Fraenkische-Nacht-September-2019-ALLES
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gertrud Turban – die älteste<br />
aktive Künstlerin Bambergs<br />
Ein Porträt<br />
mit Soß´<br />
Dass Kunstweltveränderer und Pop-Art-Erfinder Andy Warhol<br />
mit Kultwirt Helmut Kann von „Helmut´s Hofschänke“<br />
und der Bamberger Künstlerin Gertrud Turban ein brauner<br />
Soßenrest verbindet, klingt unglaublich, ist aber wahr. Denn<br />
Bambergs vermutlich älteste noch aktive Malerin hat in der<br />
Gaststätte auf Gut Leimershof Spuren hinterlassen, die nun<br />
in Andy Warhol-Manier Wände und Werbematerial der Gaststätte<br />
verschönern. Auch sonst hat die rüstige Dame künstlerische<br />
Zeichen in Bayern hinterlassen, unter anderem im<br />
Münchner Maximilianeum und in der Bamberger St. Urban-<br />
Kirche. Im FN-Interview nahm sich die 94jährige Bambergerin<br />
die künstlerische Freiheit, auf ein bewegtes Leben zurückzublicken.<br />
Als junge Kunststudentin haben<br />
Sie direkt nach dem Krieg<br />
die zerstörten Wandmalereien in<br />
den Galerien des Münchner Maximilianeums<br />
wiederhergestellt<br />
und renoviert...<br />
Gertrud Turban: Ja, mein erster<br />
Auftrag. Ich war von 1946 bis 1951<br />
Studentin an der Akademie für Bildende<br />
Künste in München. Unser<br />
Professor hat vier Studierende für<br />
diesen Auftrag ausgesucht. Vier<br />
Wochen haben die Arbeiten gedauert.<br />
Sie haben bei den Renovierungsarbeiten<br />
nicht allzu viel<br />
verdient. Irgendwo war zu lesen<br />
zehn Mark?<br />
Ja, aber nicht zehn Mark die Stunde.<br />
Sondern zehn Mark am Tag.<br />
Aber wir waren arme Studentinnen<br />
und Studenten, gell. Wir waren<br />
da froh. Wir haben sogenannte<br />
„Laufende Hunde“, das sind sich<br />
überschlagende Wellen, und Ranken,<br />
die sich über die Wände ziehen,<br />
renoviert. Der älteste von uns,<br />
Günter Voglsamer, hat ein sehr<br />
großes Wandfresko nur nach einem<br />
verbliebenen Schwarz-Weiß-<br />
Foto bearbeitet, das berühmte<br />
Persönlichkeiten aus Kunst und<br />
Wissenschaft in Bayern zeigt.<br />
Und es war ja sicherlich eine<br />
Auszeichnung, dort arbeiten zu<br />
dürfen...<br />
Ja, klar. Und ich habe jedenfalls<br />
wieder ein Semester untermauern<br />
können. Wir haben früher im Krieg<br />
in München gewohnt und sind<br />
komplett ausgebombt worden. Es<br />
war alles weg. Wir sind dann nach<br />
Traunstein gegangen.<br />
Hat man nicht über Ihre<br />
Entscheidung, direkt nach dem<br />
Krieg Kunst zu studieren, den<br />
Kopf geschüttelt?<br />
Oh, ja. Diese Entscheidung fand<br />
wenig Verständnis. Einmal musste<br />
ich zu einer Behörde, da saß<br />
ein Beamter hinter einem großen<br />
Tisch. Und obwohl dort ein Besucherstuhl<br />
war, durfte ich mich<br />
nicht setzen. Und er wollte mich<br />
wegen meiner Studienentscheidung<br />
niedermachen. Da habe ich<br />
gefragt: „Und Kunst - ist die überhaupt<br />
nicht wichtig für den Wiederaufbau?“<br />
Sie haben ja schon so viel erlebt:<br />
Wie fühlt man sich denn als<br />
vermutlich älteste aktive Künstlerin<br />
Bambergs?<br />
Es sind schon viele gestorben. Obwohl<br />
einige doch schon sehr alt<br />
Gertrud Turban<br />
wurden. Kunst machen und Rumwursteln<br />
hält jung. Großformatige<br />
Bilder mache ich keine mehr, ich<br />
kann nicht mehr lange gut stehen.<br />
Aber ich mache noch kleine<br />
Karten, etwa Glückwunschkarten.<br />
Dazu hat mir meine Tochter nach<br />
einem längeren Krankenhausaufenthalt<br />
geraten. Und diese kleinen<br />
Malereien tun mir gut.<br />
Sie sind auch in der St. Urban-<br />
Kirche öffentlich tätig gewesen?<br />
Ja, da gab es nackte Nischen in<br />
den Kirchenwänden, die sollte ich<br />
mit Heiligen verzieren. Zuhause<br />
Künstlerische Arbeit braucht<br />
Kraft, auch körperliche.<br />
4 www.fraenkische-nacht.de