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Wie viel Geld
schuldet die Welt?
(Seite 24)
Charlie Shrem und die
„Prison Economy“
(Seite 6)
Beim Geldausgeben
glücklich werden
(Seite 25)
Richtig haushalten:
Die 50/30/20-Regel
(Seite 21)
D A I L Y
THEMA
€ 0,00
FINANZIELL GESUND
200 Jahre nach der Gründung will sich die Erste Group neu ausrichten. Statt als Bank sieht der
scheidende CEO Andreas Treichl das Unternehmen in Zukunft als „Financial Health Company“ –
und will durch Bildung die finanzielle Gesundheit der Kunden verbessern. (Seite 4)
Interview:
Andreas Brandstetter
(Uniqa)
Grafik:
Wie gratis ist
ein iPhone?
Porträt:
Die kleinste Bank
Deutschlands
Porträt:
Helma Sick und die
„Hausfrauen-Falle“
Eine klaffende Pensionslücke, zu lockere
Geldpolitik und langsame Prozesse: Andreas
Brandstetter geht mit der Politik
hart ins Gericht. Doch statt abzuwarten,
nimmt der CEO von Österreichs größtem
Versicherer, der Uniqa, Unternehmen
und Individuen in die Pflicht: Erstere
müssten Verantwortung übernehmen,
Zweitere sich bilden und informieren –
gerade, wenn es um Finanzbildung geht.
Mehr dazu auf Seite 38.
Smartphones werden regelmäßig um
einen Preis von null Euro angepriesen.
Doch ist ein iPhone 11 tatsächlich
kostenlos? Was kostet es letztendlich
wirklich, ein solches Gerät bei den
großen Mobilnetzanbietern zu kaufen?
Und ist es günstiger, ein Gerät separat
zum Handytarif zu erwerben?
Wir haben die Gesamtkosten für ein
iPhone 11 über 24 Monate hinweg verglichen.
Mehr dazu auf Seite 30.
Einen einzigen Mitarbeiter hat die wohl
kleinste Bank Deutschlands im badenwürttembergischen
Gammesfeld. Seit
zehn Jahren leitet Peter Breiter das
Institut – und ist dabei Bankdirektor
und Putzkraft in einem. Die Bank
schreibt wegen ihrer loyalen Kunden
Gewinne, steht aber wegen Regulierung
und Niedrigzinsen vor einer ungewissen
Zukunft.
Mehr dazu auf Seite 44.
Helma Sick, die Grande Dame der
Finanz beratung in Deutschland, ist seit
30 Jahren mit ihrem Institut Frau & Geld
aktiv. Sie ärgert sich über die Renaissance
der Hausfrauenehe – und die Folgen
finanzieller Abhängigkeit.
Mehr dazu auf Seite 41.
1
FORBES
Liebe LeserInnen,
FORBES
DEUTSCHSPRACHIGE AUSGABE
D A I L Y
EDITORIAL 2
falls Sie sich fragen, seit wann Forbes Zeitungen produziert, wieso
Sie in den Genuss kommen, diese Publikation in Händen zu halten,
und was das überhaupt alles soll, kann ich Sie beruhigen. Es hat
nämlich alles seine Richtigkeit.
Zur Erklärung: Vor einigen Monaten kam uns beim Fahren in
der Wiener U-Bahn die Idee, ein einmaliges, kostenloses Zeitungsprodukt
zu starten – um einen kleinen Beitrag zur Aufklärung rund
um ein hochgradig relevantes Thema zu leisten: Geld. Und Schulden.
Und die Abhängigkeit, die daraus entstehen kann. Denn das
Thema Finanzbildung wird in Österreich stiefmütterlich behandelt.
Wer aber sein Geld nicht ausreichend gut verwaltet, wer die
Kapitalmärkte nur als Casino sieht und nicht erklärt be kommt, was
es heißt, wenn die Zentralbank den Leitzins senkt, ist im Nachteil.
Mit einfachem Wissen und ein paar Tricks können wir alle
so haushalten, dass am Monatsende Geld übrig bleibt, das dann
wiederum gewinnbringend veranlagt wird. Denn natürlich sind
Schulden manchmal nicht zu vermeiden, etwa im Fall persönlicher
Schicksalsschläge – oft sind sie aber auch hausgemacht.
Auch deswegen haben wir uns entschlossen, Geschichten
zu erzählen, die positiv konnotiert sind und den Menschen zeigen
sollen, dass die ganze Thematik nicht so kompliziert ist wie
oft geglaubt. Und dass manche – vermeintlich unverständliche –
Zu sammenhänge in einer einfachen Grafik erklärbar sind.
Wir hoffen somit, dass dieses Projekt tatsächlich Anklang
findet – und einen kleinen Beitrag leistet, dass Sie ein bisschen besser
mit Ihrem Geld umgehen. Viel Freude bei der Lektüre!
Klaus Fiala
Chefredakteur
3 GRAFIK: DIE GESCHICHTE
DES GELDES
4 INTERVIEW: ANDREAS TREICHL
UND PHILIP LIST (ERSTE GROUP)
6 PORTRÄT: CHARLIE SHREM
8 FORBES-COVER: RAF CAMORA
9 INTERVIEW: INA PIRCHER
UND BRIAN RICO (FH DES BFI WIEN)
11 PORTRÄT: MATHIAS BINSWANGER
(UNIVERSITÄT ZÜRICH)
12 GASTKOMMENTAR: THOMAS ERTL
(UNIVERSITÄT WIEN)
13 GRAFIK: KONSUMAUSGABEN
(LÄNDER)
15 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:
FRED SMITH UND BILL GATES
17 PORTRÄT: INGEBORG ANKELE
(SHADES TOURS)
18 GASTKOMMENTAR: FLORIAN PRUCKER
(SCALABLE CAPITAL)
19 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:
SEAN PARKER UND JACK WELCH
21 GRAFIK: DIE 50/30/20-REGEL
22 PORTRÄTS: N26, SCALABLE CAPITAL,
BLUECODE
24 GRAFIK: DIE SCHULDEN DER WELT
25 PORTRÄT: MICHAEL NORTON
26 GASTKOMMENTAR: ASTRID KLEINHANNS-
ROLLÉ (WU EXECUTIVE ACADEMY)
26 GRAFIK: GEPLATZTE BLASEN
27 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:
JEFF BEZOS UND MARK ZUCKERBERG
28 GRAFIK: KONSUMAUSGABEN
(GENERATIONEN)
29 PORTRÄT: CLEMENS MITTERLEHNER
(SCHULDNERBERATUNG)
30 GRAFIK: WIE GRATIS IST EIN IPHONE?
31 GRAFIK: WARUM HABEN MENSCHEN
SCHULDEN?
Verleger, Herausgeber,
Medieninhaber und Hersteller:
FEB29 Medien- und Verlags GmbH
Verlags- und Herstellungsort: 1010 Wien
Sitz des Herausgebers: Riemergasse 14/14–15, 1010 Wien
Geschäftsführung: Heidi Aichinger
Herausgeberin: Heidi Aichinger
(heidi.aichinger@forbes.at)
Chefredakteur: Klaus Fiala
(klaus.fiala@forbesdach.com)
Leitende Redakteurin: Andrea Gläsemann
(andrea.glaesemann@forbes.at)
Redaktion: Chloé Lau
(chloe.lau@forbes.at)
Freie Autoren (redaktion@forbes.at):
David Hanny, Julia Herrnböck
Fotografen: Thomas Berberich, Thomas Dashuber, Farido Davis, Gianmaria
Gava, Pascal Kerouche, Peter Rigaud, Martin Schoeller, Jiri Turek & Jana Jaburkova,
David Višnjić, Slavica Ziener
Brand Movement / Digital Strategies:
Kevin Chi, Helena Guschlbauer
Art Direction: Christof Nardin
Grafikdesign: Michael Simic
Infografik / Illustration: Valentin Berger
Lektorat: Bernhard Paratschek, Coralie Riedler,
Sabine Till
Sales: Stefan Löffelmann (Leitung,
stefan.loeffelmann@forbes.at), Gregor Artner
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Officemanagement:
Agnieszka Turlejska (agnieszka.turlejska@forbes.at)
Abo-Service: abo@forbes.at,
Tel.: +43 (1) 361 70 70-690
Druck: Ferdinand Berger & Söhne GmbH,
Wiener Straße 80, A-3580 Horn
FORBES USA
Editor-in-Chief: Steve Forbes
Chief Content Officer: Randall Lane
Art & Design: Robert Mansfield
Editorial Director (International
Editions): Katya Soldak
Forbes Media President & CEO: Michael Federle
Senior Advisor, International: Tom Wolf
Founded in 1917:
B. C. Forbes, Editor-in-Chief (1917–54)
Malcolm S. Forbes, Editor-in-Chief (1954–90)
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Copyright @ 2019 Forbes LLC. All rights reserved. Title is protected through a
trademark registered with the U.S. Patent & Trademark Office.
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#FORBESDACH
31 TIPPS UND TRICKS: SIEBEN REGELN
32 FORBES-COVER: PAMELA REIF
33 INTERVIEW: FRANZ BECK
(PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT)
35 BERICHT: DIVERSITY-MANAGEMENT
(BILLA UND TÜV)
36 GRAFIK: 1.000 € INVESTIEREN
37 FORBES GREATEST BUSINESS MINDS:
WARREN BUFFETT UND OPRAH WINFREY
38 INTERVIEW: ANDREAS BRANDSTETTER
(UNIQA)
41 INTERVIEW: HELMA SICK (FRAU & GELD)
43 PORTRÄT: GORAN MARIC (THREE COINS)
44 PORTRÄT: DIE KLEINSTE BANK
DEUTSCHLANDS
46 TIPPS UND TRICKS FÜR SICHERE
FINANZEN
FORBES
EINE KURZE
GESCHICHTE DES GELDES
E-Banking, Bitcoins und Bezahlen mit dem Smartphone sind heute keine exotischen Neuerungen mehr.
Doch die 130.000 Jahre lange Geschichte des Geldes offenbart diverse Überraschungen – etwa, dass es
selbst Münzen und Papiergeld erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum gibt.
Text: Redaktion
Infografik: Valentin Berger
Quelle: Visual Capitalist
D A I L Y
VORGESCHICHTE
128.000 v. Chr.
Menschen in Afrika
handeln Ressourcen
über große Distanzen.
80.000 v. Chr.
Die ersten Handelsrouten
beginnen,
sich auszubilden.
9.000–6.000 v. Chr.
Tiere und Pflanzen
werden als erste
Tauscheinheit genutzt.
687 v. Chr.
In der westlichen Welt
veranlasst König Alyattes
von Lydien (heutige
Türkei) die Herstellung
von Metallmünzen.
1.000 v. Chr.
Im Westen Chinas
führt man während der
Zhou-Dynastie Münzen
als Zahlungsmittel ein.
DIE ANFÄNGE
1.300 v. Chr.
In Teilen von Asien,
Afrika und Europa
sind Muscheln eine
Zahlungs methode.
GOLD UND GELD
3.000 v. Chr.
In Babylonien
(heutiger Irak) entstehen
die ersten Banken.
Angelegt werden dort
Getreide, Vieh, landwirtschaftliche
Werkzeuge
sowie wertvolle Metalle.
GESCHICHTE DES GELDES
806 n. Chr.
Aufgrund eines Kupfermangels
lässt der
chinesische Kaiser Hien
Tsung Papierbanknoten
1275
Die Reisen von Marco
Polo bringen das Wissen
über Papierbanknoten
nach Europa – über
400 Jahre später.
1661
Weitere 200 Jahre
später werden in
Schwe den die ersten
europäischen Papierbanknoten
hergestellt.
1950
Die erste Kredit karte
(Diner’s Club) wird
veröffentlicht.
DIGITALES GELD
1879
Auch die USA führen
den Goldstandard ein.
Er wird allerdings
1933 wieder abgeschafft.
1860
Western Union führt
den ersten elektronischen
Geldtransfer
durch.
1816
In England wird
der Goldstandard
ein geführt.
FORBESDACH.COM
1967
In England wird der
erste Geldautomat
der Welt in Betrieb
ge nommen.
1999
Mobile Banking findet
Einzug in Europa.
2009
Mit Bitcoin wird die
erste digitale Währung
der Welt lanciert.
3
FORBES
FINANCIAL HEALTH
200 Jahre nach der Gründung will sich die Erste Group wieder neu ausrichten. Statt als Bank will der
scheidende CEO Andreas Treichl das Unternehmen als „Financial Health Company“ positionieren.
Dazu brauche es jedoch Wissen, so Treichl – und das ist nicht ausreichend vorhanden. Mit dem von
Philip List geführten Financial Life Park (FLiP) soll ein Beitrag dazu geleistet werden.
Text: Klaus Fiala, Heidi Aichinger
Fotos: Jiri Turek und Jana Jaburkova
D A I L Y FINANCIAL LIFE PARK
4
Eine Frage stellt Andreas Treichl
besonders gerne: Wer ist der
Spekulant? Ein Biobauer, der
Bananen züchtet, sie ein lagert,
reifen lässt und je nach Menge
und Preis an Lebensmittelhändler verkauft?
Oder ein Kunsthändler, der ein
Werk um zwölf Millionen US-$ kauft,
obwohl es eigentlich nur zehn Millionen
US-$ wert ist, und es danach um 15 Millionen
US-$ weiterverkauft? „Die Frage
konnte mir bisher nur ein junges Mädchen
richtig beantworten“, sagt Treichl. „Denn
alle meinen, der Kunsthändler sei ein Spekulant
– weil wir Spekulieren mit etwas
Bösem verbinden.“ Der eigentliche Spekulant
sei jedoch der Bananenhändler, der
nicht weiß, zu welchem Preis er verkaufen
kann. Der Kunsthändler agiert hingegen
mit fixen Preisen, spekuliert also nicht.
„Das ist eine der Sachen, die wir hier vermitteln
müssen“, so Treichl.
„Hier“ beschreibt in diesem Fall
den Financial Life Park (FLiP) der Erste
Group, wo Treichl an diesem Tag eine
Schülergruppe führt. Im Mai 2016 gegründet
und von Direktor Philip List geführt,
soll die Einrichtung Finanzwissen
vermitteln – vorrangig an Jugendliche
und Schulklassen, aber auch ältere Personen
sind willkommen. Das FLiP soll
dabei so früh wie möglich informieren
und aufklären, damit Menschen später
selbstbewusst Entscheidungen treffen
können. Dass eine solche Initiative gerade
von einer Bank kommt, die auch von
überzogenen Konten profitiert, wurde
öffentlich durchaus diskutiert. Das FLiP
setzt jedenfalls konsequent auf einen eigenständigen
Auftritt – auch, um die Unabhängigkeit
zu unterstreichen.
Das FLiP ist dabei Teil einer größeren
Neuausrichtung der Erste Group.
Seit geraumer Zeit spricht Treichl von
seinem Unternehmen nämlich nicht
mehr als Bank, sondern zunehmend als
„Financial Health Company“. Genauso
wie die körperliche Gesundheit ist die
finanzielle Gesundheit laut dem Banker
ein Grundbedürfnis, um ein glückliches
Leben zu führen. Und je mehr Treichl darüber
spricht, desto mehr stößt ihm der
Umgang mit dem Thema Financial Literacy
in Österreich auf. „In der Ausbildung
der Kinder wird viel zu wenig wirtschaftliches
Allgemeinwissen vermittelt.“ Und
tatsächlich sprechen die Zahlen keine positive
Sprache: Fast die Hälfte der Österreicher
gibt an, privat verschuldet zu sein,
und ein Viertel der Personen, die Schuldenberatungen
in Anspruch nehmen,
sind unter 30 Jahre alt. Insbesondere die
Konsumschulden sind in den letzten Jahren
massiv gestiegen – oft ist das Smartphone
einer der Gründe dafür.
Neben dem stationären FLiP am
Erste Campus reist seit Anfang April ein
umgebauter Bus („FliP2Go“) durch Österreich:
Bei Stopps in jedem Bundesland
wurden rund 8.000 Jugendliche
begrüßt, insgesamt hat die Einrichtung
bisher rund 60.000 Schüler erreicht.
Für Treichl bleibt das Thema jedenfalls
noch länger relevant, denn Anfang 2020
wird er als CEO der Erste Group von
Bernhard Spalt abgelöst. Treichl wechselt
als Aufsichtsratsvorsitzender in die
Erste Stiftung, den größten Aktionär der
Group, und will sich als solcher verstärkt
dem Thema „Financial Health“ widmen.
„Wir glauben fest daran,
dass Finanzbildung die Sicherheit
der Menschen massiv erhöht.“
Will sein Unternehmen als „Financial Health Company“ positionieren:
Andreas Treichl, der die Bank seit 1997 führt – und damit der längstdienende CEO unter
allen europäischen Bankern ist.
Herr Treichl, Sie haben gesagt, das
FLiP solle dazu beitragen, dass
Menschen vernünftige Finanzentscheidungen
treffen. Was war
denn die bislang unvernünftigste Finanzentscheidung,
die Sie getroffen
haben?
Andreas Treichl (AT): Mir vor 23
Jahren eine Harley-Davidson zu kaufen.
Ich habe sie mit 3.500 Meilen gebraucht
gekauft, jetzt hat sie 5.000. In 23 Jahren
bin ich also 1.500 Meilen gefahren. Hauptsächlich
fahre ich sie, um das Pickerl machen
zu lassen, drehe eine Runde um den
Ring. Es macht mir trotzdem Spaß.
Spielt das Thema Finanzbildung
heute eine größere Rolle als früher?
AT: Das glaube ich nicht. In der
Ausbildung der Kinder wird viel zu wenig
wirtschaftliches Allgemeinwissen
vermittelt und auch zu wenig in das Verständnis
von Geld und Finanzwirtschaft
investiert. Mit dem FLiP wollen wir einen
Beitrag leisten, der diesen Umstand
verändert. Das halten wir für eine unserer
wichtigsten Aufgaben, wir hegen insgeheim
die Hoffnung, dass mit den Schülergruppen
auch Lehrer mitkommen, die
dann in Sachen wirtschaftliches Wissen
mehr Druck machen. Wir glauben fest
daran, dass Finanzbildung die Sicherheit
der Menschen erhöht.
Eine Studie der Erste Group belegt,
dass Österreich beim Wirtschaftswissen
schlecht abschneidet. Kaum einer
konnte etwa erklären, was das BIP ist.
Ein österreichisches Phänomen?
Philip List (PL): Nein, das gibt es
weltweit. Und bei Financial Literacy gibt
es auch unterschiedliche Studienergebnisse
– mal besser, mal schlechter. Der Punkt
ist, dass wir im FLiP feststellen, dass das
Wissen nicht ausreichend vorhanden ist.
Ist das hierzulande geringe Interesse
an wirtschaftlichen Zusammenhängen,
etwa im Vergleich zu den USA,
dafür verantwortlich?
PL: Ja, auch.
AT: Amerika hat eine Kapitalmarktkultur,
und damit kommt ein großes
Problem auf Europa zu, mit dem sich
die Politik nicht ausreichend auseinandersetzt.
Denn es gibt nur zwei Länder
in Europa, die über einen funktionierenden
Kapitalmarkt verfügen: die Schweiz,
die kein Mitglied der Europäischen
Union ist, und Großbritannien, das die
EU gerade verlässt. Das Thema geht weit
über die Finanzbildung hinaus und zieht
sich tief in die Politik – und zwar in allen
Ländern. Da herrscht eine Furcht und
eine Abneigung gegenüber allem, was
mit Kapitalmärkten zu tun hat. Das Verständnis
fehlt in unseren Breitengraden,
was wiederum riesigen Einfluss auf die
Wirtschaftsentwicklung hat.
Wie zeigt sich das?
AT: Das geht tief ins Gesellschaftsund
Steuerrecht, reicht sogar bis zum
Rechnungswesen. Unsere Buchhaltung
ist schuldenbasiert, während die USA
eine eigenkapitalbasierte Buchhaltung
führen. Unser Steuer- und Gesellschaftsrecht
bietet Anreize, die Gewinne möglichst
zu minimieren, um wenig Steuern
zu zahlen. An Kapitalmärkten braucht es
hingegen Transparenz, also versuchen
Unternehmen, hohe Gewinne auszuweisen,
um die Aktionäre zu befriedigen. Ich
sage nicht, dass wir wie die USA werden
müssen – aber ein bisschen mehr von
dem Denken bräuchten wir.
Was heißt das für die Bankenwelt?
AT: Die europäischen Banken sind
für die Wirtschaft wichtiger als die US-
FORBES
amerikanischen. In den USA finanzieren
die Geldhäuser „nur“ 25 % der Wirtschaft,
in Europa sind es 75 %. In unserer
Region sind es sogar 90 %, weil es eben
keinen Kapitalmarkt gibt. Das ist ein gesellschaftliches
Thema, und ein Teil davon
liegt auch in Financial Literacy.
Sie wollen aus der Bank eine „Financial
Health Company“ machen.
Inwiefern wird sich die Rolle als Financier
der Wirtschaft in Zukunft
ändern?
Wir sind der Meinung, dass die
Unternehmen eine Alternative zur Bankfinanzierung
brauchen – und diese könnte
der Kapitalmarkt sein. Wir sehen uns
weiterhin als Berater und Partner unserer
Kunden, weil wir der Überzeugung
sind, dass eine persönliche Beziehung
enorm wichtig ist. Bei uns entscheiden
niemals Algorithmen über eine Kreditvergabe.
Und auch wenn in der Zukunft
wahrscheinlich viele Transaktionen über
das Handy abgewickelt werden, wird es
die Möglichkeit, einen Berater anzurufen
oder einen Termin auszumachen, bei
uns immer geben. Das unterscheidet uns
auch wesentlich von den Start-ups. Daran
wird sich nichts ändern.
Soll das FLiP über Financial Literacy
somit auch den Zugang von Privatpersonen
zum Kapitalmarkt stärken,
Menschen also ermutigen, Geld etwa
in Aktien zu investieren?
PL: Unbedingt. Wir wollen mit
dem FLiP sehr wohl den Zugang von
Privaten zum Kapitalmarkt stärken. Mit
der „Kapitalmarkt Challenge“ stellen
wir Schulen die erste digitale Unterrichtseinheit
zur Verfügung, die 14- bis
18-Jährigen den Kapitalmarkt erklärt
und Ihnen auch das Thema Vorsorge
näher bringt. Zudem bieten wir im FLiP
spezielle Kapitalmarkttouren an, dass
dieses Thema Jugendlichen verstärkt
näher bringt. Für Lehrer stehen auf unserer
Webseite spezielle Unterrichtsmaterialien
zum Download bereit.
In einer anderen Station wird der
Unterschied zwischen Wert und Preis
nähergebracht. Wie?
PL: Wir erklären, dass es drei
unterschiedliche Arten von Wert gibt:
den emotionalen, den situativen – wie
die Flasche Wasser in der Wüste – und
den materiellen. Und wir beginnen immer
mit der Inflation und fragen: Was
bedeutet es, wenn du 1.000 € in diesen
Tresor einsperrst, das Geld nicht anlegst
und keine Zinsen bekommst?
AT: Man darf nicht vergessen,
dass hier eine Generation in eine Welt
wächst, die wir nicht kennen. Wir leben
in einer Zeit, in der ich Geld kostenlos
bekomme, aber nichts verdiene,
wenn ich es investiere. Das ist eine
ganz dramatische Änderung. Ich kriege
nichts auf mein Sparbuch, also muss
ich ins Risiko gehen. Was heißt zum
Beispiel Sparen? Heute heißt Sparen,
nichts auszugeben. Ob das Geld im
Tresor liegt oder in einer Bank, ist egal.
Ich gebe es nicht aus, aber ich bekomme
auch nichts dafür.
„Amerika hat eine Kapitalmarktkultur – und damit kommt ein großes Problem auf Europa zu,
mit dem sich die Politik nicht ausreichend auseinandersetzt. Das Thema geht weit über die Finanzbildung
hinaus und zieht sich tief in die Politik, und zwar in allen Ländern“, so Andreas Treichl.
Ein anderes Thema ist die Überschuldung
respektive Armutsgefährdung.
In vielen Ländern, in denen die Erste
Group tätig ist, sind die Zahlen dramatisch,
in Rumänien etwa sind 40 %
der Menschen armutsgefährdet. Gibt
es Überlegungen, das FLiP an andere
Standorte zu bringen?
PL: Durchaus, und sehr konkret
in Rumänien. Dort werden wir zunächst
mit einer mobilen Version auf die Straße
gehen und denken parallel dazu schon an
einen Ausstellungsraum. In der Slowakei
und auch in Tschechien gibt es Interesse,
und wir bringen aktuell die mobile Version,
das FLiP2Go, auch in die Bundesländer,
weil nicht alle Schüler nach Wien
kommen können. Also ja, wir expandieren.
Hinter dem FLiP steht ein Anliegen.
Es fühlt sich an wie ein Vermächtnis …
AT: Ich glaube nicht, dass es ein
Vermächtnis ist. Ich glaube, es ist ein Teil
unseres Gründungsauftrags. Wir wollen
den Menschen in der Region, in der wir
tätig sind, zu Wohlstand verhelfen – dazu
gehört Financial Literacy. Wir glauben,
dass es Menschen zu Wohlstand verhelfen
kann, wenn sie von früh an mehr
über das Finanzleben wissen und die
Zusammenhänge verstehen. Es ist eine
konsequente, relativ kostenintensive Investition
in die Zukunft unserer Region.
Inwiefern passt das FLiP in die Feierlichkeiten
der Erste Bank anlässlich
des 200-jährigen Jubiläums?
PL: Ich sehe es als einen logischen
nächsten Schritt zur Zweiten
Sparkasse. Vor zehn Jahren wurde sie
für all jene gegründet, die aus irgendeinem
Grund eine falsche Entscheidung
getroffen haben und in eine schwierige
Situation gekommen sind. Mit dem FLiP
hoffen wir, so viel Interesse bei Jugendlichen
zu generieren, dass sie am besten
gar nicht erst in diese Lage kommen.
Andreas Treichl ist seit 1997
Generaldirektor der Erste Bank
und seit 2008 CEO der Erste
Group. Diese Position hat Treichl
bis Jänner 2020 inne, dann übernimmt
Bernhard Spalt den CEO-
Posten. Treichl wird dann Aufsichtsratsvorsitzender
der Erste
Stiftung – und will sich dabei
vorrangig dem Thema „Financial
Health“ widmen.
Philip List ist Direktor des Financial
Life Park (FLiP) am Erste
Campus.
D A I L Y FINANCIAL LIFE PARK
FORBESDACH.COM
5
FORBES
„ALLES KANN GELD SEIN“
Charlie Shrem machte mit seinem Bitcoin-Start-up bereits in jungen Jahren Millionen.
Wegen Geldwäsche musste er dann aber ins Gefängnis. Dort wurden Makrelen als Währung
verwendet. Doch wieso? Und was hat das mit Bitcoin und Blockchain zu tun?
Ein Ausflug in die „Prison Economy“.
Text: Klaus Fiala
Foto: David Višnjić
D A I L Y
CHARLIE SHREM 6
„Bitcoin ist wie der Wilde Westen. Keine Ahnung, was da
alles passiert“, sagt Charlie Shrem, einer der ersten Bitcoin-
Unternehmer überhaupt, heute.
Ich war immer der Außenseiter, wenn es
um die Frage ging, wie die Welt funktioniert.
Ich denke, die Menschen sollten
frei sein können in dem, was sie tun.“
Wahrscheinlich war es dieser Drang
nach Freiheit, der Charlie Shrem an Bitcoin
reizte. 2011, als die Kryptowährung nur
Insidern bekannt war, stieß der New Yorker
auf das neue Zahlungsmittel.
Damals hatte kein Banker, kein
Regulator, kein Regierungsmitglied von
Bitcoin gehört. „Ich habe in einem Chatroom
davon erfahren. Jemand wollte mir
zeigen, wie Bitcoin funktioniert, und
überwies mir 30.000 Bitcoin, einfach
so. Ich schickte sie zurück. Heute wären
das rund 240 Millionen US-$“, erzählt
Shrem. Er hing an der Angel und begann,
alles zu lesen, was es über Bitcoin
gab – was zu dieser Zeit nicht besonders
viel war. Das Whitepaper des weiterhin
ano nymen Bitcoin-Begründers Satoshi
Nakamoto war noch die beste Dokumentation
für die digitale Währung.
Die Community war klein, Shrem
machte sich schnell einen Namen. „Wir
kamen alle in Wien zusammen, um uns
persönlich kennenzulernen. In einem
Café auf der Mariahilfer Straße wurde
dann von Gavin Andersen, Roger Ver,
Erik Voorhees, mir und einigen anderen
die Idee der Bitcoin Foundation entworfen.“
Doch allzu lose Zügel können
auch zu Schwierigkeiten führen. Denn
Bitcoin ist, wie Shrem sagt, „wie der Wilde
Westen. Keine Ahnung, was da alles
passiert.“ Gemeinsam mit einem Partner
gründete Shrem das Start-up BitInstant.
Sie wollten Bitcoin für die breite Masse
verfügbar machen. „Ich dachte: Wenn
viele Menschen Bitcoin schnell und
einfach verkaufen und kaufen könnten,
würde es sich schnell verbreiten.“ Das
Ding hob ab: BitInstant hatte schnell
über eine Million Locations – Supermärkte,
Tankstellen etc. –, wo man ganz
einfach Dollar gegen Bitcoin (und vice
versa) tauschen konnte. Doch die öffentliche
Aufmerksamkeit – Shrem sagt, er
war eines „der Gesichter von Bitcoin“ –
führte letztendlich zum Untergang.
Denn die Währung zog neben
visionären Träumern auch allerhand
Kriminelle an. So wurde über BitInstant
auch Geld gewaschen, etwa aus Drogendeals.
Shrem wusste das. „Ich war jung
und dumm“, sagt er heute – damals wurde
er zum Ziel der Staatsanwaltschaft.
Einerseits, weil offensichtlich war, dass
auf BitInstant nicht alles sauber war.
Andererseits, weil die Behörden einen
Schlag gegen die Szene machen wollten,
um ein Zeichen zu setzen: nämlich, dass
die USA eben nicht mehr der Wilde Westen
sind, sondern ein Land, in dem Gesetze
herrschen.
2014 musste Shrem ins Gefängnis.
Er wurde wegen Geldwäsche und
dem Operieren als Geldhändler ohne
Lizenz verurteilt. Etwas mehr als ein
Jahr verbrachte der Bitcoin-Pionier hinter
Gittern – und lernte dort die „Prison
Economy“ kennen. „Im Gefängnis gab
es zwei Märkte. Einmal den regulierten:
Jeder Insasse konnte einmal pro Woche
in einem von der Gefängnisleitung betriebenen
Shop einkaufen; etwa Thunfisch,
Makrelen, Shampoo und so weiter.“
Daneben hatte sich im Gefängnis
aber auch ein Schwarzmarkt entwickelt.
Die verschiedensten Dinge wurden da
getauscht, um auch an anderen Tagen
Waren und Dienstleistungen zu bekommen,
die es im Shop nicht gab. „Auf diesem
von den Insassen betriebenen Markt
gab es keine einheitliche Währung. Alle
betrieben Tauschhandel mit Dingen. Der
Typ, der mir meine Kopfhörer reparierte,
wollte Proteinriegel als Bezahlung.
Derjenige, der die Haare von anderen
schnitt, wollte nur Erdnussbutter.“
Doch auch im Gefängnis setzte
sich scheinbar eine Währung durch.
„Nach und nach fingen alle an, Makrelendosen
als Bezahlung zu akzeptieren.
Denn die hatten einen Nutzen – sie enthielten
etwa Protein – und setzten sich
als Wert durch.“ Also wurden Makrelendosen,
die rund 1,50 US-$ wert waren,
die Währung im Gefängnis. „Makrelen
waren auch deswegen ideal als Geld,
weil sie in ihrem Angebot begrenzt waren.
500 Insassen konnten maximal 14
Makrelendosen pro Woche und Person
kaufen. Es gab also eine eingebaute Verknappung.
Die maximale Menge im Jahr
ließ sich so berechnen: Insassen, 500,
mal Menge, 14, mal Anzahl der Wochen,
52.“ Es stellte sich heraus, dass das Gefängnis
eigentlich ein ideales Setting ist,
um Währungsdynamiken zu erklären.
„Die Dosen laufen nach drei Jahren
ab. Also entwickelte sich ein zweiter
Markt – ,Money Mack‘ genannt –, auf
dem die Insassen mit Dosen handelten,
die bald ablaufen. Einige Insassen nutzten
die Dosen, um Wert aufzubewahren.
Ein Typ hatte rund zehn Prozent aller
Money Macks gelagert, die dann aber
von den Wärtern beschlagnahmt wurden.
Die Gefängnisleitung schenkte die
dann her.“ Doch daraus entwickelte sich
Inflation – Hyperinflation sogar, denn
plötzlich hatte jeder Insasse Makrelendosen
im Übermaß, und die Währung
verlor ihren Wert. Das brachte Shrem
zum Nachdenken: Wie sicher sind Makrelendosen
in ihrem Wert?
Denn die Nachteile waren offensichtlich:
Sie können ablaufen und damit
ihren Wert verlieren, oder aus der
eigenen Zelle gestohlen werden. Shrem
überlegte sich ein digitales System (als
Gedankenexperiment): „Anstatt physischer
Dosen könnten alle digitale Versionen
austauschen.“ Doch wie könnte das
funktionieren? Denn im Gefängnis gab
es keine Computer.
Doch die dem zugrunde liegende
Technologie Blockchain ist nicht an digitale
Technologien gebunden – auch wenn
es in der realen Welt natürlich nicht ohne
sie ginge. Im Gefängnis müssten einfach
Insassen in Notizblöcken alle Transaktionen
festhalten (in Blockchain-Sprache
„Jemand wollte mir zeigen,
wie es funktioniert, und überwies
mir 30.000 Bitcoin. Ich schickte
sie zurück. Heute wären das rund
240 Millionen US-$.“
sogenannte „Nodes“). Shrem: „Man würde
zu einem dieser Insassen gehen und
ihm mitteilen, dass man Insasse A für einen
Haarschnitt zwei Dosen überweist.“
Insasse A schreibt das auf und notiert
somit die Transaktion. Und dann müsste
man – wenn man keinen zentralen Vermittler
haben will – alle Insassen, die
diese Transaktionen aufzeichnen, zusammenbringen.
Es gäbe also nicht nur
eine „Node“, sondern viele verschiedene.
Diese müssten sich regelmäßig treffen
und alle Transaktionen synchronisieren.
Shrem verbrachte die Zeit nach
seiner Freilassung damit, seinen Wissensrückstand
aufzuholen, und ist
heute wieder in verschiedene Kryptowährungsprojekte
involviert. „Manche
haben mich als Märtyrer bezeichnet. Ich
sehe das nicht so. Ich habe einen Fehler
gemacht – und meinen Preis gezahlt.“
Charlie Shrem stammt aus
New York, ist Mitgründer der
Non-Profit-Organisation Bitcoin
Foundation und war CEO und
Mitgründer des Bitcoin-Marktplatzes
BitInstant.
FORBES
Rahofer.
RUBRIK
THEMA
VORSTANDS-
VORSITZENDE 2064
An später denken lohnt sich. Weil PALFINGER mit seinen innovativen
„Lifting Solutions“ nicht nur an die Gegenwart denkt,
sondern auch jetzt schon an kommende Generationen und
ihre Umwelt. Das macht uns auch in Zukunft zu einem
nachhaltig erfolgreichen Global Player.
PALFINGER AG · 5101 Bergheim, Österreich · E-Mail h.roither@palfinger.com
FORBESDACH.COM
PALFINGER.AG
7
FORBES
D A I L Y
RAF CAMORA 8
MOGUL IN THE MAKING
Im April 2019 zierte der Rapper RAF Camora unser Cover. Am Höhepunkt
seiner Karriere angekommen verlässt der Wiener die große Bühne
nämlich, um Produzent und Geschäftsmann zu sein.
Ganzer Artikel: forbesdach.com/artikel/mogul-in-the-making
FORBES
VON DER SCHULBANK
ZUR ERSTE BANK
Die FH des BFI Wien für Wirtschaft, Management und Finance rückt die Praxisnähe bereits während des
Studiums in den Vordergrund. Im Gespräch: Vizerektorin Ina Pircher und Absolvent Brian Rico.
Interview: Chloé Lau
Fotos: Gianmaria Gava
D A I L Y
unsere Lehrende Stefanie Wöhl inne.
Daraus ergibt sich das EU-Forschungsprojekt
Diversity and Social Cohesion in
the European Union an unserer Hochschule.
Didaktisch gesehen sei gesagt:
Wir arbeiten immer so praxisorientiert
wie möglich.
Herr Rico, Sie haben im Sommersemester
2019 den Bachelor in Projektmanagement
und Informationstechnologie
abgeschlossen. Nun
arbeiten Sie bei der Erste Bank. Welche
Rolle spielte da die FH des BFI?
Brian Rico (BR): Die Erste Bank
zählt zu den Partnern der FH, ich absolvierte
bereits im vierten Semester mein
Praktikum dort. Später bot man mir eine
Stelle bei der Tochterfirma Erste Group
Services, in der IT-Abteilung für Projektund
Prozessmanagement, an. Die direkte
Wirkung meiner ehemaligen FH ist stets
spürbar: Ich arbeite derzeit an einem
Projekt mit fünf anderen FH-Studierenden,
bei welchem wir digitale Geschäftsprozesse
vereinfachen wollen. Diese
werden dann – sobald zufriedenstellend
– auch in den Echtbetrieb übernommen.
Ob im Praktikum oder im Beruf: Es war
immer schon so, dass die Arbeit der Studenten
tatsächlich Verwendung findet
und nicht nur ein theoretisches Konzept
bleibt.
Welche Inhalte aus der Studienzeit
blieben Ihnen besonders in Erinnerung?
BR: Im ersten Semester habe ich
die Teambuilding-Einheiten sehr genossen.
Durch diese Lehrveranstaltungen
habe ich mir eine Reihe an Social Skills
angeeignet, die auch später im Berufsleben
wichtig sind – auch als Führungskraft.
Das geht meiner Meinung nach auf
einer Universität unter, da die Größendimensionen
wichtige Lernerfahrungen
wie diese oft nicht erlauben. Auch Projektmanagement
– ein Fach, das ich von
Anfang bis Ende meiner Studienzeit zu
belegen hatte – zählt zu meinen positiven
Erinnerungen.
Frau Pircher, Sie sind Vizerektorin
und Studiengangsleiterin des Lehrgangs
Projektmanagement und IT.
Welche Menschen sitzen in Ihren
Klassen?
Ina Pircher (IP): Ein total bunter
Mix. Einerseits kommen viele HTL-Absolventen
zu uns, etwa auch Herr Rico,
die dann ein Vollzeitstudium bei uns
beginnen. Genauso heißen wir aber
auch HAK und AHS Absolventen bei
uns willkommen. Besonders die Kombination
von Informationstechnologie
und Projektmanagement scheint für
viele spannend zu sein. Wir bieten auch
Berufstätigen die Möglichkeit, in der
berufsbegleitenden Form bei uns anzufangen,
aber auch das Studieren ohne
Matura, durch Ergänzungsprüfungen
zusätzlich zu dem Aufnahmeverfahren
,welches alle Bewerber durchlaufen, ist
möglich. Die Klassengrößen sind überschaubar,
35 Plätze in einem Studiengang
sind pro Studienjahr frei, und trotzdem
zeigt sich jedes Mal eine diverse
Truppe. Insgesamt besuchen übrigens
circa 2.000 Studierende die FH des BFI.
Welche Schwerpunkte setzt die FH
des BFI im Studium?
IP: Wir betonen bewusst die
wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte
als Grundstein und ergänzen die Studienprogramme
dann noch durch spezifische
Ausbildungen, wie im Falle meines
Studienlehrgangs durch IT. Angepasst
an die heutigen Bedingungen und Anforderungen
am Arbeitsplatz setzen
wir auch Themen wie „New Work“ und
„New Business“ auf die Agenda.
Unsere starke Zusammenarbeit
mit der Europäischen Union spiegelt sich
ebenso in den Inhalten wider. So bieten
wir einen deutsch- und englischsprachigen
Studiengang namens Europäische
Wirtschaft und Unternehmensführung
an. Wir bringen uns aber auch in zahlreiche
Projekte der Europäischen Kommission
ein. Zu den aktuell laufenden
zählt zum Beispiel Refine, bei dem wir
Masterprogramme im Bereich Finanzen
an armenischen und moldawischen Universitäten
reformieren. Den bekannten
Jean-Monnet-Lehrstuhl hat momentan
Was ist die Besonderheit an einem
Studium an der FH des BFI Wien?
IP: Ganz klar die Diversität des
Teams wie auch die der Studierenden.
Das trägt in meinen Augen sehr zu einem
erfolgreichen Miteinander und dem
Erreichen von innovativen Zielen bei.
Daneben versuchen wir natürlich auch
immer wieder, den Studierenden ein Angebot
zu bieten, das über ihr Curriculum
hinausgeht: Wir bieten eine Reihe von
fachspezifischen Zertifizierungen an, die
wir zu einem besonders günstigen Preis
offerieren können. Dazu zählen etwa Beurkundungen
im Bereich Prozess- und
Qualitätsmanagement. Neu im Angebot:
die Zertifizierung Agiles Projektmanagement.
Es existieren zwar bereits Studiengänge
an der FH, die zur Gänze auf Englisch
gehalten werden, doch auch andere
Sprachen sind in der heutigen Zeit ein
klarer Vorzug. Das weiß auch der Rektor
unserer Hochschule, Dr. Andreas Breinbauer.
Als Experte für die Neue Seidenstraße
initiierte er zuletzt einen Chinesisch-Sprachkurs
samt interkulturellem
Training. Der Kurs war in kürzester Zeit
ausgebucht und die Nachfrage ist enorm.
Dieses Format wird es somit sicher ganz
bald wieder geben.
BR: Mir kommt bei dieser Frage
intuitiv die soziale Ebene, das gute Miteinander,
in den Sinn. Die überschaubare
Klassengröße und das gemeinsame Streben
nach dem Ziel Studienabschluss haben
uns alle zu einem Team werden lassen.
Ich bin immer noch in Kontakt mit
Kollegen von der FH.
Die Fachhochschule des
Bildungsinstituts BFI Wien wurde
1996 gegründet, der erste angebotene
Diplomstudienlehrgang
hieß „Europäische Wirtschaft
und Unternehmensführung“.
Heute zählt die FH rund 6.350
Absolventen, 2.130 aktive
Studierende und 665 Lektoren.
FH DES BFI WIEN
FORBESDACH.COM
9
FORBES
Intelligentes
Bauen braucht
kluge Köpfe.
RUBRIK
THEMA
FORBESDACH.COM
Bauen ist ein People Business. Der Einsatz und das Können aller
Projektbeteiligten entscheiden hier über den Erfolg. Seit fast 150
Jahren steht die PORR für Kompetenz, Engagement, Teamstärke
und Vielfalt – und ist laufend auf der Suche nach klugen Köpfen.
porr-group.com/karriere
10
FORBES
GLÜCKSBRINGER
Bringt mehr Geld mehr Glück? Ja und nein, sagt der Ökonom und Universitätsprofessor
Mathias Binswanger. Denn nur bis zu einem gewissen Punkt steigert Geld
unser Glücksempfinden – danach flaut der Effekt ab.
Text: Muamer Becirovic
Foto: Universität Zürich
Das Geld hat alles er- und überlebt:
Revolutionen, Kriege,
Ideologien wie den Sozialismus
und Kommunismus. Letztlich
hat keine Weltanschauung das
Geld erfolgreich aus der Welt schaffen können.
Das Zahlungsmittel wurde zu einem
wichtigen Gehilfen, um die Menschheit
aus der Armut zu heben und ihr zu Wohlstand
zu verhelfen. Der Westen ist heute so
wohlhabend, dass ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts
seine Bürger nicht zwangsweise
glücklicher machen muss. Aber wie
kam es so weit? Und was bedeutet das für
unsere wachstumsgetriebene Wirtschaft,
wenn sie auf die begrenzten Ressourcen der
Welt stößt? Ein Gespräch mit dem Ökonomen
Mathias Binswanger.
„Wenn die grundlegenden materiellen Bedürfnisse einmal gedeckt sind,
werden andere Dinge zentral für das Glück – etwa eine sinnvolle Arbeit oder
ein erfülltes Sozialleben“, sagt der Ökonom Mathias Binswanger.
Teufelszeug oder Glücksbringer?
Professor Binswanger steht im
grauen Anzug auf der Bühne und erläutert
in seinem Schweizer Dialekt der politischen
Elite Österreichs, dass man sich
mit Geld gegenwärtig doch alles kaufen
könne: Den Schlaf und Hunger mit chemischen
Substanzen, den Verstand mit
Büchern und Bildungsprogrammen –
lediglich beim Platz im Himmel klappe
das noch nicht so ganz. Das Publikum
schmunzelt. Doch wozu das ganze Geldverdienen,
stellt Binswanger weiterführend
als offene Frage in den Raum.
Binswanger ist nicht der Erste,
der diese Frage stellt. Die meisten Denker,
beispielsweise Aristoteles, begegneten
der Geldvermehrung mit einer
gewissen Distanz. Sie unterschieden
zwischen einer bedürfnisbefriedigenden
Wirtschaft und einer wachstumsgetriebenen
Geldwirtschaft. Die wenigsten
hingegen, etwa der Dichter François
Villon, sahen in der Geldvermehrung
den alleinigen Lebenssinn. Lange galt
das Geldvermehren als Teufelszeug. Erst
mit Adam Smith, der die These vertrat,
dass eigennütziges Verhalten allen zugutekomme,
änderte sich die Sicht darauf.
„Damit wurde die Gier des Menschen
salonfähig und letztlich zu einem
positiv gedeuteten Antrieb. Das Streben
nach möglichst hohen Gewinnen und
möglichst hohen Einkommen erscheint
uns heute völlig normal. Moralisch hinterfragt
wird erst dann, wenn es mit offensichtlichen
Kollateralschäden wie
Umweltschäden, Gefährdung der Gesundheit,
Kinderarbeit et cetera verbunden
ist. Die Menschen sind heute zwar
die gleichen wie zu Zeiten von Aristoteles,
aber es gibt in der heute existierenden
kapitalistischen Wirtschaft viel
mehr und bessere Möglichkeiten, Habgier
in wirtschaftlichen Erfolg zu verwandeln,
als in früheren Zeiten“, fasst
Binswanger zusammen.
Die Suche nach dem Glück
In Westeuropa sind nach der
Maslowschen Bedürfnispyramide die
physiologischen Grund- und Sicherheitsbedürfnisse
befriedigt. An der Pyramidenspitze
bleiben noch die Sozialund
Individualbedürfnisse wie auch die
Selbstverwirklichung an sich übrig. Zu
verdanken hat man das der Wirtschaftsentwicklung
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts,
die mit wenigen Abstrichen
nur Wachstum kannte. Großbritanniens
Pro-Kopf-Einkommen vervielfachte sich
zwischen 1848 und 2016 von 3.172 auf
30.280 britische Pfund.
Doch führt ein immer größeres
Einkommen zu mehr Glück? „Wenn die
grundlegenden materiellen Bedürfnisse
einmal gedeckt sind, werden andere Dinge
zentral für das Glück, wie eine sinnvolle
und interessante Arbeit oder ein
erfülltes Sozialleben. Dazu kann mehr
Einkommen aber kaum etwas beitragen“,
so Binswanger. Die Zahlen geben
ihm recht: Laut dem World Happiness
Report von 2019 mag Großbritanniens
Wert auf der Glücklichkeitsskala zwischen
2005 und 2018 von 6,98 auf 7,23
gewachsen sein. Von 2007 bis 2015 stagnierte
oder verringerte sich dieser Wert
allerdings. Im reichen Österreich hat
sich der Wert zwischen 2013 und 2018
trotz Wirtschaftswachstums von 7,5 auf
7,4 verringert.
Zum Wachstum verdammt
Wenn uns größerer materieller
Wohlstand also nicht mehr glücklicher
macht, wieso muss die Wirtschaft dann
wachsen? Sie könnte doch auch stagnieren.
Flexibel war der Kapitalismus
ja schon immer. „Die Flexibilität ist eine
der Stärken des Kapitalismus. Wachstum
kann sowohl zu mehr Ungleichheit als
auch zu mehr Gleichheit in der Einkommensverteilung
führen, oder es kann mit
mehr oder weniger Umweltbelastungen
erfolgen. Das sind letztlich politische
Entscheidungen, mit denen man Einfluss
auf den Kapitalismus nimmt. Nur etwas
geht nicht: dem Wachstum Grenzen setzen!“
Laut Binswanger gibt es entweder
den Gang in eine Abwärtsspirale oder in
Wachstum: „Wir müssen wachsen; nicht
nur, um unseren Wohlstand auszubauen,
sondern auch, um ihn zu erhalten.“
Fällt das Wachstum aus, hat nicht
nur die Volkswirtschaft ein Problem,
sondern auch der Staat, dem Steuereinnahmen
wegfallen und der somit
auch die Wohltaten nicht mehr bezahlen
kann, die man bereits gewohnt ist. Befinden
wir uns mit unserem Wirtschaften
also nicht in einer Sackgasse? Binswanger:
„Der Kapitalismus ist ambivalent
und sowohl Segen als auch Fluch. So hat
das Wachstum einen materiellen Wohlstand
für die meisten Menschen in vielen
Ländern ermöglicht, der auch zu einer
drastischen Verbesserung der Lebensbedingungen
und der Gesundheit geführt
hat. Andererseits besitzt Wachstum
ein erhebliches Zerstörungspotenzial für
die natürliche Umwelt und trägt nicht
mehr zu weiterem Glück der Menschen
in hoch entwickelten Ländern bei. Das
Versprechen des Wachstums auf mehr
materiellen Wohlstand verliert so seine
Attraktion, ohne durch etwas Besseres
ersetzt zu werden.“
Das mag für einen Ökonomen
ungewohnt klingen, verdeutlicht aber
auch die diversen Diskussionen in der
Szene. Auf die provokante Frage, was
der Mensch denn letztlich überhaupt anstrebt,
weil er weder einen Kapitalismus
in Reinform noch die Abschaffung dessen
will, antwortet Binswanger: „Menschen
wollen letztlich zwei Dinge: einerseits
die Chance, nach oben zu kommen
und für Leistung belohnt zu werden, andererseits
wollen sie aber auch ein faires
System. In kommunistischen Ländern
waren die Menschen unzufrieden, weil
Leistung nicht belohnt wurde, und man
keine Chance hatte, sich zu verbessern.
Menschen sind aber auch nicht zufrieden
in Ländern, wo ein paar Prozent der
Bevölkerung ohne ersichtliche Leistung
einen enormen Reichtum haben, und
ein Großteil der Bevölkerung trotz Anstrengungen
nie auf einen grünen Zweig
kommt. In einer glücklichen Gesellschaft
sind die Einkommen weder extrem gleich
noch extrem ungleich verteilt.“
Mathias Binswanger ist ein
Schweizer Ökonom und
Universitätsprofessor an der
Fachhochschule Nordwestschweiz.
D A I L Y
MATHIAS BINSWANGER
FORBESDACH.COM
11
FORBES
WIE FUNKTIONIERT GELD?
D A I L Y GASTKOMMENTAR
12
DIE IDEE DES EURO – EINE ENGERE
WIRTSCHAFTLICHE UND
POLITISCHE ZUSAMMENARBEIT
VON STAATEN – IST NICHT
NEU. SIE IST ÜBER 1.000 JAHRE ALT.
Karl der Große führte zu einem erfolgreichen
Ende, was sein Vater begonnen
hatte: Auf seinen Befehl hin wurde im
Frankenreich – dem heutigen Frankreich
inklusive Teilen Deutschlands, Österreichs
und Italiens – ein Münzsystem
durchgesetzt, das auf antiken Grundlagen
beruhte und die westeuropäischen
Währungs systeme bis ins 19. Jahrhundert
mitbestimmte. Die einzige ausgeprägte
Münze war bis dahin der Pfennig
aus Silber, für den man sich zu Karls
Zeiten circa 30 Kilo Mehl kaufen konnte.
Um auch größere Zahlungen durchführen
oder berechnen zu können, bediente
man sich des antiken Rechensystems:
1 Pfund = 12 Solidi (Schillinge) = 240 Denarii
(Pfennige). Da Münzen in den
folgenden Jahrhunderten Mangelware
waren, wurde häufig in Geldeinheiten
gerechnet, aber in Naturalien, also landwirtschaftlichen
Produkten oder Rohstoffen,
bezahlt.
Dennoch war Karls Initiative
ein „Game Changer“: Das fränkische
Rechen system trug verschiedene Namen
(Pound, Shilling, Pence in England;
Livre, Sous, Deniers in Frankreich; Lira,
Soldi, Denari in Italien), bestimmte jedoch
das Geldsystem Westeuropas bis
zum Übergang zum Dezimalsystem im
19. Jahrhundert. Das mittelalterliche Europa
war ein politisch gespaltener Raum:
Fürsten und Stadtstaaten prägten ihre
eigenen regionalen Pfennige, die sich
in Aussehen und Gewicht von anderen
Währungen unterschieden. Auf Märkten
und Messen waren Geldwechsler eifrig
damit beschäftigt, den Tauschwert der
verschiedenen Münzen zu bestimmen.
Bemerkenswerterweise er folgten
aber bereits im Mittelalter erste Bemühungen,
Währungsräume über politische
Grenzen hinweg zu schaffen. Der
Berner Währungsraum beispielsweise
umfasste die Region zwischen Verona
(mittelhochdeutsch „Bern“) und dem
Tiroler Inntal und belegt, dass politische
Grenzen im Mittelalter nicht immer mit
den Währungsgrenzen übereinstimmten.
Die Tiroler Fürsten prägten ihre
Münzen nach Veroneser Vorbild und
trugen damit der Tatsache Rechnung,
dass Tirol und Norditalien wirtschaftlich
eng miteinander verbunden waren.
Seit dem 13. Jahrhundert wurde der englische
Pfennig (Sterling) in Frankreich,
den Niederlanden und im Rheinland
nachgeprägt, um Geschäfte in diesem
eng verflochtenen Raum zu erleichtern.
Seit dem späten Mittelalter
reichte der Silberpfennig, der unter
KOMMENTAR: THOMAS ERTL
Karl dem Großen eingeführt wurde, als
einzige ausgeprägte Münze nicht mehr
aus, denn zum einen hatte er über die
Zeit deutlich an Gewicht verloren (von
1,7 auf 0,2 Gramm), zum anderen hatte
sich das Handelsvolumen in Europa
und darüber hinaus wesentlich vergrößert.
Daher wurden dort, wo es Silbervorkommen
gab, größere Silbermünzen
geprägt: Kreuzer (4 Pfund), Groschen
(20 Pfund) und Silbergulden (1 Pfund).
In Italien wurden erstmals seit der Antike
wieder Goldmünzen geprägt, die
sich auch in den Ländern nördlich davon
verbreiteten. Diese Gulden oder
Dukaten wurden in das überlieferte
Rechensystem eingegliedert. Erst im 19.
Jahrhundert erfolgte von Frankreich
aus zunächst der Übergang zum Dezimalsystem
– in Großbritannien passierte
das erst 1971 – und in der zweiten
Jahrhunderthälfte der Übergang vom
Silberstandard zum Goldstandard; diesmal
von Großbritannien aus.
Die Entwicklung bis zum 20. Jahrhundert
lässt sich so zu sammenfassen:
Die Währungen in Westeuropa standen
in einem engen Austauschverhältnis zueinander,
lediglich an den Randgebieten
kam es zu Sondererscheinungen. Die jeweils
dominierenden Wirtschaftsregionen
beeinflussten mit ihren Rechen- und
Geldsystemen ihre Nachbarn. Im frühen
Mittelalter waren es die Franken, im späten
Mittelalter die Italiener, im 19. Jahrhundert
die Briten. Zur Senkung der
Transaktionskosten versuchten Staaten
seit dem Mittelalter, große, einheitliche
Währungsräume zu schaffen.
Andere Anstrengungen im
19. Jahrhundert vollzogen sich innerhalb
politischer Grenzen, etwa im Deutschen
Reich ab 1871, oder als Währungsunionen
zwischen meh reren Staaten. Beispiele
sind die Skandinavische Münz union
zwischen 1873 und 1914 oder die Lateinische
Münz union zwischen Frankreich,
Belgien, Italien und der Schweiz,
die zwischen 1865 und 1927 bestand.
Die eng ver flochtenen Wirtschafts- und
Währungssysteme Europas erlebten seit
dem Mittelalter gemeinsame Phasen der
Krise und der Expan sion.
Im 20. Jahrhundert wurde Währungspolitik
zu einem globalen Thema.
Im Abkommen von Bretton Woods von
1944 wurden eine internationale Währungsordnung
mit festgelegten Bandbreiten
für den Wechselkurs sowie
internationale Institutionen zu ihrer
Kontrolle (Weltbank, IWF) geschaffen.
Noch vor der Auflösung des Abkommens
schlossen sich die Länder der Europäischen
Gemeinschaft (EG) zu einem Verbund
mit festen Wechselkursen zusammen,
und die Arbeiten am gemeinsamen
europäischen Wirtschaftsraum begannen.
Spätestens seit 1970 wurde diese
Arbeit von der Idee einer einheitlichen
europäischen Währung begleitet.
Die Einführung des Euro stellt
eine neue Etappe in der langen Geschichte
der europäischen Währungsräume
seit Karl dem Großen dar. Allerdings gibt
es gewisse Unterschiede zur Vergangenheit:
Erstens sind die Europäer im Zeitalter
der Globalisierung nicht die Einzigen,
die durch eine Währungsunion
den wirtschaftlichen Aufstieg und die
Integration fördern möchten. Ähnliche
Bestrebungen gibt es in Afrika, Südamerika
und Südostasien. Aktuell umgesetzt
sind beispielsweise die Westafrikanische
Wirtschafts- und Währungsunion
( UEMOA) oder die Organisation Ostkaribischer
Staaten (OECS).
Zweitens sind moderne Währungsunionen
friedliche Zusammenschlüsse
zwischen Nationalstaaten, die
einen Teil ihrer eigenen Rechte aufgeben.
Diese Teilaufgabe wird demokratisch
diskutiert und ist selten unumstritten.
Drittens begleitet eine aktive
und teilweise hitzige theoretische Auseinandersetzung
von Ökonomen, Politikern
und anderen die moderne Währungspolitik.
Insbesondere in Beiträgen
zur „Theorie des optimalen Währungsraums“
wird über Vor- und Nachteile
von Währungsunionen nachgedacht.
Viele Wissenschaftler vertreten dabei
die Meinung, dass Währungsunionen
nur dann vorteilhaft sind, wenn Arbeit
und Kapital zwischen den Mitgliedstaaten
mobil sind. Was dies für die Zukunft
des Euro bedeutet, wird sich zeigen.
Eins steht in jedem Fall fest: Karl
der Große hätte heute zweifach Grund
zur Zufriedenheit. Seine Politik hat
Europas Währungen jahrhundertelang
geprägt, und das von ihm beherrschte
Frankenreich ist dauerhaft eine Zone
intensiver wirtschaftlicher Kooperation
geblieben.
Thomas Ertl ist ein österreichischer
Historiker. Seit 2011 ist der
in Innsbruck geborene Forscher
als Universitätsprofessor für
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
des Mittelalters an der Universität
Wien tätig. Seine Ausbildung
absolvierte er in Wien,
seine Habilitation machte Ertl
jedoch an der Freien Universität
Berlin. Dort war er auch von 1999
bis 2005 als wissenschaftlicher
Assistent tätig. Nach Stationen
am Deutschen Historischen
Institut in Rom und den Universitäten
Heidelberg, Göttingen
und Erlangen kehrte er für ein
Jahr nach Berlin zurück, bevor er
seine Professur in Wien begann.
Seine Forschungsschwerpunkte
sind die Wirtschafts- und
Sozialgeschichte des Mittelalters
sowie Globalgeschichte.
FORBES
DIE HAUSHALTE
DIESER WELT
Wie die Bewohner unterschiedlicher Staaten ihre finanziellen Mittel verwenden, unterscheidet
sich massiv. Während Japaner für Wohnen und Benzin ein Viertel ihres Budgets verbrauchen,
geben Russen für den Kostenpunkt Essen fast ein Drittel aus. Wie sieht es in der EU aus?
Text: Redaktion
Infografik: Valentin Berger
Quelle: visualcapitalist
D A I L Y
HAUSHALTSAUSGABEN 2013 IN PROZENT,
STEUERN INKLUDIERT
WOHNEN,
BENZIN ETC.
25,3
10,3
ESSEN
30,7
6,8
TRANSPORT
19
9,1
FREIZEIT
GESUNDHEIT
RESTAURANTS
UND HOTELS
10
8,2
1,5
2,6
1,7
20,9
KONSUMAUSGABEN
KLEIDUNG
3
9,2
EINRICHTUNG
7,3
3,3
KOMMUNIKATION
1,1
6,3
ALKOHOL
UND TABAK
8,3
0,5
BILDUNG
AUSTRALIEN
KANADA
EU-28
INDIEN
JAPAN
MEXIKO
1,1
RUSSLAND
SAUDI-ARABIEN
6,7
SÜDKOREA
USA
FORBESDACH.COM
Höchste Ausgaben (der jeweiligen Sparte)
Überdurchschnittliche Ausgaben
Unterdurchschnittliche Ausgaben
Niedrigste Ausgaben (der jeweiligen Sparte)
13
FORBES
RUBRIK THEMA
FORBES NR. 8—19
14
ERLEBEN SIE DIE KULTUR DER LOGISTIK.
LERNEN SIE UNS KENNEN!
Duvenbeck Logistik GmbH
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FORBES
GREATEST LIVING
BUSINESS MINDS
FRED
SMITH
BILL
GATES
D A I L Y
In den ersten Tagen von FedEx lief alles wie am Schnürchen,
bis dann die Ölkrise kam. 1973 wurde ein Embargo verhängt,
plötzlich stiegen unsere Kosten an und unser Cash schwand
täglich weiter. Ich besuchte damals mit einem Zocker Las Vegas.
Wir waren im Casino, er borgte mir Geld. Ich wusste aus
meiner Armeezeit, wie man Black Jack spielt.
Die Gewinnchancen beim Black Jack stehen eigentlich
nicht so schlecht – zumindest, wenn man weiß, wie man setzen
muss. Das Problem: Die meisten Leute bekommen Angst und
nehmen ihr Geld vom Tisch, wenn sie eigentlich verdoppeln
sollten. Ich hatte dieses Problem nicht. Ich habe 27.000 US-$
gewonnen und sie an das Unternehmen überwiesen.
Es geht die Geschichte herum, dass alleine dieses Geld
FedEx gerettet habe. In Wahrheit hatten wir damals schon so
hohe Schulden, dass 27.000 US-$ eigentlich keinen großen
Unterschied gemacht hätten. Aber diese Sache hat uns Hoffnung
gegeben und die Stimmung verbessert.
Kein Wirtschaftsstudent würde jemals Glücksspiel
empfehlen, um Geldprobleme zu lösen. Aber manchmal lohnt
es sich einfach, schon früh in seiner Karriere verrückt zu sein –
zumindest ein bisschen.
Fred Smith ist der Gründer von FedEx,
dem weltweit größten Anbieter für Versanddienstleistungen.
1975, als ich studierte, zeigte mir Paul Allen eine Ausgabe
von „Popular Electronics“. Dort war ein Artikel über den
Altair-8800-Computer, den ersten erfolgreichen PC. Wir
waren sicher, dass Software die Welt verändern würde. Wir
hatten beide Angst, dass die digitale Revolution an uns vorbeiziehen
würde, wenn wir uns ihr nicht bald anschließen. Das
Gespräch bedeutete das Ende meiner Studienzeit – und den
Anfang von Microsoft.
Die nächsten 100 Jahre werden viele neue Chancen
bringen. Da es für Menschen mit guten Ideen einfach ist, diese
mit der Welt zu teilen, steigt die Innovationsgeschwindigkeit.
Das eröffnet neue Gebiete, die wir entdecken können. Wir haben
erst begonnen, die Fähigkeiten von künstlicher Intelligenz
zu nutzen, um Menschen zu helfen, produktiver und kreativer
zu sein. Biotechnologie hilft uns, ein längeres Leben zu führen.
Fortschritte im Bereich der Energie machen sie leistbarer, was
Armut bekämpft und uns hilft, die schlimmsten Auswirkungen
des Klimawandels zu vermeiden. Das Potenzial für diese
Fortschritte ist atemberaubend – sie könnten das Leben von
Millionen Menschen verbessern. Doch sie sind nicht unausweichlich:
Diese Fortschritte werden nur passieren, wenn die
Menschen bereit sind, auf verrückte Ideen zu setzen.
Während einige davon nicht funktionieren werden,
könnte ein einziger Durchbruch die Welt verändern. Die Menschen
müssen an die Kraft von Innovationen glauben.
Bill Gates ist Gründer und war lange Zeit Chef
des Softwareunternehmens Microsoft.
Heute leitet er mit seiner Frau Melinda die
Bill & Melinda Gates Foundation, die sich
wohltätigen Zwecken widmet.
BUSINESS MINDS
FORBESDACH.COM
Text: Redaktion
Fotos: Martin Schoeller für Forbes US
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FORBES
Für uns ist
Integration
RUBRIK THEMA
FORBES NR. 8—19
16
kein Thema.
Gut so! Das Zusammenarbeiten unterschiedlicher Nationen war
bei McDonald’s noch nie ein Thema. Und darauf sind wir stolz.
Seit der Eröffnung unseres ersten Restaurants in Österreich 1977
arbeiten Menschen verschiedenster Kulturen bei und mit uns.
Heute sind bei uns rund 9.600 Mitarbeiter aus 91 Nationen tätig,
die bei uns gleiche Berufschancen finden und ergreifen können,
unabhängig von Alter, Geschlecht und Erfahrung. Das werden wir
auch in Zukunft so leben. Denn reden allein ist bei McDonald’s kein
Thema. Es braucht nachhaltiges Engagement – für Mensch, Umwelt
und Gesellschaft. Wir machen’s. Und nennen das Machhaltigkeit.
Mehr auf www.machhaltigkeit.at
McD_Anzeige_S4G_Integration_Forbes_Paper_274x421.indd 1 28.08.19 14:56
FORBES
ABSTURZ UND AUFSTIEG
Von einem Tag auf den anderen stand Ingeborg Ankele auf der Straße. Drei Monate lang
kämpfte sie um Sicherheit und Einkommen, bis sie ihre nunmehrige Arbeit beim Unternehmen
Shades Tours fand. Heute wäre sie vorbereitet.
Text: David Hanny
Fotos: David Visnjic
Nach der Trennung von ihrem damaligen Freund zog Ingeborg Ankele (Mitte) aus der gemeinsamen
Wohnung aus – mit bösen Konsequenzen. „Als die Haustür ins Schloss fiel, wusste ich: Jetzt bin ich
obdachlos.“ Ähnlich wie Ingeborg erging es in Österreich weiteren rund 16.000 Obdachlosen.
Wenn Ingeborg Ankele von
ihrer Zeit als Obdachlose
erzählt, tut sie das mit einer
Sachlichkeit, die man von
einer Betroffenen nicht erwarten würde.
Ihre „Krise“ liegt eineinhalb Jahre zurück,
dennoch wirkt sie ruhig. Als wir sie treffen,
lehnt sie in grünem Trägershirt und
dunkler Stoffhose an einem Brunnen in
der Wiener Innenstadt.
Ankele ist Tourguide bei Shades
Tours. Das Unternehmen bietet Führungen
an, im Zuge derer Interessierten
erklärt wird, was es heißt, obdach- und
wohnungslos zu sein. An diesem Septembertag
hat sich eine Gruppe von insgesamt
15 Leuten um sie versammelt.
Ankele erzählt detailreich von Hintergründen,
Gefahren, Alltagsgeschichten
und dem österreichischen Sozialsystem.
Dass sie jemals obdachlos sein würde,
hätte sie selbst nie gedacht, sagt sie.
Bis Februar 2018 lebt Ankele mit
ihrem damaligen Freund zusammen – zu
diesem Zeitpunkt dauerte die Beziehung
bereits zwölf Jahre an. Eines Sonntagabends
ist sie dann aber plötzlich zu
Ende: Nach einem Streit emotional aufgeladen
zieht Ankele aus. Ersparnisse
hat sie keine – und ihr Einkommen als
Fußpflegerin hat sie in die Renovierung
der gemeinsamen Wohnung investiert.
„Als die Haustür ins Schloss fiel,
wusste ich: Jetzt bin ich obdachlos“,
erinnert sie sich. Zu Freunden oder der
Familie will sie nicht, sie schämt sich
zu sehr. Stattdessen macht sich Ankele
zur Gruft auf, einer Betreuungseinrichtung
für Obdach lose der Wiener Caritas.
Dort bekommt sie ein Bett für die Nacht
und Beratung von Sozialarbeitern. Was
passiert ist, realisiert sie jedoch erst am
zweiten Tag. Die folgenden drei Monate
verbringt sie in Notschlafstellen und
Tageszentren für Hilfsbedürftige. Sie erlebt
viele Tiefs und wenige Hochs. Trotz
der schwierigen Situation versucht sie,
sich zu engagieren, bringt sich bei der
Verwaltung der Kleiderspenden in der
Gruft sowie der dortigen Essensausgabe
ein. Nach drei Monaten ohne Dach über
dem Kopf bekommt Ankele ein Bett in
einem der 21 Übergangswohnheime in
Wien. Doch nun wartet die noch größere
He rausforderung auf sie: Sie muss eine
eigene Wohnung finden. Nur mit Sozialhilfe
und ohne Job sei das fast unmöglich,
so Ingeborg Ankele.
Über ihren Bekanntenkreis erfährt
sie vom Unternehmen Shades
Tours, das Gründerin Perrine Schober
2015 ins Leben gerufen hat. Shades Tours
bietet Stadtführungen zu den Themen
„Armut & Obdachlosigkeit“, „Flucht &
Integration“ sowie „Drogen & Sucht“.
Das Ziel: Aufklärung anhand persönlicher
Geschichten und Fakten. Nach
etwas Training und mehreren Anläufen
wird Ankele zum Tourguide. Seit einem
Jahr führt sie nun monatlich Gruppen
durch die Wiener Innenstadt und erklärt,
was sie in ihrer Zeit als Obdachlose
erlebt hat. Sie ist geringfügig angestellt,
verdient knapp über 400 € pro Monat –
zusätzlich bekommt sie Notstandshilfe.
Seit zwei Monaten lebt sie in Wien-
Simmering.
Geldmangel, Unwissenheit
Die Art und Weise, wie Ingeborg
Ankele obdachlos wurde, ist kein Einzelfall:
Von den 16.000 Obdachlosen, die es
laut Schätzungen von Shades Tours und
des Fonds Soziales Wien (FSW) in Österreich
gibt, sind laut einer repräsentativen
Befragung des FSW 32 % auf eine plötzliche
Trennung oder Scheidung zurückzuführen.
Einzig Arbeitslosigkeit und
Geldmangel sind mit 42 % noch weiter
verbreitete Gründe für Obdachlosigkeit.
26 % sind zu leichtsinnig mit Geld umgegangen,
und bei mehr als je einem Fünftel
war die physische oder psychische
Gesundheit mit ein Grund. Besonders
gefährdet seien dabei Menschen über 50,
die keinen neuen Job mehr finden, sowie
junge Menschen unter 30, die Schwierigkeiten
mit dem Elternhaus oder ihrer
Ausbildung haben. Auffallend ist auch
das Geschlechterverhältnis: Drei Viertel
der Obdachlosen sind laut den Daten von
Shades Tours Männer, nur ein Viertel
sind Frauen. Dies sei laut Ankele darauf
zurückzuführen, dass Frauen oft in sogenannter
„versteckter Obdachlosigkeit“
leben und damit nicht erfasst würden.
Versteckte Obdachlosigkeit heißt, dass
die Person zwar nicht gemeldet ist, aber
dennoch nicht auf der Straße lebt, sondern
in einer Wohnung – nicht selten in
Form einer Zweckbeziehung. Ankele sei
während ihrer Obdachlosigkeit selbst
mehrmals von unbekannten Männern
angesprochen worden, ob sie für ein Bett
in einer Wohnung nicht putzen und kochen
würde, erzählt sie.
Dass solche Tatsachen kaum
kommuniziert werden, stört Perrine
Schober, Gründerin von Shades Tours.
„In der Schule waren Armut und Obdachlosigkeit
nie ein Thema“, meint
sie. „Und dann ist man als erwachsener
Mensch plötzlich damit konfrontiert.“
Daher gründete sie im Jahr 2015 Shades
Tours – das Prinzip der Obdachlosentour
kannte sie dabei bereits aus anderen
europäischen Städten wie Barcelona
oder London. Trotz des klaren Bildungsauftrags
und der sozialen Komponente
ist Shades Tours ein ganz normales
Unternehmen, dessen Mitarbeiter und
Tourguides eine Dienstleistung erbringen.
Die Tätigkeit bei Shades Tours soll
in erster Linie dabei helfen, zusätzliches
Geld anzusparen, um wieder unter ein
Dach zu finden. Zu den elf Guides kommen
noch drei Büroangestellte in der
Administration, einer davon war einst
selbst Tourguide.
Fluch und Segen
Vor der Gründung von Shades
Tours war Schober bei der Französischen
Zentrale für Tourismus in Wien
angestellt – und obwohl sie wusste, dass
der Schritt in die Selbstständigkeit kein
einfacher sein würde, war der Umstieg
hart. Schober drehte jeden Cent zweimal
um, was so weit ging, dass sie vor jedem
Arztbesuch überlegte, ob er nun wirklich
notwendig war, denn schließlich kostet
er Zeit und Geld (Selbstbehalt).
„Im ersten Jahr stand wirklich
nur das Unternehmen im Vordergrund,
mich selbst habe ich dabei oft vernachlässigt“,
meint sie. Am Ende habe es sich
aber ausgezahlt. „Wir schreiben heuer
voraussichtlich schwarze Zahlen, und
mittlerweile nehme ich mir auch wieder
regelmäßig Urlaub.“ Wenn die Nachfrage
nach den Touren gleich bleibt, wird
Shades Tours dieses Jahr zwischen
100.000 und 150.000 € Umsatz machen –
das sei zwar nicht viel, decke aber die
Kosten, so Schober. Seit der Gründung
vor dreieinhalb Jahren nahmen 30.500
Personen an Shades-Tours-Führungen
teil. Ihren Guides bietet Shades Tours
vor allem eines: eine Perspektive. Genau
daran mangelt es vielen Obdachlosen
laut Schober nämlich. Und das bringt
sie in eine Abwärtsspirale, aus der sie
nur schwer wieder ausbrechen können.
„Man muss wirklich sagen: Es gibt Hoffnung,
es zahlt sich aus“, so Schober. Damit
es gar nicht erst zu einer prekären
Situation kommt, sei auch der soziale
Rückhalt wichtig: „Ein guter Kontakt zu
Familie und Freunden kann viel verhindern.
Und am allerwichtigsten ist, mit
Sozialarbeitern zu reden.“
Die Erfahrung, dass es ohne Hilfe
von außen nicht geht, hat auch Ingeborg
Ankele gemacht. Nur dank der Hilfe von
Sozialarbeitern bekam sie ihren Platz
im Übergangswohnheim. Und der gab
ihr wiederum ein Ziel: eine eigene Wohnung.
Ohne eine gewisse Sicherheit sei
Sparen in der Obdachlosigkeit unmöglich,
meint Ankele. Heute legt sie regelmäßig
etwas Geld beiseite; auf eine unerwartete
Trennung wäre sie vorbereitet.
In Zukunft möchte sie neue Tätigkeiten
übernehmen und nicht mehr nur Tourguide
sein. Was sie aus den vergangenen
zwei Jahren gelernt hat? „Man muss auf
das Unerwartete vorbereitet sein.“ Und:
„Man darf sich niemals selbst aufgeben –
ganz egal, wie schlimm die Situation erscheint.“
D A I L Y SHADES TOURS
FORBESDACH.COM
17
FORBES
DIE WEICHEN FÜRS VERMÖGEN
KOMMENTAR: FLORIAN PRUCKER
D A I L Y
THEMA FORBES NR. 8—19
18
Mein erster Gehversuch an der Börse
war lehrreich, aber schmerzhaft. Mit
21 kaufte ich Aktien des US-Unternehmens
GameZnFlix, das DVDs per Postversand
verlieh. Das Geschäftsmodell
klang vielversprechend – trotzdem stellte
GameZnFlix 2008 den Betrieb ein.
Die Aktien wurden wertlos aus meinem
Depot ausgebucht, das Geld war weg.
Ein anderes Unternehmen, das Ende der
90er-Jahre mit einem ähnlichen Angebot
startete, ist heute an der Börse mehr
als 125 Milliarden US-$ wert: Netflix.
Der eine geht unter, der andere blüht auf.
Wer sich durchsetzt, ist kaum vorhersehbar.
Auf einzelne Firmen zu setzen
ist daher riskant. Ich bin froh, dass ich
diese Lektion schon jung lernen durfte.
Junge Menschen können nicht
früh genug anfangen, sich mit Finanzen,
Mit unserer Arbeit im Jetzt.
Mit unseren Ideen schon in der Zukunft.
TEAM WIEN ENERGIE.
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und vielen Karrieremöglichkeiten. Jetzt bewerben und durchstarten!
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der Börse und Vermögensaufbau zu befassen.
Ein Student oder Berufseinsteiger
hat vielleicht wenig Geld, aber eine
entscheidende Ressource, die doppelt
wirkt: Zeit. Wer früher anfängt, kann
länger anlegen, was Risiken verringert.
Und er profitiert stark vom Zinseszinseffekt.
Mit einer Investition in den
MSCI World ließen sich etwa von Ende
1988 bis Ende 2018 in Euro gerechnet
im Schnitt jährlich rund 7 % Rendite erzielen.
Ziehen wir von dieser Rendite
1 % jährliche Kosten für die Geldanlage
ab, dann werden aus 10.000 € in 30 Jahren
mehr als 57.000 €. Wer später mit
dem Vermögensaufbau startet und dieselbe
Summe bloß 20 Jahre lang anlegt,
käme nur auf 32.000 €.
Wer sich regelmäßig Zeit nimmt,
baut Wissen auf – und steht bald besser
da als jenes Fünftel der Österreicher
zwischen 18 und 29 Jahren, das sich laut
dem Österreichischen Bankenverband
nicht in der Lage sieht, wichtige Finanzentscheidungen
selbstständig zu treffen.
Sechs Regeln erleichtern den Start
Geldanlage und Vermögensaufbau
sind keine Hexerei. Ein paar einfache
Regeln helfen, die Weichen richtig zu
stellen. Die erste: keine Konsumschulden
machen. Mit Geld, das man anlegen könnte,
jahrelang einen Kredit zu tilgen, frustriert.
Wer regelmäßig Geld zurücklegt,
der sollte Regel zwei beachten: nicht mit
Girokonto oder Sparbuch sparen. Dorthin
gehört der Notgroschen, mehr nicht,
denn die Zinsen sind meist niedriger als
die Inflationsrate. Ein Vermögen lässt
sich so nicht aufbauen. Hierfür braucht
WERDEN SIE
TEIL UNSERES
TEAMS:
wienenergie.at/karriere
Wien Energie, ein Partner der EnergieAllianz Austria.
es Anlageformen, bei denen die Aussicht
auf höhere Renditen besteht, etwa eine
Investition an der Börse.
Wer einwendet, das sei nur etwas
für Menschen, die ein großes Vermögen
haben, irrt. Schon mit zweistelligen Beträgen
pro Monat lässt sich an der Börse
investieren. Hierfür sollten Studenten
und Berufseinsteiger einen Sparplan
einrichten (Regel drei). Ohne hohe Einstiegshürde
verankern sie das Anlegen
so in ihrem Leben. Meinen Fehler, in ein
einzelnes Unternehmen zu investieren,
sollten junge Leute vermeiden. Eine gute
Geldanlage ist breit diversifiziert – das ist
Regel vier. Mit einem Investment in den
MSCI World streut ein Anleger sein Risiko
über gut 1.600 Unternehmen in 23
Ländern. Regel fünf lautet: die Kosten
der Geldanlage niedrig halten. Das heißt
nicht nur, teure Finanzprodukte zu meiden,
sondern auch, unnötig häufiges Kaufen
und Verkaufen zu unterlassen.
Schutz vor Fehlentscheidungen
Letzteres klingt leichter gesagt
als getan, wenn es an der Börse auf und
ab geht. Doch Anleger sollten sich vor
emotionalen Fehlentscheidungen schützen.
Daher Regel sechs: regelbasiert anlegen.
Bei regelbasierten Anlage modellen
entscheiden weder Bauchgefühl noch die
Meinung eines Fondsmanagers über Kauf
oder Verkauf. Stattdessen überwacht eine
Software das Portfoliorisiko und schichtet
bei Bedarf automatisch um. Am einfachsten
geht regelbasiertes Anlegen mit
einem sogenannten „Robo Advisor“, einem
digitalen Vermögensverwalter.
Die sechs Regeln zu beherzigen ist
nicht schwer – kein Grund also, sich von
einer Geldanlage an der Börse abhalten
zu lassen. Schaut man sich die niedrige
Aktienquote in Österreich an, scheinen
die Vorbehalte jedoch groß. Dabei sind
Ängste bei einem langfristigen Anlagehorizont
in der Regel unbegründet. Wer
als Student oder Berufsanfänger mit der
Vorsorge fürs Ruhestandsalter beginnt,
hat mehr als 30 Jahre Zeit. Ein Rückblick
auf den MSCI World seit 1975 zeigt: Wer
in den Index investiert hat, hat in Euro
gerechnet bei einer Anlagedauer von
mindestens 15 Jahren nie einen Verlust
gemacht. Selbst wer Ende 2007, also kurz
vor der Finanzkrise, eingestiegen ist, kam
in den elf Jahren bis Ende 2018 auf eine
durchschnittliche Jahresrendite von 6 %.
Eine Garantie für die Zukunft ist
das natürlich nicht. Es zeigt aber, dass
langfristige Anleger mit einer breit gestreuten
Anlage zuletzt gut gefahren sind.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf sollten
sich junge Leute ihrer Alters vorsorge
widmen. Der beste Zeitpunkt, damit anzufangen,
ist heute.
Florian Prucker ist Gründer und
Geschäftsführer von Scalable
Capital, einem Anbieter für
digitale Vermögensverwaltung
mithilfe eines Robo Advisors.
Der gebürtige Innsbrucker studierte
Betriebswirtschaft und
Elektronik an der TU München.
FORBES
GREATEST LIVING
BUSINESS MINDS
SEAN
PARKER
JACK
WELCH
D A I L Y
Ich war an vielen innovativen Ideen und Unternehmen beteiligt
– nicht, weil sie ‚in‘ waren, sondern weil sie mich neugierig
machten; nicht weil sie Mode waren, sondern meine intellektuelle
Neugierde weckten. Während etwa Experten der
Plattenindustrie nicht glauben wollten, dass Musik im Internet
jemals Mainstream werden würde, und viele verneinten,
dass Social Media jemals von Erwachsenen und nicht nur von
Collegestudenten genutzt würden, habe ich mich immer dafür
entschieden, konventionelle Weisheiten zugunsten jener
Ideen, die mich interessierten, zu ignorieren. Die Erfindungen
der Zukunft beginnen mit intellektueller Neugier und einer
gesunden Dosis Skepsis: Man braucht genug Neugier, um in
die Ideen, die einen interessieren, einzutauchen, und genug
Skepsis, um alles zu hinterfragen, was man zu wissen glaubt –
und was sogenannte Experten wollen, dass man glaubt.
Wir leben heute in einer besonderen Zeit. Jeder kann
mit ein bisschen Googeln auf mehr Informationen zugreifen,
als er an der Universität lernen könnte. Vor etwa einem Jahrzehnt
habe ich mich für das Feld der Krebsimmuntherapie
interessiert. Die Daten waren verlockend, obwohl der Bereich
von berühmten Onkologen abgeschrieben worden war. Aber
mit wenig mehr als dem Internet konnte ich genug über das
Feld erfahren, um relevant zu werden. Ich habe mich an der
Finanzierung klinischer Studien für Medikamente beteiligt,
die letztlich Blutkrebs und Melanome heilen konnten.
Sean Parker ist ein Serienunternehmer aus den USA.
Er gründete den Musik-Sharing-Dienst Napster und
war Facebooks erster Präsident. Sein Nettovermögen
schätzt Forbes auf 2,4 Milliarden US-$.
Mein größter Fehler: eine Explosion – im wahrsten Sinne des
Wortes. 1963, drei Jahre nach dem Beginn meiner Karriere
bei GE, war ich als chemischer Ingenieur tätig. Ich war ehrgeizig
und wollte unbedingt aus der Plastiksparte ein Geschäft
formen – in einem Elektronikkonzern. Im Zuge dessen explodierte
dann mein erstes Pilot-Kraftwerk. Ja, es explodierte.
Das Dach brach ein, die Fenster zerbarsten, es gab Rauchschwaden.
Zum Glück wurde niemand verletzt, dafür bin ich
bis heute dankbar. Ich war aber sicher, dass ich meinen Job
verlieren würde, denn mein Chef tat, als würde er mich nicht
kennen, und sein Chef zitierte mich dann nach New York.
Sein Name war Charlie Reed, ich kannte ihn nicht. Ich
wusste nur, dass ich Angst hatte – ich war sicher, er würde
mich anschreien, demütigen, kündigen. Doch Charlie Reed
war ruhig, nett und einfühlsam. Er verbrachte mehrere Stunden
mit mir und wandte die sokratische Methode des Fragenstellens
an. Er wollte mir zeigen, warum die Explosion passiert
war und was ich hätte anders machen können. Und dann,
nachdem alles vorbei war, gab er mir eine zweite Chance.
Ich habe gelernt, dass man Menschen, die am Boden
liegen, nicht tritt. Jeder macht Fehler, und manche sind groß,
doch sie sind auch Chancen, zu wachsen. Ich folgte Charlies
Beispiel und sah an meinen Mitarbeitern, dass ich den meisten
helfen konnte. Ich habe auch verstanden, dass die Zeit, Leute
herauszufordern, dann ist, wenn sie auf dem Weg nach oben
sind. Man muss ihnen klarmachen, dass sie wachsen sollen,
aber ihr Ego dabei nicht allzu sehr mitwachsen darf.
Jack Welch war von 1981 bis 2001 CEO von
General Electric (GE). In dieser Zeit stieg der
Unternehmenswert von GE um 4.000 %.
BUSINESS MINDS
FORBESDACH.COM
Text: Redaktion
Fotos: Martin Schoeller für Forbes US
19
FORBES
RUBRIK THEMA
FORBES NR. 8—19
20
HELLE KÖPFE
GEBEN IMMER ALLES.
Mehr
Infos unter
oebb.at/
hellekoepfe
Jasmin ist Fachkraft bei den ÖBB Technischen Services und sorgt dafür, dass die Schienenfahrzeuge
der ÖBB sicher, störungsfrei und zuverlässig unterwegs sind. In ihrer Freizeit spielt sie gerne
Fußball und ist somit auch privat eine überzeugte Teamplayerin.
FORBES
50/30/20
Richtiges Haushalten muss nicht schwierig sein. Die 50/30/20-Regel etwa gibt ein einfach zu
befolgendes Konzept vor: 50 % des verfügbaren Einkommens werden für notwendige
Ausgaben verwendet, 30 % werden in persönliche Wünsche investiert – und die verbleibenden
20 % dienen dazu, Geld zu sparen und Vermögen aufzubauen.
50 % NOTWENDIGKEITEN
30 % WÜNSCHE
20 % ERSPARNISSE
D A I L Y 50/30/20
Die 50/30/20-Regel wurde von der US-Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren bekannt
gemacht. Grundsätzlich besagt sie, dass man sein Nettoeinkommen in drei Kategorien teilen soll:
Notwendigkeiten, Wünsche und Ersparnisse. Notwendige Bedürfnisse sind dabei jene Rechnungen,
die unbedingt bezahlt werden müssen – alles, was zum Überleben notwendig ist. Dazu gehören
Miet- oder Hypothekenzahlungen, Lebensmittel, Versicherungen und so weiter. In diese Kategorie
fließen 50 % des Einkommens.
Die Kategorie „Wünsche“ beinhaltet hingegen Dinge, die zum Überleben nicht notwendig sind, die
wir aber gerne hätten: etwa ein schickes Abendessen, ein Netflix-Abo oder eine neue Lederjacke.
Hierfür werden 30 % aufgewendet. Die restlichen 20 % schließlich sollten zur Seite gelegt und
gespart werden. Das kann mithilfe von Sparbüchern, Aktienportfolios und Vergleichbarem
passieren. Ein Sonderfall ist die Rückzahlung von Schulden: Während die Mindestraten, etwa
für einen Immobilienkredit oder die Leasingraten für ein Auto, in die erste Kategorie gehören,
da sie notwendig sind, gehören Extrazahlungen in die dritte Kategorie – dies deshalb, da sie die
zukünftige Belastung, etwa durch die Zinsen, die auf Kredite anfallen, minimieren. Somit tragen
sie dazu bei, dass in Zukunft mehr Geld vorhanden ist.
FORBESDACH.COM
Text: Redaktion
21
FORBES
Junge Unternehmen behaupten von sich, die Bedürfnisse der Kunden besser zu kennen – und sie
daher auch besser bedienen zu können. Auch in der Finanzwelt gibt es einige Start-ups, die sich in
gewissen Bereichen durchaus erfolgreich zeigen. Wir stellen einige davon vor.
Text: Forbes-Redaktion
Fotos: beigestellt
D A I L Y
N26
Das Bankkonto am Smartphone: Die
Direktbank N26 bezeichnet sich selbst
als „mobile Bank“ und ist eines der am
schnellsten wachsenden deutschen
Start-ups der letzten Jahre. Sie zählt
3,5 Millionen Kunden weltweit und
bietet ein kostenloses Girokonto mit
Debit-Mastercard, deutscher IBAN und
einer App, um das Konto zu steuern.
Der Unterschied zum Girokonto
bei einer klassischen Bank: Alles lässt
sich online am Smartphone oder Computer
erledigen – von der Einrichtung
des Kontos über die Verifizierung bis
hin zum Ausdruck von Kontoauszügen
und Supportgesprächen. Neben dem
kostenlosen Girokonto bietet N26 auch
eine „You“- oder eine „Metal“-Karte, die
9,90 € beziehungsweise 16,90 € im Monat
kostet und etwa kostenlose Bargeldabhebungen
auf der ganzen Welt, Reise-
oder Haushaltsversicherungen sowie
Sonderrabatte mit sich bringt.
Gegründet wurde N26 von zwei
Wienern: Valentin Stalf und Maximilian
Tayenthal – ihren Hauptsitz hat die Bank
allerdings in Berlin.
BLUECODE
WELTSPAREN
START-UPS 22
Zum Einkaufen braucht man längst keine
Bankkarte oder Bargeld mehr. Apple
Pay macht es vor, aber es geht auch ohne
NFC und spezielle SIM-Karte: Das 2011
in Tirol gegründete Unternehmen Bluecode
hat ein mobiles Bezahlsystem entwickelt,
das nur mithilfe eines Strichcodes
funktioniert. Die App generiert
einen Strichcode, den der Barcodescanner
an der Supermarktkasse beim
Bezahlen ganz einfach auslesen kann.
Der Nutzer muss also nur sein Smartphone
hinhalten und der Einkauf ist
bezahlt. Das Geld wird dann automatisch
von einem mit der App verbundenen
Konto abgebucht. Mit der Strichcode-Lösung
versucht Bluecode, sich
gegen die internationale Konkurrenz
von Apple, Google und PayPal durchzusetzen
– bisher mit Erfolg: 2018 hat das
Unternehmen etwa ein Investment von
11,2 Millionen € erhalten. Auch einige
große Partner hat Bluecode: So können
Nutzer etwa in allen Rewe-Geschäften –
darunter Billa, Merkur oder Bipa – und
Spar-Filialen mit Bluecode bezahlen.
SCALABLE CAPITAL
Ein Roboter, der in Fonds investiert:
Vereinfacht gesagt ist das die Kernleistung
des Investmentunternehmens
Scalable Capital aus München. Mit
50.000 Kunden ist Scalable Capital einer
der größten Anbieter für Robo-Investments
in ganz Europa – wobei sich
das Geld entweder über das Onlineportal
oder eine mobile App von Scalable
Capital anlegen lässt.
Warum Roboter? Robo Advisors
sollen menschliche Fehler beim Investieren
vermeiden und das Anlegen vereinfachen.
Der Algorithmus hinter dem
Robo Advisor investiert dabei laut Scalable
Capital ausschließlich in sogenannte
Exchange Traded Funds (ETFs) – das
sind Indexfonds, die die Bewegungen
von mehreren Hundert oder Tausend
Wertpapieren gleichzeitig abbilden. Die
Streuung soll das Risiko mindern.
Denn wenn in solch einem Fonds
eine Aktie an Wert verliert, hat das
kaum Auswirkungen auf die Gesamtperformance.
Um das Angebot nutzen
zu können, muss ein Nutzer mindestens
10.000 € anlegen; bei einem Sparplan
müssen es mindestens 50 € im Monat
sein. Je nach Angebot variieren die Gebühren
dabei zwischen 0,75 % und 1 %
des angelegten Geldes. Die Rendite soll
zwischen 10 und 15 % liegen.
Sparkonten in Österreich und Deutschland
bieten heute nur noch wenig Zinsen
– oft ist der Zinssatz im Ausland
höher. Das Berliner Start-up Weltsparen
sieht hier eine Chance und vermittelt
daher Sparer an Partnerbanken im Ausland.
International ist das 2013 gegründete
Unternehmen unter dem Namen
Raisin bekannt.
Konkret bietet Weltsparen eine
Plattform, die Konten zwischen Banken
und Sparern vermittelt. Dabei umfasst
die Auswahl sowohl Festgeldkonten
(Sparkonten mit einer bestimmten Laufzeit)
als auch Tagesgeldkonten (Konten,
bei denen das Geld jederzeit abgehoben
werden kann). Mittlerweile legen laut
Weltsparen mehr als 200.000 Kunden
ihr Geld über die Plattform an, bei 82
Partnerbanken in mehr als 30 Ländern.
Da das Unternehmen als reiner
Vermittler agiert, liegen die Konditionen
und die Sicherheit bei der jeweiligen
Partnerbank – wobei die meisten davon
aber ihren Sitz in Europa haben und
damit an europäisches Recht gebunden
sind. 2019 hat das Mutterunternehmen
von Weltsparen, Raisin, außerdem die
MHB-Bank aus Frankfurt gekauft. Es
war das erste Mal, dass ein Finanz-Startup
eine Bank gekauft hat.
FORBES
RUBRIK
THEMA
Kapsch Group
Kann man die Zukunft steuern?
Man kann. Wenn man energiesparend und umweltschonend produziert, Emissionen
reduziert, Infrastrukturen optimiert und zukunftsweisende Systeme installiert.
Wenn man Verantwortung akzeptiert und nachhaltige Lösungen realisiert.
Wenn man in Bildung und Forschung investiert und sich
kulturell und sozial engagiert. Damit diese Welt
auch unsere Enkel noch fasziniert.
FORBESDACH.COM
www.kapsch.net
23
FORBES
DIE SCHULDEN
DIESER WELT
Die Staaten dieser Welt haben rund 76 Billionen US-$ Schulden. Doch welche Länder
haben wie viel Anteil daran? Und welche Staaten sind relativ zu ihrer
Wertschöpfung (Bruttoinlandsprodukt – BIP) hoch verschuldet? Eine Übersicht.
D A I L Y
Text: Redaktion
Infografik: Valentin Berger
Quelle: visualcapitalist
Nominell haben die USA den
höchsten Schuldenstand – mit rund
20 Billionen US-$ Staatsschulden.
PUERTO RICO
KARIBIK
MEXIKO
1 %
BRASILIEN
2,2 %
ARGENTINIEN
0,5 %
NIGERIA
ANGOLA
REST VON
SÜD-
AMERIKA
SÜD-
AFRIKA
0,2 %
SUDAN
MAROKKO
VENEZUELA
REST-
AFRIKA
ÄGYPTEN
0,5 %
TÜRKEI
0,5 %
KOLUMBIEN
0,2 %
REST
VOM
NAHEN
OSTEN
Überraschenderweise hat Libanon
mit 149 % die dritthöchste
Schuldenquote (im Vergleich
zum BIP) der Welt.
ISRAEL
0,3 %
IRAK
0,2 %
IRAN 0,2 %
SAUDI-
ARABIEN
JORDA-
NIEN
VAE
LIBANON
KATAR
AUSTRALIEN
0,9 %
SINGAPUR 0,5 %
NEUSEELAND
MALAYSIA 0,9 %
INDONESIEN
0,4 %
WELTSCHULDEN 24
KANADA
2,3 %
NIEDERLANDE
0,8 %
RU-
MÄNIEN
GRIECHEN-
LAND
0,9 %
NORWEGEN 0,2 %
DÄNEMARK 0,2 %
RESTEUROPA
PORTUGAL
0,2 %
SCHWEDEN
0,2 %
FINNLAND 0,2 %
ÖSTERREICH
0,5 %
SPANIEN
2,2 %
UNGARN
KROATIEN
TSCHE-
CHIEN
BELGIEN
0,8 %
Der Internationale Währungsfonds
(IWF) warnt, dass Griechenland
bei der derzeitigen Entwicklung bis
2060 eine Schuldenquote von 275 %
erreichen wird.
DEUTSCHLAND
3,8 %
USA
ANTEIL AN DER
WELTVERSCHULDUNG:
31,8 %
ITALIEN
2,2 %
POLEN
0,4 %
SCHWEIZ
0,5 %
FRANKREICH
3,8 %
GROSSBRITANNIEN
3,9 %
IRLAND
0,4 %
PHILIPPINEN 0,2 %
SÜDKOREA
0,9 %
JAPAN
18,8 %
Schulden als Prozentsatz des jeweiligen brutto inlandsprodukts (BIP)
RUSSLAND
0,3 %
0 bis 50 % 50 bis 100 %
100 bis 150 % über 150 %
THAI-
LAND
0,3 %
UKRAINE
CHINA
7,9 %
SRI
LANKA
INDIEN
2,5 %
BANGLA-
DESCH
VIETNAM
0,2 %
TAIWAN
0,3 %
PAKISTAN
2,5 %
REST-
ASIEN
Japan hat eine Schuldenquote von
schwindelerregenden 239 %.
Der Großteil der Schulden (90 %)
wird aber national gehalten.
FORBES
GELD RICHTIG AUSGEBEN
Geld kann sehr wohl glücklich machen, sagt Harvard-Professor Michael Norton.
Zusatz: wenn man es richtig ausgibt. Denn das eigene Geld für Objekte und sich selbst
auszugeben hat eher wenig Einfluss auf unsere Zufriedenheit – Erfahrungen und Ausgaben
für andere hingegen schon.
Text: Klaus Fiala
Foto: Slavica Ziener
Es wirkt, als würden die Menschen
immer unglücklicher. Stimmt das? Ist
Glück wertvoll, weil es seltener wird?
Wir können nicht genau sagen,
ob die Menschen im Zeitverlauf wirklich
unglücklicher werden; teilweise, weil es
schwierig ist, Glück über Generationen
hinweg zu vergleichen. Wir wissen auch
nicht allzu viel über die Bestimmungsfaktoren
von Glück. Ich denke aber sehr
wohl, dass die Beziehung zwischen Geld
und Glück eine wichtige ist. Wir fokussieren
uns nämlich auf Dinge, die Menschen
ändern können, um glücklicher zu
werden. Wir wollen Menschen helfen,
mithilfe ihres Geldes – aber auch im
Allgemeinen – glücklicher zu werden.
Denn selbst wenn die Menschen nicht
unglücklich sind, wollen wir sie ja glücklicher
machen.
Wie lässt sich das bewerkstelligen?
Wir haben entdeckt, dass der
Grundgedanke, dass Geld nicht glücklich
machen kann, weder richtig noch falsch
ist. Wir haben in unserer Forschung
beobachtet, dass die Art und Weise, wie
wir unser Geld ausgeben, nicht wirklich
Glück „kauft“. In diese Kategorie fallen
Ausgaben für uns selbst, also ein Haus
oder ein Auto, aber auch Kleinigkeiten,
die wir für uns selbst kaufen. Das steigert
unser Glücksempfinden nicht, und
dennoch geben wir für solche Dinge den
Großteil unseres Geldes aus.
Wir haben also untersucht, wie
sich zwei Ausgaben auswirken: nämlich
unser Geld für Erfahrungen auszugeben,
statt Dinge zu kaufen, und statt Geld für
uns selbst auszugeben, etwas für andere
zu kaufen. Beides steigert unser Glücksempfinden
deutlich: Bei Erfahrungen
haben wir einerseits die Vorfreude und
andererseits die schönen Erinnerungen,
die etwa eine Reise begleiten und durchgehend
glückssteigernd wirken; Ausgaben
für andere Menschen wiederum sind
besser für unser Glücksempfinden, weil
das Gefühl des Helfens Freude macht.
Helfen die Kontrolle und das Wissen
über die eigenen Finanzen den Menschen,
glücklicher zu werden?
In unserer Forschung konzentrieren
wir uns nicht unbedingt auf die
verschiedenen Arten von finanziellen
Entscheidungen, sondern auf die „emotionale
Auszahlung“. Dabei haben wir
beispielsweise erkannt, dass Sparen keine
große emotionale Auswirkung hat,
weil es langweilig ist: Das Geld geht einfach
nur vom Lohnzettel auf ein Sparkonto,
ohne dass wir es wirklich wahrnehmen.
Es verschwindet einfach – und
Verstecktes kann nicht wirklich aufregend
sein.
Wir haben also überlegt, wie wir
solche Dinge attraktiver machen können.
Ein Beispiel hat ein Student von mir
entworfen: Dabei kann man Teile seiner
Kreditkarten rechnung in einer App bezahlen,
indem man sie online anklickt
und sie am Bildschirm explodieren lässt.
Das Resultat war, dass die Kunden ihre
Schulden schneller abbezahlt haben. Das
heißt, wir können Menschen helfen, ihre
Schulden zu verwalten, indem wir den
Prozess spannender gestalten. Das Ziel
ist, Möglichkeiten herauszufinden, die
das persönliche Glück steigern.
Eine Studie der Princeton University
besagt, dass Menschen ab einem Jahreseinkommen
von rund 75.000 US-$
durch mehr Gehalt kein zusätzliches
Glück verspüren. Stimmt das?
Es scheint, dass diese Zahl in
verschiedenen Ländern unterschiedlich
ist, aber 75.000 US-$ ist kein schlechter
Richtwert – es kommt natürlich auch
„Vor einem Kauf sollten wir
einen Augenblick innehalten
und überlegen, ob er uns
glücklicher macht.“
auf die Lebenskosten an. Bis zu diesem
Punkt korreliert mehr Einkommen mit
mehr Glücksempfinden, danach wird
der Effekt kleiner. Die Geschichte, die
bis jetzt jedoch erzählt wurde, ist, dass
die Steigerung des Glücks danach gegen
null geht – das stimmt nicht. Die Steigerung
wird ab dieser Schwelle lediglich
kleiner. Wir haben aber neue Daten von
Millionären – und sie sind glücklicher
als die Durchschnittsbevölkerung. Die
Steigerung passiert also weiterhin. Wenn
eine superreiche Person eine zusätzliche
Million US-$ verdient, ist der Effekt aber
natürlich kleiner, als wenn ein Durchschnittsbürger
plötzlich viel bekommt.
Welchen einen Ratschlag würden
Sie Menschen geben, um mit wenig
Aufwand ein bisschen glücklicher zu
werden?
Eine einfache Lösung ist: Vor einem
Kauf – egal, ob online oder im echten
Leben – sollten wir einen Augenblick
pausieren und uns überlegen, ob dieser
Kauf uns glücklicher macht. Manchmal
ist die Antwort „Ja“, dann sollten wir
kaufen. Oft wird die Antwort aber auch
„Nein“ sein. Ein Beispiel ist Kaffee: Ich
mag Kaffee und ich trinke ihn gerne; die
Frage ist aber, ob uns der siebente Kaffee
am Tag noch bedeutend glück licher machen
wird. Doch selbst wenn wir Nein
sagen, können wir den Kauf noch immer
tätigen, kein Problem. Aber dieser kleine
Augenblick des Überlegens könnte trotzdem
zu einem besseren Umgang mit unserem
Geld führen.
Michael Norton ist Psychologe
und Professor an der Harvard
Business School, einer USamerikanischen
Eliteuniversität.
D A I L Y
MICHAEL NORTON
„Wir haben beobachtet,
dass die Art, wie die
meisten Menschen
ihr Geld ausgeben,
sie nicht glücklich macht.“
FORBESDACH.COM
25
FORBES
D A I L Y
DER 360°-CEO
– WENN’S UMS
GANZE GEHT
VON: ASTRID
KLEINHANNS-ROLLÉ
(WU EXECUTIVE
ACADEMY)
Das Unternehmen Sonnentor ist eines
der leuchtenden Beispiele am Firmenhorizont.
Das 320 Mitarbeiter starke mittelständische
Unternehmen aus dem Waldviertel
exportiert Biotees und Gewürze
in 53 Länder, mit einem Jahresumsatz
von rund 45 Millionen €. Firmenchef
Johannes Gutmann kennt jeden Mitarbeiter
persönlich und führt das Unternehmen
gemeinwohlorientiert: faire Gehälter,
Wertschätzung und nachhaltiges
Wirtschaften statt Konkurrenzdenken
und Profitmaximierung. Das Unternehmen
ist überschaubar groß und eigentümergeführt
und damit nicht an der Börse.
Es muss sich also nicht vor Aktionären
verantworten und ist keinem Quartalszahlendruck
unterworfen. Aber: Auch
Amazon, Microsoft und H&M sind börsennotiert,
aber über Stimmrechte eigentümergeführt
– das ist ein Unterschied.
Tendenziell sind eigentümergeführte
Unternehmen nämlich nachhaltiger, entscheiden
langfristiger und achten mehr
auf ihre unternehmerischen Werte.
Doch verantwortungsvolles
und werteorientiertes Wirtschaften,
das auf die eigenen Mitarbeiter, Kunden
und die Umwelt achtet, das den Gewinn
zur Sicherung des eigenen Fortbestands
ebenso im Blick hat wie die Auswirkungen
auf die Gesellschaft, ist nicht
nur Sache von gemeinwohlorientierten
Unternehmern. Wir kommen von der
shareholderorientierten Wirtschaft zu
einer globalen stakeholderorientierten
Gesellschaft, die auch die Kunden, Zulieferer,
Rohstoffbauern und die Umwelt
miteinbezieht. Menschenrechte, soziale
und umweltrechtliche Aspekte müssen
in Führungsentscheidungen miteinbezogen
werden. Verantwortungsvolle Entscheidungen
und nachhaltiges Handeln
müssen zur Maxime für die Wirtschaft
schlechthin werden – wollen wir negative
Bumerangeffekte auf die Gesellschaft
vermeiden. Und: Werteorientierte Unternehmen
wie Sonnentor sind nicht zuletzt
deswegen bei ihren Kunden erfolgreich.
Natürlich ist der Wandel von
einem profitorientierten zu einem stark
werteorientierten Unternehmen nicht
immer einfach. Möglich wird er nur mit
einem umfassenden Systemwandel, der
alte Strukturen aufbricht: Allzu starre
Hierarchien und Führungsstrukturen,
Anreize wie etwa Managerboni, Konkurrenzdenken
und rein statusgetriebene
Karrieristen gehören zunehmend der
Vergangenheit an.
In all diesem Wandel sehe ich
unsere Verantwortung als Business
School: Wenn werteorientiertes und verantwortungsvolles
Führen unerlässlich
für die künftige Wirtschaftswelt wird, ist
es unsere Aufgabe als Executive-Education-Anbieter,
unseren Studierenden ein
essenzielles Rüstzeug für ihre Führungsaufgaben
mitzugeben.
In unseren Programmen für Führungskräfte
an der WU Executive Academy
setzen wir daher auf drei wesentliche
Ebenen: profit, people, and planet. Dabei
begleiten wir unsere Teilnehmer, damit
sie ihren Impact als Führungskräfte auf
die Gesellschaft bestmöglich einsetzen:
für die finanzielle Stabilität ihres Unternehmens,
aber auch für Mitarbeiter und
Kunden und den Planeten als Gesamtes.
Wir entwickeln mit ihnen Lern- und Karriereziele,
die für sie sinnstiftend sind und
die sie in ihrer Selbstbestimmung stärken.
In unseren MBA-Programmen
setzen sich die Studierenden etwa in
„CSR & Ethics“-Modulen mit sozialer
und ethischer Führungsverantwortung
auseinander und gleichen dabei ihre
persönlichen Werte mit jenen ihres
Unternehmens ab. Mit „Giving Voice
to Values“, einem Ansatz der ehemaligen
Harvard-Professorin Mary Gentile,
üben die Studierenden, ihre Werte auch
im Arbeitskontext zu äußern. In einem
speziellen Leadership Lab reflektieren
die Teilnehmer Lerninhalte und schärfen
ihr Bewusstsein, wie ihr Führungsverhalten
ihr eigenes Leben, ihre Organisation
und gesellschaftliche Bereiche
positiv beeinflussen könnte.
Dabei hilft die große Diversität in
der Klasse enorm: Menschen aus bis zu
30 Nationen lernen nicht mit- und voneinander.
Auf diese Weise kristallisiert
sich für jeden heraus, was Leadership
von morgen bedeutet. Und sie etablieren
einen kritischen Unternehmergeist,
der sie selbstbestimmt agieren lässt. All
das formt ihr ganz persönliches Mindset
als gesellschaftlich verantwortliche Führungskraft.
GASTKOMMENTAR UND GRAFIK 26
NIKKEI 1989
DOW JONES 1929
NASDAQ 2000
ÖL 2008
GOLD/SILBER 2008
S&P 500 HOMEBUILDERS
SILBER 2011
GEPLATZTE BLASEN
DER GESCHICHTE
JAHRE 9
8
7 6 5 4 3 2 1 KNALL –1 –2
2.450 %
1.950 %
1.450 %
950 %
450 %
0 %
FORBES
GREATEST LIVING
BUSINESS MINDS
JEFF
BEZOS
MARK
ZUCKERBERG
D A I L Y
Wir befinden uns inmitten eines gigantischen Wandels.
Kunden besitzen durch mehr Transparenz und persönliche
Empfehlungen eine unglaubliche Verhandlungsmacht. Früher
stellte man Kunden zufrieden, und diese erzählten fünf
Freunden davon – durch das Internet können sie nun über
Online-Kundenrezensionen oder Social Media 5.000 Freunden
eine Empfehlung aussprechen.
Früher setzte sich ein minderwertiges Produkt mit
gutem Marketing durch. Heute dagegen erkennen Kunden
aufgrund der erhöhten Transparenz, ob ein Produkt oder eine
Dienstleistung gut ist. Sie können es vergleichen und dann
all ihren Freunden davon erzählen. Die Kunden übernehmen
heute den größten Anteil am Marketing. Anstatt schlechte
Produkte lautstark zu bewerben, haben wir einen leistungsbezogenen
Wettbewerb von Produkten. Das ist gut für die
Kunden, die Unternehmen – und die Gesellschaft.
Jeff Bezos ist Gründer und CEO des weltgrößten
Versandhändlers Amazon. Zudem hat er mit
Blue Origin ein privates Raumfahrtunternehmen
gegründet.
Eigentlich wollte ich nie ein Unternehmen aufbauen,
ich wollte Menschen verbinden. Ein paar Jahre nach dem Start
von Facebook wollten uns einige große Unternehmen kaufen.
Fast alle anderen im Team wollten verkaufen – ich nicht. Ich
wollte sehen, ob wir noch mehr Menschen zusammenbringen
können. Das zerriss unser Unternehmen, bis innerhalb eines
Jahres jede einzelne Person im Managementteam weg war.
Das war meine schwerste Zeit bei Facebook. Ich glaubte
an das, was wir taten, aber ich fühlte mich allein. Und
schlimmer noch: Es war meine Schuld. Das hat mich gelehrt,
dass man auch eine Bestimmung für andere schaffen muss.
Ich denke, das gilt für die meisten guten Unternehmen.
Etwas wie Facebook aufzubauen und eine Community wie die
unsere zu betreiben benötigt Inspiration. Ein Großteil unseres
Führungsteams denkt so. Es geht darum, unsere Dienstleistungen
so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen,
damit wir jedem auf der Welt eine Stimme geben können.
Die Leute fragen mich oft nach Ratschlägen zur Gründung
eines Unternehmens, und ich sage immer, dass das Ziel
nie sein sollte, ein Unternehmen zu gründen. Man muss sich
auf die Veränderung konzentrieren, die man erreichen will,
und Menschen mit der gleichen Mission finden. Dann hat man
vielleicht die Chance, etwas Großes aufzubauen, das sinnstiftend
ist und einen positiven Einfluss auf die Welt hat.
Mark Zuckerberg ist Gründer und CEO der
Social-Media-Plattform Facebook.
BUSINESS MINDS
FORBESDACH.COM
Text: Redaktion
Fotos: Martin Schoeller für Forbes US
27
FORBES
WELCHE GENERATION GIBT
WOFÜR WIE VIEL GELD AUS?
Die verschiedenen Generationen setzen unterschiedliche Prioritäten beim
Geldausgeben: Während Millennials Restaurants und Hobbys bevorzugen, fließt etwa
das Kapital der „stillen Generation“ noch verstärkt in Lebensmittel.
D A I L Y
Text: Redaktion
Infografik: Valentin Berger
Quelle: Business Insider
100 %
17,7 %
13,5 %
12,8 %
Restaurants
90 %
23,8 %
80 %
INFOGRAFIK 28
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0 %
21,7 %
10,8 %
3,0 %
4,5 %
18,5 %
25,3 %
9,7 %
2,9 %
16,8 %
17,7 % 20,3 %
Millennials
(Geboren: 1981–1996)
7,3 %
Generation X
(Geboren: 1965–1980)
27,2 %
8,5 %
3,7 %
10,0 %
14,7 %
22,3 %
Babyboomer
(Geboren: 1946–1964)
30,4 %
6,7 %
6,4 %
9,4 %
11,8 %
22,5 %
Stille Generation
(Geboren: 1925–1945)
Lebensmittel
Benzin
Medikamente
Einrichtung
Hobbys und Kleidung
Verschiedenes
FORBES
AN SCHULDEN WACHSEN
Wer Schulden hat, ist nicht automatisch gescheitert: Schulden und Armut werden oft vererbt.
Clemens Mitterlehner zeigt deshalb mit der ASB Schuldnerberatungen GmbH Schuldnern
nicht nur neue Perspektiven auf, sondern setzt sich auch für Finanzbildung im Kindesalter ein.
Text: Andrea Gläsemann
Fotos: David Visnjic
Wie seine Klienten auch
hat Clemens Mitterlehner,
Geschäftsführer der
staatlich anerkannten ASB
Schuldnerberatungen GmbH, Schulden
– und sieht darin eine wichtige gesellschaftliche
und wirtschaftliche Funktion:
„Ohne Schulden würde vieles nicht
funktionieren. Ich hätte mir beispielsweise
kein Haus kaufen können oder
die meisten Unternehmensgründungen
wären unmöglich.“ Eine Tatsache, die
den Unterschied macht: Denn während
Mitterlehner einen Kredit für ein eigenes
Heim aufgenommen hat, sind die Schulden
seiner Klienten ganz anderer Natur.
Verschuldungsgrund Nummer eins ist
in Österreich Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung,
gefolgt von
gescheiterten Unternehmen und einem
schlechten Umgang mit Geld. Vor allem
Konsumkredite sieht Mitterlehner kritisch:
„Kontoüberziehungen und Konsumkredite
sind die Einstiegsdrogen in
die Überschuldung. Denn die Angebote
richten sich in der Regel nicht an gut Verdienende,
sondern an jene, die nicht viel
Einkommen haben und daher ohne Kredit
oder Kontoüberziehung nur wenig
konsumieren könnten.“
In Österreich erhielten 2018
62.862 Personen Unterstützung von einer
der zehn staatlich anerkannten Schuldenberatungen.
Die Durchschnittsverschuldung
(bei Personen, welche sich zur Erstberatung
begeben) beträgt dabei bei den
Klienten gesamt 67.654 € – wobei Männer
im Schnitt um knapp 27 % höhere
Schulden aufweisen als Frauen. „Ein sehr
großer Anteil der Schulden besteht aus
Kosten, Zinsen und Zinseszinsen. Schulden
verdreifachen sich im Durchschnitt
innerhalb von acht Jahren, wenn keine
Rückzahlung erfolgt. Es gab bei uns einen
Fall, bei dem aus anfänglichen 6.900 €
Schulden innerhalb von 13 Jahren 273.000
€ Schulden wurden“, so Mitterlehner. Die
Klienten würden oftmals erst viel zu spät
zur Schuldnerberatung gehen, eben dann,
wenn der einzig mögliche Ausweg in
einem Privatkonkurs besteht. „Im letzten
Jahr gab es so viele Privatkonkurse wie
nie zuvor. Und das ist gut, weil jede Zahl
in der Statistik für einen Menschen eine
Chance ist, schuldenfrei zu werden und
wieder an der Gesellschaft angemessen
teilnehmen zu können. Mitbetroffen sind
ja oft auch Kinder, die unverschuldet in so
eine Notlage geraten“, so Mitterlehner.
Als Grund der gestiegenen Zahl
nennt er die Schuldenreform 2017, welche
anders als beim alten Schuldrecht
keine Mindestquote (mindestens 10 % der
Schulden müssen zurückgezahlt werden)
mehr vorsieht und das Abschöpfungsverfahren
von sieben auf fünf Jahre verkürzt.
Bei diesem Prozess werden gewisse Summen
des Vermögens auf ein Extrakonto
gelegt, das Treuhandkonto. Das Gericht
bestimmt eine Person, die dieses Konto
verwaltet (Treuhänder) und mit dem
Geld die Gläubiger sowie die Verfahrenskosten
bezahlt. Die zweite Möglichkeit,
sich aus den Schulden zu befreien, besteht
in einem Zahlungsplan, bei dem der
Schuldner mit den Gläubigern aushandelt,
wie viel Geld in den nächsten sieben
Jahren maximal zurückgezahlt werden
kann. Der Zahlungsplan benötigt die Zustimmung
von mindestens der Hälfte der
Gläubiger.
Die Quote spricht für sich: Knapp
90 % der Abschöpfungsverfahren verlaufen
erfolgreich. Neben den mehrere
Jahre dauernden Prozessen gibt es auch
einfache Sofortmaßnahmen: „Beispielsweise
kann sich jeder Stromkunde auf
die sogenannte Grundsicherung berufen,
wonach jeder mit Strom versorgt werden
muss. Viele setzen auch aus Angst vor
der Bank ihre Prioritäten falsch: Dann
wird eher der Kredit zurückbezahlt, anstatt
sich notwendige Medikamente zu
kaufen oder die Miete zu zahlen, weil
sie – fälschlicherweise – denken, dass sie
wegen Bankschulden eingesperrt werden
könnten. Da die Angst zu nehmen und
Perspektiven zu geben ist ein wichtiger
Schritt in der Beratung“, so Mitterlehner.
Denn Schulden führen vielfach zu
chronischem Stress, welcher zu Depressionen
oder Magen-Darm-Problemen
führen kann. Laut dem Österreichischen
Schulden report 2019 ist bei jeder siebten
Person, die die Schuldenberatung aufsucht,
aufgrund von Krankheit und Sucht
eine Schuldenregulierung nicht möglich.
Um Verschuldung in der Bevölkerung
vorzubeugen, setzt Mitterlehner
auf Bildung und Aufklärung: „Je fundierter
die Ausbildung eines Menschen,
desto geringer ist das Risiko, sich zu
überschulden. Zweiter Punkt und mein
Appell an das Elternhaus und die Schule:
Geld zum Thema machen. Taschengeld
hat eine wichtige Funktion. Kinder
müssen lernen, mit Geld umzugehen, und
da eignet sich Taschengeld sehr gut zum
Ausprobieren.“
Deshalb setzt sich Mitterlehners
Schuldenberatung mit eigens dafür erschaffenen
Ansätzen und Modellen wie
dem Finanzführerschein für das Thema
ein. Beim Finanzführerschein gehen
Schuldenberater in die Schulen und versuchen,
Kinder in ihren „teachable moments“
– wie Mitterlehner sagt – zu erreichen:
„Mit 15 Jahren ist zum Beispiel
die Finanzierung eines Mopeds ein großes
Thema. Und so gibt es dann genau
dazu Angebote wie E-Learning oder Unterrichtsblöcke
mit einem Trainer oder
dem Klassenlehrer. Am Ende gibt es einen
Wissens-Check in Quizform, und die
Jugendlichen erhalten dann den Finanzführerschein.“
Er sieht diese Arbeit als
Basisfinanzbildung an, welche Kindern
das Rüstzeug mitgeben soll, verantwortungsbewusst
mit Geld umzugehen – damit
etwaige Schulden nicht zum Problem
werden, sondern im besten Fall, wie bei
Mitterlehner, mit dem Schaffen eines Eigenheims
enden.
Clemens Mitterlehner ist
studierter Sozialwissenschaftler
und Sozialarbeiter. Mit der ASB
Schuldnerberatungen GmbH bietet
er in Linz und Wien kostenlos
Schuldenberatungen an.
„Geld zum Thema machen“, rät Clemens Mitterlehner im Kampf gegen
Schulden. „Taschengeld hat eine wichtige Funktion. Kinder müssen lernen,
mit Geld umzugehen“, so der Chef der Schuldnerberatungen.
DURCHSCHNITTSVERSCHULDUNGEN DER
KLIENTEN UND KLIENTINNEN 2019
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
0
67.654 €
KlientInnen
gesamt
147.797 €
Ehemals
Selbstständige
D A I L Y
SCHULDNERBERATUNG
FORBESDACH.COM
29
FORBES
WIE GRATIS IST
EIN IPHONE?
Smartphones werden regelmäßig um einen Preis von null Euro angepriesen. Doch ist ein iPhone 11
tatsächlich kostenlos? Was kostet es letztendlich wirklich, ein solches Gerät bei den großen Mobilnetzanbietern
zu kaufen? Und ist es günstiger, ein Gerät separat zum Handytarif zu erwerben?
Wir haben die Gesamtkosten für ein iPhone 11 über 24 Monate hinweg verglichen.
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Text: Redaktion
Infografik: Valentin Berger
Quelle: Eigenrecherche
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FORBES
WARUM HABEN MENSCHEN
SCHULDEN?
29 %
Arbeitslosigkeit/Einkommensverschlechterung
23,7 %
Gescheiterte Selbstständigkeit
18,6 %
Umgang mit Geld
13,5 %
Scheidung/Trennung
10,7 %
Persönliche Härtefälle
9,7 %
Die Gründe, warum Menschen in finanzielle Schieflagen
schlittern, unterscheiden sich weniger, als man
denken möchte: Sechs Gründe wiederholen sich regelmäßig.
Die Geschichten jener Menschen, die Schulden
anhäufen, sind stets einzigartig und individuell – die
Gründe lassen sich laut dem Österreichischen Schuldenreport
2019 jedoch relativ eindeutig kate gorisieren.
Denn über 95 % der Betroffenen nannten 2018 einen
oder mehrere der sechs links angeführten Gründe,
wenn sie gefragt wurden, warum sie Schulden haben.
Mit 29 % ist eine Einkommensverschlechterung
(etwa durch Pensionierung oder den Wegfall von Überstunden)
bzw. Arbeitslosigkeit der am häufigsten genannte
Grund für Schulden.
Danach folgen gescheiterte Selbstständigkeit,
ein schlechter Umgang mit Geld oder Scheidung bzw.
Trennung vom Partner. Je rund 10 % der Betroffenen
nennen auch persönliche Härte fälle (etwa Un- oder
Todesfälle) oder die (teure) Wohnraumbeschaffung als
Überschuldungsgrund.
D A I L Y
Wohnraumbeschaffung
Mehr Informationen finden Sie unter www.
schuldenberatung.at.
SIEBEN
GOLDENE
TIPPS
❶
„KUVERT-METHODE“. Eine bewährte
Methode für Haushalte,
die knapp kalkulieren müssen:
Am Monatsanfang wird der
Betrag abgehoben, der für das
Monat zur Verfügung steht,
und in vier Geldkuverts (eines
pro Woche) gegeben – mehr
darf nicht ausgegeben werden.
❷
HILFE SUCHEN. Wie behalte
ich den Überblick? Wie vermeide
ich Kontoüberzüge? Wie
wirkt sich eine Einkommensminderung
(Arbeitslosigkeit,
Pensionierung etc.) auf mein
Budget aus? In solchen Situationen
empfiehlt sich professionelle
Hilfe, beispielsweise eine
kostenlose Budgetberatung.
❸
BARGELD VERWENDEN. Wann
immer es möglich ist, sollte
man bar zahlen. Das stärkt das
Bewusstsein für Ausgaben, der
Überblick geht nicht so schnell
verloren. Zum Shoppen also
einfach die Kredit- und Bankomatkarte
zu Hause lassen und
nur jenen Betrag in bar mitnehmen,
der ausgegeben werden
soll bzw. darf. So lassen sich
auch Spontankäufe vermeiden.
❹
ÜBERBLICK BEHALTEN. Die
monatlichen Einnahmen und
Ausgaben sollten im Auge
behalten werden. Den besten
Überblick bietet das Führen
eines Haushaltsbuchs – z. B.
über budgetrechner.at.
❺
ÜBER GELD REDEN. Finanzthemen
sind häufig tabu. Dabei
wäre es wichtig, über Geld zu
sprechen – gerade auch in der
Familie und besonders mit den
Kindern. Nur so können sie
vernünftige Strategien und Verhaltensweisen
lernen. Mit Taschengeld
bekommen Kinder schon früh einen
Bezug zu Geld.
❻
KONTOÜBERZIEHUNGEN VERMEI-
DEN. Ein überzogenes Konto ist ein
Alarmsignal – die Balance zwischen
Einnahmen und Ausgaben stimmt
nicht mehr. Spätestens jetzt sollte
ein genauer Blick auf das Haushaltsbudget
geworfen werden. Was
viele vergessen: Das Konto zu überziehen
ist nichts anderes als ein
Kredit – mit sehr hohen Zinsen!
❼
AUSGABEN ÜBERDENKEN. Spontane
Anschaffungen unbedingt
vermeiden – stattdessen sollte man
sich für Ausgaben, vor allem für
größere, bewusst Zeit nehmen. Am
besten eine Nacht darüber schlafen:
Brauche ich das wirklich?
SIEBEN TIPPS FORBESDACH.COM
31
FORBES
D A I L Y
PAMELA REIF 32
EVERYTHING IS
WORKING OUT
Den Platz am Cover unseres Magazins schnappte sich im September
2019 Pamela Reif. Mit 4,3 Millionen Followern ist sie Deutschlands
bedeutendste Fitness-Influencerin. Was manche als Selbstinszenierung
belächeln, machte Reif zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell.
Ganzer Artikel: forbesdach.com/artikel/beauty-and-the-business
FORBES
EINE FRAGE DES WILLENS
Nicht nachhaltig, zu teuer: Das österreichische Pensionssystem kommt oft in die Kritik.
Viele rechnen nicht mehr damit, eine Pension zu bekommen. Das sei gefährlich,
sagt Franz Beck, Generaldirektor-Stellvertreter der Pensionsversicherungsanstalt – der
Generationenvertrag habe noch immer gehalten.
Text: Klaus Fiala
Foto: David Visnjic
Der Hauptsitz der österreichischen
Pensionsversicherungsanstalt
(PVA) ist ein auf
seine Art beeindruckendes
Gebäude. Im zweiten Wiener
Gemeindebezirk gelegen, erstreckt sich der
größte Sozialversicherungsträger Österreichs
über einen neunstöckigen Flachbau.
Fast ein Drittel der insgesamt 7.000 Mitarbeiter
der PVA sind in Wien tätig, neben dem
Hauptsitz findet sich hier auch die Landesstelle
Wien. Als größter Pensionsversicherer
des Landes ist die wichtigste Aufgabe der
PVA die Prüfung, Gewährung und Betreu-
in Österreich mit durchschnittlich 59,3
Jahren in den Ruhestand, Männer mit
61,3 Jahren. Das ist deutlich entfernt
vom gesetzlichen Pensionsantrittsalter,
das für Frauen bei 60, für Männer bei
65 Jahren liegt. Die Gründe: frühzeitige
Pensionierung, Invaliditätspensionen et
cetera. Kritiker fordern, das effektive
Antrittsalter zu erhöhen.
Doch Beck weiß, dass diese Maßnahme
bei der Bevölkerung überhaupt
nicht beliebt ist: „Es gab dazu Umfragen:
Die Leute sind noch eher bereit, höhere
Beiträge zu zahlen – weniger bereit sind
D A I L Y
„Wer ins System eingezahlt hat,
bekommt auch etwas heraus.
Der Generationenvertrag hat noch
immer gehalten.“
ung von Pensionsansprüchen. Seit 2015 sitzt
Franz Beck, Generaldirektor-Stellvertreter,
in seinem Büro mit Blick auf die Donau.
„Sein“ Thema, also Pensionen, sieht Beck
allzu oft zum Spielball verkommen.
„In der Bevölkerung ist es oft so,
dass die Pensionen als Reizthema verwendet
werden, egal ob das jetzt in öffentlichen
oder politischen Debatten
ist.“ Und tatsächlich drehte sich auch
ein signifikanter Anteil der Diskussionen
vor der letzten Nationalratswahl wieder
um Pensionszahlungen – nicht zuletzt,
weil im Sommer eine Erhöhung der
Pensionen um bis zu 3,6 % im kommenden
Jahr beschlossen wurde, die nicht
alle politischen Kräfte goutierten. Für
Beck ist das Thema aber hochrelevant
für das Funktionieren des Sozialstaats.
„Die Pensionen sind eine tragende Säule
unseres Systems. Wenn diese wankt, gerät
der soziale Zusammenhalt in Gefahr.“
Österreichs System basiert auf
dem Generationenvertrag: Dabei finanzieren
aktive Arbeitnehmer die Pensionen
ehemaliger Arbeitnehmer. Wenn
dann die heute aktiven Arbeitnehmer
morgen pensioniert werden, finanziert
wiederum die nächste Kohorte deren
Ruhestand. Doch in den letzten Jahren
kam das System zunehmend in die Kritik:
Steigende Lebenserwartung und
weniger Kinder lassen die Bevölkerung
überaltern – die Folge: Die Menschen
sind länger in Pension und werden zugleich
von weniger aktiven Arbeitnehmern
gestützt. Inwiefern Österreichs
Pensionssystem nachhaltig ist, sorgt regelmäßig
für Diskussionen.
Erst jüngst wurde wieder debattiert,
und zwar über eine neu veröffentlichte
Mercer-Studie, die dem Pensions
system der Republik sowohl
Angemessenheit als auch Nachhaltigkeit
abspricht. Tatsächlich zeigt ein
Blick in die Welt, dass Österreich bei
den Leistungen im Spitzenfeld liegt, die
Menschen gleichzeitig jedoch früher
in Pension gehen als in vielen anderen
(Nachbar-)Staaten. 2018 gingen Frauen
sie, länger zu arbeiten. Mit Abstand am
unbeliebtesten ist aber eine etwaige Kürzung
der Pensionshöhe.“ Die PVA sieht
die Situation überhaupt diametral anders:
Die Mercer-Studie gehe davon aus,
dass ein System mit vorrangig öffentlichen
Pensionen und einer kleinen kapitalgedeckten
privaten und betrieblichen
Altersvorsorge nicht nachhaltig sein könne
– Österreich beweise seit Jahrzehnten
das Gegenteil. Organisationen wie die
Arbeiterkammer geben der PVA da recht.
Und auch Beck sieht die Debatte
gelassen: „Bereits als ich 1979 ins Berufsleben
eingestiegen bin, hieß es, wir
Jungen würden keine Pension mehr bekommen.
Diese Aussage hat sich nicht
geändert, aber bis heute gilt: Wer ins
System eingezahlt hat, wird auch etwas
herausbekommen. Der Generationenvertrag
hat immer gehalten“ – es hänge
lediglich vom politischen Willen ab, ob
er aufrecht bleibe. Doch auch die Übernahme
der Ausfallshaftung ermöglicht
das Funktionieren des Systems. Rund 3,7
Milliarden € betrug der Bundesbeitrag,
um die Lücke im System auszugleichen.
Zugegebenermaßen ist diese Summe in
den letzten Jahren jedoch gefallen: 2014
lag die Zahlung etwa noch bei 4,62 Milliarden
€.
Was Beck jedoch Sorge bereitet,
ist die Verdrossenheit, die die Diskussion
auslöst. Denn wenn junge Menschen
glauben, keine Pension mehr zu bekommen,
hätten sie keinen Anreiz, über eine
geregelte Arbeit in die Pflichtversicherung
einzutreten. Die Folge: Jobs, die
keine Pensionsvorsorge ermöglichen,
etwa in prekären Arbeitsverhältnissen,
werden in Kauf genommen. „Wenn Jugendliche
glauben, dass sie nichts arbeiten
müssen, weil sie eh keine Pension
bekommen, ist das gefährlich.“ Denn für
alle, die in einem geregelten Arbeitsverhältnis
stehen, wird automatisch Geld
aufs Pensionskonto eingezahlt.
Auch die „Teilzeit-Falle“, in der
sich insbesondere Frauen mit Kindern
„Wenn Jugendliche glauben, dass sie nichts arbeiten müssen,
weil sie eh keine Pension bekommen, ist das gefährlich“,
sagt Franz Beck, General direktor-Stellvertreter der Pensionsversicherungsanstalt
(PVA).
oft wiederfinden, ist ein Problem, vor
dem Beck warnt. „Wer lange Zeit wenig
einzahlt, wird am Ende auch wenig Pension
bekommen. So bekommen Frauen,
die viele Jahre in Teilzeit arbeiten, auch
nur geringe Pensionen.“ Frauen müssten
also versuchen, trotz Kindererziehung
möglichst Vollzeit zu arbeiten. Das Argument,
dass dafür die nötige Infrastruktur
fehlt – wegen zu wenigen oder zu teuren
Kinderbetreuungsplätzen –, versteht
Beck. Es sei Aufgabe der Politik, das zu
beheben, so der Jurist.
Rund 27 % der Österreicher sind
Pensionisten, die Pensionszahlungen
hatten 2017 einen Anteil von 14,4 % an der
Wertschöpfung des Landes (BIP). Mit 19
Milliarden € machen die Pensionen den
größten Ausgabenposten des Staates aus,
rund ein Viertel der Einnahmen der Republik
fließen in die Sicherung der Pensionszahlungen.
Damit ist klar, dass das
Thema auch in Zukunft eine hohe Relevanz
haben wird – auch, weil Pensionisten
eine große Wählergruppe darstellen.
Beck rät jungen Menschen, möglichst
lange möglichst hohe Beträge ins System
einzuzahlen – also in einem geregelten
Arbeitsverhältnis zu stehen. Zusätzliche,
private Vorsorgemethoden seien durchaus
eine Ergänzung; „ein Ersatz für das
staatliche System sind sie aber nicht.“
Beck spricht aus Erfahrung. 1979
als Jurist zur PVA gekommen, war er
stellvertretender Leiter der Personalund
Leiter der Rechtsabteilung in der
Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten.
Nach der Fusion der Pensionsversicherungsanstalten
war er 2004 für
fünf Monate Direktor der Grundsatzabteilung,
ab Dezember 2004 dann Landesstellendirektor
in St. Pölten. Seit 2015
ist er einer der beiden Stellvertreter des
aktuellen Generaldirektors Winfried
Pinggera. „Und am 1. Dezember 2019
gehe ich dann selbst in Pension.“
Franz Beck ist Generaldirektor-
Stellvertreter der österreichischen
Pensionsversicherungsanstalt
(PVA). Der Jurist ist
bereits seit 1979 dort tätig.
PENSIONEN
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33
FORBES
Perspektiven durch Praxis!
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FORBES
ZERTIFIZIERTE VIELFALT
Trotz Aufholbedarf setzen Unternehmen verstärkt auf ein aktives Diversity-Management.
TÜV Austria zertifiziert seit 2008 diese Bemühungen nach Önorm S2501. Als eines von nur
wenigen Unternehmen Österreichs darf sich seit 2017 auch der Lebensmittelhändler Billa
offiziell als Unternehmen mit „ganzheitlichem Diversity-Management“ bezeichnen.
Text: Klaus Fiala
Fotos: BILLA AG
D A I L Y
Vergabe der „ZukunftVIELFALT“-Auszeichnung an Billa 2017 – v. li. n. re.: Hermann Zeilinger (TÜV),
Michael Landau (Caritas), Dominique Müllner (Billa), Josef Siess (REWE), Rob Bekkers (TÜV), Barbara
Weber (Billa), Robert Nagele (Billa), Peter Rieder.
Es gibt wohl kein Unternehmen
weltweit, dass auf eine Outperformance
von 15 bzw. 35 % verzichten
möchte – und dennoch scheint
es, als wäre das offene Geheimnis,
dass vielfältige Teams bessere und nachhaltigere
Gewinne erzielen, noch nicht bei allen
Wirtschaftslenkern in Österreich und darüber
hinaus angekommen. Laut einer McKinsey-Studie
erreichen Unternehmen, die
bezüglich Nationalitäten und Gender-Diversität
zu den Top 25 % gehören, überdurchschnittliche
Gewinne, und zwar um eben
35 % (Nationalitäten) bzw. 15 % (Gender)
mehr als der Median des jeweiligen Landes.
Diversität ist also kein Selbstzweck, sondern
treibt Gewinne. Und dennoch sind die Zahlen,
etwa im Bezug auf Frauen in Führungspositionen,
erschreckend. Auf Österreich
bezogen sind in den Vorständen der 62 börsennotierten
Unternehmen laut EY-Studie
7,3 % Frauen vertreten, in den Aufsichtsräten
sind es (trotz 30-%-Quote) 25,7 %. Doch
nicht nur in Sachen Gender Diversity, auch in
Bezug auf Herkunft und Alter sind Vorstände
heutzutage oft noch zu uniform.
Vielfalt als Wettbewerbsvorteil
Dominique Müllner, Diversity-
Managerin beim Lebensmittelhändler
Billa AG (Billa), sieht eine große Chance:
„Für Unternehmen kann Vielfalt ein
Wettbewerbsvorteil sein, wenn man sie
zum einen erkennt und dann auch nutzt.
Mit einer vielfältigen Belegschaft und
einer großen Produktauswahl zieht man
vielfältige Kundengruppen an.“ Müllner
beschäftigt sich seit fast zehn Jahren
mit dem Thema Diversität, 2016 kam sie
zu Billa. Heute arbeiten bei Billa 20.000
Menschen aus 89 Nationen, davon rund
1.000 Lehrlinge. Acht von zehn Mitarbeitern
sind Frauen (mit einem Frauenanteil
von 77 % auf Führungsebene), auch mehr
als 170 geflüchtete Menschen nennen
Billa ihren Arbeitgeber. Um diese Bemühungen
auch einer externen Prüfung zu
unterziehen, ließ sich das Unternehmen
2017 nach Önorm S2501 zertifizieren.
Mit Erfolg – Billa darf sich laut
TÜV Austria als Unternehmen mit einem
ganzheitlichen Diversity-Management
bezeichnen. Doch der Weg dorthin
war nicht einfach. Nach einer ersten Erhebung
wurden Maßnahmen definiert.
Müllner: „Die Prioritäten lagen ganz
klar beim Thema Menschen mit Behinderung.
Bei der Größe unseres Konzerns
kann man sich vorstellen, dass wir eine
große Summe für die Ausgleichstaxe
ausgeben (per Gesetz sind Unternehmen
mit 25 oder mehr Beschäftigten
verpflichtet, einen begünstigten behinderten
Menschen einzustellen, Anm.).“
Auf Basis dessen wurden Maßnahmen
definiert, die dann letztendlich wirkten.
Obwohl die Zertifizierung bereits
seit 2008 vergeben wird, hätten
sich viele Unternehmen noch nicht „getraut“,
so Hermann Zeilinger, Diversity-
Management-Experte bei TÜV Austria.
„Zahl reiche Unternehmen widmen sich
bereits dem Thema Diversity-Management.
Allerdings wurde die Önorm bisweilen
wenig verwendet, da die Komplexität
des Themas Unternehmen
abgeschreckt hat.“ Seither wurde der
Prozess standardisiert und unter dem
Namen „ZukunftVIELFALT“ neu besetzt.
Neben Billa erhielten etwa auch
die Fachhochschule Salzburg und der
Energieanbieter Verbund die Auszeichnung.
Für Zeilinger ist es nur eine Frage
der Zeit, bis weitere dazukommen. Dass
die Zertifizierung auf dem Prinzip der
Freiwilligkeit aufgebaut ist, ist für den
TÜV-Mann kein Problem. Denn Unternehmen
müssten auch heute schon
kommunizieren, wie sie das Thema aktiv
managen, und auch Bewerber würden
zunehmend auf ein aktiv geführtes
Diversity-Management achten, so Zeilinger.
„Es gibt daher schon jetzt, auch
ohne Verpflichtung, ausreichend Anreiz,
sich dem Thema zu widmen.“
Auch für Müllner ist die Arbeit
mit der Zertifizierung nicht getan. „Die
Herausforderung ist definitiv, an den
vielen Themen gleichzeitig dranzubleiben
und eher weniger, dafür wirksame
Maßnahmen zu etablieren. Wir haben
nun in allen Bereichen gut laufende
Prozesse und Maßnahmen umgesetzt.
Jetzt geht es ans ,Eingemachte‘ – darum,
Strukturen aufzubrechen und mehr
strategisch zu arbeiten.“
Kein Marketing-Gag
Der Illusion, dass es mit einer
Diversity-Managerin bzw. einer Abteilung
getan ist, will sich Müllner nicht
hingeben. Das Thema könne nicht nur
von einer Person getragen werden. „So
ist es auch im Zertifizierungsprozess
nicht vorgesehen.“ Dennoch benötige
es Antreiber. „Es ist sinnvoll, eine möglichst
diverse Gruppe zusammenzustellen,
die sich des Themas annimmt
und es vorantreibt.“ Doch Diversität als
Thema hätten bei Billa, so Müllner, viele
Mitarbeiter und Führungskräfte verinnerlicht.
„Es wird spürbar, dass es sich
dabei nicht um einen Marketing-Gag
handelt“, sagt die Diversity-Beauftragte.
Hermann Zeilinger bestätigt,
dass die Zertifizierung jene belohnen
soll, die ihr Engagement aktiv und seriös
betreiben. Er hofft, „dass viele Unternehmen
den Wert eines strukturierten
Diversity-Managements erkennen und
entsprechend aktiv Schritte setzen, um
attraktive Rahmenbedingungen für die
vielfältigen internen und externen Stakeholder
zu setzen. Die Zertifizierung
soll dabei ein Qualitätskriterium sein,
das belegt, dass das Unternehmen seine
Bemühungen ernst meint.“
Ernst meint es Dominique Müllner
jedenfalls. Ihr Ziel: Die offene Unternehmenskultur
weiter zu fördern.
„So können alle ihr Potenzial entfalten
und in weiterer Folge zum Erfolg des
Unternehmens beitragen.“
DIVERSITY MANAGEMENT
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35
FORBES
GELDANLAGE:
WAS LOHNT SICH?
Was wäre heute übrig, wenn man 1.000 € am 1. Jänner 2009 investiert hätte? Welche Assetklasse
hätte das höchste Plus bei der Kaufkraft gebracht? Wo gäbe es Verluste? Wir haben die Kollegen
vom Think-Tank Agenda Austria gefragt, ihre Rechner anzuwerfen. Das Experiment zeigt:
Aktien Top, Sparbuch Flop.
D A I L Y
Text: Redaktion
Infografik: Valentin Berger
Berechnung: Agenda Austria
2009
1.000 €
RENDITENVERGLEICH 36
GOLD
(IN EURO)
1.760,24 €
SPARBUCH
TÄGLICH FÄLLIGES SPARBUCH
853,28€
2019
AKTIEN
(MSCI WORLD INDEX)
1.845,2 €
ANLEIHEN
(VANGUARD EURO GOVERNMENT
BOND INDEX FUND)
1.268,47 €
UNTER DER
MATRATZE
(GELD, DAS ZUHAUSE
AUFBEWAHRT WURDE)
817,55€
FORBES
GREATEST LIVING
BUSINESS MINDS
WARREN
BUFFETT
OPRAH
WINFREY
D A I L Y
Als ich sieben oder acht Jahre alt war, hatte ich Glück,
denn ich entdeckte ein Thema, das mich wirklich interessierte:
Investieren. Ich las jedes Buch, das es in der Bücherei
zu diesem Thema gab. Mein Vater arbeitete ebenfalls in der
Investmentbranche, und wenn ich ihn samstags zum Mittagessen
besuchte, las ich alle Bücher in seinem Büro. (Wäre
er Schuhverkäufer gewesen, wäre ich heute vielleicht auch
Schuh verkäufer.) Das Buch, das den größten Einfluss auf meine
Investmentstrategie hatte, las ich dann während meiner
Studienzeit: „The Intelligent Investor“ von Benjamin Graham.
Ich habe es wahrscheinlich sechsmal gelesen.
Letztendlich geht es darum, solide, stabile Unternehmen
mit einem ehrlichen Management zu finden – und diese
dann über zehn, 20 oder 30 Jahre lang zu halten. Doch im Endeffekt
gibt es nur ein Investment, das alle anderen übertrifft:
in sich selbst zu investieren. Man muss seine Schwächen erkennen
und sich verbessern. Ich hatte früher riesige Angst, vor
Menschen zu sprechen. Doch ich besuchte einen Kurs, zahlte
100 US-$ dafür – und das veränderte mein Leben. Ich war
plötzlich so selbstbewusst, dass ich kurz darauf meine Frau
fragte, ob sie mich heiraten will. Meine neue Fähigkeit half mir
auch, Aktien in Omaha zu verkaufen – obwohl ich erst 21 Jahre
alt war und jünger aussah. Niemand kann uns nehmen, was
wir in uns haben. Wir alle haben versteckte Potenziale, die wir
noch nicht nützen. Wenn wir unser Potenzial um zehn, 20, 30
Prozent steigern, indem wir unsere Talente ausbauen, können
wir das nicht verlieren. Wir haben unsere Fähigkeiten unser
ganzes Leben.
Ich wurde einmal von Nelson Mandela eingeladen,
zehn Tage in seinem Haus zu verbringen. Zu Beginn war ich
ziemlich eingeschüchtert. Ich sagte zu meinem Partner Stedman
(Graham; Anm.): „Worüber soll ich denn zehn Tage lang
mit Nelson Mandela sprechen?“ Und er sagte nur: „Warum
versuchst du nicht einfach, zuzuhören?“
Nach etwa der Hälfte meines Aufenthalts fühlte ich
mich endlich wohl, einfach neben Mandela zu sitzen. Was
nimmt man mit, wenn man in Nelson Mandelas Haus war? Ich
wollte etwas hinterlassen; etwas, das einen Wert hat. Eines Tages
unterhielten wir uns über Armut – und darüber, wie man
sie bekämpft. Und ich sagte: „Man kann Armut nur mit Bildung
bekämpfen. Ich würde irgendwann gerne eine Schule in
Südafrika bauen.“
Und Nelson Mandela sagte: „Du willst eine Schule bauen?“
Er stand auf und telefonierte sofort mit dem Bildungsminister.
Am gleichen Nachmittag hatten wir ein Meeting und
diskutierten den Bau einer Schule.
Oprah Winfrey ist eine US-amerikanische
Unternehmerin, Talkshowmoderatorin
und Schauspielerin. Sie wurde als erste Afroamerikanerin
Milliardärin.
BUSINESS MINDS
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Warren Buffett ist Gründer und CEO von Berkshire
Hathaway. Er gilt als erfolgreichster Investor aller
Zeiten und ist der drittreichste Mensch der Welt.
37
FORBES
BILDUNG MAL DREI
Eine klaffende Pensionslücke, zu lockere Geldpolitik und langsame Prozesse: Andreas Brandstetter
geht mit der Politik hart ins Gericht. Doch statt abzuwarten, nimmt der CEO von Österreichs größtem
Versicherer, der Uniqa, Unternehmen und Individuen in die Pflicht: Erstere müssten Verantwortung
übernehmen, Zweitere sich bilden und informieren – gerade, wenn es um Finanzbildung geht.
Text: Klaus Fiala
Fotos: Uniqa
D A I L Y
UNIQA 38
Seit 2011 ist Andreas Brandstetter CEO der Uniqa Insurance Group AG.
Österreichs größter Versicherer ist neben dem Heimatmarkt in 15 weiteren
Ländern in Zentral-, Ost- und Südosteuropa tätig.
Ein sicheres, besseres, längeres
Leben zu ermöglichen“,
zitiert Andreas Brandstetter das
Mission Statement des von ihm
angeführten Uniqa-Vorstands.
Als CEO von Österreichs größtem Versicherer
verantwortet Brandstetter ein
Haus mit einem Jahresumsatz von 5,19
Milliarden € sowie 12.800 Mitarbeitern –
als solcher ist Brandstetter aber auch
für über zehn Millionen Versicherungsverträge
von 3,6 Millionen Kunden verantwortlich.
Und er wünscht sich mehr Wissen
über die Notwendigkeit, für schlechte
Zeiten vorzusorgen. Dass viele Junge
finanzielle Probleme haben, darf laut
Brandstetter niemanden wundern, wenn
sie „den Unterschied zwischen Dividenden
und Zinsen nicht kennen“. In der
Verantwortung sieht der Manager nicht
mehr nur die Politik: „Unternehmen
müssen mehr Verantwortung übernehmen.“
Wir sprachen mit dem Uniqa-CEO
über europäische Versicherungsprodukte,
den Staat als „All-inclusive-Vollkasko-Paradies“
und die Interpretation des
Sprichworts „Carpe Diem“.
Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in
zehn Jahren? Was muss ein Versicherer
2030 können und anbieten, um
erfolgreich zu sein?
Wir werden unseren Privatkunden
in den Bereichen Gesundheit, Mobilität
und Wohnen einfache Gesamtlösungen
aus Services und Risikotarifen
anbieten. Wir wollen damit einen spürbaren
Beitrag leisten, dass sie sicher, besser
und – wenn möglich – auch länger leben.
Unseren Gewerbe- und Industriekunden
werden wir weiterhin einen individuell
zugeschnittenen Risikoschutz mit vielen
Präventionsideen anbieten, der an ihre
ganz persönlichen Bedürfnisse angepasst
ist. Traditionelle Hierarchien und verkrustete
Strukturen werden durch sehr
flexible, neue Modelle abgelöst, die ein
agiles Arbeiten in neuen Organisationsformen
ermöglichen – und es werden
nicht mehr Hunderte oder Tausende
Mitarbeiter jeden Tag in ein Bürogebäude
pendeln, um dort einen großen Teil
des Tages zu verbringen. Zusammengefasst:
Die Dimension an exponentieller
Veränderung in der Finanzdienstleistung
wird in den nächsten Jahren üppig sein –
superspannend und attraktiv also für
junge High Potentials.
Wie gut oder schlecht ist das Wissen
über die Themen Versicherung
respektive generell Vorsorge in der
Bevölkerung? Wie viel Aufholbedarf
gibt es?
Der Aufholbedarf ist enorm.
Nachdem die Politik hier leider seit Jahrzehnten
wenig bis nichts für die Bildung
unserer Kinder an den Schulen tut, werden
wir Unternehmen mehr Verantwortung
übernehmen müssen.
Wie sieht es mit Financial Literacy im
Allgemeinen aus?
Immer noch verabreichen viele
politische Parteien Europas – im Wählerspektrum
von ganz links bis nach weit
rechts reichend – ihren Wählern die üblichen
Beruhigungspillen und gaukeln
das „All-inclusive-Vollkasko-Paradies“
vor: Der Staat wird sich um alles kümmern,
alles wird dir abgenommen! Wenig
überraschend gibt es dann kaum
Anreize, sich mit Fragen der eigenen
finanziellen Gesundheit und Vorsorge
zu beschäftigen. Zum Glück ändert sich
das, weil sich mehr und mehr Unternehmen
nicht mehr auf die Politik verlassen,
sondern gewissermaßen die Ausbildung
ihrer Kunden selbst übernehmen. Wenn
der überwiegende Teil der Jugend nicht
weiß, was der Unterschied zwischen Zinsen
und Dividenden ist, brauchen wir uns
nicht wundern, dass so viele in finanzielle
Probleme geraten. Wir dürften eigentlich
schon erwarten, dass unsere Kinder beim
Schulabschluss wissen, wie etwa unser
Finanzsystem prinzipiell funktioniert,
wie sich ein Staat finanziert, was Versicherung
und Bank leisten oder was Vorsorge
bedeutet.
Was erwarten Sie sich von der kürzlich
geschlossenen Kooperation mit
Red Bull? Besteht in der Zusammenarbeit
mit dem Red Bull Media House
nicht eine Gefahr, an älteren Kundenschichten
vorbeizukommunizieren?
Unsere Mission als Uniqa ist es,
Menschen jeden Alters ein sicheres, besseres,
längeres Leben zu ermöglichen,
und das ist auch genau der Claim des Magazins
„Carpe Diem“: nämlich sich Zeit
für ein gutes Leben zu nehmen! Carpe
Diem und Uniqa wollen also dasselbe,
und wir wollen es auch auf dieselbe Weise,
also keinesfalls als besserwissender
Moralisierer mit erhobenem Zeigefinger.
Die Leserin und der Leser entscheiden
selbst und eigenverantwortlich – wir
geben nur Anregungen im Sinne eines
echten, wirklichen Coaches, der vor allem
gut zuhören kann. Und das ist etwas,
was alle Generationen wollen – die einen
mehr mit einem haptischen Magazin, die
anderen mehr in einer Onlinewelt.
Verschwimmen die Grenzen zwischen
Versicherung, Vorsorge und Gesundheit
in Zukunft?
Letztlich schon, denn die Grenzen
werden sich mehr und mehr auflösen. Die
Menschen suchen zunehmend Partner,
denen sie in einem gesamten Bedürfnisfeld
vertrauen können. Wir alle kaufen ja
auch heute schon ein ganzes fahrbereites
Auto und nicht Motor, Getriebe, Sitze,
Karosserie und Reifen bei den verschiedenen
Anbietern. Genau in diese Richtung
geht es beim Thema Gesundheit:
In Zukunft werden diejenigen Dienstleister
Erfolg haben, die sich genauso um
die Fitness ihrer Kunden kümmern wie
auch um Arzttermine, Therapien, Untersuchungen
und gesundes Essen. Das,
was wir als Konsumenten heute schon
„Wenn der überwiegende Teil der
Jugend den Unterschied zwischen
Zinsen und Dividenden nicht kennt,
brauchen wir uns nicht wundern, dass
viele in finanzielle Schieflagen geraten.“
in anderen Bereichen erleben – also vertrauenswürdige
Plattformen, die mehr
können, als nur Einzelteile anzubieten –,
wird entscheidend sein. Das ist eine hohe
Verantwortung, mit der man sehr sorgsam
umgehen muss, denn: Wer die sich
rasant verändernden Wünsche und Erwartungen
nicht erfüllen kann oder diese
gar enttäuscht, bekommt immer seltener
eine zweite Chance.
Eine der gängigsten privaten Vorsorgemethoden,
die Lebensversicherung,
ist wegen des Niedrigzinsumfelds unter
Druck. Welche Zukunft sehen Sie
für ein solches Produkt noch?
Die ultralockere Geldpolitik der
EZB war in der Krise ein probates Mittel,
um die europäische Wirtschaft zu stabilisieren
– aber man hat den rechtzeitigen
Absprung verpasst. Jetzt sind wir in Europa
in der Situation, dass durch dieses Vorgehen
nicht nur die Menschen, die sparen
und vorsorgen wollen, praktisch enteignet
werden, sondern wir haben auch fast
keinen geldpolitischen Spielraum mehr,
um der nächsten Krise – die bestimmt
kommen wird – entgegenzusteuern. Aber
eines ist selbst unter diesen schwierigen
Rahmenbedingungen unbestritten: Ohne
private Vorsorge für die eigene Pension
wird es nicht gehen – und dafür bieten
die unterschiedlichen Formen der Lebensversicherung
nach wie vor seriöse
Optionen.
FORBES
Ist die Einführung eines paneuropäischen
Versicherungsprodukts angesichts
der politischen Wetterlage in
den nächsten Jahren realistisch?
Ich denke schon, dass ein solches
Produkt kommen wird. Allerdings dauert
der Prozess jetzt schon lange, und
der Weg ist mit vielen Kompromissen gepflastert.
Damit steigt das Risiko, dass am
Ende etwas rauskommt, das für die Menschen
in Europa nicht wirklich transparent,
wertstiftend und vor allem verlässlich
ist. Und das wäre schlimm, denn
dieses allererste europaweite Produkt
muss für die Bürger in Rumänien genauso
attraktiv und sicher sein wie für jene
in Frankreich. Aktuell strebt man eine
Einführung zwischen 2022 und 2024 an.
Wenn da noch irgendetwas dazwischenkommt,
ist die Menschheit zwischenzeitlich
auf dem Mars gelandet.
Die globale Pensionslücke wird auf
eine Höhe von rund 60 Billionen € geschätzt.
Ist das klassische Vorsorgesystem,
wie wir es kennen, nicht mehr
finanzierbar?
Erst vor ein paar Tagen hat – zum
wiederholten Mal – eine internationale
Studie bestätigt, dass die Finanzierung
unseres staatlichen Pensionssystems
nicht nachhaltig ist. Nur Italien steht
demnach in Westeuropa schlechter als
Österreich da. Ich frage mich, wie oft man
das wiederholen muss, bis es bei den politischen
Entscheidungsträgern ankommt
und die Konsequenzen daraus gezogen
werden. Und da reden wir noch gar nicht
von Teilbereichen wie dem Gender Pension
Gap, also der Tatsache, dass Frauen in
Österreich um 34 Prozent weniger Pension
bekommen als Männer.
Schon jetzt kämpfen wir in einem
der reichsten Länder Europas mit Altersarmut
– genauso übrigens wie mit
Jugendarmut –, was eigentlich nicht zu
verstehen ist. Natürlich sind radikale
Maßnahmen nicht unbedingt das Populärste,
aber wenn immer weniger Junge
die Pensionen von immer mehr Älteren
finanzieren müssen, kann sich jeder ausrechnen,
dass das nicht ewig so weitergehen
kann.
Was raten Sie einem jungen Menschen,
der mit kleinen Mitteln schon
jetzt für seine Zukunft vorsorgen
möchte?
Die besten drei Vorsorgemodelle
sind immer noch Bildung, Bildung und
nochmals Bildung. Aber gleich danach
sollte die private Vorsorge kommen, und
da gibt es eine Vielzahl von Modellen,
die das auch mit kleinen Mitteln ermöglichen.
Grundsätzlich gilt die Binsenweisheit:
Je früher man damit beginnt, desto
mehr kommt am Ende raus. Jungen Menschen
empfehle ich, sich umfassend zu
informieren und erst dann zu entscheiden,
welches Modell für sie ganz persönlich
das Beste ist. Eine allgemeingültige
Antwort, die für jeden passt, gibt es nicht.
Was halten Sie von datenbezogenen
Modellen?
Unser ganzes Leben basiert immer
mehr auf digitalen Fußabdrücken,
Im Mai 2018 wurde Andreas Brandstetter für drei Jahre zum Präsidenten der Interessenvertretung der europäischen
Versicherer, Insurance Europe, gewählt. Zu einem europäischen Versicherungsprodukt sagt er: „Ich glaube schon,
dass so etwas kommt.“ Doch er sagt auch: „Der Weg ist mit vielen Kompromissen gepflastert.“
die wir in der Welt hinterlassen. Manchmal
ist das hilfreich, manchmal wirklich
beängstigend. Vielleicht nicht in Europa,
aber in China. Und natürlich spiegelt sich
das auch in der Versicherungswirtschaft
wider. Beim Auto haben wir das schon
heute: Wer etwa bewusst beim Autofahren
auf sein Handy verzichtet und damit
das Unfallrisiko verringert, der zahlt bei
uns weniger Prämien.
Oder auch in der Gesundheitsversicherung:
Da gibt es Angebote, die
es honorieren, wenn man jährlich zum
Fitnesscheck geht. Es bleibt aber eine
herausfordernde Übung, wie wir Daten
verantwortungsvoll einsetzen, um die
wirklichen Bedürfnisse unserer Kunden
besser zu erfüllen, ohne dabei ihre Privatsphäre
zu gefährden. Generell ist unsere
Devise: Ausschließlich unsere Kunden
besitzen ihre Daten, nicht wir! Das heißt,
dass ausschließlich unsere Kunden auch
selbst entscheiden, ob sie uns Daten ganz
bewusst überlassen – und falls ja, welche.
Wir haben allerhöchsten Respekt vor diesem
Thema.
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz
in diesem Zusammenhang –
und ganz generell für Ihr Geschäftsmodell?
Im Zusammenhang mit Datennutzung
keine, weil diese Mobilitäts- oder
Gesundheitsdaten zu keiner Zeit bei uns
landen, sondern bei einem externen Partner
bleiben. Wir setzen aber künstliche
Intelligenz im Hintergrund ein, um einfache,
repetitive Aufgaben durch Maschinen
erledigen zu lassen. Das hilft unseren
Kunden, weil die Erledigung bestimmter
Leistungen dadurch schneller geht. Wo
künstliche Intelligenz auch hilft, ist bei
der Datenanalyse oder der Erarbeitung
eines Risikoprofils – darauf kann dann
der Berater im Gespräch aufsetzen und
noch besser auf den Kunden eingehen.
Ich gehe aber davon aus, dass sich in Zukunft
hier noch viel ändern wird.
Sie haben zuletzt von 700 bis 800
Millionen € Kapital gesprochen, das
in Akquisitionen fließen könnte. Welche
Bereiche sehen Sie sich hier an?
Wir richten unser Augenmerk
hauptsächlich auf die Länder Osteuropas,
wo wir noch selektive Wachstumschancen
sehen. Andererseits ist nicht
gesagt, dass wir nur nach traditionellen
Versicherungen Ausschau halten. Wir
schauen uns auch Möglichkeiten zur Akquisition
von InsurTechs oder FinTechs
genau an, und ebenso Unternehmen, die
auf anderen Ebenen unser Angebot ergänzen
könnten.
Im Handelsblatt haben Sie im September
2018 Folgendes gesagt: „Wir
rechnen damit, dass die Zinsen im
dritten oder vierten Quartal 2019
steigen werden.“ War das damals
Wunschdenken?
Nein, aber leider schlichtweg eine
falsche Annahme. Wir haben uns jedenfalls
unabhängig davon auf eine sehr lange
Phase mit sehr niedrigen Zinsen eingestellt.
Andreas Brandstetter ist seit
2011 Vorstandsvorsitzender der
Uniqa Insurance Group AG. Seit
2018 ist er zudem Präsident der
Interessenvertretung Insurance
Europe.
D A I L Y
UNIQA
FORBESDACH.COM
39
FORBES
DU NIMMST DEIN HERZ IN DIE HAND.
UND DEINE ZUKUNFT DAZU.
RUBRIK THEMA
FORBES NR. 8—19
40
SO SEHEN
SIEGER AUS!
Jetzt bewerben: pflege-helden.at
Schürz & Lavicka
Eine entgeltliche Einschaltung der NÖ Landeskliniken-Holding
FORBES
FRAU MACHT GELD
Helma Sick, die Grande Dame der Finanzberatung in Deutschland, ist seit 30 Jahren mit ihrem
Institut Frau & Geld aktiv. Sie ärgert sich über die Renaissance der Hausfrauenehe – und die Folgen
finanzieller Abhängigkeit.
Interview: Julia Herrnböck
Fotos: Thomas Dashuber
Das Statistische Bundesamt hat erhoben,
dass 2017 fast 50 Prozent der
Frauen in Deutschland nur Teilzeit
arbeiteten. 1991 war es noch ein Drittel.
In Österreich ist der Anstieg noch
größer. Wie sehen Sie diesen Trend?
Der Großteil dieser Frauen bleibt
auch in Teilzeit, wenn die Kinder schon
groß sind. Hinterher sind sie erstaunt,
weil sie so wenig Rente kriegen. Teilzeitarbeit
ist eben auch Teilzeitrente, das ist
ganz einfach, aber viele Frauen lesen die
oft keine Ahnung haben. Einige äußern
sogar die Idee, dass sie einfach einen reichen
Mann heiraten können, wenn es
mit dem Job nicht klappt. Ist das nicht
schrecklich? Das ist doch ein Rückfall in
die 1950er-Jahre!
Spielt da auch eine gewisse Bequemlichkeit
mit?
Wie soll sich die Arbeitswelt
ändern, wenn wir Frauen nicht mitmischen?
Es wird noch viel unbequemer,
D A I L Y
„Teilzeitarbeit ist eben auch
Teilzeitrente, das ist ganz einfach.
Aber viele Frauen lesen die
Renteninfo nicht.“
Renteninfo nicht. Gleichzeitig ist ihnen
bewusst, dass sie von der Teilzeitrente
nicht leben können. Sie wollen es aber
nicht so genau wissen, weil es sie deprimiert.
wenn das Lebensmodell Ehe scheitert
und sie jahrelang nicht gearbeitet hat,
die Kinder aus dem Haus sind und sie
keinen Unterhalt bekommt – von der
späteren Minirente ganz zu schweigen.
HELMA SICK
Warum bleiben oft sehr gut ausgebildete
Frauen jahrelang zu Hause?
Geringverdienerinnen haben die
Wahl nicht, sie müssen arbeiten. Erstaunlicherweise
gehen gerade Akademikerinnen
wieder vermehrt zurück
in die Nische der traditionellen Familie:
Papa geht arbeiten, Mama bleibt zu
Hause. Das wird nur in Deutschland und
Österreich so stark gelebt. Sobald das
erste Kind da ist, kommt häufig die große
Wende. Und dann kommt das zweite
Kind und aus den geplanten zwei bis drei
Jahren werden oft zehn und mehr.
Was braucht es, damit junge Frauen
heute ein stärkeres Bewusstsein
entwickeln, wie wichtig finanzielle
Eigenständigkeit ist?
Mehr Aufklärung. Ich werde häufig
von Universitäten und Hochschulen
zu Vorträgen eingeladen, weil die Professorinnen
merken, dass die Studentinnen
Gibt es das noch oft, dass Frauen
zehn Jahre zu Hause bleiben?
Oh ja. Ich verstehe auch nicht,
dass Arbeit nicht als das gesehen wird,
was es ist: ein Mittel, um eigenes Geld zu
verdienen, aber auch Teilhabe am sozialen
Leben, geistige Anregung. Ich finde,
dass es zur Würde eines Menschen gehört,
nicht abhängig zu sein vom Fortbestand
einer Lebensgemeinschaft.
Was entgegnen Sie Frauen, die sagen,
Kinderbetreuung sei mit Berufstätigkeit
nicht vereinbar?
In jedem Vortrag von mir sitzen
mindestens zwei Supermütter drin, die
mir sagen: „Die Mutter macht das einfach
am besten.“ Die Auswüchse sieht
man in diesen sogenannten Helikoptereltern,
die über allem schweben und die
Kinder zum Projekt erklären, weil ihr
eigenes Leben nicht unbedingt gelungen
ist. Das ist nicht kindgerecht. Private und
Helma Sick hält Vorträge, leitet Workshops und schreibt Bücher
dazu, wie Frauen besser mit ihrem Geld umgehen müssen.
Ihr bisher letztes Buch schrieb sie mit der ehemaligen Familienministerin
Renate Schmidt: „Ein Mann ist keine Alters vorsorge“,
erschienen 2015, wurde ein Bestseller.
öffentliche Erziehung sollten sich ergänzen,
und zwar möglichst früh.
Andererseits zerreißen sich Mütter,
die arbeiten gehen.
Ich plädiere daher für eine Familienarbeitszeit,
wo beide Elternteile
gleichermaßen ihre Wochenstunden
reduzieren können und in den ersten
Jahren einen Lohnausgleich vom Staat
bekommen.
Sie haben als junge Frau als Sekretärin
begonnen …
Ich wurde später Vorstandssekretärin,
dann wechselte ich ins Frauenhaus
als kaufmännische Leiterin. Vorher
habe ich wesentlich mehr verdient,
aber es war einfach eine Herzensangelegenheit.
Die Jahre im Frauenhaus waren
unglaublich eindrucksvoll. Dann haben
mein Mann und ich unseren Sohn adoptiert
und ich bin in Elternteilzeit gegangen.
Das war eine wichtige Zeit, aber es
gefiel mir nicht, dass ich finanziell abhängig
war.
Wie lange waren Sie zu Hause?
Vier Jahre. Ich habe in dieser Zeit
ein Abendstudium in Betriebswirtschaft
absolviert, um mich auf eine Selbstständigkeit
vorzubereiten. Mein Mann hat
mich dabei sehr unterstützt. Ich habe
mich weitergebildet, habe Seminare in
Frankfurt besucht und in Finanzbetrieben
hospitiert.
Ist Selbstständigkeit eine gute Alternative
für Frauen?
Unbedingt – wenn es die richtige
Geschäftsidee ist. Man darf sich allerdings
nicht mit dem 53. Nagelstudio an
der Ecke selbstständig machen.
Helma Sick gilt als Grande
Dame der Finanzberatung in
Deutschland. Seit 1986 leitet sie
das von ihr gegründete Institut
Frau & Geld.
FORBESDACH.COM
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10
FORBES
RUBRIK THEMA
FORBES NR. 8—19
42
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auch im Ruhestand ist Brabeck-Letmathe hochaktiv: Er investiert in Start-ups,
erforscht die Zukunft und will einer Uhrenmarke neues Leben einhauchen.
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FINANCIAL HERO
Keine Geldsorgen und Finanzkompetenz für alle: Goran Maric verfolgt ein großes Ziel. Mit seinem
Unternehmen Three Coins will er Wissen fördern und das Thema Financial Literacy neu besetzen.
Text: David Hanny
Foto: Peter Rigaud
D A I L Y
Wenn Goran Maric über
Geld spricht, geht
es ihm vor allem um
Chancengleichheit – zu
kompliziert sei die Finanzwelt.
„Was ist Finanzbildung eigentlich? Es
ist eine Lebenskompetenz“, sagt Maric, und
diese Lebens kompetenz möchte er gemeinsam
mit seinem Team vermitteln – in Österreich
und auf der ganzen Welt, ausgehend
von einem kleinen Büro in Wien. Die Kernleistung
von Three Coins sind einerseits
Workshops für Schüler und junge Menschen
und anderer seits Kundenprojekte mit Unternehmen
rund um „Financial Literacy“.
Das Beratungs- und Projektgeschäft
finanziert die Workshops,
wobei die Kundenprojekte von einem
E-Mail-Newsletter und Videoprojekt
zum Thema finanzielle Bildung für die
Direktbank ING bis hin zu einer App, die
ohne Zahlen auskommen soll, reichen.
Maric versucht, Finanzwissen so einfach
wie möglich darzulegen – auch ein siebenjähriges
Kind soll verstehen, worum
es geht. „Aus diesem Grund setzen wir
statt auf Zahlen sehr stark auf Wünsche,
Werte, Ängste und Vorstellungen vom
eigenen Leben“, erklärt er. „Beispielsweise
beginnen unsere Schulworkshops
mit Bewusstseinsfragen oder Spielen,
bei denen Kindern womöglich zum ersten
Mal klar wird, wofür man eigentlich
Geld ausgibt.“
Maric will Bewusstsein schaffen
und die Selbstreflexion fördern. Oft sei er
überrascht, wie wenig die Leute über die
knapp 13.000 Werbebotschaften nachdenken,
mit denen jeder Mitteleuropäer
täglich konfrontiert ist. „Unser Verhalten
hängt stark davon ab, wie wir diese Botschaften
aufnehmen, vor allem in einer
Zeit, in der Werbung immer stärker personalisiert
wird“, so Maric.
Schere zwischen analog und digital
Dabei beobachtet Maric, dass die
Schere zwischen der Realität und der
digitalen Welt weiter auseinandergeht:
„Weil immer mehr im digitalen Bereich
passiert, verlieren viele Leute das Bewusstsein
darüber, wo Geld eigentlich
herkommt und was man damit macht.“
Kinder wachsen nämlich zunehmend
mit digitalem Geld auf. „Dabei
haben unzählige Studien gezeigt, dass
Menschen bewusster mit Bargeld und
Münzen umgehen als mit einer Bankomatkarte“,
erklärt Maric. Der entscheidende
Effekt dabei nennt sich Verlustschmerz:
Wer sich an der Kasse von
seinen erarbeiteten Geldscheinen und
Münzen trennt, aktiviert gewisse Hirnströme,
die bei der Zahlung mit Karte
„Weil immer mehr in der digitalen
Welt passiert, verlieren viele
Menschen das Bewusstsein
darüber, wo Geld herkommt.“
„Wir werden bei allem, was wir tun, von externen Faktoren beeinflusst – und diese
müssen wir lernen, zu verstehen“, sagt Goran Maric, der als CEO von Three Coins Menschen
Finanzkompetenz beibringen will.
nicht angehen. „Man spürt, dass man
etwas verliert. Dieses Gefühl fehlt bei
digitalem Geld völlig“, sagt Maric.
Deshalb seien auch sogenannte
One-Click-Zahlungen im Internet eine
große Gefahr: Der Käufer habe dabei
kein Gefühl dafür, was er ausgibt. Besonders
stark von diesem Effekt be troffen
seien Onlinespiele, denn dabei dauere
die Begeisterung für Neues nur kurz an,
so Maric. Im Computerspiel Fortnite
etwa, das weltweit 250 Millionen registrierte
Nutzer zählt, gibt laut LendEdu,
einer Finanzplattform für Studenten,
jeder Spieler durchschnittlich 84 US-$
für digitale Waffen und Skins (Anzüge,
die das Aussehen eines Spielers verändern)
aus.
Entscheidungen wie diese möchte
Maric im Zuge der Three-Coins-
Workshops hinterfragen. „Wir werden
bei allem, was wir tun, von externen
Faktoren beeinflusst – und diese müssen
wir lernen, zu verstehen“, erklärt Maric.
Als Beispiel für einen äußeren Einfluss
nennt er Hunger: Eine hungrige Person
kauft im Supermarkt um 40 % mehr ein
als jemand, der keinen Hunger verspürt.
„Daher ist es immer sinnvoll, zu fragen,
ob man etwas kauft, weil man es braucht,
oder ob man es kauft, weil man es haben
will“, meint er. „So beginnt man zu verstehen,
wofür man sein Geld ausgibt, und
kann bewusste Entscheidungen treffen.“
In der Vergangenheit hatte Maric
selbst einige Schlüsselmomente, was
seinen Umgang mit Geld betrifft. Dazu
zählen die Reparaturkosten für eine
kaputte Gastherme, die er nicht sofort
bezahlen konnte, bis hin zu mehreren
To-go- Kaffees täglich, „die überhaupt
nicht notwendig waren“. Abgesehen davon
war Maric jedoch immer bewusst,
wie wichtig es ist, ausreichend Geld zu
haben – was nicht zuletzt an seiner Herkunft
liegt: Anfang der 90er-Jahre, Maric
war vier Jahre alt, wanderten seine
Eltern aus dem heutigen Bosnien nach
Österreich ein. „Beide waren Arbeiter,
dadurch hatten wir von vornherein nie
viel Geld“, erzählt Maric.
Während seiner Schulzeit merkte
er, dass Bildung Chancen kreiert, weshalb
er sich in der Schüler- und später
in der Hochschulpolitik engagierte. Im
Laufe seines Studiums an der Wirtschaftsuniversität
(WU) Wien gründete
Maric außerdem das Social Entrepreneurship
Forum (SEF), eine Informationsplattform
für Gründer, die mit ihrem
Unternehmen ein soziales Problem in
Angriff nehmen. „Ich habe nicht verstanden,
warum es an der WU 23.000 Studierende
gibt, von denen ein sehr großer
Teil ein profitorientiertes Unternehmen
gründen will, während es so viele Probleme
auf der Welt gibt“, erzählt Maric.
Goran Maric ist CEO von Three
Coins, einem Unternehmen, das
sich mit innovativen Ansätzen
und Zugängen rund um das Thema
Finanzbildung und -kompetenz
beschäftigt.
THREE COINS
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43
FORBES
DIE KLEINSTE BANK
DEUTSCHLANDS
Einen einzigen Mitarbeiter hat die wohl kleinste Bank Deutschlands, die Raiffeisenbank im badenwürttembergischen
Gammesfeld. Seit zehn Jahren leitet Peter Breiter das Institut – und ist dabei
Bankdirektor und Putzkraft in einem. Die Bank schreibt wegen ihrer loyalen Kunden Gewinne, steht
aber wegen Regulierung und Niedrigzinsen vor einer ungewissen Zukunft.
D A I L Y
Text: Klaus Fiala
Fotos: Thomas Berberich
KLEINSTE BANK 44
Groß gewachsen, im kurzärmeligen
Hemd und mit Sneakern
an den Füßen steht Peter
Breiter an seiner Theke. Hinter
ihm stapeln sich Ordner
und Akten, ausgedruckte Kontoauszüge; auf
dem Tisch liegt einsam ein Kündigungsschreiben
an eine Versicherung, das Breiter
von einem Kunden übernommen hat.
Breiter ist Bankdirektor. Wer bei dem Wort
aber an ein Eckbüro mit schöner Aussicht,
ein fettes Gehalt und einen Nadelstreifenanzug
denkt, irrt.
Einen einzigen Mitarbeiter – nämlich
Breiter selbst – stellt die Raiffeisenbank
Gammesfeld in Baden-Württemberg
an. Die 1890 gegründete Bank wirkt wie
eine Zeitmaschine. „Als innovativ würde
ich uns eigentlich nicht bezeichnen.
Letztendlich machen wir seit 100 Jahren
das Gleiche“, so Breiter. Das bedeutet in
diesem Kontext ein Geschäftsmodell, das
auf drei Produkten aufbaut: Girokonto,
Sparkonto, Darlehen. Alles andere – jeglichen
Schnickschnack, den das moderne
Finanzsystem sich über die Jahrzehnte
ausgedacht hat – lehnt man hier ab.
Der ausgebildete Bankkaufmann
Breiter übernahm die Bank am 1. Januar
2008, mitten in der Finanzkrise. Breiter
war einer von insgesamt sechs Bewerbern
für den Posten des Bankdirektors der wohl
kleinsten Bank Deutschlands. Sein Vorgänger
Fritz Vogt, der während des Interviews
zufällig vorbeischaut, übernimmt
trotz seiner 87 Jahre die Vertretung in der
Bank auch heute noch mit Vergnügen.
Vogt führte die Bank jahrelang und
brachte sie zu nationaler Bekanntheit.
Angesichts der (auch heute noch) intensiven
Bankenregulierung, die auch
Minibanken trifft, barg das gewisse Herausforderungen:
So wurde Vogt 1984
die Banklizenz entzogen, da er als Einzelperson
das für Banken vorgeschriebene
Vier-Augen-Prinzip verletzte. Vogt
führte die Bank jedoch weiter. Bis 1990
dauerte der Rechtsstreit, im Laufe dessen
sich Vogt seine Berechtigung erstritt.
„Der Fritz hat gemeint: ‚Die Kunden
brauchen die Bank!‘ Das muss man
sich mal überlegen: Welcher Bankmanager
riskiert seine Freiheit, weil er sich
Sorgen um seine Kunden macht?“, sagt
Breiter. Seither hat sich wenig verändert.
Erst seit 2009 hat die Bank einen
Computer, auf dem das Geschäft erledigt
wird. Dennoch schreibt Breiter jeden
Kontoauszug selbst, die Meldungen gehen
deshalb manchmal etwas verspätet
raus. „Die Kunden regen sich dann immer
furchtbar auf, aber irgendwie geht
es doch immer.“ Zwischen 800 und 1.000
Kunden hat Peter Breiter, die Anzahl
der Genossenschaftsmitglieder beläuft
sich auf etwa 330 Personen. Diese Philosophie
zu verlassen, um das Wachstum
voranzutreiben, ist für Breiter kein Thema:
„Wir bekommen Anrufe aus ganz
Deutschland von Leuten, die hier Geld
anlegen wollen. Sechs- oder gar siebenstellige
Summen sind das. Doch wir wollen
die Leute persönlich kennen.“ Ganz
entziehen kann sich aber auch Breiter
der großen Welt nicht. Denn die Zinspolitik
der Europäischen Zentralbank beeinflusst
auch das Geschäft der Gammesfelder
Bank, die ihre Gewinne mit Zinsen
erzielt. Alle anderen Dienstleistungen,
auf die im Bankenwesen normalerweise
Gebühren und Provisionen anfallen,
sind gratis – und kosten das Institut Geld.
Dennoch hält man auch hier eisern an
der Philosophie fest.
„Wir behandeln alle gleich. Es
ist egal, ob jemand einen Euro oder eine
Million auf dem Sparbuch hat. So kann
keiner draufkommen, dass jemand einen
höheren Zinssatz hat. Das Gleiche machen
wir bei Krediten, egal ob jemand
ein Auto kauft oder ein Haus baut.“ Die
Zinsen belaufen sich auf 0,2 Prozent für
Sparer, die Kreditzinsen betragen 1,7 Prozent.
Bei Überziehung des Girokontos
werden fünf Prozent fällig. Breiter: „Bis
2021 bleibt uns – laut Hochrechnungen –
noch etwas übrig. Bis dahin machen wir
noch Gewinn, dann wird es eng.“
Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken,
wäre Wachstum. Doch neben
dem schon erwähnten Verlust der Kundennähe
ist Breiter so ein Schritt auch
aus einem anderen Grund suspekt: „Alle
Probleme – Korruption, Misswirtschaft
et cetera – entstehen aus der Größe der
Banken. So große Banken, wie wir sie
heute weltweit haben, kann man nicht
mehr effizient verwalten.“
Weil eine Umstellung auf das
gängige System für EC-Karten zu teuer
gewesen wäre, musste das Plastikgeld
in Gammesfeld wieder abgeschafft
werden. Das kostet junge Kunden, denn
die wollen nun mal eine Karte, um ihre
Zahlungen zu tätigen. „Das ist schon
ein Problem. Wirklich verlassen hat uns
jetzt niemand, aber die Daueraufträge
auf andere Konten haben deutlich zugenommen.
Von dort aus zahlen unsere Kunden
dann mit ihrer Karte.“ Eine Fusion
kommt – wenig überraschend – aber
ebenfalls nicht infrage: „Lieber sterbe
ich einen langsamen Tod (wegen einer
wegbrechenden Kundenbasis, Anm.),
als zu fusionieren.“ Als die Tür aufgeht
und der erste Kunde des Tages bei der
Tür hereinkommt, ist es 12.45 Uhr. Die
Bank hat erst vor 15 Minuten aufgesperrt,
denn die Öffnungszeiten sollen
kundenfreundlich sein. Bankgeschäfte in
Gammesfeld lassen sich zwischen 12.30
und 14 Uhr sowie 19 und 21 Uhr durchführen.
„Hast du heute frei?“, fragt Breiter
den ersten Kunden des Tages gleich
nach dessen Ankunft. „Normalerweise
kommst du ja immer erst abends.“
Einen Schritt in Richtung Wachstum
denkt Breiter aber dennoch an:
„Sollte der Fritz nicht mehr aushelfen
können, werde ich eine Teilzeitkraft einstellen.
Kontoauszüge schreiben kann
jeder und ich könnte mich dann auf die
wichtigeren Sachen konzentrieren, etwa
Kreditvergaben. Das wird kommen, denke
ich.“
Das Interieur stammt aus den 70er- und 80er-Jahren – und die wohl kleinste Bank
Deutschlands ist bis heute an kein elektronisches Rechenzentrum angeschlossen. Es wäre zu
teuer, meint Peter Breiter.
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