civitzas 04, Fronleichnam 2019
Brücken bauen
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FAMILIE<br />
ZUHAUSE<br />
Im Gespräch mit Familie Bajramović<br />
Liebe Familie Bajramović, Sie sind im Jahr 2013 mit<br />
Ihren Eltern aus Bosnien nach Köln gekommen. Leider<br />
mussten Ihre Eltern dann 2016 zurück nach Bosnien.<br />
Ihre Familie, bestehend aus 9 Familienmitgliedern lebt<br />
nun seit 6 Jahren in Köln.<br />
Sie wirken heute sehr gut integriert in die Kirchengemeinde.<br />
Ist das so oder täuscht der Eindruck?<br />
Der Eindruck täuscht nicht. Wir wohnten nach unserer<br />
Ankunft in Köln ja zunächst in dem Hotel auf der<br />
Frankfurter Straße. Da haben wir Marianne Arndt<br />
kennengelernt, die als Gemeindereferentin der Kirchengemeinde<br />
von St. Clemens und Mauritius die in dem<br />
Hotel lebenden Flüchtlinge mit Lebensmitteln versorgt<br />
hat. Wir haben Marianne Arndt gefragt, ob wir<br />
irgendwo irgendetwas tun könnten. Da wir während<br />
des Asylverfahrens keine Arbeitsstelle annehmen durften,<br />
wollten wir etwas tun, irgendwo helfen, statt den<br />
ganzen Tag im Hotel herum zu sitzen. Wir mussten<br />
da mehrfach nachhaken, da Marianne Arndt zunächst<br />
Vorbehalte hatte und eher skeptisch war. Sie hat etwas<br />
Zeit gebraucht, bis sie uns besser kennengelernt hat,<br />
und dann wurden wir auch zu einem Begegnungsfest in<br />
St. Mauritius eingeladen. Das muss etwa 2014 oder 2015<br />
gewesen sein. Da haben wir dann beim Auf- und Abbau<br />
geholfen. Ab 2016 haben wir dann auch im Don-Bosco-<br />
Club geholfen. Das ist dann so weitergegangen.<br />
Wie sieht es denn außerhalb der Gemeinde aus?<br />
Ich denke da auch vor allem an die Kinder und<br />
jungen Leute. An welchen Aktivitäten im Veedel<br />
nehmen Sie teil?<br />
Schon direkt ab 2014 haben wir geholfen, z. B. mit<br />
Übersetzungen. Über die WiKu (Anm. d. Red.:<br />
Willkommenskultur Mülheim) trainieren wir mittlerweile<br />
auch Kinder im Fußball. Wir nutzen unsere<br />
Freizeit für viele ehrenamtliche Aktivitäten.<br />
Wie kam es zu der Gemeindenähe? Ihre Familie<br />
ist ja nicht katholisch und trotzdem diese Nähe zu<br />
unserer katholischen Gemeinde.Wie erleben Sie<br />
die Kirchengemeinde? Gibt es etwas, was Ihnen da<br />
besonders auffällt?<br />
Über die Kirchengemeinde können wir nur Positives<br />
sagen. Wir haben viele Freunde gefunden, zu denen<br />
wir auch heute noch regen Kontakt haben. Wir pflegen<br />
diese Freundschaften, und das wird auch in der<br />
Zukunft so bleiben.<br />
Wenn Sie uns drei Dinge nennen sollten, die<br />
Ihnen in dem Zusammenleben hier besonders<br />
gefallen, welche fallen Ihnen da ein?<br />
Das Schulsystem mit den Ausbildungsmöglichkeiten<br />
und der Integration gefällt uns sehr gut. Die Unterstützung<br />
vom Staat ist wirklich gut, und als drittes<br />
gefällt uns hier die Kultur.<br />
Und jetzt die Gegenfrage, mit welchen drei Dingen<br />
haben Sie es besonders schwer?<br />
Schwierig war auf jeden Fall am Anfang der Unterschied<br />
zwischen den Kulturen. Das war schon<br />
schwierig, sich damit zurecht zu finden. Mit der<br />
deutschen Sprache zurecht zu kommen war und ist<br />
auch nicht so einfach. Das Dritte ist, dass man in<br />
vielen Dingen sehr viel Geduld haben muss.<br />
Es ist sicher nicht einfach, in einem völlig anderen<br />
Lebensraum Fuß zu fassen. Hat Ihre Familie<br />
hier in Köln schon so etwas wie Wurzeln schlagen<br />
können?<br />
Wir waren 1991 /1992 während des Bürgerkrieges<br />
ja schon einmal in Deutschland. Da war ich gerade<br />
mal so drei oder vier Jahre alt. Das hat mich schon<br />
geprägt. Als wir dann wieder zurück nach Bosnien<br />
kamen – es war ja nach dem Krieg auch sehr viel zerstört<br />
– habe ich mich dort nicht mehr wohl gefühlt.<br />
Seither fühle ich mich mehr hier zu Hause als in<br />
Bosnien. Ich empfinde das hier als mein Land, wo ich<br />
mich auch wohl fühle.<br />
Wo sehen Sie Ihre Zukunfts-Perspektive, vor<br />
allem für ihre Kinder?<br />
Das Hauptziel ist der Abschluss der Ausbildung, und<br />
auch für die Zukunft wollen wir uns weiterbilden.<br />
Die Fotos entstanden im Bürgerpark auf der Berliner Straße in Köln-<br />
Mülheim.<br />
„Wir haben viele Freunde gefunden,<br />
zu denen wir auch heute noch regen<br />
Kontakt haben. Wir pflegen diese<br />
Freundschaften, und das wird auch<br />
in der Zukunft so bleiben.“<br />
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