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Wie viel Geld

schuldet die Welt?

(Seite 24)

Charlie Shrem und die

„Prison Economy“

(Seite 6)

Beim Geldausgeben

glücklich werden

(Seite 25)

Richtig haushalten:

Die 50/30/20-Regel

(Seite 21)

D A I L Y

THEMA

€ 0,00

FINANZIELL GESUND

200 Jahre nach der Gründung will sich die Erste Group neu ausrichten. Statt als Bank sieht der

scheidende CEO Andreas Treichl das Unternehmen in Zukunft als „Financial Health Company“ –

und will durch Bildung die finanzielle Gesundheit der Kunden verbessern. (Seite 4)

Interview:

Andreas Brandstetter

(Uniqa)

Grafik:

Wie gratis ist

ein iPhone?

Porträt:

Die kleinste Bank

Deutschlands

Porträt:

Helma Sick und die

„Hausfrauen-Falle“

Eine klaffende Pensionslücke, zu lockere

Geldpolitik und langsame Prozesse: Andreas

Brandstetter geht mit der Politik

hart ins Gericht. Doch statt abzuwarten,

nimmt der CEO von Österreichs größtem

Versicherer, der Uniqa, Unternehmen

und Individuen in die Pflicht: Erstere

müssten Verantwortung übernehmen,

Zweitere sich bilden und informieren –

gerade, wenn es um Finanzbildung geht.

Mehr dazu auf Seite 38.

Smartphones werden regelmäßig um

einen Preis von null Euro angepriesen.

Doch ist ein iPhone 11 tatsächlich

kostenlos? Was kostet es letztendlich

wirklich, ein solches Gerät bei den

großen Mobilnetzanbietern zu kaufen?

Und ist es günstiger, ein Gerät separat

zum Handytarif zu erwerben?

Wir haben die Gesamtkosten für ein

iPhone 11 über 24 Monate hinweg verglichen.

Mehr dazu auf Seite 30.

Einen einzigen Mitarbeiter hat die wohl

kleinste Bank Deutschlands im badenwürttembergischen

Gammesfeld. Seit

zehn Jahren leitet Peter Breiter das

Institut – und ist dabei Bankdirektor

und Putzkraft in einem. Die Bank

schreibt wegen ihrer loyalen Kunden

Gewinne, steht aber wegen Regulierung

und Niedrigzinsen vor einer ungewissen

Zukunft.

Mehr dazu auf Seite 44.

Helma Sick, die Grande Dame der

Finanz beratung in Deutschland, ist seit

30 Jahren mit ihrem Institut Frau & Geld

aktiv. Sie ärgert sich über die Renaissance

der Hausfrauenehe – und die Folgen

finanzieller Abhängigkeit.

Mehr dazu auf Seite 41.

1


FORBES

Liebe LeserInnen,

FORBES

DEUTSCHSPRACHIGE AUSGABE

D A I L Y

EDITORIAL 2

falls Sie sich fragen, seit wann Forbes Zeitungen produziert, wieso

Sie in den Genuss kommen, diese Publikation in Händen zu halten,

und was das überhaupt alles soll, kann ich Sie beruhigen. Es hat

nämlich alles seine Richtigkeit.

Zur Erklärung: Vor einigen Monaten kam uns beim Fahren in

der Wiener U-Bahn die Idee, ein einmaliges, kostenloses Zeitungsprodukt

zu starten – um einen kleinen Beitrag zur Aufklärung rund

um ein hochgradig relevantes Thema zu leisten: Geld. Und Schulden.

Und die Abhängigkeit, die daraus entstehen kann. Denn das

Thema Finanzbildung wird in Österreich stiefmütterlich behandelt.

Wer aber sein Geld nicht ausreichend gut verwaltet, wer die

Kapitalmärkte nur als Casino sieht und nicht erklärt be kommt, was

es heißt, wenn die Zentralbank den Leitzins senkt, ist im Nachteil.

Mit einfachem Wissen und ein paar Tricks können wir alle

so haushalten, dass am Monatsende Geld übrig bleibt, das dann

wiederum gewinnbringend veranlagt wird. Denn natürlich sind

Schulden manchmal nicht zu vermeiden, etwa im Fall persönlicher

Schicksalsschläge – oft sind sie aber auch hausgemacht.

Auch deswegen haben wir uns entschlossen, Geschichten

zu erzählen, die positiv konnotiert sind und den Menschen zeigen

sollen, dass die ganze Thematik nicht so kompliziert ist wie

oft geglaubt. Und dass manche – vermeintlich unverständliche –

Zu sammenhänge in einer einfachen Grafik erklärbar sind.

Wir hoffen somit, dass dieses Projekt tatsächlich Anklang

findet – und einen kleinen Beitrag leistet, dass Sie ein bisschen besser

mit Ihrem Geld umgehen. Viel Freude bei der Lektüre!

Klaus Fiala

Chefredakteur

3 GRAFIK: DIE GESCHICHTE

DES GELDES

4 INTERVIEW: ANDREAS TREICHL

UND PHILIP LIST (ERSTE GROUP)

6 PORTRÄT: CHARLIE SHREM

8 FORBES-COVER: RAF CAMORA

9 INTERVIEW: INA PIRCHER

UND BRIAN RICO (FH DES BFI WIEN)

11 PORTRÄT: MATHIAS BINSWANGER

(UNIVERSITÄT ZÜRICH)

12 GASTKOMMENTAR: THOMAS ERTL

(UNIVERSITÄT WIEN)

13 GRAFIK: KONSUMAUSGABEN

(LÄNDER)

15 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:

FRED SMITH UND BILL GATES

17 PORTRÄT: INGEBORG ANKELE

(SHADES TOURS)

18 GASTKOMMENTAR: FLORIAN PRUCKER

(SCALABLE CAPITAL)

19 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:

SEAN PARKER UND JACK WELCH

21 GRAFIK: DIE 50/30/20-REGEL

22 PORTRÄTS: N26, SCALABLE CAPITAL,

BLUECODE

24 GRAFIK: DIE SCHULDEN DER WELT

25 PORTRÄT: MICHAEL NORTON

26 GASTKOMMENTAR: ASTRID KLEINHANNS-

ROLLÉ (WU EXECUTIVE ACADEMY)

26 GRAFIK: GEPLATZTE BLASEN

27 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:

JEFF BEZOS UND MARK ZUCKERBERG

28 GRAFIK: KONSUMAUSGABEN

(GENERATIONEN)

29 PORTRÄT: CLEMENS MITTERLEHNER

(SCHULDNERBERATUNG)

30 GRAFIK: WIE GRATIS IST EIN IPHONE?

31 GRAFIK: WARUM HABEN MENSCHEN

SCHULDEN?

Verleger, Herausgeber,

Medieninhaber und Hersteller:

FEB29 Medien- und Verlags GmbH

Verlags- und Herstellungsort: 1010 Wien

Sitz des Herausgebers: Riemergasse 14/14–15, 1010 Wien

Geschäftsführung: Heidi Aichinger

Herausgeberin: Heidi Aichinger

(heidi.aichinger@forbes.at)

Chefredakteur: Klaus Fiala

(klaus.fiala@forbesdach.com)

Leitende Redakteurin: Andrea Gläsemann

(andrea.glaesemann@forbes.at)

Redaktion: Chloé Lau

(chloe.lau@forbes.at)

Freie Autoren (redaktion@forbes.at):

David Hanny, Julia Herrnböck

Fotografen: Thomas Berberich, Thomas Dashuber, Farido Davis, Gianmaria

Gava, Pascal Kerouche, Peter Rigaud, Martin Schoeller, Jiri Turek & Jana Jaburkova,

David Višnjić, Slavica Ziener

Brand Movement / Digital Strategies:

Kevin Chi, Helena Guschlbauer

Art Direction: Christof Nardin

Grafikdesign: Michael Simic

Infografik / Illustration: Valentin Berger

Lektorat: Bernhard Paratschek, Coralie Riedler,

Sabine Till

Sales: Stefan Löffelmann (Leitung,

stefan.loeffelmann@forbes.at), Gregor Artner

(gregor.artner@forbes.at), Patrick Jamöck

(patrick.jamoeck@forbes.at), Nina Hanel

(nina.hanel@forbes.at)

Officemanagement:

Agnieszka Turlejska (agnieszka.turlejska@forbes.at)

Abo-Service: abo@forbes.at,

Tel.: +43 (1) 361 70 70-690

Druck: Ferdinand Berger & Söhne GmbH,

Wiener Straße 80, A-3580 Horn

FORBES USA

Editor-in-Chief: Steve Forbes

Chief Content Officer: Randall Lane

Art & Design: Robert Mansfield

Editorial Director (International

Editions): Katya Soldak

Forbes Media President & CEO: Michael Federle

Senior Advisor, International: Tom Wolf

Founded in 1917:

B. C. Forbes, Editor-in-Chief (1917–54)

Malcolm S. Forbes, Editor-in-Chief (1954–90)

James W. Michaels, Editor (1961–99)

William Baldwin, Editor (1999–2010)

Copyright @ 2019 Forbes LLC. All rights reserved. Title is protected through a

trademark registered with the U.S. Patent & Trademark Office.

@FORBESDACH

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FORBESDACH

FORBESDACH.COM

#FORBESDACH

31 TIPPS UND TRICKS: SIEBEN REGELN

32 FORBES-COVER: PAMELA REIF

33 INTERVIEW: FRANZ BECK

(PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT)

35 BERICHT: DIVERSITY-MANAGEMENT

(BILLA UND TÜV)

36 GRAFIK: 1.000 € INVESTIEREN

37 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:

WARREN BUFFETT UND OPRAH WINFREY

38 INTERVIEW: ANDREAS BRANDSTETTER

(UNIQA)

41 INTERVIEW: HELMA SICK (FRAU & GELD)

43 PORTRÄT: GORAN MARIC (THREE COINS)

44 PORTRÄT: DIE KLEINSTE BANK

DEUTSCHLANDS

46 TIPPS UND TRICKS FÜR SICHERE

FINANZEN


FORBES

EINE KURZE

GESCHICHTE DES GELDES

E-Banking, Bitcoins und Bezahlen mit dem Smartphone sind heute keine exotischen Neuerungen mehr.

Doch die 130.000 Jahre lange Geschichte des Geldes offenbart diverse Überraschungen – etwa, dass es

selbst Münzen und Papiergeld erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum gibt.

Text: Redaktion

Infografik: Valentin Berger

Quelle: Visual Capitalist

D A I L Y

VORGESCHICHTE

128.000 v. Chr.

Menschen in Afrika

handeln Ressourcen

über große Distanzen.

80.000 v. Chr.

Die ersten Handelsrouten

beginnen,

sich auszubilden.

9.000–6.000 v. Chr.

Tiere und Pflanzen

werden als erste

Tauscheinheit genutzt.

687 v. Chr.

In der westlichen Welt

veranlasst König Alyattes

von Lydien (heutige

Türkei) die Herstellung

von Metallmünzen.

1.000 v. Chr.

Im Westen Chinas

führt man während der

Zhou-Dynastie Münzen

als Zahlungsmittel ein.

DIE ANFÄNGE

1.300 v. Chr.

In Teilen von Asien,

Afrika und Europa

sind Muscheln eine

Zahlungs methode.

GOLD UND GELD

3.000 v. Chr.

In Babylonien

(heutiger Irak) entstehen

die ersten Banken.

Angelegt werden dort

Getreide, Vieh, landwirtschaftliche

Werkzeuge

sowie wertvolle Metalle.

GESCHICHTE DES GELDES

806 n. Chr.

Aufgrund eines Kupfermangels

lässt der

chinesische Kaiser Hien

Tsung Papierbanknoten

1275

Die Reisen von Marco

Polo bringen das Wissen

über Papierbanknoten

nach Europa – über

400 Jahre später.

1661

Weitere 200 Jahre

später werden in

Schwe den die ersten

europäischen Papierbanknoten

hergestellt.

1950

Die erste Kredit karte

(Diner’s Club) wird

veröffentlicht.

DIGITALES GELD

1879

Auch die USA führen

den Goldstandard ein.

Er wird allerdings

1933 wieder abgeschafft.

1860

Western Union führt

den ersten elektronischen

Geldtransfer

durch.

1816

In England wird

der Goldstandard

ein geführt.

FORBESDACH.COM

1967

In England wird der

erste Geldautomat

der Welt in Betrieb

ge nommen.

1999

Mobile Banking findet

Einzug in Europa.

2009

Mit Bitcoin wird die

erste digitale Währung

der Welt lanciert.

3


FORBES

FINANCIAL HEALTH

200 Jahre nach der Gründung will sich die Erste Group wieder neu ausrichten. Statt als Bank will der

scheidende CEO Andreas Treichl das Unternehmen als „Financial Health Company“ positionieren.

Dazu brauche es jedoch Wissen, so Treichl – und das ist nicht ausreichend vorhanden. Mit dem von

Philip List geführten Financial Life Park (FLiP) soll ein Beitrag dazu geleistet werden.

Text: Klaus Fiala, Heidi Aichinger

Fotos: Jiri Turek und Jana Jaburkova

D A I L Y FINANCIAL LIFE PARK

4

Eine Frage stellt Andreas Treichl

besonders gerne: Wer ist der

Spekulant? Ein Biobauer, der

Bananen züchtet, sie ein lagert,

reifen lässt und je nach Menge

und Preis an Lebensmittelhändler verkauft?

Oder ein Kunsthändler, der ein

Werk um zwölf Millionen US-$ kauft,

obwohl es eigentlich nur zehn Millionen

US-$ wert ist, und es danach um 15 Millionen

US-$ weiterverkauft? „Die Frage

konnte mir bisher nur ein junges Mädchen

richtig beantworten“, sagt Treichl. „Denn

alle meinen, der Kunsthändler sei ein Spekulant

– weil wir Spekulieren mit etwas

Bösem verbinden.“ Der eigentliche Spekulant

sei jedoch der Bananenhändler, der

nicht weiß, zu welchem Preis er verkaufen

kann. Der Kunsthändler agiert hingegen

mit fixen Preisen, spekuliert also nicht.

„Das ist eine der Sachen, die wir hier vermitteln

müssen“, so Treichl.

„Hier“ beschreibt in diesem Fall

den Financial Life Park (FLiP) der Erste

Group, wo Treichl an diesem Tag eine

Schülergruppe führt. Im Mai 2016 gegründet

und von Direktor Philip List geführt,

soll die Einrichtung Finanzwissen

vermitteln – vorrangig an Jugendliche

und Schulklassen, aber auch ältere Personen

sind willkommen. Das FLiP soll

dabei so früh wie möglich informieren

und aufklären, damit Menschen später

selbstbewusst Entscheidungen treffen

können. Dass eine solche Initiative gerade

von einer Bank kommt, die auch von

überzogenen Konten profitiert, wurde

öffentlich durchaus diskutiert. Das FLiP

setzt jedenfalls konsequent auf einen eigenständigen

Auftritt – auch, um die Unabhängigkeit

zu unterstreichen.

Das FLiP ist dabei Teil einer größeren

Neuausrichtung der Erste Group.

Seit geraumer Zeit spricht Treichl von

seinem Unternehmen nämlich nicht

mehr als Bank, sondern zunehmend als

„Financial Health Company“. Genauso

wie die körperliche Gesundheit ist die

finanzielle Gesundheit laut dem Banker

ein Grundbedürfnis, um ein glückliches

Leben zu führen. Und je mehr Treichl darüber

spricht, desto mehr stößt ihm der

Umgang mit dem Thema Financial Literacy

in Österreich auf. „In der Ausbildung

der Kinder wird viel zu wenig wirtschaftliches

Allgemeinwissen vermittelt.“ Und

tatsächlich sprechen die Zahlen keine positive

Sprache: Fast die Hälfte der Österreicher

gibt an, privat verschuldet zu sein,

und ein Viertel der Personen, die Schuldenberatungen

in Anspruch nehmen,

sind unter 30 Jahre alt. Insbesondere die

Konsumschulden sind in den letzten Jahren

massiv gestiegen – oft ist das Smartphone

einer der Gründe dafür.

Neben dem stationären FLiP am

Erste Campus reist seit Anfang April ein

umgebauter Bus („FliP2Go“) durch Österreich:

Bei Stopps in jedem Bundesland

wurden rund 8.000 Jugendliche

begrüßt, insgesamt hat die Einrichtung

bisher rund 60.000 Schüler erreicht.

Für Treichl bleibt das Thema jedenfalls

noch länger relevant, denn Anfang 2020

wird er als CEO der Erste Group von

Bernhard Spalt abgelöst. Treichl wechselt

als Aufsichtsratsvorsitzender in die

Erste Stiftung, den größten Aktionär der

Group, und will sich als solcher verstärkt

dem Thema „Financial Health“ widmen.

„Wir glauben fest daran,

dass Finanzbildung die Sicherheit

der Menschen massiv erhöht.“

Will sein Unternehmen als „Financial Health Company“ positionieren:

Andreas Treichl, der die Bank seit 1997 führt – und damit der längstdienende CEO unter

allen europäischen Bankern ist.

Herr Treichl, Sie haben gesagt, das

FLiP solle dazu beitragen, dass

Menschen vernünftige Finanzentscheidungen

treffen. Was war

denn die bislang unvernünftigste Finanzentscheidung,

die Sie getroffen

haben?

Andreas Treichl (AT): Mir vor 23

Jahren eine Harley-Davidson zu kaufen.

Ich habe sie mit 3.500 Meilen gebraucht

gekauft, jetzt hat sie 5.000. In 23 Jahren

bin ich also 1.500 Meilen gefahren. Hauptsächlich

fahre ich sie, um das Pickerl machen

zu lassen, drehe eine Runde um den

Ring. Es macht mir trotzdem Spaß.

Spielt das Thema Finanzbildung

heute eine größere Rolle als früher?

AT: Das glaube ich nicht. In der

Ausbildung der Kinder wird viel zu wenig

wirtschaftliches Allgemeinwissen

vermittelt und auch zu wenig in das Verständnis

von Geld und Finanzwirtschaft

investiert. Mit dem FLiP wollen wir einen

Beitrag leisten, der diesen Umstand

verändert. Das halten wir für eine unserer

wichtigsten Aufgaben, wir hegen insgeheim

die Hoffnung, dass mit den Schülergruppen

auch Lehrer mitkommen, die

dann in Sachen wirtschaftliches Wissen

mehr Druck machen. Wir glauben fest

daran, dass Finanzbildung die Sicherheit

der Menschen erhöht.

Eine Studie der Erste Group belegt,

dass Österreich beim Wirtschaftswissen

schlecht abschneidet. Kaum einer

konnte etwa erklären, was das BIP ist.

Ein österreichisches Phänomen?

Philip List (PL): Nein, das gibt es

weltweit. Und bei Financial Literacy gibt

es auch unterschiedliche Studienergebnisse

– mal besser, mal schlechter. Der Punkt

ist, dass wir im FLiP feststellen, dass das

Wissen nicht ausreichend vorhanden ist.

Ist das hierzulande geringe Interesse

an wirtschaftlichen Zusammenhängen,

etwa im Vergleich zu den USA,

dafür verantwortlich?

PL: Ja, auch.

AT: Amerika hat eine Kapitalmarktkultur,

und damit kommt ein großes

Problem auf Europa zu, mit dem sich

die Politik nicht ausreichend auseinandersetzt.

Denn es gibt nur zwei Länder

in Europa, die über einen funktionierenden

Kapitalmarkt verfügen: die Schweiz,

die kein Mitglied der Europäischen

Union ist, und Großbritannien, das die

EU gerade verlässt. Das Thema geht weit

über die Finanzbildung hinaus und zieht

sich tief in die Politik – und zwar in allen

Ländern. Da herrscht eine Furcht und

eine Abneigung gegenüber allem, was

mit Kapitalmärkten zu tun hat. Das Verständnis

fehlt in unseren Breitengraden,

was wiederum riesigen Einfluss auf die

Wirtschaftsentwicklung hat.

Wie zeigt sich das?

AT: Das geht tief ins Gesellschaftsund

Steuerrecht, reicht sogar bis zum

Rechnungswesen. Unsere Buchhaltung

ist schuldenbasiert, während die USA

eine eigenkapitalbasierte Buchhaltung

führen. Unser Steuer- und Gesellschaftsrecht

bietet Anreize, die Gewinne möglichst

zu minimieren, um wenig Steuern

zu zahlen. An Kapitalmärkten braucht es

hingegen Transparenz, also versuchen

Unternehmen, hohe Gewinne auszuweisen,

um die Aktionäre zu befriedigen. Ich

sage nicht, dass wir wie die USA werden

müssen – aber ein bisschen mehr von

dem Denken bräuchten wir.

Was heißt das für die Bankenwelt?

AT: Die europäischen Banken sind

für die Wirtschaft wichtiger als die US-


FORBES

amerikanischen. In den USA finanzieren

die Geldhäuser „nur“ 25 % der Wirtschaft,

in Europa sind es 75 %. In unserer

Region sind es sogar 90 %, weil es eben

keinen Kapitalmarkt gibt. Das ist ein gesellschaftliches

Thema, und ein Teil davon

liegt auch in Financial Literacy.

Sie wollen aus der Bank eine „Financial

Health Company“ machen.

Inwiefern wird sich die Rolle als Financier

der Wirtschaft in Zukunft

ändern?

Wir sind der Meinung, dass die

Unternehmen eine Alternative zur Bankfinanzierung

brauchen – und diese könnte

der Kapitalmarkt sein. Wir sehen uns

weiterhin als Berater und Partner unserer

Kunden, weil wir der Überzeugung

sind, dass eine persönliche Beziehung

enorm wichtig ist. Bei uns entscheiden

niemals Algorithmen über eine Kreditvergabe.

Und auch wenn in der Zukunft

wahrscheinlich viele Transaktionen über

das Handy abgewickelt werden, wird es

die Möglichkeit, einen Berater anzurufen

oder einen Termin auszumachen, bei

uns immer geben. Das unterscheidet uns

auch wesentlich von den Start-ups. Daran

wird sich nichts ändern.

Soll das FLiP über Financial Literacy

somit auch den Zugang von Privatpersonen

zum Kapitalmarkt stärken,

Menschen also ermutigen, Geld etwa

in Aktien zu investieren?

PL: Unbedingt. Wir wollen mit

dem FLiP sehr wohl den Zugang von

Privaten zum Kapitalmarkt stärken. Mit

der „Kapitalmarkt Challenge“ stellen

wir Schulen die erste digitale Unterrichtseinheit

zur Verfügung, die 14- bis

18-Jährigen den Kapitalmarkt erklärt

und Ihnen auch das Thema Vorsorge

näher bringt. Zudem bieten wir im FLiP

spezielle Kapitalmarkttouren an, dass

dieses Thema Jugendlichen verstärkt

näher bringt. Für Lehrer stehen auf unserer

Webseite spezielle Unterrichtsmaterialien

zum Download bereit.

In einer anderen Station wird der

Unterschied zwischen Wert und Preis

nähergebracht. Wie?

PL: Wir erklären, dass es drei

unterschiedliche Arten von Wert gibt:

den emotionalen, den situativen – wie

die Flasche Wasser in der Wüste – und

den materiellen. Und wir beginnen immer

mit der Inflation und fragen: Was

bedeutet es, wenn du 1.000 € in diesen

Tresor einsperrst, das Geld nicht anlegst

und keine Zinsen bekommst?

AT: Man darf nicht vergessen,

dass hier eine Generation in eine Welt

wächst, die wir nicht kennen. Wir leben

in einer Zeit, in der ich Geld kostenlos

bekomme, aber nichts verdiene,

wenn ich es investiere. Das ist eine

ganz dramatische Änderung. Ich kriege

nichts auf mein Sparbuch, also muss

ich ins Risiko gehen. Was heißt zum

Beispiel Sparen? Heute heißt Sparen,

nichts auszugeben. Ob das Geld im

Tresor liegt oder in einer Bank, ist egal.

Ich gebe es nicht aus, aber ich bekomme

auch nichts dafür.

„Amerika hat eine Kapitalmarktkultur – und damit kommt ein großes Problem auf Europa zu,

mit dem sich die Politik nicht ausreichend auseinandersetzt. Das Thema geht weit über die Finanzbildung

hinaus und zieht sich tief in die Politik, und zwar in allen Ländern“, so Andreas Treichl.

Ein anderes Thema ist die Überschuldung

respektive Armutsgefährdung.

In vielen Ländern, in denen die Erste

Group tätig ist, sind die Zahlen dramatisch,

in Rumänien etwa sind 40 %

der Menschen armutsgefährdet. Gibt

es Überlegungen, das FLiP an andere

Standorte zu bringen?

PL: Durchaus, und sehr konkret

in Rumänien. Dort werden wir zunächst

mit einer mobilen Version auf die Straße

gehen und denken parallel dazu schon an

einen Ausstellungsraum. In der Slowakei

und auch in Tschechien gibt es Interesse,

und wir bringen aktuell die mobile Version,

das FLiP2Go, auch in die Bundesländer,

weil nicht alle Schüler nach Wien

kommen können. Also ja, wir expandieren.

Hinter dem FLiP steht ein Anliegen.

Es fühlt sich an wie ein Vermächtnis …

AT: Ich glaube nicht, dass es ein

Vermächtnis ist. Ich glaube, es ist ein Teil

unseres Gründungsauftrags. Wir wollen

den Menschen in der Region, in der wir

tätig sind, zu Wohlstand verhelfen – dazu

gehört Financial Literacy. Wir glauben,

dass es Menschen zu Wohlstand verhelfen

kann, wenn sie von früh an mehr

über das Finanzleben wissen und die

Zusammenhänge verstehen. Es ist eine

konsequente, relativ kostenintensive Investition

in die Zukunft unserer Region.

Inwiefern passt das FLiP in die Feierlichkeiten

der Erste Bank anlässlich

des 200-jährigen Jubiläums?

PL: Ich sehe es als einen logischen

nächsten Schritt zur Zweiten

Sparkasse. Vor zehn Jahren wurde sie

für all jene gegründet, die aus irgendeinem

Grund eine falsche Entscheidung

getroffen haben und in eine schwierige

Situation gekommen sind. Mit dem FLiP

hoffen wir, so viel Interesse bei Jugendlichen

zu generieren, dass sie am besten

gar nicht erst in diese Lage kommen.

Andreas Treichl ist seit 1997

Generaldirektor der Erste Bank

und seit 2008 CEO der Erste

Group. Diese Position hat Treichl

bis Jänner 2020 inne, dann übernimmt

Bernhard Spalt den CEO-

Posten. Treichl wird dann Aufsichtsratsvorsitzender

der Erste

Stiftung – und will sich dabei

vorrangig dem Thema „Financial

Health“ widmen.

Philip List ist Direktor des Financial

Life Park (FLiP) am Erste

Campus.

D A I L Y FINANCIAL LIFE PARK

FORBESDACH.COM

5


FORBES

„ALLES KANN GELD SEIN“

Charlie Shrem machte mit seinem Bitcoin-Start-up bereits in jungen Jahren Millionen.

Wegen Geldwäsche musste er dann aber ins Gefängnis. Dort wurden Makrelen als Währung

verwendet. Doch wieso? Und was hat das mit Bitcoin und Blockchain zu tun?

Ein Ausflug in die „Prison Economy“.

Text: Klaus Fiala

Foto: David Višnjić

D A I L Y

CHARLIE SHREM 6

„Bitcoin ist wie der Wilde Westen. Keine Ahnung, was da

alles passiert“, sagt Charlie Shrem, einer der ersten Bitcoin-

Unternehmer überhaupt, heute.

Ich war immer der Außenseiter, wenn es

um die Frage ging, wie die Welt funktioniert.

Ich denke, die Menschen sollten

frei sein können in dem, was sie tun.“

Wahrscheinlich war es dieser Drang

nach Freiheit, der Charlie Shrem an Bitcoin

reizte. 2011, als die Kryptowährung nur

Insidern bekannt war, stieß der New Yorker

auf das neue Zahlungsmittel.

Damals hatte kein Banker, kein

Regulator, kein Regierungsmitglied von

Bitcoin gehört. „Ich habe in einem Chatroom

davon erfahren. Jemand wollte mir

zeigen, wie Bitcoin funktioniert, und

überwies mir 30.000 Bitcoin, einfach

so. Ich schickte sie zurück. Heute wären

das rund 240 Millionen US-$“, erzählt

Shrem. Er hing an der Angel und begann,

alles zu lesen, was es über Bitcoin

gab – was zu dieser Zeit nicht besonders

viel war. Das Whitepaper des weiterhin

ano nymen Bitcoin-Begründers Satoshi

Nakamoto war noch die beste Dokumentation

für die digitale Währung.

Die Community war klein, Shrem

machte sich schnell einen Namen. „Wir

kamen alle in Wien zusammen, um uns

persönlich kennenzulernen. In einem

Café auf der Mariahilfer Straße wurde

dann von Gavin Andersen, Roger Ver,

Erik Voorhees, mir und einigen anderen

die Idee der Bitcoin Foundation entworfen.“

Doch allzu lose Zügel können

auch zu Schwierigkeiten führen. Denn

Bitcoin ist, wie Shrem sagt, „wie der Wilde

Westen. Keine Ahnung, was da alles

passiert.“ Gemeinsam mit einem Partner

gründete Shrem das Start-up BitInstant.

Sie wollten Bitcoin für die breite Masse

verfügbar machen. „Ich dachte: Wenn

viele Menschen Bitcoin schnell und

einfach verkaufen und kaufen könnten,

würde es sich schnell verbreiten.“ Das

Ding hob ab: BitInstant hatte schnell

über eine Million Locations – Supermärkte,

Tankstellen etc. –, wo man ganz

einfach Dollar gegen Bitcoin (und vice

versa) tauschen konnte. Doch die öffentliche

Aufmerksamkeit – Shrem sagt, er

war eines „der Gesichter von Bitcoin“ –

führte letztendlich zum Untergang.

Denn die Währung zog neben

visionären Träumern auch allerhand

Kriminelle an. So wurde über BitInstant

auch Geld gewaschen, etwa aus Drogendeals.

Shrem wusste das. „Ich war jung

und dumm“, sagt er heute – damals wurde

er zum Ziel der Staatsanwaltschaft.

Einerseits, weil offensichtlich war, dass

auf BitInstant nicht alles sauber war.

Andererseits, weil die Behörden einen

Schlag gegen die Szene machen wollten,

um ein Zeichen zu setzen: nämlich, dass

die USA eben nicht mehr der Wilde Westen

sind, sondern ein Land, in dem Gesetze

herrschen.

2014 musste Shrem ins Gefängnis.

Er wurde wegen Geldwäsche und

dem Operieren als Geldhändler ohne

Lizenz verurteilt. Etwas mehr als ein

Jahr verbrachte der Bitcoin-Pionier hinter

Gittern – und lernte dort die „Prison

Economy“ kennen. „Im Gefängnis gab

es zwei Märkte. Einmal den regulierten:

Jeder Insasse konnte einmal pro Woche

in einem von der Gefängnisleitung betriebenen

Shop einkaufen; etwa Thunfisch,

Makrelen, Shampoo und so weiter.“

Daneben hatte sich im Gefängnis

aber auch ein Schwarzmarkt entwickelt.

Die verschiedensten Dinge wurden da

getauscht, um auch an anderen Tagen

Waren und Dienstleistungen zu bekommen,

die es im Shop nicht gab. „Auf diesem

von den Insassen betriebenen Markt

gab es keine einheitliche Währung. Alle

betrieben Tauschhandel mit Dingen. Der

Typ, der mir meine Kopfhörer reparierte,

wollte Proteinriegel als Bezahlung.

Derjenige, der die Haare von anderen

schnitt, wollte nur Erdnussbutter.“

Doch auch im Gefängnis setzte

sich scheinbar eine Währung durch.

„Nach und nach fingen alle an, Makrelendosen

als Bezahlung zu akzeptieren.

Denn die hatten einen Nutzen – sie enthielten

etwa Protein – und setzten sich

als Wert durch.“ Also wurden Makrelendosen,

die rund 1,50 US-$ wert waren,

die Währung im Gefängnis. „Makrelen

waren auch deswegen ideal als Geld,

weil sie in ihrem Angebot begrenzt waren.

500 Insassen konnten maximal 14

Makrelendosen pro Woche und Person

kaufen. Es gab also eine eingebaute Verknappung.

Die maximale Menge im Jahr

ließ sich so berechnen: Insassen, 500,

mal Menge, 14, mal Anzahl der Wochen,

52.“ Es stellte sich heraus, dass das Gefängnis

eigentlich ein ideales Setting ist,

um Währungsdynamiken zu erklären.

„Die Dosen laufen nach drei Jahren

ab. Also entwickelte sich ein zweiter

Markt – ,Money Mack‘ genannt –, auf

dem die Insassen mit Dosen handelten,

die bald ablaufen. Einige Insassen nutzten

die Dosen, um Wert aufzubewahren.

Ein Typ hatte rund zehn Prozent aller

Money Macks gelagert, die dann aber

von den Wärtern beschlagnahmt wurden.

Die Gefängnisleitung schenkte die

dann her.“ Doch daraus entwickelte sich

Inflation – Hyperinflation sogar, denn

plötzlich hatte jeder Insasse Makrelendosen

im Übermaß, und die Währung

verlor ihren Wert. Das brachte Shrem

zum Nachdenken: Wie sicher sind Makrelendosen

in ihrem Wert?

Denn die Nachteile waren offensichtlich:

Sie können ablaufen und damit

ihren Wert verlieren, oder aus der

eigenen Zelle gestohlen werden. Shrem

überlegte sich ein digitales System (als

Gedankenexperiment): „Anstatt physischer

Dosen könnten alle digitale Versionen

austauschen.“ Doch wie könnte das

funktionieren? Denn im Gefängnis gab

es keine Computer.

Doch die dem zugrunde liegende

Technologie Blockchain ist nicht an digitale

Technologien gebunden – auch wenn

es in der realen Welt natürlich nicht ohne

sie ginge. Im Gefängnis müssten einfach

Insassen in Notizblöcken alle Transaktionen

festhalten (in Blockchain-Sprache

„Jemand wollte mir zeigen,

wie es funktioniert, und überwies

mir 30.000 Bitcoin. Ich schickte

sie zurück. Heute wären das rund

240 Millionen US-$.“

sogenannte „Nodes“). Shrem: „Man würde

zu einem dieser Insassen gehen und

ihm mitteilen, dass man Insasse A für einen

Haarschnitt zwei Dosen überweist.“

Insasse A schreibt das auf und notiert

somit die Transaktion. Und dann müsste

man – wenn man keinen zentralen Vermittler

haben will – alle Insassen, die

diese Transaktionen aufzeichnen, zusammenbringen.

Es gäbe also nicht nur

eine „Node“, sondern viele verschiedene.

Diese müssten sich regelmäßig treffen

und alle Transaktionen synchronisieren.

Shrem verbrachte die Zeit nach

seiner Freilassung damit, seinen Wissensrückstand

aufzuholen, und ist

heute wieder in verschiedene Kryptowährungsprojekte

involviert. „Manche

haben mich als Märtyrer bezeichnet. Ich

sehe das nicht so. Ich habe einen Fehler

gemacht – und meinen Preis gezahlt.“

Charlie Shrem stammt aus

New York, ist Mitgründer der

Non-Profit-Organisation Bitcoin

Foundation und war CEO und

Mitgründer des Bitcoin-Marktplatzes

BitInstant.


FORBES

Rahofer.

RUBRIK

THEMA

VORSTANDS-

VORSITZENDE 2064

An später denken lohnt sich. Weil PALFINGER mit seinen innovativen

„Lifting Solutions“ nicht nur an die Gegenwart denkt,

sondern auch jetzt schon an kommende Generationen und

ihre Umwelt. Das macht uns auch in Zukunft zu einem

nachhaltig erfolgreichen Global Player.

PALFINGER AG · 5101 Bergheim, Österreich · E-Mail h.roither@palfinger.com

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7


FORBES

D A I L Y

RAF CAMORA 8

MOGUL IN THE MAKING

Im April 2019 zierte der Rapper RAF Camora unser Cover. Am Höhepunkt

seiner Karriere angekommen verlässt der Wiener die große Bühne

nämlich, um Produzent und Geschäftsmann zu sein.

Ganzer Artikel: forbesdach.com/artikel/mogul-in-the-making


FORBES

VON DER SCHULBANK

ZUR ERSTE BANK

Die FH des BFI Wien für Wirtschaft, Management und Finance rückt die Praxisnähe bereits während des

Studiums in den Vordergrund. Im Gespräch: Vizerektorin Ina Pircher und Absolvent Brian Rico.

Interview: Chloé Lau

Fotos: Gianmaria Gava

D A I L Y

unsere Lehrende Stefanie Wöhl inne.

Daraus ergibt sich das EU-Forschungsprojekt

Diversity and Social Cohesion in

the European Union an unserer Hochschule.

Didaktisch gesehen sei gesagt:

Wir arbeiten immer so praxisorientiert

wie möglich.

Herr Rico, Sie haben im Sommersemester

2019 den Bachelor in Projektmanagement

und Informationstechnologie

abgeschlossen. Nun

arbeiten Sie bei der Erste Bank. Welche

Rolle spielte da die FH des BFI?

Brian Rico (BR): Die Erste Bank

zählt zu den Partnern der FH, ich absolvierte

bereits im vierten Semester mein

Praktikum dort. Später bot man mir eine

Stelle bei der Tochterfirma Erste Group

Services, in der IT-Abteilung für Projektund

Prozessmanagement, an. Die direkte

Wirkung meiner ehemaligen FH ist stets

spürbar: Ich arbeite derzeit an einem

Projekt mit fünf anderen FH-Studierenden,

bei welchem wir digitale Geschäftsprozesse

vereinfachen wollen. Diese

werden dann – sobald zufriedenstellend

– auch in den Echtbetrieb übernommen.

Ob im Praktikum oder im Beruf: Es war

immer schon so, dass die Arbeit der Studenten

tatsächlich Verwendung findet

und nicht nur ein theoretisches Konzept

bleibt.

Welche Inhalte aus der Studienzeit

blieben Ihnen besonders in Erinnerung?

BR: Im ersten Semester habe ich

die Teambuilding-Einheiten sehr genossen.

Durch diese Lehrveranstaltungen

habe ich mir eine Reihe an Social Skills

angeeignet, die auch später im Berufsleben

wichtig sind – auch als Führungskraft.

Das geht meiner Meinung nach auf

einer Universität unter, da die Größendimensionen

wichtige Lernerfahrungen

wie diese oft nicht erlauben. Auch Projektmanagement

– ein Fach, das ich von

Anfang bis Ende meiner Studienzeit zu

belegen hatte – zählt zu meinen positiven

Erinnerungen.

Frau Pircher, Sie sind Vizerektorin

und Studiengangsleiterin des Lehrgangs

Projektmanagement und IT.

Welche Menschen sitzen in Ihren

Klassen?

Ina Pircher (IP): Ein total bunter

Mix. Einerseits kommen viele HTL-Absolventen

zu uns, etwa auch Herr Rico,

die dann ein Vollzeitstudium bei uns

beginnen. Genauso heißen wir aber

auch HAK und AHS Absolventen bei

uns willkommen. Besonders die Kombination

von Informationstechnologie

und Projektmanagement scheint für

viele spannend zu sein. Wir bieten auch

Berufstätigen die Möglichkeit, in der

berufsbegleitenden Form bei uns anzufangen,

aber auch das Studieren ohne

Matura, durch Ergänzungsprüfungen

zusätzlich zu dem Aufnahmeverfahren

,welches alle Bewerber durchlaufen, ist

möglich. Die Klassengrößen sind überschaubar,

35 Plätze in einem Studiengang

sind pro Studienjahr frei, und trotzdem

zeigt sich jedes Mal eine diverse

Truppe. Insgesamt besuchen übrigens

circa 2.000 Studierende die FH des BFI.

Welche Schwerpunkte setzt die FH

des BFI im Studium?

IP: Wir betonen bewusst die

wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte

als Grundstein und ergänzen die Studienprogramme

dann noch durch spezifische

Ausbildungen, wie im Falle meines

Studienlehrgangs durch IT. Angepasst

an die heutigen Bedingungen und Anforderungen

am Arbeitsplatz setzen

wir auch Themen wie „New Work“ und

„New Business“ auf die Agenda.

Unsere starke Zusammenarbeit

mit der Europäischen Union spiegelt sich

ebenso in den Inhalten wider. So bieten

wir einen deutsch- und englischsprachigen

Studiengang namens Europäische

Wirtschaft und Unternehmensführung

an. Wir bringen uns aber auch in zahlreiche

Projekte der Europäischen Kommission

ein. Zu den aktuell laufenden

zählt zum Beispiel Refine, bei dem wir

Masterprogramme im Bereich Finanzen

an armenischen und moldawischen Universitäten

reformieren. Den bekannten

Jean-Monnet-Lehrstuhl hat momentan

Was ist die Besonderheit an einem

Studium an der FH des BFI Wien?

IP: Ganz klar die Diversität des

Teams wie auch die der Studierenden.

Das trägt in meinen Augen sehr zu einem

erfolgreichen Miteinander und dem

Erreichen von innovativen Zielen bei.

Daneben versuchen wir natürlich auch

immer wieder, den Studierenden ein Angebot

zu bieten, das über ihr Curriculum

hinausgeht: Wir bieten eine Reihe von

fachspezifischen Zertifizierungen an, die

wir zu einem besonders günstigen Preis

offerieren können. Dazu zählen etwa Beurkundungen

im Bereich Prozess- und

Qualitätsmanagement. Neu im Angebot:

die Zertifizierung Agiles Projektmanagement.

Es existieren zwar bereits Studiengänge

an der FH, die zur Gänze auf Englisch

gehalten werden, doch auch andere

Sprachen sind in der heutigen Zeit ein

klarer Vorzug. Das weiß auch der Rektor

unserer Hochschule, Dr. Andreas Breinbauer.

Als Experte für die Neue Seidenstraße

initiierte er zuletzt einen Chinesisch-Sprachkurs

samt interkulturellem

Training. Der Kurs war in kürzester Zeit

ausgebucht und die Nachfrage ist enorm.

Dieses Format wird es somit sicher ganz

bald wieder geben.

BR: Mir kommt bei dieser Frage

intuitiv die soziale Ebene, das gute Miteinander,

in den Sinn. Die überschaubare

Klassengröße und das gemeinsame Streben

nach dem Ziel Studienabschluss haben

uns alle zu einem Team werden lassen.

Ich bin immer noch in Kontakt mit

Kollegen von der FH.

Die Fachhochschule des

Bildungsinstituts BFI Wien wurde

1996 gegründet, der erste angebotene

Diplomstudienlehrgang

hieß „Europäische Wirtschaft

und Unternehmensführung“.

Heute zählt die FH rund 6.350

Absolventen, 2.130 aktive

Studierende und 665 Lektoren.

FH DES BFI WIEN

FORBESDACH.COM

9


FORBES

Intelligentes

Bauen braucht

kluge Köpfe.

RUBRIK

THEMA

FORBESDACH.COM

Bauen ist ein People Business. Der Einsatz und das Können aller

Projektbeteiligten entscheiden hier über den Erfolg. Seit fast 150

Jahren steht die PORR für Kompetenz, Engagement, Teamstärke

und Vielfalt – und ist laufend auf der Suche nach klugen Köpfen.

porr-group.com/karriere

10


FORBES

GLÜCKSBRINGER

Bringt mehr Geld mehr Glück? Ja und nein, sagt der Ökonom und Universitätsprofessor

Mathias Binswanger. Denn nur bis zu einem gewissen Punkt steigert Geld

unser Glücksempfinden – danach flaut der Effekt ab.

Text: Muamer Becirovic

Foto: Universität Zürich

Das Geld hat alles er- und überlebt:

Revolutionen, Kriege,

Ideologien wie den Sozialismus

und Kommunismus. Letztlich

hat keine Weltanschauung das

Geld erfolgreich aus der Welt schaffen können.

Das Zahlungsmittel wurde zu einem

wichtigen Gehilfen, um die Menschheit

aus der Armut zu heben und ihr zu Wohlstand

zu verhelfen. Der Westen ist heute so

wohlhabend, dass ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts

seine Bürger nicht zwangsweise

glücklicher machen muss. Aber wie

kam es so weit? Und was bedeutet das für

unsere wachstumsgetriebene Wirtschaft,

wenn sie auf die begrenzten Ressourcen der

Welt stößt? Ein Gespräch mit dem Ökonomen

Mathias Binswanger.

„Wenn die grundlegenden materiellen Bedürfnisse einmal gedeckt sind,

werden andere Dinge zentral für das Glück – etwa eine sinnvolle Arbeit oder

ein erfülltes Sozialleben“, sagt der Ökonom Mathias Binswanger.

Teufelszeug oder Glücksbringer?

Professor Binswanger steht im

grauen Anzug auf der Bühne und erläutert

in seinem Schweizer Dialekt der politischen

Elite Österreichs, dass man sich

mit Geld gegenwärtig doch alles kaufen

könne: Den Schlaf und Hunger mit chemischen

Substanzen, den Verstand mit

Büchern und Bildungsprogrammen –

lediglich beim Platz im Himmel klappe

das noch nicht so ganz. Das Publikum

schmunzelt. Doch wozu das ganze Geldverdienen,

stellt Binswanger weiterführend

als offene Frage in den Raum.

Binswanger ist nicht der Erste,

der diese Frage stellt. Die meisten Denker,

beispielsweise Aristoteles, begegneten

der Geldvermehrung mit einer

gewissen Distanz. Sie unterschieden

zwischen einer bedürfnisbefriedigenden

Wirtschaft und einer wachstumsgetriebenen

Geldwirtschaft. Die wenigsten

hingegen, etwa der Dichter François

Villon, sahen in der Geldvermehrung

den alleinigen Lebenssinn. Lange galt

das Geldvermehren als Teufelszeug. Erst

mit Adam Smith, der die These vertrat,

dass eigennütziges Verhalten allen zugutekomme,

änderte sich die Sicht darauf.

„Damit wurde die Gier des Menschen

salonfähig und letztlich zu einem

positiv gedeuteten Antrieb. Das Streben

nach möglichst hohen Gewinnen und

möglichst hohen Einkommen erscheint

uns heute völlig normal. Moralisch hinterfragt

wird erst dann, wenn es mit offensichtlichen

Kollateralschäden wie

Umweltschäden, Gefährdung der Gesundheit,

Kinderarbeit et cetera verbunden

ist. Die Menschen sind heute zwar

die gleichen wie zu Zeiten von Aristoteles,

aber es gibt in der heute existierenden

kapitalistischen Wirtschaft viel

mehr und bessere Möglichkeiten, Habgier

in wirtschaftlichen Erfolg zu verwandeln,

als in früheren Zeiten“, fasst

Binswanger zusammen.

Die Suche nach dem Glück

In Westeuropa sind nach der

Maslowschen Bedürfnispyramide die

physiologischen Grund- und Sicherheitsbedürfnisse

befriedigt. An der Pyramidenspitze

bleiben noch die Sozialund

Individualbedürfnisse wie auch die

Selbstverwirklichung an sich übrig. Zu

verdanken hat man das der Wirtschaftsentwicklung

seit der Mitte des 19. Jahrhunderts,

die mit wenigen Abstrichen

nur Wachstum kannte. Großbritanniens

Pro-Kopf-Einkommen vervielfachte sich

zwischen 1848 und 2016 von 3.172 auf

30.280 britische Pfund.

Doch führt ein immer größeres

Einkommen zu mehr Glück? „Wenn die

grundlegenden materiellen Bedürfnisse

einmal gedeckt sind, werden andere Dinge

zentral für das Glück, wie eine sinnvolle

und interessante Arbeit oder ein

erfülltes Sozialleben. Dazu kann mehr

Einkommen aber kaum etwas beitragen“,

so Binswanger. Die Zahlen geben

ihm recht: Laut dem World Happiness

Report von 2019 mag Großbritanniens

Wert auf der Glücklichkeitsskala zwischen

2005 und 2018 von 6,98 auf 7,23

gewachsen sein. Von 2007 bis 2015 stagnierte

oder verringerte sich dieser Wert

allerdings. Im reichen Österreich hat

sich der Wert zwischen 2013 und 2018

trotz Wirtschaftswachstums von 7,5 auf

7,4 verringert.

Zum Wachstum verdammt

Wenn uns größerer materieller

Wohlstand also nicht mehr glücklicher

macht, wieso muss die Wirtschaft dann

wachsen? Sie könnte doch auch stagnieren.

Flexibel war der Kapitalismus

ja schon immer. „Die Flexibilität ist eine

der Stärken des Kapitalismus. Wachstum

kann sowohl zu mehr Ungleichheit als

auch zu mehr Gleichheit in der Einkommensverteilung

führen, oder es kann mit

mehr oder weniger Umweltbelastungen

erfolgen. Das sind letztlich politische

Entscheidungen, mit denen man Einfluss

auf den Kapitalismus nimmt. Nur etwas

geht nicht: dem Wachstum Grenzen setzen!“

Laut Binswanger gibt es entweder

den Gang in eine Abwärtsspirale oder in

Wachstum: „Wir müssen wachsen; nicht

nur, um unseren Wohlstand auszubauen,

sondern auch, um ihn zu erhalten.“

Fällt das Wachstum aus, hat nicht

nur die Volkswirtschaft ein Problem,

sondern auch der Staat, dem Steuereinnahmen

wegfallen und der somit

auch die Wohltaten nicht mehr bezahlen

kann, die man bereits gewohnt ist. Befinden

wir uns mit unserem Wirtschaften

also nicht in einer Sackgasse? Binswanger:

„Der Kapitalismus ist ambivalent

und sowohl Segen als auch Fluch. So hat

das Wachstum einen materiellen Wohlstand

für die meisten Menschen in vielen

Ländern ermöglicht, der auch zu einer

drastischen Verbesserung der Lebensbedingungen

und der Gesundheit geführt

hat. Andererseits besitzt Wachstum

ein erhebliches Zerstörungspotenzial für

die natürliche Umwelt und trägt nicht

mehr zu weiterem Glück der Menschen

in hoch entwickelten Ländern bei. Das

Versprechen des Wachstums auf mehr

materiellen Wohlstand verliert so seine

Attraktion, ohne durch etwas Besseres

ersetzt zu werden.“

Das mag für einen Ökonomen

ungewohnt klingen, verdeutlicht aber

auch die diversen Diskussionen in der

Szene. Auf die provokante Frage, was

der Mensch denn letztlich überhaupt anstrebt,

weil er weder einen Kapitalismus

in Reinform noch die Abschaffung dessen

will, antwortet Binswanger: „Menschen

wollen letztlich zwei Dinge: einerseits

die Chance, nach oben zu kommen

und für Leistung belohnt zu werden, andererseits

wollen sie aber auch ein faires

System. In kommunistischen Ländern

waren die Menschen unzufrieden, weil

Leistung nicht belohnt wurde, und man

keine Chance hatte, sich zu verbessern.

Menschen sind aber auch nicht zufrieden

in Ländern, wo ein paar Prozent der

Bevölkerung ohne ersichtliche Leistung

einen enormen Reichtum haben, und

ein Großteil der Bevölkerung trotz Anstrengungen

nie auf einen grünen Zweig

kommt. In einer glücklichen Gesellschaft

sind die Einkommen weder extrem gleich

noch extrem ungleich verteilt.“

Mathias Binswanger ist ein

Schweizer Ökonom und

Universitätsprofessor an der

Fachhochschule Nordwestschweiz.

D A I L Y

MATHIAS BINSWANGER

FORBESDACH.COM

11


FORBES

WIE FUNKTIONIERT GELD?

D A I L Y GASTKOMMENTAR

12

DIE IDEE DES EURO – EINE ENGERE

WIRTSCHAFTLICHE UND

POLITISCHE ZUSAMMENARBEIT

VON STAATEN – IST NICHT

NEU. SIE IST ÜBER 1.000 JAHRE ALT.

Karl der Große führte zu einem erfolgreichen

Ende, was sein Vater begonnen

hatte: Auf seinen Befehl hin wurde im

Frankenreich – dem heutigen Frankreich

inklusive Teilen Deutschlands, Österreichs

und Italiens – ein Münzsystem

durchgesetzt, das auf antiken Grundlagen

beruhte und die westeuropäischen

Währungs systeme bis ins 19. Jahrhundert

mitbestimmte. Die einzige ausgeprägte

Münze war bis dahin der Pfennig

aus Silber, für den man sich zu Karls

Zeiten circa 30 Kilo Mehl kaufen konnte.

Um auch größere Zahlungen durchführen

oder berechnen zu können, bediente

man sich des antiken Rechensystems:

1 Pfund = 12 Solidi (Schillinge) = 240 Denarii

(Pfennige). Da Münzen in den

folgenden Jahrhunderten Mangelware

waren, wurde häufig in Geldeinheiten

gerechnet, aber in Naturalien, also landwirtschaftlichen

Produkten oder Rohstoffen,

bezahlt.

Dennoch war Karls Initiative

ein „Game Changer“: Das fränkische

Rechen system trug verschiedene Namen

(Pound, Shilling, Pence in England;

Livre, Sous, Deniers in Frankreich; Lira,

Soldi, Denari in Italien), bestimmte jedoch

das Geldsystem Westeuropas bis

zum Übergang zum Dezimalsystem im

19. Jahrhundert. Das mittelalterliche Europa

war ein politisch gespaltener Raum:

Fürsten und Stadtstaaten prägten ihre

eigenen regionalen Pfennige, die sich

in Aussehen und Gewicht von anderen

Währungen unterschieden. Auf Märkten

und Messen waren Geldwechsler eifrig

damit beschäftigt, den Tauschwert der

verschiedenen Münzen zu bestimmen.

Bemerkenswerterweise er folgten

aber bereits im Mittelalter erste Bemühungen,

Währungsräume über politische

Grenzen hinweg zu schaffen. Der

Berner Währungsraum beispielsweise

umfasste die Region zwischen Verona

(mittelhochdeutsch „Bern“) und dem

Tiroler Inntal und belegt, dass politische

Grenzen im Mittelalter nicht immer mit

den Währungsgrenzen übereinstimmten.

Die Tiroler Fürsten prägten ihre

Münzen nach Veroneser Vorbild und

trugen damit der Tatsache Rechnung,

dass Tirol und Norditalien wirtschaftlich

eng miteinander verbunden waren.

Seit dem 13. Jahrhundert wurde der englische

Pfennig (Sterling) in Frankreich,

den Niederlanden und im Rheinland

nachgeprägt, um Geschäfte in diesem

eng verflochtenen Raum zu erleichtern.

Seit dem späten Mittelalter

reichte der Silberpfennig, der unter

KOMMENTAR: THOMAS ERTL

Karl dem Großen eingeführt wurde, als

einzige ausgeprägte Münze nicht mehr

aus, denn zum einen hatte er über die

Zeit deutlich an Gewicht verloren (von

1,7 auf 0,2 Gramm), zum anderen hatte

sich das Handelsvolumen in Europa

und darüber hinaus wesentlich vergrößert.

Daher wurden dort, wo es Silbervorkommen

gab, größere Silbermünzen

geprägt: Kreuzer (4 Pfund), Groschen

(20 Pfund) und Silbergulden (1 Pfund).

In Italien wurden erstmals seit der Antike

wieder Goldmünzen geprägt, die

sich auch in den Ländern nördlich davon

verbreiteten. Diese Gulden oder

Dukaten wurden in das überlieferte

Rechensystem eingegliedert. Erst im 19.

Jahrhundert erfolgte von Frankreich

aus zunächst der Übergang zum Dezimalsystem

– in Großbritannien passierte

das erst 1971 – und in der zweiten

Jahrhunderthälfte der Übergang vom

Silberstandard zum Goldstandard; diesmal

von Großbritannien aus.

Die Entwicklung bis zum 20. Jahrhundert

lässt sich so zu sammenfassen:

Die Währungen in Westeuropa standen

in einem engen Austauschverhältnis zueinander,

lediglich an den Randgebieten

kam es zu Sondererscheinungen. Die jeweils

dominierenden Wirtschaftsregionen

beeinflussten mit ihren Rechen- und

Geldsystemen ihre Nachbarn. Im frühen

Mittelalter waren es die Franken, im späten

Mittelalter die Italiener, im 19. Jahrhundert

die Briten. Zur Senkung der

Transaktionskosten versuchten Staaten

seit dem Mittelalter, große, einheitliche

Währungsräume zu schaffen.

Andere Anstrengungen im

19. Jahrhundert vollzogen sich innerhalb

politischer Grenzen, etwa im Deutschen

Reich ab 1871, oder als Währungsunionen

zwischen meh reren Staaten. Beispiele

sind die Skandinavische Münz union

zwischen 1873 und 1914 oder die Lateinische

Münz union zwischen Frankreich,

Belgien, Italien und der Schweiz,

die zwischen 1865 und 1927 bestand.

Die eng ver flochtenen Wirtschafts- und

Währungssysteme Europas erlebten seit

dem Mittelalter gemeinsame Phasen der

Krise und der Expan sion.

Im 20. Jahrhundert wurde Währungspolitik

zu einem globalen Thema.

Im Abkommen von Bretton Woods von

1944 wurden eine internationale Währungsordnung

mit festgelegten Bandbreiten

für den Wechselkurs sowie

internationale Institutionen zu ihrer

Kontrolle (Weltbank, IWF) geschaffen.

Noch vor der Auflösung des Abkommens

schlossen sich die Länder der Europäischen

Gemeinschaft (EG) zu einem Verbund

mit festen Wechselkursen zusammen,

und die Arbeiten am gemeinsamen

europäischen Wirtschaftsraum begannen.

Spätestens seit 1970 wurde diese

Arbeit von der Idee einer einheitlichen

europäischen Währung begleitet.

Die Einführung des Euro stellt

eine neue Etappe in der langen Geschichte

der europäischen Währungsräume

seit Karl dem Großen dar. Allerdings gibt

es gewisse Unterschiede zur Vergangenheit:

Erstens sind die Europäer im Zeitalter

der Globalisierung nicht die Einzigen,

die durch eine Währungsunion

den wirtschaftlichen Aufstieg und die

Integration fördern möchten. Ähnliche

Bestrebungen gibt es in Afrika, Südamerika

und Südostasien. Aktuell umgesetzt

sind beispielsweise die Westafrikanische

Wirtschafts- und Währungsunion

( UEMOA) oder die Organisation Ostkaribischer

Staaten (OECS).

Zweitens sind moderne Währungsunionen

friedliche Zusammenschlüsse

zwischen Nationalstaaten, die

einen Teil ihrer eigenen Rechte aufgeben.

Diese Teilaufgabe wird demokratisch

diskutiert und ist selten unumstritten.

Drittens begleitet eine aktive

und teilweise hitzige theoretische Auseinandersetzung

von Ökonomen, Politikern

und anderen die moderne Währungspolitik.

Insbesondere in Beiträgen

zur „Theorie des optimalen Währungsraums“

wird über Vor- und Nachteile

von Währungsunionen nachgedacht.

Viele Wissenschaftler vertreten dabei

die Meinung, dass Währungsunionen

nur dann vorteilhaft sind, wenn Arbeit

und Kapital zwischen den Mitgliedstaaten

mobil sind. Was dies für die Zukunft

des Euro bedeutet, wird sich zeigen.

Eins steht in jedem Fall fest: Karl

der Große hätte heute zweifach Grund

zur Zufriedenheit. Seine Politik hat

Europas Währungen jahrhundertelang

geprägt, und das von ihm beherrschte

Frankenreich ist dauerhaft eine Zone

intensiver wirtschaftlicher Kooperation

geblieben.

Thomas Ertl ist ein österreichischer

Historiker. Seit 2011 ist der

in Innsbruck geborene Forscher

als Universitätsprofessor für

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

des Mittelalters an der Universität

Wien tätig. Seine Ausbildung

absolvierte er in Wien,

seine Habilitation machte Ertl

jedoch an der Freien Universität

Berlin. Dort war er auch von 1999

bis 2005 als wissenschaftlicher

Assistent tätig. Nach Stationen

am Deutschen Historischen

Institut in Rom und den Universitäten

Heidelberg, Göttingen

und Erlangen kehrte er für ein

Jahr nach Berlin zurück, bevor er

seine Professur in Wien begann.

Seine Forschungsschwerpunkte

sind die Wirtschafts- und

Sozialgeschichte des Mittelalters

sowie Globalgeschichte.


FORBES

DIE HAUSHALTE

DIESER WELT

Wie die Bewohner unterschiedlicher Staaten ihre finanziellen Mittel verwenden, unterscheidet

sich massiv. Während Japaner für Wohnen und Benzin ein Viertel ihres Budgets verbrauchen,

geben Russen für den Kostenpunkt Essen fast ein Drittel aus. Wie sieht es in der EU aus?

Text: Redaktion

Infografik: Valentin Berger

Quelle: visualcapitalist

D A I L Y

HAUSHALTSAUSGABEN 2013 IN PROZENT,

STEUERN INKLUDIERT

WOHNEN,

BENZIN ETC.

25,3

10,3

ESSEN

30,7

6,8

TRANSPORT

19

9,1

FREIZEIT

GESUNDHEIT

RESTAURANTS

UND HOTELS

10

8,2

1,5

2,6

1,7

20,9

KONSUMAUSGABEN

KLEIDUNG

3

9,2

EINRICHTUNG

7,3

3,3

KOMMUNIKATION

1,1

6,3

ALKOHOL

UND TABAK

8,3

0,5

BILDUNG

AUSTRALIEN

KANADA

EU-28

INDIEN

JAPAN

MEXIKO

1,1

RUSSLAND

SAUDI-ARABIEN

6,7

SÜDKOREA

USA

FORBESDACH.COM

Höchste Ausgaben (der jeweiligen Sparte)

Überdurchschnittliche Ausgaben

Unterdurchschnittliche Ausgaben

Niedrigste Ausgaben (der jeweiligen Sparte)

13


FORBES

RUBRIK THEMA

FORBES NR. 8—19

14

ERLEBEN SIE DIE KULTUR DER LOGISTIK.

LERNEN SIE UNS KENNEN!

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FORBES

GREATEST LIVING

BUSINESS MINDS

FRED

SMITH

BILL

GATES

D A I L Y

In den ersten Tagen von FedEx lief alles wie am Schnürchen,

bis dann die Ölkrise kam. 1973 wurde ein Embargo verhängt,

plötzlich stiegen unsere Kosten an und unser Cash schwand

täglich weiter. Ich besuchte damals mit einem Zocker Las Vegas.

Wir waren im Casino, er borgte mir Geld. Ich wusste aus

meiner Armeezeit, wie man Black Jack spielt.

Die Gewinnchancen beim Black Jack stehen eigentlich

nicht so schlecht – zumindest, wenn man weiß, wie man setzen

muss. Das Problem: Die meisten Leute bekommen Angst und

nehmen ihr Geld vom Tisch, wenn sie eigentlich verdoppeln

sollten. Ich hatte dieses Problem nicht. Ich habe 27.000 US-$

gewonnen und sie an das Unternehmen überwiesen.

Es geht die Geschichte herum, dass alleine dieses Geld

FedEx gerettet habe. In Wahrheit hatten wir damals schon so

hohe Schulden, dass 27.000 US-$ eigentlich keinen großen

Unterschied gemacht hätten. Aber diese Sache hat uns Hoffnung

gegeben und die Stimmung verbessert.

Kein Wirtschaftsstudent würde jemals Glücksspiel

empfehlen, um Geldprobleme zu lösen. Aber manchmal lohnt

es sich einfach, schon früh in seiner Karriere verrückt zu sein –

zumindest ein bisschen.

Fred Smith ist der Gründer von FedEx,

dem weltweit größten Anbieter für Versanddienstleistungen.

1975, als ich studierte, zeigte mir Paul Allen eine Ausgabe

von „Popular Electronics“. Dort war ein Artikel über den

Altair-8800-Computer, den ersten erfolgreichen PC. Wir

waren sicher, dass Software die Welt verändern würde. Wir

hatten beide Angst, dass die digitale Revolution an uns vorbeiziehen

würde, wenn wir uns ihr nicht bald anschließen. Das

Gespräch bedeutete das Ende meiner Studienzeit – und den

Anfang von Microsoft.

Die nächsten 100 Jahre werden viele neue Chancen

bringen. Da es für Menschen mit guten Ideen einfach ist, diese

mit der Welt zu teilen, steigt die Innovationsgeschwindigkeit.

Das eröffnet neue Gebiete, die wir entdecken können. Wir haben

erst begonnen, die Fähigkeiten von künstlicher Intelligenz

zu nutzen, um Menschen zu helfen, produktiver und kreativer

zu sein. Biotechnologie hilft uns, ein längeres Leben zu führen.

Fortschritte im Bereich der Energie machen sie leistbarer, was

Armut bekämpft und uns hilft, die schlimmsten Auswirkungen

des Klimawandels zu vermeiden. Das Potenzial für diese

Fortschritte ist atemberaubend – sie könnten das Leben von

Millionen Menschen verbessern. Doch sie sind nicht unausweichlich:

Diese Fortschritte werden nur passieren, wenn die

Menschen bereit sind, auf verrückte Ideen zu setzen.

Während einige davon nicht funktionieren werden,

könnte ein einziger Durchbruch die Welt verändern. Die Menschen

müssen an die Kraft von Innovationen glauben.

Bill Gates ist Gründer und war lange Zeit Chef

des Softwareunternehmens Microsoft.

Heute leitet er mit seiner Frau Melinda die

Bill & Melinda Gates Foundation, die sich

wohltätigen Zwecken widmet.

BUSINESS MINDS

FORBESDACH.COM

Text: Redaktion

Fotos: Martin Schoeller für Forbes US

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FORBES

Für uns ist

Integration

RUBRIK THEMA

FORBES NR. 8—19

16

kein Thema.

Gut so! Das Zusammenarbeiten unterschiedlicher Nationen war

bei McDonald’s noch nie ein Thema. Und darauf sind wir stolz.

Seit der Eröffnung unseres ersten Restaurants in Österreich 1977

arbeiten Menschen verschiedenster Kulturen bei und mit uns.

Heute sind bei uns rund 9.600 Mitarbeiter aus 91 Nationen tätig,

die bei uns gleiche Berufschancen finden und ergreifen können,

unabhängig von Alter, Geschlecht und Erfahrung. Das werden wir

auch in Zukunft so leben. Denn reden allein ist bei McDonald’s kein

Thema. Es braucht nachhaltiges Engagement – für Mensch, Umwelt

und Gesellschaft. Wir machen’s. Und nennen das Machhaltigkeit.

Mehr auf www.machhaltigkeit.at

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FORBES

ABSTURZ UND AUFSTIEG

Von einem Tag auf den anderen stand Ingeborg Ankele auf der Straße. Drei Monate lang

kämpfte sie um Sicherheit und Einkommen, bis sie ihre nunmehrige Arbeit beim Unternehmen

Shades Tours fand. Heute wäre sie vorbereitet.

Text: David Hanny

Fotos: David Visnjic

Nach der Trennung von ihrem damaligen Freund zog Ingeborg Ankele (Mitte) aus der gemeinsamen

Wohnung aus – mit bösen Konsequenzen. „Als die Haustür ins Schloss fiel, wusste ich: Jetzt bin ich

obdachlos.“ Ähnlich wie Ingeborg erging es in Österreich weiteren rund 16.000 Obdachlosen.

Wenn Ingeborg Ankele von

ihrer Zeit als Obdachlose

erzählt, tut sie das mit einer

Sachlichkeit, die man von

einer Betroffenen nicht erwarten würde.

Ihre „Krise“ liegt eineinhalb Jahre zurück,

dennoch wirkt sie ruhig. Als wir sie treffen,

lehnt sie in grünem Trägershirt und

dunkler Stoffhose an einem Brunnen in

der Wiener Innenstadt.

Ankele ist Tourguide bei Shades

Tours. Das Unternehmen bietet Führungen

an, im Zuge derer Interessierten

erklärt wird, was es heißt, obdach- und

wohnungslos zu sein. An diesem Septembertag

hat sich eine Gruppe von insgesamt

15 Leuten um sie versammelt.

Ankele erzählt detailreich von Hintergründen,

Gefahren, Alltagsgeschichten

und dem österreichischen Sozialsystem.

Dass sie jemals obdachlos sein würde,

hätte sie selbst nie gedacht, sagt sie.

Bis Februar 2018 lebt Ankele mit

ihrem damaligen Freund zusammen – zu

diesem Zeitpunkt dauerte die Beziehung

bereits zwölf Jahre an. Eines Sonntagabends

ist sie dann aber plötzlich zu

Ende: Nach einem Streit emotional aufgeladen

zieht Ankele aus. Ersparnisse

hat sie keine – und ihr Einkommen als

Fußpflegerin hat sie in die Renovierung

der gemeinsamen Wohnung investiert.

„Als die Haustür ins Schloss fiel,

wusste ich: Jetzt bin ich obdachlos“,

erinnert sie sich. Zu Freunden oder der

Familie will sie nicht, sie schämt sich

zu sehr. Stattdessen macht sich Ankele

zur Gruft auf, einer Betreuungseinrichtung

für Obdach lose der Wiener Caritas.

Dort bekommt sie ein Bett für die Nacht

und Beratung von Sozialarbeitern. Was

passiert ist, realisiert sie jedoch erst am

zweiten Tag. Die folgenden drei Monate

verbringt sie in Notschlafstellen und

Tageszentren für Hilfsbedürftige. Sie erlebt

viele Tiefs und wenige Hochs. Trotz

der schwierigen Situation versucht sie,

sich zu engagieren, bringt sich bei der

Verwaltung der Kleiderspenden in der

Gruft sowie der dortigen Essensausgabe

ein. Nach drei Monaten ohne Dach über

dem Kopf bekommt Ankele ein Bett in

einem der 21 Übergangswohnheime in

Wien. Doch nun wartet die noch größere

He rausforderung auf sie: Sie muss eine

eigene Wohnung finden. Nur mit Sozialhilfe

und ohne Job sei das fast unmöglich,

so Ingeborg Ankele.

Über ihren Bekanntenkreis erfährt

sie vom Unternehmen Shades

Tours, das Gründerin Perrine Schober

2015 ins Leben gerufen hat. Shades Tours

bietet Stadtführungen zu den Themen

„Armut & Obdachlosigkeit“, „Flucht &

Integration“ sowie „Drogen & Sucht“.

Das Ziel: Aufklärung anhand persönlicher

Geschichten und Fakten. Nach

etwas Training und mehreren Anläufen

wird Ankele zum Tourguide. Seit einem

Jahr führt sie nun monatlich Gruppen

durch die Wiener Innenstadt und erklärt,

was sie in ihrer Zeit als Obdachlose

erlebt hat. Sie ist geringfügig angestellt,

verdient knapp über 400 € pro Monat –

zusätzlich bekommt sie Notstandshilfe.

Seit zwei Monaten lebt sie in Wien-

Simmering.

Geldmangel, Unwissenheit

Die Art und Weise, wie Ingeborg

Ankele obdachlos wurde, ist kein Einzelfall:

Von den 16.000 Obdachlosen, die es

laut Schätzungen von Shades Tours und

des Fonds Soziales Wien (FSW) in Österreich

gibt, sind laut einer repräsentativen

Befragung des FSW 32 % auf eine plötzliche

Trennung oder Scheidung zurückzuführen.

Einzig Arbeitslosigkeit und

Geldmangel sind mit 42 % noch weiter

verbreitete Gründe für Obdachlosigkeit.

26 % sind zu leichtsinnig mit Geld umgegangen,

und bei mehr als je einem Fünftel

war die physische oder psychische

Gesundheit mit ein Grund. Besonders

gefährdet seien dabei Menschen über 50,

die keinen neuen Job mehr finden, sowie

junge Menschen unter 30, die Schwierigkeiten

mit dem Elternhaus oder ihrer

Ausbildung haben. Auffallend ist auch

das Geschlechterverhältnis: Drei Viertel

der Obdachlosen sind laut den Daten von

Shades Tours Männer, nur ein Viertel

sind Frauen. Dies sei laut Ankele darauf

zurückzuführen, dass Frauen oft in sogenannter

„versteckter Obdachlosigkeit“

leben und damit nicht erfasst würden.

Versteckte Obdachlosigkeit heißt, dass

die Person zwar nicht gemeldet ist, aber

dennoch nicht auf der Straße lebt, sondern

in einer Wohnung – nicht selten in

Form einer Zweckbeziehung. Ankele sei

während ihrer Obdachlosigkeit selbst

mehrmals von unbekannten Männern

angesprochen worden, ob sie für ein Bett

in einer Wohnung nicht putzen und kochen

würde, erzählt sie.

Dass solche Tatsachen kaum

kommuniziert werden, stört Perrine

Schober, Gründerin von Shades Tours.

„In der Schule waren Armut und Obdachlosigkeit

nie ein Thema“, meint

sie. „Und dann ist man als erwachsener

Mensch plötzlich damit konfrontiert.“

Daher gründete sie im Jahr 2015 Shades

Tours – das Prinzip der Obdachlosentour

kannte sie dabei bereits aus anderen

europäischen Städten wie Barcelona

oder London. Trotz des klaren Bildungsauftrags

und der sozialen Komponente

ist Shades Tours ein ganz normales

Unternehmen, dessen Mitarbeiter und

Tourguides eine Dienstleistung erbringen.

Die Tätigkeit bei Shades Tours soll

in erster Linie dabei helfen, zusätzliches

Geld anzusparen, um wieder unter ein

Dach zu finden. Zu den elf Guides kommen

noch drei Büroangestellte in der

Administration, einer davon war einst

selbst Tourguide.

Fluch und Segen

Vor der Gründung von Shades

Tours war Schober bei der Französischen

Zentrale für Tourismus in Wien

angestellt – und obwohl sie wusste, dass

der Schritt in die Selbstständigkeit kein

einfacher sein würde, war der Umstieg

hart. Schober drehte jeden Cent zweimal

um, was so weit ging, dass sie vor jedem

Arztbesuch überlegte, ob er nun wirklich

notwendig war, denn schließlich kostet

er Zeit und Geld (Selbstbehalt).

„Im ersten Jahr stand wirklich

nur das Unternehmen im Vordergrund,

mich selbst habe ich dabei oft vernachlässigt“,

meint sie. Am Ende habe es sich

aber ausgezahlt. „Wir schreiben heuer

voraussichtlich schwarze Zahlen, und

mittlerweile nehme ich mir auch wieder

regelmäßig Urlaub.“ Wenn die Nachfrage

nach den Touren gleich bleibt, wird

Shades Tours dieses Jahr zwischen

100.000 und 150.000 € Umsatz machen –

das sei zwar nicht viel, decke aber die

Kosten, so Schober. Seit der Gründung

vor dreieinhalb Jahren nahmen 30.500

Personen an Shades-Tours-Führungen

teil. Ihren Guides bietet Shades Tours

vor allem eines: eine Perspektive. Genau

daran mangelt es vielen Obdachlosen

laut Schober nämlich. Und das bringt

sie in eine Abwärtsspirale, aus der sie

nur schwer wieder ausbrechen können.

„Man muss wirklich sagen: Es gibt Hoffnung,

es zahlt sich aus“, so Schober. Damit

es gar nicht erst zu einer prekären

Situation kommt, sei auch der soziale

Rückhalt wichtig: „Ein guter Kontakt zu

Familie und Freunden kann viel verhindern.

Und am allerwichtigsten ist, mit

Sozialarbeitern zu reden.“

Die Erfahrung, dass es ohne Hilfe

von außen nicht geht, hat auch Ingeborg

Ankele gemacht. Nur dank der Hilfe von

Sozialarbeitern bekam sie ihren Platz

im Übergangswohnheim. Und der gab

ihr wiederum ein Ziel: eine eigene Wohnung.

Ohne eine gewisse Sicherheit sei

Sparen in der Obdachlosigkeit unmöglich,

meint Ankele. Heute legt sie regelmäßig

etwas Geld beiseite; auf eine unerwartete

Trennung wäre sie vorbereitet.

In Zukunft möchte sie neue Tätigkeiten

übernehmen und nicht mehr nur Tourguide

sein. Was sie aus den vergangenen

zwei Jahren gelernt hat? „Man muss auf

das Unerwartete vorbereitet sein.“ Und:

„Man darf sich niemals selbst aufgeben –

ganz egal, wie schlimm die Situation erscheint.“

D A I L Y SHADES TOURS

FORBESDACH.COM

17


FORBES

DIE WEICHEN FÜRS VERMÖGEN

KOMMENTAR: FLORIAN PRUCKER

D A I L Y

THEMA FORBES NR. 8—19

18

Mein erster Gehversuch an der Börse

war lehrreich, aber schmerzhaft. Mit

21 kaufte ich Aktien des US-Unternehmens

GameZnFlix, das DVDs per Postversand

verlieh. Das Geschäftsmodell

klang vielversprechend – trotzdem stellte

GameZnFlix 2008 den Betrieb ein.

Die Aktien wurden wertlos aus meinem

Depot ausgebucht, das Geld war weg.

Ein anderes Unternehmen, das Ende der

90er-Jahre mit einem ähnlichen Angebot

startete, ist heute an der Börse mehr

als 125 Milliarden US-$ wert: Netflix.

Der eine geht unter, der andere blüht auf.

Wer sich durchsetzt, ist kaum vorhersehbar.

Auf einzelne Firmen zu setzen

ist daher riskant. Ich bin froh, dass ich

diese Lektion schon jung lernen durfte.

Junge Menschen können nicht

früh genug anfangen, sich mit Finanzen,

Mit unserer Arbeit im Jetzt.

Mit unseren Ideen schon in der Zukunft.

TEAM WIEN ENERGIE.

Neue digitale Lösungen entwickeln, mit innovativen Ideen die Energiebranche

revolutionieren und dank neuester Technik die Zukunft mitgestalten: Als Teil

vom Team Wien Energie sind Sie immer den entscheidenden Schritt voraus und

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und vielen Karrieremöglichkeiten. Jetzt bewerben und durchstarten!

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der Börse und Vermögensaufbau zu befassen.

Ein Student oder Berufseinsteiger

hat vielleicht wenig Geld, aber eine

entscheidende Ressource, die doppelt

wirkt: Zeit. Wer früher anfängt, kann

länger anlegen, was Risiken verringert.

Und er profitiert stark vom Zinseszinseffekt.

Mit einer Investition in den

MSCI World ließen sich etwa von Ende

1988 bis Ende 2018 in Euro gerechnet

im Schnitt jährlich rund 7 % Rendite erzielen.

Ziehen wir von dieser Rendite

1 % jährliche Kosten für die Geldanlage

ab, dann werden aus 10.000 € in 30 Jahren

mehr als 57.000 €. Wer später mit

dem Vermögensaufbau startet und dieselbe

Summe bloß 20 Jahre lang anlegt,

käme nur auf 32.000 €.

Wer sich regelmäßig Zeit nimmt,

baut Wissen auf – und steht bald besser

da als jenes Fünftel der Österreicher

zwischen 18 und 29 Jahren, das sich laut

dem Österreichischen Bankenverband

nicht in der Lage sieht, wichtige Finanzentscheidungen

selbstständig zu treffen.

Sechs Regeln erleichtern den Start

Geldanlage und Vermögensaufbau

sind keine Hexerei. Ein paar einfache

Regeln helfen, die Weichen richtig zu

stellen. Die erste: keine Konsumschulden

machen. Mit Geld, das man anlegen könnte,

jahrelang einen Kredit zu tilgen, frustriert.

Wer regelmäßig Geld zurücklegt,

der sollte Regel zwei beachten: nicht mit

Girokonto oder Sparbuch sparen. Dorthin

gehört der Notgroschen, mehr nicht,

denn die Zinsen sind meist niedriger als

die Inflationsrate. Ein Vermögen lässt

sich so nicht aufbauen. Hierfür braucht

WERDEN SIE

TEIL UNSERES

TEAMS:

wienenergie.at/karriere

Wien Energie, ein Partner der EnergieAllianz Austria.

es Anlageformen, bei denen die Aussicht

auf höhere Renditen besteht, etwa eine

Investition an der Börse.

Wer einwendet, das sei nur etwas

für Menschen, die ein großes Vermögen

haben, irrt. Schon mit zweistelligen Beträgen

pro Monat lässt sich an der Börse

investieren. Hierfür sollten Studenten

und Berufseinsteiger einen Sparplan

einrichten (Regel drei). Ohne hohe Einstiegshürde

verankern sie das Anlegen

so in ihrem Leben. Meinen Fehler, in ein

einzelnes Unternehmen zu investieren,

sollten junge Leute vermeiden. Eine gute

Geldanlage ist breit diversifiziert – das ist

Regel vier. Mit einem Investment in den

MSCI World streut ein Anleger sein Risiko

über gut 1.600 Unternehmen in 23

Ländern. Regel fünf lautet: die Kosten

der Geldanlage niedrig halten. Das heißt

nicht nur, teure Finanzprodukte zu meiden,

sondern auch, unnötig häufiges Kaufen

und Verkaufen zu unterlassen.

Schutz vor Fehlentscheidungen

Letzteres klingt leichter gesagt

als getan, wenn es an der Börse auf und

ab geht. Doch Anleger sollten sich vor

emotionalen Fehlentscheidungen schützen.

Daher Regel sechs: regelbasiert anlegen.

Bei regelbasierten Anlage modellen

entscheiden weder Bauchgefühl noch die

Meinung eines Fondsmanagers über Kauf

oder Verkauf. Stattdessen überwacht eine

Software das Portfoliorisiko und schichtet

bei Bedarf automatisch um. Am einfachsten

geht regelbasiertes Anlegen mit

einem sogenannten „Robo Advisor“, einem

digitalen Vermögensverwalter.

Die sechs Regeln zu beherzigen ist

nicht schwer – kein Grund also, sich von

einer Geldanlage an der Börse abhalten

zu lassen. Schaut man sich die niedrige

Aktienquote in Österreich an, scheinen

die Vorbehalte jedoch groß. Dabei sind

Ängste bei einem langfristigen Anlagehorizont

in der Regel unbegründet. Wer

als Student oder Berufsanfänger mit der

Vorsorge fürs Ruhestandsalter beginnt,

hat mehr als 30 Jahre Zeit. Ein Rückblick

auf den MSCI World seit 1975 zeigt: Wer

in den Index investiert hat, hat in Euro

gerechnet bei einer Anlagedauer von

mindestens 15 Jahren nie einen Verlust

gemacht. Selbst wer Ende 2007, also kurz

vor der Finanzkrise, eingestiegen ist, kam

in den elf Jahren bis Ende 2018 auf eine

durchschnittliche Jahresrendite von 6 %.

Eine Garantie für die Zukunft ist

das natürlich nicht. Es zeigt aber, dass

langfristige Anleger mit einer breit gestreuten

Anlage zuletzt gut gefahren sind.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf sollten

sich junge Leute ihrer Alters vorsorge

widmen. Der beste Zeitpunkt, damit anzufangen,

ist heute.

Florian Prucker ist Gründer und

Geschäftsführer von Scalable

Capital, einem Anbieter für

digitale Vermögensverwaltung

mithilfe eines Robo Advisors.

Der gebürtige Innsbrucker studierte

Betriebswirtschaft und

Elektronik an der TU München.


FORBES

GREATEST LIVING

BUSINESS MINDS

SEAN

PARKER

JACK

WELCH

D A I L Y

Ich war an vielen innovativen Ideen und Unternehmen beteiligt

– nicht, weil sie ‚in‘ waren, sondern weil sie mich neugierig

machten; nicht weil sie Mode waren, sondern meine intellektuelle

Neugierde weckten. Während etwa Experten der

Plattenindustrie nicht glauben wollten, dass Musik im Internet

jemals Mainstream werden würde, und viele verneinten,

dass Social Media jemals von Erwachsenen und nicht nur von

Collegestudenten genutzt würden, habe ich mich immer dafür

entschieden, konventionelle Weisheiten zugunsten jener

Ideen, die mich interessierten, zu ignorieren. Die Erfindungen

der Zukunft beginnen mit intellektueller Neugier und einer

gesunden Dosis Skepsis: Man braucht genug Neugier, um in

die Ideen, die einen interessieren, einzutauchen, und genug

Skepsis, um alles zu hinterfragen, was man zu wissen glaubt –

und was sogenannte Experten wollen, dass man glaubt.

Wir leben heute in einer besonderen Zeit. Jeder kann

mit ein bisschen Googeln auf mehr Informationen zugreifen,

als er an der Universität lernen könnte. Vor etwa einem Jahrzehnt

habe ich mich für das Feld der Krebsimmuntherapie

interessiert. Die Daten waren verlockend, obwohl der Bereich

von berühmten Onkologen abgeschrieben worden war. Aber

mit wenig mehr als dem Internet konnte ich genug über das

Feld erfahren, um relevant zu werden. Ich habe mich an der

Finanzierung klinischer Studien für Medikamente beteiligt,

die letztlich Blutkrebs und Melanome heilen konnten.

Sean Parker ist ein Serienunternehmer aus den USA.

Er gründete den Musik-Sharing-Dienst Napster und

war Facebooks erster Präsident. Sein Nettovermögen

schätzt Forbes auf 2,4 Milliarden US-$.

Mein größter Fehler: eine Explosion – im wahrsten Sinne des

Wortes. 1963, drei Jahre nach dem Beginn meiner Karriere

bei GE, war ich als chemischer Ingenieur tätig. Ich war ehrgeizig

und wollte unbedingt aus der Plastiksparte ein Geschäft

formen – in einem Elektronikkonzern. Im Zuge dessen explodierte

dann mein erstes Pilot-Kraftwerk. Ja, es explodierte.

Das Dach brach ein, die Fenster zerbarsten, es gab Rauchschwaden.

Zum Glück wurde niemand verletzt, dafür bin ich

bis heute dankbar. Ich war aber sicher, dass ich meinen Job

verlieren würde, denn mein Chef tat, als würde er mich nicht

kennen, und sein Chef zitierte mich dann nach New York.

Sein Name war Charlie Reed, ich kannte ihn nicht. Ich

wusste nur, dass ich Angst hatte – ich war sicher, er würde

mich anschreien, demütigen, kündigen. Doch Charlie Reed

war ruhig, nett und einfühlsam. Er verbrachte mehrere Stunden

mit mir und wandte die sokratische Methode des Fragenstellens

an. Er wollte mir zeigen, warum die Explosion passiert

war und was ich hätte anders machen können. Und dann,

nachdem alles vorbei war, gab er mir eine zweite Chance.

Ich habe gelernt, dass man Menschen, die am Boden

liegen, nicht tritt. Jeder macht Fehler, und manche sind groß,

doch sie sind auch Chancen, zu wachsen. Ich folgte Charlies

Beispiel und sah an meinen Mitarbeitern, dass ich den meisten

helfen konnte. Ich habe auch verstanden, dass die Zeit, Leute

herauszufordern, dann ist, wenn sie auf dem Weg nach oben

sind. Man muss ihnen klarmachen, dass sie wachsen sollen,

aber ihr Ego dabei nicht allzu sehr mitwachsen darf.

Jack Welch war von 1981 bis 2001 CEO von

General Electric (GE). In dieser Zeit stieg der

Unternehmenswert von GE um 4.000 %.

BUSINESS MINDS

FORBESDACH.COM

Text: Redaktion

Fotos: Martin Schoeller für Forbes US

19


FORBES

RUBRIK THEMA

FORBES NR. 8—19

20

HELLE KÖPFE

GEBEN IMMER ALLES.

Mehr

Infos unter

oebb.at/

hellekoepfe

Jasmin ist Fachkraft bei den ÖBB Technischen Services und sorgt dafür, dass die Schienenfahrzeuge

der ÖBB sicher, störungsfrei und zuverlässig unterwegs sind. In ihrer Freizeit spielt sie gerne

Fußball und ist somit auch privat eine überzeugte Teamplayerin.


FORBES

50/30/20

Richtiges Haushalten muss nicht schwierig sein. Die 50/30/20-Regel etwa gibt ein einfach zu

befolgendes Konzept vor: 50 % des verfügbaren Einkommens werden für notwendige

Ausgaben verwendet, 30 % werden in persönliche Wünsche investiert – und die verbleibenden

20 % dienen dazu, Geld zu sparen und Vermögen aufzubauen.

50 % NOTWENDIGKEITEN

30 % WÜNSCHE

20 % ERSPARNISSE

D A I L Y 50/30/20

Die 50/30/20-Regel wurde von der US-Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren bekannt

gemacht. Grundsätzlich besagt sie, dass man sein Nettoeinkommen in drei Kategorien teilen soll:

Notwendigkeiten, Wünsche und Ersparnisse. Notwendige Bedürfnisse sind dabei jene Rechnungen,

die unbedingt bezahlt werden müssen – alles, was zum Überleben notwendig ist. Dazu gehören

Miet- oder Hypothekenzahlungen, Lebensmittel, Versicherungen und so weiter. In diese Kategorie

fließen 50 % des Einkommens.

Die Kategorie „Wünsche“ beinhaltet hingegen Dinge, die zum Überleben nicht notwendig sind, die

wir aber gerne hätten: etwa ein schickes Abendessen, ein Netflix-Abo oder eine neue Lederjacke.

Hierfür werden 30 % aufgewendet. Die restlichen 20 % schließlich sollten zur Seite gelegt und

gespart werden. Das kann mithilfe von Sparbüchern, Aktienportfolios und Vergleichbarem

passieren. Ein Sonderfall ist die Rückzahlung von Schulden: Während die Mindestraten, etwa

für einen Immobilienkredit oder die Leasingraten für ein Auto, in die erste Kategorie gehören,

da sie notwendig sind, gehören Extrazahlungen in die dritte Kategorie – dies deshalb, da sie die

zukünftige Belastung, etwa durch die Zinsen, die auf Kredite anfallen, minimieren. Somit tragen

sie dazu bei, dass in Zukunft mehr Geld vorhanden ist.

FORBESDACH.COM

Text: Redaktion

21


FORBES

Junge Unternehmen behaupten von sich, die Bedürfnisse der Kunden besser zu kennen – und sie

daher auch besser bedienen zu können. Auch in der Finanzwelt gibt es einige Start-ups, die sich in

gewissen Bereichen durchaus erfolgreich zeigen. Wir stellen einige davon vor.

Text: Forbes-Redaktion

Fotos: beigestellt

D A I L Y

N26

Das Bankkonto am Smartphone: Die

Direktbank N26 bezeichnet sich selbst

als „mobile Bank“ und ist eines der am

schnellsten wachsenden deutschen

Start-ups der letzten Jahre. Sie zählt

3,5 Millionen Kunden weltweit und

bietet ein kostenloses Girokonto mit

Debit-Mastercard, deutscher IBAN und

einer App, um das Konto zu steuern.

Der Unterschied zum Girokonto

bei einer klassischen Bank: Alles lässt

sich online am Smartphone oder Computer

erledigen – von der Einrichtung

des Kontos über die Verifizierung bis

hin zum Ausdruck von Kontoauszügen

und Supportgesprächen. Neben dem

kostenlosen Girokonto bietet N26 auch

eine „You“- oder eine „Metal“-Karte, die

9,90 € beziehungsweise 16,90 € im Monat

kostet und etwa kostenlose Bargeldabhebungen

auf der ganzen Welt, Reise-

oder Haushaltsversicherungen sowie

Sonderrabatte mit sich bringt.

Gegründet wurde N26 von zwei

Wienern: Valentin Stalf und Maximilian

Tayenthal – ihren Hauptsitz hat die Bank

allerdings in Berlin.

BLUECODE

WELTSPAREN

START-UPS 22

Zum Einkaufen braucht man längst keine

Bankkarte oder Bargeld mehr. Apple

Pay macht es vor, aber es geht auch ohne

NFC und spezielle SIM-Karte: Das 2011

in Tirol gegründete Unternehmen Bluecode

hat ein mobiles Bezahlsystem entwickelt,

das nur mithilfe eines Strichcodes

funktioniert. Die App generiert

einen Strichcode, den der Barcodescanner

an der Supermarktkasse beim

Bezahlen ganz einfach auslesen kann.

Der Nutzer muss also nur sein Smartphone

hinhalten und der Einkauf ist

bezahlt. Das Geld wird dann automatisch

von einem mit der App verbundenen

Konto abgebucht. Mit der Strichcode-Lösung

versucht Bluecode, sich

gegen die internationale Konkurrenz

von Apple, Google und PayPal durchzusetzen

– bisher mit Erfolg: 2018 hat das

Unternehmen etwa ein Investment von

11,2 Millionen € erhalten. Auch einige

große Partner hat Bluecode: So können

Nutzer etwa in allen Rewe-Geschäften –

darunter Billa, Merkur oder Bipa – und

Spar-Filialen mit Bluecode bezahlen.

SCALABLE CAPITAL

Ein Roboter, der in Fonds investiert:

Vereinfacht gesagt ist das die Kernleistung

des Investmentunternehmens

Scalable Capital aus München. Mit

50.000 Kunden ist Scalable Capital einer

der größten Anbieter für Robo-Investments

in ganz Europa – wobei sich

das Geld entweder über das Onlineportal

oder eine mobile App von Scalable

Capital anlegen lässt.

Warum Roboter? Robo Advisors

sollen menschliche Fehler beim Investieren

vermeiden und das Anlegen vereinfachen.

Der Algorithmus hinter dem

Robo Advisor investiert dabei laut Scalable

Capital ausschließlich in sogenannte

Exchange Traded Funds (ETFs) – das

sind Indexfonds, die die Bewegungen

von mehreren Hundert oder Tausend

Wertpapieren gleichzeitig abbilden. Die

Streuung soll das Risiko mindern.

Denn wenn in solch einem Fonds

eine Aktie an Wert verliert, hat das

kaum Auswirkungen auf die Gesamtperformance.

Um das Angebot nutzen

zu können, muss ein Nutzer mindestens

10.000 € anlegen; bei einem Sparplan

müssen es mindestens 50 € im Monat

sein. Je nach Angebot variieren die Gebühren

dabei zwischen 0,75 % und 1 %

des angelegten Geldes. Die Rendite soll

zwischen 10 und 15 % liegen.

Sparkonten in Österreich und Deutschland

bieten heute nur noch wenig Zinsen

– oft ist der Zinssatz im Ausland

höher. Das Berliner Start-up Weltsparen

sieht hier eine Chance und vermittelt

daher Sparer an Partnerbanken im Ausland.

International ist das 2013 gegründete

Unternehmen unter dem Namen

Raisin bekannt.

Konkret bietet Weltsparen eine

Plattform, die Konten zwischen Banken

und Sparern vermittelt. Dabei umfasst

die Auswahl sowohl Festgeldkonten

(Sparkonten mit einer bestimmten Laufzeit)

als auch Tagesgeldkonten (Konten,

bei denen das Geld jederzeit abgehoben

werden kann). Mittlerweile legen laut

Weltsparen mehr als 200.000 Kunden

ihr Geld über die Plattform an, bei 82

Partnerbanken in mehr als 30 Ländern.

Da das Unternehmen als reiner

Vermittler agiert, liegen die Konditionen

und die Sicherheit bei der jeweiligen

Partnerbank – wobei die meisten davon

aber ihren Sitz in Europa haben und

damit an europäisches Recht gebunden

sind. 2019 hat das Mutterunternehmen

von Weltsparen, Raisin, außerdem die

MHB-Bank aus Frankfurt gekauft. Es

war das erste Mal, dass ein Finanz-Startup

eine Bank gekauft hat.


FORBES

RUBRIK

THEMA

Kapsch Group

Kann man die Zukunft steuern?

Man kann. Wenn man energiesparend und umweltschonend produziert, Emissionen

reduziert, Infrastrukturen optimiert und zukunftsweisende Systeme installiert.

Wenn man Verantwortung akzeptiert und nachhaltige Lösungen realisiert.

Wenn man in Bildung und Forschung investiert und sich

kulturell und sozial engagiert. Damit diese Welt

auch unsere Enkel noch fasziniert.

FORBESDACH.COM

www.kapsch.net

23


FORBES

DIE SCHULDEN

DIESER WELT

Die Staaten dieser Welt haben rund 76 Billionen US-$ Schulden. Doch welche Länder

haben wie viel Anteil daran? Und welche Staaten sind relativ zu ihrer

Wertschöpfung (Bruttoinlandsprodukt – BIP) hoch verschuldet? Eine Übersicht.

D A I L Y

Text: Redaktion

Infografik: Valentin Berger

Quelle: visualcapitalist

Nominell haben die USA den

höchsten Schuldenstand – mit rund

20 Billionen US-$ Staatsschulden.

PUERTO RICO

KARIBIK

MEXIKO

1 %

BRASILIEN

2,2 %

ARGENTINIEN

0,5 %

NIGERIA

ANGOLA

REST VON

SÜD-

AMERIKA

SÜD-

AFRIKA

0,2 %

SUDAN

MAROKKO

VENEZUELA

REST-

AFRIKA

ÄGYPTEN

0,5 %

TÜRKEI

0,5 %

KOLUMBIEN

0,2 %

REST

VOM

NAHEN

OSTEN

Überraschenderweise hat Libanon

mit 149 % die dritthöchste

Schuldenquote (im Vergleich

zum BIP) der Welt.

ISRAEL

0,3 %

IRAK

0,2 %

IRAN 0,2 %

SAUDI-

ARABIEN

JORDA-

NIEN

VAE

LIBANON

KATAR

AUSTRALIEN

0,9 %

SINGAPUR 0,5 %

NEUSEELAND

MALAYSIA 0,9 %

INDONESIEN

0,4 %

WELTSCHULDEN 24

KANADA

2,3 %

NIEDERLANDE

0,8 %

RU-

MÄNIEN

GRIECHEN-

LAND

0,9 %

NORWEGEN 0,2 %

DÄNEMARK 0,2 %

RESTEUROPA

PORTUGAL

0,2 %

SCHWEDEN

0,2 %

FINNLAND 0,2 %

ÖSTERREICH

0,5 %

SPANIEN

2,2 %

UNGARN

KROATIEN

TSCHE-

CHIEN

BELGIEN

0,8 %

Der Internationale Währungsfonds

(IWF) warnt, dass Griechenland

bei der derzeitigen Entwicklung bis

2060 eine Schuldenquote von 275 %

erreichen wird.

DEUTSCHLAND

3,8 %

USA

ANTEIL AN DER

WELTVERSCHULDUNG:

31,8 %

ITALIEN

2,2 %

POLEN

0,4 %

SCHWEIZ

0,5 %

FRANKREICH

3,8 %

GROSSBRITANNIEN

3,9 %

IRLAND

0,4 %

PHILIPPINEN 0,2 %

SÜDKOREA

0,9 %

JAPAN

18,8 %

Schulden als Prozentsatz des jeweiligen brutto inlandsprodukts (BIP)

RUSSLAND

0,3 %

0 bis 50 % 50 bis 100 %

100 bis 150 % über 150 %

THAI-

LAND

0,3 %

UKRAINE

CHINA

7,9 %

SRI

LANKA

INDIEN

2,5 %

BANGLA-

DESCH

VIETNAM

0,2 %

TAIWAN

0,3 %

PAKISTAN

2,5 %

REST-

ASIEN

Japan hat eine Schuldenquote von

schwindelerregenden 239 %.

Der Großteil der Schulden (90 %)

wird aber national gehalten.


FORBES

GELD RICHTIG AUSGEBEN

Geld kann sehr wohl glücklich machen, sagt Harvard-Professor Michael Norton.

Zusatz: wenn man es richtig ausgibt. Denn das eigene Geld für Objekte und sich selbst

auszugeben hat eher wenig Einfluss auf unsere Zufriedenheit – Erfahrungen und Ausgaben

für andere hingegen schon.

Text: Klaus Fiala

Foto: Slavica Ziener

Es wirkt, als würden die Menschen

immer unglücklicher. Stimmt das? Ist

Glück wertvoll, weil es seltener wird?

Wir können nicht genau sagen,

ob die Menschen im Zeitverlauf wirklich

unglücklicher werden; teilweise, weil es

schwierig ist, Glück über Generationen

hinweg zu vergleichen. Wir wissen auch

nicht allzu viel über die Bestimmungsfaktoren

von Glück. Ich denke aber sehr

wohl, dass die Beziehung zwischen Geld

und Glück eine wichtige ist. Wir fokussieren

uns nämlich auf Dinge, die Menschen

ändern können, um glücklicher zu

werden. Wir wollen Menschen helfen,

mithilfe ihres Geldes – aber auch im

Allgemeinen – glücklicher zu werden.

Denn selbst wenn die Menschen nicht

unglücklich sind, wollen wir sie ja glücklicher

machen.

Wie lässt sich das bewerkstelligen?

Wir haben entdeckt, dass der

Grundgedanke, dass Geld nicht glücklich

machen kann, weder richtig noch falsch

ist. Wir haben in unserer Forschung

beobachtet, dass die Art und Weise, wie

wir unser Geld ausgeben, nicht wirklich

Glück „kauft“. In diese Kategorie fallen

Ausgaben für uns selbst, also ein Haus

oder ein Auto, aber auch Kleinigkeiten,

die wir für uns selbst kaufen. Das steigert

unser Glücksempfinden nicht, und

dennoch geben wir für solche Dinge den

Großteil unseres Geldes aus.

Wir haben also untersucht, wie

sich zwei Ausgaben auswirken: nämlich

unser Geld für Erfahrungen auszugeben,

statt Dinge zu kaufen, und statt Geld für

uns selbst auszugeben, etwas für andere

zu kaufen. Beides steigert unser Glücksempfinden

deutlich: Bei Erfahrungen

haben wir einerseits die Vorfreude und

andererseits die schönen Erinnerungen,

die etwa eine Reise begleiten und durchgehend

glückssteigernd wirken; Ausgaben

für andere Menschen wiederum sind

besser für unser Glücksempfinden, weil

das Gefühl des Helfens Freude macht.

Helfen die Kontrolle und das Wissen

über die eigenen Finanzen den Menschen,

glücklicher zu werden?

In unserer Forschung konzentrieren

wir uns nicht unbedingt auf die

verschiedenen Arten von finanziellen

Entscheidungen, sondern auf die „emotionale

Auszahlung“. Dabei haben wir

beispielsweise erkannt, dass Sparen keine

große emotionale Auswirkung hat,

weil es langweilig ist: Das Geld geht einfach

nur vom Lohnzettel auf ein Sparkonto,

ohne dass wir es wirklich wahrnehmen.

Es verschwindet einfach – und

Verstecktes kann nicht wirklich aufregend

sein.

Wir haben also überlegt, wie wir

solche Dinge attraktiver machen können.

Ein Beispiel hat ein Student von mir

entworfen: Dabei kann man Teile seiner

Kreditkarten rechnung in einer App bezahlen,

indem man sie online anklickt

und sie am Bildschirm explodieren lässt.

Das Resultat war, dass die Kunden ihre

Schulden schneller abbezahlt haben. Das

heißt, wir können Menschen helfen, ihre

Schulden zu verwalten, indem wir den

Prozess spannender gestalten. Das Ziel

ist, Möglichkeiten herauszufinden, die

das persönliche Glück steigern.

Eine Studie der Princeton University

besagt, dass Menschen ab einem Jahreseinkommen

von rund 75.000 US-$

durch mehr Gehalt kein zusätzliches

Glück verspüren. Stimmt das?

Es scheint, dass diese Zahl in

verschiedenen Ländern unterschiedlich

ist, aber 75.000 US-$ ist kein schlechter

Richtwert – es kommt natürlich auch

„Vor einem Kauf sollten wir

einen Augenblick innehalten

und überlegen, ob er uns

glücklicher macht.“

auf die Lebenskosten an. Bis zu diesem

Punkt korreliert mehr Einkommen mit

mehr Glücksempfinden, danach wird

der Effekt kleiner. Die Geschichte, die

bis jetzt jedoch erzählt wurde, ist, dass

die Steigerung des Glücks danach gegen

null geht – das stimmt nicht. Die Steigerung

wird ab dieser Schwelle lediglich

kleiner. Wir haben aber neue Daten von

Millionären – und sie sind glücklicher

als die Durchschnittsbevölkerung. Die

Steigerung passiert also weiterhin. Wenn

eine superreiche Person eine zusätzliche

Million US-$ verdient, ist der Effekt aber

natürlich kleiner, als wenn ein Durchschnittsbürger

plötzlich viel bekommt.

Welchen einen Ratschlag würden

Sie Menschen geben, um mit wenig

Aufwand ein bisschen glücklicher zu

werden?

Eine einfache Lösung ist: Vor einem

Kauf – egal, ob online oder im echten

Leben – sollten wir einen Augenblick

pausieren und uns überlegen, ob dieser

Kauf uns glücklicher macht. Manchmal

ist die Antwort „Ja“, dann sollten wir

kaufen. Oft wird die Antwort aber auch

„Nein“ sein. Ein Beispiel ist Kaffee: Ich

mag Kaffee und ich trinke ihn gerne; die

Frage ist aber, ob uns der siebente Kaffee

am Tag noch bedeutend glück licher machen

wird. Doch selbst wenn wir Nein

sagen, können wir den Kauf noch immer

tätigen, kein Problem. Aber dieser kleine

Augenblick des Überlegens könnte trotzdem

zu einem besseren Umgang mit unserem

Geld führen.

Michael Norton ist Psychologe

und Professor an der Harvard

Business School, einer USamerikanischen

Eliteuniversität.

D A I L Y

MICHAEL NORTON

„Wir haben beobachtet,

dass die Art, wie die

meisten Menschen

ihr Geld ausgeben,

sie nicht glücklich macht.“

FORBESDACH.COM

25


FORBES

D A I L Y

DER 360°-CEO

– WENN’S UMS

GANZE GEHT

VON: ASTRID

KLEINHANNS-ROLLÉ

(WU EXECUTIVE

ACADEMY)

Das Unternehmen Sonnentor ist eines

der leuchtenden Beispiele am Firmenhorizont.

Das 320 Mitarbeiter starke mittelständische

Unternehmen aus dem Waldviertel

exportiert Biotees und Gewürze

in 53 Länder, mit einem Jahresumsatz

von rund 45 Millionen €. Firmenchef

Johannes Gutmann kennt jeden Mitarbeiter

persönlich und führt das Unternehmen

gemeinwohlorientiert: faire Gehälter,

Wertschätzung und nachhaltiges

Wirtschaften statt Konkurrenzdenken

und Profitmaximierung. Das Unternehmen

ist überschaubar groß und eigentümergeführt

und damit nicht an der Börse.

Es muss sich also nicht vor Aktionären

verantworten und ist keinem Quartalszahlendruck

unterworfen. Aber: Auch

Amazon, Microsoft und H&M sind börsennotiert,

aber über Stimmrechte eigentümergeführt

– das ist ein Unterschied.

Tendenziell sind eigentümergeführte

Unternehmen nämlich nachhaltiger, entscheiden

langfristiger und achten mehr

auf ihre unternehmerischen Werte.

Doch verantwortungsvolles

und werteorientiertes Wirtschaften,

das auf die eigenen Mitarbeiter, Kunden

und die Umwelt achtet, das den Gewinn

zur Sicherung des eigenen Fortbestands

ebenso im Blick hat wie die Auswirkungen

auf die Gesellschaft, ist nicht

nur Sache von gemeinwohlorientierten

Unternehmern. Wir kommen von der

shareholderorientierten Wirtschaft zu

einer globalen stakeholderorientierten

Gesellschaft, die auch die Kunden, Zulieferer,

Rohstoffbauern und die Umwelt

miteinbezieht. Menschenrechte, soziale

und umweltrechtliche Aspekte müssen

in Führungsentscheidungen miteinbezogen

werden. Verantwortungsvolle Entscheidungen

und nachhaltiges Handeln

müssen zur Maxime für die Wirtschaft

schlechthin werden – wollen wir negative

Bumerangeffekte auf die Gesellschaft

vermeiden. Und: Werteorientierte Unternehmen

wie Sonnentor sind nicht zuletzt

deswegen bei ihren Kunden erfolgreich.

Natürlich ist der Wandel von

einem profitorientierten zu einem stark

werteorientierten Unternehmen nicht

immer einfach. Möglich wird er nur mit

einem umfassenden Systemwandel, der

alte Strukturen aufbricht: Allzu starre

Hierarchien und Führungsstrukturen,

Anreize wie etwa Managerboni, Konkurrenzdenken

und rein statusgetriebene

Karrieristen gehören zunehmend der

Vergangenheit an.

In all diesem Wandel sehe ich

unsere Verantwortung als Business

School: Wenn werteorientiertes und verantwortungsvolles

Führen unerlässlich

für die künftige Wirtschaftswelt wird, ist

es unsere Aufgabe als Executive-Education-Anbieter,

unseren Studierenden ein

essenzielles Rüstzeug für ihre Führungsaufgaben

mitzugeben.

In unseren Programmen für Führungskräfte

an der WU Executive Academy

setzen wir daher auf drei wesentliche

Ebenen: profit, people, and planet. Dabei

begleiten wir unsere Teilnehmer, damit

sie ihren Impact als Führungskräfte auf

die Gesellschaft bestmöglich einsetzen:

für die finanzielle Stabilität ihres Unternehmens,

aber auch für Mitarbeiter und

Kunden und den Planeten als Gesamtes.

Wir entwickeln mit ihnen Lern- und Karriereziele,

die für sie sinnstiftend sind und

die sie in ihrer Selbstbestimmung stärken.

In unseren MBA-Programmen

setzen sich die Studierenden etwa in

„CSR & Ethics“-Modulen mit sozialer

und ethischer Führungsverantwortung

auseinander und gleichen dabei ihre

persönlichen Werte mit jenen ihres

Unternehmens ab. Mit „Giving Voice

to Values“, einem Ansatz der ehemaligen

Harvard-Professorin Mary Gentile,

üben die Studierenden, ihre Werte auch

im Arbeitskontext zu äußern. In einem

speziellen Leadership Lab reflektieren

die Teilnehmer Lerninhalte und schärfen

ihr Bewusstsein, wie ihr Führungsverhalten

ihr eigenes Leben, ihre Organisation

und gesellschaftliche Bereiche

positiv beeinflussen könnte.

Dabei hilft die große Diversität in

der Klasse enorm: Menschen aus bis zu

30 Nationen lernen nicht mit- und voneinander.

Auf diese Weise kristallisiert

sich für jeden heraus, was Leadership

von morgen bedeutet. Und sie etablieren

einen kritischen Unternehmergeist,

der sie selbstbestimmt agieren lässt. All

das formt ihr ganz persönliches Mindset

als gesellschaftlich verantwortliche Führungskraft.

GASTKOMMENTAR UND GRAFIK 26

NIKKEI 1989

DOW JONES 1929

NASDAQ 2000

ÖL 2008

GOLD/SILBER 2008

S&P 500 HOMEBUILDERS

SILBER 2011

GEPLATZTE BLASEN

DER GESCHICHTE

JAHRE 9

8

7 6 5 4 3 2 1 KNALL –1 –2

2.450 %

1.950 %

1.450 %

950 %

450 %

0 %


FORBES

GREATEST LIVING

BUSINESS MINDS

JEFF

BEZOS

MARK

ZUCKERBERG

D A I L Y

Wir befinden uns inmitten eines gigantischen Wandels.

Kunden besitzen durch mehr Transparenz und persönliche

Empfehlungen eine unglaubliche Verhandlungsmacht. Früher

stellte man Kunden zufrieden, und diese erzählten fünf

Freunden davon – durch das Internet können sie nun über

Online-Kundenrezensionen oder Social Media 5.000 Freunden

eine Empfehlung aussprechen.

Früher setzte sich ein minderwertiges Produkt mit

gutem Marketing durch. Heute dagegen erkennen Kunden

aufgrund der erhöhten Transparenz, ob ein Produkt oder eine

Dienstleistung gut ist. Sie können es vergleichen und dann

all ihren Freunden davon erzählen. Die Kunden übernehmen

heute den größten Anteil am Marketing. Anstatt schlechte

Produkte lautstark zu bewerben, haben wir einen leistungsbezogenen

Wettbewerb von Produkten. Das ist gut für die

Kunden, die Unternehmen – und die Gesellschaft.

Jeff Bezos ist Gründer und CEO des weltgrößten

Versandhändlers Amazon. Zudem hat er mit

Blue Origin ein privates Raumfahrtunternehmen

gegründet.

Eigentlich wollte ich nie ein Unternehmen aufbauen,

ich wollte Menschen verbinden. Ein paar Jahre nach dem Start

von Facebook wollten uns einige große Unternehmen kaufen.

Fast alle anderen im Team wollten verkaufen – ich nicht. Ich

wollte sehen, ob wir noch mehr Menschen zusammenbringen

können. Das zerriss unser Unternehmen, bis innerhalb eines

Jahres jede einzelne Person im Managementteam weg war.

Das war meine schwerste Zeit bei Facebook. Ich glaubte

an das, was wir taten, aber ich fühlte mich allein. Und

schlimmer noch: Es war meine Schuld. Das hat mich gelehrt,

dass man auch eine Bestimmung für andere schaffen muss.

Ich denke, das gilt für die meisten guten Unternehmen.

Etwas wie Facebook aufzubauen und eine Community wie die

unsere zu betreiben benötigt Inspiration. Ein Großteil unseres

Führungsteams denkt so. Es geht darum, unsere Dienstleistungen

so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen,

damit wir jedem auf der Welt eine Stimme geben können.

Die Leute fragen mich oft nach Ratschlägen zur Gründung

eines Unternehmens, und ich sage immer, dass das Ziel

nie sein sollte, ein Unternehmen zu gründen. Man muss sich

auf die Veränderung konzentrieren, die man erreichen will,

und Menschen mit der gleichen Mission finden. Dann hat man

vielleicht die Chance, etwas Großes aufzubauen, das sinnstiftend

ist und einen positiven Einfluss auf die Welt hat.

Mark Zuckerberg ist Gründer und CEO der

Social-Media-Plattform Facebook.

BUSINESS MINDS

FORBESDACH.COM

Text: Redaktion

Fotos: Martin Schoeller für Forbes US

27


FORBES

WELCHE GENERATION GIBT

WOFÜR WIE VIEL GELD AUS?

Die verschiedenen Generationen setzen unterschiedliche Prioritäten beim

Geldausgeben: Während Millennials Restaurants und Hobbys bevorzugen, fließt etwa

das Kapital der „stillen Generation“ noch verstärkt in Lebensmittel.

D A I L Y

Text: Redaktion

Infografik: Valentin Berger

Quelle: Business Insider

100 %

17,7 %

13,5 %

12,8 %

Restaurants

90 %

23,8 %

80 %

INFOGRAFIK 28

70 %

60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0 %

21,7 %

10,8 %

3,0 %

4,5 %

18,5 %

25,3 %

9,7 %

2,9 %

16,8 %

17,7 % 20,3 %

Millennials

(Geboren: 1981–1996)

7,3 %

Generation X

(Geboren: 1965–1980)

27,2 %

8,5 %

3,7 %

10,0 %

14,7 %

22,3 %

Babyboomer

(Geboren: 1946–1964)

30,4 %

6,7 %

6,4 %

9,4 %

11,8 %

22,5 %

Stille Generation

(Geboren: 1925–1945)

Lebensmittel

Benzin

Medikamente

Einrichtung

Hobbys und Kleidung

Verschiedenes


FORBES

AN SCHULDEN WACHSEN

Wer Schulden hat, ist nicht automatisch gescheitert: Schulden und Armut werden oft vererbt.

Clemens Mitterlehner zeigt deshalb mit der ASB Schuldnerberatungen GmbH Schuldnern

nicht nur neue Perspektiven auf, sondern setzt sich auch für Finanzbildung im Kindesalter ein.

Text: Andrea Gläsemann

Fotos: David Visnjic

Wie seine Klienten auch

hat Clemens Mitterlehner,

Geschäftsführer der

staatlich anerkannten ASB

Schuldnerberatungen GmbH, Schulden

– und sieht darin eine wichtige gesellschaftliche

und wirtschaftliche Funktion:

„Ohne Schulden würde vieles nicht

funktionieren. Ich hätte mir beispielsweise

kein Haus kaufen können oder

die meisten Unternehmensgründungen

wären unmöglich.“ Eine Tatsache, die

den Unterschied macht: Denn während

Mitterlehner einen Kredit für ein eigenes

Heim aufgenommen hat, sind die Schulden

seiner Klienten ganz anderer Natur.

Verschuldungsgrund Nummer eins ist

in Österreich Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung,

gefolgt von

gescheiterten Unternehmen und einem

schlechten Umgang mit Geld. Vor allem

Konsumkredite sieht Mitterlehner kritisch:

„Kontoüberziehungen und Konsumkredite

sind die Einstiegsdrogen in

die Überschuldung. Denn die Angebote

richten sich in der Regel nicht an gut Verdienende,

sondern an jene, die nicht viel

Einkommen haben und daher ohne Kredit

oder Kontoüberziehung nur wenig

konsumieren könnten.“

In Österreich erhielten 2018

62.862 Personen Unterstützung von einer

der zehn staatlich anerkannten Schuldenberatungen.

Die Durchschnittsverschuldung

(bei Personen, welche sich zur Erstberatung

begeben) beträgt dabei bei den

Klienten gesamt 67.654 € – wobei Männer

im Schnitt um knapp 27 % höhere

Schulden aufweisen als Frauen. „Ein sehr

großer Anteil der Schulden besteht aus

Kosten, Zinsen und Zinseszinsen. Schulden

verdreifachen sich im Durchschnitt

innerhalb von acht Jahren, wenn keine

Rückzahlung erfolgt. Es gab bei uns einen

Fall, bei dem aus anfänglichen 6.900 €

Schulden innerhalb von 13 Jahren 273.000

€ Schulden wurden“, so Mitterlehner. Die

Klienten würden oftmals erst viel zu spät

zur Schuldnerberatung gehen, eben dann,

wenn der einzig mögliche Ausweg in

einem Privatkonkurs besteht. „Im letzten

Jahr gab es so viele Privatkonkurse wie

nie zuvor. Und das ist gut, weil jede Zahl

in der Statistik für einen Menschen eine

Chance ist, schuldenfrei zu werden und

wieder an der Gesellschaft angemessen

teilnehmen zu können. Mitbetroffen sind

ja oft auch Kinder, die unverschuldet in so

eine Notlage geraten“, so Mitterlehner.

Als Grund der gestiegenen Zahl

nennt er die Schuldenreform 2017, welche

anders als beim alten Schuldrecht

keine Mindestquote (mindestens 10 % der

Schulden müssen zurückgezahlt werden)

mehr vorsieht und das Abschöpfungsverfahren

von sieben auf fünf Jahre verkürzt.

Bei diesem Prozess werden gewisse Summen

des Vermögens auf ein Extrakonto

gelegt, das Treuhandkonto. Das Gericht

bestimmt eine Person, die dieses Konto

verwaltet (Treuhänder) und mit dem

Geld die Gläubiger sowie die Verfahrenskosten

bezahlt. Die zweite Möglichkeit,

sich aus den Schulden zu befreien, besteht

in einem Zahlungsplan, bei dem der

Schuldner mit den Gläubigern aushandelt,

wie viel Geld in den nächsten sieben

Jahren maximal zurückgezahlt werden

kann. Der Zahlungsplan benötigt die Zustimmung

von mindestens der Hälfte der

Gläubiger.

Die Quote spricht für sich: Knapp

90 % der Abschöpfungsverfahren verlaufen

erfolgreich. Neben den mehrere

Jahre dauernden Prozessen gibt es auch

einfache Sofortmaßnahmen: „Beispielsweise

kann sich jeder Stromkunde auf

die sogenannte Grundsicherung berufen,

wonach jeder mit Strom versorgt werden

muss. Viele setzen auch aus Angst vor

der Bank ihre Prioritäten falsch: Dann

wird eher der Kredit zurückbezahlt, anstatt

sich notwendige Medikamente zu

kaufen oder die Miete zu zahlen, weil

sie – fälschlicherweise – denken, dass sie

wegen Bankschulden eingesperrt werden

könnten. Da die Angst zu nehmen und

Perspektiven zu geben ist ein wichtiger

Schritt in der Beratung“, so Mitterlehner.

Denn Schulden führen vielfach zu

chronischem Stress, welcher zu Depressionen

oder Magen-Darm-Problemen

führen kann. Laut dem Österreichischen

Schulden report 2019 ist bei jeder siebten

Person, die die Schuldenberatung aufsucht,

aufgrund von Krankheit und Sucht

eine Schuldenregulierung nicht möglich.

Um Verschuldung in der Bevölkerung

vorzubeugen, setzt Mitterlehner

auf Bildung und Aufklärung: „Je fundierter

die Ausbildung eines Menschen,

desto geringer ist das Risiko, sich zu

überschulden. Zweiter Punkt und mein

Appell an das Elternhaus und die Schule:

Geld zum Thema machen. Taschengeld

hat eine wichtige Funktion. Kinder

müssen lernen, mit Geld umzugehen, und

da eignet sich Taschengeld sehr gut zum

Ausprobieren.“

Deshalb setzt sich Mitterlehners

Schuldenberatung mit eigens dafür erschaffenen

Ansätzen und Modellen wie

dem Finanzführerschein für das Thema

ein. Beim Finanzführerschein gehen

Schuldenberater in die Schulen und versuchen,

Kinder in ihren „teachable moments“

– wie Mitterlehner sagt – zu erreichen:

„Mit 15 Jahren ist zum Beispiel

die Finanzierung eines Mopeds ein großes

Thema. Und so gibt es dann genau

dazu Angebote wie E-Learning oder Unterrichtsblöcke

mit einem Trainer oder

dem Klassenlehrer. Am Ende gibt es einen

Wissens-Check in Quizform, und die

Jugendlichen erhalten dann den Finanzführerschein.“

Er sieht diese Arbeit als

Basisfinanzbildung an, welche Kindern

das Rüstzeug mitgeben soll, verantwortungsbewusst

mit Geld umzugehen – damit

etwaige Schulden nicht zum Problem

werden, sondern im besten Fall, wie bei

Mitterlehner, mit dem Schaffen eines Eigenheims

enden.

Clemens Mitterlehner ist

studierter Sozialwissenschaftler

und Sozialarbeiter. Mit der ASB

Schuldnerberatungen GmbH bietet

er in Linz und Wien kostenlos

Schuldenberatungen an.

„Geld zum Thema machen“, rät Clemens Mitterlehner im Kampf gegen

Schulden. „Taschengeld hat eine wichtige Funktion. Kinder müssen lernen,

mit Geld umzugehen“, so der Chef der Schuldnerberatungen.

DURCHSCHNITTSVERSCHULDUNGEN DER

KLIENTEN UND KLIENTINNEN 2019

120.000

100.000

80.000

60.000

40.000

20.000

0

67.654 €

KlientInnen

gesamt

147.797 €

Ehemals

Selbstständige

D A I L Y

SCHULDNERBERATUNG

FORBESDACH.COM

29


FORBES

WIE GRATIS IST

EIN IPHONE?

Smartphones werden regelmäßig um einen Preis von null Euro angepriesen. Doch ist ein iPhone 11

tatsächlich kostenlos? Was kostet es letztendlich wirklich, ein solches Gerät bei den großen Mobilnetzanbietern

zu kaufen? Und ist es günstiger, ein Gerät separat zum Handytarif zu erwerben?

Wir haben die Gesamtkosten für ein iPhone 11 über 24 Monate hinweg verglichen.

D A I L Y IPHONES SIND NIE GRATIS

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PREMIUM

Tarif (24 Monate)

je 79,90 €

Aktivierung (1×)

29 €

Servicepauschale

(2×) je 25 €

Text: Redaktion

Infografik: Valentin Berger

Quelle: Eigenrecherche

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24 Monate)

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1.847,73 €

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FORBES

WARUM HABEN MENSCHEN

SCHULDEN?

29 %

Arbeitslosigkeit/Einkommensverschlechterung

23,7 %

Gescheiterte Selbstständigkeit

18,6 %

Umgang mit Geld

13,5 %

Scheidung/Trennung

10,7 %

Persönliche Härtefälle

9,7 %

Die Gründe, warum Menschen in finanzielle Schieflagen

schlittern, unterscheiden sich weniger, als man

denken möchte: Sechs Gründe wiederholen sich regelmäßig.

Die Geschichten jener Menschen, die Schulden

anhäufen, sind stets einzigartig und individuell – die

Gründe lassen sich laut dem Österreichischen Schuldenreport

2019 jedoch relativ eindeutig kate gorisieren.

Denn über 95 % der Betroffenen nannten 2018 einen

oder mehrere der sechs links angeführten Gründe,

wenn sie gefragt wurden, warum sie Schulden haben.

Mit 29 % ist eine Einkommensverschlechterung

(etwa durch Pensionierung oder den Wegfall von Überstunden)

bzw. Arbeitslosigkeit der am häufigsten genannte

Grund für Schulden.

Danach folgen gescheiterte Selbstständigkeit,

ein schlechter Umgang mit Geld oder Scheidung bzw.

Trennung vom Partner. Je rund 10 % der Betroffenen

nennen auch persönliche Härte fälle (etwa Un- oder

Todesfälle) oder die (teure) Wohnraumbeschaffung als

Überschuldungsgrund.

D A I L Y

Wohnraumbeschaffung

Mehr Informationen finden Sie unter www.

schuldenberatung.at.

SIEBEN

GOLDENE

TIPPS

„KUVERT-METHODE“. Eine bewährte

Methode für Haushalte,

die knapp kalkulieren müssen:

Am Monatsanfang wird der

Betrag abgehoben, der für das

Monat zur Verfügung steht,

und in vier Geldkuverts (eines

pro Woche) gegeben – mehr

darf nicht ausgegeben werden.

HILFE SUCHEN. Wie behalte

ich den Überblick? Wie vermeide

ich Kontoüberzüge? Wie

wirkt sich eine Einkommensminderung

(Arbeitslosigkeit,

Pensionierung etc.) auf mein

Budget aus? In solchen Situationen

empfiehlt sich professionelle

Hilfe, beispielsweise eine

kostenlose Budgetberatung.

BARGELD VERWENDEN. Wann

immer es möglich ist, sollte

man bar zahlen. Das stärkt das

Bewusstsein für Ausgaben, der

Überblick geht nicht so schnell

verloren. Zum Shoppen also

einfach die Kredit- und Bankomatkarte

zu Hause lassen und

nur jenen Betrag in bar mitnehmen,

der ausgegeben werden

soll bzw. darf. So lassen sich

auch Spontankäufe vermeiden.

ÜBERBLICK BEHALTEN. Die

monatlichen Einnahmen und

Ausgaben sollten im Auge

behalten werden. Den besten

Überblick bietet das Führen

eines Haushaltsbuchs – z. B.

über budgetrechner.at.

ÜBER GELD REDEN. Finanzthemen

sind häufig tabu. Dabei

wäre es wichtig, über Geld zu

sprechen – gerade auch in der

Familie und besonders mit den

Kindern. Nur so können sie

vernünftige Strategien und Verhaltensweisen

lernen. Mit Taschengeld

bekommen Kinder schon früh einen

Bezug zu Geld.

KONTOÜBERZIEHUNGEN VERMEI-

DEN. Ein überzogenes Konto ist ein

Alarmsignal – die Balance zwischen

Einnahmen und Ausgaben stimmt

nicht mehr. Spätestens jetzt sollte

ein genauer Blick auf das Haushaltsbudget

geworfen werden. Was

viele vergessen: Das Konto zu überziehen

ist nichts anderes als ein

Kredit – mit sehr hohen Zinsen!

AUSGABEN ÜBERDENKEN. Spontane

Anschaffungen unbedingt

vermeiden – stattdessen sollte man

sich für Ausgaben, vor allem für

größere, bewusst Zeit nehmen. Am

besten eine Nacht darüber schlafen:

Brauche ich das wirklich?

SIEBEN TIPPS FORBESDACH.COM

31


FORBES

D A I L Y

PAMELA REIF 32

EVERYTHING IS

WORKING OUT

Den Platz am Cover unseres Magazins schnappte sich im September

2019 Pamela Reif. Mit 4,3 Millionen Followern ist sie Deutschlands

bedeutendste Fitness-Influencerin. Was manche als Selbstinszenierung

belächeln, machte Reif zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell.

Ganzer Artikel: forbesdach.com/artikel/beauty-and-the-business


FORBES

EINE FRAGE DES WILLENS

Nicht nachhaltig, zu teuer: Das österreichische Pensionssystem kommt oft in die Kritik.

Viele rechnen nicht mehr damit, eine Pension zu bekommen. Das sei gefährlich,

sagt Franz Beck, Generaldirektor-Stellvertreter der Pensionsversicherungsanstalt – der

Generationenvertrag habe noch immer gehalten.

Text: Klaus Fiala

Foto: David Visnjic

Der Hauptsitz der österreichischen

Pensionsversicherungsanstalt

(PVA) ist ein auf

seine Art beeindruckendes

Gebäude. Im zweiten Wiener

Gemeindebezirk gelegen, erstreckt sich der

größte Sozialversicherungsträger Österreichs

über einen neunstöckigen Flachbau.

Fast ein Drittel der insgesamt 7.000 Mitarbeiter

der PVA sind in Wien tätig, neben dem

Hauptsitz findet sich hier auch die Landesstelle

Wien. Als größter Pensionsversicherer

des Landes ist die wichtigste Aufgabe der

PVA die Prüfung, Gewährung und Betreu-

in Österreich mit durchschnittlich 59,3

Jahren in den Ruhestand, Männer mit

61,3 Jahren. Das ist deutlich entfernt

vom gesetzlichen Pensionsantrittsalter,

das für Frauen bei 60, für Männer bei

65 Jahren liegt. Die Gründe: frühzeitige

Pensionierung, Invaliditätspensionen et

cetera. Kritiker fordern, das effektive

Antrittsalter zu erhöhen.

Doch Beck weiß, dass diese Maßnahme

bei der Bevölkerung überhaupt

nicht beliebt ist: „Es gab dazu Umfragen:

Die Leute sind noch eher bereit, höhere

Beiträge zu zahlen – weniger bereit sind

D A I L Y

„Wer ins System eingezahlt hat,

bekommt auch etwas heraus.

Der Generationenvertrag hat noch

immer gehalten.“

ung von Pensionsansprüchen. Seit 2015 sitzt

Franz Beck, Generaldirektor-Stellvertreter,

in seinem Büro mit Blick auf die Donau.

„Sein“ Thema, also Pensionen, sieht Beck

allzu oft zum Spielball verkommen.

„In der Bevölkerung ist es oft so,

dass die Pensionen als Reizthema verwendet

werden, egal ob das jetzt in öffentlichen

oder politischen Debatten

ist.“ Und tatsächlich drehte sich auch

ein signifikanter Anteil der Diskussionen

vor der letzten Nationalratswahl wieder

um Pensionszahlungen – nicht zuletzt,

weil im Sommer eine Erhöhung der

Pensionen um bis zu 3,6 % im kommenden

Jahr beschlossen wurde, die nicht

alle politischen Kräfte goutierten. Für

Beck ist das Thema aber hochrelevant

für das Funktionieren des Sozialstaats.

„Die Pensionen sind eine tragende Säule

unseres Systems. Wenn diese wankt, gerät

der soziale Zusammenhalt in Gefahr.“

Österreichs System basiert auf

dem Generationenvertrag: Dabei finanzieren

aktive Arbeitnehmer die Pensionen

ehemaliger Arbeitnehmer. Wenn

dann die heute aktiven Arbeitnehmer

morgen pensioniert werden, finanziert

wiederum die nächste Kohorte deren

Ruhestand. Doch in den letzten Jahren

kam das System zunehmend in die Kritik:

Steigende Lebenserwartung und

weniger Kinder lassen die Bevölkerung

überaltern – die Folge: Die Menschen

sind länger in Pension und werden zugleich

von weniger aktiven Arbeitnehmern

gestützt. Inwiefern Österreichs

Pensionssystem nachhaltig ist, sorgt regelmäßig

für Diskussionen.

Erst jüngst wurde wieder debattiert,

und zwar über eine neu veröffentlichte

Mercer-Studie, die dem Pensions

system der Republik sowohl

Angemessenheit als auch Nachhaltigkeit

abspricht. Tatsächlich zeigt ein

Blick in die Welt, dass Österreich bei

den Leistungen im Spitzenfeld liegt, die

Menschen gleichzeitig jedoch früher

in Pension gehen als in vielen anderen

(Nachbar-)Staaten. 2018 gingen Frauen

sie, länger zu arbeiten. Mit Abstand am

unbeliebtesten ist aber eine etwaige Kürzung

der Pensionshöhe.“ Die PVA sieht

die Situation überhaupt diametral anders:

Die Mercer-Studie gehe davon aus,

dass ein System mit vorrangig öffentlichen

Pensionen und einer kleinen kapitalgedeckten

privaten und betrieblichen

Altersvorsorge nicht nachhaltig sein könne

– Österreich beweise seit Jahrzehnten

das Gegenteil. Organisationen wie die

Arbeiterkammer geben der PVA da recht.

Und auch Beck sieht die Debatte

gelassen: „Bereits als ich 1979 ins Berufsleben

eingestiegen bin, hieß es, wir

Jungen würden keine Pension mehr bekommen.

Diese Aussage hat sich nicht

geändert, aber bis heute gilt: Wer ins

System eingezahlt hat, wird auch etwas

herausbekommen. Der Generationenvertrag

hat immer gehalten“ – es hänge

lediglich vom politischen Willen ab, ob

er aufrecht bleibe. Doch auch die Übernahme

der Ausfallshaftung ermöglicht

das Funktionieren des Systems. Rund 3,7

Milliarden € betrug der Bundesbeitrag,

um die Lücke im System auszugleichen.

Zugegebenermaßen ist diese Summe in

den letzten Jahren jedoch gefallen: 2014

lag die Zahlung etwa noch bei 4,62 Milliarden

€.

Was Beck jedoch Sorge bereitet,

ist die Verdrossenheit, die die Diskussion

auslöst. Denn wenn junge Menschen

glauben, keine Pension mehr zu bekommen,

hätten sie keinen Anreiz, über eine

geregelte Arbeit in die Pflichtversicherung

einzutreten. Die Folge: Jobs, die

keine Pensionsvorsorge ermöglichen,

etwa in prekären Arbeitsverhältnissen,

werden in Kauf genommen. „Wenn Jugendliche

glauben, dass sie nichts arbeiten

müssen, weil sie eh keine Pension

bekommen, ist das gefährlich.“ Denn für

alle, die in einem geregelten Arbeitsverhältnis

stehen, wird automatisch Geld

aufs Pensionskonto eingezahlt.

Auch die „Teilzeit-Falle“, in der

sich insbesondere Frauen mit Kindern

„Wenn Jugendliche glauben, dass sie nichts arbeiten müssen,

weil sie eh keine Pension bekommen, ist das gefährlich“,

sagt Franz Beck, General direktor-Stellvertreter der Pensionsversicherungsanstalt

(PVA).

oft wiederfinden, ist ein Problem, vor

dem Beck warnt. „Wer lange Zeit wenig

einzahlt, wird am Ende auch wenig Pension

bekommen. So bekommen Frauen,

die viele Jahre in Teilzeit arbeiten, auch

nur geringe Pensionen.“ Frauen müssten

also versuchen, trotz Kindererziehung

möglichst Vollzeit zu arbeiten. Das Argument,

dass dafür die nötige Infrastruktur

fehlt – wegen zu wenigen oder zu teuren

Kinderbetreuungsplätzen –, versteht

Beck. Es sei Aufgabe der Politik, das zu

beheben, so der Jurist.

Rund 27 % der Österreicher sind

Pensionisten, die Pensionszahlungen

hatten 2017 einen Anteil von 14,4 % an der

Wertschöpfung des Landes (BIP). Mit 19

Milliarden € machen die Pensionen den

größten Ausgabenposten des Staates aus,

rund ein Viertel der Einnahmen der Republik

fließen in die Sicherung der Pensionszahlungen.

Damit ist klar, dass das

Thema auch in Zukunft eine hohe Relevanz

haben wird – auch, weil Pensionisten

eine große Wählergruppe darstellen.

Beck rät jungen Menschen, möglichst

lange möglichst hohe Beträge ins System

einzuzahlen – also in einem geregelten

Arbeitsverhältnis zu stehen. Zusätzliche,

private Vorsorgemethoden seien durchaus

eine Ergänzung; „ein Ersatz für das

staatliche System sind sie aber nicht.“

Beck spricht aus Erfahrung. 1979

als Jurist zur PVA gekommen, war er

stellvertretender Leiter der Personalund

Leiter der Rechtsabteilung in der

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten.

Nach der Fusion der Pensionsversicherungsanstalten

war er 2004 für

fünf Monate Direktor der Grundsatzabteilung,

ab Dezember 2004 dann Landesstellendirektor

in St. Pölten. Seit 2015

ist er einer der beiden Stellvertreter des

aktuellen Generaldirektors Winfried

Pinggera. „Und am 1. Dezember 2019

gehe ich dann selbst in Pension.“

Franz Beck ist Generaldirektor-

Stellvertreter der österreichischen

Pensionsversicherungsanstalt

(PVA). Der Jurist ist

bereits seit 1979 dort tätig.

PENSIONEN

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33


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34


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ZERTIFIZIERTE VIELFALT

Trotz Aufholbedarf setzen Unternehmen verstärkt auf ein aktives Diversity-Management.

TÜV Austria zertifiziert seit 2008 diese Bemühungen nach Önorm S2501. Als eines von nur

wenigen Unternehmen Österreichs darf sich seit 2017 auch der Lebensmittelhändler Billa

offiziell als Unternehmen mit „ganzheitlichem Diversity-Management“ bezeichnen.

Text: Klaus Fiala

Fotos: BILLA AG

D A I L Y

Vergabe der „ZukunftVIELFALT“-Auszeichnung an Billa 2017 – v. li. n. re.: Hermann Zeilinger (TÜV),

Michael Landau (Caritas), Dominique Müllner (Billa), Josef Siess (REWE), Rob Bekkers (TÜV), Barbara

Weber (Billa), Robert Nagele (Billa), Peter Rieder.

Es gibt wohl kein Unternehmen

weltweit, dass auf eine Outperformance

von 15 bzw. 35 % verzichten

möchte – und dennoch scheint

es, als wäre das offene Geheimnis,

dass vielfältige Teams bessere und nachhaltigere

Gewinne erzielen, noch nicht bei allen

Wirtschaftslenkern in Österreich und darüber

hinaus angekommen. Laut einer McKinsey-Studie

erreichen Unternehmen, die

bezüglich Nationalitäten und Gender-Diversität

zu den Top 25 % gehören, überdurchschnittliche

Gewinne, und zwar um eben

35 % (Nationalitäten) bzw. 15 % (Gender)

mehr als der Median des jeweiligen Landes.

Diversität ist also kein Selbstzweck, sondern

treibt Gewinne. Und dennoch sind die Zahlen,

etwa im Bezug auf Frauen in Führungspositionen,

erschreckend. Auf Österreich

bezogen sind in den Vorständen der 62 börsennotierten

Unternehmen laut EY-Studie

7,3 % Frauen vertreten, in den Aufsichtsräten

sind es (trotz 30-%-Quote) 25,7 %. Doch

nicht nur in Sachen Gender Diversity, auch in

Bezug auf Herkunft und Alter sind Vorstände

heutzutage oft noch zu uniform.

Vielfalt als Wettbewerbsvorteil

Dominique Müllner, Diversity-

Managerin beim Lebensmittelhändler

Billa AG (Billa), sieht eine große Chance:

„Für Unternehmen kann Vielfalt ein

Wettbewerbsvorteil sein, wenn man sie

zum einen erkennt und dann auch nutzt.

Mit einer vielfältigen Belegschaft und

einer großen Produktauswahl zieht man

vielfältige Kundengruppen an.“ Müllner

beschäftigt sich seit fast zehn Jahren

mit dem Thema Diversität, 2016 kam sie

zu Billa. Heute arbeiten bei Billa 20.000

Menschen aus 89 Nationen, davon rund

1.000 Lehrlinge. Acht von zehn Mitarbeitern

sind Frauen (mit einem Frauenanteil

von 77 % auf Führungsebene), auch mehr

als 170 geflüchtete Menschen nennen

Billa ihren Arbeitgeber. Um diese Bemühungen

auch einer externen Prüfung zu

unterziehen, ließ sich das Unternehmen

2017 nach Önorm S2501 zertifizieren.

Mit Erfolg – Billa darf sich laut

TÜV Austria als Unternehmen mit einem

ganzheitlichen Diversity-Management

bezeichnen. Doch der Weg dorthin

war nicht einfach. Nach einer ersten Erhebung

wurden Maßnahmen definiert.

Müllner: „Die Prioritäten lagen ganz

klar beim Thema Menschen mit Behinderung.

Bei der Größe unseres Konzerns

kann man sich vorstellen, dass wir eine

große Summe für die Ausgleichstaxe

ausgeben (per Gesetz sind Unternehmen

mit 25 oder mehr Beschäftigten

verpflichtet, einen begünstigten behinderten

Menschen einzustellen, Anm.).“

Auf Basis dessen wurden Maßnahmen

definiert, die dann letztendlich wirkten.

Obwohl die Zertifizierung bereits

seit 2008 vergeben wird, hätten

sich viele Unternehmen noch nicht „getraut“,

so Hermann Zeilinger, Diversity-

Management-Experte bei TÜV Austria.

„Zahl reiche Unternehmen widmen sich

bereits dem Thema Diversity-Management.

Allerdings wurde die Önorm bisweilen

wenig verwendet, da die Komplexität

des Themas Unternehmen

abgeschreckt hat.“ Seither wurde der

Prozess standardisiert und unter dem

Namen „ZukunftVIELFALT“ neu besetzt.

Neben Billa erhielten etwa auch

die Fachhochschule Salzburg und der

Energieanbieter Verbund die Auszeichnung.

Für Zeilinger ist es nur eine Frage

der Zeit, bis weitere dazukommen. Dass

die Zertifizierung auf dem Prinzip der

Freiwilligkeit aufgebaut ist, ist für den

TÜV-Mann kein Problem. Denn Unternehmen

müssten auch heute schon

kommunizieren, wie sie das Thema aktiv

managen, und auch Bewerber würden

zunehmend auf ein aktiv geführtes

Diversity-Management achten, so Zeilinger.

„Es gibt daher schon jetzt, auch

ohne Verpflichtung, ausreichend Anreiz,

sich dem Thema zu widmen.“

Auch für Müllner ist die Arbeit

mit der Zertifizierung nicht getan. „Die

Herausforderung ist definitiv, an den

vielen Themen gleichzeitig dranzubleiben

und eher weniger, dafür wirksame

Maßnahmen zu etablieren. Wir haben

nun in allen Bereichen gut laufende

Prozesse und Maßnahmen umgesetzt.

Jetzt geht es ans ,Eingemachte‘ – darum,

Strukturen aufzubrechen und mehr

strategisch zu arbeiten.“

Kein Marketing-Gag

Der Illusion, dass es mit einer

Diversity-Managerin bzw. einer Abteilung

getan ist, will sich Müllner nicht

hingeben. Das Thema könne nicht nur

von einer Person getragen werden. „So

ist es auch im Zertifizierungsprozess

nicht vorgesehen.“ Dennoch benötige

es Antreiber. „Es ist sinnvoll, eine möglichst

diverse Gruppe zusammenzustellen,

die sich des Themas annimmt

und es vorantreibt.“ Doch Diversität als

Thema hätten bei Billa, so Müllner, viele

Mitarbeiter und Führungskräfte verinnerlicht.

„Es wird spürbar, dass es sich

dabei nicht um einen Marketing-Gag

handelt“, sagt die Diversity-Beauftragte.

Hermann Zeilinger bestätigt,

dass die Zertifizierung jene belohnen

soll, die ihr Engagement aktiv und seriös

betreiben. Er hofft, „dass viele Unternehmen

den Wert eines strukturierten

Diversity-Managements erkennen und

entsprechend aktiv Schritte setzen, um

attraktive Rahmenbedingungen für die

vielfältigen internen und externen Stakeholder

zu setzen. Die Zertifizierung

soll dabei ein Qualitätskriterium sein,

das belegt, dass das Unternehmen seine

Bemühungen ernst meint.“

Ernst meint es Dominique Müllner

jedenfalls. Ihr Ziel: Die offene Unternehmenskultur

weiter zu fördern.

„So können alle ihr Potenzial entfalten

und in weiterer Folge zum Erfolg des

Unternehmens beitragen.“

DIVERSITY MANAGEMENT

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FORBES

GELDANLAGE:

WAS LOHNT SICH?

Was wäre heute übrig, wenn man 1.000 € am 1. Jänner 2009 investiert hätte? Welche Assetklasse

hätte das höchste Plus bei der Kaufkraft gebracht? Wo gäbe es Verluste? Wir haben die Kollegen

vom Think-Tank Agenda Austria gefragt, ihre Rechner anzuwerfen. Das Experiment zeigt:

Aktien Top, Sparbuch Flop.

D A I L Y

Text: Redaktion

Infografik: Valentin Berger

Berechnung: Agenda Austria

2009

1.000 €

RENDITENVERGLEICH 36

GOLD

(IN EURO)

1.760,24 €

SPARBUCH

TÄGLICH FÄLLIGES SPARBUCH

853,28€

2019

AKTIEN

(MSCI WORLD INDEX)

1.845,2 €

ANLEIHEN

(VANGUARD EURO GOVERNMENT

BOND INDEX FUND)

1.268,47 €

UNTER DER

MATRATZE

(GELD, DAS ZUHAUSE

AUFBEWAHRT WURDE)

817,55€


FORBES

GREATEST LIVING

BUSINESS MINDS

WARREN

BUFFETT

OPRAH

WINFREY

D A I L Y

Als ich sieben oder acht Jahre alt war, hatte ich Glück,

denn ich entdeckte ein Thema, das mich wirklich interessierte:

Investieren. Ich las jedes Buch, das es in der Bücherei

zu diesem Thema gab. Mein Vater arbeitete ebenfalls in der

Investmentbranche, und wenn ich ihn samstags zum Mittagessen

besuchte, las ich alle Bücher in seinem Büro. (Wäre

er Schuhverkäufer gewesen, wäre ich heute vielleicht auch

Schuh verkäufer.) Das Buch, das den größten Einfluss auf meine

Investmentstrategie hatte, las ich dann während meiner

Studienzeit: „The Intelligent Investor“ von Benjamin Graham.

Ich habe es wahrscheinlich sechsmal gelesen.

Letztendlich geht es darum, solide, stabile Unternehmen

mit einem ehrlichen Management zu finden – und diese

dann über zehn, 20 oder 30 Jahre lang zu halten. Doch im Endeffekt

gibt es nur ein Investment, das alle anderen übertrifft:

in sich selbst zu investieren. Man muss seine Schwächen erkennen

und sich verbessern. Ich hatte früher riesige Angst, vor

Menschen zu sprechen. Doch ich besuchte einen Kurs, zahlte

100 US-$ dafür – und das veränderte mein Leben. Ich war

plötzlich so selbstbewusst, dass ich kurz darauf meine Frau

fragte, ob sie mich heiraten will. Meine neue Fähigkeit half mir

auch, Aktien in Omaha zu verkaufen – obwohl ich erst 21 Jahre

alt war und jünger aussah. Niemand kann uns nehmen, was

wir in uns haben. Wir alle haben versteckte Potenziale, die wir

noch nicht nützen. Wenn wir unser Potenzial um zehn, 20, 30

Prozent steigern, indem wir unsere Talente ausbauen, können

wir das nicht verlieren. Wir haben unsere Fähigkeiten unser

ganzes Leben.

Ich wurde einmal von Nelson Mandela eingeladen,

zehn Tage in seinem Haus zu verbringen. Zu Beginn war ich

ziemlich eingeschüchtert. Ich sagte zu meinem Partner Stedman

(Graham; Anm.): „Worüber soll ich denn zehn Tage lang

mit Nelson Mandela sprechen?“ Und er sagte nur: „Warum

versuchst du nicht einfach, zuzuhören?“

Nach etwa der Hälfte meines Aufenthalts fühlte ich

mich endlich wohl, einfach neben Mandela zu sitzen. Was

nimmt man mit, wenn man in Nelson Mandelas Haus war? Ich

wollte etwas hinterlassen; etwas, das einen Wert hat. Eines Tages

unterhielten wir uns über Armut – und darüber, wie man

sie bekämpft. Und ich sagte: „Man kann Armut nur mit Bildung

bekämpfen. Ich würde irgendwann gerne eine Schule in

Südafrika bauen.“

Und Nelson Mandela sagte: „Du willst eine Schule bauen?“

Er stand auf und telefonierte sofort mit dem Bildungsminister.

Am gleichen Nachmittag hatten wir ein Meeting und

diskutierten den Bau einer Schule.

Oprah Winfrey ist eine US-amerikanische

Unternehmerin, Talkshowmoderatorin

und Schauspielerin. Sie wurde als erste Afroamerikanerin

Milliardärin.

BUSINESS MINDS

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Warren Buffett ist Gründer und CEO von Berkshire

Hathaway. Er gilt als erfolgreichster Investor aller

Zeiten und ist der drittreichste Mensch der Welt.

37


FORBES

BILDUNG MAL DREI

Eine klaffende Pensionslücke, zu lockere Geldpolitik und langsame Prozesse: Andreas Brandstetter

geht mit der Politik hart ins Gericht. Doch statt abzuwarten, nimmt der CEO von Österreichs größtem

Versicherer, der Uniqa, Unternehmen und Individuen in die Pflicht: Erstere müssten Verantwortung

übernehmen, Zweitere sich bilden und informieren – gerade, wenn es um Finanzbildung geht.

Text: Klaus Fiala

Fotos: Uniqa

D A I L Y

UNIQA 38

Seit 2011 ist Andreas Brandstetter CEO der Uniqa Insurance Group AG.

Österreichs größter Versicherer ist neben dem Heimatmarkt in 15 weiteren

Ländern in Zentral-, Ost- und Südosteuropa tätig.

Ein sicheres, besseres, längeres

Leben zu ermöglichen“,

zitiert Andreas Brandstetter das

Mission Statement des von ihm

angeführten Uniqa-Vorstands.

Als CEO von Österreichs größtem Versicherer

verantwortet Brandstetter ein

Haus mit einem Jahresumsatz von 5,19

Milliarden € sowie 12.800 Mitarbeitern –

als solcher ist Brandstetter aber auch

für über zehn Millionen Versicherungsverträge

von 3,6 Millionen Kunden verantwortlich.

Und er wünscht sich mehr Wissen

über die Notwendigkeit, für schlechte

Zeiten vorzusorgen. Dass viele Junge

finanzielle Probleme haben, darf laut

Brandstetter niemanden wundern, wenn

sie „den Unterschied zwischen Dividenden

und Zinsen nicht kennen“. In der

Verantwortung sieht der Manager nicht

mehr nur die Politik: „Unternehmen

müssen mehr Verantwortung übernehmen.“

Wir sprachen mit dem Uniqa-CEO

über europäische Versicherungsprodukte,

den Staat als „All-inclusive-Vollkasko-Paradies“

und die Interpretation des

Sprichworts „Carpe Diem“.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in

zehn Jahren? Was muss ein Versicherer

2030 können und anbieten, um

erfolgreich zu sein?

Wir werden unseren Privatkunden

in den Bereichen Gesundheit, Mobilität

und Wohnen einfache Gesamtlösungen

aus Services und Risikotarifen

anbieten. Wir wollen damit einen spürbaren

Beitrag leisten, dass sie sicher, besser

und – wenn möglich – auch länger leben.

Unseren Gewerbe- und Industriekunden

werden wir weiterhin einen individuell

zugeschnittenen Risikoschutz mit vielen

Präventionsideen anbieten, der an ihre

ganz persönlichen Bedürfnisse angepasst

ist. Traditionelle Hierarchien und verkrustete

Strukturen werden durch sehr

flexible, neue Modelle abgelöst, die ein

agiles Arbeiten in neuen Organisationsformen

ermöglichen – und es werden

nicht mehr Hunderte oder Tausende

Mitarbeiter jeden Tag in ein Bürogebäude

pendeln, um dort einen großen Teil

des Tages zu verbringen. Zusammengefasst:

Die Dimension an exponentieller

Veränderung in der Finanzdienstleistung

wird in den nächsten Jahren üppig sein –

superspannend und attraktiv also für

junge High Potentials.

Wie gut oder schlecht ist das Wissen

über die Themen Versicherung

respektive generell Vorsorge in der

Bevölkerung? Wie viel Aufholbedarf

gibt es?

Der Aufholbedarf ist enorm.

Nachdem die Politik hier leider seit Jahrzehnten

wenig bis nichts für die Bildung

unserer Kinder an den Schulen tut, werden

wir Unternehmen mehr Verantwortung

übernehmen müssen.

Wie sieht es mit Financial Literacy im

Allgemeinen aus?

Immer noch verabreichen viele

politische Parteien Europas – im Wählerspektrum

von ganz links bis nach weit

rechts reichend – ihren Wählern die üblichen

Beruhigungspillen und gaukeln

das „All-inclusive-Vollkasko-Paradies“

vor: Der Staat wird sich um alles kümmern,

alles wird dir abgenommen! Wenig

überraschend gibt es dann kaum

Anreize, sich mit Fragen der eigenen

finanziellen Gesundheit und Vorsorge

zu beschäftigen. Zum Glück ändert sich

das, weil sich mehr und mehr Unternehmen

nicht mehr auf die Politik verlassen,

sondern gewissermaßen die Ausbildung

ihrer Kunden selbst übernehmen. Wenn

der überwiegende Teil der Jugend nicht

weiß, was der Unterschied zwischen Zinsen

und Dividenden ist, brauchen wir uns

nicht wundern, dass so viele in finanzielle

Probleme geraten. Wir dürften eigentlich

schon erwarten, dass unsere Kinder beim

Schulabschluss wissen, wie etwa unser

Finanzsystem prinzipiell funktioniert,

wie sich ein Staat finanziert, was Versicherung

und Bank leisten oder was Vorsorge

bedeutet.

Was erwarten Sie sich von der kürzlich

geschlossenen Kooperation mit

Red Bull? Besteht in der Zusammenarbeit

mit dem Red Bull Media House

nicht eine Gefahr, an älteren Kundenschichten

vorbeizukommunizieren?

Unsere Mission als Uniqa ist es,

Menschen jeden Alters ein sicheres, besseres,

längeres Leben zu ermöglichen,

und das ist auch genau der Claim des Magazins

„Carpe Diem“: nämlich sich Zeit

für ein gutes Leben zu nehmen! Carpe

Diem und Uniqa wollen also dasselbe,

und wir wollen es auch auf dieselbe Weise,

also keinesfalls als besserwissender

Moralisierer mit erhobenem Zeigefinger.

Die Leserin und der Leser entscheiden

selbst und eigenverantwortlich – wir

geben nur Anregungen im Sinne eines

echten, wirklichen Coaches, der vor allem

gut zuhören kann. Und das ist etwas,

was alle Generationen wollen – die einen

mehr mit einem haptischen Magazin, die

anderen mehr in einer Onlinewelt.

Verschwimmen die Grenzen zwischen

Versicherung, Vorsorge und Gesundheit

in Zukunft?

Letztlich schon, denn die Grenzen

werden sich mehr und mehr auflösen. Die

Menschen suchen zunehmend Partner,

denen sie in einem gesamten Bedürfnisfeld

vertrauen können. Wir alle kaufen ja

auch heute schon ein ganzes fahrbereites

Auto und nicht Motor, Getriebe, Sitze,

Karosserie und Reifen bei den verschiedenen

Anbietern. Genau in diese Richtung

geht es beim Thema Gesundheit:

In Zukunft werden diejenigen Dienstleister

Erfolg haben, die sich genauso um

die Fitness ihrer Kunden kümmern wie

auch um Arzttermine, Therapien, Untersuchungen

und gesundes Essen. Das,

was wir als Konsumenten heute schon

„Wenn der überwiegende Teil der

Jugend den Unterschied zwischen

Zinsen und Dividenden nicht kennt,

brauchen wir uns nicht wundern, dass

viele in finanzielle Schieflagen geraten.“

in anderen Bereichen erleben – also vertrauenswürdige

Plattformen, die mehr

können, als nur Einzelteile anzubieten –,

wird entscheidend sein. Das ist eine hohe

Verantwortung, mit der man sehr sorgsam

umgehen muss, denn: Wer die sich

rasant verändernden Wünsche und Erwartungen

nicht erfüllen kann oder diese

gar enttäuscht, bekommt immer seltener

eine zweite Chance.

Eine der gängigsten privaten Vorsorgemethoden,

die Lebensversicherung,

ist wegen des Niedrigzinsumfelds unter

Druck. Welche Zukunft sehen Sie

für ein solches Produkt noch?

Die ultralockere Geldpolitik der

EZB war in der Krise ein probates Mittel,

um die europäische Wirtschaft zu stabilisieren

– aber man hat den rechtzeitigen

Absprung verpasst. Jetzt sind wir in Europa

in der Situation, dass durch dieses Vorgehen

nicht nur die Menschen, die sparen

und vorsorgen wollen, praktisch enteignet

werden, sondern wir haben auch fast

keinen geldpolitischen Spielraum mehr,

um der nächsten Krise – die bestimmt

kommen wird – entgegenzusteuern. Aber

eines ist selbst unter diesen schwierigen

Rahmenbedingungen unbestritten: Ohne

private Vorsorge für die eigene Pension

wird es nicht gehen – und dafür bieten

die unterschiedlichen Formen der Lebensversicherung

nach wie vor seriöse

Optionen.


FORBES

Ist die Einführung eines paneuropäischen

Versicherungsprodukts angesichts

der politischen Wetterlage in

den nächsten Jahren realistisch?

Ich denke schon, dass ein solches

Produkt kommen wird. Allerdings dauert

der Prozess jetzt schon lange, und

der Weg ist mit vielen Kompromissen gepflastert.

Damit steigt das Risiko, dass am

Ende etwas rauskommt, das für die Menschen

in Europa nicht wirklich transparent,

wertstiftend und vor allem verlässlich

ist. Und das wäre schlimm, denn

dieses allererste europaweite Produkt

muss für die Bürger in Rumänien genauso

attraktiv und sicher sein wie für jene

in Frankreich. Aktuell strebt man eine

Einführung zwischen 2022 und 2024 an.

Wenn da noch irgendetwas dazwischenkommt,

ist die Menschheit zwischenzeitlich

auf dem Mars gelandet.

Die globale Pensionslücke wird auf

eine Höhe von rund 60 Billionen € geschätzt.

Ist das klassische Vorsorgesystem,

wie wir es kennen, nicht mehr

finanzierbar?

Erst vor ein paar Tagen hat – zum

wiederholten Mal – eine internationale

Studie bestätigt, dass die Finanzierung

unseres staatlichen Pensionssystems

nicht nachhaltig ist. Nur Italien steht

demnach in Westeuropa schlechter als

Österreich da. Ich frage mich, wie oft man

das wiederholen muss, bis es bei den politischen

Entscheidungsträgern ankommt

und die Konsequenzen daraus gezogen

werden. Und da reden wir noch gar nicht

von Teilbereichen wie dem Gender Pension

Gap, also der Tatsache, dass Frauen in

Österreich um 34 Prozent weniger Pension

bekommen als Männer.

Schon jetzt kämpfen wir in einem

der reichsten Länder Europas mit Altersarmut

– genauso übrigens wie mit

Jugendarmut –, was eigentlich nicht zu

verstehen ist. Natürlich sind radikale

Maßnahmen nicht unbedingt das Populärste,

aber wenn immer weniger Junge

die Pensionen von immer mehr Älteren

finanzieren müssen, kann sich jeder ausrechnen,

dass das nicht ewig so weitergehen

kann.

Was raten Sie einem jungen Menschen,

der mit kleinen Mitteln schon

jetzt für seine Zukunft vorsorgen

möchte?

Die besten drei Vorsorgemodelle

sind immer noch Bildung, Bildung und

nochmals Bildung. Aber gleich danach

sollte die private Vorsorge kommen, und

da gibt es eine Vielzahl von Modellen,

die das auch mit kleinen Mitteln ermöglichen.

Grundsätzlich gilt die Binsenweisheit:

Je früher man damit beginnt, desto

mehr kommt am Ende raus. Jungen Menschen

empfehle ich, sich umfassend zu

informieren und erst dann zu entscheiden,

welches Modell für sie ganz persönlich

das Beste ist. Eine allgemeingültige

Antwort, die für jeden passt, gibt es nicht.

Was halten Sie von datenbezogenen

Modellen?

Unser ganzes Leben basiert immer

mehr auf digitalen Fußabdrücken,

Im Mai 2018 wurde Andreas Brandstetter für drei Jahre zum Präsidenten der Interessenvertretung der europäischen

Versicherer, Insurance Europe, gewählt. Zu einem europäischen Versicherungsprodukt sagt er: „Ich glaube schon,

dass so etwas kommt.“ Doch er sagt auch: „Der Weg ist mit vielen Kompromissen gepflastert.“

die wir in der Welt hinterlassen. Manchmal

ist das hilfreich, manchmal wirklich

beängstigend. Vielleicht nicht in Europa,

aber in China. Und natürlich spiegelt sich

das auch in der Versicherungswirtschaft

wider. Beim Auto haben wir das schon

heute: Wer etwa bewusst beim Autofahren

auf sein Handy verzichtet und damit

das Unfallrisiko verringert, der zahlt bei

uns weniger Prämien.

Oder auch in der Gesundheitsversicherung:

Da gibt es Angebote, die

es honorieren, wenn man jährlich zum

Fitnesscheck geht. Es bleibt aber eine

herausfordernde Übung, wie wir Daten

verantwortungsvoll einsetzen, um die

wirklichen Bedürfnisse unserer Kunden

besser zu erfüllen, ohne dabei ihre Privatsphäre

zu gefährden. Generell ist unsere

Devise: Ausschließlich unsere Kunden

besitzen ihre Daten, nicht wir! Das heißt,

dass ausschließlich unsere Kunden auch

selbst entscheiden, ob sie uns Daten ganz

bewusst überlassen – und falls ja, welche.

Wir haben allerhöchsten Respekt vor diesem

Thema.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz

in diesem Zusammenhang –

und ganz generell für Ihr Geschäftsmodell?

Im Zusammenhang mit Datennutzung

keine, weil diese Mobilitäts- oder

Gesundheitsdaten zu keiner Zeit bei uns

landen, sondern bei einem externen Partner

bleiben. Wir setzen aber künstliche

Intelligenz im Hintergrund ein, um einfache,

repetitive Aufgaben durch Maschinen

erledigen zu lassen. Das hilft unseren

Kunden, weil die Erledigung bestimmter

Leistungen dadurch schneller geht. Wo

künstliche Intelligenz auch hilft, ist bei

der Datenanalyse oder der Erarbeitung

eines Risikoprofils – darauf kann dann

der Berater im Gespräch aufsetzen und

noch besser auf den Kunden eingehen.

Ich gehe aber davon aus, dass sich in Zukunft

hier noch viel ändern wird.

Sie haben zuletzt von 700 bis 800

Millionen € Kapital gesprochen, das

in Akquisitionen fließen könnte. Welche

Bereiche sehen Sie sich hier an?

Wir richten unser Augenmerk

hauptsächlich auf die Länder Osteuropas,

wo wir noch selektive Wachstumschancen

sehen. Andererseits ist nicht

gesagt, dass wir nur nach traditionellen

Versicherungen Ausschau halten. Wir

schauen uns auch Möglichkeiten zur Akquisition

von InsurTechs oder FinTechs

genau an, und ebenso Unternehmen, die

auf anderen Ebenen unser Angebot ergänzen

könnten.

Im Handelsblatt haben Sie im September

2018 Folgendes gesagt: „Wir

rechnen damit, dass die Zinsen im

dritten oder vierten Quartal 2019

steigen werden.“ War das damals

Wunschdenken?

Nein, aber leider schlichtweg eine

falsche Annahme. Wir haben uns jedenfalls

unabhängig davon auf eine sehr lange

Phase mit sehr niedrigen Zinsen eingestellt.

Andreas Brandstetter ist seit

2011 Vorstandsvorsitzender der

Uniqa Insurance Group AG. Seit

2018 ist er zudem Präsident der

Interessenvertretung Insurance

Europe.

D A I L Y

UNIQA

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FRAU MACHT GELD

Helma Sick, die Grande Dame der Finanzberatung in Deutschland, ist seit 30 Jahren mit ihrem

Institut Frau & Geld aktiv. Sie ärgert sich über die Renaissance der Hausfrauenehe – und die Folgen

finanzieller Abhängigkeit.

Interview: Julia Herrnböck

Fotos: Thomas Dashuber

Das Statistische Bundesamt hat erhoben,

dass 2017 fast 50 Prozent der

Frauen in Deutschland nur Teilzeit

arbeiteten. 1991 war es noch ein Drittel.

In Österreich ist der Anstieg noch

größer. Wie sehen Sie diesen Trend?

Der Großteil dieser Frauen bleibt

auch in Teilzeit, wenn die Kinder schon

groß sind. Hinterher sind sie erstaunt,

weil sie so wenig Rente kriegen. Teilzeitarbeit

ist eben auch Teilzeitrente, das ist

ganz einfach, aber viele Frauen lesen die

oft keine Ahnung haben. Einige äußern

sogar die Idee, dass sie einfach einen reichen

Mann heiraten können, wenn es

mit dem Job nicht klappt. Ist das nicht

schrecklich? Das ist doch ein Rückfall in

die 1950er-Jahre!

Spielt da auch eine gewisse Bequemlichkeit

mit?

Wie soll sich die Arbeitswelt

ändern, wenn wir Frauen nicht mitmischen?

Es wird noch viel unbequemer,

D A I L Y

„Teilzeitarbeit ist eben auch

Teilzeitrente, das ist ganz einfach.

Aber viele Frauen lesen die

Renteninfo nicht.“

Renteninfo nicht. Gleichzeitig ist ihnen

bewusst, dass sie von der Teilzeitrente

nicht leben können. Sie wollen es aber

nicht so genau wissen, weil es sie deprimiert.

wenn das Lebensmodell Ehe scheitert

und sie jahrelang nicht gearbeitet hat,

die Kinder aus dem Haus sind und sie

keinen Unterhalt bekommt – von der

späteren Minirente ganz zu schweigen.

HELMA SICK

Warum bleiben oft sehr gut ausgebildete

Frauen jahrelang zu Hause?

Geringverdienerinnen haben die

Wahl nicht, sie müssen arbeiten. Erstaunlicherweise

gehen gerade Akademikerinnen

wieder vermehrt zurück

in die Nische der traditionellen Familie:

Papa geht arbeiten, Mama bleibt zu

Hause. Das wird nur in Deutschland und

Österreich so stark gelebt. Sobald das

erste Kind da ist, kommt häufig die große

Wende. Und dann kommt das zweite

Kind und aus den geplanten zwei bis drei

Jahren werden oft zehn und mehr.

Was braucht es, damit junge Frauen

heute ein stärkeres Bewusstsein

entwickeln, wie wichtig finanzielle

Eigenständigkeit ist?

Mehr Aufklärung. Ich werde häufig

von Universitäten und Hochschulen

zu Vorträgen eingeladen, weil die Professorinnen

merken, dass die Studentinnen

Gibt es das noch oft, dass Frauen

zehn Jahre zu Hause bleiben?

Oh ja. Ich verstehe auch nicht,

dass Arbeit nicht als das gesehen wird,

was es ist: ein Mittel, um eigenes Geld zu

verdienen, aber auch Teilhabe am sozialen

Leben, geistige Anregung. Ich finde,

dass es zur Würde eines Menschen gehört,

nicht abhängig zu sein vom Fortbestand

einer Lebensgemeinschaft.

Was entgegnen Sie Frauen, die sagen,

Kinderbetreuung sei mit Berufstätigkeit

nicht vereinbar?

In jedem Vortrag von mir sitzen

mindestens zwei Supermütter drin, die

mir sagen: „Die Mutter macht das einfach

am besten.“ Die Auswüchse sieht

man in diesen sogenannten Helikoptereltern,

die über allem schweben und die

Kinder zum Projekt erklären, weil ihr

eigenes Leben nicht unbedingt gelungen

ist. Das ist nicht kindgerecht. Private und

Helma Sick hält Vorträge, leitet Workshops und schreibt Bücher

dazu, wie Frauen besser mit ihrem Geld umgehen müssen.

Ihr bisher letztes Buch schrieb sie mit der ehemaligen Familienministerin

Renate Schmidt: „Ein Mann ist keine Alters vorsorge“,

erschienen 2015, wurde ein Bestseller.

öffentliche Erziehung sollten sich ergänzen,

und zwar möglichst früh.

Andererseits zerreißen sich Mütter,

die arbeiten gehen.

Ich plädiere daher für eine Familienarbeitszeit,

wo beide Elternteile

gleichermaßen ihre Wochenstunden

reduzieren können und in den ersten

Jahren einen Lohnausgleich vom Staat

bekommen.

Sie haben als junge Frau als Sekretärin

begonnen …

Ich wurde später Vorstandssekretärin,

dann wechselte ich ins Frauenhaus

als kaufmännische Leiterin. Vorher

habe ich wesentlich mehr verdient,

aber es war einfach eine Herzensangelegenheit.

Die Jahre im Frauenhaus waren

unglaublich eindrucksvoll. Dann haben

mein Mann und ich unseren Sohn adoptiert

und ich bin in Elternteilzeit gegangen.

Das war eine wichtige Zeit, aber es

gefiel mir nicht, dass ich finanziell abhängig

war.

Wie lange waren Sie zu Hause?

Vier Jahre. Ich habe in dieser Zeit

ein Abendstudium in Betriebswirtschaft

absolviert, um mich auf eine Selbstständigkeit

vorzubereiten. Mein Mann hat

mich dabei sehr unterstützt. Ich habe

mich weitergebildet, habe Seminare in

Frankfurt besucht und in Finanzbetrieben

hospitiert.

Ist Selbstständigkeit eine gute Alternative

für Frauen?

Unbedingt – wenn es die richtige

Geschäftsidee ist. Man darf sich allerdings

nicht mit dem 53. Nagelstudio an

der Ecke selbstständig machen.

Helma Sick gilt als Grande

Dame der Finanzberatung in

Deutschland. Seit 1986 leitet sie

das von ihr gegründete Institut

Frau & Geld.

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10

FORBES

RUBRIK THEMA

FORBES NR. 8—19

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Unternehmen Three Coins will er Wissen fördern und das Thema Financial Literacy neu besetzen.

Text: David Hanny

Foto: Peter Rigaud

D A I L Y

Wenn Goran Maric über

Geld spricht, geht

es ihm vor allem um

Chancengleichheit – zu

kompliziert sei die Finanzwelt.

„Was ist Finanzbildung eigentlich? Es

ist eine Lebenskompetenz“, sagt Maric, und

diese Lebens kompetenz möchte er gemeinsam

mit seinem Team vermitteln – in Österreich

und auf der ganzen Welt, ausgehend

von einem kleinen Büro in Wien. Die Kernleistung

von Three Coins sind einerseits

Workshops für Schüler und junge Menschen

und anderer seits Kundenprojekte mit Unternehmen

rund um „Financial Literacy“.

Das Beratungs- und Projektgeschäft

finanziert die Workshops,

wobei die Kundenprojekte von einem

E-Mail-Newsletter und Videoprojekt

zum Thema finanzielle Bildung für die

Direktbank ING bis hin zu einer App, die

ohne Zahlen auskommen soll, reichen.

Maric versucht, Finanzwissen so einfach

wie möglich darzulegen – auch ein siebenjähriges

Kind soll verstehen, worum

es geht. „Aus diesem Grund setzen wir

statt auf Zahlen sehr stark auf Wünsche,

Werte, Ängste und Vorstellungen vom

eigenen Leben“, erklärt er. „Beispielsweise

beginnen unsere Schulworkshops

mit Bewusstseinsfragen oder Spielen,

bei denen Kindern womöglich zum ersten

Mal klar wird, wofür man eigentlich

Geld ausgibt.“

Maric will Bewusstsein schaffen

und die Selbstreflexion fördern. Oft sei er

überrascht, wie wenig die Leute über die

knapp 13.000 Werbebotschaften nachdenken,

mit denen jeder Mitteleuropäer

täglich konfrontiert ist. „Unser Verhalten

hängt stark davon ab, wie wir diese Botschaften

aufnehmen, vor allem in einer

Zeit, in der Werbung immer stärker personalisiert

wird“, so Maric.

Schere zwischen analog und digital

Dabei beobachtet Maric, dass die

Schere zwischen der Realität und der

digitalen Welt weiter auseinandergeht:

„Weil immer mehr im digitalen Bereich

passiert, verlieren viele Leute das Bewusstsein

darüber, wo Geld eigentlich

herkommt und was man damit macht.“

Kinder wachsen nämlich zunehmend

mit digitalem Geld auf. „Dabei

haben unzählige Studien gezeigt, dass

Menschen bewusster mit Bargeld und

Münzen umgehen als mit einer Bankomatkarte“,

erklärt Maric. Der entscheidende

Effekt dabei nennt sich Verlustschmerz:

Wer sich an der Kasse von

seinen erarbeiteten Geldscheinen und

Münzen trennt, aktiviert gewisse Hirnströme,

die bei der Zahlung mit Karte

„Weil immer mehr in der digitalen

Welt passiert, verlieren viele

Menschen das Bewusstsein

darüber, wo Geld herkommt.“

„Wir werden bei allem, was wir tun, von externen Faktoren beeinflusst – und diese

müssen wir lernen, zu verstehen“, sagt Goran Maric, der als CEO von Three Coins Menschen

Finanzkompetenz beibringen will.

nicht angehen. „Man spürt, dass man

etwas verliert. Dieses Gefühl fehlt bei

digitalem Geld völlig“, sagt Maric.

Deshalb seien auch sogenannte

One-Click-Zahlungen im Internet eine

große Gefahr: Der Käufer habe dabei

kein Gefühl dafür, was er ausgibt. Besonders

stark von diesem Effekt be troffen

seien Onlinespiele, denn dabei dauere

die Begeisterung für Neues nur kurz an,

so Maric. Im Computerspiel Fortnite

etwa, das weltweit 250 Millionen registrierte

Nutzer zählt, gibt laut LendEdu,

einer Finanzplattform für Studenten,

jeder Spieler durchschnittlich 84 US-$

für digitale Waffen und Skins (Anzüge,

die das Aussehen eines Spielers verändern)

aus.

Entscheidungen wie diese möchte

Maric im Zuge der Three-Coins-

Workshops hinterfragen. „Wir werden

bei allem, was wir tun, von externen

Faktoren beeinflusst – und diese müssen

wir lernen, zu verstehen“, erklärt Maric.

Als Beispiel für einen äußeren Einfluss

nennt er Hunger: Eine hungrige Person

kauft im Supermarkt um 40 % mehr ein

als jemand, der keinen Hunger verspürt.

„Daher ist es immer sinnvoll, zu fragen,

ob man etwas kauft, weil man es braucht,

oder ob man es kauft, weil man es haben

will“, meint er. „So beginnt man zu verstehen,

wofür man sein Geld ausgibt, und

kann bewusste Entscheidungen treffen.“

In der Vergangenheit hatte Maric

selbst einige Schlüsselmomente, was

seinen Umgang mit Geld betrifft. Dazu

zählen die Reparaturkosten für eine

kaputte Gastherme, die er nicht sofort

bezahlen konnte, bis hin zu mehreren

To-go- Kaffees täglich, „die überhaupt

nicht notwendig waren“. Abgesehen davon

war Maric jedoch immer bewusst,

wie wichtig es ist, ausreichend Geld zu

haben – was nicht zuletzt an seiner Herkunft

liegt: Anfang der 90er-Jahre, Maric

war vier Jahre alt, wanderten seine

Eltern aus dem heutigen Bosnien nach

Österreich ein. „Beide waren Arbeiter,

dadurch hatten wir von vornherein nie

viel Geld“, erzählt Maric.

Während seiner Schulzeit merkte

er, dass Bildung Chancen kreiert, weshalb

er sich in der Schüler- und später

in der Hochschulpolitik engagierte. Im

Laufe seines Studiums an der Wirtschaftsuniversität

(WU) Wien gründete

Maric außerdem das Social Entrepreneurship

Forum (SEF), eine Informationsplattform

für Gründer, die mit ihrem

Unternehmen ein soziales Problem in

Angriff nehmen. „Ich habe nicht verstanden,

warum es an der WU 23.000 Studierende

gibt, von denen ein sehr großer

Teil ein profitorientiertes Unternehmen

gründen will, während es so viele Probleme

auf der Welt gibt“, erzählt Maric.

Goran Maric ist CEO von Three

Coins, einem Unternehmen, das

sich mit innovativen Ansätzen

und Zugängen rund um das Thema

Finanzbildung und -kompetenz

beschäftigt.

THREE COINS

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FORBES

DIE KLEINSTE BANK

DEUTSCHLANDS

Einen einzigen Mitarbeiter hat die wohl kleinste Bank Deutschlands, die Raiffeisenbank im badenwürttembergischen

Gammesfeld. Seit zehn Jahren leitet Peter Breiter das Institut – und ist dabei

Bankdirektor und Putzkraft in einem. Die Bank schreibt wegen ihrer loyalen Kunden Gewinne, steht

aber wegen Regulierung und Niedrigzinsen vor einer ungewissen Zukunft.

D A I L Y

Text: Klaus Fiala

Fotos: Thomas Berberich

KLEINSTE BANK 44

Groß gewachsen, im kurzärmeligen

Hemd und mit Sneakern

an den Füßen steht Peter

Breiter an seiner Theke. Hinter

ihm stapeln sich Ordner

und Akten, ausgedruckte Kontoauszüge; auf

dem Tisch liegt einsam ein Kündigungsschreiben

an eine Versicherung, das Breiter

von einem Kunden übernommen hat.

Breiter ist Bankdirektor. Wer bei dem Wort

aber an ein Eckbüro mit schöner Aussicht,

ein fettes Gehalt und einen Nadelstreifenanzug

denkt, irrt.

Einen einzigen Mitarbeiter – nämlich

Breiter selbst – stellt die Raiffeisenbank

Gammesfeld in Baden-Württemberg

an. Die 1890 gegründete Bank wirkt wie

eine Zeitmaschine. „Als innovativ würde

ich uns eigentlich nicht bezeichnen.

Letztendlich machen wir seit 100 Jahren

das Gleiche“, so Breiter. Das bedeutet in

diesem Kontext ein Geschäftsmodell, das

auf drei Produkten aufbaut: Girokonto,

Sparkonto, Darlehen. Alles andere – jeglichen

Schnickschnack, den das moderne

Finanzsystem sich über die Jahrzehnte

ausgedacht hat – lehnt man hier ab.

Der ausgebildete Bankkaufmann

Breiter übernahm die Bank am 1. Januar

2008, mitten in der Finanzkrise. Breiter

war einer von insgesamt sechs Bewerbern

für den Posten des Bankdirektors der wohl

kleinsten Bank Deutschlands. Sein Vorgänger

Fritz Vogt, der während des Interviews

zufällig vorbeischaut, übernimmt

trotz seiner 87 Jahre die Vertretung in der

Bank auch heute noch mit Vergnügen.

Vogt führte die Bank jahrelang und

brachte sie zu nationaler Bekanntheit.

Angesichts der (auch heute noch) intensiven

Bankenregulierung, die auch

Minibanken trifft, barg das gewisse Herausforderungen:

So wurde Vogt 1984

die Banklizenz entzogen, da er als Einzelperson

das für Banken vorgeschriebene

Vier-Augen-Prinzip verletzte. Vogt

führte die Bank jedoch weiter. Bis 1990

dauerte der Rechtsstreit, im Laufe dessen

sich Vogt seine Berechtigung erstritt.

„Der Fritz hat gemeint: ‚Die Kunden

brauchen die Bank!‘ Das muss man

sich mal überlegen: Welcher Bankmanager

riskiert seine Freiheit, weil er sich

Sorgen um seine Kunden macht?“, sagt

Breiter. Seither hat sich wenig verändert.

Erst seit 2009 hat die Bank einen

Computer, auf dem das Geschäft erledigt

wird. Dennoch schreibt Breiter jeden

Kontoauszug selbst, die Meldungen gehen

deshalb manchmal etwas verspätet

raus. „Die Kunden regen sich dann immer

furchtbar auf, aber irgendwie geht

es doch immer.“ Zwischen 800 und 1.000

Kunden hat Peter Breiter, die Anzahl

der Genossenschaftsmitglieder beläuft

sich auf etwa 330 Personen. Diese Philosophie

zu verlassen, um das Wachstum

voranzutreiben, ist für Breiter kein Thema:

„Wir bekommen Anrufe aus ganz

Deutschland von Leuten, die hier Geld

anlegen wollen. Sechs- oder gar siebenstellige

Summen sind das. Doch wir wollen

die Leute persönlich kennen.“ Ganz

entziehen kann sich aber auch Breiter

der großen Welt nicht. Denn die Zinspolitik

der Europäischen Zentralbank beeinflusst

auch das Geschäft der Gammesfelder

Bank, die ihre Gewinne mit Zinsen

erzielt. Alle anderen Dienstleistungen,

auf die im Bankenwesen normalerweise

Gebühren und Provisionen anfallen,

sind gratis – und kosten das Institut Geld.

Dennoch hält man auch hier eisern an

der Philosophie fest.

„Wir behandeln alle gleich. Es

ist egal, ob jemand einen Euro oder eine

Million auf dem Sparbuch hat. So kann

keiner draufkommen, dass jemand einen

höheren Zinssatz hat. Das Gleiche machen

wir bei Krediten, egal ob jemand

ein Auto kauft oder ein Haus baut.“ Die

Zinsen belaufen sich auf 0,2 Prozent für

Sparer, die Kreditzinsen betragen 1,7 Prozent.

Bei Überziehung des Girokontos

werden fünf Prozent fällig. Breiter: „Bis

2021 bleibt uns – laut Hochrechnungen –

noch etwas übrig. Bis dahin machen wir

noch Gewinn, dann wird es eng.“

Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken,

wäre Wachstum. Doch neben

dem schon erwähnten Verlust der Kundennähe

ist Breiter so ein Schritt auch

aus einem anderen Grund suspekt: „Alle

Probleme – Korruption, Misswirtschaft

et cetera – entstehen aus der Größe der

Banken. So große Banken, wie wir sie

heute weltweit haben, kann man nicht

mehr effizient verwalten.“

Weil eine Umstellung auf das

gängige System für EC-Karten zu teuer

gewesen wäre, musste das Plastikgeld

in Gammesfeld wieder abgeschafft

werden. Das kostet junge Kunden, denn

die wollen nun mal eine Karte, um ihre

Zahlungen zu tätigen. „Das ist schon

ein Problem. Wirklich verlassen hat uns

jetzt niemand, aber die Daueraufträge

auf andere Konten haben deutlich zugenommen.

Von dort aus zahlen unsere Kunden

dann mit ihrer Karte.“ Eine Fusion

kommt – wenig überraschend – aber

ebenfalls nicht infrage: „Lieber sterbe

ich einen langsamen Tod (wegen einer

wegbrechenden Kundenbasis, Anm.),

als zu fusionieren.“ Als die Tür aufgeht

und der erste Kunde des Tages bei der

Tür hereinkommt, ist es 12.45 Uhr. Die

Bank hat erst vor 15 Minuten aufgesperrt,

denn die Öffnungszeiten sollen

kundenfreundlich sein. Bankgeschäfte in

Gammesfeld lassen sich zwischen 12.30

und 14 Uhr sowie 19 und 21 Uhr durchführen.

„Hast du heute frei?“, fragt Breiter

den ersten Kunden des Tages gleich

nach dessen Ankunft. „Normalerweise

kommst du ja immer erst abends.“

Einen Schritt in Richtung Wachstum

denkt Breiter aber dennoch an:

„Sollte der Fritz nicht mehr aushelfen

können, werde ich eine Teilzeitkraft einstellen.

Kontoauszüge schreiben kann

jeder und ich könnte mich dann auf die

wichtigeren Sachen konzentrieren, etwa

Kreditvergaben. Das wird kommen, denke

ich.“

Das Interieur stammt aus den 70er- und 80er-Jahren – und die wohl kleinste Bank

Deutschlands ist bis heute an kein elektronisches Rechenzentrum angeschlossen. Es wäre zu

teuer, meint Peter Breiter.


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www.forbes.com/advisor/personal-finance/4-ofthe-best-debt-management-apps/

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finan ziell weniger erfolgreichen Vater. Die Anekdoten,

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beeinflusst haben, zählen auch nach über 20 Jahren

zu den bedeutendsten in der Sparte der Finanzratgeber.

Der Podcast „The Dave Ramsey Show“ der gleichnamigen

Radiosendung zeigt den Moderator und Autor

Dave Ramsey in der Rolle als Finanzratgeber. In jeder

Folge werden die Fragen der Zuhörer rund um Schulden

und Finanzen von Ramsey beantwortet.

Wie startet man in der heutigen Ära als junger Mensch

mit dem Aufbau des eigenen Reichtums? Erin Lowry

will in ihrem Ratgeber „Broke Millenial Takes On Investing“

mit einfach verständlichen Tipps Millennials

dabei auf die Sprünge helfen.

Natascha Wegelin, auch bekannt als Madame

Moneypenny, gründete 2016 die gleichnamige Plattform

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der Online-Community, spricht sie in ihrem Podcast

unter anderem über Sparen in verschiedenen Lebenslagen

oder weibliches Unternehmertum.

Comedian, Speaker und New York Times- Bestsellerautor:

Mit seiner neuesten Veröffentlichung „The

Illusion of Money“ will Kyle Cease uns klarmachen,

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