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Kaiserlich_erleben_04_2019_komplett_2019-11-19

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28 KULTUR

KULTUR 29

Cartoonist Peter Gaymann

„Ich bin hier

verwurzelt“

Seine Hühner machten ihn berühmt: Peter

Gaymann gehört wohl zu den bekanntesten

Cartoonisten Deutschlands. Der gebürtige

Freiburger, der 2020 seinen 70. Geburtstag

feiert, wohnt jetzt in Bayern. Warum er immer

wieder gerne in seine Heimat zurückkehrt,

welche badische Eigenheit er sich über die Jahre

erhalten hat und was ihn mit dem Kaiserstuhl

verbindet – im Interview erzählt er es.

Herr Gaymann, Sie sind in

Freiburg geboren und aufgewachsen,

haben hier studiert.

Dann hat es Sie in die Ferne

gezogen – erst nach Rom, im

Anschluss haben Sie viele

Jahre in Köln gelebt. Jetzt

wohnen Sie in der Nähe von

München. Dennoch sind Sie

immer wieder hier in Baden

zu Besuch, gestalten Ausstellungen,

geben Signierstunden

oder stellen Ihre Kalender

oder Bücher vor. Was

verbindet Sie mit Ihrer alten

Heimat?

Ich bin natürlich mit der Gegend

verwurzelt und wenn ich zu Besuch

bin, kommt immer auch ein

Heimatgefühl auf. Das ist sehr

angenehm. Man kommt von hier,

man kennt sich aus. Manchmal

verfalle ich dann auch wieder in

Dialekt. Es gibt Leute, die sagen

über mich: „Der ist einer von

uns.“ Dem kann ich durchaus

zustimmen.

mor von den Badenern hat etwas

Verschmitztes, Vergnügliches.

Den hatte mein Vater schon und

auch mit vielen meiner badischen

Bekannten und Verwandten teile

ich ihn. Nicht umsonst kennen

sehr viele Menschen aus der Region

meine Cartoons – egal, ob

jung oder alt, reich oder arm. Das

liegt sicher auch an dem Humor,

der uns verbindet. Vielleicht gibt

es ja eine Art „Mutterhumor“ – so

wie man auch eine Muttersprache

hat!?

Waren Sie als Kind oder

Jugendlicher häufiger am

Kaiserstuhl?

Als Schüler oder Studenten haben

wir bei schönem Wetter oft

Bildnachweis: Peter Gaymann (Fotos und Cartoons)

Einer Ihrer Cartoonbände

heißt „Typisch badisch“. Gibt

es eine badische Eigenheit,

die Sie sich über die Jahre

hinweg bewahrt haben?

Sicherlich den Humor. Über die

Rheinländer – ich habe viele Jahre

in Köln gelebt – sagt man ja

auch, sie hätten Humor, aber das

ist ein lauterer Humor. Der Huvon

Freiburg aus eine Fahrradtour

dorthin gemacht. Auch als

Kind bin ich mit dem Großvater

oder den Eltern immer wieder am

Kaiserstuhl gewesen. Er lag ja vor

der Haustür, war eine Selbstverständlichkeit.

Vielleicht hat er

deshalb für mich auch damals

nicht so die Bedeutung gehabt.

Und später?

Ende der 1980-er, Anfang der

90-er Jahre, als ich mit Franz

Keller das Kochbuch „Huhn à

la cartoon“ kreiert habe, ist eine

engere Verbindung zu Region

entstanden. Wir haben mit dem

Buch ziemlich Furore gemacht,

sind herumgereist und haben es

vorgestellt. Für Weingüter wie das

von Gregor und Thomas Schätzle

in Schelingen habe ich die ersten

Weinetiketten gestaltet. Es haben

sich Freundschaften entwickelt.

Obwohl ich damals schon länger

nicht mehr in der Gegend wohnte,

bin ich häufig an den Kaiserstuhl

gekommen. Manchmal habe ich

das Gefühl, ich habe mehr Verbindungen

zur Region als meine

Geschwister, die in Freiburg wohnen.

(lacht) Für mich ist es etwas

Besonderes, hierher zu fahren – so

wie wenn andere in die Toskana

reisen. Beim Ankommen denke

ich jedes Mal: Das ist superschön

hier. Tolle Landschaft, nette Leute

und der Rhein, Straßburg und

Basel in der Nähe. Wirklich eine

tolle Gegend.

Haben Sie einen Lieblingsort

am Kaiserstuhl?

Ich bin immer wieder gerne in

Burkheim. Dort befindet sich

auch der Kaiserstuhlshop, in

dem man Produkte von mir kaufen

kann. Er gehört einem Geschäftspartner

und Freund. Die

Lage am Rand vom Kaiserstuhl

mit Blick auf Frankreich finde

ich toll. Und das Stadttor. Ich

habe schon früh, in den achtziger

Jahren, immer mal wieder Ausstellungen

in Burkheim gemacht.

Für den Sasbacher Winzerkeller

haben Sie dieses Jahr

Weinetiketten gestaltet (siehe

Cartoon S. 28). Wie kam es zu

der Zusammenarbeit?

Sie haben sich telefonisch bei

mir gemeldet. Geschäftsführer

Thomas Langenbacher wollte

einmal etwas Neues ausprobieren.

Ich habe in der Zwischenzeit

drei Etiketten für den Sasbacher

Winzerkeller entworfen, ein viertes

kommt noch dazu, weil es in

dieser Serie Frühlings-, Sommer-,

Herbst- und Winter-Weine gibt.

Immer mit Leo, einem Löwen,

dem Wappentier des Winzerkellers,

und auch ein Hühnchen ist

dabei. Das ist eine schöne Serie

und es war eine sehr nette und

gute Zusammenarbeit.

Sie sind für Ihre Hühnerund

Schweine-Cartoons

bekannt. War die Gestaltung

eines Gaymann-typischen

Löwen eine Herausforderung

für Sie?

Einen kurzen Moment habe ich

gezögert, aber nur, weil mir die

Verbindung zwischen Löwe und

Kaiserstuhl nicht ganz klar war.

Auf jedem Etikett habe ich jetzt

auch ein Gaymann-Hühnchen

als Wiedererkennungseffekt gezeichnet.

Andererseits erkennt

man meine Handschrift ja auch

ohne Huhn – durch den Humor,

den Strich und die Farbgebung.

Ihr erfolgreichstes Buch ist

„Die Weinlese“. Ein Thema,

das durchaus zum Kaiserstuhl

passt …

Ja, in dem Buch habe ich mich

auch oft an die Region angelehnt.

Ich habe für die Cartoons

keine Tiere, sondern Menschen

gezeichnet, weil ich die dahinterstehenden

Typen herausstellen

wollte – wie sie sich im Weinberg

oder im Keller verhalten. Als es

dann ans Texten ging, habe

ich automatisch aufs Badische

zurückgegriffen. In ein paar

Cartoons habe ich diesen Dialekt

auch beibehalten. Es ist, als

könnten gewisse Inhalte nur auf

diese Art und Weise ausgesprochen

werden. Beim Zeichnen

der Landschaft hatte ich auch

das Gefühl, das sind „meine“

badischen Weinberge und nicht

irgendwelche in der Toskana.

Viele Ihrer Cartoons drehen

sich um das Thema Genuss.

Sind Sie ein Genussmensch?

Auf jeden Fall. Ich trinke zwar

nicht ausschließlich, aber schon

sehr gerne Wein. Ich habe auch

immer badische und italienische

Weine im Keller. Ich genieße

gerne, esse und trinke gerne

und habe das Glück, das auch

immer wieder mit meiner Arbeit

verbinden zu können. Menschen,

die genießen, haben oft auch ein

gutes Verständnis von Kunst und

umgekehrt.

Sie leben seit einigen Jahren

in der Nähe vom Starnberger

See. Sicherlich wird es jetzt

auch bald einige Bayern-Cartoons

von Ihnen geben?

Sie werden lachen: Ich arbeite

gerade an einem Band „Typisch

Bayern“. Wir haben hier ein uraltes

Wirtshaus gekauft und renoviert,

wo wir leben und arbeiten

und die Kinder zu Besuch kommen

können. Wir fühlen uns in

Bayern sehr wohl. Ich habe mich

immer schon gut an meine Umgebung

angepasst. Auch damals

in Italien. Wenn man sich integriert,

verliert man das eigene und

die alten Freunde ja nicht. Dafür

bekommt man neue Impulse,

frische Ideen, schließt Bekanntschaften.

Das bereichert. In München

entsteht gerade ein großes

Museum des Humors. Auch da

bin ich mittendrin dabei. Ich

glaube, das ist überhaupt das

Wichtigste, was man tun kann:

da, wo man ist, mittendrin dabei

zu sein.

• Interview: Freya Pietsch

MEHR INFOS

www.peter-gaymann.de

Im Kaiserstuhlshop in

Vogtsburg-Burkheim (Mittelstadt

18) kann man viele

Gaymann-Produkte kaufen.

Neben Poster, Bücher und

Tassen gibt es auch Ausgefalleneres

wie Wetterfahnen

und Weinuntersetzer.

Wer online bestellen möchte:

www.kaiserstuhlshop.de

Kaiserlich erleben · 04/2019

04/2019 · Kaiserlich erleben

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