessuren.<br />

Welches Anliegen steht hier im<br />

Vordergrund?<br />

Von staatlicher Seite stehen für bestimmte<br />

Professuren, die aus Sicht der Forschungscommunity<br />

notwendig wären, nicht immer<br />

genügend budgetäre Mittel zur Verfügung.<br />

Dann ist eine Überbrückungsfinanzierung<br />

von privater Seite wichtig und sinnvoll. Wir<br />

unterstützen solche Professuren dann, wenn<br />

wir in Verbindung mit uns nahestehenden<br />

Unternehmen die Notwendigkeit dafür bestätigt<br />

sehen und die qualitative Werthaltigkeit<br />

sicherstellen können.<br />

Der Unternehmensrechtstag und das<br />

Kapitalmarktforum sind zwei wichtige<br />

Impulse der B&C Privatstiftung für den<br />

österreichischen Wirtschaftsstandort.<br />

Wie entwickeln sich diese Initiativen?<br />

Mit Susanne Kalss und Ulrich Torggler haben<br />

wir hier zwei profunde Partner auf universitärer<br />

Ebene, die jährlich alternierend Schwerpunktthemen<br />

zu diesen Spezialbereichen des<br />

Wirtschaftsrechts aufbereiten und vortragen.<br />

Es gelingt immer wieder, internationale<br />

Experten dafür nach Wien zu bringen. Der<br />

Unternehmensrechtstag und das Kapitalmarktforum<br />

bieten damit wichtige Beiträge,<br />

um die juristischen Rahmenbedingen des<br />

Kapitalmarktes zu diskutieren und weiterzuentwickeln.<br />

Unter dem Motto „We don’t need no<br />

education“ initiierte die B&C Privatstiftung<br />

2018 beim Forum Alpbach eine<br />

Breakoutsession. Bettina Fuhrmann von<br />

der Wirtschaftsuniversität Wien präsentierte<br />

eine Studie zum Wirtschaftswissen<br />

Jugendlicher in Österreich. Was fanden<br />

Sie an den Ergebnissen interessant und<br />

wie wird es hier weitergehen?<br />

Bettina Fuhrmann untersuchte in ihrer<br />

Studie, wie es um das Wirtschaftswissen von<br />

Jugendlichen am Ende der Sekundarstufe I<br />

(14- bis 15-Jährige) bestellt ist.<br />

Wir sind auf die aufrüttelnden Erkenntnisse<br />

aufmerksam geworden und unterstützen jetzt<br />

die Fortsetzung dieser Studie, die sich mit<br />

dem Wissen der Schüler am Ende der Sekundarstufe<br />

II beschäftigt: Es ist uns ein großes<br />

Anliegen, hier nicht nur einmalig ein Projekt<br />

voranzutreiben, sondern relevante Themen<br />

nachhaltig und langfristig zu fördern. Aus<br />

diesem Grund werden wir auch 2019 beim<br />

Forum Alpbach unser Engagement fortsetzen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

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27<br />

I N V E S T M E N T S I M S I N N E D E S<br />

STANDORTES ÖSTERREICH<br />

„Die B&C Industrieholding möchte<br />

als langfristig denkender Eigentümer<br />

attraktive Unternehmen in<br />

Österreich halten und Beiträge<br />

zur Wertentwicklung leisten.“<br />

Thomas Zimpfer, seit März 2019 Mitglied der Geschäftsführung der<br />

B&C Industrieholding, schildert im Interview seine beiden zentralen<br />

Verantwortungsbereiche: die Mergers & Akquisition (M&A) Aktivitäten<br />

und die Beteiligung an Wachstumsunternehmen.<br />

THOMAS ZIMPFER<br />

startete 2011 als Beteiligungsmanager bei<br />

B&C. Seit 2016 ist er Geschäftsführer der<br />

B&C Innovation Investments, im März 2019<br />

wurde er außerdem zum Geschäftsführer<br />

der B&C Industrieholding bestellt.<br />

In Ihrer neuen Position verantworten Sie zwei<br />

Geschäftsbereiche der B&C – was steht hier<br />

jeweils im Vordergrund?<br />

Mein Verantwortungsbereich umfasst den Portfolioausbau<br />

– gegliedert in M&A-Aktivitäten, die ich für die B&C<br />

Industrieholding mit Blick auf inländische Industrieperlen<br />

koordiniere und in die Fortsetzung des Portfolioaufbaus<br />

im Bereich von Technologie-Wachstumsunternehmen. Die<br />

beiden Bereiche unterscheiden sich deutlich, haben aber<br />

auch verbindende Elemente. Zielsetzung der B&C Industrieholding<br />

ist, über typischerweise großvolumige Investitionsschritte<br />

etablierte Vorzeigeunternehmen in Österreich<br />

zu halten oder nach Österreich zurückzuholen und<br />

nach der Investitionsphase über die Wahrnehmung einer<br />

Kernaktionärsstellung den Wertsteigerungsweg dieser Unternehmen<br />

zu unterstützen. Diese befinden sich in einem<br />

weltweiten Wettbewerb, wo Stillstand keine Fortbestandsoption<br />

darstellt. Investitionssituationen zu finden und mit<br />

solchen professionell umzugehen, also die richtigen Entscheidungen<br />

zu erarbeiten, steht hier im Vordergrund.<br />

Typische Situationen, in denen eine Beteiligung der B&C<br />

gefragt sein kann, sind Nachfolgelösungen für Familien-<br />

Unternehmen, gemeinsame Expansionsbestrebungen mit<br />

solchen, in denen B&C als Finanzierungspartner zum<br />

Mitgesellschafter wird oder Konzern-Abspaltungen. Die<br />

Investorenlandschaft ist von Konzernen mit (im Regelfall)<br />

überschaubar patriotischer Standortorientierung im Sinne<br />

Österreichs und Finanzinvestoren bestimmt. Letztere haben<br />

jedenfalls einen Exit-Druck. Österreichischen Vorzeigeunternehmen<br />

wird aus B&C Sicht in beiden Fällen typischer<br />

Weise kein langfristiger Eigentümer-Hafen geboten. Genau<br />

an dieser Stelle setzen wir als Käufer und später Kerngesellschafter<br />

an, da der Zweck der Stiftung ein anderer ist:<br />

Die B&C Industrieholding möchte als langfristig denkender<br />

Eigentümer attraktive Unternehmen in Österreich<br />

halten und Beiträge zur Wertentwicklung leisten.<br />

Das erscheint uns heute wichtiger denn je. Die Aufgabe<br />

ist jedenfalls eine Große, denn es gibt käuferseitig höchst<br />

strukturierten Wettbewerb, u.a. aus China, und an unseren<br />

Aktivitäten hängt ein wesentlicher Teil der österreichischen<br />

Wertschöpfung, also der Beschäftigung. Der zweite<br />

Bereich - die B&C Innovation Investments („BCII“) – unterstützt<br />

rasch wachsende, typischerweise junge Unternehmen<br />

mit starkem Technologie- und Innovationseinschlag<br />

bei ihrem Wachstum. Im Gegensatz zu den etablierten<br />

Industrieunternehmen sind Beteiligungen der BCII stark<br />

gründergeprägt und expansiv.<br />

Wir wollen für dahinterstehende Entrepreneure ein professionelles<br />

und langfristig orientiertes Gegenüber sein.<br />

Sie sehen, in beiden Feldern geht es um Eigenkapitalinvestitionen<br />

in Unternehmen. Ein wesentlicher Unterschied<br />

ist etwa, dass Etablierte typischerweise ein ausgewogeneres<br />

Verhältnis aus Profitabilität und Wachstum<br />

aufweisen, also im Regelfall Cash-positiv wirtschaften,<br />

während Wachstumsunternehmen zu Gunsten der hohen<br />

Dynamik die Last einer „Burn-rate“ in Kauf nehmen<br />

(müssen). Hier ist die BCII als nicht bloß kurzfristiger<br />

Begleiter gefragt.<br />

Worin sehen Sie die zentralen Herausforderungen<br />

der B&C Industrieholding?<br />

Im Hinblick auf das Industrievermögen der B&C haben<br />

wir aus meiner Sicht im Wesentlichen zwei große Verantwortungsbereiche:<br />

Auf die Werthaltigkeit und Wertsteigerung<br />

der vorhandenen „Assets“ – also Kernbeteiligungen<br />

– zu achten und diese aus der Gesellschafterrolle begleitend<br />

zu unterstützen. Dies erfolgt im Wesentlichen über unsere<br />

Tätigkeit in den jeweiligen Aufsichtsräten.<br />

Die andere Verantwortung betrifft den bereits thematisierten<br />

M&A-Bereich, wo im Fokus steht, richtig zu selektieren<br />

und zu urteilen, um die Unternehmen zu identifizieren,<br />

die im Sinne des Stiftungszweckes als Kernbeteiligungen<br />

bestgeeignet sind. Es gilt also, den Handlungsspielraum in<br />

Form vorhandener Liquidität genau dort einzusetzen, wo er<br />

an Alternativen gemessen den maximalen Nutzen entfaltet.<br />

Das heißt kurzum, wir müssen zum richtigen Zeitpunkt<br />

auf die richtigen Unternehmen setzen. Unsere Zielsetzung<br />

ist, dass die Attraktivität der B&C, nämlich der „USP“ in<br />

Form von Langfristigkeit und – ganz wichtig – Unabhängigkeit<br />

erkannt wird und dass wir deshalb als Investor und<br />

Partner gewünscht sind.<br />

Was passiert mit den Gewinnausschüttungen der<br />

beteiligten Unternehmen?<br />

Die B&C kann man sich in diesem Kontext gewissermaßen<br />

als Kreislaufsystem vorstellen. Die oberste Maxime aus<br />

Eigentümersicht ist die Wertsteigerung der voneinander<br />

getrennt operierenden jeweiligen Kernbeteiligungen. In<br />

Abhängigkeit von den jeweiligen Strategien und ihren<br />

eigenen Bedürfnissen schütten die Unternehmen Dividenden<br />

an ihre Gesellschafter aus, die seitens B&C unter<br />

dem Stiftungszweck reinvestiert werden – in Unternehmensbeteiligungen<br />

oder weitere Förderinitiativen. Private<br />

Dividendenempfänger oder gar Begünstigte bestehen nicht.<br />

Resultat des beschriebenen Kreislaufes ist beispielsweise,<br />

dass B&C die AMAG, die zu wesentlichen Teilen in der<br />

Hand eines ausländischen Private-Equity-Hauses war, nach<br />

Österreich zurückholen konnte. Die notwenige Liquidität<br />

stammte aus dem beschriebenen Kreislauf bzw. dem Fokus<br />

auf Kernbeteiligungen.<br />

Was würde es am Kapitalmarkt brauchen, um die<br />

Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen zu<br />

verbessern?<br />

Ich würde mir in Österreich eine deutlich positivere und<br />

aufgeschlossenere Kapitalmarktkultur wünschen. Ich<br />

denke, die Grundlage hierfür müsste bereits im Wirtschaftskundeunterricht<br />

in der Schule als Fundament<br />

entwickelt werden. In meinen Augen besteht diesbezüglich


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

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Thomas Zimpfer<br />

Geschäftsführer<br />

„Unsere Zielsetzung ist, dass die Attraktivität der B&C,<br />

nämlich der „USP“ in Form von Langfristigkeit und – ganz<br />

wichtig – Unabhängigkeit erkannt wird und dass wir deshalb<br />

als Investor und Partner gewünscht sind.“<br />

in Österreich ein anderer Status quo als beispielsweise<br />

in Deutschland. International sind die Unterschiede im<br />

Westen wie auch fernen Osten noch erheblicher. Für den<br />

österreichischen Kapitalmarkt selbst ist der vorbörsliche<br />

Bereich wesentlich: Was kommt an Unternehmertum nach,<br />

das die Anforderungen einer späteren Kapitalmarktnotierung<br />

erfüllt!? Für eine Börsennotierung sind aus unserer<br />

Sicht folgende Faktoren erforderlich: Eine kritische Unternehmensgröße,<br />

vielversprechende Profitabilität und – ganz<br />

wichtig – hinreichende Wachstumsaussicht. Viele aufstrebende<br />

Unternehmen haben zwar großes Potenzial, aber oft<br />

noch keinen Geschäftserfolg in Form von Profitabilität.<br />

Bankkredite sind daher keine adäquate Finanzierungsform,<br />

da diese aufgrund der Reifephase schlichtweg nicht bedient<br />

werden können und, später sehr wertvolle Fremdfinanzierungsinstrumente,<br />

in dieser Phase eingesetzt zu einer<br />

Wachstumsbremse werden können. Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten<br />

in Form von Wagniskapital sind für<br />

diesen vorbörslichen Bereich daher absolut entscheidend.<br />

Hier setzt die B&C Innovation Investments Akzente – wir<br />

begleiten Unternehmen als Partner für Wachstumsfinanzierungen<br />

in Form von Eigenkapital-Investments, damit sie<br />

für den vorbörslichen Bereich fit werden.<br />

Was sehen Sie als Zukunftsvision der B&C?<br />

Unser Profil ist durch zwei übergeordnete Ziele geprägt:<br />

die Langfristigkeit und die Unabhängigkeit von Interessen<br />

und Einflüssen Dritter. In diesem Sinne sind wir über<br />

unseren Eigentümerbeitrag bestrebt, Unternehmen, die im<br />

globalen Wettbewerb stehen, langfristig fit zu halten. Wir<br />

erleben eine Zeit großer Veränderungen: Die durchschnittliche<br />

Lebensspanne der Fortune-500-Unternehmen hat sich<br />

über die letzten Jahrzehnte in etwa halbiert.<br />

Ich habe aufgrund meiner beruflichen Vergangenheit Bezug<br />

zum Private-Equity-Geschäft und weiß daher, dass im<br />

Vergleich zu kurzfristig angelegten Investments über drei<br />

bis fünf Jahren eine langfristige Unternehmensentwicklung<br />

mit dem Ziel der Absicherung im Sinne des Wirtschaftsstandortes<br />

eine große Herausforderung darstellt. Das Angebot<br />

der B&C ist vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen<br />

wichtig und ein Alleinstellungsmerkmal.<br />

Für diese Ambition braucht es Überzeugung und einen<br />

respektvollen Zugang, worin ich auch zwei zentrale<br />

Dimensionen für die Zukunftsvision der B&C sehe.<br />

WERTE entstehen<br />

und bestehen<br />

nicht aus Worten.<br />

Werte entstehen<br />

und werden<br />

beständig<br />

durch Handlung.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

30<br />

31<br />

MATTHIAS BECK<br />

Univ.-Prof. Dr. med.<br />

Dr. theol. Mag. pharm.<br />

Systematische Theologie<br />

Theologische Ethik<br />

und Medizinethik<br />

D I E E N T W I C K L U N G D E R<br />

WERTE EUROPAS<br />

Die Werte Europas verdanken sich einer langen Tradition.<br />

Sie speisen sich aus der griechischen und römischen<br />

Philosophie, dem Judentum, dem Christentum sowie der<br />

europäischen Aufklärung. Im Kontext der griechischen Philosophie<br />

war es vor allem Aristoteles (384 bis 323 v. Chr.),<br />

der angesichts einer Krise des Staates fragte, was eigentlich<br />

alle Menschen suchen. Er kam darauf, dass alle Menschen<br />

ihr Glück finden wollen. So entfaltete er seine Tugendlehre<br />

mit den Tugenden von Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit,<br />

Maß. Aus dem Judentum kam die Vorstellung vom Menschen<br />

als dem Ebenbild Gottes, aus dem Christentum jene,<br />

dass vor Gott alle Menschen gleich sind und in der Zeit der<br />

Aufklärung war es Immanuel Kant (1724 bis 1804), der<br />

philosophisch den Begriff der Menschenwürde entfaltete.<br />

Aristoteles fragt in seiner Nikomachischen Ethik, wie<br />

der Mensch den Weg zum Glück findet. Glück heißt im<br />

Griechischen: Eu-daimonia, frei übersetzt: dem guten Geist<br />

folgen. Dem guten Geist folgen meint vor allem diese vier<br />

Tugenden einzuüben, die schon Plato und die vorplatonische<br />

Philosophie reflektiert haben. Tugenden sind innere<br />

Haltungen, die der Mensch durch täglichen Vollzug lernt.<br />

Tugenden sind tauglich für das Leben. Die Klugheit ist eine<br />

Tugend des Geistes. Der Mensch soll weitsichtig denken<br />

und langfristig handeln: Was immer du tust, tue es klug<br />

und bedenke das Ende.<br />

Der Heilige Ignatius von Loyola (1491 bis 1556), der viel<br />

von Aristoteles gelernt hat, gibt für wichtige Entscheidungen<br />

folgenden Rat: Wenn du etwas Wichtiges zu entscheiden<br />

hast, versetze dich in die Stunde deines Todes und<br />

überlege, wie du von dort her hättest entschieden haben<br />

wollen. Dieser Anregung liegt ein Weltbild zugrunde, das<br />

besagt, dass der Mensch einmal Rechenschaft über sein<br />

Leben ablegen muss.<br />

Die Tugend der Gerechtigkeit ist eine Tugend der Gemeinschaft<br />

und des menschlichen Miteinanders. Es geht um<br />

Tauschgerechtigkeit, die dazu anhält, faire Geschäfte zu<br />

tätigen. Es geht um Verteilungsgerechtigkeit, die darauf<br />

abzielt, endliche Güter gerecht zu verteilen. Ungerechtigkeit<br />

führt zu Unfrieden, Hass und Aggression. Sich für<br />

Gerechtigkeit einzusetzen, heißt Friedensarbeit zu leisten.<br />

Im Letzten geht es um eine personale Gerechtigkeit, die<br />

danach trachtet, dem anderen (und sich selbst) gerecht zu<br />

werden. Jedem soll das Seine zukommen. Außerdem soll<br />

Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden.<br />

Die Tugend der Tapferkeit ist eher aus dem militärischen<br />

Bereich genommen. Heute würde man besser von Mut oder<br />

Zivilcourage sprechen. Diese Tugend ist mit der Tugend des<br />

Maßes zusammen zu sehen. Das Maß ist die rechte Mitte<br />

zwischen zwei Extremen. Es ist nicht das Mittelmaß. Diese<br />

rechte Mitte macht Aristoteles am Beispiel der Tapferkeit<br />

fest. Tapferkeit ist die rechte Mitte zwischen Feigheit und<br />

Tollkühnheit. Der feige Soldat bleibt im Schützengraben<br />

liegen, der tollkühne rennt blind ins Feld. Die rechte<br />

Mitte besteht darin, die Feigheit zu überwinden und nicht<br />

tollkühn loszulaufen, sondern wohlüberlegt mit Klugheit<br />

zu handeln. Die Tugend des Maßes durchzieht alle anderen<br />

Tugenden. Für die Medizin bedeutet sie zum Beispiel, die<br />

rechte Dosis zu finden: nicht zu viel, nicht zu wenig. Die<br />

Dosis macht das Gift hat Paracelsus gesagt.<br />

Parallel zur griechischen Philosophie entwickelt sich im Judentum<br />

eine eigene Ethik. Sie schlägt sich vor allem in den<br />

10 Geboten nieder. Der Gott Israels, dessen Namen man<br />

nicht aussprechen darf und von dem man sich kein Bild<br />

machen soll, führt das Volk Israel aus der Knechtschaft<br />

Ägyptens in die Freiheit – so der Glaube Israels. Das göttliche<br />

Wirken ist eine Befreiungstat. Damit die Menschen<br />

diese Freiheit nicht mehr verlieren, gibt Jahwe dem Volk<br />

die 10 Gebote. Die Präambel zu diesen 10 Geboten lautet:<br />

„Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt<br />

hat; aus dem Sklavenhaus“ (Ex 20, 2-17).<br />

Im Christentum geht es um die innere Befreiung des<br />

Menschen. Der christliche Gott ist frei, er ist in sich ein<br />

Beziehungsgeschehen zwischen Vater, Sohn und Geist. Er<br />

ist sich selbst genug, er braucht die Welt nicht, er ist frei,<br />

sie zu schaffen. Wenn er sie schafft, braucht er die freie<br />

Mitwirkung des Menschen. Das ist das Risiko. Der Mensch<br />

kann nein sagen, er muss zur Freiheit erzogen werden. Die<br />

Ethik des Christentums spricht von Gottesliebe, Selbstliebe<br />

und Nächstenliebe (sogar Feindesliebe) und von Handlungsfreiheit,<br />

Willensfreiheit und Wesensfreiheit.<br />

Die Handlungsfreiheit bezieht sich auf die äußere Freiheit,<br />

die Willensfreiheit auf die innere Freiheit. Allerdings muss<br />

der Mensch zu dieser Freiheit befreit werden. Denn er ist<br />

durch die Verstrickungen der Welt nicht vollständig in der<br />

Lage, aus sich selbst heraus die Freiheit und das Gute umzusetzen.<br />

Paulus sagt es so: „Denn ich tue nicht das Gute,<br />

das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will“ (Röm<br />

7,19). Der Mensch muss zum Tun des Guten befreit werden.<br />

Dazu bedarf es aus christlicher Sicht der Anbindung<br />

an einen anderen Grund, der den Menschen übersteigt.<br />

Ein zentraler Begriff der europäischen Geschichte ist jener<br />

der Menschenwürde. In der römischen Philosophie sprach<br />

Cicero (106 bis 43 v. Chr.) bereits davon. Hier allerdings<br />

in dem Sinn, dass Menschen sich durch gute Verdienste im<br />

Staat diese Würde verdienen können. Im Mittelalter war<br />

es Pico della Mirandola (1463 bis 1494), der die Frage der<br />

Menschenwürde mit dem freien Willen des Menschen in<br />

Zusammenhang brachte.<br />

Schließlich ist es in der Neuzeit Immanuel Kant, der den<br />

Begriff der Würde entfaltet. Diese Würde wohnt jedem<br />

Menschen inne, sie wird ihm nicht von außen verliehen:<br />

„Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder<br />

eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann<br />

auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was<br />

dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent<br />

verstattet, das hat eine Würde.“ Hier wird zwischen<br />

Würde und Wert (Preis) unterschieden. Ein zweites Zitat<br />

Kants ist für diesen Zusammenhang von Bedeutung: Dinge<br />

haben einen „relativen Wert, …und heißen daher Sachen,<br />

dagegen vernünftige Wesen Personen genannt werden,<br />

weil ihre Natur sie schon als Zwecke an sich selbst“ achtet.<br />

Dies ist die sogenannte Selbstzwecklichkeitsformel Kants,<br />

dass jeder Mensch um seiner selbst willen geachtet werden<br />

soll: „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner<br />

Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit<br />

zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel gebrauchst.“<br />

Damit ist gemeint: Jeder Mensch soll – unabhängig von Alter,<br />

Rasse, Geschlecht, Hautfarbe, genetischer Ausstattung<br />

– um seiner selbst willen geachtet werden. Er soll nicht<br />

vollständig („bloß“) verzweckt werden. Das ist die philosophische<br />

Übersetzung des Gebotes der Nächstenliebe. Aus<br />

der Menschwürde leiten sich die Menschenrechte ab, die<br />

universal gelten sollen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

32<br />

CHRISTOPHER WEYRER<br />

33<br />

absolvierte das Gymnasium in<br />

Amstetten und studierte Medizin<br />

und Physik in Wien und Linz.<br />

Nach Neuro-Forschungen an der<br />

MedUni Wien und am Salk Institute<br />

in Kalifornien war er für einen kollaborativen<br />

Neurowissenschaften PhD<br />

in Cambridge und Harvard. Derzeit<br />

ist er als „Alice and Joseph Brooks<br />

Research Fellow in Neurobiology“<br />

an Harvard’s Medical School tätig.<br />

SARAH SPIEKERMANN-HOFF<br />

lehrt und forscht an der Wirtschaftsuniversität<br />

Wien, wo sie dem Institut<br />

für Wirtschaftsinformatik und<br />

Gesellschaft vorsteht.<br />

Neuestes Werk: „Digitale Ethik –<br />

Ein Wertesystem für das<br />

21. Jahrhundert“<br />

DEM DENKEN AUF DER SPUR –<br />

HIER UND IN DEN USA<br />

Christopher Weyrer beschäftigt sich seit seinem Studium in Wien mit<br />

Synapsen, den Schnittstellen zwischen Nervenzellen im Gehirn.<br />

Seine wissenschaftliche Arbeit wurde aufgrund außerordentlicher Fortschritte<br />

und der Unterstützung durch namhafte Wissenschafter über mehrere Jahre<br />

von der B&C Privatstiftung gefördert.<br />

Was ist der Schwerpunkt Ihrer Forschung?<br />

Mein Forschungsinteresse gilt Synapsen, den Schnitt- und<br />

Kommunikationsstellen zwischen Nervenzellen, die so viel<br />

von unseren Fähigkeiten im Gehirn bestimmen. Ob zuvor<br />

in Wien oder jetzt hier in Harvard – es hat mich immer<br />

schon fasziniert, dass Synapsen plastisch sind. Sie können<br />

sich verstärken oder abschwächen. Nur wie funktioniert<br />

das? Welche Baupläne, Regeln und Grundlagen sind dabei<br />

involviert? Daran forschen wir!<br />

Wie kann man sich das vorstellen?<br />

Eine Idee wie sich Synapsen kurzzeitig verstärken können<br />

ist, dass sie mehr Neurotransmitter freisetzen. Nur: Wie<br />

machen Synapsen das? Eine Idee könnte sein, dass ein<br />

Protein, nennen wir es „X“, an diesem Vorgang beteiligt<br />

ist. Um diese Hypothese zu testen, wenden wir genetische,<br />

molekularbiologische, elektrische und optische Methoden<br />

an. Wir entfernen beispielsweise das „Protein X“ mit einem<br />

genetischen Knockout und schauen uns an, ob sich die synaptische<br />

Leistung dadurch verändert hat.<br />

Kann man das in der Anwendung nutzen?<br />

Ich denke Grundlagenforschung und Anwendung gehen<br />

Hand in Hand. Nehmen wir an, wir sehen im vorigen<br />

Beispiel, dass sich Synapsen ohne dieses „Protein X“ nicht<br />

mehr verstärken können. Dann können wir die ganze<br />

Geschichte auch umdrehen. In der Gentherapie macht man<br />

sich z. B. Viren für etwas Gutes zu Nutze. Man kann ein<br />

Virus so modifizieren, dass es harmlos ist und anstatt einer<br />

Krankheit unser gefundenens „Protein X“ in den Wirt einbaut.<br />

Nun müssen wir nur noch den Virus neurochirurgisch<br />

an die gewünschte Stelle im Gehirn bringen, wo es dann das<br />

gefundene „Protein X“ einbaut. Das könnte dann unsere infizierten<br />

Synapsen artifiziell stärker machen, was wiederum<br />

unsere ursprüngliche Hypothese weiter stärkt.<br />

Wie hypothetisch sind diese Überlegungen?<br />

Meine Kollegen und ich haben Ähnliches in unserem Lab<br />

im Mausmodell gemacht und auf diese Art tatsächlich ein<br />

solches Protein gefunden, mit welchem wir Synapsen auch<br />

kurzzeitig verstärken konnten. Dazu nutzen wir auch Optogenetik,<br />

wodurch wir gezielt Neurone mittels Licht bzw.<br />

Laser steuern. Ziemlich Science-Fiction.<br />

Wie wird sich Ihre Forschung in Zukunft<br />

weiterentwickeln?<br />

Ich bin in der Zukunft vor allem daran interessiert, Science,<br />

Innovation, Wirtschaft und Anwendung zu verbinden.<br />

Ich hatte das Glück den „Healthcare Innovation &<br />

Commercialization“ Kurs in Harvard zu gewinnen und<br />

habe z.B. ein „Flagship VentureLabs VC Entrepreneuring<br />

Fellowship“ ergattert. In Zukunft möchte ich mehr und<br />

mehr die Start-up-, Entrepreneurship- und auch Venture<br />

Capital- und Creation-Welten verbinden. Hoffentlich bald<br />

auch wieder in Österreich.<br />

Bei digitaler Ethik geht es nicht um Moral, sondern eher um<br />

Diät. Wie handle ich richtig im Zeitalter der Digitalisierung?<br />

Ich als Privatperson, als Mitarbeiter oder Unternehmer?<br />

„Digitale Ethik – Ein Wertesystem für das 21. Jahrhundert“<br />

beschreibt eine Vision und Anleitung zu echtem<br />

Fortschritt im Zeitalter der Digitalisierung.<br />

Echter Fortschritt muss mehr sein als ein Technologiesandkasten,<br />

der für ein kleines bisschen Effizienz und Komfort<br />

Bewährtes zerstört. Es sollte darum gehen, positive<br />

menschliche Werte zur Entfaltung zu bringen, die jeder<br />

begrüßt. An diesen Werten zu arbeiten ist das neue Bio<br />

in der Digitalisierung. „Bio“ ist jedoch in der Informatik<br />

noch nicht angekommen.<br />

„Wert-volle“ Technik (also Technik voll mit Werten) allein<br />

reicht nicht aus für echten Fortschritt. Wenn viele Werte<br />

gefordert werden, wie mehr Transparenz, Verantwortlichkeit,<br />

Privatheit, Sicherheit, sind letztlich wir, Nutzer und<br />

Bürger, dafür mitverantwortlich, unseren täglichen Umgang<br />

mit digitalen Services bewusster zu gestalten.<br />

Der Weg der Werte in der Digitalen Ethik ist also letztlich<br />

ein tugendethischer. Er kann in vier Etappen beschrieben<br />

werden: Die erste Etappe besteht im klugen Erkennen der<br />

eigenen Wertziele im Umgang mit dem Digitalen; privat<br />

und im Unternehmen. Die zweite im tiefen Verstehen<br />

wofür einzelne Werte eigentlich genau stehen, die einem<br />

wichtig sind. Die dritte Etappe braucht neue Gewohnheiten,<br />

Wertprioritäten mutig zu leben. Und letztlich – viertens<br />

– die Bereitschaft auf Wertvernichtung zu verzichten.<br />

Würden Unternehmen solch einer Digitalen Ethik folgen,<br />

DIGITALE ETHIK<br />

EIN WERTESYSTEM FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT<br />

könnten Plattformen, die heute Apps zu Chefs machen<br />

und Menschen digital ausbeuten, zu positiven Communities<br />

werden, in denen sich Menschen loyal und zufrieden<br />

entfalten.<br />

Roboter und Künstliche Intelligenzen könnten zu höflichen<br />

Coaches werden, die Freiheit und Wissen in jedem<br />

Einzelnen von uns fördern, statt uns zu bevormunden.<br />

Gesundheitsplattformen könnten unser medizinisches<br />

Wissen vertausendfachen, ohne dabei Erkenntnisse zu<br />

privatisieren und unsere persönlichen Daten zu verhökern.<br />

Mindfulness im Umgang mit dem Digitalen brächte uns so<br />

viel weiter als alle Rechtekataloge oder Lektionen zusammen.<br />

Aber es gibt große Hürden, die dieser positiven Zukunft<br />

entgegen stehen: Die erste Hürde ist unser modernes<br />

Denken. Wir sind erzogen worden, Fortschritt allein mit<br />

Erfindergeist gleichzusetzen, statt mit wahrer Wertschöpfung<br />

in unserem täglichen Leben.<br />

Die zweite Hürde ist das Story-Telling der IT-Industrie,<br />

was die Fähigkeiten des Digitalen maßlos überhöht, ohne<br />

die Nachteile des Neuen offenzulegen. Die Natur des<br />

Digitalen ist immer unvollständig, fehlerhaft und geteilt.<br />

Sie trennt Inhalt und Form und wird bewusst so geschaffen,<br />

dass sie uns abhängig und unfrei macht.<br />

Erst wenn die Grenzen des Digitalen verstanden werden,<br />

können wir Menschen eine gesunde Erwartung an<br />

die tatsächliche Leistungsfähigkeit des digitalen Stoffs<br />

entwickeln. Erst dann können wir am echten Fortschritt<br />

arbeiten.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

34<br />

35<br />

B I L D U N G I S T D E R B E S T E<br />

A N L E G E R S C H U T Z<br />

Christoph Boschan ist seit zwei Jahren CEO der Wiener Börse AG.<br />

Der promovierte Jurist spricht im Interview über Strategien<br />

für den Börsenstandort Wien und den Wert einer fundierten<br />

wirtschaftlichen Grundbildung.<br />

CHRISTOPH BOSCHAN<br />

wurde 1978 in Berlin geboren.<br />

Er studierte Betriebswirtschaft<br />

und Rechtswissenschaften in<br />

Berlin und Chemnitz.<br />

Er ist seit 2016 CEO der<br />

Wiener Börse. Zuletzt war er<br />

Vorstand der Börse Stuttgart,<br />

davor war der Börsenexperte in<br />

Führungspositionen an mehreren<br />

deutschen Börsen tätig.<br />

Seine Berufslaufbahn startete er<br />

1999 als Wertpapierhändler bei<br />

Tradegate.<br />

Innerhalb der Euro-Zone zählt Österreich<br />

zu den kleineren Finanzmärkten. Wie<br />

kann sich die Wiener Börse im europäischen<br />

Vergleich erfolgreich positionieren?<br />

Die Wiener Börse kann sich behaupten, indem<br />

sie ihre zentrale Funktion wahrnimmt: Als<br />

Nationalbörse muss sie den börsennotierten<br />

österreichischen Unternehmen die größtmögliche<br />

Liquidität und Visibilität bieten. Darüber<br />

hinaus ist es für uns ein zentrales Anliegen,<br />

unser Geschäft breit aufzustellen. Unser Haus<br />

betreibt daher neben dem Aktien-Handelsgeschäft<br />

drei weitere Säulen:<br />

Hier ist zunächst das umfangreiche Datengeschäft<br />

zu nennen, das unsere zweitgrößte Ertragsquelle<br />

darstellt. Die dritte Säule sind die<br />

IT-Dienstleistungen: Wir versorgen von Wien<br />

aus fünf Märkte mit dem Handelssystembetrieb<br />

und bieten für insgesamt zehn Märkte<br />

eine Datenverteilungsinfrastruktur. Die vierte<br />

Säule bildet das Indexgeschäft. Wir berechnen<br />

Benchmarks für 14 Märkte, hauptsächlich<br />

in Zentral- und Osteuropa. Durch diese<br />

Diversifizierung der Ertragsquellen sind wir<br />

im europäischen Vergleich gut aufgestellt.<br />

Die Wiener Börse hat ihre Marktsegmentierung<br />

neu geordnet. Es gibt jetzt ein<br />

neues Segment „direct market plus“ – wie<br />

sieht hier Ihre Erwartung aus?<br />

Jede Börse benötigt ein Zugangssegment für<br />

kleine Unternehmen, die sich so in ihrem<br />

Börsendasein entwickeln können. Aufgrund<br />

regulatorischer Schranken war dieses Angebot<br />

in Österreich in den letzten Jahren allerdings<br />

nicht vorhanden. Wir haben uns lange darum<br />

bemüht, nun gibt es seit Jahresbeginn eine<br />

neue gesetzliche Regelung. Darauf haben wir<br />

das Segment direct market plus aufgesetzt,<br />

das einen kostengünstigen und schnellen<br />

Börsenzugang für kleine und mittelständige Unternehmen<br />

ermöglicht. Wir haben am 21.01.2019 mit acht Unternehmen<br />

gestartet und hoffen auf viele Neuzugänge.<br />

Sie haben letztens gesagt: „Investieren ist ein Marathon,<br />

kein Sprint“. Was meinen Sie damit konkret?<br />

Natürlich gibt es an jeder Börse erhebliche Kursschwankungen.<br />

Entscheidend ist allerdings das langfristige Bild:<br />

Der ATX hat seit Bestehen eine Durchschnittsrendite von<br />

7 %. Wer davon profitieren will, muss langfristig denken –<br />

in Zeiträumen von fünf bis 20 Jahren – und diversifiziert<br />

vorgehen. Dann ist der Aktienmarkt ein fantastisches Instrument<br />

für die Wohlstandverteilung in der Gesellschaft.<br />

Die Devise sollte lauten: Sei nicht nur Konsument, sondern<br />

beteilige dich an den Unternehmen, die du toll findest!<br />

Wer als Privatanleger an technische Fortschritte und Effizienzsteigerung<br />

glaubt, kann über den Aktienmarkt einfach<br />

von dieser Entwicklung profitieren. Gleichzeitig ist der<br />

Aktienmarkt eine hervorragende Finanzierungsplattform<br />

für Unternehmen.<br />

Der B&C Privatstiftung ist die Bildung zu Wirtschaftsthemen<br />

ein Anliegen, die an den Schulen<br />

derzeit allerdings kaum vorhanden ist. Wie ist hierzu<br />

Ihre Einschätzung: Welchen Bedarf gibt es in Österreich,<br />

auch im Hinblick auf die Anleger?<br />

Finanzwissen ist der beste Anlegerschutz, Bildung zahlt<br />

sich aus. Wer die grundsätzlichen Mechanismen der Finanz-<br />

und Kapitalmärkte kennt und sich von der täglichen<br />

Börsenberichterstattung löst, kann sich am Aktienmarkt<br />

am langfristigen Wirtschaftswachstum beteiligen. Ich erlebe<br />

grundsätzlich ein hohes Interesse an Wirtschaftsbildung<br />

und das ist gut so. Als Institution Wiener Börse antworten<br />

wir darauf, indem wir pro Jahr Hunderte von Veranstaltungen<br />

anbieten. Wir haben ein eigenes Bildungsprogramm<br />

für Schulen entwickelt, für das es sehr hohes Interesse gibt.<br />

Wir glauben allerdings auch, dass die Finanzbildung eine<br />

staatliche Institutionalisierung braucht: Österreich könnte<br />

als Startpunkt am Pisamodul Finanzwissen teilnehmen.<br />

Aber genau wie Deutschland drückt sich Österreich seit<br />

Jahren um die Teilnahme. Dabei wäre es eine echte Chance<br />

zu sehen: Wo stehen wir und was gilt es zu entwickeln?


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

36<br />

37<br />

„Die Erfolgsformel für Start-ups ist 90 %<br />

Transpiration plus 10 % Inspiration.<br />

Die Idee ist der wesentlich kleinere Teil, entscheidend<br />

sind die Founder und ihr Einsatz.“<br />

Michael Altrichter<br />

Business Angel<br />

MICHAEL<br />

ALTRICHTER<br />

ist seit acht Jahren Business<br />

Angel und investiert in junge<br />

Unternehmen.<br />

Er war fünf Staffeln in der<br />

Jury der TV-Show<br />

„2 Minuten 2 Millionen“<br />

und hat selbst zwei Exits<br />

mitgemacht (Paysafecard<br />

und Payolution).<br />

Er unterstützt Start-ups<br />

mit Know-how, Networking<br />

und Kapital.<br />

INVESTIEREN MIT IMPACT<br />

Wie ist es um die Start-up-Szene in Österreich bestellt?<br />

Business Angel Michael Altrichter erzählt über die heimische<br />

Gründerszene, Erfolgsfaktoren für Start-ups und die<br />

Relevanz des Impact Investings.<br />

Was ist Ihr Ziel als Business Angel,<br />

wofür steht Ihr Ansatz des Impact<br />

Investings?<br />

Michael Altrichter: Ich möchte junge Leute<br />

ermutigen zu gründen, denn Start-ups bauen<br />

zu einem nicht geringen Teil die Welt von<br />

morgen. Es macht mir Spaß, mit tollen Unternehmen<br />

und Menschen zusammenzuarbeiten,<br />

die neue Ideen und Zugänge haben.<br />

Das Thema Impact, also nachhaltiges Wirtschaften,<br />

ist mir ein besonders Anliegen:<br />

Für den Erfolg eines Unternehmens ist nicht<br />

der finanzielle Profit vorrangig, sondern wie<br />

es die Welt an einem bestimmten Punkt<br />

verbessert. In meinem Portfolio habe ich daher<br />

auch Impact Investments, die sich gesellschaftlich<br />

relevanten Themen widmen. Ich denke,<br />

der Impact-Gedanke ist für alle von Bedeutung,<br />

nicht nur für uns Investoren. Es sollte<br />

jeder im eigenen Umfeld danach trachten, wie<br />

er die Welt ein bisschen besser machen kann.<br />

Sie haben derzeit 35 Start-ups in Ihrem<br />

Portfolio – wie gelingt es Ihnen, solch<br />

eine große Bandbreite an Unternehmen<br />

persönlich zu betreuen?<br />

Für einen einzelnen Business Angel ist es<br />

in der Tat schwierig. Im Wesentlichen<br />

konzentriert man sich auf die Investitionen, bei denen<br />

man als Investor im Lead ist und mit dem Founder-Team<br />

näher zusammenarbeitet. Deshalb ist es wichtig, sich einem<br />

Business-Angel-Netzwerk anzuschließen. Das habe ich bei<br />

Start-up300 gefunden, wo hunderte Business-Angels aggregiert<br />

sind und sich gegenseitig stützen.<br />

In welchen Bereichen sehen Sie insgesamt für<br />

österreichische Unternehmen Potenzial, zu<br />

welchen Themen kann Österreich ein Hotspot<br />

für Start-ups sein?<br />

Aufgrund der Größe Österreichs ist es nicht ratsam, sich<br />

ausschließlich auf einen Bereich zu fokussieren. Unabhängig<br />

von bestimmten Branchen gibt es einige Hidden<br />

Champions, einzelne sehr gute Player. Nichtsdestotrotz hat<br />

Österreich in den Bereichen Agriculture-Tech, Touristik<br />

und Forstwirtschaft besondere Chancen. Hier ergeben sich<br />

für die österreichische Kultur und Wirtschaft im Vergleich<br />

mit anderen Volkswirtschaften besondere Anknüpfungspunkte.<br />

Sie haben bereits sehr viele gute Ideen kennengelernt.<br />

Was ist Ihrer Erfahrung nach entscheidend,<br />

damit aus einer guten Idee ein erfolgreiches<br />

Unternehmen wird?<br />

Das lässt sich ganz klar beantworten. Der Erfolg hängt<br />

zum überwiegenden Teil vom Gründerteam ab. Die Erfolgsformel<br />

für Start-ups ist 90 % Transpiration plus<br />

10 % Inspiration. Die Idee ist der wesentlich kleinere Teil,<br />

entscheidend sind die Founder und ihr Einsatz. Wenn das<br />

Gründerteam top aufgestellt ist, kann das Start-up eine<br />

Chance haben. Gibt es Fehlbesetzungen oder ist das Team<br />

nicht vollständig, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass<br />

das Start-up erfolgreich wird.<br />

Für die Gründung eines Unternehmens braucht es<br />

neben der guten Idee auch Risiko-Bereitschaft. Wie<br />

ist es in Österreich um das „Gründer-Gen“ bestellt?<br />

Österreich ist sehr stabil und sicher, viele wollen aus dieser<br />

Komfortzone gar nicht heraus. In der Start-up-Szene in<br />

Österreich hat sich in den letzten Jahren allerdings sehr<br />

viel getan, hier ist die TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“<br />

zu nennen, aber auch Vereine oder private Gesellschaften<br />

wie Start-up300. Es muss uns jedoch klar sein, dass Wien<br />

von den Start-up-Hot-Spots wie Silikon Valley, Tel Aviv,<br />

Stockholm, Berlin noch immer weit entfernt ist.<br />

Was sehen Sie als Erfolgsfaktoren für Start-ups?<br />

Der erste Aufruf ist try it – also einfach probieren. Wenn<br />

man von einer Idee überzeugt ist, dann ist das tatsächlich<br />

der beste Rat. Die Rate des Scheiterns ist bei Start-ups<br />

allerdings sehr hoch, dessen muss man sich bewusst sein.<br />

Entscheidend ist, zum richtigen Zeitpunkt sein Netzwerk<br />

knüpfen – mit Investoren, Angels, Kunden und potenziellen<br />

Mitarbeitern. Natürlich ist es auch wichtig: immer<br />

wieder pitchen üben. Ein Start-up lebt vom Auftritt, man<br />

muss seine Idee und seine Unternehmung immer bestmöglich<br />

präsentieren und verkaufen können.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

38<br />

39<br />

P R OF E S S I ON A L I S I E R U N G<br />

DER AUFSICHTSRATSARBEIT<br />

Susanne Kalss<br />

SUSANNE KALSS<br />

Leiterin des Instituts<br />

für Unternehmensrecht der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien.<br />

Sie hat mehrere<br />

Standardwerke zum<br />

Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht<br />

verfasst, unter<br />

anderem ist sie Herausgeberin<br />

des „Handbuchs für den<br />

Aufsichtsrat“ und des „Handbuchs<br />

für den Vorstand“.<br />

Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit ist eines der<br />

Schlagworte, die die jüngste Entwicklung der Arbeit des<br />

Aufsichtsrats in österreichischen Gesellschaften charakterisiert.<br />

Professionalisierung meint sowohl die quantitative als<br />

auch qualitative Vertiefung der Tätigkeit des Aufsichtsrats.<br />

Maßgeblich ist in dem Zusammenhang aber nicht, wie oft<br />

sich Aufsichtsratsmitglieder in formalen Sitzungen treffen,<br />

viel entscheidender für eine gute und erfolgreiche Aufsichtsratsarbeit<br />

ist im Regelfall die Tätigkeit dazwischen.<br />

Da wird Gesprächs- und Beziehungsarbeit geleistet, um<br />

einzelne Themen der Geschäftsführung zu besprechen,<br />

besser zu verstehen, zu analysieren und auch gemeinsame<br />

DEN AUFSICHTSRAT BETREFFENDE ÄNDERUNGEN DES<br />

GESELLSCHAFTSRECHTS IN DEN LETZTEN JAHREN<br />

Vorschläge für mögliche Lösungsszenarien zu entwickeln.<br />

Dabei geht es nicht nur um Gespräche unter den Aufsichtsratsmitgliedern,<br />

vielmehr auch mit dem Vorstand und –<br />

in Abstimmung mit dem Vorstand – auch mit Mitarbeitern<br />

des Unternehmens. Zudem hat der Aufsichtsrat mit<br />

anderen Marktteilnehmern und sonstigen Stakeholdern<br />

zu sprechen, um sich eine breite Informationsbasis zu<br />

erarbeiten und seiner nachfolgenden Entscheidung zugrunde<br />

zu legen.<br />

Die in der öffentlichen Diskussion erwartete und tatsächlich<br />

beobachtbare Ausdehnung der Tätigkeit des Aufsichtsrats<br />

wird eindrücklich durch einen Blick auf die für den<br />

Aufsichtsrat relevante Gesetzgebung bestätigt:<br />

• 2019 Aktionärsrechte-Richtlinien-Umsetzungsgesetz: Vergütung, Related Party Transaction<br />

• 2018 Ausweitung der Zuständigkeiten (Delisting) des Aufsichtsrates<br />

• 2017 Gleichstellungsgesetz – Frauenquote<br />

• 2016 Abschlussprüferverordnung-Begleitgesetz, APRÄG, Konkretisierung und Intensivierung<br />

der Regelungsdichte der Zusammenarbeit von Abschlussprüfer und Aufsichtsrat<br />

• 2015 Unternehmerische Entscheidungen im Aufsichtsrat, Prozeduralisierung auch im AR<br />

• 2014 Rechnungslegungsänderungsgesetz – Prüfungsausschuss<br />

• 2012 Corporate Governance Konkretisierung Cooling-off<br />

Beinahe jedes Jahr wurden Einrichtung<br />

und Arbeit des Aufsichtsrats einer<br />

Neuregelung und meist einer gesetzlichen<br />

Aufgabenerweiterung unterworfen.<br />

Das Arbeitsumfeld und die Aufgaben<br />

des Aufsichtsrates haben einen Grad an<br />

Intensität erreicht, der es vielfach nicht<br />

mehr zulässt, ein Aufsichtsratsmandat<br />

neben einer sonstigen tagesfüllenden<br />

Tätigkeit auszuüben.<br />

Mit der Professionalisierung und der<br />

Notwendigkeit einer ausgewogenen<br />

Zusammensetzung geht die Erhöhung<br />

des Sorgfaltsmaßstabes für die einzelnen<br />

Mitglieder einher. Jedes Aufsichtsratsmitglied<br />

hat ein Mindestmaß an Kenntnissen<br />

und Fähigkeiten zur Verfügung<br />

zu stellen, einzelne Mitglieder haben<br />

darüber hinaus auch noch besondere<br />

Kenntnisse einzubringen. Ausdrücklich<br />

wird dies etwa für den Finanzexperten<br />

verlangt, für den dies eine Erhöhung<br />

des allgemeinen Sorgfaltsmaßstabes und<br />

damit eine Erhöhung der Verantwortung<br />

bedeutet.<br />

Wie können nun die deutlich gestiegenen<br />

Leistungsanforderungen vom Aufsichtsrat<br />

erbracht werden?<br />

Das Aufgabenfeld des Aufsichtsrats hat<br />

eine Intensität, einen Detaillierungsgrad<br />

und eine Spezialisierung erreicht, die<br />

es notwendig machen, Aufsichtsratsmitglieder<br />

bei ihrer Tätigkeit durch<br />

des Unternehmens zu unterstützen.<br />

Eine derartige unterstützende Tätigkeit<br />

nimmt dem Aufsichtsratsmitglied<br />

selbst seine Entscheidungszuständigkeit<br />

und -verantwortung nicht ab, vermag<br />

allerdings eine spürbare Verbesserung<br />

der Entscheidungsfindung und damit<br />

der Aufsichtsarbeit herbeizuführen. Dies<br />

gilt insbesondere etwa für die Einzelaufgaben<br />

des Prüfungsausschusses mit Auswahl<br />

des Abschlussprüfers, Festlegung<br />

der Prüfungsfelder und Begleitung der<br />

Abschlussprüfung. Gerade auch erfolgskritische<br />

Aufgaben, wie Zusammenstellung<br />

des bestmöglichen Vorstandsteams,<br />

Führung und Incentivierung der Vorstandsmitglieder,<br />

Nachfolgeplanung für<br />

Vorstand und Aufsichtsrat sowie Diskussion<br />

und Mitgestaltung der Unternehmensstrategie<br />

verlangen einen umfassenden<br />

Einsatz aller Aufsichtsratsmitglieder,<br />

mit viel Vor- und Nacharbeit über die<br />

Sitzungen hinaus. Vielfach können das<br />

Einzelpersonen alleine nicht leisten und<br />

die notwendige Vorbereitungsarbeit, Informationsgewinnung<br />

und -aufbereitung<br />

bedingen ein neues Design der Organisation<br />

der Aufsichtsratsarbeit.<br />

Daher muss der Aufsichtsrat professionell<br />

begleitet werden. Für Aufsichtsräte<br />

in größeren Gesellschaften ist<br />

es unumgänglich, dass etwa für den<br />

Aufsichtsratsvorsitzenden eine fachliche<br />

Assistenz zur Verfügung gestellt wird,<br />

auf die ohne Abhängigkeit vom Vorstand<br />

zugegriffen werden kann. Darüber hinaus<br />

ist es sachgerecht, ein Aufsichtsratsbüro<br />

einzurichten, das neben laufenden<br />

organisatorischen Tätigkeiten, vor allem<br />

fachliche Vorarbeit, Informationsaufbereitung<br />

und Erstauswertung leistet,<br />

um für die Aufsichtsratsmitglieder eine<br />

angemessene Entscheidungsfindung zu<br />

gewährleisten.<br />

Die Kosten dafür hat die Gesellschaft<br />

zu tragen und bildet einen Teil des Aufwandersatzes<br />

für eine qualitätsvolle und<br />

sorgfaltsgemäße Aufsichtsratsarbeit in<br />

dem aktuellen vom Gesetzgeber vorgegebenen<br />

Verständnis der Aufsichtsratsarbeit.<br />

Bei den Kosten darf das Gebot der<br />

Verhältnismäßigkeit nicht außer Acht<br />

gelassen werden.<br />

So eingesetzte Mittel tragen zu einer entscheidenden<br />

Verbesserung der Aufsichtsratsarbeit<br />

bei und senken gleichzeitig<br />

den Bedarf an Beratung durch externe<br />

Sachverständige und stellen damit eine<br />

sinnvolle und sachgerechte Investition<br />

dar. Keinesfalls hat die angemessene Ausstattung<br />

des Aufsichtsrats eine Gnade des<br />

Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat<br />

zu sein. Der Aufsichtsrat darf und muss<br />

dies in angemessener Weise geradezu als<br />

Grundlage seiner Tätigkeit einfordern<br />

und einsetzen, da die sorgfaltsgemäße<br />

Ausübung seiner Aufsichtsaufgaben diese<br />

Unterstützungsarbeit verlangt.<br />

Die Einrichtung eines Aufsichtsratsbüros<br />

und die Inanspruchnahme fachlicher<br />

Assistenz und vom Vorstand unabhängiger<br />

Unterstützung des Aufsichtsrats tragen<br />

dazu bei, die Aufsichtsratstätigkeit<br />

weiter zu verbessern und zu professionalisieren<br />

und damit das Wirken des Aufsichtsrats<br />

im Sinne einer erfolgreichen,<br />

wertsteigernden Zusammenarbeit von<br />

Vorstand und Aufsichtsrat im Interesse<br />

des Unternehmens, ihrer Aktionäre,<br />

Arbeitnehmer und Gläubiger sowie der<br />

Volkswirtschaft und Öffentlichkeit fortzuentwickeln.<br />

Professionelle Eigentümer<br />

haben dafür Verständnis und werden<br />

über die Besetzung des Aufsichtsrats<br />

für diesen notwendigen und gebotenen<br />

Aufwand Sorge tragen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

40<br />

41<br />

D A S WA R D E R<br />

HOUSKAPREIS 2018<br />

PREISTRÄGER 2018<br />

v.l.n.r. Michael Krebs (IMBA), Alexander Seitz (Lexogen), Stefan L. Ameres (IMBA), Wolfgang Hofer (B&C),<br />

Brian Reichholf (IMBA), Veronika Herzog (IMBA), Nina Fasching (IMBA), Erich Hampel (B&C)<br />

KATEGORIE<br />

„UNIVERSITÄRE FORSCHUNG“<br />

Stefan Ameres, Österreichische Akademie der Wissenschaften<br />

(ÖAW), Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA)<br />

PROJEKT: SLAMseq – Hochdurchsatz- Messung von<br />

Genexpressionsdynamiken<br />

KATEGORIE<br />

„FORSCHUNG & ENTWICKLUNG IN KMU“<br />

Mag. Martin Putschek, Swimsol GmbH, Wien<br />

PROJEKT: SolarSea – Das erste meerestaugliche,<br />

schwimmende Solarsystem<br />

Seit 2005 wurden beim<br />

Houskapreis etwa 520<br />

Forschungsprojekte<br />

eingereicht und an die<br />

Preisträger insgesamt<br />

rund 4,3 Millionen<br />

Euro ausgeschüttet.<br />

WISSEN FÖRDERT WACHSTUM<br />

Der von der B&C Privatstiftung verliehene<br />

Houskapreis ist Österreichs größter privater<br />

Preis für anwendungsnahe Forschung. Es<br />

werden alljährlich die besten Projekte mit<br />

wirtschaftlicher Relevanz in den beiden Kategorien<br />

„Universitäre Forschung“ und „Forschung<br />

& Entwicklung in KMU“ ausgezeichnet. Der<br />

Forschungspreis der B&C Privatstiftung soll<br />

dazu beitragen, die finanziellen Grundlagen<br />

für Innovation und Forschung in Österreich<br />

zu verbessern und insbesondere den ausgezeichneten<br />

Forschungsinstituten und Unternehmen<br />

die Durchführung von weiteren für<br />

den Wirtschaftsstandort Österreich wichtigen<br />

Forschungsaktivitäten zu ermöglichen.<br />

Am 26. April 2018 fand zum 13. Mal die<br />

Preisverleihung im Rahmen einer feierlichen<br />

Gala vor rund 350 Top-Entscheidungsträgern<br />

aus Wirtschaft und Forschung im Wiener<br />

Museumsquartier statt.<br />

Die 2018 prämierten Forschungsprojekte<br />

haben gezeigt, dass in Österreich sowohl an<br />

den Universitäten als auch in kleinen und<br />

mittleren Unternehmen Spitzenforschung<br />

betrieben wird, die innovative, zukunftsweisende<br />

Forschungsprojekte mit enormem wirtschaftlichem<br />

Potenzial hervorgebracht hat.<br />

Mariella Schurz,<br />

Generalsekretärin der B&C Privatstiftung:<br />

„Wir möchten mit dem Houskapreis für die<br />

Forscher und Unternehmen nicht nur eine<br />

finanzielle Unterstützung leisten, sondern den<br />

ausgezeichneten Teams vor allem auch eine besondere<br />

Wertschätzung für ihre hervorragende<br />

Arbeit ausdrücken.“<br />

Unser Erbgut ist zwar schon durchleuchtet, allerdings wissen wir<br />

noch nicht, warum sich eine Zelle zum Neuron (= Nervenzelle)<br />

und eine andere zur Blutzelle entwickelt. Diese Frage ist der Ausgangspunkt<br />

der Forschung von Stefan Ameres und seinem Team.<br />

Der außergewöhnliche Forschungserfolg der neu entwickelten<br />

Methodik liegt darin, dass ermöglicht wird, in die Zelle hineinzublicken<br />

und so die Funktion der Gene zu verstehen. Abweichungen<br />

in Genexpressionsmustern, die schwerwiegende Krankheiten<br />

wie etwa Krebs auslösen, können dadurch bestimmt werden. Eine<br />

neue Ära für die Molekularbiologie! SLAMseq wird seit Ende<br />

2017 als Laborkit über die Firma Lexogen weltweit vertrieben.<br />

Solarenergie stand bisher nur für Dach- und Landflächen zur<br />

Verfügung. Mag. Martin Putschek und sein Team waren die<br />

Ersten, die schwimmende Solaranlagen entwickelt haben. In<br />

tropischen Inselstaaten, wo es zwar sehr hohe Sonneneinstrahlung,<br />

aber begrenzte Landflächen gibt, wird Strom derzeit fast<br />

ausschließlich von Dieselgeneratoren produziert. Das ist nicht<br />

nur teuer, sondern auch umweltschädlich. Die von Swimsol entwickelten<br />

schwimmenden Solarsysteme sind meerestauglich und<br />

können bis zu 1,5 Meter hohen Wellen und Windgeschwindigkeiten<br />

bis zu 120 km/h standhalten. Die SolarSea-Solarplattformen<br />

werden in den Lagunen installiert und per Unterwasserkabel<br />

mit dem Diesel-Stromnetz der Insel verbunden. Sie sollen in<br />

Zukunft den gesamten Strombedarf abdecken.<br />

v.l.n.r. Wolfgang Hofer (B&C), Ian Dmachowski (Swimsol), Sandra Kriechhammer (Swimsol), Martin Putschek (Swimsol), Kristen Dlugosch<br />

(Swimsol), Daniel Reinhardt (Swimsol), Wolfgang Sulm (Swimsol), Erich Hampel (B&C)


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

42<br />

43<br />

HOUSKA-TALK 2018:<br />

ENERGIE, DIE VERÄNDERT<br />

EIN<br />

Steuerung<br />

MICROGRIDS<br />

Microgrids sind eine<br />

Untergruppe intelligenter<br />

Stromnetze (Smart Grids).<br />

AUS<br />

MICROGRID<br />

Es sind lokale Energienetze,<br />

die Haushalte und Betriebe<br />

autark und unabhängig vom<br />

übergeordneten Netz mit<br />

Strom, Wärme oder Kälte<br />

versorgen können.<br />

Andere<br />

Microgrids<br />

Wettervorhersage<br />

Strommärkte<br />

Sie decken ihren Energiebedarf<br />

aus nachhaltigen Quellen<br />

wie Biomasse, Erdwärme,<br />

Sonnen- oder Windenergie.<br />

MICHAEL STADLER<br />

arbeitet als Area Manager<br />

Smart- und Microgrids bei<br />

BIOENERGY 2020+ GmbH<br />

sowie als CTO bei XENDEE<br />

Inc. in Kalifornien.<br />

Außerdem ist er Affiliated<br />

Scientist beim Lawrence<br />

Berkeley Laboratory,<br />

University of California und<br />

CTO beim Zentrum für<br />

Energie und innovative<br />

Technologien (CET).<br />

Beim Houska-Talk 2018 sprach der österreichische<br />

Wissenschafter Michael Stadler über seine<br />

persönlichen Erfahrungen in der Forschung zum<br />

Thema Microgrids, die ihn von Österreich in<br />

die USA führte. Michael Stadler startete seine<br />

wissenschaftliche Laufbahn an der Technischen<br />

Universität Wien mit einem Doktorat summa<br />

cum laude in Energiewirtschaft und Betriebswirtschaft.<br />

Anschließend führte sein Weg an<br />

das Berkeley Lab der University of California,<br />

dort leitete er bis 2017 die 40-köpfige Grid-Integration-Gruppe.<br />

Er war der leitende Entwickler<br />

des Microgrid-Simulationstools DER-CAM, für<br />

das er vom damaligen US-Präsidenten Barack<br />

Obama mit dem „Presidential Early Career<br />

Award for Scientists and Engineers“ geehrt<br />

wurde. Es ist dies die höchste Anerkennung, die<br />

von der US-Regierung für herausragende Leistungen<br />

an junge Wissenschafter vergeben wird.<br />

Er ist weiterhin in Kalifornien aktiv und ist dort<br />

jetzt CTO von XENDEE in San Diego. Parallel<br />

engagiert er sich auch in Österreich: Er ist hier<br />

der wissenschaftliche Leiter des Zentrums für<br />

Der gebürtige<br />

Österreicher Michael<br />

Stadler ist ein Ausnahme-<br />

Wissenschafter, der seine<br />

Karriere an der Technischen<br />

Universität Wien<br />

gestartet hat und<br />

international reüssieren<br />

konnte. Wir freuten uns<br />

sehr, dass er im Rahmen<br />

der Houskapreis-Gala seine<br />

Erfahrungen in der<br />

Forschung mit uns teilte.<br />

Erich Hampel, Vorstandsvorsitzender<br />

der B&C Privatstiftung<br />

Energie und innovative Technologien (CET).<br />

Seit 2017 unterstützt er auch das Team des<br />

österreichischen Forschungsunternehmens<br />

BIOENERGY 2020+ und baut dort den<br />

Bereich Microgrids und Smart Grids auf.<br />

Damit ist er heute ein Reisender zwischen den<br />

Welten – San Diego in Kalifornien ist ebenso<br />

sein beruflicher Lebensmittelpunkt wie der<br />

Standort von BIOENERGY 2020+ in Wieselburg<br />

(Niederösterreich).<br />

FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />

Zentraler Fokus seiner Forschung ist der<br />

Beitrag erneuerbarer Energien wie Biomasse,<br />

Photovoltaik, Wärmepumpen oder Windräder<br />

zur lokalen Energieversorgung im Rahmen<br />

von Microgrids. Diese lokalen Netze<br />

werden individuell gesteuert: Energie wird<br />

dorthin gelenkt, wo sie gerade gebraucht<br />

wird; bei Bedarf kann der Verbrauch auch<br />

reduziert werden. Das Konzept der Microgrids<br />

bringt mehrere Vorteile mit sich: Die<br />

Distanz zwischen Erzeuger und Verbraucher<br />

verringert sich, Übertragungsverluste nehmen<br />

ab, die Systemeffizienz wird erhöht und<br />

die Nutzung erneuerbarer Energien dämpft<br />

die Abhängigkeit von Preisschwankungen bei<br />

fossilen Energieformen.<br />

Kleine, unabhängige Stromnetze ermöglichen<br />

darüber hinaus Störungen des zunehmend<br />

komplexen Gesamtnetzes abzufangen<br />

und einen Ausfall regional zu kompensieren.<br />

Ein Microgrid kann sich vom Stromnetz entkoppeln<br />

und angeschlossene Einheiten, wie<br />

Privathaushalte oder Gewerbebetriebe weiterhin<br />

mit Energie versorgen. Das Konzept ist<br />

daher beispielsweise auch für Regionen mit<br />

einem hohen Risiko für Naturkatastrophen,<br />

wie etwa Hurrikans interessant. Nicht zuletzt<br />

deshalb sind Microgrids daher nicht nur in<br />

Europa, sondern bereits in vielen Regionen<br />

im Einsatz. Im asiatischen Raum spielt dabei<br />

vor allem die Biomassevergasung eine Rolle,<br />

in Nordamerika stehen Photovoltaik und<br />

Kraft-Wärme-Kopplungen im Vordergrund.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

44<br />

45<br />

DIE BISHERIGEN PREISTRÄGER<br />

2006 Anton Glieder Technische Universität Graz<br />

2007 Andreas Bernkop-Schnürch Universität Innsbruck<br />

2008 Horst-Hannes Cerjak Technische Universität Graz<br />

R-HNL:<br />

Ein pflanzliches Abwehrsystem<br />

rettet Menschenleben<br />

Thiomere – Eine neue Generation<br />

polymerer Hilfsstoffe für effizientere<br />

Arzneimittel<br />

Werkstoffentwicklung zur Effizienzsteigerung<br />

in der Energieerzeugung als<br />

aktiver Beitrag zur CO 2-Reduktion<br />

Um den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft<br />

auch abseits der jährlichen Houskapreis-Gala zu fördern,<br />

hat die B&C Privatstiftung im Jahr 2018 den Club der<br />

Houskapreisträger ins Leben gerufen. Alle seit dem Jahr<br />

2006 mit dem Houskapreis ausgezeichneten Wissenschaftler<br />

und Projektleiter gehören damit diesem exklusiven<br />

Club von österreichischen Spitzenforschern an.<br />

Das neue Netzwerk eröffnet den Preisträgern zusätzliche<br />

Chancen und Möglichkeiten, ihre Projekte voranzutreiben.<br />

Die Kooperation zwischen Universitäten und<br />

privaten Forschungseinrichtungen soll damit ausgebaut<br />

werden.<br />

Darüber hinaus gibt es exklusive Networking-Events, wie<br />

etwa Hintergrundgespräche mit renommierten Persönlichkeiten<br />

aus Wissenschaft und Forschung sowie Entscheidungsträgern<br />

aus Wirtschaft und Politik. Zudem werden<br />

den Preisträgern Publikationsmöglichkeiten geboten,<br />

um neue Forschungsprojekte sowie Projektfortschritte zu<br />

präsentieren.<br />

Die B&C Privatstiftung möchte mit dieser Initiative eine<br />

enge Vernetzung und Zusammenarbeit der Preisträger<br />

untereinander fördern und das gemeinsame Potenzial für<br />

die österreichische Forschungslandschaft und den<br />

Wirtschaftsstandort einsetzen.<br />

2009 Lutz Sparowitz Technische Universität Graz<br />

2010 Helmut Clemens Montanuniversität Leoben<br />

2011 Christian Oliver Kappe<br />

2012 Erich Gnaiger<br />

Karl Franzens<br />

Universität Graz<br />

Medizinische Universität<br />

Innsbruck<br />

Brücken aus UHPC zur nachhaltigen<br />

Sicherung unserer Infrastruktur<br />

Entwicklung eines innovativen<br />

intermetallischen Hochtemperaturwerkstoffes<br />

für den Einsatz in der<br />

nächsten Generation umweltfreundlicher<br />

Flugzeugtriebwerke<br />

Mikrowellenreaktoren für die<br />

Chemische Synthese<br />

Licht in die Kraftwerke der Zellen<br />

2013 Armin Hansel Universität Innsbruck PTR-TOF Spurengasanalytik<br />

NEUE INITIATIVE<br />

Mit dem Club der Houskapreisträger<br />

möchte die B&C Privatstiftung<br />

die Vernetzung unter den bisherigen<br />

Preisträgern fördern und<br />

Wissenschaftlern eine gemeinsame<br />

Plattform mit Entscheidungsträgern<br />

aus Wirtschaft und Politik bieten.<br />

DIE DOTIERUNG<br />

DES HOUSKAPREISES<br />

Das Preisgeld beträgt 2019<br />

insgesamt 500.000 Euro.<br />

Seit Bestehen des<br />

Houskapreises wurden<br />

bislang 4,3 Millionen Euro an<br />

Preisgeldern ausgeschüttet.<br />

2014 Reingard Grabherr Universität für Bodenkultur<br />

2015 Oskar Aszmann Medizinische Universität Wien<br />

2016 Eva Prieschl-Grassauer Marinomed Biotech AG<br />

Enzymatische Detoxifizierung von<br />

Fumonisinen<br />

Bionische Rekonstruk tion der<br />

oberen Extremität<br />

Therapie gegen Schnupfen und<br />

grippale Infekte: Inhaltsstoff von<br />

Rotalgen wirkt gegen Viren, die die<br />

Atemwege infizieren.<br />

PREISGELD<br />

2016 Stefan Pogatscher Montanuniversität Leoben<br />

Manipulation der Härtungskinetik von<br />

Aluminium für Transport und Verkehr<br />

€ 500.000<br />

€ 400.000<br />

€ 300.000<br />

2017 Jens Christian Schwindt SIMCharacters GmbH Frühgeborenen -Simulator Paul<br />

2017 Gunda Köllensperger Universität Wien<br />

Grüne Standards in der<br />

Metabolomforschung<br />

€ 200.000<br />

2018 Martin Putschek Swimsol GmbH<br />

SolarSea – Das erste meerestaugliche,<br />

schwimmende Solarsystem<br />

€ 100.000<br />

2018 Stefan Ameres<br />

Österreichische Akademie der<br />

Wissenschaften, Institut für<br />

Molekulare Biotechnologie<br />

SLAMseq – Hochdurchsatz-<br />

Messung von Genexpressions dynamiken<br />

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />

Universitäre Forschung<br />

Forschung & Entwicklung in KMU


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

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47<br />

WAS BEWIRKTE<br />

DER HOUSKAPREIS?<br />

„<br />

JENS-CHRISTIAN SCHWINDT<br />

HOUSKAPREIS-GEWINNER<br />

2017<br />

ist Frühgeborenenintensivmediziner<br />

und Geschäftsführer der<br />

SIMCharacters GmbH, die 2012 in<br />

Wien gegründet wurde. Das<br />

SIMCharacters-Team entwickelt<br />

lebensechte Patientensimulatoren<br />

für das Training von Notfällen in<br />

der Kindermedizin.<br />

„<br />

LUTZ SPAROWITZ<br />

HOUSKAPREIS-GEWINNER<br />

2009<br />

Lutz Sparowitz war von 1989<br />

bis 2009 Universitätsprofessor<br />

an der BOKU Wien (Institut für<br />

konstruktiven Ingenieurbau)<br />

und an der TU Graz (Institut<br />

für Betonbau) und ist Partner<br />

im Ingenieurbüro S+W<br />

Wörle Sparowitz Ingenieure<br />

GmbH, Graz<br />

Der Gewinn des renommierten Houskapreises hat uns einerseits ein großes mediales<br />

Echo gebracht, andererseits war das damit verbundene hochdotierte Preisgeld in der<br />

kritischen Phase des weltweiten Produktlaunches überaus hilfreich.<br />

Der Houskapreis fördert die Stärken unserer Wissenschaftler, nämlich ihre Kreativität<br />

und Fantasie sowie ihren Erfindergeist. Das sind wesentliche Voraussetzungen,<br />

um künftig im internationalen Wettbewerb zu bestehen.<br />

Die Versorgung eines lebensbedrohten Frühgeborenen stellt<br />

auch für erfahrene medizinische Teams immer wieder eine<br />

Herausforderung dar. Daher haben wir mit SIMCharacters<br />

den Frühgeborenensimulator „Paul“ entwickelt.<br />

Paul entspricht einem Frühgeborenen der 27. Schwangerschaftswoche<br />

und ermöglicht es medizinischen Teams,<br />

die Versorgung dieser zerbrechlichen Wesen unter<br />

hochrealistischen Bedingungen zu trainieren. 2017 hatten<br />

wir die Entwicklung des Simulators gerade abgeschlossen<br />

und die ersten Pauls waren an Universitäten und Simulationszentren<br />

verkauft. Mittlerweile konnten etwa 50<br />

Pauls weltweit an bedeutende Universitäten und Simulationszentren<br />

(z. B. Johns Hopkins University und Children‘s<br />

Hospital of Philadelphia) verschickt werden. SIMCharacters<br />

liefert Paul heute u. a. in einige europäische Länder<br />

(Deutschland, Spanien, UK) sowie nach Russland und<br />

Asien.<br />

Der Gewinn des renommierten Houskapreises hat uns<br />

einerseits ein großes mediales Echo gebracht, andererseits<br />

war das damit verbundene hochdotierte Preisgeld in der<br />

kritischen Phase des weltweiten Produktlaunches überaus<br />

hilfreich. Österreichische High-Tech-Anbieter zeigen zwar<br />

ein gesundes Wachstum, skalieren aber nicht so extrem wie<br />

„<br />

beispielsweise Unternehmen im App-Markt. Investoren<br />

bevorzugen jedoch häufig ein risikoreiches Wachstum,<br />

womit für High-Tech-Gründungen, wie SIMCharacters,<br />

eine Anschlussfinanzierung oft schwierig ist.<br />

Da in Österreich Banken kaum das Risiko von Start-up-<br />

Finanzierungen eingehen können und wollen, bedeutet die<br />

private Forschungsförderung, insbesondere in Form von Zuschüssen,<br />

eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich.<br />

Wünschenswert wäre aus unserer Sicht eine von mehreren<br />

Säulen getragene finanzielle Stützung von jungen<br />

High-Tech-Unternehmen, die bereits am Markt tätig sind,<br />

oftmals aber keine Finanzierungen für Entwicklung und<br />

Internationalisierungsschritte erhalten. Häufig entsteht<br />

nämlich die Finanzierungslücke nach der staatlichen Förderperiode.<br />

„Für Venture-Capital-Geber sind Unternehmen in dieser<br />

Phase oftmals wenig interessant, da sie die Kernentwicklung<br />

bereits abgeschlossen haben. Für Private-Equity-Unternehmen<br />

sind sie jedoch häufig noch zu klein bzw. zu<br />

jung, da sie zwangsläufig noch keinen stabilen Cashflow<br />

vorweisen können“, so Michael Hoffmann, der Betriebswirt<br />

im SIMCharacters-Team.<br />

Ultra High Performance Composite (UHPC) zeichnet sich<br />

neben vielen anderen hervorragenden Eigenschaften vor<br />

allem durch seine bislang unerreichte Dauerhaftigkeit und<br />

Nachhaltigkeit aus. Er wird deshalb als der Baustoff des<br />

21. Jahrhunderts im konstruktiven Ingenieurbau bezeichnet<br />

und ist schon seit 1998 ein wichtiges Forschungsthema<br />

an der TU Graz.<br />

Kurz nach der Preisverleihung konnten wir in Österreich<br />

die erste größere Straßenbrücke Europas und auch<br />

eine Eisenbahnbrücke aus UHPC realisieren. Danach<br />

entwickelten wir das QuickMotion-System, welches das<br />

Verkehrsproblem in der lebenswerten Stadt der Zukunft<br />

löst. Dieses basiert auf einer UHPC-Infrastruktur.<br />

Es folgten die Entwicklung einer materialspezifischen<br />

zweiphasigen Mischtechnologie und einer Reihe von<br />

innovativen Bauverfahren – beispielsweise die horizontale<br />

Gleitbauweise.<br />

„<br />

Der Houskapreis war ein Meilenstein in unserer Forschungsarbeit<br />

und er gab sowohl in finanzieller, als auch in<br />

mentaler Hinsicht den Anstoß zu einem weiteren Jahrzehnt<br />

erfolgreicher Entwicklungsarbeit.<br />

Neben der Weiterentwicklung der Materialtechnologie<br />

befasst sich die F&E der TU Graz auch mit innovativen<br />

UHPC-Konstruktionen und -Bauverfahren. Mit dem<br />

Projekt „Nachhaltige Infrastrukturbauwerke aus UHPC“<br />

wurde Lutz Sparowitz im Jahr 2009 mit dem Houskapreis<br />

ausgezeichnet. Daraus resultierte eine besondere Anerkennung<br />

durch die Fachwelt.<br />

Der Houskapreis belohnt in einem fachübergreifenden<br />

Wettbewerb die besten Ideen und Innovationen des Jahres.<br />

Er fördert die Stärken unserer Wissenschaftler, nämlich<br />

ihre Kreativität und Fantasie sowie ihren Erfindergeist.<br />

Das sind wesentliche Voraussetzungen, um künftig im<br />

internationalen Wettbewerb zu bestehen.<br />

„Mein Wunsch wäre, dass die B&C Privatstiftung die<br />

Entwicklung der besten Projekte über Jahre begleitet und<br />

gegebenenfalls auch weiter finanziell unterstützt. Die Stiftung<br />

könnte sich an wirtschaftlich erfolgversprechenden<br />

Projekten beteiligen", so Lutz Sparowitz.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

48<br />

49<br />

WIENER<br />

UNTERNEHMENSRECHTSTAG<br />

ZU MERGERS & ACQUISITIONS<br />

Auf Initiative der B&C Privatstiftung fand am 1. Oktober 2018 nunmehr bereits<br />

zum 7. Mal der Wiener Unternehmensrechtstag als Kooperationsprojekt zwischen<br />

der Universität Wien und der Wirtschaftsuniversität statt. Mit Rechtsfragen rund<br />

um eine M&A-Transaktion hatten Susanne Kalss und Ulrich Torggler ein<br />

aktuelles Thema gewählt und zur Diskussion gesellschaftsrechtlicher Fragen<br />

von Verschmelzungen als wichtige Akquisitionstechnik erfahrene Praktiker<br />

aus Österreich, Deutschland und der Schweiz eingeladen.<br />

Prof. RA Roger Kiem, M&A-Experte aus<br />

Frankfurt, zeigte Anwendungsfälle des<br />

Triangular Mergers. Professor RA Lukas<br />

Glanzmann, Universität St. Gallen, erörterte<br />

die Verschmelzung und Gestaltungstechniken<br />

nach dem Fusionsgesetz in der Schweiz.<br />

Schließlich widmete sich RA Dr. Mario Gall<br />

den Fragen des Gläubigerschutzes im Rahmen<br />

der Verschmelzung nach österreichischem<br />

Recht und erläuterte die – von den internationalen<br />

Gästen kaum geglaubte – strenge<br />

Judikatur des Obersten Gerichtshofs bei<br />

Down-Stream-Verschmelzungen. Er zeigte einen<br />

sachgerechten Weg, um sowohl praktischen<br />

Gestaltungsbedürfnissen als auch der Wahrung<br />

der Interessen der Gläubiger gerecht zu werden.<br />

Insbesondere sprach er sich klar gegen ein<br />

striktes Konzept der Notwendigkeit des positiven<br />

Verkehrswertes der übertragenden Gesellschaft<br />

aus. Er trat für eine Gesamtbetrachtung<br />

in dem Sinn ein, dass das freie Vermögen aller<br />

an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften<br />

einbezogen werden muss, um über die<br />

Zulässigkeit der Verschmelzung zu entscheiden<br />

und sprach sich gegen einen zu starren abstrakten<br />

Gläubigerschutz aus. Dr. Philip Fidler<br />

widmet sich den Bedingungen eines Übernahmeangebots.<br />

RA Mag. Heinrich Foglar-Deinhardstein widmete<br />

sich dem „Transaktionstool “ des Business<br />

Combination Agreements, einer begleitenden<br />

vertraglichen Vereinbarung im Rahmen von<br />

Akquisitionen, insbesondere von börsennotierten<br />

Gesellschaften. RA Dr. Peter Feyl<br />

analysierte das Zusammenspiel von M&A<br />

und Bankgeheimnis.<br />

Diese Vereinbarungen stellen einen wesentlichen<br />

Transmissionsriemen für das Gelingen<br />

von länger dauernden Transaktionsprozessen<br />

dar, müssen aber akkurat mit den gesellschaftsrechtlichen<br />

Zuständigkeitsregelungen<br />

abgestimmt werden.<br />

RA Dr. Stephan Frotz diskutierte die alte,<br />

aber immer wieder brisante Frage, welche<br />

Informationen die verkaufswilligen Gesellschafter<br />

von ihrer Gesellschaft erhalten dürfen,<br />

um sie in die Bewertung ihrer Beteiligung<br />

einfließen zu lassen und diese Informationen<br />

auch dem Erwerber weiterzugeben, damit<br />

dieser eine sinnvolle Prüfung und Einschätzung<br />

des Kaufgegenstandes vornehmen kann.<br />

In der GmbH ist diese Frage im Lichte des<br />

Gleichbehandlungsgrundsatzes zu behandeln.<br />

In der Aktiengesellschaft ist vor allem auch<br />

die Grenze der generellen Weitergabe von<br />

Informationen zu klären. Jedenfalls ist nicht<br />

von einem strikten Verbot, zugleich aber<br />

auch nicht von einer vollständigen Freiheit<br />

der Weitergabe der Information auszugehen.<br />

Schließlich erörterte RA Dr. Axel Anderl<br />

datenschutzrechtliche Fragen im Zuge von<br />

M&A-Transaktionen, die rechtzeitig erkannt,<br />

aufbereitet und entsprechend gestaltet werden<br />

müssen. Ein fehlerhafter und sorgloser<br />

Umgang mit Daten könne zu empfindlichen<br />

Strafen führen.<br />

Insgesamt belegten die Vorträge und die<br />

Diskussionen der 150 Teilnehmer und Teilnehmerinnen,<br />

dass die gesellschafts- und<br />

unternehmensrechtlichen Fragen der Unternehmenstransaktion<br />

die Unternehmen und<br />

die Beratungspraxis im Lichte der aktuellen<br />

Rechtsentwicklung auf gesetzgeberischer<br />

Ebene und der Judikaturentwicklung intensiv<br />

beschäftigen. Der Unternehmensrechtstag<br />

leistete damit einen wertvollen Beitrag zur<br />

Klärung und Fortentwicklung der maßgeblichen<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen.<br />

v.l.n.r.:<br />

Heinrich Foglar-Deinhardstein,<br />

Stephan Frotz, Peter Feyl,<br />

Axel Anderl, Stefan Fida,<br />

Roger Kiem, Lukas Glanzmann,<br />

Mario Gall, Susanne Kalss,<br />

Ulrich Torggler


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

50<br />

51<br />

EIN MOTOR FÜR DEN<br />

WIRTSCHAFTSSTANDORT<br />

ÖSTERREICH.<br />

Die B&C<br />

Wertschöpfungsbilanz<br />

2018


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

52<br />

53<br />

WERTSCHÖPFUNG 2018<br />

FÜR ÖSTERREICH<br />

BESCHÄFTIGUNG<br />

KERNBETEILIGUNGEN:<br />

PORTFOLIO DER B&C<br />

54,2 %<br />

DIE B&C KERNBETEILIGUNGEN ALS<br />

BEDEUTENDE ARBEITGEBER<br />

GESAMT LOHN-<br />

UND GEHALTSSUMME<br />

IN ÖSTERREICH<br />

840,1 1)<br />

MIO EUR<br />

1) Direkte, Bruttound<br />

induzierte Löhne<br />

Direkt: 463,4<br />

Indirekt und induziert:<br />

376,7<br />

50,0 %<br />

+ 2 Aktien<br />

52,7 %<br />

Beschäftigte 2018<br />

(Vollzeitäquivalente im Jahresdurchschnitt)<br />

5.449<br />

GESAMT IN<br />

ÖSTERREICH<br />

LEHRLINGE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

211<br />

LENZING<br />

Produzent von Cellulosefasern<br />

AMAG<br />

Produzent und Verarbeiter<br />

von Aluminium-Produkten<br />

14.931<br />

BESCHÄFTIGTE<br />

WELTWEIT<br />

SEMPERIT<br />

Produzent von Kautschuk-Produkten<br />

für unterschiedliche Anwendungen<br />

Quellen<br />

B&C Industrieholding GmbH<br />

AMAG Austria Metall AG<br />

Lenzing AG<br />

Semperit AG Holding<br />

Berechnung der<br />

Wertschöpfungs-,<br />

Beschäftigungs- und<br />

Steuereffekte<br />

Institut für<br />

Höhere Studien (IHS)<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN ALS<br />

DIVIDENDENZAHLER AN IHRE<br />

EIGENKAPITALGEBER<br />

Ausgeschüttete<br />

Dividenden<br />

2018<br />

ANTEIL ÖSTERR.<br />

INVESTOREN<br />

126,1<br />

MIO EUR<br />

DAVON<br />

ARBEITER:<br />

3.217<br />

DAVON<br />

ANGESTELLTE:<br />

2.232<br />

DAVON<br />

FRAUEN:<br />

766<br />

1) Enthält auch Effekte<br />

durch Investitionen der<br />

B&C Kernbeteiligungen<br />

BRUTTO-WERTSCHÖPFUNG<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN<br />

IN ÖSTERREICH 2018<br />

DIREKT<br />

714,0<br />

MIO EUR<br />

INDIREKT<br />

415,2<br />

MIO EUR<br />

INDUZIERT<br />

342,8<br />

MIO EUR<br />

GESAMT<br />

1.472,0 1)<br />

MIO EUR<br />

INDIREKT UND INDUZIERT<br />

BESCHÄFTIGTE DURCH DIE<br />

GESCHÄFTSTÄTIGKEIT DER<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN IN<br />

ÖSTERREICH 2018<br />

7.936 2)<br />

ANZAHL ÖSTERREICHISCHER<br />

ZULIEFERFIRMEN FÜR B&C<br />

KERNBETEILIGUNGEN<br />

4.099<br />

2) Beschäftigte in<br />

Vollzeitäquivalenten –<br />

Gemäß Berechnung<br />

IHS


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

54<br />

55<br />

STEUERN UND ABGABEN<br />

INVESTITIONEN<br />

1) Direkte, indirekte<br />

und induzierte<br />

Steuern & Abgaben<br />

GENERIERTE ABGABEN / STEUERN<br />

NACH KÖRPERSCHAFTEN<br />

IN ÖSTERREICH 2018 1)<br />

STEUER<br />

GESAMT<br />

571,4<br />

MIO EUR<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN<br />

ALS GROSSINVESTOREN<br />

Investitionen<br />

2016 bis 2018<br />

IN ÖSTERREICH<br />

764,1<br />

MIO EUR<br />

Bewirkte<br />

Abgaben / Steuern<br />

BUND<br />

178,8 MIO EUR<br />

LÄNDER<br />

60,8 MIO EUR<br />

GEMEINDEN<br />

48,6 MIO EUR<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN INVESTIEREN<br />

IN DIE BILDUNG IHRER MITARBEITER<br />

Investitionen in Aus- und<br />

Weiterbildung 2018<br />

IN ÖSTERREICH<br />

7,5<br />

MIO EUR<br />

SOZIALVERSICHERUNG<br />

225,6 MIO EUR<br />

SONSTIGE<br />

57,6 MIO EUR<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN ALS<br />

FORSCHUNGSLOKOMOTIVEN<br />

Investitionen in Forschung<br />

und Entwicklung 2018<br />

IN ÖSTERREICH<br />

63,6<br />

MIO EUR<br />

AUSGABEN FÜR GESUNDHEITS- UND<br />

ALTERSVORSORGE UND SONSTIGE<br />

SOZIALABGABEN IN ÖSTERREICH 2018<br />

GESAMT<br />

78,5<br />

MIO EUR<br />

2) Summe aus<br />

gesetzlicher und<br />

betrieblicher Altersvorsorge<br />

BETRIEBLICHE<br />

GESUNDHEITS-<br />

VORSORGE<br />

0,6<br />

MIO EUR<br />

GESAMT<br />

ALTERS-<br />

VORSORGE<br />

10,2 2)<br />

MIO EUR<br />

GESETZLICHE<br />

SOZIAL-<br />

VERSICHERUNG<br />

67,7<br />

MIO EUR<br />

B&C KERNBETEILIGUNGEN<br />

WERTSCHÖPFUNGSEFFEKT<br />

Indirekte und induzierte<br />

Wertschöpfungseffekte durch<br />

Investitionen von B&C<br />

Kernbeteiligungen in 2018<br />

IN ÖSTERREICH<br />

84,2<br />

MIO EUR<br />

IHS-Berechnungen


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

56<br />

57<br />

GLOBALE PRÄSENZ<br />

B&C<br />

KERNBETEILIGUNGEN<br />

IN ÖSTERREICH<br />

AMAG | LENZING | SEMPERIT<br />

EUROPA<br />

Produktion<br />

14 Standorte<br />

Vertrieb<br />

17 Standorte<br />

(nicht eingezeichnet)<br />

ASIEN<br />

AMAG<br />

HEADQUARTER,<br />

PRODUKTION<br />

Ranshofen<br />

LENZING<br />

HEADQUARTER,<br />

PRODUKTION<br />

Lenzing<br />

SEMPERIT<br />

HEADQUARTER<br />

Wien<br />

Produktion<br />

8 Standorte<br />

Vertrieb<br />

21 Standorte<br />

(nicht eingezeichnet)<br />

AMERIKA/KANADA<br />

Produktion<br />

2 Standorte<br />

SEMPERIT<br />

PRODUKTION,<br />

FORSCHUNG &<br />

ENTWICKLUNG<br />

Wimpassing<br />

LENZING<br />

PRODUKTION<br />

Heiligenkreuz<br />

AMAG<br />

o AUT, Ranshofen<br />

o CAN, Sept-Îles<br />

LENZING<br />

• AUT, Lenzing<br />

• AUT, Heiligenkreuz<br />

• CHN, Nanjing<br />

• CZE, Paskov<br />

• GBR, Grimsby<br />

• IDN, Purwakarta<br />

• USA, Mobile<br />

SEMPERIT<br />

• AUT, Wien<br />

• AUT, Wimpassing<br />

• CHN, Shandong<br />

• CHN, Shanghai<br />

• CZE, Odry<br />

• DEU, Hückelhoven<br />

• DEU, Dalheim<br />

• DEU, Allershausen<br />

• DEU, Deggendorf<br />

• HUN, Sopron<br />

• IND, Roha<br />

• MYS, Kamunting<br />

• MYS, Nilai<br />

• POL, Belchatów<br />

• THA, Hatyai<br />

Vertrieb<br />

13 Standorte<br />

(nicht eingezeichnet)


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

64 65<br />

BUS<br />

WÄRMETAUSCHER<br />

KLIMAANLAGEN<br />

LUFTFAHRT<br />

SEILBAHN<br />

LKW<br />

AMAG<br />

SCHIFF<br />

BAHN<br />

Eine Nachhaltigkeitsstrategie<br />

mit dem<br />

Grundsatz „Wertschöpfung<br />

durch Wertschätzung.“<br />

TELE-<br />

KOMMUNIKATION<br />

PERSONENSCHUTZ<br />

TRANSPORT<br />

AUTOMOBIL<br />

BELEUCHTUNG<br />

GEHÄUSE<br />

FASSADEN<br />

VERBRAUCHER<br />

ELEKTRONIK<br />

ARCHITEKTUR<br />

ZINK-<br />

ELEKTROLYSEN<br />

KATHODEN<br />

VERPACKUNG<br />

VERPACKUNGSFOLIEN<br />

MASCHINEN-<br />

BAU<br />

ERNEUERBARE<br />

ENERGIE<br />

BRÜCKENBAU<br />

FORMENBAU<br />

SPORT<br />

WINDKRAFTANLAGEN<br />

SKI<br />

ANLAGENBAU<br />

WANDER-/SKISTÖCKE<br />

FAHRRAD-/MOTORRAD-<br />

KOMPONENTEN<br />

BERGSPORTARTIKEL


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

66<br />

67<br />

A M A G<br />

PRODUKTE FÜR DIE WELT<br />

AMAG ist ein zuverlässiger und langjähriger Premiumpartner<br />

für namhafte Automobilhersteller und zeichnet sich besonders<br />

durch die hohe und stabile Qualität der Produkte, den persönlichen<br />

Kundenservice und ihre Innovationskraft aus.<br />

ARCHITEKTUR<br />

AUTOMOBIL<br />

Neben den bekannten Struktur- und Außenhautblechen<br />

bietet AMAG Spezialprodukte für erhöhte<br />

Umformbarkeit und hohe Festigkeit sowie Bleche<br />

mit höchster Oberflächenqualität für Zierteile,<br />

beispielsweise am Armaturenbrett und Gusslegierungen<br />

für Fahrwerks- und Strukturteile an.<br />

WÄRMETAUSCHER<br />

Langjähriges Know-how auf dem Gebiet des Walzplattierens<br />

zur Herstellung von mehrschichtigen<br />

Sandwichblechen, eine Investition in eine hochmoderne<br />

breite Plattierstation und innovative<br />

Materialkombinationen zeichnen die AMAG als<br />

Lieferant von Vormaterial zur Verwendung in<br />

Kühlern, Klimageräten und Wärmetauschern in<br />

Fahrzeugen, Gebäuden und Industrieanlagen aus.<br />

VERPACKUNG<br />

AMAG produziert Folienvorwalzband für flexible<br />

Verpackungen, die beispielsweise in Lebensmittelund<br />

Medikamentenverpackungen zum Einsatz<br />

kommen. Damit wird die Haltbarkeit dieser Produkte<br />

durch Schutz vor Sauerstoff und Licht verlängert.<br />

SPORTARTIKEL<br />

AMAGs hochfeste Speziallegierungen, darunter<br />

AMAG Titanal®, bieten einzigartige Eigenschaften,<br />

die ideal den Bedürfnissen der Sportartikelindustrie<br />

entsprechen. Insbesondere die herausragende<br />

Kombination aus höchster Festigkeit und Anodisierbarkeit<br />

überzeugt bei Kettenrädern, Skiern, Wanderund<br />

Skistöcken sowie diversen Bergsportartikeln,<br />

die zuverlässig stärksten Belastungen bei geringem<br />

Gewicht standhalten müssen.<br />

AMAG Glanzmaterialien kommen in Fassaden, zur<br />

Innenraumdekoration sowie in Beleuchtungskörpern<br />

in modernen Gebäuden zum Einsatz und verleihen<br />

diesen eine besondere Ausstrahlung. Innovative und<br />

optisch ansprechende Oberflächen sowie Langlebigkeit<br />

zeichnen diese Produkte aus.<br />

LUFTFAHRT<br />

Die AMAG ist der Spezialist für hochfeste Aluminiumbleche<br />

und -platten und qualifizierter Lieferant<br />

für die großen Flugzeughersteller. Durch die<br />

Investition in eine Kontursäge können nun auch<br />

endformnahe Teile aus Aluminiumplatten hergestellt<br />

werden. Dadurch wird weniger Material zum Kunden<br />

transportiert und die sogenannte „Buy to fly“-Ratio<br />

verbessert. Die anfallenden Produktionsabfälle werden<br />

darüber hinaus in der eigenen Gießerei direkt wieder<br />

in hochwertiges Vormaterial verarbeitet.<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

Die AMAG ist mit 20 % an Alouette (CAN), der<br />

größten Elektrolyse in Nordamerika, beteiligt. Die<br />

Herstellung von Primäraluminium erfolgt nachhaltig<br />

mit Strom aus 100 % Wasserkraft und damit mit<br />

einer hervorragenden Bilanz bezüglich Energieverbrauch<br />

und CO 2<br />

-Emissionen. Die AMAG in<br />

Ranshofen liegt darüber hinaus mit einer Schrotteinsatzrate<br />

von 75 bis 80 % bei Recycling an der<br />

Weltspitze. Dabei werden wertvolle Ressourcen und<br />

Energie eingespart: Recycling benötigt nur 5 bis<br />

10 % der Energie im Vergleich zur Produktion von<br />

Aluminium aus Tonerde. AMAG wurde 2018 als<br />

erstes integriertes Werk mit Recycling, Gießerei und<br />

Walzwerk nach dem Performance-Standard der Aluminium<br />

Stewardship Initiative (ASI) zertifiziert.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

68<br />

69<br />

AMAG<br />

M OD E R N S T E S<br />

A L U M I U M W E R K E U R OPA S<br />

P U N K T E T<br />

BEI DER UMWELT<br />

HELMUT KAUFMANN<br />

TECHNIKVORSTAND AMAG<br />

studierte an der Montanuniversität<br />

Leoben und promovierte dort nach<br />

einem Gastaufenthalt am Massachusetts<br />

Institute of Technology in den USA<br />

zum Dr. mont.<br />

Er startete seine Berufslaufbahn bei der<br />

AMAG, war dann Manager bei UBE<br />

Europe in Düsseldorf und Geschäftsführer<br />

des ARC Leichtmetallkompetenzzentrums<br />

Ranshofen. 2007 wurde er<br />

zum Technikvorstand der AMAG<br />

(Austria Metall AG) bestellt.<br />

Herr Kaufmann, der Hochlauf des neuen Kaltwalzwerkes<br />

ist in vollem Gange. Welchen Beitrag leisten<br />

die getätigten Investitionen langfristig für den<br />

Wirtschaftsstandort Österreich und die Region?<br />

Wir haben in den letzten 10 Jahren in der AMAG-Gruppe<br />

rund 1 Milliarde Euro in die Entwicklung des Unternehmens<br />

investiert, etwa 80 % davon in Ranshofen. Alleine<br />

für unseren Werksausbau haben wir 535 Millionen Euro<br />

in die Hand genommen, um Ranshofen zum modernsten<br />

Aluminiumwalzwerk in Europa zu machen.<br />

Zusammen mit unseren laufenden Ausgaben für Waren<br />

und Dienstleistungen haben wir im Zeitraum 2012 bis<br />

2018 Bestellungen im Wert von 620 Millionen Euro bei<br />

oberösterreichischen Unternehmen getätigt und damit<br />

einen kräftigen Wirtschaftsimpuls gegeben. Auch an den<br />

Arbeitsmarkt haben wir mit rund 480 neuen Jobs in 6<br />

Jahren ein kräftiges Signal gesandt, welches noch in den<br />

nächsten Jahren nachhallen wird, da wir laufend neue<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen.<br />

Welche Kundensegmente profitieren besonders von<br />

den neuen Kapazitäten?<br />

Wir waren hinsichtlich Produkten und Kundenlandschaft<br />

schon immer breit aufgestellt. Und unsere Investitionspläne<br />

sollten daran nichts ändern. Mit dem Werksausbau und<br />

den modernen Anlagen haben wir viel Neues zu bieten.<br />

Unsere Abnehmer profitieren künftig sowohl von neuen<br />

Werkstoffen als auch von größeren Breiten und Dicken<br />

unserer Walzprodukte. Damit sind wir ein gern gesehener<br />

Wachstums- und Entwicklungspartner unserer Kunden aus<br />

den Bereichen Automobil, Luftfahrt, Nutzfahrzeuge, Verpackung,<br />

Maschinenbau, Bau und Architektur, Elektronik<br />

und Sportartikel. Mit dem neuen Werk haben wir nun auch<br />

zwei unabhängige Produktionslinien und damit ein hohes<br />

Maß an Zuverlässigkeit. Darüber hinaus macht uns unsere<br />

ausgeprägte Stärke im Recycling von Aluminium zukunftssicher.<br />

Stichwort Automobil: Welchen Beitrag leistet<br />

AMAG, um die CO 2 -Emissionen im Transportsektor<br />

zu senken?<br />

Durch den steigenden Einsatz von Aluminium in Fahrzeugen<br />

wird Gewicht eingespart. Weniger Gewicht bedeutet<br />

weniger Treibstoffverbrauch und somit CO 2 -Ausstoß im<br />

Betrieb des Fahrzeuges. Hochfeste Aluminiumwerkstoffe<br />

der AMAG sorgen mit geringem Gewicht täglich für Sicherheit<br />

und Zuverlässigkeit in Fahrzeugen aller Art.<br />

Am Ende der Lebensdauer, wenn die eingesetzten Materialien<br />

idealerweise vollständig wieder in den Produktionskreislauf<br />

zurückkehren, spielt die AMAG eine weitere<br />

Stärke aus.<br />

Richtig behandelt, behält Aluminium nämlich beim<br />

Recycling seine hervorragenden Eigenschaften, unabhängig<br />

davon wie oft dieser Vorgang wiederholt wird. Wir haben<br />

im letzten Jahr rund 360.000 Tonnen Aluminiumschrott<br />

verarbeitet und sind damit in Europa der größte Aluminiumrecycler<br />

an einem Standort. Rund 75 % unseres<br />

Einsatzmaterials ist Sekundäraluminium, womit wir an<br />

der Weltspitze liegen.<br />

Auch unsere Elektrolyse Alouette in Kanada kann mit besonderen<br />

Umweltvorteilen punkten. Dort wird mit Strom<br />

aus Wasserkraft Primäraluminium mit im Branchenvergleich<br />

sehr geringen CO 2 -Emissionen produziert.<br />

Als Gründungsmitglied der Aluminium Stewardship Initiative<br />

(ASI) haben wir uns im Vorjahr besonders über die<br />

Zertifizierung nach diesem Standard als erstes integriertes<br />

Unternehmen weltweit gefreut. Damit wurden unsere<br />

Leistungen im Bereich der nachhaltigen Produktion von<br />

Aluminium gewürdigt.<br />

Aluminium ist das dritthäufigste Element und häufigste<br />

Metall auf unserer Erde. Was macht für Sie die<br />

Faszination dieses Werkstoffes aus?<br />

Das faszinierende am Werkstoff Aluminium sind die<br />

hervorragenden Eigenschaften sowie die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.<br />

Aluminium vollbringt täglich Spitzenleistungen<br />

in Flugzeugen, Autos, Nutzfahrzeugen, in<br />

Verpackungen, in Gebäuden, ob als Fassadenwerkstoff oder<br />

in Kühl- und Klimageräten, in Maschinen und Anlagen,<br />

in Verpackungen von Lebensmitteln oder Medikamenten,<br />

in Skiern und Fahrrädern. Hierbei erfüllt der Werkstoff<br />

unterschiedlichste, teilweise widersprüchliche, Anforderungen.<br />

Daraus ergeben sich spannende Aufgabenstellungen<br />

für Technikerinnen und Techniker, die bei uns ein höchst<br />

abwechslungsreiches Arbeitsumfeld in einem global tätigen<br />

Unternehmen vorfinden.<br />

Wir Konsumenten sind also täglich in Berührung<br />

mit Aluminium. Welche Anwendungen sind besonders<br />

herausfordernd aus Sicht des Werkstofftechnologen?<br />

Ein typisches Beispiel dafür sind die Forderungen nach<br />

höchster Festigkeit bei gleichzeitig guter Umformbarkeit<br />

sowie perfekter Oberfläche aus der Automobil- und<br />

Luftfahrtindustrie. Als Beispiel möchte ich hier eine<br />

Anwendung aus der Luftfahrt nennen. Hier konnten wir<br />

als einziger Produzent weltweit eine Kombination aus einer<br />

hochglänzenden und einer hochfesten Aluminiumlegierung<br />

in Form eines Sandwich-Bleches herstellen.<br />

Die daraus gefertigten Flügelvorderkanten für Business Jets<br />

sorgen mit ihrer spiegelnden Oberfläche für eine Reduktion<br />

der Turbulenzen und damit für verringerten Treibstoffverbrauch.<br />

Es geht dabei um Materialentwicklung und<br />

ein umfassendes Verständnis der Produktion. Hier sind wir<br />

mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hervorragend<br />

aufgestellt.<br />

Modernste Produktionsanlagen, Simulationswerkzeuge und<br />

die Zusammenarbeit mit Top-Forschungseinrichtungen<br />

schaffen die Basis dafür.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

70<br />

71<br />

AMAG<br />

HIGHLIGHTS 2018<br />

UMSATZ<br />

1.101,6<br />

MIO EUR<br />

EBITDA<br />

141,0<br />

MIO EUR<br />

Kennzahlen<br />

2018<br />

UMSATZ NACH<br />

SEGMENTEN<br />

70 % SEGMENT WALZEN<br />

20 % SEGMENT METALL<br />

9,5 % SEGMENT GIESSEN<br />

0,5 % SEGMENT SERVICE<br />

1 Milliarde Euro<br />

Investitionen in den<br />

letzten 10 Jahren<br />

Das modernste<br />

Aluminiumwerk<br />

Europas<br />

BESCHÄFTIGTE<br />

PER ULTIMO<br />

2.076<br />

Neuer Umsatzrekord<br />

mit über 1,1 Mrd. EUR<br />

in 2018<br />

Wachstumsstrategie mit<br />

Fokus auf Spezialprodukte<br />

erfolgreich fortgesetzt<br />

ÖSTERREICH<br />

1.849<br />

52,7 %<br />

Anteil der B&C<br />

Industrieholding am<br />

Grundkapital der AMAG.<br />

F&E<br />

15,1<br />

MIO EUR<br />

EBITDA-MARGE<br />

12,8 %<br />

EK-QUOTE<br />

39,8 %<br />

STANDORTE<br />

9,5<br />

20<br />

24<br />

12<br />

6<br />

15<br />

43<br />

FRAUENANTEIL:<br />

KONZERN<br />

10,3 %<br />

ÖSTERREICH<br />

9,6 %<br />

KURSENTWICKLUNG DER AMAG AKTIE<br />

01/2016-03/2019 (IN EURO)<br />

61<br />

LEHRLINGE<br />

INVESTITIONEN<br />

GESAMT<br />

72,6<br />

MIO EUR<br />

ANZAHL GEHALTENE<br />

PATENTE<br />

20<br />

PRODUKTIONS-<br />

GESELLSCHAFTEN:<br />

Ranshofen/Österreich,<br />

Sept-Îles/Kanada<br />

70<br />

57<br />

52<br />

VERTRIEBSTÖCHTER<br />

UND HANDELS-<br />

VERTRETUNGEN:<br />

Niederlande,<br />

Großbritannien, Italien,<br />

Deutschland, Türkei, Polen,<br />

Frankreich, Tschechien,<br />

Schweden, Spanien,<br />

Bulgarien, Schweiz, Israel,<br />

Taiwan, Südkorea, Indien, Japan,<br />

China, USA,<br />

Mexiko, Brasilien<br />

UMSATZ NACH<br />

REGIONEN<br />

43 % WESTEUROPA<br />

(OHNE ÖSTERREICH)<br />

15 % ÖSTERREICH<br />

12 % ÜBRIGES EUROPA<br />

24 % NORDAMERIKA<br />

6 % ASIEN, OZEANIEN,<br />

SONSTIGE<br />

47<br />

42<br />

37<br />

32<br />

27<br />

01/2016 01/2017 01/2018 03/2019<br />

www.amag-al4u.com


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

72 73<br />

SCHUHE<br />

HEMDEN<br />

BLUSEN<br />

UNTERWÄSCHE<br />

LENZING<br />

Der Schlüssel zu<br />

außergewöhnlicher<br />

Innovationskraft ist<br />

das stetige Streben<br />

nach dem Besseren.<br />

DENIMJEANS<br />

SPORTBEKLEIDUNG<br />

KLEIDER<br />

SCHÖNHEITSARTIKEL<br />

SCHUTZBEKLEIDUNG<br />

TECHNISCHE<br />

TEXTILIEN<br />

HYGIENE UND<br />

MEDIZINISCHE<br />

PRODUKTE<br />

VERPACKUNGEN<br />

BABYWINDELN<br />

BETTWÄSCHE<br />

HEIMTEXTILIEN


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

74<br />

75<br />

L E N Z I N G<br />

P R OD U K T E F Ü R<br />

DIE WELT<br />

TENCEL TM DENIM<br />

TENCEL TM Denim Cellulosefasern botanischen<br />

Ursprungs sind auf einen nachhaltigen<br />

Lebensstil zugeschnitten, verleihen persönlichen<br />

Ausdruck und Bewegung aufgrund ihres<br />

natürlichen Komforts, Geschmeidigkeit und<br />

Vielseitigkeit. TENCEL TM Lyocellfasern werden<br />

in Jeans-Stoffen entweder zu 100 Prozent<br />

oder als Mischungspartner meist mit Baumwolle<br />

eingesetzt.<br />

VEOCEL TM BEAUTY<br />

Cellulosefasern der Marke VEOCEL TM sind<br />

botanischen Ursprungs und vereinen einzigartige<br />

Performance, Komfort und Nachhaltigkeit in<br />

Kosmetikprodukten. VEOCEL TM Cellulosefasern<br />

sind kompostierbar und biologisch abbaubar und<br />

können somit vollständig in die Natur zurückkehren.<br />

Mit VEOCEL TM Beauty Fasern behält<br />

das Tuch der Gesichtsmaske auch mit flüssigen<br />

Kosmetika und Pflegelotionen stets seine Form.<br />

LENZING TM ECOVERO TM<br />

LENZING TM ECOVERO TM Fasern wurden mit<br />

dem EU-Ecolabel ausgezeichnet, einem Umweltzeichen,<br />

das an Produkte und Dienstleistungen<br />

vergeben wird, die während ihres gesamten<br />

Lebenszyklus hohe Umweltstandards erfüllen:<br />

von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung,<br />

dem Vertrieb und die Entsorgung. LENZING TM<br />

ECOVERO TM Fasern können im Endprodukt<br />

zweifelsfrei identifiziert werden.<br />

LENZING TM FOR PACKAGING<br />

LENZING TM for packaging Cellulosefasern<br />

sind biologisch abbaubare Fasern, die nachhaltig<br />

produziert werden und vollständig kompostierbar<br />

sind. Diese Faserart eignet sich für eine Vielzahl<br />

von Verpackungsanwendungen wie zum Beispiel<br />

Teebeutel oder Einweg- und Mehrwegnetze zur<br />

Verpackung von Obst und Gemüse.<br />

TENCEL TM HOME<br />

Cellulosefasern der Marke TENCEL TM für den<br />

Einsatz im Segment Home bieten langanhaltenden<br />

natürlichen Komfort und ein angenehmes<br />

Wohngefühl. TENCEL TM Lyocell- und Modalfasern<br />

sind mit einem ungewöhnlich weichen Gefühl<br />

natürlich sanft auf der Haut und verbessern<br />

die Schlaf- und Wohnqualität.<br />

LENZING TM FOR PROTECTIVE WEAR<br />

Fasern der Marke LENZING TM sind nachhaltig<br />

hergestellte, schwerentflammbare Fasern, die auf<br />

dem bekannten Modal-Faserherstellungsverfahren<br />

basieren. LENZING TM FR Fasern werden üblicherweise<br />

mit anderen Hochleistungsfasern gemischt,<br />

um einzigartige Schutzlösungen für eine<br />

Vielzahl industrieller Anwendungen herzustellen,<br />

beispielsweise zur Ausstattung von Feuerwehrleuten.<br />

LENZING TM FR Fasern verleihen diesen<br />

Stoffmischungen sowohl Schutzqualitäten als<br />

auch erhöhten Komfort.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

76<br />

77<br />

LENZING<br />

FA S E R N F Ü R ( FA S T )<br />

ALLES IM LEBEN<br />

Viele Österreicher kommen mit Fasern von Lenzing jeden Tag in Berührung<br />

ohne es zu wissen. Sie tragen Kleidung, schlafen in Bettwäsche aus diesen<br />

Fasern oder verwenden sie in Kosmetik- und Hygieneprodukten. Sie können<br />

das mit gutem Gewissen tun, weil diese Fasern aus Holz sind und sich nicht<br />

nur gut anfühlen, sondern auch die Umwelt schützen. Sie sind biologisch<br />

abbaubar und werden nach Verwendung wieder Teil des natürlichen<br />

Kreislaufes ohne schädliche Rückstände zu hinterlassen.<br />

ROBERT VAN DE KERKHOF<br />

VORSTANDSMITGLIED<br />

LENZING AG<br />

war 25 Jahre im Fasergeschäft<br />

bei DuPont und Koch Industries<br />

tätig.<br />

Seit 2014 ist er Mitglied des<br />

Vorstandes der Lenzing AG und<br />

ist dort für den Bereich Marketing<br />

und Vertrieb verantwortlich.<br />

Was sehen Sie als wesentliche Meilensteine<br />

im vergangenen Jahr, gerade im<br />

Hinblick auf die langfristige Entwicklung<br />

von Lenzing?<br />

2018 war für die Lenzing-Gruppe ein besonderes<br />

Jahr. Wir haben unsere führende Rolle bei<br />

Nachhaltigkeit ausgebaut, was sich am Markt<br />

konkret durch den Launch der neuen Markenarchitektur<br />

zeigt: Unsere Fasern der Marke<br />

TENCEL werden von den Modemarken in<br />

ihren Kollektionen weltweit eingesetzt, um unter<br />

Beweis zu stellen, dass sie ihre Verantwortung<br />

zum Schutz der Umwelt ernst nehmen. Ein weiterer<br />

Meilenstein ist für mich das Joint Venture<br />

mit Duratex, dem brasilianischen Marktführer<br />

für Holzpaneele. Mit diesem Partner prüfen wir<br />

derzeit den Bau der weltweit größten single-line<br />

Produktionslinie für Zellstoff zur Sicherstellung<br />

der Versorgung mit hochwertigem und nachhaltigem<br />

Faserzellstoff.<br />

Lenzing positioniert sich bewusst als<br />

Innovationsführer unter den Herstellern<br />

botanischer Fasern. Was sind hier<br />

aktuelle Maßnahmen im Sinne dieses<br />

strategischen Ansatzes?<br />

Die Lenzing-Gruppe wird in der globalen<br />

Faserbranche als ein Innovationsführer sowohl<br />

bei Produkten als auch bei Prozesstechnologien<br />

gesehen. Ein Beispiel dafür ist unsere neue Web-<br />

Technologie, welche eine wichtige Lösung für<br />

das Problem der Plastikverschmutzung in den<br />

Gewässern ist.<br />

Das Neue daran ist, dass wir aus dem Zellstoff<br />

direkt ein fertiges Vlies produzieren und die<br />

Produktionsschritte dazwischen entfallen.<br />

Unsere Kunden können dieses Vlies für Produkte<br />

wie Gesichtsmasken und Hygienetücher<br />

verwenden, die nach Gebrauch durch ihre<br />

vollständige biologische Abbaubarkeit verantwortungsvoll<br />

entsorgt werden können.<br />

Kerngeschäft von Lenzing ist die nachhaltige<br />

Produktion botanischer Fasern. Wie<br />

wird dies konkret umgesetzt, welchen<br />

Beitrag leisten Produkte von Lenzing zu<br />

einer lebenswerten Welt von morgen?<br />

Unsere holzbasierten Fasern und unsere Prozesse<br />

haben zahlreiche Zertifizierungen erhalten,<br />

z.B. die FSC® Chain of Custody Zertifizierung<br />

und den Ecovadis Gold Status. Sie schneiden<br />

auch in den Rankings der Sustainable Apparel<br />

Coalition und der kanadischen NGO Canopy<br />

sehr gut ab. Das ist die Basis dafür, in der<br />

Textilbranche und den Hygiene- und Kosmetikbranchen<br />

nachhaltigere Produkte zu verankern.<br />

Wie sieht Lenzing die Entwicklung des<br />

weltweiten Fasermarkts, gerade im Hinblick<br />

auf holzbasierte Cellulosefasern?<br />

Der Wunsch der Konsumenten nach komfortablen,<br />

nachhaltigen und gut aussehenden Textilien<br />

ist der Wachstumstreiber für holzbasierte<br />

Fasern. Funktionalitäten wie ein weicher Griff,<br />

gutes Feuchtigkeitsmanagement und biologische<br />

Abbaubarkeit sind zudem auch in der<br />

Hygiene- und Kosmetikbranche stark gefragt.<br />

Das führt dazu, dass der Markt für holzbasierte<br />

Fasern weiterhin stärker wachsen wird als der<br />

Fasermarkt insgesamt und als das BIP in den<br />

Industrieländern.<br />

Was sind typische – und auch überraschende<br />

– Einsatzbereiche der Produkte<br />

der Lenzing? Welchen konkreten Nutzen<br />

bzw. Wert haben die Produkte von Lenzing<br />

für ihre Anwender, wie tragen sie zu<br />

ihrer Lebensqualität bei?<br />

Unsere holzbasierten Fasern sind in den<br />

unterschiedlichen Anwendungen hoch funktional,<br />

emotional und ästhetisch. Sie werden in<br />

Textilien, Hygiene- und Kosmetikprodukten, für<br />

Verpackungen und in zahlreichen anderen Produkten<br />

eingesetzt. So gut wie jeder Österreicher<br />

kommt täglich mit Fasern der Lenzing-Gruppe<br />

in Berührung, weiß es aber nicht, weil unsere<br />

Marken als „ingredient brands“ meist nicht<br />

sichtbar sind. Ich bin immer wieder fasziniert<br />

davon, dass unsere nachhaltigen Fasern für so<br />

viele anspruchsvolle aber dabei einfache Produkte<br />

verwendet werden, die viele unserer täglichen<br />

Ansprüche abdecken. Wenn ich zum Beispiel<br />

meine Hemden aus TENCEL Fasern zu Reisen<br />

auf die andere Seite der Welt mitnehme und sie<br />

dort über Nacht auf den Kleiderhaken hänge,<br />

sind sie – ohne dass sie gebügelt worden sind –<br />

am nächsten Tag perfekt zu tragen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

78<br />

79<br />

UMSATZ<br />

2.176,0<br />

MIO EUR<br />

EBITDA<br />

382,0<br />

MIO EUR<br />

EBITDA-MARGE<br />

17,6 %<br />

LENZING<br />

Kennzahlen<br />

2018<br />

HIGHLIGHTS 2018<br />

Feier des 80-Jahr-<br />

Jubiläums von Lenzing<br />

Eröffnung eines neuen<br />

Center of Excellence<br />

in Indonesien<br />

Übernahme des verbleibenden<br />

30-Prozent-Anteils am<br />

chinesischen Joint Venture<br />

Lenzing (Nanjing) Fibers<br />

Globale Präsentation des<br />

neuen Markenauftritts der<br />

Lenzing Gruppe<br />

50,0 % +<br />

2 AKTIEN<br />

Anteil der B&C<br />

Industrieholding am<br />

Grundkapital der Lenzing AG.<br />

EK-QUOTE<br />

59,0 %<br />

STANDORTE<br />

UMSATZ NACH<br />

GESCHÄFTS-<br />

BEREICHEN<br />

45,5 % SPEZIALFASERN<br />

39,7 % STANDARDFASERN<br />

14,8 % SONSTIGE<br />

GESCHÄFTSFELDER<br />

BESCHÄFTIGTE<br />

PER ULTIMO<br />

6.839<br />

ÖSTERREICH<br />

3.387<br />

F&E<br />

42,8<br />

MIO EUR<br />

PRODUKTION VON<br />

LYOCELLFASERN:<br />

Lenzing und<br />

Heiligenkreuz/Österreich,<br />

Mobile, Alabama/USA,<br />

Grimsby/Großbritannien<br />

PRODUKTION VON<br />

VISCOSEFASERN:<br />

Lenzing/Österreich,<br />

Nanjing/China,<br />

Purwakarta/Indonesien<br />

14,8<br />

26,4<br />

38,0<br />

45,5<br />

FRAUENANTEIL:<br />

KONZERN<br />

12,4 %<br />

ÖSTERREICH<br />

14,6 %<br />

158<br />

LEHRLINGE<br />

INVESTITIONEN<br />

GESAMT<br />

257,6<br />

MIO EUR<br />

ANZAHL GEHALTENE<br />

PATENTE<br />

1324<br />

PRODUKTION VON<br />

MODALFASERN:<br />

Lenzing/Österreich<br />

PRODUKTION<br />

VON ZELLSTOFF:<br />

Lenzing/Österreich,<br />

Paskov/Tschechien<br />

39,7<br />

35,6<br />

183<br />

163<br />

143<br />

KURSENTWICKLUNG DER LENZING AKTIE<br />

01/2016-03/2019 (IN EURO)<br />

VERTRIEBS- UND<br />

MARKETINGBÜROS:<br />

New York/USA,<br />

Coimbatore/Indien,<br />

Shanghai und Hongkong/China,<br />

Jakarta/Indonesien,<br />

Seoul/Korea,<br />

Singapur,<br />

Istanbul/Türkei<br />

FASERUMSATZ IN<br />

KERNMÄRKTEN<br />

38,0 % NORDASIEN<br />

35,6 % ASIEN, AFRIKA,<br />

NAHER OSTEN<br />

26,4 % EUROPA, AMERIKA<br />

123<br />

103<br />

83<br />

63<br />

43<br />

01/2016 01/2017 01/2018 03/2019<br />

laut IFRS-Konzernabschluss<br />

www.lenzing.com


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

80 81<br />

SEMPERIT<br />

Der Firmenname ist<br />

das unternehmerische<br />

Credo: semper it –<br />

es gibt immer eine<br />

Lösung.<br />

HYDRAULIKSCHLAUCH<br />

HANDLAUF<br />

HANDSCHUHE<br />

GUMMIFOLIEN<br />

TRANSPORT<br />

ELASTOMER-<br />

PLATTEN<br />

FÖRDERGURTE<br />

ROHRBAU<br />

SEILBAHNTECHNIK<br />

HAUSHALT<br />

HEIZUNG &<br />

SANITÄR<br />

DICHTUNGSPROFILE<br />

INDUSTRIESCHLAUCH


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

82<br />

83<br />

S E M P E R I T<br />

PRODUKTE FÜR DIE WELT<br />

Handläufe von Semperit sind<br />

auf der ganzen Welt rund um<br />

die Uhr im Einsatz: Exportiert<br />

wird in mehr als 80 Staaten.<br />

HANDSCHUHE<br />

SEILBAHNTECHNIK<br />

FÖRDERGURTE<br />

Semperit entwickelt,<br />

produziert und vertreibt<br />

qualitativ hochwertige<br />

Hydraulik- und<br />

Industrieschläuche für<br />

vielfältige<br />

Anwendungen<br />

Sempermed Handschuhe schützen Gesundheitspersonal<br />

und Industrieanwender nicht nur vor<br />

Viren, Bakterien und anderen Krankheitserregern,<br />

sondern bieten auch hautfreundliche Lösungen für<br />

Handschuhträger mit Allergien.<br />

Semperit ist Entwicklungs- und Produktionspartner<br />

der führenden Hersteller seilgezogener Transportsysteme.<br />

Die Einlageringe sind sehr belastbar und haben<br />

hervorragende Dämpfungseigenschaften. Der Fahrgast<br />

profitiert von einem nachweislich hohen Sicherheitsstandard<br />

und ausgezeichnetem Komfort.<br />

Sie garantieren einen effizienten und zuverlässigen<br />

Materialtransport im Bergbau, in der Stahl- und<br />

Zementindustrie oder bei Hafenanlagen. Der<br />

sichere und hocheffiziente Förderbetrieb funktioniert<br />

auch unter extremen Bedingungen und<br />

ist umweltfreundlicher und weniger wartungsintensiv<br />

als etwa der LKW-Transport.<br />

HYDRAULIK- UND INDUSTRIESCHLÄUCHE<br />

ELASTOMERPLATTEN<br />

HANDLAUF<br />

DICHTUNGSPROFILE<br />

leisten wertvolle Beiträge zur technischen Infrastruktur<br />

weltweit und sind perfekt auf die hohen<br />

internationalen Anforderungen abgestimmt. Zu<br />

den vielfältigen Einsatzgebieten gehören Bauwesen,<br />

Landwirtschaft, Materialhandhabung, Bergbau,<br />

Hochdruckreinigung, chemische Industrie, Lebensmittelindustrie<br />

oder Recycling.<br />

werden hauptsächlich beim Dichten und Dämpfen<br />

eingesetzt, etwa bei Pumpen und Leitungen im Sanitärbereich.<br />

Im Anlagenbau sorgen Elastomerplatten für<br />

Beständigkeit gegen aggressive Materialien. Semperit<br />

Elastomerplatten punkten mit hoher Qualitätskonstanz,<br />

die Verarbeiter profitieren von Flexibilität und<br />

Schnelligkeit.<br />

Diese Sicherheitsbauteile dienen Passagieren zum<br />

Festhalten auf Fahrtreppen und Fahrsteigen und finden<br />

Einsatz im öffentlichen Verkehr oder Gebäudemanagement.<br />

Handläufe von Semperit sind beliebt wegen<br />

ihrer hohen Verlässlichkeit und dem ausgezeichneten<br />

Servicelevel.<br />

Als Innovationsführer bei Kautschukdichtungen<br />

für Fenster, Türen und Tore leistet Semperit einen<br />

wesentlichen Beitrag im Bereich des energieeffizienten<br />

Bauens. Zertifizierte Dichtungen eignen sich zur Verwendung<br />

in Trinkwasser (frei von poly-aromatischen<br />

Kohlewasserstoffen) und in Brandschutzanlagen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

84<br />

85<br />

SEMPERIT<br />

T R A N S F OR M AT I ON<br />

U N T E R E R H A LT<br />

T R A D I T I ON E L L E R W E RT E<br />

Semperit erlebt derzeit einen umfassenden Transformationsprozess.<br />

Was waren hier im vergangenen Jahr<br />

die zentralen Maßnahmen?<br />

Füllenbach: 2018 war ein schwieriges, forderndes, aber auch<br />

ganz entscheidendes Jahr für die Semperit-Gruppe: Dank<br />

unserer intensiven Restrukturierungsbemühungen ist es uns<br />

im Hinblick auf die operativen Ergebnisse gelungen, die Talsohle<br />

zu durchschreiten. Wir haben mehr als 30 Projekte mit<br />

den Themenschwerpunkten Wachstum, Operative Exzellenz,<br />

Profitabilität sowie Steuerung & Prozesse aufgesetzt. Diese<br />

übersetzen sich in über 700 Transformationsmaßnahmen und<br />

werden in Summe dazu beitragen, Semperit zukunftsträchtiger<br />

und wettbewerbsfähiger aufzustellen.<br />

Die wesentlichsten Schritte bisher waren die Komplexitätsreduktion<br />

im Industriesektor durch die Schließung bzw. den<br />

Verkauf von Produktionsstandorten sowie Transformationsmaßnahmen<br />

in den Schwerpunktbereichen Vertrieb und Procurement.<br />

Wir arbeiten parallel an den unterschiedlichsten<br />

Fronten, unser Restrukturierungskurs ist hart und intensiv.<br />

Daher gilt mein ausdrücklicher Dank allen Kollegen, die uns<br />

auf diesem Weg begleiten und kontinuierlich Ihren so wichtigen<br />

Beitrag leisten.<br />

Was ist aus Ihrer Sicht entscheidend, damit der<br />

Turnaround geschafft wird?<br />

Füllenbach: Entscheidend ist, unseren Restrukturierungsund<br />

Transformationsprozess weiterhin mit aller Konsequenz<br />

voranzutreiben. Mit einem deutlichen Profitabilitätsanstieg<br />

sind wir bereits 2018 ein großes Stück vorangekommen,<br />

3 unserer 4 Segmente haben auf Gesamtjahressicht positive<br />

Erträge erzielt. Wir sehen im Sektor Industrie zahlreiche<br />

ermutigende Signale und sind auf einem guten Weg. Hier<br />

konnten wir bereits unter Beweis stellen, dass unsere Maßnahmen<br />

greifen und wir die Restrukturierung beherrschen.<br />

Wermutstropfen bleibt die negative Entwicklung im Sektor<br />

Medizin, wo wir mit höchster Konzentration am dringend<br />

erforderlichen Turnaround arbeiten.<br />

Fremerey: Vor dem Hintergrund der besonderen Problemkomplexität<br />

im Sektor Medizin haben meine Vorstandskollegen<br />

das Transformationsprojekt von Beginn an bewusst und<br />

mit Bedacht auf eine Gesamtdauer von 36 Monaten angelegt.<br />

Die strukturellen Herausforderungen bei den Betriebsprozessen<br />

(Operations), in der IT sowie beim Portfolio- und<br />

Marktansatz erfordern diese Zeitspanne.<br />

Was mich aber seit Übernahme der Verantwortung für die<br />

Sempermed vor einigen Monaten zuversichtlich stimmt, sind<br />

unsere positiven und teils langjährigen Kundenbeziehungen<br />

sowie der unermüdliche Einsatz unserer Mitarbeiter für eine<br />

Verbesserung der Situation. Wir sind gemeinsam überzeugt,<br />

möglichst rasch an die erfolgreiche Entwicklung der Industriesegmente<br />

anzuschließen.<br />

Es ist geplant, dass die Transformation 2020 abgeschlossen<br />

wird. Wie sehr wird sich Semperit bis dahin<br />

verändert haben? Werden sich die Absatzmärkte<br />

deutlich verändern?<br />

Füllenbach: Es wird ein in wesentlichen Bereichen sichtlich<br />

verändertes Semperit sein. Ab Anfang 2021 wollen wir eine<br />

EBITDA-Marge von rund 10 % erreichen. Dafür müssen wir<br />

uns auch strukturell entsprechend aufstellen und wettbewerbsfähiger<br />

werden, näher am Kunden agieren. Wir werden<br />

unseren strategischen Fokus unter anderem auf neue Märkte,<br />

Regionen und Kundensegmente richten.<br />

Semperit ist ein Unternehmen mit einer bald<br />

200-jährigen Geschichte. Wie kann es gelingen,<br />

in solch einem Unternehmen Strukturen neu zu<br />

definieren und gleichzeitig die Werte, die das Unternehmen<br />

ausmachen, zu erhalten?<br />

Füllenbach: Wir setzen auf dem auf, was vorhanden, gut<br />

und wertvoll ist und adaptieren es für heutige und künftige<br />

Anforderungen. Die Semperit-Transformation dreht sich<br />

vorrangig um Modernisierung, Prozessoptimierung, Commitment<br />

to Excellence, Kulturwandel. Ich möchte, dass die<br />

Zusammenarbeit in diesem Unternehmen durchgängig von<br />

Werten geprägt wird, die ich für unverzichtbar halte: Respekt,<br />

Integrität, Loyalität und Professionalität.<br />

Fremerey: Es ist schon eine besondere Aufgabe, ein Unternehmen<br />

mit einer so langen Historie zukunftsfit aufzustellen.<br />

Wir achten darauf, dass sich Tradition und Moderne bei der<br />

Neuausrichtung ergänzen.<br />

Was sind typische – und auch unerwartete – Einsatzbereiche<br />

der Produkte von Semperit? Welchen<br />

konkreten Nutzen bzw. Wert haben die Produkte von<br />

Semperit für ihre Anwender, wie tragen sie zu ihrer<br />

Lebensqualität bei?<br />

Füllenbach: Unser Produktsortiment ist komplex, entsprechend<br />

divers sind seine Einsatzbereiche. Formteile dichten<br />

MARTIN FÜLLENBACH, CEO (L.)<br />

studierte Wirtschafts- und Organisationswissenschaften<br />

in München und<br />

promovierte im Bereich Finanzwissenschaften<br />

an der Universität Nürnberg.<br />

Seit juni 2017 ist er Vorsitzender des<br />

Vorstandes (CEO) der Semperit AG<br />

Holding.<br />

FELIX FREMEREY<br />

VORSTANDSMITGLIED (R.)<br />

studierte Wirtschaftsingenieurwesen an<br />

der Technischen Universität Karlsruhe<br />

und promovierte im Bereich Maschinenbau<br />

an der Technischen Universität<br />

Stuttgart. Seit September 2018 ist er<br />

Vorstandsmitglied der Semperit AG<br />

Holding.<br />

etwa Fenster, Türen oder Waschmaschinen ab; der Fördergurt<br />

dient dem Materialtransport und stellt somit eine umweltschonende<br />

Alternative zum Straßen-LKW dar. Unsere<br />

Schläuche finden unter anderem in der Hochdruckreinigung<br />

Anwendung. Ein wichtiges Merkmal vieler unserer Produkte<br />

bzw. Komponenten ist ihre Unverzichtbarkeit: Ohne Semperit<br />

würden Produkte anderer Anbieter nicht funktionieren. Viele<br />

Menschen wären überrascht, wie häufig sie im Tagesverlauf<br />

mit Semperit in Berührung kommen – vom Fahrtreppen-Handlauf<br />

bei der U-Bahnfahrt über die Skifolie bei Wintersport<br />

bis zum Untersuchungshandschuh in der Arztpraxis.<br />

Welches Versprechen geben die Produkte von<br />

Semperit ab?<br />

Fremerey: Sempermed-Handschuhe bieten zu allererst<br />

zuverlässigen Schutz gegen sämtliche Infektionen oder Keime<br />

und sind dazu besonders haut- und umweltverträglich.<br />

Diesem Versprechen vertrauen Menschen im Gesundheitsbereich<br />

ebenso wie Industrieanwender.<br />

Füllenbach: Semperit ist ein B2B-Unternehmen. Das wichtigste<br />

Versprechen der Produkte aus den Industriesegmenten<br />

ist, unsere Kunden und Geschäftspartner performanter zu<br />

machen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

86<br />

87<br />

SEMPERIT<br />

HIGHLIGHTS 2018<br />

UMSATZ<br />

878,5<br />

MIO EUR<br />

EBITDA<br />

46,4<br />

MIO EUR<br />

EBITDA-MARGE<br />

5,3 %<br />

EK-QUOTE<br />

42,9 %<br />

STANDORTE<br />

HEADQUARTER:<br />

Wien/Österreich<br />

SEMPERFLEX:<br />

Österreich, Tschechien,<br />

Deutschland, China, Thailand,<br />

Singapur, Indien, USA<br />

Kennzahlen<br />

2018<br />

UMSATZSPLIT NACH<br />

SEGMENTEN<br />

35<br />

15<br />

15<br />

INDUSTRIE<br />

26 % SEMPERFLEX<br />

17 % SEMPERTRANS<br />

22 % SEMPERFORM<br />

MEDIZIN<br />

35 % SEMPERMED<br />

70<br />

26<br />

Deutliche Steigerung des<br />

operativen Ergebnisses<br />

Ausbau der Schlauch-<br />

Produktion aufgrund der<br />

Werkserweiterung in Odry<br />

BESCHÄFTIGTE<br />

PER ULTIMO<br />

6.773<br />

FRAUENANTEIL:<br />

KONZERN<br />

21 %<br />

ÖSTERREICH<br />

21 %<br />

KURSENTWICKLUNG DER SEMPERIT AKTIE<br />

01/2016-03/2019 (IN EURO)<br />

Die jährliche Schlauch-<br />

Produktion von Semperflex<br />

erreicht zweimal den<br />

Umfang der Erde<br />

Markteinführung eines<br />

chlorfreien, umweltfreundlichen<br />

Handschuhs<br />

ÖSTERREICH<br />

896<br />

15<br />

LEHRLINGE<br />

54,2 %<br />

Anteil der B&C<br />

Industrieholding am<br />

Grundkapital Semperit.<br />

F&E<br />

14,0<br />

MIO EUR<br />

INVESTITIONEN<br />

GESAMT<br />

80,8<br />

MIO EUR<br />

ANZAHL GEHALTENE<br />

PATENTE<br />

>300<br />

SEMPERFORM:<br />

Österreich, Ungarn,<br />

Deutschland,<br />

Großbritannien, China,<br />

Singapur, USA<br />

22<br />

17<br />

37<br />

32<br />

27<br />

SEMPERTRANS:<br />

Österreich, Deutschland, Polen,<br />

Indien, Indonesien, Australien,<br />

Kanada, Mexiko, USA<br />

22<br />

17<br />

SEMPERMED:<br />

Österreich, Ungarn,<br />

Deutschland, Italien, China,<br />

Malaysia, Singapur, USA<br />

UMSATZSPLIT NACH<br />

REGIONEN<br />

70 % EUROPA<br />

15 % NORD- UND SÜDAMERIKA<br />

15 % ASIEN, AFRIKA UND<br />

ANDERE LÄNDER.<br />

12<br />

7<br />

01/2016 01/2017 01/2018 03/2019<br />

laut IFRS-Konzernabschluss<br />

www.semperitgroup.com


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

88<br />

89<br />

Die B&C<br />

Innovation Investments<br />

POTENZIAL ERKENNEN.<br />

CHANCEN NÜTZEN.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

90<br />

91<br />

„Wir sollten nicht defensiv denken, sondern<br />

Vorreiterrollen anstreben. Technologie ist nicht eine<br />

Sympathie-, sondern eine Notwendigkeitsfrage“<br />

THOMAS ZIMPFER<br />

D I E C H A N C E N D E R<br />

TECHNOLOGIE NUTZEN<br />

Was steht hinter der Tätigkeit der B&C Innovation Investments?<br />

Die beiden Geschäftsführer Petra Preining und Thomas Zimpfer<br />

erzählen von den strategischen Schwerpunkten und den<br />

großen Herausforderungen des digitalen Wandels für die<br />

Unternehmen in Österreich.<br />

PETRA PREINING<br />

Geschäftsführerin<br />

Die B&C Innovation Investments konzentriert sich<br />

auf Wachstumsunternehmen mit technologischem<br />

Hintergrund. Was ist Ihr zentraler Fokus bei den<br />

Beteiligungen?<br />

Thomas Zimpfer: Neben den Aktivitäten der B&C Industrieholding<br />

beteiligt sich die B&C über die „B&C Innovation<br />

Investments“ seit 2015 auch an Technologie- und Wachstumsunternehmen.<br />

Wir tun dies, weil wir erkannt haben, dass<br />

man neue Technologien auch aus Sicht der „Old Economy“<br />

in erster Linie als Chance sehen sollte, zumal sich heute kein<br />

Unternehmen den grundlegenden und vor allem raschen<br />

Marktänderungen in Folge neuer Technologien entziehen<br />

kann. Ein Beispiel hierzu: die Top 10 der weltweit 500 wertvollsten<br />

Unternehmen sind heute technologiedominiert.<br />

Vor 15 Jahren war das Bild noch ein ganz anderes. Es ist also<br />

unstrittig, dass man sich mit neuen Technologien auseinandersetzen<br />

muss. Die B&C kommt aus der klassischen<br />

Old Economy, hat aber erkannt, dass die Digitalisierung im<br />

industriellen Umfeld eine große Chance für die Weiterentwicklung<br />

etablierter Unternehmen ist. Unser Fokus liegt auf<br />

Direktinvestments im B2B-Geschäft, auf Software und auf<br />

neuen Lösungen, die bestehende Prozesse positiv ergänzen<br />

und effizienter machen.<br />

Wodurch schaffen Sie als Investor Wert für<br />

Beteiligungen?<br />

Petra Preining: Wir haben von Beginn an darauf geachtet<br />

als Investor die Stärken der B&C – also das Netzwerk und<br />

die finanziellen Möglichkeiten – zum Einsatz zu bringen,<br />

was gleichzeitig ein klares Profil samt Differenzierung in der<br />

Venture-Investorenszene ermöglicht. Unser Investmentfokus<br />

ist ein langfristiger und wir haben keinen Exit-Zwang. Wir<br />

vernetzen Gründer mit großen, etablierten Industrieunternehmen,<br />

um das Potential der jeweiligen Technologie der mitunter<br />

verschlossenen Old Economy aufzuzeigen. Wesentlich ist<br />

unser sehr selektiver Ansatz. Wir haben seit der Gründung<br />

der BCII bewusst „nur“ in 5 Unternehmen investiert, da<br />

wir tatsächliches Markt- und damit Wertsteigerungspotential<br />

suchen und kritisch hinterfragen. Eine Ergänzung noch<br />

zum Investitionsfokus: Um die Wertschöpfung im Land zu<br />

steigern, investieren wir für Österreich, aber nicht zwingend<br />

in Österreich.<br />

Zimpfer: Wesentlich ist, dass neben der thematischen<br />

Fokussierung auch transparent ist, ab<br />

welchen Phasen BCII in Entrepreneure investiert.<br />

Bei uns sind Gründer mit einer marktfähigen<br />

Lösung willkommen, die Bedarf nach einem<br />

langfristigen Partner haben, der das Wachstum<br />

nachhaltig begleitet. Pre-Seed-Finanzierung ist<br />

nicht in unserem primären Tätigkeitsbereich,<br />

denn dort kommen unsere Stärken nicht zum<br />

Tragen.<br />

Wie ist die Zusammenarbeit mit Ihren<br />

Portfoliounternehmen ausgestaltet, wie<br />

intensiv ist der Kontakt zu den Gründern?<br />

Preining: BCII verfolgt über die Aufsichtsrats-<br />

bzw. Beiratsarbeit sowie ein monatliches<br />

Reporting die laufende Entwicklung der<br />

eingegangenen Beteiligungen. Wir unterstützen<br />

die Gründer gerne mit unserem Fachwissen –<br />

z.B. bei der Strukturierung von Finanzierungen<br />

– oder mit unserem Netzwerk. Wir erachten<br />

solche aktiven Schritte der Gründer als „den<br />

richtigen Modus“, da es uns wichtig ist, deren<br />

Unternehmertum nicht einzuschränken. Wir legen<br />

höchsten Wert darauf, dass Wachstumsunternehmen,<br />

die aus der Leistung der Gründer<br />

resultieren, auch von diesen geführt werden<br />

– alles andere ist aus unsere Sicht bestenfalls ein<br />

(schlechter) Kompromiss. Dieser Zugang der<br />

BCII sollte sich auch in der Anteilsverteilung<br />

spiegeln – wir hoffen stets, dass Gründer möglichst<br />

lange die Mehrheit an Ihren Unternehmen<br />

halten. Der Fall TTTech zeigt, dass BCII<br />

sogar gemeinsam mit den Gründern bestrebt ist,<br />

eine solche Mehrheit partnerschaftlich wiederherzustellen.<br />

Zimpfer: Stark vereinfacht ausgedrückt setzen<br />

unsere Investments eine Dualität voraus: eine<br />

Idee mit Marktrelevanz, tatsächlichem Mehrwert<br />

und damit Wachstumspotenzial, gepaart<br />

mit einem Gründerteam, dem wir bei der Umsetzung<br />

dieser Idee vertrauen. Ich möchte dabei<br />

Petra Preining studierte an der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien.<br />

Nach Positionen im Finanzwesen<br />

von börsennotierten Konzernen<br />

(Unilever, Kraft Jakobs Suchard)<br />

war sie viele Jahre international<br />

im Management tätig, u. a. bei<br />

Wyeth in Moskau und TRC Ltd.<br />

für Middle East. Seit 2016 ist sie<br />

bei B&C aktiv. Sie ist Aufsichtsrätin<br />

der Semperit AG Holding<br />

und sitzt im Beirat diverser BCII<br />

Beteiligungen.<br />

THOMAS ZIMPFER<br />

Geschäftsführer<br />

Thomas Zimpfer studierte an<br />

der Wirtschaftsuniversität Wien.<br />

Er war zunächst im Investment<br />

Banking bei Drueker & Co. in<br />

Frankfurt/Main, anschließend im<br />

Private Equity bei der equitrust<br />

AG in Hamburg tätig. Für die<br />

B&C seit 2011 aktiv, nimmt Herr<br />

Zimpfer AR-Funktionen bei der<br />

AMAG Austria Metall AG sowie<br />

der TTTech Computertechnik<br />

AG wahr. Er ist außerdem Beirat<br />

der Flightkeys GmbH sowie der<br />

Kinexon GmbH.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

92 93<br />

„Wir dürfen vor dem Wandel keine Angst<br />

haben, es braucht eine positive Besetzung.<br />

Neue effiziente Lösungen schaffen die<br />

Wertschöpfung der Zukunft.“<br />

PETRA PREINING<br />

THOMAS ZIMPFER<br />

nochmals ausdrücklich betonen: ein Unternehmen ist in der<br />

Entstehungs- und Wachstumsphase völlig vom Management<br />

und den Gründern abhängig. Wir erachten es als einen Fehler,<br />

den Gründern zu erklären, „wie sie ihr Geschäft führen sollen“.<br />

Die erfolgskritische Vision und die umsetzungskritische<br />

Verantwortung liegt beim Gründer-Management. Wir dürfen<br />

ihre Arbeit daher nicht unterlaufen. Was in diesem Kontext<br />

oft vergessen wird: der Engpass von Gründerteams ist nicht<br />

nur Cash, sondern auch ihre Zeit – die Frage, wo sie diese<br />

investieren ist also sehr kritisch, daher beanspruchen wir die<br />

Zeit der Gründer nur dort, wo es gefragt und zielführend ist.<br />

Österreich ist im internationalen Vergleich ein<br />

kleines Land. Was würde es brauchen, damit wir bei<br />

neuen Technologien dennoch nicht den Anschluss<br />

verpassen?<br />

Preining: Nicht nur Österreich, sondern die gesamte EU<br />

verlässt sich auf Stärken der bestehenden Industrie, die über<br />

lange Zeit höchst erfolgreich aufgebaut wurden. Damit geht<br />

einher, dass die Relevanz von Neuem vielfach übersehen wird<br />

und Entscheidungen für Veränderungen zu langsam getroffen<br />

werden. Hier muss sich in den Gesellschaften etwas verändern:<br />

Wir können in Europa nicht eine weitere disruptive Entwicklung<br />

verschlafen. Es muss uns bewusst sein, dass die Perspektiven<br />

für die heutige Industrie ohne Technologieunternehmen<br />

bzw. ohne Bestehendes kritisch in Frage zu stellen gefährdet<br />

sind. Der Maßstab zur Nutzung der neuen Technologien wird<br />

aus unserer Wahrnehmung in China bzw. den USA gelegt.<br />

Zimpfer: Wir stehen heute vor folgenden Fragen: Gibt es<br />

überhaupt Branchen, die vom Wandel ausgenommen sind<br />

(denken Sie bspw. an Fintechs oder die Änderungen der Automobilwelt<br />

bzw. industrieller Prozesse)? Wie verteidigen wir<br />

Wertschöpfungsprozesse mit volkswirtschaftlichem Beitrag<br />

und daraus resultierend, wo sind künftig Jobs angesiedelt? All<br />

das ist doch eine unmissverständliche Warnung, die technologischen,<br />

jedenfalls langfristig disruptiven Entwicklungen<br />

nicht zu verpassen.<br />

Es ist eine Frage der Einstellung, aber auch der Finanzierungsmöglichkeiten.<br />

In Europa fließen 0,05 % des BIP in<br />

Venture Capital, in den USA aber 0,5 %. Uns trennt also der<br />

Faktor 10x. Technologie ist nicht eine Sympathie-, sondern<br />

eine Notwendigkeitsfrage..<br />

Sie investieren nicht nur in österreichische Unternehmen,<br />

sondern haben auch Investitionen in<br />

Deutschland und den USA getätigt. Wie ist dieser<br />

Investitionsansatz mit dem Stiftungszweck der<br />

B&C vereinbar?<br />

Zimpfer: Primär investieren wir dort, wo wir denken, dass<br />

zukunftsfähige Technologien wertsteigernd in Österreich<br />

aufgebaut werden können. Technologie hat allerdings keine<br />

Grenzen und der Wettbewerb ist global. Man denke nur an<br />

die Ambitionen Chinas, das bis 2049 den weltweiten Spitzenplatz<br />

der Wirtschaft einnehmen möchte und daran alle hierfür<br />

kritischen Aktivitäten und Investitionen ausrichtet. Aus<br />

unserer Sicht haben wir keine andere Wahl, als neue Technologien<br />

für Österreich verfügbar zu machen. Wir investieren<br />

daher dann im Ausland, wenn nur so entscheidende Technologien<br />

an Österreich herangeführt werden können. Konkret<br />

sind wir in solchen Fällen bestrebt, über Investments der<br />

BCII dem Gesellschafterkreis im Ausland ansässiger Technologie-Unternehmen<br />

einen österreichischen Einschlag zu geben<br />

und diese Unternehmen mit der heimischen Old-Economy<br />

zu vernetzen, indem wir auf die konkreten Technologien aufmerksam<br />

machen. Unser Silicon Valley Investment Citrine ist<br />

dafür ein gutes Beispiel. Es ist ein von Stanford-Absolventen<br />

gegründetes Unternehmen, das Künstliche Intelligenz und<br />

Big Data zur Erforschung von neuen Materialien nutzt. Es<br />

wäre ein erheblicher Nachteil für die österreichische Industrie,<br />

wenn wir diese Technologie – obwohl wir Kenntnis von<br />

dieser erlangt haben – nicht nach Österreich führen. Gleiches<br />

gilt für Kinexon, ein beeindruckendes Unternehmen aus dem<br />

Bereich Industrie 4.0, das sich u.a. auf die Digitalisierung<br />

von Produktionsprozessen spezialisiert und in München<br />

ansässig ist.<br />

Was ist der richtige Zugang zum digitalen Wandel,<br />

wie können wir in Österreich gerade in Hinblick auf<br />

die Bedrohungen richtig damit umgehen?<br />

Zimpfer: Wir sollten in Österreich sowohl auf die Industrie<br />

als auch auf die Gründerszene stolz sein. In meiner Wahrnehmung<br />

bräuchten wir in der Bevölkerung ein wirtschafts- und<br />

technologieorientierteres Denken und eine gewisse Begeisterung<br />

für das was inländische Wertschöpfung und damit<br />

Beschäftigung bestimmt. Unser Zugang ist daher: lassen Sie<br />

uns die Technologie als Chance sehen! Der Wandel ist eine<br />

Schlüsselherausforderung für den Wirtschaftsstandort. Die<br />

Motivation für unsere Beteiligungen ist nicht, auf den in den<br />

Medien kolportierten „Venture-Zug“, der für uns einen Hype-Charakter<br />

hat, aufzuspringen, sondern mit Gründerteams<br />

Unternehmen aufzubauen.<br />

Preining: Wir führen in Österreich gerne ein Biedermeier-Leben.<br />

Der Wandel wird als Bedrohung statt als Chance<br />

gesehen. Gerade bei Technologie ist es wichtig, dass die etablierten<br />

Industrieunternehmen die Transformation proaktiv<br />

gestalten und erfolgreich umsetzen.<br />

Wir werden es in Zukunft mit enorm spannenden Themen zu<br />

tun haben! Wir dürfen vor dem Wandel keine Angst haben,<br />

es braucht eine positive Besetzung. Neue effiziente Lösungen<br />

schaffen die Wertschöpfung der Zukunft!<br />

Wie gravierend werden die Auswirkungen der neuen<br />

Technologien sein, welchen Nutzen bringen sie uns?<br />

Zimpfer:: Jede unserer Beteiligungen erfüllt aus unserer Sicht<br />

den Anspruch durch Neues Bestehendes zu optimieren. Wir<br />

wagen zu behaupten, dass Flightkeys weltweit das modernste<br />

Unternehmen zur Planung und Berechnung von Flugrouten<br />

ist. Die Luftfahrt-Industrie ist ein komplett kostengetriebenes<br />

Geschäft, Flightkeys hilft den Marktteilnehmern ihre Marktstellung<br />

zu verteidigen. Der Zugang ist komplett neu.<br />

Preining: Effizienzsteigerung schafft wieder Potenzial für<br />

neue Entwicklungen. Je effizienter wir arbeiten, desto mehr<br />

Raum schaffen wir, um unsere Entwicklungspipeline voranzutreiben.<br />

Neue Technologien werden bestehende Strukturen<br />

in Forschung & Entwicklung nicht komplett ersetzen können.<br />

Citrine ist dafür ein gutes Beispiel – sie sehen sich als<br />

Assistenz-Tool des Forschers, der über diese Plattform schneller<br />

und effizienter arbeiten kann, aber nicht ersetzt wird. Die<br />

Technologie ist eine Ergänzung und nicht ein Ersatz.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

94<br />

95<br />

FLIGHTKEYS<br />

GEORG SCHIEFER<br />

absolvierte ein Studium an der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien. Er hat<br />

eine Pilotenausbildung absolviert<br />

und hat sich den Großteil seiner<br />

beruflichen Laufbahn mit Themen<br />

rund um die Luftfahrt beschäftigt,<br />

u. a. war er Director Operations<br />

Planning & Control bei Austrian<br />

Airlines.<br />

Bei Flightkeys ist er Managing<br />

Director und verantwortlich für<br />

Marketing, Sales, Quality<br />

Management & Controlling.<br />

INVESTMENT<br />

FACTS<br />

ANTEIL<br />

BETEILIGUNG:<br />

rd. 18 %<br />

ZEITPUNKT DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

2016<br />

ART DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

DIREKTBETEILIGUNG<br />

BEREICH:<br />

SOFTWARE AS A<br />

SERVICE/<br />

LUFTFAHRTINDUSTRIE<br />

SITZ:<br />

WIEN, ÖSTERREICH<br />

F L U G M A N A G E M E N T I M<br />

DIGITALEN ZEITALTER<br />

„An sich glauben und bei Problemen nicht<br />

aufgeben - aus Sicht der<br />

Lösung und nicht aus Sicht des<br />

Problems denken.“<br />

GEORG SCHIEFER<br />

Von Wien aus entwickelte Flightkeys ein völlig<br />

neuartiges Flugmanagement-Tool. Dank eines<br />

einzigartigen Algorithmus und einer mächtigen<br />

Datenpotenz im Hintergrund werden damit<br />

Flüge deutlich rascher und besser optimiert.<br />

Georg Schiefer vom Gründerteam erzählt vom<br />

entscheidenden Wert der Software-Lösung und<br />

vom nächsten Projekt.<br />

Welches Neuland haben Sie mit<br />

Flightkeys betreten?<br />

In der Flugplanung gab es in letzten 30 Jahren<br />

praktisch keine neue Systementwicklung, es war<br />

höchste Zeit für eine Software mit einer neuen<br />

Systemarchitektur. Unsere Lösung ist flexibel,<br />

schnell sowie einfach zu warten und bietet ein<br />

web-based User-Interface, das mit Touch-Screen<br />

bedienbar ist. Nach dem Prinzip Management<br />

by Exception sehen User nur, was sie in diesem<br />

Moment benötigen. Flightkeys ist dem Wettbewerb<br />

technologisch weit voraus, daher sehen wir<br />

uns in drei Jahren auch als weltweiter Marktführer<br />

für Flugmanagementsysteme. Wir haben<br />

bereits während der Entwicklung erste Kunden<br />

gewonnen und hatten im April 2019 den ersten<br />

Go-Live mit ARINCDirect, die 5.000 Flugzeuge<br />

mit Flugplan und Service versorgen. Kurz darauf<br />

folgte bereits der zweite Go-Live bei einer spanischen<br />

Airline. Wir haben 100 % Exportquote!<br />

Wie gelingt es Ihnen als junges österreichisches<br />

Unternehmen im internationalen<br />

Aviation-Bereich Kunden zu gewinnen?<br />

Wir sieben Gründer ergänzen uns mit unserem<br />

Fachwissen zum Thema Luftfahrt und IT sehr gut,<br />

wir beschäftigen uns seit Langem mit der Flugplanung<br />

und haben uns einen sehr guten Namen am<br />

Markt gemacht.<br />

Mit Flightkeys haben wir ein System der Zukunft<br />

entwickelt. Es deckt nicht nur die Flugplanung<br />

ab, sondern verfolgt einen Flug bis zu seiner<br />

Destination. Basierend auf den exakten Daten<br />

der Durchführung übernehmen wir laufend<br />

Reoptimierungen und informieren über die<br />

Durchführung des Fluges bis hin zu Alerting-<br />

Systemen über Abweichungen der Route oder<br />

beim Treibstoff-Verbrauch.<br />

Wir gehen damit den Schritt von einem Flugplanungs-<br />

zu einem Flugmanagement-System.<br />

Vier der sieben FLIGHTKEYS Founder<br />

haben bereits im Jahr 2000 erfolgreich ein<br />

Unternehmen im Aviation-Bereich gegründet.<br />

Was ist heute anders?<br />

Mit Flightkeys nutzen wir neueste Technologien,<br />

die selbst vor fünf Jahren noch nicht möglich waren.<br />

Wir arbeiten mit besseren Daten und unser Algorithmus<br />

findet sehr schnell Lösungen. Flightkeys<br />

ist ein Technologiesprung: Unsere Lösung fügt<br />

zu den vier Dimensionen in Raum und Zeit die<br />

entscheidende fünfte hinzu: die probabilistische<br />

Dimension. Aus den Echtzeitdaten von Flügen in<br />

Europa und in Amerika können wir auf künftige<br />

Flüge schließen. In dieser Richtung wollen wir<br />

weiterarbeiten. Wir wollen anhand der Positionsdaten<br />

lernen: Welche Planung wurde eingereicht und<br />

welche Route wurde tatsächlich geflogen?


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

96<br />

97<br />

E C H T Z E I T- I N T E L L I G E N Z F Ü R<br />

DAS INTERNET DER DINGE<br />

Mit der Echtzeit-Erhebung und -Analyse von Daten über Ort,<br />

Zustand und Bewegung liefert KINEXON eine Schlüsselkompetenz<br />

für die intelligente Vernetzung von Objekten. Oliver Trinchera<br />

spricht über die Vision, die digitale Transformation mitzugestalten.<br />

KINEXON<br />

ALEXANDER<br />

HÜTTENBRINK (R)<br />

TEAMFOTO<br />

(v.l.n.r.)<br />

Felix Hackl, Patrice Cotton,<br />

Peter Radler, Gregor Resch,<br />

Christoph Prinz, Raimund<br />

Zopp, Georg Schiefer<br />

Was verändert sich durch Flightkeys?<br />

Profitieren auch Endkonsumenten<br />

davon?<br />

Flightkeys ermöglicht einen kostenoptimalen<br />

Flugplan. Durch die hohe Performance des<br />

Systems können wir schneller berechnen und<br />

mehr Optimierungen durchführen. Die anderen<br />

Lösungen benötigen Minuten, um einen<br />

Flug zu planen, Flightkeys nur 20 Sekunden.<br />

Die kürzeren Kalkulationszeiten ermöglichen<br />

uns, komplexere Modelle zu berechnen.<br />

Wir können sehr viele Variablen berücksichtigen,<br />

wie vorhergesagte Wetterdaten, die<br />

individuelle Performance eines Flugzeugs,<br />

optimieren Steigprofile usw. Dadurch wird<br />

Treibstoff eingespart, das ist auch umweltfreundlich.<br />

In Richtung Endkonsumenten<br />

ist ein EU-Projekt unter Leitung der Zentralanstalt<br />

für Meteorologie und Geodynamik<br />

spannend, an dem wir teilnehmen.<br />

Ziel des Projektes EUNADICS-AV ist, die<br />

Flugsicherheit bei Naturkatastrophen zu verbessern.<br />

Durch die dynamische Modellierung<br />

einer Aschewolke nach einem Vulkanausbruch<br />

konnten wir hier zeigen, dass dennoch<br />

Flugrouten möglich wären!<br />

Mit Spacekeys startet jetzt ein zweites<br />

Produkt. Was ist hier das Konzept?<br />

Mit Spacekeys können wir dynamisch berechnen,<br />

ob für eine bestimmte Flugroute eine<br />

Satelliten-Navigation mit GPS möglich ist.<br />

Dabei kann man Regionen ausweichen, die<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen<br />

ausreichenden Empfang haben. Wir haben<br />

Spacekeys in-house entwickelt und konnten<br />

im Jahr 2018 bereits gute Traktion erzielen.<br />

Unser Lauch-Customer war Eurocontrol,<br />

mittlerweile nutzen es schon fünf Kunden.<br />

Welchen Moment werden Sie nie<br />

vergessen?<br />

Die erste Unterschrift: Das Commitment<br />

eines Kunden für ein neues Produkt, das<br />

noch gar nicht fertig war!<br />

Welchen Ratschlag würden Sie gerne<br />

weitergeben?<br />

An sich glauben und bei Problemen nicht<br />

aufgeben – aus Sicht der Lösung und nicht<br />

aus Sicht des Problems denken.<br />

Was ist der entscheidende Wert der<br />

Echtzeitortung von KINEXON? Was<br />

ist der besondere Nutzen von Daten zu<br />

„Zustand“ und „Bewegung“?<br />

Wir alle sprechen von der Entstehung des<br />

Internets der Dinge. Dabei erwarten wir, dass<br />

Dinge in Zukunft vernetzt sind und vollautomatisiert<br />

miteinander interagieren – wie von<br />

unsichtbarer Hand gesteuert. Doch damit dies<br />

gelingt, müssen die Gegenstände zunächst<br />

wissen, wo genau sie sich befinden. Ort, Bewegung<br />

und Zustand sind daher Schlüsselfaktoren<br />

für die Vision des Internets der Dinge.<br />

Die möglichen Anwendungsbereiche<br />

sind sehr breit. Wer aller kann von Ihren<br />

Lösungen profitieren?<br />

KINEXON konzentriert sich auf zwei Geschäftsfelder.<br />

Im Bereich Sport und Medien<br />

unterstützen wir Vereine und Athleten dabei,<br />

ihr volles Potenzial auf gesunde und nachhaltige<br />

Weise auszuschöpfen. Konkret helfen<br />

unsere Lösungen dabei, Leistung, Fitness und<br />

Taktik zu optimieren, Verletzungen zu vermeiden<br />

und die Rehabilitation nach Verletzungen<br />

zu unterstützen. Darüber hinaus bieten unsere<br />

Daten Medienschaffenden die Möglichkeit,<br />

Übertragungen digital anzureichern und dem<br />

Zuschauer dadurch ein neues, faszinierendes<br />

Erlebnis zu bieten.<br />

Im Bereich Produktion und Logistik helfen<br />

wir Kunden dabei, die nächste Produktivitätsebene<br />

zu erreichen, indem wir Qualität,<br />

Kosten und Zeit optimieren. Konkret hilft die<br />

Kombination aus Sensorik und unserer<br />

ist Mitgründer und<br />

Geschäftsführer. Er studierte<br />

Wirtschaftsingenieurwesen<br />

am Karlsruher Institut für<br />

Technologie (KIT). Darüber<br />

hinaus promovierte er an<br />

der Technischen Universität<br />

München.<br />

OLIVER TRINCHERA (L)<br />

ist Mitgründer und<br />

Geschäftsführer. Er studierte<br />

Betriebswirtschaftslehre in<br />

Verbindung mit Elektrotechnik<br />

an der Technischen<br />

Universität München (TUM).<br />

Parallel dazu studierte er<br />

Technologiemanagement am<br />

Center for Digital Technology<br />

and Management (CDTM).<br />

Darüber hinaus promovierte<br />

er an der Technischen<br />

Universität München.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

98<br />

99<br />

„Die Welt um uns herum wird mehr<br />

und mehr vernetzt. In dieser Welt<br />

wollen wir durch Echtzeit-Intelligenz<br />

auch in Echtzeit Werte für unsere<br />

Kunden schaffen.“<br />

ALEXANDER<br />

HÜTTENBRINK (L)<br />

Geschäftsführer KINEXON<br />

OLIVER TRINCHERA (R)<br />

Geschäftsführer KINEXON<br />

INVESTMENT<br />

FACTS<br />

ANTEIL<br />

BETEILIGUNG:<br />

rd. 5 %<br />

ZEITPUNKT DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

2016<br />

ART DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

DIREKTBETEILIGUNG<br />

BEREICH:<br />

INTERNET OF THINGS,<br />

INDUSTRIE- BZW.<br />

MEDIEN- UND SPORT-<br />

ANWENDUNGEN<br />

SITZ:<br />

MÜNCHEN, DEUTSCHLAND<br />

Echtzeit-Computing Lösung dabei, betriebliche Prozesse in<br />

Produktion und Logistik visibel und messbar zu machen.<br />

Dies ist die Grundlage, um Prozesse in Echtzeit optimieren<br />

und automatisieren zu können und damit für den Kunden<br />

Wert zu schaffen. Die Vorteile sind vielfältigst und reichen<br />

von reduzierten Durchlaufzeiten über höhere Produkt- und<br />

Prozessqualität bis hin zu höherer Asset-Auslastung.<br />

Sie arbeiten sowohl mit (Industrie-) Konzernen als<br />

auch mit Sportclubs zusammen. Worin sehen Sie die<br />

größten Unterschiede in der Zusammenarbeit?<br />

Ein Aspekt ist die Visibilität. Durch die mediale Berichterstattung,<br />

insbesondere TV-Übertragungen, sind unsere<br />

Aktivitäten im Sportbereich weltweit sichtbar. Im Industriebereich<br />

unterliegen viele wegweisende Projekte dagegen<br />

eher der Geheimhaltung. Wir sehen aber auch viele Gemeinsamkeiten.<br />

Beide Industrien vereint beispielsweise das<br />

Ziel, die Chancen und Herausforderungen, die sich im<br />

Zuge der digitalen Transformation stellen, erfolgreich zu<br />

meistern.<br />

Was hat für Sie den Ausschlag zur Gründung von<br />

KINEXON gegeben? Hat sich Ihre Vision seit dem<br />

Start verändert?<br />

Wir haben bei Kunden konkrete Probleme gesehen, die<br />

wir mit unserer Idee lösen wollten. KINEXON wurde also<br />

quasi aus der Brille des Kunden erdacht. Die Welt um uns<br />

herum wird mehr und mehr vernetzt. In dieser Welt wollen<br />

wir durch Echtzeit-Intelligenz auch in Echtzeit Werte für<br />

unsere Kunden schaffen. Dabei geht es darum, die Dinge<br />

auf dem schnellsten Wege miteinander zu vernetzen und<br />

dafür zu sorgen, dass sie auf intelligente Weise miteinander<br />

interagieren. Diese Vision geht bis dato gut auf.<br />

Produktentwicklung ist ein Prozess, bei dem nicht<br />

immer alles glatt läuft. Wie gehen Sie mit Fehlern<br />

um und wie motivieren Sie sich erneut?<br />

Wir entwickeln hochinnovative Lösungen und leisten damit<br />

Pionierarbeit. Dabei müssen wir uns unterschiedlichsten<br />

Herausforderungen stellen. Unsere Motivation schöpfen wir<br />

aus einer starken Unternehmenskultur, einer weitreichenden<br />

Vision und den kleinen und großen Erfolgen auf dem Weg,<br />

diese Vision zu erreichen.<br />

Der Erfolg von Unternehmen hängt oft mit dem richtigen<br />

Timing zusammen. Warum ist jetzt der richtige<br />

Zeitpunkt für Ihre Lösungen? Weshalb sind Sie die<br />

Richtigen, das zu tun?<br />

Unsere Kunden stehen in einem weltweiten Wettbewerb. Sie<br />

benötigen unsere Lösungen gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt,<br />

wenn sie aus der digitalen Transformation als Sieger<br />

hervorgehen wollen. Dass sie sich dabei für uns entschieden<br />

haben, hat vielfältige Gründe – ein entscheidender war<br />

sicherlich die Alleinstellung unserer Lösungen.<br />

Zu Ihren Aufgaben als Manager gehört unter anderem<br />

die Aufbringung von Kapital für weiteres Unternehmenswachstum.<br />

Was sind für Sie die wichtigsten<br />

Überlegungen bei einer Kapitalrunde?<br />

Es gibt bei einem solch wichtigen Thema eine ganze Reihe an<br />

Überlegungen wie z.B. die angemessene Höhe der Kapitalrunde,<br />

das richtige Timing und die geeignete Art des Kapitals. Ein<br />

besonders wichtiger Aspekt ist die Wahl der Investoren. Hierbei<br />

geht es darum, den richtigen Partner zu finden der unsere<br />

langfristige Vision als Unternehmer nicht nur teilt, sondern<br />

auch über die Qualität verfügt, um diese Vision Wirklichkeit<br />

werden zu lassen.<br />

Sie sind mit Standorten in Europa und den USA<br />

vertreten. Was sind die Vorteile der beiden Standorte<br />

München und New York?<br />

Wir haben in München gestartet, quasi dem IoT Hub in Europa.<br />

Von hier aus konnten wir den europäischen Markt gut<br />

erschließen. Die Eröffnung des Standorts New York bietet<br />

uns Gelegenheit, dieses Kunststück in den USA zu wiederholen<br />

und unseren Wachstumskurs fortzusetzen. In der<br />

täglichen Arbeit zeigt sich, dass die USA durch einen relativ<br />

einheitlichen Sprach-, Rechts-, Wirtschafts- und Währungsraum<br />

die Möglichkeit bieten, sehr schnell zu skalieren.<br />

Welche Meilensteine sehen Sie für Ihr Unternehmen<br />

in den kommenden Jahren?<br />

Wir haben den Anspruch, uns über die nächsten 5 Jahre in<br />

unseren Kernmärkten als weltweit führendes Unternehmen zu<br />

etablieren. Ein sehr ambitioniertes und zugleich motivierendes<br />

Ziel.<br />

Sowohl im Sport- als auch im Industriebereich konnten wir<br />

erste wichtige Meilensteine auf dem Weg dorthin erreichen.<br />

So setzen beispielsweise namhafte Automobilhersteller<br />

weltweit auf unsere Lösungen. In der nordamerikanischen<br />

Profibasketball-Liga NBA nutzen inzwischen über 50 % der<br />

Vereine unsere Produkte.<br />

Welchen Ratschlag würden Sie gerne weitergeben?<br />

Die digitale Transformation verändert viele Bereiche unseres<br />

Lebens – sowohl im privaten als auch im geschäftlichen<br />

Kontext. Wir sollten mit dem Wandel verantwortungsvoll<br />

umgehen und ihn zugleich als Chance begreifen. Ich bin gespannt,<br />

was wir daraus gemacht haben, wenn wir in einigen<br />

Jahren zurückblicken.<br />

Was ist die größte Herausforderung an Ihrer Tätigkeit?<br />

Als Unternehmen im schnelllebigen Technologiesektor ist es<br />

sehr wichtig agil zu sein. Das bedeutet permanent zu lernen,<br />

Kundenbedürfnisse und Trends rasch zu erkennen und<br />

adäquat darauf zu reagieren.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

100<br />

101<br />

TTTECH<br />

GEORG KOPETZ<br />

ist Mitgründer und Vorstand der<br />

TTTech Computertechnik AG.<br />

Er absolvierte ein Studium der<br />

Rechtswissenschaften an der<br />

Universität Wien.<br />

Nach dem Studium schloss er sich<br />

seinem Vater, Professor Hermann<br />

Kopetz und Stefan Poledna an, um<br />

TTTech zu gründen.<br />

D I G I TA L E P L AT T F OR M E N F Ü R<br />

EINE VERNETZTE WELT<br />

INVESTMENT<br />

FACTS<br />

ANTEIL<br />

BETEILIGUNG:<br />

rd. 11 %<br />

ZEITPUNKT DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

2018<br />

ART DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

DIREKTBETEILIGUNG<br />

BEREICH:<br />

INDUSTRIELLE AUTOMATION,<br />

LUFT- UND RAUMFAHRT<br />

AUTOMOBILINDUSTRIE<br />

(TTTECH AUTO)<br />

MOBILE MASCHINEN<br />

(TTCONTROL)<br />

SITZ:<br />

WIEN, ÖSTERREICH<br />

TTTech zählt zu den weltweiten Technologieführern für<br />

Echtzeit-Netzwerkplattformen und Sicherheitssteuerungen. Die Lösungen<br />

kommen bei vielen Anwendungen rund um Industrie 4.0 und<br />

autonomes Fahren zum Einsatz. Gründer und Vorstand Georg Kopetz<br />

erzählt, wie TTTech vom Start-up zum Gamechanger wurde<br />

Was ist der entscheidende Wert der von<br />

TTTech entwickelten Lösungen? Welche<br />

Branchen und Einsatzbereiche profitieren<br />

besonders von Ihren Lösungen?<br />

Unsere Expertise im Bereich zeitgesteuerte<br />

Netzwerke und funktionale Sicherheit ist in<br />

einer automatisierten Welt sehr gefragt. Unsere<br />

Lösungen verbinden die Computersysteme<br />

unterschiedlichster Chiphersteller sicher und<br />

zuverlässig miteinander. Wir sind somit ein<br />

Mittler zwischen der Kundenanwendung und<br />

der Technologieplattform. Der konkrete Wert<br />

unserer Lösungen ist es, „Safety by Design“ für<br />

unsere Kunden bieten zu können und zuverlässige<br />

digitale Plattformen für eine vernetzte<br />

Welt zu liefern.<br />

Unsere beiden Kernbereiche Netzwerkplattformen<br />

und Sicherheit sind im Transportwesen<br />

und im Industriesegment wertvoll. Mit unseren<br />

Lösungen im Bereich Automatisierungstechnologie<br />

machen wir wertvolle Maschinendaten<br />

zugänglich und vernetzen früher abgeschottete<br />

Systeme. Bei den anderen Anwendungen tritt<br />

vor allem der Sicherheitsaspekt in den Vordergrund:<br />

In der Luft- und Raumfahrt und in<br />

der Automobilindustrie, hier vor allem für den<br />

Bereich autonomes Fahren, fungiert unsere<br />

Technologie als „Nervensystem“.<br />

Unser Joint Venture mit HYDAC International<br />

TTControl ist ein Spezialist für funktionale<br />

Sicherheit und bereits länger erfolgreich<br />

mit Sicherheitssteuerungen für Maschinen der<br />

Land- und Forstwirtschaft, dem Bauwesen und kommunale<br />

Fahrzeuge. Hier arbeiten wir nun auch an Konzepten für<br />

den autonomen Betrieb.<br />

Wie verändern Ihre Lösungen rund um das Thema<br />

autonomes Fahren die Mobilität der Zukunft?<br />

Eines der Ziele der Mobilität der Zukunft ist es, die Sicherheit<br />

zu erhöhen. In diesem Bereich können wir mit unseren<br />

Lösungen auf jeden Fall dazu beitragen. Mittelfristig ist mit<br />

dem autonomen Betrieb eine höhere Zuverlässigkeit als im<br />

Betrieb mit einem menschlichen Fahrer möglich. Unsere<br />

Technologie verbindet die Sensoren und die Aktoren, die<br />

dann für die mechanische Umsetzung nötig sind.<br />

Das aktuelle Thema in diesem Bereich ist der Umstieg von<br />

Level 2- zu Level 3-Systemen, von der reinen Fahrerassistenz<br />

zu teilautonomen Funktionen, wo der Computer bereits<br />

in definierten Fahrsituationen das Steuer übernehmen<br />

kann – beispielsweise in einem Stau.<br />

Sie arbeiten mit Konzernen wie Samsung oder SAIC<br />

zusammen. Was ist in der Zusammenarbeit zwischen<br />

Großkonzernen und „jungen“ Unternehmen der<br />

Erfolgsfaktor?<br />

Für uns ist es generell sehr wichtig, mit mehreren Unternehmen<br />

zusammenzuarbeiten, weil wir mit jeder Anwendung<br />

der Technologie lernen und stärker werden. Eine<br />

klare Voraussetzung für so eine Kooperation ist es, dass die<br />

Vision und die Ziele der Unternehmen übereinstimmen.<br />

Außerdem müssen die von beiden Partnern eingebrachten<br />

Fähigkeiten einander ergänzen und für eine optimale<br />

Zusammenarbeit, funktionierende Schnittstellen etabliert<br />

werden. Für die operative Zusammenarbeit muss man als<br />

„Juniorpartner“ anerkennen, dass Normen und Vorgaben<br />

nicht selbst bestimmt werden können.<br />

Was gab für Sie den Ausschlag, gemeinsam mit<br />

Stefan Poledna ein Unternehmen zu gründen, gab es<br />

einen zündenden Moment?<br />

Gegründet wurde das Unternehmen ursprünglich von<br />

meinem Vater, Professor Hermann Kopetz, Stefan Poledna<br />

und mir. Mein Vater hat das wirtschaftliche Potenzial der<br />

von ihm erforschten Technologie erkannt, allerdings auch<br />

gleichzeitig gesehen, dass es ein Unternehmen als treibende<br />

Kraft hinter Anwendungen braucht.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

102 103<br />

„Unsere Vision war es<br />

schon immer, mehr<br />

Verlässlichkeit und Sicherheit<br />

in eine zunehmend vernetzte<br />

Welt zu bringen.“<br />

M AT E R I A L I E N ,<br />

A U S D E N E N U N S E R E Z U K U N F T<br />

GEBAUT WIRD<br />

Als weltweit führende Plattform für Materialentwicklung unterstützt<br />

Citrine renommierte Unternehmen bei der Beschleunigung ihrer<br />

Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Gründer und CEO Gregory Mulholland<br />

erklärt, wie Citrine zu einer effizienteren und nachhaltigeren Welt beiträgt.<br />

STEFAN POLEDNA (L)<br />

GEORG KOPETZ (R)<br />

GREGORY MULHOLLAND<br />

Vorstandsmitglieder<br />

TTTech<br />

Der zündende Moment war dann definitiv die Entscheidung<br />

von Stefan Poledna, den Sprung von einem Großkonzern<br />

wie Bosch in die Start-up-Welt zu wagen und diese Technologie<br />

unternehmerisch zu begleiten. Ich selbst war damals<br />

grade mit dem Studium fertig und habe mich dann dem<br />

Gründungsteam angeschlossen.<br />

TTTech wurde vor 20 Jahren gegründet, seither hat<br />

sich gerade die IT rasant entwickelt. Wie sehr hat<br />

sich Ihre Vision seit dem Start verändert?<br />

Unsere Vision war es schon immer, mehr Verlässlichkeit<br />

und Sicherheit in eine zunehmend vernetzte Welt zu<br />

bringen. Daran hat sich in den letzten Jahren im Wesentlichen<br />

nicht viel verändert, da der Trend bereits damals<br />

erkennbar war. Die Tragweite und die Möglichkeiten waren<br />

allerdings noch nicht in vollem Umfang vorherzusehen.<br />

Sie haben als Spin-off der TU Wien gestartet, Forschung<br />

ist essenzieller Teil der TTTech. Worin sehen<br />

Sie Unterschiede zwischen universitärer Forschung<br />

und Forschung innerhalb eines Unternehmens? Wie<br />

gelingt es Ihnen eine Unternehmenskultur zu etablieren,<br />

in der Forschung gefördert wird?<br />

Vor allem kleinere Unternehmen müssen in der Forschung<br />

ganz stark kundenorientiert sein, und den Product-/Market-Fit<br />

schaffen, sonst kann man nicht bestehen, das ist an<br />

den Universitäten nicht in diesem Ausmaß notwendig. Der<br />

Austausch zwischen Forschungsinstitutionen ist daher auch<br />

einfacher – Unternehmen haben oft die Angst, dass Konzepte<br />

und Ideen kopiert oder übernommen werden.<br />

Forschung ist bei TTTech seit der Gründung in der DNA.<br />

Unsere hauseigene Forschungseinheit TTTech Labs arbeitet<br />

eng mit Forschungsinstitutionen zusammen. Wir können<br />

von der Grundlagenforschung, die dort passiert, enorm viel<br />

lernen. Mit unserer Stiftungsprofessur im Bereich „Autonome<br />

Systeme“ an der TU Wien, die wir gemeinsam mit der<br />

B&C Stiftung finanzieren, geben wir auch wieder etwas an<br />

die Community zurück.<br />

Welche Meilensteine sehen Sie für Ihr Unternehmen<br />

in den kommenden Jahren?<br />

Generell wird es eine stärkere Verschmelzung der Märkte<br />

geben, für die wir derzeit schon tätig sind. Ein Beispiel ist<br />

die Übersetzung von Technologien aus der Automobilindustrie<br />

in den Bereich der Spezialfahrzeuge. Es zeichnet<br />

sich außerdem ab, dass die Luft- und Raumfahrt näher mit<br />

dem Thema Logistik zusammenrücken wird, beispielswiese<br />

mit hybriden Transportmittel, die sich in der Luft und auf<br />

der Straße bewegen können.<br />

Hier sind wir mit dem breiten Marktwissen innerhalb der<br />

TTTech Group gut aufgestellt. Als Unternehmen möchten<br />

wir international weiter wachsen.<br />

CITRINE<br />

Was ist der entscheidende Wert der<br />

Material-Plattform von Citrine?<br />

Wer profitiert besonders davon?<br />

Die einzigartige Citrine-Plattform ermöglicht<br />

Herstellern von Chemikalien und Materialien, ihre<br />

Entwicklungsaktivitäten deutlich zu beschleunigen<br />

und effizienter zu gestalten.<br />

Was hat für Sie den Ausschlag zur<br />

Gründung von Citrine gegeben, gab es<br />

einen zündenden Moment? Hat sich<br />

Ihre Vision seit dem Start verändert?<br />

Wir sehen unsere Mission darin, ein Materialdatenökosystem<br />

zu fördern, das Entwicklungssprünge<br />

in der Entwicklung und der Produktion<br />

ermöglicht und so zu einer effizienteren,<br />

nachhaltigeren Welt beiträgt. Daran hat sich<br />

nichts geändert. Der Impuls zur Nutzung<br />

von maschinellem Lernen, um die Materialentwicklung<br />

voranzutreiben, wurde durch die<br />

Beschleunigung der Produktentwicklung<br />

gesetzt. Die Kunden verlangen in immer kürzer<br />

werdenden Zyklen leistungsfähigere Produkte,<br />

für die wiederum leistungsstärkere Materialien<br />

benötigt werden.<br />

Die Anforderungen, mit denen Unternehmen<br />

der Chemie- und Materialbranche konfrontiert<br />

sind, ändern sich schneller als je zuvor. Wir haben<br />

bewiesen, dass das Sammeln, Aufbewahren und<br />

Bereitstellen von Materialdaten sowie die Nutzung<br />

von maschinellem Lernen, vor allem für komplexe<br />

Materialien, den Entwicklungsprozess maßgeblich<br />

beschleunigt.<br />

ist Mit-Gründer und CEO von<br />

Citrine Informatics, Inc. Er<br />

studierte an der NC State University,<br />

an der Cambridge University sowie<br />

an der Stanford Graduate School<br />

of Business.<br />

Greg ist anerkannter<br />

Experte für Materialtechnologie<br />

und geschätzter Vortragender<br />

bei internationalen Fach-Konferenzen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

104<br />

105<br />

„Wir sehen unsere Mission darin, ein<br />

Materialdatenökosystem zu fördern, das<br />

Entwicklungssprünge in der Entwicklung und<br />

der Produktion ermöglicht und so zu<br />

einer effizienteren, nachhaltigeren Welt beiträgt.“<br />

GREGORY MULHOLLAND<br />

INVESTMENT<br />

FACTS<br />

ANTEIL<br />

BETEILIGUNG:<br />

rd. 4 %<br />

ZEITPUNKT DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

2018<br />

ART DER<br />

BETEILIGUNG:<br />

WANDELSCHULDVER-<br />

SCHREIBUNG<br />

BEREICH:<br />

SOFTWARE, BIG DATA,<br />

ADVANCED MATERIALS<br />

SITZ:<br />

SILICON VALLEY,<br />

REDWOOD CITY,<br />

KALIFORNIEN/USA<br />

Produktentwicklung ist ein Prozess bei<br />

dem nicht immer alles nach Plan läuft.<br />

Wie gehen Sie mit Fehlern um und wie<br />

motivieren Sie sich erneut?<br />

Wir haben eine neue Technologie entwickelt,<br />

und wie bei jedem anderen Entwicklungsprozess<br />

gerät man auch in Sackgassen. Wir haben<br />

ein erfahrenes Team damit betraut, dieses Risiko<br />

abzufedern und freuen uns alle sehr über die<br />

Meilensteine, die wir bisher erzielen können.<br />

Die Plattform ist – mit unterschiedlichen<br />

Angeboten – sowohl für Forschungsinstitutionen<br />

als auch für Unternehmen<br />

zugänglich. Was ist der Vorteil dieses<br />

dualen Ansatzes?<br />

Akademische Forschung legt den Grundstein<br />

für innovative Materialien. Wir zeigen<br />

Forschern und ihren Studenten, wie sie unsere<br />

Technologie nutzen können, damit sie diese in<br />

der Industrie zu marktreifen Produkten entwickeln<br />

können.<br />

Ihr Standort befindet sich im Silicon<br />

Valley. Wie würden Sie den „Spirit“<br />

beschreiben? Welche Vorteile ergeben<br />

sich für Citrine daraus?<br />

Im Silicon Valley arbeiten viele Menschen mit<br />

hoher Motivation daran, neue Technologien<br />

zu entwickeln und zu skalieren. Durch diese<br />

Innovationen wird sich die Art und Weise, wie<br />

wir zusammenleben, maßgeblich verändern.<br />

Der Vorteil des Standorts ist die Nähe zu<br />

talentierten Entwicklern, Wissenschaftlern und<br />

anderen Experten, die diese neuen Ideen in die<br />

Tat umsetzen. Es ist wirklich ein aufregender<br />

Ort.<br />

Zu Ihren Aufgaben gehört unter anderem<br />

die Auf bringung von Kapital für<br />

weiteres Unternehmenswachstum. Was<br />

sind für Sie die wichtigsten Überlegungen<br />

bei einer Kapitalrunde?<br />

Wir wollen mit Investoren zusammenarbeiten,<br />

die unsere Mission verstehen, uns unterstützen<br />

können und über Kontakte zu potenziellen<br />

Mitarbeitern, Experten und Kunden verfügen,<br />

die uns dabei helfen können, den nächsten<br />

Schritt erfolgreich zu setzen.<br />

Mit B&C Innovation Investments haben<br />

Sie einen Investor aus Österreich. Warum<br />

haben Sie sich dafür entschieden?<br />

B&C Innovation Investments teilt unsere Werte<br />

und unser Bekenntnis zu Spitzenleistungen.<br />

Außerdem verstehen wir auch, wie wichtig es<br />

ist, einen Partner in Europa zu haben, da sich<br />

hier einige der renommiertesten und wichtigsten<br />

Material- und Chemieunternehmen<br />

weltweit befinden.<br />

Welche Meilensteine sehen Sie für<br />

Ihr Unternehmen in den kommenden<br />

Jahren?<br />

Wir sind Marktführer im Bereich der Materialinformatik.<br />

Wir unterstützen führende<br />

Material- und Produkthersteller dabei, mit<br />

Hilfe unserer Technologieplattform am Markt<br />

Erfolg zu haben. Wir wollen unser Kundenportfolio<br />

deutlich ausbauen.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

106<br />

Impressum<br />

MEDIENINHABER<br />

UND HERAUSGEBER<br />

B&C Industrieholding GmbH<br />

Universitätsring 14, 1010 Wien<br />

T +43 1 531 01 - 0<br />

E office@bcholding.at<br />

www.bcholding.at<br />

KONZEPT UND GESTALTUNG<br />

Projektagentur Weixelbaumer<br />

www.projektagentur.at<br />

Projektleitung: Christine Weixelbaumer<br />

TEXT<br />

Alexandra Kropf<br />

Tino Schulter<br />

DRUCK<br />

Gutenberg-Werbering<br />

Gesellschaft m.b.H.<br />

LEKTORAT<br />

Helmut Maresch<br />

www.typokorrektor.at<br />

BILDNACHWEISE<br />

Robert Maybach, AMAG Austria Metall AG, Lenzing AG,<br />

Semperit AG Holding, gettyimages, Zsolnay Verlag,<br />

Heribert Corn, Christina Anzenberger-Fink TTTech, Citrine, Flightkeys, KINEXON,<br />

Christina Anzenberger-Fink<br />

Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem <strong>Jahrbuch</strong> darauf verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen<br />

zu verwenden. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie<br />

sich auf Männer und Frauen in gleicher Weise.


B & C<br />

JAHRBUCH 2018<br />

110

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