SIMACEK Magazin CHECK
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# the art of services
CHECK
BUSINESS MAGAZINE BY SIMACEK
Cover -Story
GLAS-JUWELEN
Die große Faszination der gigantischen
schimmernden Türme rund um die Welt
SEITE 10
CHECK Winter 2019/Frühjahr 2020
MIT IMMOBILIEN
DIE WELT RETTEN
Wie der Bausektor die aktuelle
Klimaschutzbewegung unterstützt
SEITE 24
SELBSTSTÄNDIG
Eine neue Studie zeigt, was
Unternehmerinnen in ganz
Österreich tagtäglich leisten
SEITE 60
GRÜNER FLUGHAFEN
EXKLUSIV-INTERVIEW MIT
DR. GÜNTHER OFNER
SEITE 6 6
Facility Services im Überblick
Facility services overview
Integriertes
Facility Management
and Services
24/7/365
Fassadenreinigung
Facade cleaning
Betriebsverpflegung
Care catering
Innenhof-Übernetzung, Dachrinnenreinigung,
Holz- & Bautenschutz
Patio protection, roof gutter cleaning,
wood & building protection
Verkehrsmittelreinigung
Public transport cleaning
Büroreinigung
Maintenance cleaning
Waschraumhygiene
Toilet facility services
Taubenabwehr
Pigeon defence
Hauswartservice &
Winterdienst
Caretaker service &
winter maintenance
Facility Management
Facility management
Rattenbekämpfung
Rat infestation
Abfallentsorgung
Waste management
Portier, Empfang
Concierge & reception service
Security Guard, Werkschutz
Plant protection
SIMACEK Facility Management Group
Ignaz-Köck-Straße 8, 1210 Wien
T. +43 1 211 66-0 • simacek@simacek.at • www.simacek.com
Industriekletterer
Industrial climber
Dachbegrünung
Roof landscaping
Sonderreinigung
Specialist cleaning
Höhenarbeit
Working at heights
Interner Transport & Logistik
Industrial transport & logistics
Lagerbewirtschaftung
Depot management
Industriereinigung
Industrial cleaning
Klinik- & Reinraumhygiene
Hospital hygiene & cleanroom services
Technische Services
Technical services
Sicherheitskonzepte
Security concepts
Sicherheit, Bewachung & Prävention
Security, site monitoring & prevention
Grünraumservice
Tending & maintaining
green spaces
Schädlingsbekämpfung
Pest control
IMMO GOES DIGITAL –
SMARTE LÖSUNGEN SPAREN
ZEIT UND RESSOURCEN
Die Digitalisierung macht auch vor
der Immobilienbranche nicht Halt
und gerade PropTech
und Building Information
Modeling (BIM)
sind derzeit in aller Munde.
Doch sind sie auch schon auf
dem Markt angekommen?
„Trotz aller Aufmerksamkeit, die diese neuen
Technologien und Möglichkeiten für die
Immobilienbranche gerade erfahren, werden
sie noch lange nicht flächendeckend eingesetzt,“
betont Bernd Winter, Leiter des
Branchencenters Immobilienunternehmen bei
BDO. „Viele Unternehmen haben die Digitalisierung
zwar bereits in ihrer Strategie verankert,
die Umsetzung erfolgt meiner Erfahrung
nach momentan aber vor allem in einzelnen
Projekten. Neben der Schulung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in den neuen Anwendungsmöglichkeiten
ist vor allem die noch
nicht vorhandene Standardisierung von Prozessen
und Daten ein Hindernis,“ ergänzt Christoph
Pramböck, Leiter des Competence Center
Immobilienbewertung bei BDO.
Es gibt bereits die Möglichkeit, das Belegwesen
durch die Digitalisierung und seine
elektronische Weiterverarbeitung zu optimieren.
Außerdem kann nicht nur die Buchhaltung zu
großen Teilen automatisiert werden. Die standardisierte
und optimierte Verarbeitung dieser
Daten ermöglicht in weiterer Folge eine
zeiteffizientere Immobilienanalyse. Das Real-
Time-Reporting gibt jederzeit einen realen Blick
auf die Auslastungsdaten eines Objekts und
fließen in ein innovatives Managementsystem
der Mieter- und Lieferantenstammdaten
inklusive Zahlungsmodalitäten ein. Dieses erleichtert
nicht nur aufgrund der gemeinsamen
Datenbasis die interne Abstimmung, sondern
vereinfacht auch die Liquiditätsplanung.
CHRISTOPH PRAMBÖCK
Partner
+43 1 537 37 328
christoph.pramboeck@bdo.at
BERND WINTER
Partner
+43 1 537 37 406
bernd.winter@bdo.at
Darüber hinaus unterstützt BDO im Bereich
des Immobiliencontrollings und der -kostenrechnung,
indem eine dynamische Lebenszyklusbetrachtung
des Objekts erstellt wird, die
einerseits generell bessere Planung, andererseits
frühzeitige Strategieanpassung bei zu erwartenden
Problemstellungen ermöglicht. Das
von den BDO Immobilienexperten durchgeführte
Bechmarking gibt Kundinnen und Kunden
genügend Zeit, auf neue Trends am Markt zu
reagieren und die Kennzahlenimplementierung
mit inkludierten Abweichungsanalysen bringt
eine vereinfachte und rasche Erkennung von
Schwachstellen mit sich. „Wir bei BDO verfolgen
einen ganzheitlichen Ansatz: Von der
steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung bei
Immobilientransaktionen über die Entwicklung
von Finanzierungsmodellen bis hin zu einer Palette
von Services, die das Day-to-Day Business
in der Immobilienberatung optimieren und erleichtern
– bei uns erhalten unsere Kundinnen
und Kunden alles aus einer Hand“, betont Bernd
Winter.
IHRE CHANCEN MIT
DER DIGITALISIERUNG
► Mindestens doppelt so schnelle
Abarbeitung der laufenden Belegverarbeitung
► Fast-Close-Reports
(bereits am 5. des Folgemonats)
► Individuelle Dashboards mit finanzwirtschaftlichen
Kennzahlen pro
TOP/Objekt/Gesellschaft
► Liquiditätsplanerstellung innerhalb
weniger Minuten
Photo by BDO/Vanessa Hartmann-Gnong
# inhalt
INHALT
C H E C K 2 / 2 0 1 9
10
# coverstory
JUWELEN AUS GLAS
Da stehen sie, die gigantischen
40
# digitalisierung
EINE SCHÖNE NEUE WELT
Zur Digitalisierung der FM-Branche gibt es
Wolkenkratzer – und sehen so aus, als
keine Alternative mehr.
wären sie gerade frisch poliert worden.
18
# fassadenbegrünung
MEHR GRÜN STATT GRAU
Mit begrünten Fassaden und Dächern sind
44
# intelligente gebäude
ELEKTRONISCHER BODYGUARD
Online-Attacken als Herausforderung
für Sicherheitsprofis.
die Städte weniger heiß, grau und staubig.
24
# klima
MIT IMMOBILIEN DIE WELT RETTEN
Die Immobilienbranche kann einen Beitrag
50
# porträt + interview
BARM-HERZIG
Modernste Medizin und Menschlichkeit im
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.
in der Klimaschutzbewegung leisten.
30
# cäsar immoaward
DIE BESTEN DER BRANCHE
Ursula Simacek als Immobiliendienst-
56
# berufswelt
ARBEITEN FÜR ALLE GENERATIONEN
Alternsgerechtes Arbeiten ist mehr denn je
gefragt.
leisterin des Jahres ausgezeichnet.
34
# innovationen
DIE CMS IM ZEICHEN DER UMWELT
Die Trends der CMS Berlin 2019.
60
# studie
UNTERNEHMERIN IN ÖSTERREICH
Die spannenden Ergebnisse der Unter-
nehmerInnen-Studie der Volksbank.
Impressum: Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: SIMACEK Facility Management Group GmbH, 1210 Wien, Ignaz-Köck-Straße 8, Redaktion
und Anzeigenverwaltung (01) 211 66 14105, Konzept und Beratung: Christian W. Mucha, Gestaltung und Produktion: Mucha Verlag GmbH, 1072 Wien,
Zieglergasse 1, Coverfoto: Shutterstock/dade72, Chefredaktion: Ina Pfneizl, Redaktion: Beate Binder, Ute Fuith, Matthias Häusler, Martin Krake, Thomas Langer,
Karin Martin, Clemens Nechansky, Christian Prenger, Christian Sec, Walter Senk, Grafik: Gabriel Pall, Anzeigendisposition: Ina Pfneiszl (Ltg.), Druck: Ferdinand
Berger Söhne GesmbH, 3580 Horn, Wiener Straße 80, Bankverbindung: Raiffeisenbank NÖ-Wien IBAN: AT953200000000181800 BIC: RLNWATWW,
Blattlinie: Redaktionelles Firmenmagazin der SIMACEK Gruppe, Topinformationen rund um das Gebäudemanagement für KundInnen, MitarbeiterInnen, PartnerInnen,
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Geschäftsführung: KR Mag. Ursula Simacek, Mag. Rudolf Payer, Gesellschafter: 0,0095 % KR Mag. Ursula Simacek, 0,0095 %, Petra Simacek, 99,981% Simacek
Holding GmbH, die sich zu 100% im Besitz der Simacek Privatstiftung befindet. Geschäftsführung: KR Mag. Ursula Simacek, Mag. Rudolf Payer, Unternehmensgegenstand:
Integriertes Facility Management und gebäudebezogene Dienstleistungen, Erstauflage: 15.000, Änderungen, Druck- oder Satzfehler vorbehalten.
6 CHECK 2/2019
66
72
# nachhaltigkeit
DER GRÜNE AIRPORT
Der Flughafen Wien nimmt beim Thema
Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle ein und
hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt.
# katakomben
GEBAUT IN DIE TIEFE
Ob wegen Platznot oder ökologischen
Problemen: Die Zukunft der Städte
liegt unter der Erde.
Seite 10
78
# ÖGNI
ÖKOLOGISCH ZERTIFIZIERT
Ein Beitrag zur Etablierung
einer nachhaltigen Bau- und
Immobilienwirtschaft.
84
# gewerbeimmobilien
(VER)MIETER IM RECHT
Welche notwendigen Reparaturen
muss der Vermieter und welche
der Mieter bezahlen?
88
# wohlbefinden
REINIGUNGS-RITUALE
Bräuche, um die Seele, den Körper oder
die eigenen vier Wände zu „reinigen“.
Seite 72
Alexander Tuma, shutterstock/Trabantos, shutterstock/dade72
93
98
06
09
# ästhetik
ALLES FASSADE
Die „Haut“ von Gebäuden sollte regelmäßig
professionell gepflegt werden.
# austrian art award
KUNSTVOLLE INSZENIERUNG
Die Preisverleihung im Odeon Theater in
Wien war ein voller Erfolg.
# standards
INHALT & IMPRESSUM
EDITORIAL
Seite 98
CHECK 2/2019
7
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und schaffen damit die perfekte Basis für vertriebs- und verkaufsfördernde Marketingaktivitäten.
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# editorial
LIEBE LESERINNEN,
LIEBE LESER!
Sie halten die aktuelle Ausgabe in Händen – unser Redaktionsteam hat wieder alles
gegeben, um für Sie die lesenswerten Themen ansprechend zu gestalten. Wir danken
allen für ihre Leidenschaft und Begeisterung für unser CHECK. Die Digitalisierungsentwicklung
ist nicht aufzuhalten. Warum auch? Bringt diese doch für unsere KundInnen eine
Vielzahl von Vorteilen wie Transparenz, Effizienz und Komfort. Unser Artikel zum Thema
„Facility Management und Digitalisierung“ (Seite 40) zeigt, dass IoT-Services gerade in der
Gebäudebewirtschaftung Sinn machen. In der immer stärker technologisierten Arbeits- und
Lebenswelt ist es wichtig, Hackern und Datendieben schon vor dem Delikt das Handwerk zu
legen. Lesen Sie dazu ab Seite 44, welche Herausforderungen es zu den Online-Attacken gibt
und wie diese zu bewältigen sind. Dass auch die Immobilien-Branche ihren Anteil an einer
positiven Entwicklung des Klimas hat, unterstreichen die praktischen Beispiele zu CO 2
-Emmisions-senkenden
Maßnahmen (Seite 18). Welchen Beitrag wir alle zur Klimaschutzbewegung
leisten können, schildert der Artikel „Mit Immobilien die Welt retten“ (Seite 24) sehr
eindrucksvoll. Unsere aktuelle Coverstory (Seite 10) lässt die größten Gebäude-Glasjuwelen
strahlen. Die riesigen Kolosse sehen so aus, als würden sie tagtäglich aufpoliert werden.
Ein nachhaltiges österreichisches Beispiel: Der Science Tower in Graz ist auf einer Fläche von
1000 m 2 mit Energieglas ausgestattet. Aus Platznöten oder ökologischen Problemen – die Zukunft
der Städte liegt unter der Erde. Wie aus Katakomben wunderschöne Einkaufsstraßen
und Nutzflächen werden, zeigt der Artikel „Gebaut in die Tiefe“ (Seite 72). Dass sogar ein
Flughafen auf Ökologie baut und CO 2
reduziert, berichten wir anhand des Wiener Flughafens
ab Seite 66. Für das ökologisch zertifizierte Konzept zum Errichten oder Nachrüsten von
Gebäuden gibt es interessante Richtlinien. Weniger bekannt ist, welche Gebäude es in diese
Rankings schaffen und warum – den Beitrag zur Etablierung einer nachhaltigen Bau- und Immobilienwirtschaft
lesen Sie ab Seite 78. Sie sehen schon, unsere Autoren sind von der Klimabewegung
beseelt und zeigen (nicht nur) in dieser Ausgabe ihre grünen Daumen. ;-)
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit für sinnstiftende Momente und viel Spaß beim Lesen!
Ursula Simacek, CEO
Herzlichst,
Simacek
Ursula Simacek
CHECK 2/2019
9
# coverstory
Gigantische Glaskolosse
London schmückt wie viele Weltmetropolen sein
Portfolio mit mächtigen Türmen aus Glas wie
„The Shard“ (rechts) und „The Gherkin“ (links).
10 CHECK 2/2019
# coverstory
JUWELEN
AUS GLAS
Da stehen sie also, die riesigen Kolosse – und sehen so aus,
als wären sie gerade frisch poliert worden. Für’s Prestige
sind sie auch noch gut. Die Wolkenkratzer mit ihren riesigen
Fassaden aus Glas.
Von WALTER SENK
shutterstock/dade72
CHECK 2/2019
11
# coverstory
Sie sind es, die den Metropolen dieser Welt ihre unvergleichliche
Skyline geben. Sie lassen viel natürliches
Licht ins Innere und bieten eine großartige
Aussicht. Außen und Innen verschmelzen dank dieser
Glaskonstruktionen förmlich. Dadurch sind sie für den
Betrachter ebenso faszinierend wie für diejenigen, die darin
arbeiten oder wohnen.
Glashäuser schmücken die Stadt
Nicht nur diese erliegen der Faszination eines schimmernden
Turms. Auch bei den Investoren sind sie besonders
beliebt. Wer schmückt sein Portfolio nicht gerne mit einem
„Turm aus Glas“? Sei es der Burj Khalifa, The Shard
in London, der Shanghai Tower in China, das One World
Trade Center in New York oder das Lakhta Center in St.
Petersburg.
Vom Grossen und vom Kleinen
Glasbau ist mittlerweile zum Mainstream bei den Zweckbauten
geworden. Auch im Hausbau ist er bereits angekommen.
Vergleicht man Siedlungen von vor 20 Jahren
mit Neubaugebieten von heute, fällt neben der moderneren
Architektur der Häuser vor allem eines auf: der hohe
Glasanteil in den Fassaden. Früher war das Haus in erster
Linie ein Rückzugsort, um vor Wind und Wetter zu schützen.
Heute ist das eigene Heim zur privaten Wellness-
Zone gereift, in der man die Seele baumeln lassen kann.
Man genießt einen schönen Ausblick, und dank der
Transparenz wirkt auch der Wohnraum gleich größer.
Hoch, höher, am höchsten
Der Burj Khalifa in Dubai gilt als
höchstes (Glas-) Gebäude der Welt.
Aussen wird zu Innen
Nichts ist offensichtlich so faszinierend, wie in einem Aquarium
zu sitzen, aus dem man hinausschauen kann. Leider
wird oft vergessen, dass man da auch hineinschauen kann –
aber was lässt man sich nicht alles gefallen für das Prestige?
Selbst dass einem die Leute beim Essen in den Teller schauen.
Das ist bei den Glasmonstern natürlich etwas anders.
Da sind die Restaurants so weit oben angesiedelt, dass man
nur mehr dem Tischnachbarn auf den Teller blicken kann.
Wobei: Man sollte schwindelfrei sein, wenn man in dieser
Höhe seine Mahlzeiten einnimmt. Denn Glasfassaden verleiten
ja dazu, nach außen zu schauen – oder eben nach unten.
Das ist dann manchmal für das menschliche Auge und
Shutterstock
12 CHECK 2/2019
# coverstory
das menschliche Hirn schon einmal schwer zu verdauen.
Noch dazu, wenn man gerade beim Essen sitzt.
Ein Essen im Glaspalast
Aber was tut man nicht alles für das Prestige, einmal im
höchsten Restaurant der Welt zu speisen? Das ist übrigens
das At.Mosphere im Burj Khalifa, dem höchsten Gebäude
der Welt. Das Restaurant befindet sich 122. Stock in einer
Höhe von 442 Metern. Es verfügt über einen verglasten
Raum, der einen Panoramablick auf die Palmeninseln, die
Nachbarstadt und das Meer erlaubt.
Die grosse Herausforderung
Verglast ist aber nicht nur das Lokal, sondern der gesamte
828 Meter hohe Turm. Glasfassaden an Wolkenkratzern
mit einer Höhe von mehr als 600 Metern gelten für den
Laien als vergleichsweise unkomplizierte Selbstverständlichkeit.
Aber diese Verglasungen sind Hightech. Der Höhenunterschied
zwischen Erdgeschoss sowie Gebäudespitze
und die damit einhergehenden Temperaturunterschiede
können aufgrund der Druckdifferenz zu unterschiedlicher
Durchbiegung der Isoliergläser führen. Beim Bau des Burj
Khalifa kam sogar noch die Temperaturdifferenz zwischen
Herstellung und Einbau der Isoliergläser hinzu. Sie
wurden im Jänner bei 26°C produziert und dann im August
in Dubai eingebaut. Bei einer Temperatur von 48°C.
Shutterstock
250 Kilometer pro Stunde
Aufgrund der Höhe von Megawolkenkratzern können
sich auch enorme Windkräfte entwickeln. In der Nähe
des Erdbodens wird der Wind in der Regel von Bäumen
und anderen Gebäuden gebremst. Ab einer bestimmten
Höhe verschwinden diese Hindernisse. Das Hochhaus
muss dann der vollen, ungebremsten Energie des Windes
standhalten. Beim Burj Khalifa wurde daher die Fassade
so konstruiert, dass sie Windlasten mit Geschwindigkeiten
bis zu 250 Stundenkilometer aushält.
Nebenan, also in Saudi-Arabien, wird gerade der über einen
Kilometer hohe Jeddah-Tower gebaut. Dessen Glaskonstruktion
ist sogar dafür ausgerichtet, Schwankungen
von bis zu 2,5 Metern standzuhalten, ohne dass es
zu Glasbruch kommt. Eine technische Meisterleistung bei
rund 400.000 Quadratmetern Fassadengläser.
Markante Form in London
The Gherkin – die Essiggurke – gilt als architektonisches
Highlight der englischen Hauptstadt.
CHECK 2/2019
13
# coverstory
Glanz für ein ganzes Jahr
„The Shard“ steht mitten in London, und der Name ist
typisch britisch untertrieben. Für „die Scherbe“ war nämlich
mehr als eine Glasscherbe notwendig. Das 310 Meter
hohe, pyramidenförmig aufgebaute Bürohaus ist mit
11.000 Scheiben komplett verglast. 56.000 Quadratmeter
Glasfläche müssen lediglich gereinigt, aber nicht regelmäßig
gestrichen oder neu verputzt werden. Dazu ein kleines
Rechenbeispiel: Würde man rund 30 Scheiben pro Tag putzen,
so bräuchte eine einzelne Person ein ganzes Jahr, um
den Turm zu säubern. Wobei es natürlich in den unteren
Stockwerken weitaus einfacher ist als in schwindelerregender
Höhe. Die Reinigungskraft eben mal rausschicken zum
Drüberwischen, damit ist es nicht getan. Mit herkömmlichem
Fensterputzen hat die Reinigung nicht mehr viel zu
tun. Die Glasfassaden der gigantischen Türme werden von
speziell zur Höhenarbeit ausgebildeten Kletterern gereinigt.
Eine Essiggurke aus Glas
Um einiges kleiner, aber dafür von seiner Form origineller
ist das Büro- und Wohnhaus in Londons „30 St.
Mary Ave.“ Aufgrund seiner Form wird es als „The
Gherkin“ bezeichnet. Mit dem Ausdruck „Essiggurke“
ist der Glasturm ohnehin gut weggekommen. Zu Beginn
der Bauarbeiten gab es noch ganz andere Ausdrücke.
Bereits seit 2004 ziert das 180 Meter hohe Bürohaus
die Londoner Skyline mit seiner markanten Form.
Vor fünfzehn Jahren noch angefeindet, gehört die Glasgurke
mittlerweile zu den architektonischen Highlights
der englischen Hauptstadt.
Das Lakhta Center
Mit 462 Metern Höhe sticht das Lakhta Center in St. Petersburg
heraus wie aus einem Nadelkissen. Auffällig ist
auch seine Form: Der Wolkenkratzer dreht sich von ganz
unten bis zur Spitze um 90 Grad um die eigene Achse.
Das ambitionierte Hochhaus ist weit über die Grenzen
der Stadt zu sehen und für einen Rekord gut: Der Glasturm
in der nördlichsten Millionenstadt der Welt ist
das höchste Gebäude Europas. Seit wenigen Monaten
dient es dem russischen Energiekonzern Gazprom als
neues Hauptquartier.
Shutterstock
14 CHECK 2/2019
# coverstory
Stil-Mix
Moderne Glasgebäude reihen sich entlang
der Themse an historische Schätze.
Nicht nur die Höhe zählt
Gigantische Häuser aus Glas müssen aber nicht unbedingt
hoch sein. Die Apple-Zentrale im kalifornischen
Cupertino ist faktisch ein Glashaus. Sie wurde mit den –
bis dato – größten gläsernen Fassadenelementen der Welt
verkleidet. Wirkt extrem beeindruckend, kommt aber
schlecht. Denn im Gegensatz zu einem Einfamilienhaus
hat man bei Apple Zeit, die Fenster zu putzen beziehungsweise
putzen zu lassen. Danach stellen die Glaselemente
eine nicht sichtbare, aber leider unüberwindbare Hürde
für manchen Mitarbeiter und Gast dar.
Glas ist durchsichtig
Offiziell wurde das Gebäude im Frühjahr des heurigen
Jahres eröffnet. Seit Februar 2018 ist „One Apple Park
Way“ Apples neue offizielle Firmenanschrift. Als die ersten
Mitarbeiter einzogen, zeigten sich unerwartete Probleme:
Die Glas-Architektur sorgt offenbar dafür, dass
regelmäßig Personen gegen die durchsichtigen Wände
laufen. Wie der „San Francisco Chronicle“ aus Notruf-Mitschnitten
zitierte, zogen sich einige sogar ernsthaftere
Verletzungen zu. „Wir haben schnell erkannt,
dass das ein Problem sein wird“, sagte Albert Salvador,
der Gebäudebeauftragte von Apple, der Zeitung: „Wenn
die Fenster gesäubert sind, kann man sie vielerorts gar
nicht mehr sehen.“ „Das beste Bürogebäude der Welt“,
wie es von offizieller Seite heißt, ist also auch das transparenteste.
Womit niemand gerechnet hat: Glas hat auch
seine Schattenseiten.
Ein Dach aus Glas in Wales ...
Viel Durchsicht, aber weniger Verletzungsgefahr besteht
für Menschen beim großen Glashaus im National Botanic
Garden von Wales. Der Grund: Es handelt sich um das
größte Glasdach der Welt mit einer Länge von 110 Metern
und einer Breite von 60 Metern. Von außen betrachtet sieht
es aus wie ein in der Gegend gelandetes UFO. Unter der
spektakulären Kuppel bietet sich den Besucherinnen und
Besuchern die größte Sammlung mediterraner Pflanzen auf
der Nordhalbkugel. Der botanische Garten ist aber nicht
nur eine faszinierende Attraktion für Gäste aus aller Welt,
sondern auch ein Zentrum für botanische Forschung.
CHECK 2/2019
15
# coverstory
Technische Meisterleistung
Die Römertherme in Baden bei Wien hat
das größte freihängende Glasdach Europas.
aus Glas bestehende Wolkenkratzerfassaden seien „unglaublich
ineffizient“, weil so viel Energie durch das
Glas entweiche. Der Bürgermeister sieht diese Gebäude
als die größten Verursacher von Treibhausgasemissionen
der Metropole. Nach seinem Wunsch kann ein Unternehmen
einen großen Wolkenkratzer bauen und viel
Glas nutzen, doch müssen alle Maßnahmen ergriffen
werden, um die Emissionen zu senken. Oder eben Energie
zu produzieren.
Energie aus den Glasfronten
Tatsächlich gibt es bereits Beispiele für klimafreundliche
Gebäude und besondere Materialien. Wie zum Beispiel
die Verwendung spezieller Glassorten, die bei heißem
Wetter undurchsichtiger werden können, um die Sonne
zu blockieren oder sogar selbst Strom zu erzeugen.
.. und eines in Österreich
Das größte freihängende Glasdach Europas befindet sich
allerdings in Niederösterreich. Eine 33 mal 77 Meter große
Stahl-Glas-Konstruktion überspannt die Römertherme in
Baden bei Wien. Dank dieser technischen Meisterleistung
konnte der Charakter des historischen Freibades erhalten
bleiben. Es befinden sich eben alle unter einem Dach.
Sind Glasfassaden zeitgemäss?
Nur gut, wer seine Schäfchen schon unter das Glas gebracht
hat. Zumindest in New York. Bürgermeister Bill
de Blasio will nämlich im Kampf um das Klima neue
Glashochhäuser im Big Apple verbieten lassen. Nur
Beispiele aus Europa
Zum Beispiel das Gebäude „The Edge“ in Amsterdam.
Es verbraucht etwa 70 Prozent weniger Energie als die
meisten Gebäude. Allerdings ist es nicht auf allen Seiten
mit Glas verkleidet. In Österreich wurde der Science Tower
in Graz auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern
mit Energieglas ausgestattet. In Darmstadt produzieren
die Fensterfronten des Pharmaherstellers Merck den
Strom, und auch die Glaslamellen des SwissTech-Convention-Centers
in Lausanne in der Schweiz erzeugen
selbst bei bedecktem Himmel elektrische Energie.
Glasfassaden faszinieren
Vielleicht sind Glasfassaden tatsächlich nur Zeitgeist,
wie einige Architekten meinen. Wer weiß? So wie sie
in der städtischen Architektur aufgetaucht sind, werden
sie auch wieder verschwinden. Bis dahin ändert das
aber nichts an der Faszination der großen Glaskolosse,
und so werden weiterhin die Glasfassaden der Hochhäuser
die Großstädte dieser Welt zieren – und die
Portfolios der Investoren.
Badener KurbetriebsgesmbH
16 CHECK 2/2019
24/7/365
# Gebäude-Infrastruktur
# Facility Management
# Analyse
# Consulting
# Services
# Monitoring
# Reporting
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Nachhaltigkeitsbericht 2020
unter simacek.com
# fassadenbegrünung
Vertikaler Garten
Neben dem ästhetischen Aspekt
haben begrünte Fassaden auch
vielfältige ökologische Vorteile.
Shutterstock
18 CHECK 2/2019
# fassadenbegrünung
MEHR GRÜN
STATT GRAU
Der Sommer in der Stadt ist heiß, grau und staubig. Eine der Möglichkeiten,
alle genannten Umstände mit einer Maßnahme zu verbessern, ist es,
Fassaden und Dächer begrünen.
Von CLEMENS NECHANSKY
B
raun statt Grün: Ein ungewohntes Bild gab es
Ende August am Gürtel in Wien. Die sonst in sattem
Grün erstrahlende Fassade der MA 48-Zentrale
(Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft, Straßenreinigung
und Fuhrpark) war plötzlich braun. Die
Gräser, Kräuter und Stauden wuchern üblicherweise in
kräftigem Grün die Wände hinauf. Aber von einem Tag
auf den anderen war alles trostlos verdorrt. Doch was
war passiert? Um die Pflanzen an der Fassade mit Wasser
zu versorgen, ist ein vollautomatisches Bewässerungssystem
mit Sensoren, die in Serie geschaltet sind, installiert.
„Das ist dann im Hochsommer, wo wir 3.500 Liter
Wasser pro Tag reinschicken, mitten in der Urlaubszeit
für drei Tage ausgefallen“, erzählt Mag. Ing. Karl
Sascha Haas von „Die Stadtbegrüner“, einem Zusammenschluss
dreier Partnerunternehmen mit Vertikalbegrünungs-Expertise.
Haas hat mit seinem Unternehmen
die Begrünung der MA 48-Fassade 2010 – als Pilotprojekt
der Stadt Wien – umgesetzt. „Das war eine Verkettung
von unglücklichen Umständen. So etwas kann einfach
auch einmal vorkommen“, so Haas weiter. Doch es
wurde rasch reagiert und der nächste, für den Frühling
geplante Rückschnitt vorgezogen. Mittlerweile steht die
Anlage erneut voll im Saft und schaut schon wieder sehr
grün aus.
Medial aufgebauscht
Die Medien sind, auch dank der eindrucksvollen Vorher-nachher-Fotos,
sofort auf das Thema aufgesprungen
und haben groß berichtet. „Witzig ist, dass uns dieser
Ausfall mehr Publicity gebracht hat als in den zehn
Jahren davor, wo die Anlage immer massiv grün war.
Aber ich sehe es im Nachhinein positiv. Jetzt kennt die
48er wirklich jeder“, so Haas, der die Episode mittlerweile
mit Humor nehmen kann. Auch, dass die Anlage,
wie von manchen Medien berichtet, kaputt gegangen
sei, stimmt nicht.
Ing. Gerold Steinbauer, Vorstandsvorsitzender des Verbandes
für Bauwerksbegrünung, erklärt: „Grundsätzlich
ist das kein Problem für diese Fassade. Die Pflanzen
haben sich in die Wurzeln zurückgezogen, die Blätter
sind braun geworden. In der Zwischenzeit sind die
oberirdischen Pflanzenteile schon zurückgeschnitten
worden und die Pflanzen werden nächstes Jahr wieder
komplett austreiben.“ Durch das Vorkommnis sollte
man sich aber nicht entmutigen oder verunsichern lassen:
„Es kann natürlich immer einmal etwas passieren.
Wenn dann auch noch das Backup-System nicht funktioniert…“,
sieht Steinbauer darin einen ungünstigen
Zufall. Denn die Vorteile von grünen Fassaden und Dächern
sind vielfältig und groß.
CHECK 2/2019
19
# fassadenbegrünung
Die MA 48-Zentrale
Seit zehn Jahren gibt sich
die Fassade in sattem Grün.
Drei Möglichkeiten der Begrünung
Aber was versteht man eigentlich unter Fassadenbegrünung?
Grob gesagt kann man zwischen drei unterschiedlichen
Arten unterscheiden. Die erste, die sich unter Umständen
sogar von alleine ergibt, ist die bodengebundene
Fassadenbegrünung. Hier können aus dem Erdreich, das
an die Fassade angrenzt, Pflanzen hinaufwachsen. „Zum
Beispiel der wilde Wein, als eine typische Pflanze, die
an einer Fassade sehr hoch hinaufwachsen kann. Das
ist die günstigste und ausfallsicherste Variante“, erklärt
Steinbauer. Als zweite Möglichkeit kann man mit Pflanzentrögen
arbeiten. Die platziert man entweder auch im
Erdgeschoß oder in verschiedenen Etagen. „Die aufwendigste
Variante ist das Anbringen von ganz kleinen Trögen
oder vollflächigen Substratkörben an der Fassade. So
wie zum Beispiel bei der MA 48“, schildert Steinbauer. In
diesen kleinen Trögen gibt es nur einen stark begrenzten
Wasser- und Nährstoffvorrat. Weshalb man sichergehen
muss, dass regelmäßig bewässert wird: „Da gibt es auch
Alarmsysteme, die anschlagen, wenn etwas ausfällt“, so
Steinbauer.
Grundsätzlich kann jede Fassade begrünt werden. Egal ob
Gründerzeithaus oder eine Wand mit Vollwärmeschutz.
Einschränkungen gibt es keine. Aber spezielle Situationen,
wie Haas erklärt: „Wirklich herausfordernd sind
denkmalgeschützte Fassaden, wo man nichts anbohren
darf. Solche Projekte haben wir in Wien schon gehabt.
In diesen Fällen muss man die Konstruktion vorständern
und die dahinter liegende Fassade unberührt lassen.“
Nicht gerade günstig
„Die Stadtbegrüner“ decken zirka 90 Prozent der in Österreich
erhältlichen Produkte ab. Daher kann Haas für die
Branche sprechen, wenn er die – zugegebenermaßen nicht
gerade günstigen – Errichtungskosten benennt: „Ein guter
Richtwert – je nach Größe und System – sind zwischen 750
und 1.000 Euro netto pro Quadratmeter.“ Zur Orientierung:
Die Fassade der MA 48-Zentrale hat 850 Quadratmeter. Für
die Betreibung und Wartung muss man zusätzlich mit jährlich
fünf bis acht Prozent der Errichtungskosten rechnen –
bei kleineren Anlagen mit etwas mehr. Instandhaltung der
Bewässerungsanlage und Pflanzenwartung mit Rückschnitt
und Düngung inkludiert. Die Kosten sind natürlich ein nicht
zu vernachlässigender Punkt, so Haas: „Im B2B-Geschäft
ist die Finanzierung ein großes Thema. Hier haben wir es
geschafft, Grünwände – egal ob innen oder außen – als Mietkauf
oder Leasingvariante zu finanzieren. Das ist insofern
interessant, weil die Kunden das Projekt dann nicht mehr
vorfinanzieren müssen, sondern es wie eine Miete mit bis zu
60 Monatsraten abzahlen können.“ Dass eine grüne Fassade
kostenintensiv ist, bestreitet niemand. Aber, so Steinbauer:
„Wenn man sich ansieht, was teilweise bei Bürobauten an
Glasfassaden oder Stein-Marmor-Fassaden gebaut wird,
dann ist man kostenmäßig auch bei dem, was eine begrünte
Fassade kostet.“ Allerdings sollen die Systeme in Zukunft
billiger werden: „Das zeigt ja auch die Erfahrung, dass Einzelprojekte
viel teurer sind, als wenn der Markt richtig Gas
gibt und viel gebaut wird. Je mehr Anlagen wir bauen, desto
günstiger wird es auch“, sagt Haas.
MA 48
20 CHECK 2/2019
# fassadenbegrünung
Philipp Heinzl
Keine Gefahr für die Fassade
Der Aufwand für die Pflege hängt von den Pflanzenarten
ab. „Efeu muss man schon ein wenig pflegen und zurückschneiden.
Der wächst sonst mit der Zeit von der Fassade
weg und kann dann zu schwer werden und von der
Fassade runterfallen“, erklärt Steinbauer. Wilden Wein
wiederum kann man wuchern lassen. Man muss nur die
Bereiche, auf denen er nicht wachsen soll, freihalten.
Bedenken, dass manche Pflanzen die Fassaden zerstören
können, kann man bei richtiger Handhabung ausräumen.
Da kommt es auf die Begebenheiten der Fassade an. Gibt
es zum Beispiel große Ritzen, wo die Pflanzen hineinwachsen
können, ist Vorsicht geboten. Aber Steinbauer
relativiert: „Meiner Erfahrung nach würde ich eher sagen,
dass die Pflanzen die Fassade am Haus halten, als dass sie
sie zerstören. Der Putz kann einfach nicht mehr abblättern,
wenn ein wilder Wein vollflächig darauf hängt. Der
hält ihn oben.“
Grüne Gründe
Errichtung, Betrieb, Wartung, Pflege: Warum sollte man
sich das alles antun? „Die Sommer werden immer heißer,
es muss mehr Grün in die Städte kommen. Und durch
die dichte Verbauung bleiben schlussendlich nur mehr
die Fassaden über“, meint Haas. Und auch wenn der
Aufwand für eine grüne Fassade nicht gerade gering ist,
sprechen vielfältige Gründe für die Pflanzen an der Wand.
Zum Beispiel erzeugt man mit einer bepflanzten Fassade
einen Luftpolster zwischen Laub und Wand. Da Luft
einer der besten Wärmeisolatoren ist, kann man so bei
den Kühl- und Heizkosten sparen. Im Sommer brennt die
Sonne dann auf die grüne Schutzschicht und nicht mehr
direkt auf die Fassade. Ein paar Grad können da schon
einen spürbaren Unterschied machen. Zur Temperatursenkung
tragt auch ein weiterer Punkt bei: Das Wasser zur
Bewässerung der Pflanzen wird durch die Wurzeln zu den
Blättern hinaufgezogen. Über die Blätter wird das Wasser
dann verdunstet. „Durch die Assimilation wird Sauerstoff
produziert, und die Wasserverdunstung bringt mehr
Feuchtigkeit und damit auch kühlere Luft“, erklärt Steinbauer.
Damit wird Hitze, die normalerweise direkt auf die
Fassade auftrifft, erstens durch die Blätter aufgefangen
und zweitens durch die Wasserverdunstung reduziert.
Das Haus des Meeres
Brandneu: Im Sommer 2019 wurde die
Nordfassade des ehemaligen Flakturms
auf 400 Quadratmetern begrünt.
Pflanzen machen Menschen ruhiger
Auch bei hohem Lärmaufkommen können Pflanzen helfen.
Trifft Schall auf eine unregelmäßige Oberfläche –
wie es bei einer begrünten Fassade der Fall ist – wird er
anders gebrochen und reflektiert und damit reduziert.
Blätter sind gleichzeitig auch Staubfilter. An jedem Blatt
kann sich Staub ansetzen. Damit wird er aus der Luft
genommen. Und zu guter Letzt die Farbe Grün: „Das
Grün der Pflanze ist – um es überspitzt zu sagen – ein
Aggressionshemmer. Es macht die Menschen einfach
ruhiger. Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen in
einer reinen Betonwüste aggressiver sind, als wenn sie
mehr Pflanzen, mehr Grün um sich haben“, sagt Steinbauer.
Negative Aspekte gibt es kaum zu bedenken. Fenster
werden komplett ausgespart, um jegliche Licht-Blockade
zu vermeiden. Wenn auf Dinge wie die Anschlussverblendung
geachtet wird, können sich auch keine
Wespen einnisten. „Wenn man die Anlagen bauphysikalisch
richtig baut, dann gibt es gegenüber unbegrünten
Fassaden kein erhöhtes Insektenvorkommen“, sagt
Haas. Auch Menschen mit Allergien können beruhigt
sein: „Wir haben bei unseren ersten großen Projekten
zwar nachgefragt, ob es Allergiker gibt, und haben
dann bewusst die betroffenen Pflanzen weggelassen. Allerdings
haben wir mit unserer zehnjährigen Erfahrung
in dieser Richtung noch nie Probleme gehabt“, so Haas
weiter. Fazit: Fassadenbegrünung hat viele Vorteile und
wird immer populärer.
CHECK 2/2019
21
# fassadenbegrünung
Mehrfachwirkung
Grüne Fassaden sehen nicht nur von außen schön aus, sie haben
auch positive Auswirkungen auf die Menschen im Gebäude.
Ein Garten am Dach
SIMACEK bietet ebenso Begrünungen an. Allerdings nicht
an Fassaden, sondern auf Dächern. „Als wir vor zehn
Jahren angefangen haben, uns mit begrünten Dächern zu
beschäftigen, haben Leute angerufen und gefragt, ob wir
auch blaue Dächer machen. Die Menschen haben geglaubt,
es gehe um die Farbe, nicht um Pflanzen“, erinnert sich
Noémi Karácsonyi, Geschäftsführerin von SIMACEK in
Rumänien und Expertin für begrünte Dächer. Vor allem bei
Bürogebäuden und Einkaufszentren ist die Nachfrage nach
Dachbegrünung steigend. Wenn ein Unternehmen seine
Büros in einem Gebäude hat, das auf dem Dach mehrere
hundert Quadratmeter Garten bietet, dann kann das für
die Angestellten eine tolle Sache sein, sagt Karácsonyi: „An
einem sonnigen Tag auf dem grünen Dach ein paar Minuten
Pause machen und in einer erholsamen Umgebung einen
Kaffee trinken. Die Angestellten lieben das.“ Gleichzeitig
sei das eine gute Employer-Branding-Methode, um als
Unternehmen attraktiv für Mitarbeiter zu sein.
Ganzheitliche Lösungen
Auch für Einkaufszentren sind begrünte Dächer interessant.
Kunden können eine Shopping-Pause an der frischen Luft
einlegen und Kinder am Spielplatz spielen. Und die Besucher
müssen das Einkaufszentrum dafür nicht verlassen. „Das
sind Dinge, die man normalerweise in einer Stadt nicht einfach
so anbieten kann, wenn nicht gerade ein Park daneben
ist“, meint die Expertin. SIMACEK setzt die Dachbegrünungen
komplett selbst um. Von der Planung über den Bau bis
zur Pflege. „Wir sprechen viel mit den Architekten, um ganzheitliche
Lösungen für die Dächer zu finden. Und um Probleme
mit den Wasserspeichern und den Isolierungssystemen
zu verhindern. Wir setzen diese Gründächer-Systeme einfach
auf die existierenden Isolierungssysteme drauf. Dann ist das
sicher“, sagt Karácsonyi.
Das Gewicht spielt dabei natürlich eine Rolle. Die Systeme
fangen bei 150 Kilo pro Quadratmeter an und gehen bis zu
mehreren Tausend Kilo Gewicht. Bei großen Bäumen wird
auch eine entsprechende Menge an Substrat gebraucht.
Das wird selbst hergestellt: „Wir haben eine eigene Rezeptur
für die Erde. Eine spezielle Mischung. Das Substrat, das
wir verwenden, hat ganz wenig Humus und Nährstoffe.
Damit können wir auf den Gründächern verhindern, dass
Pflanzen wachsen, die dort nicht gewünscht sind“, erklärt
Karácsonyi.
Die Dächer funktionieren
Begrünte Dächer sind laut der Expertin beliebt: „Immer
mehr Bauträger wollen Gründächer haben, weil sie seit
zehn Jahren sehen, dass die Dächer funktionieren.“ Neben
den Vorteilen für die Menschen gibt es auch jede Menge
ökologischer und ökonomischer Argumente für ein grünes
Dach. Wie ihre vertikalen Verwandten produzieren begrünte
Dächer Sauerstoff, binden Staub und speichern Wasser.
Mehr als 70 Prozent des Wassers bleibt auf dem Dach und
kehrt in den natürlichen Kreislauf zurück. Ohne die Wasserableitungssysteme
zu belasten. Und selbstverständlich sind
Gründächer auch gute Isolierungssysteme. Karácsonyi
Shutterstock/Evannovostro
22 CHECK 2/2019
# fassadenbegrünung
SIMACEK
sagt dazu: „Wenn man auf einem Industriegebäude mehrere
tausend Quadratmeter Dach begrünt, dann kann das
auch ökonomische Auswirkungen haben. Das macht sich
dann als langfristige Investition bezahlt, wenn man damit
Energiekosten sparen kann.“ Dieser Meinung schließt sich
Steinbauer an: „Eine intensive Dachbegrünung ist ja eine
Aufwertung des Gebäudes.“ Man könne die normalerweise
ungenutzten Flachdächer verwenden, vermieten oder vielleicht
sogar zusätzlich verkaufen: „Eine Dachgeschosswohnung
mit einem attraktiven Dachgarten hat einen wesentlich
höheren Wert, als wenn da oben nichts ist oder man nicht
hinausgehen kann“, so Steinbauer weiter.
Auswirkungen auf das (Mikro-) Klima
Die Anlagen haben auch Auswirkungen auf das Mikroklima
in der Umgebung. Man kann damit eine Abkühlung
um ein paar Grad erreichen, was wiederum vor allem den
Menschen zugute kommt.
In Rumänien beginnen die Kosten für die Errichtung eines
einfachen Gründach-Systems bei ungefähr 50 Euro pro
Quadratmeter. Bei aufwendigeren Gärten, speziellen Anfertigungen,
besonderen Pflanzen oder wenn es Möbel oder
Beleuchtung geben soll, ist das natürlich entsprechend teurer.
Es zahlt sich aber aus: „Wir haben sogar schon Vogeleier
auf unseren Gründächern entdeckt“, erzählt Karácsonyi.
Starke Nachfrage
Die Vorteile von Fassaden- und Dachbegrünung liegen
also auf der Hand. Aber wie sieht die wirtschaftliche Situation
aus? „Wir tragen vor, wir predigen, wir präsentieren
uns. Seit Anfang dieses Jahres gibt es eine massiv erhöhte
Nachfrage nach Fassadenbegrünung. Bei fast jedem Neubau
ist das Thema“, erzählt Haas. Die Nachfrage komme
zu 95 Prozent von Bauträgern, die restlichen fünf Prozent
von öffentlichen Einrichtungen und Privaten. Haas vermutet,
dass die Kostenfrage für die noch geringe Nachfrage
von privaten Interessenten verantwortlich ist. „Die
Menschen interessieren sich definitiv dafür. Und es tut
sich wirklich viel“, sagt auch Steinbauer, der mit Mitstreitern
das Start-up „Grün statt Grau“ gegründet hat und
damit die Vernetzung aller Beteiligten – von den Städten
über die Universitäten, die Bauherren, die Bauträger bis
zu den Hausverwaltungen – vorantreibt. „Wir wollen die
„Immer mehr
Bauträger wollen
Gründächer
haben.“
Noémi Karácsonyi
SIMACEK Rumänien
Vorteile stärker nach außen tragen. Damit die Hausbesitzer
und Bauherren sehen, welche Vorteile das hat“, so
Steinbauer weiter. Auch weil es in Europa nicht besonders
viele Hersteller für diese Anlagen gibt, sei die Nachfrage
nicht nur in Österreich, sondern international groß, wie
Haas erklärt: „Auftragsmäßig sind wir voll. Wir haben
Projekte bis ins Jahr 2022 hinein.“
Gerade angesichts der allgegenwärtigen Klimadebatte dürfte
das Thema in der Gesellschaft angekommen sein. „Es tut sich
wahnsinnig viel. Ich denke, dass das Thema Fassadenbegrünung
gelandet ist. Man muss niemandem mehr erklären, warum
man das braucht. In den nächsten drei bis fünf Jahren
wird sehr viel auf uns zukommen. Wir werden massiv bauen
dürfen“, blickt Haas optimistisch in die Zukunft. Auch der
ökologische Effekt wird eine gewichtige Rolle spielen, wie
Karácsonyi glaubt: „In einer zubetonierten Stadt werden
große Gründächer dann zu Orten, wo man Schmetterlinge
und andere Lebewesen beobachten kann. Hier können wir
eine kleine Fläche an die Natur zurückgeben.“ Auch Steinbauer
denkt, wertvolle Veränderung bewirken zu können:
„Wir wollen aufzeigen, dass man mit Gebäudebegrünung etwas
für den einzelnen Menschen, der im Gebäude lebt, machen
kann, aber auch für die gesamte Stadt. Damit man die
Hitzeinseln der Stadt so weit wie möglich reduzieren kann.
Wir möchten so viel Grün wie möglich zu den Menschen
bringen. Das ist unser Ziel.“
Weitere Informationen:
www.diestadtbegruener.com
www.gruenstattgrau.at
www.simacek.com
CHECK 2/2019
23
# klima
Zukunftsträchtig
Raumplanung und Energieeffizienz
sind zentrale Themen in der Branche.
MIT IMMOBILIEN
DIE WELT RETTEN
(Flug-) Verkehr und Industrie heizen die Klimadebatte an.
Doch auch der Bausektor ist für CO 2 -Emissionen verantwortlich.
Von KARIN MARTIN
Die Themen Klima und Umwelt haben in den vergangenen
Monaten stark an medialer Brisanz gewonnen.
Das ist nicht zuletzt den vielen jungen
Klimaschutzaktivisten zu verdanken. Die bekannteste: die
16-jährige Greta Thunberg, diesjährige Preisträgerin des
Alternativen Nobelpreises.
Die Klimaschutzbewegung hat bereits neue Begriffe geprägt,
wie das „Flugschämen“ im Tourismus. Man spricht
auch vom Greta- bzw. Thunberg-Effekt: Menschen überdenken
und verändern ihr Verhalten in Folge der medienwirksamen
Auftritte der jungen Schwedin und der Fridays-For-Future-Demonstrationen.
xxxxx Shutterstock
24 CHECK 2/2019
# klima
Raumplanung & Siedlungswesen
Natürlich ist auch im Immobiliensektor die Klimadebatte
zu spüren. „Man muss allerdings sagen, dass
in diesem Bereich bereits seit den 1990er-Jahren starke
Anstrengungen unternommen wurden, um den
CO 2
-Ausstoß zu reduzieren, ganz im Gegensatz zu anderen
Bereichen wie dem Verkehr“, hält dazu Robert
Temel von der Plattform Baukulturpolitik fest. Deshalb
sei das Thema hier nicht neu.
Was neu ist, seien Aspekte der Klimawandelanpassung,
die in jüngster Zeit zum Klimaschutz dazukommen: „Dabei
geht es im Unterschied zum natürlich noch wichtigeren
Klimaschutz darum, die negativen Folgen des Klimawandels
zu reduzieren, z.B. Hitzeinseln in Städten zu
vermeiden“, erklärt der Architektur- und Stadtforscher
gegenüber CHECK. „Mit Immobilien allein lässt sich natürlich
die Welt nicht retten. Sie können aber einen entscheidenden
Beitrag leisten.“
Nach Ansicht des Experten geht es dabei nicht nur um die
klassischen Themen der Energieeffizienz von Gebäuden und
der Energieproduktion beim Gebäude, sondern ganz stark
um Raumplanung und Siedlungswesen: „Wenn wir unsere
Raumnutzung durch Gebäude nachhaltiger machen, weniger
zersiedeln, weniger versiegeln, weniger flächenextensive
Einfamilienhausteppiche und Gewerbegebiete auf der grünen
Wiese bauen, mehr Stadt- und Ortskerne stärken und
somit Städte und Orte der kurzen Wege schaffen, dann vermeiden
wir massiv motorisierten Verkehr und somit CO 2
.“
Verkehr ist das Problemkind
Laut dem Klimaschutzbericht 2018 des Umweltbundesamtes
hat der Verkehr in Österreich 2015 44 Prozent der
Treibhausgasemissionen ohne Emissionshandel (EH) und
28 Prozent der Emissionen mit EH ausgemacht. Traurige
Realität dabei ist: Während alle anderen Sektoren seit
dem Referenzjahr 1990 ihre Emissionen reduziert haben
– wenn auch teils nur gering –, sind die Verkehrsemissionen
seither um 60 Prozent gewachsen. „D.h. alle Erfolge,
die anderswo erreicht wurden, u.a. bei der Energieeffizienz
von Gebäuden, hat der Verkehr wieder zunichte gemacht“,
übt Temel Kritik. Zum Vergleich: Die Gebäude
liegen aktuell bei 16 Prozent der Treibhausgas-Emissionen
ohne EH bzw. 10 Prozent mit EH, also weit unter dem
Verkehr. Im Prinzip müsste man aber zum Bauen noch
einen Teil des Energie- und Industriesektors dazuzählen,
weil z.B. die Zementproduktion massiv CO 2
emittiert.
CHECK 2/2019
25
# klima
Siedlungswesen
Die Raumnutzung sollte nachhaltiger werden:
weniger zersiedeln, weniger versiegeln.
Bauen schadet dem Klima
Das Verhältnis von grauer Energie (zur Errichtung von
Gebäuden) zu Betriebsenergie (zur Instandhaltung)
ist natürlich in der Praxis sehr unterschiedlich. Heute
nimmt man an, dass es bei einem durchschnittlichen
Gebäude etwa 1:1 beträgt. D.h. die Errichtung braucht
gleich viel Energie wie der Betrieb. Dieses Verhältnis
ändert sich aktuell allerdings mit zunehmender Energieeffizienz:
Die Graue Energie überwiegt zunehmend
die Betriebsenergie.
Neubauten sind heute wesentlich ökologischer als
noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten. „Dass
man sich deshalb nicht mehr mit Klimafragen befassen
muss, ist aber Unsinn“, stellt Temel klar: „Man
muss sich jedenfalls mit Fragen der Energieproduktion
am Gebäude, mit effizienter Energienutzung, mit
Verkehrsvermeidung befassen. Und die heute übliche
massive Dämmung mittels Kunststoffen ist besser
als nichts, aber ganz sicher nicht der Weisheit letzter
Schluss.“ Ob Wohn- oder Gewerbeprojekte: „Dem
Klima bringt es grundsätzlich sehr viel mehr, wenn
man Leerstand nützt, statt neuen Boden zu verbrauchen“,
so der Architektur- und Stadtforscher. Und:
Nutzungen sollten in Zukunft wieder stärker gemischt
werden. Will heißen: Eingeschoßige Gewerbebauten
sollten, wo immer möglich, mit anderen Nutzungen
überbaut werden.
Neue Zielgruppen
Franziska Trebut, Expertin im Bereich nachhaltiges Bauen
der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik
(ÖGUT), bestätigt, dass in der Bau- und Immobilienbranche
aktuell die Klima-Debatte verstärkt zu spüren ist. „Dabei
wird deutlich, dass viel Unsicherheit darüber herrscht,
wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen entwickeln
werden“, hebt sie hervor. Die Energiepreise allein seien aktuell
noch kein Motiv für entsprechend effiziente Baumaßnahmen
und den Umstieg auf erneuerbare Energien. Doch
der Diskurs erfasse neue Zielgruppen: Nachhaltige Gebäude
werden für entsprechende Veranlagungsformen viel
stärker als bisher nachgefragt. Wenn entsprechende Qualitätsstandards
gefordert werden, wie beim Umweltzeichen
für nachhaltige Immobilienfonds, dann setzen sich auch
Bauträger und Planer, die das Thema bisher nicht auf ihrer
Agenda hatten, ernsthaft mit klimagerechten Lösungen
am Bau auseinander. „Da bewegt sich durchaus etwas“,
so Trebut. „Die Welt lässt sich mit Immobilien allein nicht
retten, aber man kommt ein ordentliches Stück vorwärts.“
Hohe Ambitionen
Da der Gebäudesektor gute Voraussetzungen habe,
vollständig CO 2
-frei zu werden, würden ihm auch seitens
der EU entsprechend ambitionierte Reduktionsziele
vorgegeben. Um diese zu erreichen, gebe es noch
viel zu tun. „Beim Bau und bei der Sanierung sollte der
Shutterstock
26 CHECK 2/2019
# klima
Gewerbebauten am Stadtrand
... sind kontraproduktiv. Besser ist Leerstand
zu nutzen, als neuen Boden zu verbrauchen.
Erneuerbare Energien
Die Kraft der Sonne muss in Zukunft
noch viel mehr genutzt werden.
Shutterstock
Fokus immer auf der Effizienz liegen“, so die Expertin.
„Jeden Quadratmeter, den ich nicht errichte, muss ich
später nicht bewirtschaften. Und jede Kilowattstunde,
die aufgrund einer guten Gebäudehülle im Betrieb nicht
benötigt wird, muss nicht erzeugt werden.“
In Zukunft wird es Trebut zufolge auch mehr Aufmerksamkeit
für die architektonisch-baulichen Anforderungen
in den zunehmend heißeren Sommermonaten
geben. Der Anteil an Gebäuden, die mit Strom
versorgt werden, wird steigen. Erneuerbarer Strom im
Netz wird zunehmen und gleichzeitig stark schwanken.
Gebäude, die flexibel darauf reagieren können, haben
einen Vorteil.
Vollständige Dekarbonisierung
In sämtlichen Untersuchungen wird Gebäuden eine
hohe Priorität zur Erreichung der Klimaziele 2030 und
2050 zugeschrieben. Kein Wunder, sind sie doch ein
wesentlicher Faktor im Energieverbrauch. Europaweit
werden 50 Prozent der Energie für Heizung und Kühlung
von Gebäuden verbraucht, weiß Dr. Jürgen Schneider,
Leiter der Sektion Klima des Bundesministeriums
für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), um konkrete
Zahlen. EU-weit stammen 75 Prozent der Energie
für Heizung und Kühlung aus fossilen Energieträgern.
Ziel ist es, Gebäude auf den Stand der Technik zu bringen
und auf erneuerbare Energieträger umzustellen, damit
der Sektor sobald wie möglich klimaneutral wird
(#mission2030). „Gebäude können mit bereits heute zu
marktfähigen Preisen verfügbaren Technologien vollständig
dekarbonisiert werden“, stellt Schneider klar.
„In der Wissenschaft rund um Alternativen zu fossilen
Energieträgern liegt viel Potenzial für Österreich – auch
was Wirtschaft und Arbeitsplätze betrifft.“
Treibhaus-Emissionen senken
Ein paar weitere interessante Zahlen: Der Sektor Gebäude
wies im Jahr 2017 Treibhausgas-Emissionen in Höhe
von 8,3 Mio. Tonnen CO 2
-Äquivalent auf. Davon entfallen
rund 7,1 Mio. Tonnen auf Wohngebäude (inklusive
mobile Quellen privater Haushalte) und rund 1,2 Mio.
Tonnen auf öffentliche und private Dienstleistungen.
Auch für Schneider liegt auf der Hand, dass – um die
Emissionen nachhaltig zu reduzieren – 1. möglichst
nachhaltig gebaut und 2. auf erneuerbare Energieträger
zurückgegriffen werden muss. Neue Wohn- und Gewerbegebiete
sollten etwa unter Bedachtsamkeit auf energiebezogene
Kriterien ausgewiesen werden, sagt er. Am
besten wäre es, in einem neuen Entwicklungsgebiet gleich
die Raumwärmeversorgungen (mittels Fernwärme oder
erneuerbaren Energieträgern) mitzudenken. Aus der
Sicht des Klimaschutzes sei die größte Herausforderung
aber die Verbesserung des Gebäudebestands mittels thermisch-energetischer
Sanierungen auf höchstem Niveau.
CHECK 2/2019
27
# klima
Vorzeige-Projekt
Das erste Plus-Energie-Bürogebäude
in Simonsfeld/Niederösterreich.
Energie optimiert
durch SIM.ENERGY!
SIMACEK ist Experte beim betrieblichen
Energiemanagement. Zur Umsetzung des Energieeffizienz-
Gesetzes bietet das Unternehmen seinen Kunden ein
professionelles und nachhaltiges Energiemanagement-
System, zertifiziert nach ISO 50001.
Dieses umfasst die Potenzialanalyse und die
Umsetzung der Energieeffizienz-Maßnahmen, die
Schulung der Mitarbeiter, Installation und Betrieb
von Energiemonitoring-Systemen zur Messung und
nachhaltigen Senkung des Energieverbrauches sowie das
regelmäßige Monitoring des Energieverbrauches.
Nähere Infos dazu:
www.simacek.com
Langfristige Strategien
Die Bundesländer sind für das Bauwesen und die Förderung
einer effizienten Bauweise und Sanierungsaktivitäten
verantwortlich. „Wir gehen davon aus, dass sie in ihrer
,langfristigen Sanierungsstrategie‘, die laut EU-Richtlinie
bis April 2020 erstellt werden muss, ein ambitioniertes
Konzept und einen Fahrplan zur vollständigen Dekarbonisierung
des Gebäudesektors bis spätestens 2050 vorlegen
werden“, so der BMNT-Verantwortliche.
Das BMNT bietet mit dem von klimaaktiv entwickelten
Gebäudestandard und Qualitätskriterien eine gute Orientierung,
wenn es um energieeffizienten Neubau oder eine
qualitativ hochwertige Sanierung geht. Es gibt österreichweit
mittlerweile über 800 qualitätsgeprüfte Gebäude,
die zeigen, wie es geht. Alle Gebäude finden sich unter:
www.klimaaktiv-gebaut.at.
Best Practice Beispiele:
Verwaltungsgebäude Windkraft Simonsfeld AG
Das Bürogebäude der Windkraft Simonsfeld AG ist das
erste Plusenergie-Bürogebäude Niederösterreichs, das
nach dem Leitsatz „smart and simple“ errichtet wurde.
Die Gebäudehülle wurde in Passivhausqualität ausgeführt.
Die Südfassade nutzt aktive und passive solare
Energie durch Solarthermie- und Photovoltaik-Paneele.
Im Sommer dienen diese als Beschattungselemente.
Durch die direkte Verwendung der mechanischen Wind-
Windkraft Simonsfeld AG
28 CHECK 2/2019
# klima
Eigenes Wasserkraftwerk
Das Plus-Energie-Bürogebäude mit
Kulturkraftwerk in Thalgau/Salzburg.
Kurt Hörbst, Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)
kraft wird die Lüftungsanlage unterstützt. Alle Bau-
stoffe wurden nach strengen bauökologischen Kriterien
ausgewählt. Das Gebäude erreicht mit 965 Punkten den
klimaaktiv Gold Standard.
Bauherrin: Windkraft Simonsfeld AG, Architektur:
Georg W. Reinberg, Fachplanung: BPS-Engineering,
IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie
GmbH.
Plusenergie-Bürogebäude und
Kulturkraftwerk oh456
Neben kreativer Energie wird im „Kulturkraftwerk“
in Thalgau auch erneuerbare Energie genutzt: Das eigene
Wasserkraftwerk und die Photovoltaikanlage decken
den Bedarf an Wärme und Betriebsstrom. Offen
und variabel sind die Grundrisse, nahezu rahmenlos
die innovativen Fenster in der hochgedämmten Fassade.
Altbewährtes und Innovatives wurden mit Lust am
Entwickeln zu einem einzigartigen Ort des Arbeitens,
Nachdenkens, kulturellen Austauschs und Wissens-
transfers verdichtet.
Bauherr & Architektur: sps-architekten zt gmbh & co kg,
Fachplanung: Zivilingenieur-ARGE Lukas & Graml
(Bauphysik), e+engineering.Ingenieurbüro.Sieberer
GmbH (Haustechnik), Blitz Power GmbH (Wasser-
kraft), ernst muthwill (Farbplanung), Reibenwein-
Forsthuber ZT GmbH (Statik).
Expertenstatement
Zukunfts-Visionen
„Mobilien statt
IMMObilien“
Matthias Horx,
Trend- und Zukunftsforscher
www.horx.com
„Die Bauweisen der Zukunft werden sich gewaltig von
den heutigen unterscheiden. Wir werden viel effizienter
und integrativer bauen, viele Gebäude werden in Fabriken
vor-fabriziert und dann erst errichtet, andere werden vor
Ort ,gedruckt‘. Das spart nicht nur Energie, sondern auch
Kosten, Zeit und Ärger. Die Materialien werden aus alten
Gebäuden ,gesourct‘ (Urban Mining) und nach der Lebenszeit
des Gebäudes recycelt, das ,Cradle-to-Cradle‘-Prinzip.
Die Materialien werden leichter, Fassaden UND Fenster
erzeugen Energie, und viele Gebäude lassen sich modular
demontieren und versetzen – Mobilien statt IMMObilien,
die immer mehr biologischen Organismen ähneln.“
CHECK 2/2019
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# cäsar immoaward
DIE BESTEN
DER BRANCHE
Der Immobilienaward Cäsar wurde heuer bereits zum 13. Mal für herausragende
Leistungen in der Immobilienwirtschaft vergeben. Mitte September fand im
Schlosstheater Schönbrunn die diesjährige Verleihung statt.
Von UTE FUITH
30 CHECK 2/2019
# cäsar immoaward
Sponsoren und Ausgezeichnete
V.l.n.r.: Michael Schmidt (3Si Immogroup), Georg Flödl (ÖVI),
Roland Schmid (IMMOunited), Alexander Bosak (immQu),
Franz Pöltl (EHL Investment Consulting), Gerald Gollenz
(Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der
WKO), Ulrike Höreth (Brezina Real), Matthias Gass (FIABCI),
Ursula Simacek (Simacek Facililty Management), Brigitte Jank
(ehem. Präsidentin der WKW), Otto Bammer (Ehem. Vorstand
am Institut für Immobilienwirtschaft bei den FH Wien-Studiengängen
der WKW), Anton Holzapfel (ÖVI), Christoph
Stadlhuber (Signa Holding), Susanne Weinberger (Weinberger
Biletti Immobilien Graz), Dietmar Reindl (Immofinanz),
Wolfdieter Jarisch (S+B Gruppe), Frank Brün (RICS),
Karin Schmidt-Mitscher (Salon Real), Judith Kössner
(Willhaben) und Christian Wukovits (KONE).
Jana Madzigon
Seit 2006 wird der Cäsar Award an renommierte
Persönlichkeiten der Immobilienbranche verliehen.
Auch heuer war es wieder soweit. Die feierliche
Gala ging am 19. September 2019 im Schlosstheater
Schönbrunn über die Bühne. Mit dabei waren um die
300 Vertreterinnen und Vertreter der Immobilienbranche.
Acht davon konnten sich am Ende des Abends die begehrte
Auszeichnung mit heimnehmen. Unterstützt wird der
Cäsar Award von den sechs Branchenvereinen FIABCI,
immQu, ÖVI, RICS, Salon Real und dem Fachverband
der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKO.
Der Preis zählt zu den begehrtesten Auszeichnungen der
Branche. Heuer bewarben sich insgesamt 143 Unternehmen
darum. Von diesen konnten 21 Finalistinnen und Finalisten
die Verbandsjury mit ihren herausragenden Leistungen
im Jahr 2018/19 überzeugen.
Die Cäsaren 2019
Mit dem Cäsar ausgezeichnet wurden: die S+B Gruppe
mit Vorstand Wolfdieter Jarisch als Bauträger des Jahres,
Weinberger & Biletti Immobilien Graz mit Geschäftsführerin
Susanne Weinberger als Immobilienverwalterin des
Jahres, EHL Investment Consulting mit Geschäftsführer
Franz Pöltl als Makler des Jahres und die SIMACEK Facility
Management Group mit Geschäftsführerin Ursula
Simacek als Immobiliendienstleisterin des Jahres.
Brezina Real-Firmeninhaberin Ulrike Höreth erhielt den
Small Diamond des Jahres, SIGNA Holding-Geschäfts-
CHECK 2/2019
31
# cäsar immoaward
„Der Cäsar bietet die
perfekte Gelegenheit,
außergewöhnliche
Persönlichkeiten
der Branche
auszuzeichnen.“
Judith Kössner
Head of Immobilien
bei willhaben
führer Christoph Stadlhuber wurde Immobilienmanager
des Jahres und Immofinanz-COO Dietmar Reindl
bekam den Cäsar International. Otto Bammer, der ehemalige
Vorstand am Institut für Immobilienwirtschaft
bei den Studiengängen der Wirtschaftskammer Wien an
der Fachhochschule Wien, wurde für sein Lebenswerk
ausgezeichnet.
Strenge Kriterien
Die Preisträgerinnen und Preisträger wurden anhand
ihrer Projekte und ihres Einsatzes von rund 35 Mitgliedern
der Immobilienbranche im Rahmen einer großen
Fachjurysitzung Ende Juni bei einer geheimen Wahl
und unter notarieller Aufsicht gewählt. „Es ist eine tolle
Leistung von allen Finalistinnen und Finalisten, in
einer der sieben Kategorien nominiert worden zu sein.
Großartige Performances verdienen Wertschätzung und
Anerkennung. Aus diesem Grund unterstütze ich den
Immoaward mit großer Freude nun schon seit fünf Jahren“,
sagte Roland Schmid anlässlich der Preisverleihung.
Der Eigentümer und CEO von IMMOunited ist
einer der vier Hauptsponsoren des Immoawards.
Der offizielle Teil des Gala-Abends begann mit einem
unterhaltsamen Video der vier Hauptsponsoren, die im
Anschluss auch gleich auf die Bühne geholt wurden.
„Von der Durchsicht der vielen kreativen Projekte und
Nominierten über die lustigen Dreharbeiten für den
jährlichen Sponsorenfilm bis zur glanzvollen Gala bietet
der Cäsar die perfekte Gelegenheit, außergewöhnliche
Persönlichkeiten der Branche auszuzeichnen und
sich darüber hinaus mit Freunden und liebgewonnenen
Kollegen auszutauschen“, resümierte Judith Kössner,
Head of Immobilien bei willhaben. Michael Schmidt,
geschäftsführender Gesellschafter der 3Si Immogroup,
unterstützt den Cäsar wie willhaben bereits das dritte
Jahr in Folge: „Durch die Auszeichnung dieser persönlichen
Leistungen werden die Motivation und das
willhaben
32 CHECK 2/2019
# cäsar immoaward
„Großartige
Performances verdienen
Wertschätzung
und Anerkennung.
Deshalb unterstütze
ich den Immoaward.“
Roland Schmid
CEO IMMOunited
Der Cäsar Immoaward
Seit dem Jahr 2006 werden herausragende Leistungen in
der Immobilienwirtschaft mit dem Immobilienaward Cäsar
ausgezeichnet. Seit 2016 haben die Partnerverbände die
inhaltliche Leitung des Cäsar übernommen. Diese bilden
auch die kleine Verbandsjury, die die Nominierung der drei
Finalistinnen und Finalisten pro Kategorie übernimmt. Die
notariell beglaubigte Wahl der Cäsaren findet in Form einer
Fachjurysitzung mit circa 35 wahlberechtigten Experten der
Immobilienbranche statt.
Jana Madzigon, Immounited
Feierliche Preisübergabe
Ursula Simacek wurde als Immobiliendienstleisterin
des Jahres ausgezeichnet.
Streben nach Qualität branchenweit gefördert“, ist der
Sponsor überzeugt. Vierter Hauptsponsor und dieses
Jahr zum zweiten Mal dabei war KONE Österreich.
Christian Wukovits, Vorstandsvorsitzender von KONE
Österreich, sieht die Cäsar-Gala als eine tolle Möglichkeit
an, die großartigen Leistungen der Preisträgerinnen
und Preisträger in einem festlichen Ambiente entsprechend
würdigen zu können.
Unterstützt wird der Immobilienaward von einem Personenkomitee
und sechs Partnerverbänden, darunter ÖVI
(Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder),
FIABCI (Fédération Internationale des Administrateurs de
Biens Conseils et Agent Immobiliers), RICS (Royal Institution
of Chartered Surveyors), immQu (Verein zur Förderung
der Qualität in der Immobilienwirtschaft), Salon Real
(Netzwerk für Frauen in der Immobilienwirtschaft) und der
Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder
der WKO, sowie den vier Hauptsponsoren IMMOunited,
3SI Immogroup, Willhaben und KONE.
Info:
Cäsar 2019 – Der Immobilienpreis
www.immoaward.at
CHECK 2/2019
33
# innovationen
DIE CMS IM ZEICHEN
DER UMWELT
Die Trends der CMS Berlin 2019: Reinigungsroboter unterstützen zukünftig
die Arbeit der Gebäudedienstleister. Geschäftsprozesse werden komplett
digital. Reinigungssubstanzen erzielen eine nachhaltige Reinigungswirkung
und sind biologisch abbaubar.
Von CHRISTIAN SEC
Messe Berlin GmbH
34 CHECK 2/2019
# innovationen
Die Messe Cleaning.Management.Services (CMS) in
Berlin stand 2019 ganz im Zeichen der Megatrends
Digitalisierung, Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz.
Das Interesse war so groß wie noch nie: 21.000
Fachbesucher aus allen Reinigungssegmenten informierten
sich an den vier Messetagen über das aktuelle Produkt- und
Dienstleistungsangebot der gewerblichen Reinigungsbranche.
Diese zeigte sich gerüstet für die Herausforderungen
des nächsten Jahrzehnts. Die Veranstalter konnten daher ein
überaus positives Messefazit ziehen. „Die CMS Berlin 2019
erfüllte die hochgesteckten Erwartungen der globalen Cleaning
Community. Sie zeigte, wie die Branche den Herausforderungen
der Zukunft mit der Entwicklung innovativer
und nachhaltiger Produkte begegnet und welche Chancen
dabei Digitalisierung und Nachhaltigkeit bieten“, erklärte
Dr. Christian Göke, Vorsitzender der Geschäftsführung
der Messe Berlin GmbH. Die CMS Berlin bietet dabei auch
den jungen, aufstrebenden Unternehmen eine einzigartige
Plattform, die sie zu nutzen wussten. Am Newcomer-Gemeinschaftsstand
stellten die jungen Wilden ihr Leistungsspektrum
an Produkten und technischen Neuentwicklungen
zur Schau. Dazu zählten beispielsweise Reinigungsroboter
für die Fassadenreinigung in großer Höhe, ein Heißwasser-/
Heißdampfsystem für die umweltschonende Wildkräuterbeseitigung
oder ein WC-Reinigungsstab mit einer Spitze aus
zusammengerolltem Zellstoff, der in der Toilette entsorgt
werden darf.
Umweltverträgliche Innovationen
Fast alle Produktbereiche beschäftigten sich bei ihren
Neuheiten mit dem Thema Umwelt. Recycling und biologische
Abbaubarkeit stehen dabei im Fokus bei den
innovativen Herstellern. Aber auch der umweltschonenden
Verpackung wurde viel Augenmerk geschenkt. So
zeigten Aussteller beispielsweise hochkonzentrierte Premium-Reinigungs-
und Pflege-Tabs, die vergleichsweise
wenig Verpackungsmüll produzieren und Transport- und
Lagerkosten reduzieren. Die Firma Fugenial stellte ihren
Fuginator vor. Statt wie üblich Materialien wie Polypropylen
zu verwenden, besteht die neue Fugenbürste aus
gänzlich recyceltem Material: Das Ziel dabei ist auch, die
Produkte in den Recycling-Kreislauf einzugliedern. Abena
Re-Seller präsentierte diverse nachhaltige Lösungen rund
um das umweltgerechte Reinigen, welche die Umwelt in
Bezug auf den Plastikverbrauch, die Materialzusammensetzung
und die Lebensdauer schonen. So bestehen deren
Reinigungs- und Hotelwägen aus recyceltem Kunststoff.
Reinigungsprodukte aus biologisch abbaubaren Substanzen
sind heute fast schon ein Muss, wenn neue Produkte
auf den Markt gebracht werden. Die Messe zeigte
vegane Bio-Reiniger, ausschließlich aus pflanzlichen und
mineralischen Inhaltsstoffen und frei von Mikroplastik,
Petrochemie, synthetischen Konservierungsstoffen oder
Farbstoffen. Die dazugehörigen Flaschen sind dabei sinngemäß
aus hundertprozentigem Recyclat.
Neue leichte Reinigungsmaschinen (Dry-Ice-Energie
GmbH) machen die Vorteile der Trockeneisreinigung
erstmals überall nutzbar – Trockeneis ermöglicht eine
CHECK 2/2019
35
# innovationen
Cleaning.Management.Services
Im Zeichen der Megatrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit
und künstliche Intelligenz.
rückstandslose Reinigung ohne Wasser und Chemie. Die
Anwendung ist, laut dem Erzeuger, umweltschonend, hygienisch
und deutlich schneller als konventionelle Reinigungsverfahren.
Ein Ökoreiniger (Firma Biosid) entfernt
Öl, Fett, Reifenabrieb und Schmutz jeglicher Art und wirkt
dabei, laut Angaben des Unternehmens, stärker als herkömmliche
chemische Reiniger. Trotzdem ist der Bio-Reiniger
kein Gefahrgut, dermatologisch unbedenklich, im
Lebensmittelbereich einsetzbar und für den ökologischen
Landbau zugelassen. Die Basis des Bio-Reinigers ist ein
selbst hergestelltes Bio-Polymer auf Grundlage nachwachsender
heimischer Rohstoffe. Der Reinigungsspezialist Dr.
Schnell stellte das System Ecolution als innovativen Ansatz
zum Umweltschutz vor. Ecolution besteht aus ultrahochkonzentrierten
Reinigern, die laut Angaben des Herstellers
fünfmal so intensiv wirken wie herkömmliche Konzentrate.
Sie werden sowohl flüssig als auch als wasserlösliche Sticks
geliefert. Beide Produktarten zielen darauf ab, Müll und
CO 2
-Emissionen beim Transport einzusparen. Die Sticks
sparen Lagerplatz und die aus zu hundert Prozent recyceltem
Kunststoff hergestellten Flaschen lassen sich vielfach
wiederverwenden. Auf diese Weise reduziert sich der Abfall
gegenüber Ready-to-use-Flaschen laut Dr. Schnell um 98
Prozent. Auch im Bereich der Körperhygiene wird zunehmend
auf biologisch abbaubare Produkte gesetzt. So wurden
auf der CMS Handreiniger ohne Mikroplastik (Buzil),
die speziell für die Anforderungen der umweltfreundlichen
Hand- und Hautreinigung konzipiert wurden, vorgestellt.
Das in der Handwaschfließcreme enthaltene extrafeine
Maiskolbenmehl unterstützt den Reinigungsvorgang auf
mechanische und trotzdem milde Weise, ohne Mikroverletzungen
zu verursachen. Das Maiskolbenmehl ist ein biologisch
abbaubarer Reibekörper.
Roboter im Vormarsch
Neben der Nachhaltigkeit waren bei der CMS vor allem
Innovationen im Bereich der künstlichen Intelligenz im Fokus.
Wobei auch in diesem Bereich die Umweltkomponente
nicht zu kurz kam, wie das Beispiel des Roboters Clearbot
zeigt. Dieser komplexe, sensorgesteuerte Glas- und Fassadenreinigungsroboter
für vertikale und geneigte Flächen
an Gebäuden entlastet den Menschen von gesundheitlich
belastender und gefährlicher Arbeit in großer Höhe. Die
zu reinigende Fassade und eventuell vorhandene Begrenzungselemente
werden automatisch erkannt und das Reinigungswasser
kommt sparsam und nachhaltig in einem
geschlossenen Kreislauf zum Einsatz. Für die Verwendung
mit einem industriellen Vertikal-Knickarmroboter wurde
Messe Berlin GmbH
36 CHECK 2/2019
# innovationen
Neuigkeiten aus der Branche
Das aktuelle Produkt- und Dienstleistungsangebot für
Gebäudedienstleister.
Messe Berlin GmbH
ein spezielles Reinigungswerkzeug entwickelt. Dieses besteht
aus einer Bürstenwalze, Wassereinspritzdüsen sowie
einer Abziehvorrichtung für die Reinigungsflotte.
Der Reinigungsroboter der Firma Solar Cleano mit einer
Reinigungskapazität von 1.000 Quadratmetern pro Stunde
ist eine schnelle und effiziente Lösung für die Reinigung
von Solarmodulen. Er wurde so entwickelt, dass eine einzige
Person alle Arbeiten verrichten kann. Der Roboter lässt
sich in vier Teile auseinanderbauen, jedes davon wiegt weniger
als 25 Kilogramm. Dies ermöglicht, dass die Maschine
ganz einfach von einer Person aufgebaut, transportiert
und wieder demontiert werden kann.
Modular aufbaubar ist auch der Multi-Equipment-App
Carrier Robot, der sich beispielsweise gleichzeitig als
Transportplattform oder auch als Wisch-Roboter nutzen
lässt. Durch den modularen Aufbau können mehrere
Aufgaben gleichzeitig eigenständig ausgeführt oder durch
den Austausch des Equipments für unterschiedliche Aufgaben
genutzt werden. Das Laden der autonomen Plattform
funktioniert induktiv und lässt sich am Boden platzsparend
montieren. Der Adlatus-Roboter, vom gleichnamigen Unternehmen
entwickelt, ist ein professioneller autonomer
Reinigungs-Roboter und speziell für den Einsatz bei der
Reinigung von glatten Böden gedacht. Der Roboter kann
eigenständig diese Böden reinigen und sich selbst rechtzeitig
zur Ladestation bewegen, um Frischwasser eigenständig
aufzufüllen und Schmutzwasser abzulassen. Personal ist
während des Reinigungsbetriebs nicht nötig. Das Fachpersonal
kann andere Aufgaben übernehmen. Die gewünschten
Reinigungsbereiche werden auf einem Gebäudeplan gespeichert
und auf dem Gerät hinterlegt. Eine Vereinfachung
für die Arbeit in niedrigen Höhen bietet das Produkt Ixolift
500. Über einen Wahlhebel wird der Ixolift vom handverschiebbaren
in den selbstfahrenden Modus gebracht. Ein
Highlight ist der praktische USB-Anschluss am Steuerpult.
Jederzeit können mit Smartphone, Tablet oder Laptop unterstützte
Tätigkeiten an Bord ausgeführt werden, ohne einen
leeren Akku befürchten zu müssen.
Digitalisierung auf allen Ebenen
Auch in der Digitalisierung zeigte die CMS neue und zeitgemäße
Lösungen, denn vernetzte und „smarte“ Geräte
halten auch im Reinigungssegment Einzug. Dafür hat
Nilfisk eine intelligente Softwarelösung für effizientes
Flottenmanagement entwickelt. Die Anwendung ist einfach:
Ein Sticker mit QR-Code wird auf das Gerät geklebt
und dieser per Smartphone gescannt. Über eine nutzerfreundliche
App werden die Maschinen noch im System
CHECK 2/2019
37
# innovationen
aussagekräftig sind. Im digitalen Zeitalter wird auch von
Reinigungswagen erwartet, mehr leisten zu können als
nur Reinigungsprodukte zu transportieren. Der Origo 2
(Vileda GmbH) stellt sich dieser Herausforderung mit
neuen innovativen Funktionen und nahtloser digitaler
Integration. Um dies sicherzustellen, wurde der Fokus in
der Entwicklung auf die Konnektivität bzw. die nahtlose
Zusammenführung von Reinigungsequipment und digitalen
Geräten gelegt.
Reinigungsequipment
Nahtlose Zusammenführung mit digitalen Geräten.
Umweltbewusst
Sanfte Reinigungsmittel sind im Trend.
registriert. Im Tagesgeschäft bedeutet das konkret, dass
alle relevanten Daten bei Bedarf abgerufen werden können.
In welchem Objekt wird welche Maschine eingesetzt?
Wo ist ihr exakter Standort? Wann war das Gerät
das letzte Mal bei der Wartung? Wie ist es um die Funktionsfähigkeit
bestellt? Das Sicherheitsplus: Durch definierte
Erfassungszyklen (per Scan des QR-Codes) ist sichergestellt,
dass die Daten stets aktuell, konsistent und
Innovation Award
Der CMS Purus Innovation Award (PIA) ist in diesem Jahr
in vier Kategorien verliehen worden: Sieger in der Kategorie
Großmaschinen wurde die Bodenreinigungsmaschine
Comac C85 NSC von Kentner. Die eingebaute Kläranlage
sorgt dafür, dass nur etwa einmal im Monat ein Wasserwechsel
erfolgen muss statt 20 bis 30 Mal, wie bisher bei
konventionellen Maschinen. Damit setzt Kentner ein deutliches
Zeichen für die Nachhaltigkeit, weil weit weniger
Wasser und Chemie verbraucht und in die Abwassersysteme
geleitet werden.
In der Kategorie Kleinmaschinen wurde der Automower
535 AWD von Husqvarna, der extreme Steigungen von bis
zu 70 Prozent befahren und mähen kann, ausgezeichnet.
Sämtliche Einstellungen am Gerät, wie Mähhöhe, Mähzeiten,
Start, Stopp und Parken nimmt der Nutzer mittels
der Fleet Services-App von Husqvarna vor. In der Kategorie
„Equipment“ gewann der Dust Stop der Firma Hako.
Die für den Einsatz auf Tellerbesen bei Kehrsaugmaschinen
konzipierte Hülle sorgt dafür, dass im Vergleich zu einem
herkömmlichen Tellerbesen bis zu 90 Prozent weniger
Feinstaub emittiert wird, was für den Arbeitsschutz und
die Gesundheit der Reinigungskräfte ein wahrer Quantensprung
sein soll. In der Kategorie: „Digitale Tools und Systeme“
war der Adlatus Teams 2020 nicht zu schlagen. Dieser
ist eine durch künstliche Intelligenz gestützte Mensch-Maschine-Schnittstelle,
die aus einem menschlichen Facility
Manager und seinen autonomen Roboterassistenten ein
Team schmiedet. Durch intelligente Vernetzung von Systemen
können umfangreiche Reinigungsaufgaben von variablen
Reinigungsflotten übernommen werden. Das führt
vor allem in großen Reinigungsbereichen zu einer extremen
Steigerung der Produktivität.
Messe Berlin GmbH, Hersteller
38 CHECK 2/2019
THE SUSA WAY
SOCCER FOR KIDS
Our Soccer stars are encouraged to express their talent with freedom, flair and endeavour - the “SUSA WAY”!
Of course each child is unique and therefore has different needs when it comes to starting out on their long and
winding soccer journey. The FUN and friendship environment we promote at the sessions helps to give the kids
that confidence to express themselves, and with a little “tweeking” from our dedicated coaching team they are
soon on their way to becoming a Soccer Star!
We are a Multi-Cultural, International Soccer Family comprising
Academy and League teams - based in Vienna
Our goal at SUSA is to improve each child‘s soccer talent in
an environment of learning, FUN & Friendship using the latest
pedagogical Methodology and neuro-scientific concepts
We are dedicated to providing a flexible and dynamic Training
program within a fully inclusive Community atmosphere
We focus on developing all the essential elements (Technical,
Physical/Motor skills, Tactical and emotional) that young players
need in competitive Team Sports and, further more, in life
Diversity is ‘Par for the course’ at SUSA with our strong links to
the International Community within Vienna.
SUSA programs unite Boys, Girls and dedicated Coaches from
across the globe, creating a rich and vibrant multi-cultural explosion
of „Rock‘n‘Roll“ Soccer; at SUSA, It’s never enough to just kick
a ball
FC SUSA, currently, has 6 Boys Teams, 2 Girls Teams and 1 Men’s
KM competing within the Viennese Football Federation
We have at the moment more than 200 active families originating
from over 50 different countries
Our full Family database comprising all SUSA Programs, Teams
and Camps totals approximately 500 families
Although our working language is English, our dedicated
Coaching Staff brings more than 12 different Countries together
speaking in total more than 10 different Languages.
For the 2020/21 Season, we plan to add 3 more Youth Teams to
our League Program.
Wether your interest (personal and/or private) lies with our
Developmental Academy Program, our Boys, Girls or Mens
League Teams, Holiday camps or General SUSA Family, we‘re
confident that we have opportunities to fit. For further
information on how you can join us at this exciting time in our
development, please contact us on the following emails:
General Queries: susasoccer@aol.com
Girls Program: susawf@gmail.com
www.susasoccer.rocks/ facebook.com/susasoccervienna/ instagram.com/susasocceracademy/ #susasocceracademy
# digitalisierung
EINE SCHÖNE
NEUE WELT
Zur Digitalisierung der FM-Branche gibt es keine Alternative mehr.
Themen wie Transparenz, Kosteneffizienz, Umwelt sowie die Chance auf
neue Geschäftsmodelle fördern diesen Megatrend zusätzlich.
Von CHRISTIAN SEC
Shutterstock
40 CHECK 2/2019
# digitalisierung
Als die Autos zu Beginn des vorigen Jahrhunderts
langsam die Straßen der Großstädte eroberten, haben
dies viele Pferdekutscher als tödliche Gefahr
für ihr Geschäftsmodell empfunden. Tatsächlich blieben
nur wenige Pferdekutscher übrig. Vor allem diejenigen, die
sich als Transportunternehmen sahen und weiterhin Personen
und Waren beförderten, nur eben nicht mit Pferden,
sondern mit motorisierten Fahrzeugen. Auch heute gibt es
für das Überleben von Unternehmen keine Alternative, als
sich mit der Digitalisierung „anzufreunden“.
Fünf vor zwölf
Wenn sogar im schläfrigen Kontinentaleuropa bereits
jeder über Digitalisierung spricht, dann ist davon auszugehen,
dass die digitale Revolution bereits voll im
Gange ist. Internet of Things, Big Data und Machine
Learning sind in aller Munde und bereits in vielen
Variationen im Immobilienmanagement marktfähig.
Die technologische Revolution verursachen dabei disruptive
Marktvorgänge: Branchenfremde drängen mit
digitalen Lösungen auf den Markt. Wer sich dieser Entwicklung
entzieht, wird sich bald als ausrangierter Fiaker
wiederfinden.
Dass es bereits fünf vor zwölf ist, was die Anpassung
an die neuen Verhältnisse angeht, wird anlässlich des
Vortrages von Jan Trionow, CEO von Hutchison, am
letzten IFM-Kongress klar. Er spricht in seinem Vortrag
davon, dass 5G, der neue Mobilfunkstandard, schon
bald Feldbus, EOTION, KNX ersetzen könnte und
eine Disruption am Markt in Gang setzen werde. Somit
könnten neue Player wie Telekomanbieter auf das
Facility-Management strömen und dieses auf den Kopf
stellen. „Wie lange die Umsetzung in Österreich dauert,
hängt nur noch von der Kooperation mit den Eigentümern
von Immobilien ab“, so Trionow. Auch Prof. Alexander
Redlein, Abteilungsleiter für Immobilien und
Facility Management an der TU Wien, sieht durch die
Digitalisierung immer mehr branchenfremde Technologiefirmen
in den Markt hineinbrechen, die hier Lösungen
anbieten. Zwar werden die Potenziale zur Effizienzsteigerung
von der Branche erkannt. Trotzdem macht
die erfolgreiche Digitalisierung bislang nur kleine Fortschritte,
wie die neue Lünendonk-Studie zeigt.
Organisationale Veränderungen
Durch die Digitalisierung des Kerngeschäfts entstehen
auch neue Arbeitswelten. Dabei ist es vor allem eine
neue Generation, die nun auf den Arbeitsmarkt drängt
und mit den Segnungen der digitalen Welt sozialisiert
wurde, die infrastrukturelle Anpassungen der Organisationen
verlangt. „Diese Generation Z ist nicht mehr
zufrieden mit einem kleinen 2er- oder 4er-Büro, sie
wollen kommunizieren, sich austauschen – unabhängig
von einem stationären Arbeitsplatz“, so Redlein. Probleme
sollten gemeinsam in einer anregenden Umgebung
gelöst werden – Lounge-Bereiche, Cafeteria etc. Zielvorgaben
statt Anwesenheitszeiten sind das neue Credo
für das Management. Verlangt wird eine Organisation,
die Arbeiten und Schreiben gegebenenfalls auch per
Homeoffice ermöglicht, mit gleichzeitiger Konnektivität
zu allen notwendigen Informationen und Dokumenten
per Internet/Cloud.
Dies sind auch Grundbedingungen für abteilungsübergreifendes
Arbeiten und Denken. Hierarchische Organisationsformen
sind dabei oft nicht mehr zeitgemäß,
da sie nur schwer eine Flexibilisierung der Geschäftsabläufe
zulassen. Jedoch sind diese nicht mehr linear
oder stationär, sondern veränderbar. Das fängt bei der
Arbeitszeit jedes Einzelnen an und steht auch tief in Zusammenhang
mit Kundenbeziehungen. „Mehrwerte in
Zeiten der Digitalisierung entstehen häufig in der horizontalen
Verknüpfung unterschiedlichster Fähigkeiten“,
erklärt dazu Herbert Stoffels, Change-Management-Berater
und Co-Autor des Buches „Die digitalen
Macher“.
Energieeffizienz
Das Zusammenspiel von IoT, künstlicher Intelligenz und
Big Data ist zukünftig unerlässlich, um die gesellschaftliche
Forderung nach Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit
zufriedenstellend umzusetzen.
So können in der Verbindung von Internet of Things
(IoT) mit Big Data die Informationen von Gebäuden und
Anlagen zwischengespeichert werden und damit Verbräuche
automatisch in Kennzahlen verwandelt werden.
Kommunen müssen dann beispielsweise nicht mehr einen
Spezialisten beauftragen, ein Gebäude zu begehen
CHECK 2/2019
41
# digitalisierung
xx
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Praxistauglich
Die Firma SIMACEK nutzt bereits extensiv
die Möglichkeiten der Digitalisierung.
und Maßnahmen vorzuschlagen, sondern können dies
ausschließlich, direkt und vor allem kontinuierlich auf
Basis der Verbrauchsdaten in der Datenbank entscheiden.
„Teilweise lässt sich sogar eine direkte Steuerung
vornehmen. So konnte ein großer österreichischer Developer
auf diese Weise bei einem Bürogebäude rund
30 Prozent Energie ohne Komfortverlust einsparen“,
erklärt Redlein. An der TU Wien wurde in einem Forschungsprojekt
der Energieverbrauch der Klimatisierung
eines Gebäudes per IoT erfasst und mit Hilfe von Big
Data analysiert. Der Stromverbrauch im Jänner, Februar
und März war ident. Dabei gibt es aber im Februar
keinen Studentenbetrieb, also ist die Nutzung wesentlich
geringer. „Bei einem klassischen ein- bis zweitägigen
Energie-Monitoring wäre das nicht aufgefallen. Durch
die kontinuierliche Überwachung und Analyse war der
,Optimierungsbedarf‘ der Regelung dagegen einfach erkennbar“,
erklärt Redlein die Vorteile des digitalen Monitorings.
Predictive Maintenance
Auch die künstliche Intelligenz in Verbindung mit Big
Data wird im Bereich Predictive Maintenance immer
wichtiger. Damit können unangenehme Vorfälle, wie eine
Aufzugsstörung, schon im Vorfeld vermieden werden.
Sensoren liefern online den Zustand der Anlage an eine
Big Data-Datenbank. Dort können sie analysiert und Algorithmen
definiert werden, um zu erkennen, ob sich ein
Fehler anbahnt. Das Verfahren dazu nennt sich Machine
Learning. Es ermöglicht, die Betriebsdaten möglichst
vieler Aufzüge auszuwerten und selbstständig Muster zu
erkennen. Da die Algorithmen bei ausreichend großen
Datensätzen sehr genau sind, lässt sich ein Fehler über
Tage hinweg vorhersehen. Und statt eines Notfalleinsatzes
kann die „normale“ Einsatzplanung der Mitarbeiter
eine rechtzeitige Reparatur sicherstellen.
„Gerade Eigentümer und Developer zögern oftmals mit
dem Erwerb solcher Systeme, weil sie die Rendite nicht sehen“,
erklärt Redlein. „Aber wenn man sich über dieses
Simacek
42 CHECK 2/2019
# digitalisierung
Privat
Service einen Aufzug pro Gebäude erspart, da die anderen
immer verfügbar sind, dann rechnet sich es sofort.“
Auch bei SIMACEK werden Datenquellen so verknüpft,
dass Probleme frühzeitig über Dashboards oder andere
intuitive Visualisierungen sichtbar werden. Einerseits werden
dadurch Stillstandzeiten reduziert, andererseits kann
der Facility Manager, basierend auf Verschleißmodellen,
Ersatzteile in einer priorisierten Reihenfolge austauschen,
was eine effiziente Personaleinsatzplanung ermöglicht.
Chancen für Facility Management
Die Technologien haben sich so weit entwickelt, dass sie
beginnen, miteinander zu korrespondieren. Somit können
ganz neue Dienstleistungen und Geschäftsmodelle angeboten
werden. Für die Facility Manager bedeutet dies eine
große Chance. So können über digitale Plattformen nun
auch Kleinaufträge für die FM-Branche abgewickelt werden,
die bislang durch den hohen administrativen Aufwand
nicht profitabel waren.
Die Technologie ermöglicht, dass der Reinigungsbedarf
und die notwendige Reinigungsintensität in Form von
Sensorik, also unterstützender Technik, vollautomatisch
erkannt werden. Mit dieser Erkenntnis kann, ohne täglichen
Eintrag, eine dementsprechende Leistungsintensität
für das Reinigungspersonal erarbeitet werden. Mit dieser
Optimierung der Ressourcen bei gleichzeitiger Senkung
der Administrationskosten könnten neue Kundensegmente
erreicht werden, die zuvor nicht wirtschaftlich
waren. Hinzu kommt, dass durch die Digitalisierung der
Dokumentation für den Kunden klar ersichtlich wird,
dass das, was der Kunde bestellt, auch dokumentiert
und abgearbeitet wird – d.h. absolute Transparenz der
Leistungserfüllung. Weiters ist sichergestellt, dass die
Leistung dem tatsächlichen Bedarf entspricht, was eine
wirtschaftliche Optimierung mit sich bringt. All dies
könnte ein Outsourcing des Facility Managements für
viele Zielgruppen attraktiver machen.
Digitale Checkpoints
Auch SIMACEK nutzt bereits extensiv die Möglichkeiten
der Digitalisierung. So erhalten die Mitarbeiter über
mobile Endgeräte relevante Informationen zu Aufgaben
und akutem Handlungsbedarf, was die Arbeit effizienter
macht. Mit digitalen Checkpoints und entsprechend
intelligenten Software-Systemen lassen sich Service-Vorgänge
und Energieflüsse in Gebäuden für alle Beteiligten
sichtbar und nachvollziehbar dokumentieren. Das kann
Sicherheitsrundgänge ebenso betreffen wie Zeit, Ort und
Umfang der Reinigung oder die Wartung von Aufzügen.
Mit dem digitalen Produkt SIM.Care kann zwischen
Kosten und Nutzen abgewogen werden. Die aktuellen
Kosten der entsprechenden Immobilie werden auf Adäquanz,
Konformität und Effizienz geprüft und mit den
jeweiligen effizientesten, innovativsten Lösungen abgeglichen.
Dabei werden Synergien und Doppelgleisigkeiten
identifiziert und Kosten für den Kunden erspart.
Kein Widerspruch zum Datenschutz
„Immer mehr
branchenfremde
Technologiefirmen
brechen in den Markt
hinein. “
Prof. Alexander Redlein
Leiter Immobilien und Facility
Management, TU Wien
Das Sammeln eines Datenschatzes ist kein Widerspruch
zum Datenschutz, wie oftmals befürchtet wird. Sensoren
messen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Bewegungen in
einem ausgewählten Bereich. Sie haben aber keine Kamera
und machen auch keine Tonaufnahmen. Auch aus den
Reinigungsplänen sollten keine personenbezogenen Daten
interpretiert werden können. So werden bei SIMACEK
die Infrarot-Bewegungsdaten ausschließlich automatisiert
zur weiteren Berechnung der Reinigungspläne verwendet.
Diese Daten sind nicht einsehbar, um zu vermeiden, dass
daraus Sitzplatzbelegungen – und damit persönliche Daten
bei fixen Einzelplätzen – abgeleitet werden können.
Und auch die Übertragungswege der Daten werden bei
SIMACEK mit modernsten Sicherheitsstandards verschlüsselt.
Sämtliche dieser Daten werden darüber hinaus
nur auf Vertragslaufzeit und immer im Einklang mit der
aktuellen DSVGO gespeichert und verarbeitet.
CHECK 2/2019
43
# intelligente gebäude
ELEKTRONISCHER
BODYGUARD
Intelligent, effizient – und im Visier von Online-Attacken: Smart Buildings sind
nicht nur eine digitale Wohlfühlzone. Sondern auch eine Herausforderung für
Sicherheitsprofis, die hier ein wirksames IT-Schutzschild errichten müssen.
Von CHRISTIAN PRENGER
44 CHECK 2/2019
# intelligente gebäude
Gefahr durch Hacker
Solche Besucher will niemand im Smart Building: Hacker
sorgen auch in den digitalen Gebäuden der Zukunft für
komplexe Herausforderungen an die Sicherheit.
Shutterstock
Die Lage spitzt sich zu. Neue Methoden und Mechanismen
verleihen der Bedrohungslage eine bis
dato unbekannte Dimension, so die Botschaft von
ForeScout Technologies. Der überaus beklemmende Befund
jener IT-Sicherheits-Spezialisten dürfte keinen Profi
kalt lassen. Noch mehr Störfälle, noch raffiniertere Attacken,
noch mehr Risiken: Organisierte Cyber-Kriminalität
lässt sich offenbar kaum mehr stoppen auf ihrem Weg zum
ultimativen Alptraum.
Denn die Täter agieren heute zunehmend radikaler. Im Gegensatz
zu klassischen Taktiken geht es auch um Sabotage.
Hochgerüstete Hacker nutzen verschiedene Schadprogramme
und Angriffsmuster für das Ausschalten von Geräten,
Infrastruktur oder Applikationen. Dagegen wirken Delikte
wie Phishing, wo Gangster über gefälschte Mails Daten
stehlen möchten, vergleichsweise harmlos. Bei heiklen Objekten
aber, die für das Funktionieren der Gesellschaft unverzichtbar
sind, läuten alle Alarmglocken.
Dieses Schreckensszenario betrifft den unbefugten Zugriff
auf neuralgische Punkte wie Industrieanlagen, Kraftwerke,
staatliche Einrichtungen, Bürokomplexe, Spitäler, Kasernen
oder Flughäfen. Dort lässt sich maximaler Schaden
anrichten oder hohes Lösegeld erpressen. Für ForeScout
Technologies ist die Situation eindeutig: Entspannung
bleibt pure Illusion, forciert alleine durch das Wachstum
von vernetzten Geräten. In einer nahtlos durchdigitalisierten
Welt kommunizieren bereits zahllose Alltagsgegenstände
miteinander und tauschen Daten aus.
So wie auch im Smart Building, dem Gebäude der Zukunft,
ausgestattet mit feinster Technologie vom Parkplatz
über den Empfang bis unter das Dach. Dort messen
clevere Thermostate die Temperatur und starten im
richtigen Moment die Klimaanlage. Oder intelligente Beleuchtung
reagiert via Fernwartung automatisch auf die
Tageszeit. Das Gebäude wird auch permanent schlauer:
Gezieltes Sammeln von Daten bildet die Basis für optimale
Abläufe.
Frühe Problemerkennung
Für das Facility Management ergibt sich gleichermaßen
die Chance zur Optimierung. Sollte irgendwo im Gebäude
eine Baustelle auftauchen, sind die Verantwortlichen
rasch im Bild. Kontrolle und Monitoring machen
CHECK 2/2019
45
# intelligente gebäude
„Neue Sicherheitsrisiken
können sich im Falle
eines Angriffs auf die
gesamte Organisation
auswirken.“
Stephan von
Gündell-Krohne
ForeScout
Technologies
Die Hüter intelligenter Gebäude sind nicht hilflos
Mit effizienten und professionellen Abwehraktionen lassen
sich Problemzonen in den Griff bekommen.
die Verwaltung von Objekten spürbar einfacher. Alleine
durch frühe Erkennung beginnender Probleme können
zuständige Spezialisten unmittelbar eingreifen. Bevor
Sand in die Maschinerie gerät, der vielleicht viel Zeit,
Aufwand und Geld verschlingt.
Das Resultat aller Annehmlichkeiten und Prozesse sind
bessere Bedingungen für Arbeit und Alltag, reduzierte
Kosten sowie gesteigerte Nachhaltigkeit. Gegen solche
digitalen Wohlfühlzonen sehen traditionelle Behausungen
zwar alt aus, doch der elektronische Glanz hat eine
Schattenseite: Experten warnen davor, dass jene Objekte
vermehrt zu Zielen von Cyber-Kriminellen werden.
Komplexe Technologie erzeugt nämlich gleichzeitig
eine Menge Risiken. Smart Buildings sind keineswegs
uneinnehmbare Techno-Festungen, sondern teils fragile
Konstruktionen.
Das große Zittern beginnt oft schon an der Basis. Viele
Geräte in Netzwerken kommunizieren nämlich tatsächlich
immer noch über unverschlüsselte Protokolle.
Dadurch gehen für versierte Gangster rasch Türen und
Tore auf. Manche Zahlen dürften gestressten Abwehrkräften
zusätzliche schlaflose Nächten bescheren: Gemäß
der Computer-Suchmaschine Shodan existieren
weltweit tatsächlich fast 4,7 Millionen Geräte, die aufgrund
ihrer defizitären Abschirmung leichte Beute für
Banden sind.
Neue Sicherheitsrisiken
„Das Schlagwort Industrie 4.0 ist bereits seit Jahren in aller
Munde, und viele Anlagen sind über die Firmennetzwerke
hinaus vernetzt. IT-Leiter merken allerdings, dass hier
auch neue Sicherheitsrisiken entstehen, die sich im Falle eines
Angriffs auf die gesamte Organisation auswirken können.
Im Zuge der Attacken mit WannaCry standen in vielen
Werken sämtliche Bänder still“, erinnert Stephan von
Gündell-Krohne, Experte von ForeScout Technologies.
Dieses Schadprogramm hat immerhin mehr als 300.000 Unternehmen
in 150 Ländern massiven Ärger beschert. Solche
Schädlinge verschlüsseln auf einen Schlag den Inhalt von
Computern und infizieren dann über das interne Netzwerk
mit rasantem Tempo zahllose weitere Rechner. Plötzlich
kann kein Mitarbeiter mehr auf Daten zugreifen, die aber
dringlich benötigt werden. Was in jeder Hinsicht äußerst
heikle Situationen heraufbeschwören kann. Erst gegen die
Zahlung eines Lösegelds wird diese Sperre aufgehoben.
Spürbare Konsequenzen von Attacken sind also längst bittere
Realität, obwohl kaum darüber gesprochen wird. Wer
aber weiter wegschaut oder eine Marketingmasche gieriger
Sicherheitsfirmen vermutet, befindet sich im Irrtum:
39 Prozent der europäischen Unternehmen wurden in den
letzten fünf Jahren Opfer einer Cyberattacke. 64 Prozent
vermerken, dass sie möglicherweise unwissentlich gehackt
wurden, besagt der Bericht von RSM, einem Netzwerk von
ForeScout Technologies, Shutterstock
46 CHECK 2/2019
# intelligente gebäude
„Ein Kontrollverlust
kann erhebliche
Auswirkungen haben.“
Florian Brunner
Experte der Unternehmens-
beratung PwC Österreich
PwC Österreich
Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Beratungsunternehmen.
Ein Blick in das Nachbarland unterstützt allfällige kritische
Hinweise: Der Anlagensicherheits-Report 2019 des
deutschen TÜV-Verbandes macht nicht zuletzt am Beispiel
von Aufzügen deutlich, dass Wegschauen keine Lösung
sein kann. „Neben Risiken wie Materialermüdung und
Verschleiß entstehen mit zunehmender Vernetzung der
Anlagen neue Gefahren. Cyberangriffe können Aufzüge
zwischen Etagen zum Stehen bringen oder einen Absturz
herbeiführen“, warnt Joachim Bühler, Geschäftsführer im
TÜV-Verband.
Solche Visionen klingen nach einem billigen Horrorfilm,
sind aber keineswegs das Ende der Fahnenstange. Es könnte
noch schlimmer werden. Viele potenzielle Krisenzonen
im Smart Building sind noch nicht bekannt. Die generelle
Entwicklung macht Prophylaxe kaum einfacher. „IT-Vernetzung
bringt Organisationen massive Vorteile, bleibt
aber mit einem erhöhten Risiko verbunden. Die Welt besteht
aus Milliarden von Geräten, die viele Betriebssysteme
und Protokolle nutzen, um Daten über Branchen und
Grenzen hinweg auszutauschen“, weiß Elisa Costante, Senior
Director der Forescout Research Labs.
Manipulierte Kameras
Die Forschungseinrichtung soll sich mit den Schattenseiten
der oft zitierten Connectivity beschäftigen. Zur
Wie wichtig ist IT-Security für das Smart Building?
Gebäudesteuerungen sind so verwundbar wie Industrieanlagen.
Beide lassen sich im Netz oft aufspüren. In der Automatisierung
gelangen außerdem Technologien zum Einsatz, die meist
gar nicht konzipiert wurden für Online-Erreichbarkeit. Bei
Angriffen mit Schadsoftware hat niemand ein Gebäude im Sinn
– doch was passiert, wenn die Türen nicht mehr aufgehen oder
die Heizung im Winter streikt?
Was macht digitale Gebäude attraktiv für Hacker?
Angreifer können Geld fordern oder versuchen, über die
Gebäudesteuerung andere Systeme zu hacken. In den USA
werden Gefängnisse elektronisch verwaltet, die Zellen lassen
sich via Knopfdruck öffnen. Experten halten hier Angriffe
zumindest für möglich. In Österreich sind diese Szenarien kein
Thema, aber ein Kontrollverlust bei Gebäuden kann massive
Auswirkungen haben.
Was sind neuralgische Punkte im Smart Building?
Die Gebäudesteuerung kontrolliert unter anderem Licht, Strom
oder das Schließsystem. Neben möglichen Angriffen, auch auf
Systeme wie Brandmeldeanlagen, könnten Angreifer über das
Netzwerk andere Bereiche im Gebäude anvisieren. Von dort aus
kann eine beliebige Verbreitung erfolgen.
Wie muss das Facility Management gegensteuern?
Netzwerke sollten isoliert werden. Weiters dürfen die Zugriffspunkte
für sicherheitsrelevante Systeme nicht aus dem gleichen
Netzwerk wie etwa die Lichtsteuerung erreichbar sein.
Wo liegen dabei die Herausforderungen?
Betreiber, Hersteller und Integratoren sollen sich proaktiv mit
Cyber-Security beschäftigen. Oft benötigt es einen externen
Mentor, der die Materie ausreichend adressiert.
CHECK 2/2019
47
# intelligente gebäude
Sicherheitslücken
Die komfortable Bedienbarkeit birgt das Risiko,
dass Einfallstore übersehen werden.
Analyse potenzieller Krisenzonen in Gebäuden haben die
Profis deshalb ein eigenes Planspiel geschaffen. Die reale
Testumgebung mit Überwachung, smarten Gegenständen
und intelligenter Beleuchtung sollte sichtbar machen, was
so alles über gehackte Networks passieren kann. Oder welche
Wege Gangstern zur Verfügung stehen bei ihren Raubzügen
in das Innere von Betrieben und Häusern.
Ein Resultat betrifft manipulierte Überwachungskameras.
Hier wurde von den Forschern das Filmmaterial eines Videorekorders
durch zuvor aufgezeichnete gefälschte Inhalte
ersetzt. Auf diese Weise lassen sich bösartige Täuschungsmanöver
durchführen, um eine falsche Wirklichkeit vorzuspiegeln,
die Sicherheitskräfte blufft. Was Einbrechern ihre
Tätigkeit stark erleichtert, wenn luxuriöse Wohngegenden
das Ziel darstellen oder Industriespione in der Nacht sensible
Firmen-Dokumente entwenden wollen.
Mit solchen Aktionen bringen sich manche Kriminelle
nicht in Gefahr, doch erwischt zu werden. Sie spielen auf
der Tastatur neuer digitaler Trends. Laut dem IT-Security-
Lösungsanbieter Trend Micro gilt nämlich das Klonen
der Stimme eines Nutzers als neuer Trick. Dann erteilt der
Sprachassistent verhängnisvolle Befehle, ohne erkannt zu
werden. Oder Phantomvorrichtungen lösen Ärger aus, sollte
die Anwesenheitserkennung zum Entriegeln von Türen
versagen. Den Rest erledigen eingeschmuggelte Logikfehler.
Solche digitalen Nebelwerfer irritieren das Sicherheitssystem
und verhindern intelligente Alarme.
Reduzierte Schwachstellen
Trotzdem sind Krisen im Smart Building weder Schicksal
noch ein Grund zur Schockstarre. Hier kann modernes
Facility Management Unterstützung leisten als eine Art
elektronischer Bodyguard. Mit zeitgemäßer Technologie,
Know-how und rascher Reaktion lassen sich viele Angriffe
in den Griff bekommen – oder sogar entschärfen. Was nicht
nur eine effiziente Verwaltung aller Geräte im Netzwerk
erfordert. Auch Schwachstellen, die Hacker als Hintertüre
nutzen könnten, müssen ausnahmslos reduziert werden.
Kenner der Materie verweisen im Zuge von Maßnahmen
zur Absicherung ohnehin immer wieder auch auf
Shutterstock
48 CHECK 2/2019
# intelligente gebäude
„Normale User
können die neue
Malware-Spezies
nur schwer
bekämpfen.“
„Professionelle
Gebäudetechnik
präsentiert sich
heute ähnlich
komplex wie früher
Rechenzentren,
aber viel
heterogener.“
Jonathan Shimonovich
Check Point Software
Technologies
Udo Schneider
Trend Micro
Check Point Software Technologies, Trend Micro
externe Spezialisten. Nicht immer stehen intern genug
finanzielle, technische und personelle Ressourcen zur
Verfügung. Doch kompetente Wächter von außen können
solche Defizite nicht bloß kompensieren. Sondern
auch die Qualität der IT-Security entsprechend steigern,
etwa durch aktives Orten und Reagieren, sollten
Hacker an digitale Türen klopfen.
Dazu zählt auch der menschliche Faktor. Das Internet
der Dinge, der Online-Verbund von permanent
interagierenden Gegenständen, wird auch Gebäude
noch intelligenter machen. Deshalb verweisen Insider
regelmäßig auf die Notwendigkeit, das Bewusstsein
von Mitarbeitern und privaten Bewohnern zu schulen.
Schließlich erfordern die meisten Netz-Angriffe eine
menschliche Interaktion – den Klick auf einen Link, das
Bearbeiten von Dokumenten, das Herunterladen der
Software oder das Öffnen einer Datei.
Auf den Punkt bringt es Udo Schneider, Experte von
Trend Micro: „Professionelle Gebäudetechnik präsentiert
sich heute ähnlich komplex wie früher Rechenzentren,
aber viel heterogener. Security punktuell und rein
technologisch umzusetzen, ist deshalb zum Scheitern
verurteilt. Vielmehr muss Sicherheit holistisch im Gesamtsystem
betrieben werden, inklusive der jeweiligen
Menschen und Prozesse.“
Belohnte Mühe
Solcher Aufwand bei der Abwehr trägt Früchte. Nicht
nur, was das Nervenkostüm aller Beteiligten betrifft.
Eine Studie der Unternehmensberatung PwC unter
mehr als 3.000 Führungskräften und IT-Experten in 81
Ländern liefert jedenfalls klare Signale. Demnach sind
Betriebe mit einer klaren Cyber-Security-Strategie stark
im Vorteil: Sie erzielen bessere Ergebnisse, sind auf Angriffe
vorbereitet und besitzen hohe Vorteile gegenüber
ihrem Mitbewerb.
Das mobile Zeitalter wird in diesem Zusammenhang
eine Hauptrolle spielen. Tragbare Endgeräte gewinnen
auch für das Gebäudemanagement immer größere Bedeutung
– ebenso im Sicherheitsbereich. Tablets und
Smartphones generieren nicht nur eine neue Servicedimension,
sondern haben sich zum Objekt der Begierde
von Digitalbanden entwickelt. So hat etwa Check Point
Research, die Threat Intelligence-Abteilung des Cyber-
Sicherheitsanbieters Check Point Software Technologies,
eine völlig neue weltweite Spezies fataler Schadprogramme
entdeckt.
Diese Plage hat heimlich 25 Millionen Mobilgeräte infiziert.
Getarnt als mit Google verbundene Anwendung,
nutzt der Schädling Schwachstellen des Android-Betriebssystems
für seine Angriffe wie den Diebstahl
von Finanzdaten oder Lauschangriffe auf den Besitzer
des Telefons. „Die Malware greift Anwendungen im
Hintergrund an, was es für normale User schwierig
macht, solche Bedrohungen selbst zu bekämpfen“, unterstreicht
Jonathan Shimonovich, Experte von Check
Point Software Technologies. Auf die Fachkräfte des
Facility Managements wartet viel Arbeit.
CHECK 2/2019
49
# portrait
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder – die Fakten
Fläche
24.200 m 2
Gründung
Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien wurde
1614 gegründet. Es ist das größte Ordensspital in der
Bundeshauptstadt.
Mitarbeiter
Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien arbeiten
mehr als 1.000 Mitarbeiter. Ein Großteil davon ist in
medizinischen und pflegerischen Berufen tätig.
Medizinisches Angebot
Mit mehr als 400 Betten, zehn Fachabteilungen samt
Ambulanzen, einer Gehörlosenambulanz, einer Ambulanz
für mehrfach- und schwerbehinderte Patienten, zwei
Instituten sowie der öffentlichen Apotheke ist das
Schwerpunktkrankenhaus der Barmherzigen Brüder ein
wichtiger Pfeiler in der Gesundheitsversorgung der Wiener
Bevölkerung.
Frequenz
Im Jahr 2018 wurden 32.000 Patienten stationär betreut.
In den Ambulanzen bekamen 140.000 Personen eine
medizinische Hilfeleistung, unabhängig von Religion,
Alter, Herkunft und Weltanschauung.
Service
SIMACEK betreut das Krankenhaus der Barmherzigen
Brüder in Wien bereits seit 1982. Mit 32 MitarbeiterInnen
sorgen wir von Montag bis Sonntag durch die Reinigung
und Pflege des Gebäudes für optimale Sauberkeit. Zu
weiteren Services, die erbracht werden, zählen z.B. die
Grundreinigung, Fensterreinigung, Deckenreinigung,
Vorhangreinigung und das Teeküchenservice.
Info
www.bbwien.at
www.simacek.com
Gabriel Pall
50 CHECK 2/2019
# portrait
BARM-
HERZIG
Modernste Medizin und Menschlichkeit müssen nicht im
Widerspruch stehen. Das Krankenhaus der Barmherzigen
Brüder ist der beste Beweis dafür.
Von THOMAS LANGER
Credits
CHECK 2/2019
51
# portrait
Operationssäle mit Vorbereitungs- und Aufwachzimmern.
Insgesamt gibt es heute sechs Operationsräume. Die letzte
große Umbauphase erlebte das Ordensspital zwischen
1994 und 2004: Da entstand ein Neubau entlang der
Schmelzgasse und ein Verwaltungsgebäude im Hof.
Aula des Spitals
Der lichtdurchflutete Eingangsbereich
schafft eine gute Stimmung bei Patienten,
Mitarbeitern und Angehörigen.
Die vierhundertjährige Geschichte ist dem Krankenhaus
der Barmherzigen Brüder in Wien nicht
anzusehen: Der Eingangsbereich mit dem bunten
Gemälde, der Galerie und dem Info-Desk erinnert fast an
eine Hotelrezeption. Tatsächlich wurde das Spital aber
1614 vom Chirurgen Frater Gabriel Ferrara OH gegründet
und hatte zu dieser Zeit gerade einmal zwölf Betten.
Heute sind es mehr als 400. Im Mittelpunkt steht seit den
Anfängen immer der Mensch mit seinen Bedürfnissen.
Gemäß dem Gründer des Ordens, dem heiligen Johannes
von Gott (1495-1550), widmet sich das Krankenhaus der
Behandlung nichtversicherter oder mittelloser Patienten.
Dies entspricht ganz der Intention des Heiligen Johannes
von Gott, des Ordensgründers der Barmherzigen Brüder:
Armen und Kranken zu helfen, ohne nach Religion, Alter,
Herkunft und Weltanschauung zu fragen.
Aufregende Geschichte
Um sich die Leistungen des Ordens und der Spitalsmitarbeiter
durch die Jahrhunderte vor Augen zu führen, ein paar historische
Details: Erst im Jahr 1876 wurde das Krankenhaus,
das zu dieser Zeit bereits 224 Betten hatte, an die städtische
Gas- und Wasserleitung angeschlossen. Der Krankenhausbetrieb
konnte auch während der Weltkriege trotz mehrerer
Bombentreffer die ganze Zeit weitergeführt werden.
Das Gebäude wurde mehrmals umgebaut und erweitert: In
den Jahren 1971 bis 1973 ist der Teil entlang der Großen
Mohrengasse aufgestockt worden. Es entstanden fünf neue
Moderne Medizintechnik
Heute sind viele wichtige Fachgebiete im Haus vertreten (siehe
Fakten). Ein Schwerpunkt der neurologischen Abteilung
mit Stroke-Unit etwa ist die Schlaganfallversorgung. An der
2011 installierten Augentagesklinik können Katarakt-Operationen
(Grauer Star) ambulant durchgeführt werden.
Tumore werden in allen Abteilungen, die chirurgisch tätig
sind, therapiert. Vor allem im Bereich der Hämato-Onkologie
– das sind gut- und bösartige Erkrankungen des Blutes
und des lymphatischen Systems – hat das Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder eine Vorreiterrolle inne.
Seit 2011 stehen den Ärzten für spezielle Operationen, u.a.
im Bereich der Urologie, zwei „daVinci ® “-Operationsroboter
zur Verfügung.
Für besondere Bedürfnisse
Für gehörlose und schwerhörige Menschen gibt es seit 1999
eine eigene Gehörlosenambulanz. Neben der allgemeinen
medizinischen und pflegerischen Betreuung bietet diese die
Begleitung in Fachambulanzen, stationäre Betreuung, Sozialberatung,
psychologische Betreuung sowie einen psychiatrischen
und einen orthopädischen Konsiliardienst an. Zudem
findet sich im Ordensspital eine eigene Ambulanz für
mehrfach- und schwerbehinderte Patienten.
Ausbildung im Haus
Die Pflegeakademie der Barmherzigen Brüder Wien bildet
seit mehr als 40 Jahren in den unterschiedlichen Bereichen
der Pflege aus. Mehr als 2.000 Personen absolvierten bereits
erfolgreich eine Aus- oder Weiterbildung. Seit dem Studienjahr
2017/18 stellt die Pflegeakademie in Kooperation mit
der Fachhochschule Campus Wien 24 Studienplätze für das
Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege zur Verfügung.
Seit Herbst 2019 wird der neue Universitätslehrgang
Intensivpflege der MedUni Wien und der Pflegeakademie
durchgeführt. Darüber hinaus werden fachspezifische Weiterbildungen
im Pflegebereich angeboten.
Wolfstudios
52 CHECK 2/2019
# expertinnen-interview
Krankenhaus BB Wien
Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation
für Pflegefachkräfte im Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder?
Die Personalsituation ist generell in Österreich sehr
herausfordernd. Es gibt einen enormen Pflegepersonalmangel,
der in der Gesellschaft leider nicht thematisiert
wird. Bei den Barmherzigen Brüdern haben wir aber
das Glück, dass wir alle offenen Planstellen innerhalb
von zwei bis drei Monaten nachbesetzen können.
Geht das auch deswegen, weil dem Spital die
Pflegeakademie angeschlossen ist?
Ja, das ist auf jeden Fall ein riesiger Benefit. Dadurch, dass
die Studenten den Großteil ihrer Praktika im Haus machen,
können sie die Teams besser kennenlernen und bewerben
sich dann unmittelbar für spezielle Stationen und
Bereiche.
Welche Werte werden den Pflegekräften und
den Patienten in Ihrem Ordensspital vermittelt?
Ich denke, das sind die Werte des Ordens der Barmherzigen
Brüder unter dem Dach der Hospitalität. Qualität,
Respekt, Verantwortung und Spiritualität sind Themen,
die der Pflege immanent sind. Es ist für die Pflege nicht
schwierig, die Werte der Barmherzigen Brüder zu leben.
Denn wenn ich den Beruf vollinhaltlich leben will, geht
es ja nicht nur um eine fachliche Qualifikation. Da gehören
Respekt und ein wertschätzender Umgang mit den
Menschen ganz selbstverständlich dazu. Dazu ist es aber
auch wichtig, dass man auf die individuellen körperlichen,
aber auch spirituellen Bedürfnisse der Patienten
eingeht. Von den Pflegekräften fordere ich diese Werte
explizit ein. Ich kann nicht eine fachlich und menschlich
gute Pflegeperson sein, wenn ich nicht diese Werte lebe.
Es soll auch kein Unterschied gemacht werden zwischen
Religionszugehörigkeiten oder der gesellschaftlichen
Stellung der Personen. Jeder Mensch, auch der Kriminelle,
wird in diesem Spital als Mensch in seiner Würde
behandelt. Jeder bekommt die fachliche, aber auch die
menschliche Zuwendung, die er braucht.
Stieg der Arbeitsaufwand des Pflegepersonals
aufgrund der vorgeschriebenen Dokumentationen
in den letzten Jahren, oder vereinfachen Computer
und Internet diese Tätigkeiten?
Wir konnten bereits vor 20 Jahren durchsetzen, dass es
„Respekt und ein
wertschätzender
Umgang.“
Mag. Therese Lutnik,
MSc, MAS, DGKP
Pflegedirektorin im
Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder
eine Pflegedokumentation auf Computerbasis gibt. Wir
sind da absolute Vorreiter in Österreich. Es geht durch
die Computerdokumentation nicht schneller, aber in
einer ganz anderen Qualität. Alles ist nachvollziehbar,
auswertbar etc. Natürlich sind auch die gesetzlichen
Vorgaben da: Man muss dokumentieren. Denn alles,
was nicht dokumentiert ist, ist vor dem Gesetz nicht geschehen.
Gerade bei der Diagnose und bei der Anamnese
gibt es aber Vordrucke, die das Ausfüllen vereinfachen.
Sind auch die Hygienevorschriften für
Krankenpfleger in den letzten Jahren
verschärft worden?
Die waren schon immer hoch. Sie haben sich in den
letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Es gibt natürlich
von den Magistratsabteilungen immer genauere
Vorschriften. Bei den internationalen Patienten-Sicherheitszielen
ist ein Ziel die Hände-Hygiene. Das gilt beim
Betreten und Verlassen eines Patientenzimmers gleichermaßen.
Für die Reinigungsdienste hat sich schon einiges
geändert. Auch sie mussten sich den gesetzlichen Vorgaben
anpassen. So müssen sie etwa wissen, was alles in
einem „infektiösen Zimmer“ zu beachten ist.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der
Pflege?
Ich wünsche mir für das Haus, dass es immer genügend
Bewerber geben wird, die nicht nur die notwendige
fachliche, sondern auch die menschliche Qualität
mitbringen. Das wird in Zukunft immer schwieriger
werden. Generell wünsche ich mir einfach, dass sich
genügend Menschen für die Gesundheits- und Krankenpflege
entscheiden. Es ist ein wunderbarer Beruf.
Ich muss nicht ein Leben lang dasselbe tun. Ich kann
CHECK 2/2019
53
# experten-interview
z.B. nach zehn Jahren sagen: Ich habe eine Zusatzausbildung
in Wundmanagement, ich möchte jetzt von der
chirurgischen Fachkrankenpflege in die Intensivpflege
wechseln. Diese Möglichkeiten hat nur die Pflege. Ich
wünsche mir von Eltern, dass sie ihre Kinder in diesen
wunderbaren Beruf hineinschnuppern lassen.
Welche Erwartungen haben Sie an die
Regierung?
Die Politik sollte etwas für die Pflege tun: Wir haben
ein gutes Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Dazu
haben wir auch ein neues Berufsbild der Pflegefachassistenz
– mit einer Ausbildung von vier Semestern. Das
wurde in Österreich nur nicht groß publik gemacht.
Die Politik sollte mehr Werbung dafür machen. Eine
adäquate Bezahlung gehört natürlich auch dazu. Der
Wert der Gesundheits- und Krankenpflege sollte generell
für die Gesellschaft mehr publik gemacht werden.
Man musste schon Stationen in Pflegeheimen zusperren,
weil zu wenig Personal dafür vorhanden war. Auch
wenn das Gesundheitsbewusstsein gestiegen ist, wird es
immer genügend ältere Menschen geben, die eine hoch
qualifizierte Pflege benötigen, nicht nur eine Heimhilfe.
„Gutes tun und
es gut tun.“
Univ.-Doz. Dr.
Thomas Sautner
Ärztlicher Direktor des
Krankenhauses der
Barmherzigen Brüder Wien
Welche Bedeutung kommt dem Ordensspital heute zu?
Unser Spital besteht seit 1614. Es ist ein unverzichtbarer
Bestandteil der Wiener Gesundheitsversorgung für
diese Region, zum Beispiel auch für die hier beheimatete
jüdische Gemeinde. Es ist auch das einzige Schwerpunkt-Krankenhaus
unter den Ordensspitälern.
Welche medizinischen Schwerpunkte im Haus
würden Sie hervorheben?
Über die Jahre wurden herausragende Leistungen in unterschiedlichen
Schwerpunkten entwickelt. Generell sind
aber die medizinischen Leistungen aller Abteilungen unseres
Hauses auf einem sehr hohen Niveau.
Einer der Schwerpunkte ist die Augenheilkunde. Diese ist
eine der größten Abteilungen in Wien. Jährlich werden
rund 7.200 Operationen bei Grauem Star durchgeführt.
Ein zweiter „Leuchtturm“ ist die urologische Abteilung.
Hier wird schon seit mehreren Jahren roboterunterstützte
Chirurgie durchgeführt. Besonders im Bereich der Prostataoperationen
zählt unser Krankenhaus nicht nur in
Wien, sondern österreichweit zu den größten Einrichtungen.
Eine dritte herausragende Leistung ist die Schlaganfallversorgung
auf allen Ebenen, insbesondere aber die
der interventionellen, röntgengesteuerten Versorgung.
Wenn ein Gerinnsel eine Blutbahn zum Gehirn verstopft,
wird dieses durch diese Technik wieder entfernt oder
aufgelöst. Dadurch können die Folgen des Schlaganfalls
deutlich verringert oder komplett reversiert werden.
Große Erfahrung haben auch die chirurgischen Abteilungen
insbesondere im Bereich der laparoskopischen
und Darmchirurgie oder die Gynäkologie – mit einem
zertifizierten Endometriosezentrum.
Welche Unterschiede sehen Sie im Umgang mit
den Patienten zwischen einem Ordensspital
und den Krankenanstalten der Stadt Wien
beispielsweise?
Was uns meiner Meinung nach am meisten unterscheidet,
ist die Intention des Ordensgründers, alle Menschen
zu behandeln, Hilfe zu leisten, unabhängig vom
Ansehen der Person. Das Motto des Hauses ist: „Gutes
tun und es gut tun.“ Dieses Ideal ist der Geist, der in
diesem Haus lebt, und der steckt an. Die meisten der
hier Arbeitenden machen ihren Beruf nicht nur zum
Broterwerb, sondern mit viel Herzblut. Die Kommunikation
unter den Mitarbeitern und mit den Patienten ist
sehr wertschätzend. Ordenshäuser haben einen ganzheitlicheren
Zugang zu ihren Patienten.
Wie sieht die finanzielle Situation aus?
Der Orden hat natürlich keine uneingeschränkten Mittel
Krankenhaus BB Wien
54 CHECK 2/2019
# experten-interview
Ärzte und Pflegefachkräfte
Die Mitarbeiter des Krankenhauses pflegen
einen wertschätzenden, respektvollen Umgang.
Krankenhaus BB Wien/Schedl
zur Verfügung. Trotzdem steht er hinter einer umfassenden
Versorgung auch von Personen, die nicht versichert
bzw. mittellos sind. Unsere Ambulanz ist 24 Stunden an
sieben Tagen der Woche geöffnet. Das wurde bis vor einem
Jahr nur zu einem minimalen Teil abgegolten. Trotzdem
wird es vom Orden mit Hilfe von Privatspenden
finanziert. Dank Unterstützung unserer Spender können
diese Leistungen erbracht werden.
Hat das Krankenhaus genügend Ärzte, oder ist
ein „Mangel“ bereits spürbar?
Bei uns besteht derzeit kein Ärztemangel. Dennoch sind
die medizinischen und pflegerischen Leistungen für unsere
Mitarbeiter angesichts des kontinuierlich steigenden
Bedarfs und auch der Erwartungshaltung der Patienten
immer schwieriger zu erbringen.
Ist das Spital mit technischen Geräten optimal
ausgestattet, oder besteht noch ein Bedarf?
Wünschen kann man sich immer etwas. Gerade in den
drei genannten Schwerpunktbereichen und in vielen anderen
Abteilungen sind wir aber so gut ausgestattet, dass wir
Spitzenmedizin problemlos anbieten können. Es sind alle
Gerätschaften vorhanden, um eine optimale Versorgung
sicherzustellen. In einem Bereich haben wir sogar mehr als
viele andere Spitäler: nämlich die zwei Operationsroboter.
Werden beide in der Urologie eingesetzt?
Nein. Der zweite wurde angeschafft, weil die robotische
Operationstechnik auch auf andere Gebiete ausgedehnt
wurde. So ist jetzt einer der Roboter mehrheitlich in der
Urologie in Verwendung, während der andere auch in
der Chirurgie, der Gynäkologie und der HNO-Abteilung
eingesetzt wird.
Welche politischen Massnahmen wären aus Ihrer
Sicht notwendig, um die Gesundheitsversorgung
in Österreich auch für die Zukunft zu sichern?
Mir ist bewusst, dass Gesundheitsversorgung ein extrem
teurer Bereich ist. Man muss die Kostenentwicklung
daher jedenfalls im Auge behalten. Ordenskrankenhäuser
in Wien können nicht auf die Deckung eines
Budgetdefizits durch die öffentliche Hand zurückgreifen
und müssen daher besonders gewissenhaft wirtschaften.
Abseits der Spitalsfinanzierung wären aber Anliegen
wie die Gesundheitsvorsorge, eine entsprechende Bewusstseinsbildung
und ein sparsames Umgehen mit
Ressourcen wichtige Themen für die Politik.
Welche Massnahmen wären Ihrer Meinung
nach hilfreich?
Was ich mir in Bezug auf die finanziell angespannte Situation
in der Medizin wünschen würde, wäre die Schaffung
von Strukturen, die gegenwärtig bestehende Mehrgleisigkeiten
ausräumen. Würde die gesamte Gesundheitsversorgung
von niedergelassenem und stationärem Bereich aus
einer Hand und aus mehreren Töpfen finanziert werden,
hätten wir mehr Kostentransparenz.
CHECK 2/2019
55
# katakomben
berufswelt
Demografische Tendenz
Der Anteil älterer Beschäftigter
steigt auch in Österreich stetig an.
ARBEITEN FÜR ALLE
GENERATIONEN
Wir werden immer älter, und das oft bei guter Gesundheit. Damit steigt auch der
Altersdurchschnitt in den Belegschaften österreichischer Unternehmen. Diese
stehen vor der Herausforderung, gute Voraussetzungen für
generationenüberschreitendes Arbeiten zu schaffen.
Von MARTIN KRAKE
In den letzten Jahrzehnten sind die Geburtenraten in
Europa stetig zurückgegangen. Gleichzeitig steigt unsere
Lebenserwartung immer weiter an. Sowie die Aussichten,
unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit bis ins
hohe Alter zu erhalten. Der Anteil älterer Menschen an der
Bevölkerung wird weiterhin steigen – und damit auch der
Anteil erfahrener Menschen am Arbeitsmarkt.
Diese Entwicklung schlägt sich bereits deutlich in der Statistik
nieder: Der Anteil an Arbeitnehmern ab 55 Jahren
in Österreich ist zwischen 2008 und 2018 von 424.300
auf 712.700 Personen gestiegen – das entspricht einem
Anstieg von 10,6 % auf 16,5 %. Diese Gewichtung verschiebt
sich von Jahr zu Jahr weiter: Die sogenannte „Erwerbsprognose“
der Statistik Austria geht davon aus, dass
im Jahr 2050 mehr als 22 % der Erwerbstätigen über 55
Jahre alt sein werden.
Einerseits ist es für Unternehmen heute schon oft schwierig,
junge Arbeitnehmer zu finden. Andererseits wird
Shutterstock
56 CHECK 2/2019
## katakomben berufswelt
eine Anhebung des Pensionseintrittsalters wahrscheinlicher.
Die Unternehmen stehen damit vor der Aufgabe,
ihre Beschäftigten länger im Betrieb zu halten. Dadurch
wird auch das Thema „alternsgerechtes Arbeiten“ immer
aktueller.
Alternsgerechtes Arbeiten
Dabei gibt es einen Unterschied zwischen den sehr ähnlichen
Begriffen „altersgerechtes Arbeiten“ und „alternsgerechtes
Arbeiten“. Das kleine N ist leicht zu übersehen,
macht aber einen großen Unterschied in der Bedeutung: Altersgerechte
Maßnahmen (ohne N) sind solche, die ältere
Arbeitnehmer unterstützen und etwaige körperliche Mankos
– wie die verminderte Körperkraft oder ein schlechteres
Sehvermögen – nach einem kompensatorischen Ansatz ausgleichen,
indem sie die Arbeitsbedingungen an die individuelle
Leistungsfähigkeit anpassen.
Alternsgerechte Arbeitsbedingungen (mit N) sind dagegen
solche, die den Vorgang des Älterwerdens langfristig – das
heißt über die gesamte Dauer des Erwerbslebens – berücksichtigen
und so mithelfen, dass mögliche altersbedingte
„Defizite“ ausgeglichen und Vorteile genutzt werden können.
Einfacher ausgedrückt: Alternsgerechte Arbeitsbedingungen
sorgen dafür, dass Menschen aller Generationen
ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen vorfinden, untereinander
davon profitieren und ihre Motivation bis zur
Pension behalten. Dieser Ansatz verfolgt das Ziel, die körperliche
Arbeitsfähigkeit wie auch die emotionale Einsatzbereitschaft
durch lebensphasenorientiertes Arbeiten für
die gesamte Dauer des Erwerbslebens zu erhalten und ist
daher präventiv. Es geht also um Arbeitsbedingungen, die
Menschen eine lange und angenehme Berufstätigkeit erlauben
und die das Erfahrungswissen der Älteren zum Vorteil
der Betriebe nutzen. „Arbeit ist dann alternsgerecht, wenn
sie vom Einstieg ins Berufsleben bis zum Erreichen des Pensionseintrittsalters
ausgeübt werden kann – bei guter physischer
und psychischer Gesundheit“, heißt es bei der Initiative
„Arbeit und Alter“ (arbeitundalter.at).
Optimale Arbeitsbedingungen
In einer Zeit, in der Menschen immer älter werden – und
infolge dessen auch immer öfter über eine Anhebung des
Pensionseintrittsalters nachgedacht wird –, muss es das
Ziel sein, Menschen länger im Berufsleben zu halten. Und
dazu gehört eben auch, ihnen passende Arbeitsbedingungen
zu bieten.
Es lässt sich nicht leugnen, dass Menschen mit der Zeit
gewisse Leistungseinbußen erfahren können. Diese beschränken
sich aber überwiegend auf physische Fähigkeiten
wie Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit: Mit
zunehmendem Alter nehmen etwa Muskelmasse und
Ausdauer ab, die körperliche Leistungsfähigkeit lässt
nach. Dem kann aber mit Trainingsmaßnahmen effektiv
entgegengewirkt werden. Alternsgerechtes Arbeiten berücksichtigt
diese natürlichen Prozesse und setzt frühzeitig
geeignete Maßnahmen, um sie zu kompensieren.
Dafür muss bereits bei den jungen Arbeitnehmern angesetzt
werden, denn das Altern ist schließlich ein kontinuierlicher
Vorgang. Firmen können zum Beispiel gezielt
Anreize für Trainingsmaßnahmen setzen, um dem Verlust
an Kraft und Kondition entgegenzuwirken, etwa durch
Zuschüsse für Sportvereinsmitgliedschaften. Oft genügt
es auch, Arbeitsprozesse anders anzulegen. So hilft die Positionsveränderung
von Monitoren, Zwangshaltungen zu
vermeiden.
Alternsgerechtes Arbeiten beschränkt sich aber nicht auf
den Ausgleich auf körperlicher Ebene, sondern bezieht
ebenso die Psyche mit ein: Ältere Beschäftigte sind oft in
emotionaler Hinsicht weniger belastbar, haben ein höheres
Stressempfinden. Hier spielen vor allem arbeitsbedingte
psychische Belastungen eine Rolle wie hohe Wochenarbeitszeiten,
ständiger Zeitdruck oder geringe Autonomie.
Organisatorische Maßnahmen wie der Ausbau von Gestaltungsspielräumen
und mehr Zeitautonomie, kürzere
Arbeitszeiten, aber flexible Ausstiegsmöglichkeiten können
in diesem Kontext hilfreich sein.
Weiterbildung auch für Erfahrene
Ein wichtiger Punkt beim Thema alternsgerechtes Arbeiten
ist auch die Erhaltung geistiger Flexibilität. Dafür
ist es sinnvoll, Arbeitnehmer aller Generationen durch
neue Herausforderungen fit zu halten. So schicken viele
Betriebe erfahrene Mitarbeiter nicht mehr zu Fort- und
Weiterbildungsmaßnahmen – etwa weil man davon ausgeht,
dass „die eh schon alles können“ oder gar, dass es
sich „für die nicht mehr lohnt“. Ein Fehler, denn durch
CHECK 2/2019
57
#katakomben# berufswelt
Expertenwissen
Ältere Mitarbeiter verfügen oft
über ein unersetzbares Fachwissen.
immer wieder neue Anforderungen kann auch die geistige
Leistungsfähigkeit über lange Zeit erhalten werden.
Fort- und Weiterbildungen sollten nicht nur dazu dienen,
Defizite zu beseitigen, sondern Talente und Ressourcen
der Mitarbeiter aller Altersstufen weiterentwickeln und
fördern. Alternsgerechtes Arbeiten muss daher auch die
psychische Entwicklung berücksichtigen und alle Arbeitnehmer
unabhängig von ihrem Alter fordern und fördern.
Die Einrichtung von „Schonarbeitsplätzen“ ist eher
kontraproduktiv.
Eine besondere Herausforderung für Menschen in der
zweiten Lebenshälfte ist die ständig zunehmende Digitalisierung.
Jüngere Menschen können damit meist besser
umgehen, insbesondere dann, wenn sie als „Digital Natives“
in eine bereits digitalisierte Welt hineingeboren
wurden. Zur Bewältigung dieser Herausforderung können
altersgemischte Teams, die älteren und jüngeren Mitarbeitern
die Möglichkeit geben, voneinander zu lernen,
eine ebenso einfache wie effektive Lösung sein. Das Erfahrungswissen
der Älteren kann so mit der Neugier und
dem digitalen Geschick der Jüngeren kombiniert werden.
Wertewandel ist notwendig
Zum Thema alternsgerechtes Arbeiten gehört auch ein
Wertewandel in der Chefetage: Viele Betriebe bevorzugen
junges Personal, von dem sie mehr Leistungsfähigkeit,
mehr geistige Flexibilität und bessere Anpassungsfähigkeit
an die sich immer schneller verändernden Bedingungen
unserer Zeit erwarten. Dabei sind aber jede Menge
Klischees und Vorurteile im Spiel. So gelten Jüngere
landläufig als dynamischer, ehrgeiziger und aggressiver
– im positiven Sinn, ihnen wird „mehr Biss“ attestiert.
Ältere gelten hingegen als „verbraucht“ und nicht mehr
so anpassungsfähig. Oft wird ihnen unterstellt, sie würden
nur noch „die Tage bis zur Pension zählen“.
Experten bezeichnen diese Denkweise als „Defizitmodell“,
das erfahrenen Menschen unterstellt, in allen Belangen
stetig nur abzubauen. Es ist aber vielfach belegt,
dass die abnehmenden körperlichen Fähigkeiten (Kraft,
Ausdauer, Belastbarkeit) durch andere Faktoren kompensiert
werden: Gewisse psychische, geistige und soziale
Fähigkeiten – wie Erfahrungswissen, Selbstsicherheit,
Urteilsfähigkeit, soziale Kompetenz – nehmen mit den
Jahren zu und sind daher bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte
oft viel ausgeprägter. Alternsgerechtes Arbeiten
zielt darauf ab, diese Vorteile zu nutzen – zum Vorteil der
Arbeitnehmer, aber auch ihrer Betriebe.
Erfahrungswissen nutzen
Ältere Arbeitnehmer haben oft ein weitaus höheres
Maß an Expertenwissen, das die Summer ihrer langjährigen
Erfahrung im Beruf ist. Dies und andere mit dem
Älterwerden zunehmende Fähigkeiten – wie Loyalität
zum Betrieb oder Verantwortungsgefühl und innere Sicherheit
– sollten von Unternehmen positiver gewertet
werden. Im Laufe der Jahre etwaig abnehmende Fähigkeiten,
wie körperliche Leistungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit
oder Veränderungswillen, können durch
technologische und organisatorische Maßnahmen
kompensiert werden.
So sollte die Generation 50plus vor allem Wertschätzung
erfahren und darf nicht durch stetige Bevorzugung
der Jüngeren – etwa bei Weiterbildungen oder der
Vergabe interessanter Aufgaben – demotiviert werden.
Auch Altersgrenzen für interne Karrieren können sich
stark motivationsmindernd auswirken und sollten daher
abgeschafft werden. Wenn erfahrene Mitarbeiter
das Gefühl bekommen, „aufs Abstellgleis geschoben“
Shutterstock
58 CHECK 2/2019
# berufswelt
zu werden, weil ihnen niemand mehr zuhört, kann dies
auch zu einem Verlust für ihren Betrieb führen: Wichtiges
Know-how geht verloren, wenn Unternehmen das
über viele Jahre und Jahrzehnte gesammelte Wissen ihrer
Mitarbeiter ignorieren und ungenutzt „aussterben“
lassen. Auch hier sind gemischte Teams eine gute Lösung,
denn diese geben den Erfahrenen die Möglichkeit,
ihr Wissen rechtzeitig – das heißt lange vor Pensionseintritt
– an die jüngeren Generationen weiterzugeben.
Die Arbeitsinspektion fordert die „Förderung eines Klimas
der Anerkennung und Wertschätzung verschiedener
Altersgruppen“ und nennt den „Informationsaustausch
zwischen den Generationen“ als Schlüsselmaßnahme.
Altersgemischte Teams
Die verschiedenen Generationen
können viel voneinander lernen.
Gütesiegel NESTOR GOLD für SIMACEK
Shutterstock
Altersstrukturanalyse
Eine alternsgerechte Arbeitsgestaltung muss in jedem
Fall ein ganzes Paket von Maßnahmen umfassen, die
aufeinander abgestimmt sind. Oft ist den Betrieben
aber gar nicht bekannt, welche Altersstruktur in ihrer
Belegschaft überhaupt vorherrscht und wie sich diese
in Zukunft entwickeln wird. Dabei kann eine „Altersstrukturanalyse“
hilfreich sein – die AUVA bietet unter
https://altersstrukturcheck.auva.at eine Hilfestellung
dafür an. Dieses Tool erfasst den Ist-Stand und berechnet
auf dieser Basis auch gleich eine Prognose für die
Zukunft, und zwar für bis zu 50 Jahre. Mit Checklisten
und Evaluierungen körperlicher und psychischer arbeitsbedingter
Belastungen können Betriebe ermitteln,
welchen Bedingungen ihre Arbeitnehmer ausgesetzt
sind, und geeignete Maßnahmen für eine alternsgerechte
Arbeitsgestaltung setzen.
Alternsgerechtes Arbeiten ist für alle Betriebe eine ständige
Herausforderung, die sich nicht auf den kompensatorischen
Ausgleich möglicher körperlicher Defizite
älterer Menschen beschränken darf. Oft genügen schon
einfache organisatorische Maßnahmen, um ein besseres
Miteinander der Generationen im Betrieb zu erreichen.
Und um Arbeitnehmer im besten Alter über einen langen
Zeitraum nicht nur körperlich gesund, sondern
auch motiviert im Betrieb zu halten. Notwendig ist zudem
ein genereller Wertewandel, der das Älterwerden
nicht als Verlust, sondern als Gewinn ansieht und diesen
Gewinn für den Betrieb nutzbar macht.
Mit dem Gütesiegel NESTOR GOLD zeichnet das österreichische
Sozialministerium alle zwei Jahre Unternehmen
und Organisationen aus, die sich um das Thema alternsgerechtes
Arbeiten verdient gemacht haben. Die jüngste
Verleihung fand am 13.3.2019 statt. Die SIMACEK Facility
Management Group GmbH wurde dabei zum wiederholten
Mal ausgezeichnet.
Bei SIMACEK ist das Thema alternsgerechtes Arbeiten
schon lange Teil der strategischen Ausrichtung, da Arbeitnehmerschutz
und Arbeitssicherheit in den CSR-Inhalten
bereits enthalten sind. Ab 2010 setzte man erste konkrete
Schritte in Richtung eines alternsgerechten Arbeitens.
2024 war SIMACEK dann das erste Unternehmen der
Reinigungsbranche, welches sich zur Erreichung des
NESTOR GOLD -Siegels überprüfen hat lassen. In den folgenden
Jahren folgten mehrere Rezertifizierungen.
SIMACEK sieht die Zertifizierung auch nicht als einmaliges
Projekt, sondern als kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Dabei geht es konkret um Maßnahmen wie: Forcieren der
Tagesreinigung, Führungskräftetraining zum Generationenmanagement
sowie Ausbau der Gesundheitsangebote
und der betrieblichen Sozialberatung. Zentrales Ziel ist die
Vereinbarkeit der persönlichen Lebensumstände mit dem
Beruf, die Gesunderhaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sowie der längere Verbleib der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer im Erwerbsleben. Zusätzlich soll das Engagement
für alter(n)sgerechte Arbeit sowohl nach innen als auch
nach außen sichtbar gemacht und somit die Attraktivität als
Arbeitgeber erhöht werden.
CHECK 2/2019
59
# rubrik studie
Aufholpotenzial
Frauen sind in den Chefetagen
noch immer unterrepräsentiert.
UNTERNEHMERIN
IN ÖSTERREICH
Die Volksbank ist die UnternehmerInnenbank Österreichs. Um ihre Kundinnen
und Kunden besser kennenzulernen, führt sie seit 2018 jährlich die UnternehmerInnenstudie
durch. 2019 standen dabei die Frauen im Fokus.
Von MARTIN KRAKE
Die UnternehmerInnenstudie der Volksbank wurde
2018 zum ersten Mal durchgeführt und ging
2019 in die zweite Runde. Wie schon im Vorjahr
befragte das Gallup Institut zwischen Juni und Juli
2019 im Auftrag der Volksbank 1000 Unternehmerinnen
und Unternehmer in Österreich. In dieser repräsentativen
Stichprobe wurden alle Branchen und Unternehmensgrößen
berücksichtigt – was in dieser Form in
Österreich einzigartig ist. Sie hat das Ziel, Einblicke in
das Leben, die Motivation und die Herausforderungen
von Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich
zu gewinnen und soll eine Diskussionsgrundlage
für ein besseres Verständnis des Unternehmertums in
Österreich schaffen.
iStock
60 CHECK 2/2019
# studie
Volksbank/Foto Weinwurm
Im heurigen Jahr ging es dabei vor allem um Frauen als
Unternehmerinnen und Gründerinnen – und um die Unterschiede
im Unternehmertum zwischen Frauen und Männern.
Was unterscheidet sie in ihrer Motivation für die Führung
eines Unternehmens? Wo liegen die Unterschiede in
den Auswirkungen auf das Privatleben? Ist die Verbindung
von Karriere und Familie für Frauen eine größere Herausforderung
als für Männer? Und gibt es tatsächlich Branchen,
die „frauenlastiger“ sind als andere?
Die Studie ist in vier Themenbereiche eingeteilt: 1. Merkmale
& Unterschiede, 2. Leben & Herausforderungen, 3.
Antrieb & Erfolg, 4. Bilanz & Vision. Sie will aber nicht
nur nackte Zahlen und schön aufgemachte Diagramme liefern,
sondern auch einen „persönlichen Blick auf das Leben
der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich“
richten, wie es heißt. Dazu werden in der Präsentation der
Studie sechs erfolgreiche österreichische Unternehmerinnen
in Interviews nach ihren ganz persönlichen Herausforderungen
und Motivationen befragt, ergänzt durch ein Interview
mit einer Expertin.
Immer mehr Gründerinnen
Bei den Unternehmensgründungen ziehen die Frauen mit
den Männern immer mehr gleich: 2018 erfolgten 45,3 %
aller Unternehmensneugründungen durch Frauen – ein
deutlicher Anstieg gegenüber den vorhergehenden Jahren,
als die Frauenquote bei den Neugründungen nur zwischen
32 und 40 Prozent lag.
Klar erkennbare Unterschiede gibt es bei der Unternehmensgröße:
Frauen führen viel öfter kleine Firmen als
Männer. Rund 60 % der von Frauen geführten Unternehmen
liegen unter einem Umsatz von 300.000 Euro pro
Jahr. Je höher der Umsatz, umso geringer ist der Frauenanteil
in der Führungsebene. Auch zwischen den einzelnen
Branchen gibt es Unterschiede. So werden etwa Unternehmen
im Bereich Tourismus/Gastronomie weitaus
häufiger von Frauen geführt als von Männern, in den Bereichen
Industrie und produzierendes Gewerbe ist es umgekehrt.
Die Erwartung, dass Dienstleistungsbetriebe eher
von Frauen geführt werden, wogegen die Technikbranche
männerlastig ist, trifft in der Realität also durchaus zu.
Ziemlich genau gleichauf liegen die Geschlechter dagegen
im Handel.
„Wir wollten
herausarbeiten,
was unseren Kundinnen
wichtig ist.“
Judith Schrammel
Volksbank Wien,
Leitung Abteilung
Geschäftskunden
Was war die Motivation der Volksbank für die
UnternehmerInnenstudie?
Die Volksbank hat sich zur Aufgabe gesetzt, für Unternehmerinnen
und Unternehmer als Hausbank zur Verfügung
zu stehen. Wenn man Hausbank sein möchte, muss man die
Kunden kennen und eine Vertrauensbasis schaffen. Vertrauen
schafft man durch Nähe, und Nähe entsteht nur, wenn man
den anderen versteht. Daher haben wir zusätzlich zu unseren
individuellen Erfahrungen als Kundenbetreuer eine allgemeine
Studie in Auftrag gegeben.
Warum haben Sie diesmal den Schwerpunkt auf
das Thema „Frauen als Unternehmerinnen“ gelegt?
Das war uns wichtig, weil wir bemerkt haben, dass der Anteil
der Frauen in der Wirtschaft oder in der selbstständigen
Tätigkeit immer größer wird. Um besser mit den Kundinnen
umgehen zu können, wollten wir herausarbeiten, was ihnen
wichtig ist, wie sie ticken, worauf sie Wert legen und wie wir
uns noch besser auf sie einstellen können.
Waren die Ergebnisse der Studie eine
Überraschung für Sie?
Durch die Studie wurde das eine oder andere
Klischee bestätigt. Zum Beispiel, dass Frauen auch als
Unternehmerinnen den Hauptanteil der Hausarbeit
übernehmen. Überraschend war für uns dagegen, dass
auch über 50 % der befragten männlichen Unternehmer
Frauenquoten in Politik und Wirtschaft wollen. Interessant
waren auch die Antworten auf die Frage nach der
Hauptmotivation für die unternehmerische Tätigkeit. Was
in der letztjährigen Studie schon spürbar war, ist heuer, bei
den Unternehmerinnen, noch viel stärker deutlich geworden:
Dass der Hauptantrieb für sie nicht Geld ist oder Erfolg im
Allgemeinen, sondern Wertschätzung und Anerkennung.
CHECK 2/2019
61
# studie
Claudia Unterberger
Martha Schultz
Julia Fandler
Michelle Morik
„Familie und Unternehmen
„Bei Frauen beobachtet man
„Ich hoffe, dass es bald kei-
„Als Unternehmerin ist es
unter einen Hut zu bekom-
vermehrt einen empathischen
nen Unterschied mehr machen
sehr wichtig, eine gewisse
men, ist herausfordernd.“
Fokus.“
wird, wer in Karenz geht.“
Härte mitzubringen.“
Vor allem in großen Unternehmen sind Frauen in der Führungsebene
nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Sind
gesetzlich vorgegebene Frauenquoten ein passendes Mittel,
um das zu ändern? Auch diese Frage wurde im Rahmen
der Studie gestellt. Grundsätzlich ja, darüber besteht
weitgehend Einigkeit: Zwei Drittel der befragten Unternehmerinnen
befürworten Quoten, aber auch knapp die
Hälfte der Männer hält gesetzlichen Druck durch verbindliche
Vorgaben für sinnvoll. Eva Heckl, Gleichstellungsbeauftrage
der KMU Forschung Austria, mag Quoten
eigentlich nicht, sieht sie aber als notwendig an: „Ich bin
grundsätzlich gegen Zwang und für größtmögliche Freiheit,
sehe aber, dass sich in manchen Bereichen einfach zu
wenig bewegt. Da wird es wohl ohne nicht gehen.“
Karriere und Familie als Herausforderung
Das Spannungsfeld zwischen beruflicher Karriere und
Kinderbetreuung ist für Frauen weitaus fordernder als für
Männer. Für Unternehmerinnen scheint dies in besonderem
Maß zuzutreffen: Über 70 % von ihnen gaben in der Studie
an, dass die Balance zwischen den Aufgaben Kindererziehung
und Unternehmensführung schwierig sei, nur 28 %
sahen darin kein Problem. Auch bei den Unternehmerinnen
sind Kindererziehung und Haushalt eine Frauendomäne,
wie die Studie ergab: Sie geben ihren Anteil an den Aufgaben
in Haushalt und Familie mit rund zwei Dritteln an, die
Männer hingegen nur mit einem Drittel.
Martha Schultz etwa, die von ihren Eltern ein erfolgreiches
Touristik-Unternehmen in Tirol übernahm, bedauert
im Interview, dass sie sieben Tage nach der Geburt
ihres Sohnes schon wieder arbeiten musste: „Nicht die
Möglichkeit zu haben, sich diese wichtige und schöne
Anfangszeit frei zu nehmen, war durchaus hart.“ Sie ist
außerdem Vizepräsidentin der WKÖ und wünscht sich
ausgedehntere staatliche Kinderbetreuungsprogramme,
um jungen Müttern einen früheren Wiedereinstieg in den
Beruf zu ermöglichen.
„Wir müssen die geschlechtsspezifischen Rollenbilder hinterfragen“,
fordert Forscherin Heckl. Ihr Institut führte
2017 eine Studie durch, bei der Frauen nach Hürden im
Unternehmertum befragt wurden. Auch dabei wurde die
unterschiedliche Rollenverteilung deutlich: „Eine große
Herausforderung, die Männer kaum als solche benennen,
ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so Heckl.
Claudia Unterberger, Besitzerin eines Autohauses in St.
Pölten und Krems, bestätigt dies aus ihrer persönlichen
Erfahrung heraus: „Die Herausforderung liegt darin, Familie
und Unternehmen unter einen Hut zu bekommen.“
Auch Michelle Morik, die das Hotel „Alpencamp Nenzing“
von ihren Eltern übernahm, sieht „die fehlende Zeit
für Familie und Partnerschaft“ als problematisch an.
Julia Fandler, die die Ölmühle Fandler im steirischen
Pöllau in vierter Generation leitet, konnte das Problem
mit der Kinderbetreuung auf andere Art lösen: Ihr Part-
Privat, Schulz-Gruppe, Ölmühle Fandler/Wasserbauer, Sams
62 CHECK 2/2019
# studie
Volksbank
ner ging für die ersten zwei Lebensjahre des gemeinsamen
Sohnes in Karenz. Sie wünscht sich, dass Väterkarenz zur
Normalität wird: „Ich hoffe, dass es bald keinen Unterschied
mehr machen wird, wer in Karenz geht, damit das
jeweilige Familienmodell gut funktioniert.“
Führungsstil unterscheidet sich
Haben Frauen einen anderen Führungsstil als Männer?
Touristikerin Schultz sieht das durchaus so: „Bei Frauen
beobachtet man vermehrt einen empathischen Fokus, wohingegen
Männer oftmals einen hyperrationalen, zahlenbasierten
Stil an den Tag legen.“ Sie ist „ein Fan der dualen
Führungsspitze“ und leitet das Unternehmen gemeinsam
mit ihrem Bruder. Auch Ölmühlen-Besitzerin Fandler ist
der Ansicht, dass es Unterschiede im Führungsstil gibt. Sie
betrachtet dies aber durchaus als positiv: „Männer und
Frauen haben unterschiedliche Zugänge zu vielen Dingen.
Man muss die Stärken des anderen erkennen und nutzen
– gemischte Führungsebenen machen sich diese Diversität
meiner Erfahrung nach wunderbar zunutze.“
Frauen seien insgesamt konsensorientierter als Männer,
gibt auch Forscherin Heckl an. Und sie seien weniger risikofreudig,
was aber nicht unbedingt negativ sein müsse.
Die geringere Risikobereitschaft äußere sich nämlich auch
darin, dass von Frauen geführte Unternehmen stabiler seien
als die von Männern: „Männer weisen rasch größere
Erfolge auf, können dadurch aber auch tiefer fallen.“
Frauen müssen mehr beweisen
Probleme sieht aber Klaudia Bachinger, die die Jobvermittlung
WisR gründete, in der Art, wie Unternehmerinnen von
der Gesellschaft gesehen werden: Man traue ihnen viel weniger
zu, ein Unternehmen führen zu können. „Als Frau muss
man sich mehr erklären und sein Geschäftsmodell verteidigen,
während Männer eher Fragen in Richtung Vision gestellt
bekommen“, sagt sie dazu. Das habe auch ganz praktische
Probleme zur Folge: So sei es etwa für Frauen deutlich
schwieriger, Risikokapital aufzutreiben. Heckl bestätigt das:
„Die durchsetzungsstarke Unternehmerin, die Risiken eingeht,
gibt es in der Gesellschaft noch nicht.“ Bei Frauen werde
die fachliche Kompetenz oftmals zunächst angezweifelt,
„sie müssen sich stärker beweisen, bevor sie die nötige Anerkennung
erhalten.“ Vor allem jüngere Unternehmerinnen
Volksbank
UnternehmerInnen-
Studie 2019
Die Studie ist in gedruckter
Form in allen Volksbank-
Filialen sowie online unter
www.volksbank.at/unternehmerstudie
erhältlich.
seien mit diesem Problem konfrontiert. Hotelgeschäftsführerin
Morik kann das aus ihrer eigenen Erfahrung heraus bestätigen:
„Ich glaube, dass es als Unternehmerin sehr wichtig
ist, eine gewisse Härte mitzubringen. Sonst wird man in der
Unternehmerwelt von allen ausgenutzt.“
Hohe Zufriedenheit mit Selbstständigkeit
Selbstständigen wird oft unterstellt, „selbst und ständig“
zu arbeiten. Wie sieht es aber tatsächlich aus mit
Arbeitszeiten und Work-Life-Balance? Rund ein Drittel
der befragten Frauen gaben an, fünf Tage die Woche zu
arbeiten, ein weiteres Drittel gab ein Pensum von sechs
Tagen an, ein Drittel arbeitet sogar an allen sieben Wochentagen.
Die Arbeitsbelastung ist bei Unternehmerinnen
also deutlich höher als bei Angestellten.
Dennoch ist die Zufriedenheit hoch: 42 % gaben an, mit
ihrer Work-Life-Balance zufrieden zu sein. 92 % der befragten
Unternehmerinnen sind mit ihrer Berufswahl sehr
zufrieden, 76 % sehen ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit
nach wie vor als gute Wahl. Nur ein kleiner Anteil von
8 % würde sich „definitiv nicht mehr“ selbstständig machen
wollen. Offenbar kann die weitaus höhere Zufriedenheit
mit der Arbeit und die dadurch erhaltene Bestätigung
die höhere Belastung in den meisten Fällen ausgleichen.
Keine der Interviewten bedauert es, Unternehmerin zu
sein. Alle betonen, dass sie zwar eine viel höhere Arbeitsbelastung
hätten als Angestellte, dies jedoch durch eine
abwechslungsreichere und erfüllendere Arbeit ausgeglichen
werde. „Wenn man nicht jeden Tag das Gleiche tun
möchte, ist Selbstständigkeit etwas Großartiges“, sagt
dazu etwa Autohausbesitzerin Unterberger.
CHECK 2/2019
63
Frauen vs. Männer
Arbeitstage die Woche
28 %
43 % 24 %
30 % 27 % 33 % 49 %
30 % 21 %
5 Tage 6 Tage 7 Tage
?
30 %
25 % 24 %
8 %
18 %
20 %
Industrie
Handel &
Dienstleistungen
Tourismus &
Gastronomie
Entgeltliche Einschaltung
45,3 %
2018
40,4 %
39,5 %
2008
2010
35,2 %
32,5 %
2004
2000
Entgeltliche Einschaltung
# nachhaltigkeit
DER GRÜNE
AIRPORT
So wie unsere gesamte Gesellschaft müssen auch die Flughäfen den Weg zu
mehr Nachhaltigkeit finden. Der Flughafen Wien nimmt bei diesem Thema
eine Vorreiterrolle ein und hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt.
Von MARTIN KRAKE
Auf dem Weg zum „grünen Flughafen“
Der Flughafen Wien konnte seinen Energieverbrauch
bereits um 70 Prozent reduzieren.
66 CHECK 2/2019
# nachhaltigkeit
Shutterstock
CHECK 2/2019
67
# nachhaltigkeit
Hauseigene Stromerzeugung
Die Gebäude des Flughafens bieten
viel Platz für Photovoltaik-Anlagen.
In Zeiten, in denen Umweltverschmutzung und Klimawandel
zu immer drängenderen Problemen werden,
ist die gesamte Gesellschaft gefordert, den Ausstoß des
klimaschädlichen Kohlendioxids wesentlich zu reduzieren
und andere Umweltbelastungen einzuschränken. Dies betrifft
auch die Betreiber von Flughäfen. Die Flughafen Wien
AG hat schon vor Jahren den Weg zu einem nachhaltigen
Flughafenbetrieb eingeschlagen. Die Grundlage dafür ist die
vom Laboratorium für Umweltanalytik berechnete CO 2
-Bilanz
des Flughafens, die jährlich für das vorangegangene
Jahr veröffentlicht wird. In diese Bilanz fließt sowohl der
Flugverkehr im Bereich des Wiener Flughafens ein als auch
der Flughafenbetrieb. Also etwa die Energieversorgung der
Gebäude und Anlagen sowie die Fahrzeuge, die am Boden
im Einsatz sind. Die Ergebnisse dieser Bilanz zeigten, dass
der Flugverkehr mit 78 Prozent den größten Anteil an den
CO 2
-Emissionen aufweist. Diese Emissionen liegen außerhalb
des Einflusses der Flughafen Wien AG. Immerhin rund
11 Prozent der CO 2
-Emissionen (von denen der größte Teil
auf die Energieversorgung entfällt) sind aber vom Flughafenbetreiber
direkt beeinflussbar.
Auf dem Weg zur CO 2
-Neutralität
Der Flughafen Wien will seine direkt verursachten
CO 2
-Emissionen nicht nur wesentlich reduzieren, sondern
langfristig praktisch auf null bringen: Noch vor 2030 soll
der Wiener Airport als einer der ersten großen Flughäfen
CO 2
-neutral werden. Bislang ist man in Schwechat
auf einem guten Weg, um dieses ambitionierte Ziel zu
erreichen: Alleine von 2012 bis 2018 hat der Airport seinen
Gesamtenergiebedarf um 26,7 Prozent reduzieren
können, die CO 2
-Emissionen gingen sogar um knapp zwei
Drittel zurück. Und das, obwohl das Passagier- und Luftfrachtaufkommen
in diesem Zeitraum um mehr als 20 Prozent
gestiegen ist. Passagier- und Frachtaufkommen und
Energieverbrauch entwickeln sich seit Jahren gegenläufig:
So konnte der Stromverbrauch pro „Verkehrseinheit“ (das
entspricht einem Passagier oder 100 kg Luftfracht) von
2012 bis 2018 um ganze 26,7 Prozent reduziert werden.
Bis 2030 will der Flughafen trotz geplanter Kapazitätserweiterung
(vor allem durch die dritte Piste) sogar die
CO 2
-Neutralität erreichen. „Minus 70% an CO 2
-Ausstoß
und minus 40% an Energieverbrauch haben wir seit 2011
schon erreicht. Das ist gut, aber noch nicht genug. Denn
unser Ziel ist klar: Wir wollen noch vor 2030 einer der ersten
CO 2
-neutralen großen Airports werden“, erklärte Flughafen-Manager
Günther Ofner im Oktober 2019.
Ambitioniertes Ziel
Es ist also ein ambitioniertes Ziel, dass sich die Flughafen
Wien AG gesteckt hat. Das lässt sich nur mit einem ganzen
Programm an Einzelmaßnahmen erreichen:
# Weitere Verbesserung der Energieeffizienz
# Einsatz CO 2
-freier Energieträger
# Umstellung auf Elektromobilität am Vorfeld
# Ausbau der Erdwärmenutzung für Heizung und
Kühlung
# Ausbau des Photovoltaikeinsatzes
# Stärkere Belastung lauterer Flugzeuge – neues
Lärmgebührenmodell
„Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben für uns bereits
seit 2011 höchste Priorität. Durch unser umfassendes
Nachhaltigkeitsmanagement in allen Unternehmensbereichen
können wir das Ziel, bis 2030 einer der ersten
CO 2
-neutralen großen Airports zu werden, erreichen. Für
uns ist Klimaschutz kein Lippenbekenntnis, sondern gelebte,
tägliche Praxis“, erklärte Flughafen Wien AG-Vorstand
Dr. Günther Ofner.
Flughafen Wien AG/Oliver Topf
68 CHECK 2/2019
# nachhaltigkeit
Um diesen Fortschritt kontrollieren und managen
zu können, beteiligt sich die Flughafen Wien AG am
Programm „Airport Carbon Accreditation System“
(ACAS), das von der europäischen Flughafenbetreiber-Vereinigung
ACI Europe geführt wird. ACAS ist
ein speziell für Flughäfen entwickeltes System zur Erfassung
von Treibhausgasemissionen der Flughäfen.
Flughafen Wien AG/Oliver Topf
Energieeinsparung
Von den CO 2
-Emissionen, die vom Flughafen Wien direkt
beeinflussbar sind, entfällt der größte Teil auf die Energieversorgung
der Flughafenanlagen. Die Reduzierung des
Energieverbrauchs hat daher die höchste Priorität. Um
Einsparungspotenziale zu erkennen, gibt es hier ein eigenes
Energieeffizienz-Team. So konnte etwa alleine durch
die Reduzierung der Beleuchtungsstärke und -dauer in vielen
Bereichen eine nicht unerhebliche Energieeinsparung
realisiert werden. Außerdem wurden Lichtanlagen in den
Flughafen-Einrichtungen inzwischen weitestgehend auf
LED-Betrieb umgestellt. Veraltete Pumpenanlagen in den
Kältezentralen wurden durch moderne Fördermaschinen
ersetzt, die Klimatisierung in den Wartebereichen der Aufzüge
optimiert. Durch den Einsatz der „Smart City Steuerungssoftware“
kann der Energieverbrauch weiter gesenkt
werden. Außerdem wird der Flughafen über eine 4300 Meter
lange Fernwärmeleitung aus der Raffinerie Schwechat
mit Energie versorgt, die dort aus Abwärme entsteht. Die
CO 2
-Bilanz von Fernwärme ist um rund 50 % geringer als
bei einer direkten Beheizung mit Öl.
Photovoltaik
Neben der Nutzung von Einsparungspotenzialen hat
die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare
Energieträger die höchste Priorität. Und der einfachste
und effektivste Weg dazu ist es, den Strom gleich selbst
zu erzeugen – am besten mittels Photovoltaik, also der
Nutzung von Sonnenenergie. Das geht bei einem Flughafen
recht einfach, denn auf den Gebäuden gibt es ausgedehnte
Dachflächen, die sich für die Nutzung durch
Photovoltaik-Anlagen anbieten. Dieses Potenzial wurde
schon 2016 mit der Installation von drei ersten Photovoltaik-Anlagen
auf einer Gerätehalle genutzt. Im August
2019 wurde eine neue Photovoltaikanlage mit 8000
Minus 70 Prozent
Flughafen-Vorstand Dr. Günther Ofner
ist stolz auf das bereits Erreichte.
m 2 bebauter Fläche in Betrieb genommen. Derzeit sind
am Flughafen Wien bereits 23.700 m 2 an PV-Flächen in
Betrieb. Die damit erzeugte Strommenge von 1,8 Mio.
KWh würde zur Versorgung von 600 durchschnittlichen
Haushalten ausreichen.
Alleine von 2015 bis 2018 konnte der Anteil erneuerbarer
Energien am Gesamtstromverbrauch des Flughafens
auf diese Art von 32,2 auf 53,5 Prozent erhöht werden.
Bis Ende 2020 sollen im Rahmen der „Solarstromoffensive
2020“ drei weitere PV-Anlagen auf den Dächern des
Office Park 4 sowie auf den Parkhäusern 3 und 8 entstehen.
Damit will der Flughafen vom Stromkonsumenten
zum Stromproduzenten werden.
E-Autos und Schwungmassenspeicher
Weiterhin soll die Flotte der sogenannten Vorfeldfahrzeuge
schrittweise auf Elektroantrieb umgestellt werden.
Derzeit sind am Flughafen bereits 380 elektrisch
angetriebene Fahrzeuge im Einsatz. Cateringfahrzeuge
mit Verbrennungsmotoren werden nach und nach
durch elektrische Mobile ersetzt. Die Anschaffung von
40 elektrisch betriebenen Passagierbussen steht bevor.
Durch die neuen E-Fahrzeuge soll der Dieselverbrauch
um mindestens eine Million Liter pro Jahr reduziert
werden.
CHECK 2/2019
69
# nachhaltigkeit
E-Mobilität wird gefördert
Ein hochmoderner Schwungmassenspeicher
ermöglicht das schnelle und effektive Laden
von Elektrofahrzeugen.
E-Mobile nützen der Umwelt aber nur etwas, wenn sie mit
klimaneutralem Strom geladen werden. Dafür gibt es seit
Kurzem die weltweit erste E-Ladestation mit der Chakratec
Schwungmassenspeicher-Technologie am Kurzzeit-Parkplatz
K3, die hier in Kooperation mit Wien Energie getestet wird.
Diese Anlage ist aber nicht für die Vorfeldfahrzeuge gedacht:
Hier können alle Benutzer von E-Mobilen die Wartezeit
am Flughafen zum Schnellladen ihres E-Fahrzeuges nutzen.
„Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind für den Flughafen
Wien von höchster Bedeutung, und daher ist es für uns
selbstverständlich, als Raum für Innovationen zur Verfügung
zu stehen. Mit der Inbetriebnahme des Chakratec Schwungmassenspeichers
bieten wir unseren Passagieren und Besuchern
den höchsten technologischen Stand für die Schnellladung
von E-Fahrzeugen“, so Flughafen-Vorstand Ofner.
Ein Schwungmassen-Speicher ist eine Technologie, die
Strom in Bewegung und Bewegung in Strom verwandeln
kann. Zehn magnetisch im Vakuum gelagerte Schwungmassenspeicher,
von denen jeder einzelne 250 kg wiegt,
rotieren wie Kreisel mit bis zu 18.000 Umdrehungen pro
Minute und speichern auf diese Art Energie. Für einen
Entladungsvorgang wird die Schwungmasse abgebremst
und ihre Bewegungsenergie mithilfe eines Generators in
elektrische Energie umgewandelt, mit der das E-Auto geladen
wird. Dieses System wurde vom israelischen Start-up
Chakratec in Kooperation mit Wien Energie entwickelt.
Die Anlage am Flughafen ist ein Testbetrieb; bewährt sich
das System, könnten weitere damit ausgestattete Schnelllade-Stationen
in Wien und Umgebung entstehen.
Nachhaltige Gebäudetechnik
Neben dem Nutzen von Einsparungspotenzialen, der Umstellung
auf E-Mobilität und dem Ausbau der Photovoltaik
gibt es noch eine Reihe weiterer Maßnahmen. So werden
bei den aktuellen Bauprojekten am Flughafen die Themen
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz besonders ernst
genommen. Die Geothermie, das Heizen und Kühlen mit
thermischer Energie, spielt hier eine zentrale Rolle. Die Airport
City Vienna, ein Gewerbegebiet, in dem derzeit rund
230 Firmen angesiedelt sind, wurde dafür 2014 als erstes
Gewerbegebiet in Österreich mit dem ÖGNI-Zertifikat für
nachhaltige Immobilienentwicklung ausgezeichnet. Beim
Bürogebäude Office Park 4, das im Mai 2020 eröffnet
werden soll, kommen modernste Gebäudetechnik-Lösungen
und eine Wärmedämmung nach neuestem Maßstab
zum Einsatz. Dafür gab es quasi Vorschuss-Lorbeeren:
Flughafen Wien AG/Martin Steiger
70 CHECK 2/2019
# nachhaltigkeit
Flughafen Wien AG
Der Office Park 4 erhielt schon vorab das ÖGNI-Vorzertifikat
in Platin für die umfangreiche Integration von Nachhaltigkeit
und Energieeffizienz.
Bessere Lärmwerte & Abfallmanagement
Der Flughafen soll aber nicht nur klimaneutral, sondern
auch leiser werden. Neue Flugzeugtypen verzeichnen durch
fortschrittliche Triebwerkstechnologien deutlich bessere
Lärmwerte als ältere Modelle. Die Umstellung auf leisere
Flugzeuge liegt natürlich in der Verantwortung der Airlines;
das 2009 in Kraft getretene Lärmgebührenmodell des
Flughafens Wien motiviert diese aber dazu, für den Verkehr
nach Wien ihre modernsten Maschinen einzusetzen.
Für das Abfall-Management wurde eigens ein Öko-Modell
entwickelt, das nach dem Grundsatz „vermeiden,
vermindern, verwerten“ funktioniert: Je weniger Abfälle
anfallen, umso weniger müssen beseitigt werden. Was
beseitigt werden muss, wird nach Möglichkeit verwertet
– keine ganz leichte Aufgabe in einem Flughafenbetrieb,
wo verschiedenste Arten von Abfallstoffen anfallen, von
Essensresten aus dem Catering bis zu den im Winter unentbehrlichen
Enteisungsmitteln. Für die Enteisung der
Flugzeuge werden vollständig biologisch abbaubare Glykolgemische
eingesetzt.
Einheitlicher europäischer Luftraum
Aber auch Maßnahmen außerhalb des Flughafens werden
angeschoben: Ofner fordert die rasche Umsetzung des
einheitlichen europäischen Luftraumes „Single European
Sky“, der durch fortschrittliche Luftverkehrskontrolle
rund 10 Prozent an Kerosin einsparen könnte. „Dem
Klima helfen nur konkrete Maßnahmen, nicht aber vorurteilsgetriebene
Schuldzuweisungen oder Symbolpolitik.
Auf politischer Ebene wäre die rasche Umsetzung des einheitlichen
europäischen Luftraumes ‚Single European Sky‘
für die Luftverkehrskontrolle eine vorrangige Maßnahme“,
so der Flughafen-Manager. Darüber hinaus werden
alle dienstlichen Flüge der Flughafen-Betriebsgesellschaft
durch den Kauf von CO 2
-Zertifikaten, z.B. von Climate
Austria, kompensiert. „Als erster Industriezweig gibt es für
den Luftverkehr mit dem europäischen Zertifikatehandel
(ETS) und der weltweiten CORSIA-Regel ein System, um
CO 2
-neutral zu wachsen“, so Ofner.
„Wir verfolgen
konsequent
unseren Weg,
einer der ersten
CO 2 -neutralen Airports
zu werden.“
Dr. Günther Ofner
Vorstand der
Flughafen Wien AG
Sie möchten den Flughafen Wien bis zum Jahr
2030 zum CO 2
-neutralen Airport machen. Was
sind Ihre Gründe, Ihre Motivation dafür?
Für uns ist Klimaschutz kein Lippenbekenntnis, sondern
täglich gelebte Praxis. Unser Ziel ist, bis zum Jahr 2030
einer der ersten CO 2
-neutralen Airports zu werden. Eine
große Rolle spielt dabei die Optimierung unseres Energieverbrauchs
durch energieeffiziente Bauweise, den Ausbau
der Erdwärmenutzung für Heizung und Kühlung sowie
die Erweiterung von Photovoltaikanlagen am Standort.
Außerdem forcieren wir den Ausbau von E-Mobilität, die
Umstellung sämtlicher Beleuchtungsanlagen auf LED und
die Einführung eines neuen Lärmgebührenmodells.
Das Ziel scheint recht optimistisch. Gehen Sie
davon aus, dass es erreicht werden kann?
Natürlich sind viele Anstrengungen nötig, um unser Ziel
zu erreichen. Aber mit unserem umfassenden Nachhaltigkeitsmanagement,
das sich durch alle Unternehmensbereiche
zieht, sind wir sehr zuversichtlich.
In den letzten Jahren ist bereits viel geschehen,
z.B. der starke Ausbau der PV-Anlagen. Was sind
die nächsten Schritte auf diesem Weg?
Die hauseigene Stromproduktion durch unsere Photovoltaikanlagen
spielt eine große Rolle auf dem Weg zur
CO 2
-Neutralität. Aus diesem Grund haben wir unsere
Solarstromoffensive noch weiter forciert und errichten bis
Ende 2020 drei weitere Anlagen. Damit werden wir unsere
jährliche Stromproduktion nahezu verdoppeln auf mehr
als 3 Millionen Kilowattstunden. Eine weitere Maßnahme
ist etwa der konsequente Ausbau unserer E-Flotte mit
aktuell mehr als 380 E-Fahrzeugen. Die Anschaffung von
rund 40 E-Passagierbussen steht unmittelbar bevor.
CHECK 2/2019
71
# katakomben
GEBAUT
IN DIE TIEFE
Die Zukunft der Stadt liegt in der Erde. Platznot, ökologische Sorgen
und extreme klimatische Verhältnisse lassen die Stadtplaner immer
häufiger in die Tiefe graben.
Von CHRISTIAN SEC
72 CHECK 2/2019
# katakomben
Shutterstock
In der Tiefe Raum zu schaffen und dort ganze Infrastrukturanlagen
zu errichten, ist keine Erfindung der
Neuzeit, wie das Beispiel der Untergrundstadt in Paris
zeigt. In 35 Metern Tiefe erstreckt sich dort über 300 Kilometer
ein Geflecht aus Höhlen und Gängen, ein Reich der
Dunkelheit, von den Einheimischen liebevoll „schrecklicher
Keller“ genannt. Hier befanden sich einst die unterirdischen
Steinbrüche, aus deren Material die Stadt erbaut
wurde. Für das antike Paris, das damals noch Lutetia
hieß, wurde Baumaterial zur Errichtung von Thermen,
Tempeln und Palästen benötigt. Auch im Mittelalter war
Stein für den Bau repräsentativer Gebäude gefragt, z.B.
für die Stadtmauer, die Kathedrale Notre-Dame oder die
Louvre-Festung. Nachdem die Steinbrüche aufgrund der
Einsturzgefahr geschlossen wurden, wurden die Gänge
und Höhlen zu einem unterirdischen Friedhof umfunktioniert.
Seitdem beherbergen die Katakomben die Gebeine
von sechs Millionen Menschen. Aber auch als Wohnstätte
oder Partykeller wurden die unterirdischen Gänge genutzt.
Schmugglern und Straßenräubern diente das Stollensystem
schon seit jeher als Zuflucht. Die Résistance plante
im Schutz der Erde ihren Widerstand im Zweiten Weltkrieg.
In den 1980er-Jahren drangen Jugendliche in verbotene
Bereiche des Untergrunds ein, veranstalteten Partys
und errichteten sogar einen Kinosaal.
Jacques Chirac verbot das bunte Treiben im Untergrund,
denn zu groß sei die Gefahr, dass man von herabfallenden
Steinbrocken getroffen werden oder sich im Dunkeln
des verzweigten Höhlensystems verirren könnte. Heute
ist ein kleiner Teil der Katakomben für Besucher zugäng-
CHECK 2/2019
73
#katakomben
Untergrundstadt in Paris
In einer Tiefe von 35 Metern erstreckt sich über 300 km ein
Geflecht aus Höhlen und Gängen – eine Besucherattraktion.
lich. Auch das Kanalisationsnetz kann von der Öffentlichkeit
besichtigt werden. Auf einem 500 Meter langen
Weg begleitet man dabei die Kanalarbeiter.
Wohnungen in Bunker
In Peking werden auch heute noch historische Tunnelanlagen
zweckentfremdet. Steigende Preise und die Wohnungsknappheit
in Chinas Hauptstadt zwingen immer
mehr Menschen, in die von Mao Tse Tung geschaffenen
Atombunkeranlagen und deren Tunnelsysteme auszuweichen.
Mittlerweile leben dort, laut inoffiziellen Schätzungen,
rund eine Million Menschen. Es ist eine Parallelwelt
unter der Hauptstadt Chinas. Die Bunkersiedler
leben manchmal auf nicht mehr als vier Quadratmetern
Fläche und gehen untertags ganz normaler Arbeit nach,
sind Kellner, Taxifahrer oder auch Banker. Sie zahlen für
vier Quadratmeter rund 80 Euro Miete, was einen stolzen
Preis von 20 Euro pro Quadratmeter ausmacht. Das
ist jedoch noch immer um einiges günstiger als in der
Oberstadt.
Und kein Wunder. Die Flächen für Städtewachstum werden
rarer. Andererseits stehen die Städte, als Arterien der
Wirtschaft, unter Immigrations- und damit unter einem
immensen Wachstumsdruck. Laut einer UN-Studie werden
im Jahr 2050 zwei Drittel der Menschen in Städten
wohnen. Um neuen Wohnraum zu schaffen, gibt es angesichts
des bestehenden Platzmangels eigentlich nur eine
Möglichkeit: die Tiefe.
Umgekehrte Pyramide
So könnte die Zukunft des Lebens unter der Erde vertikales
urbanes Wohnen bald umkrempeln. Architekten
haben vor ein paar Jahren einen Entwurf für einen Erdkratzer
vorgelegt, eine umgekehrte Pyramide, die sich
65 Stockwerke bzw. 300 Meter in die Tiefe von Mexiko
City bohren soll. Durch seine Form einer umgedrehten
Pyramide soll das Objekt auch Tageslicht einlassen.
Die ausgehöhlte Pyramide hätte Platz für Wohnungen,
Geschäfte und Theater geboten, begrünte Zwischendecks
und Terrassen sowie verglaste Passagen, die die
einzelnen Etagen miteinander verbunden hätten. Zur
Realisierung des Projektes kam es schlussendlich nicht,
da die Kosten mit 800 Millionen US-Dollar einfach zu
hoch waren.
Shutterstock
74 CHECK 2/2019
# katakomben
Oase in Masdar City
Die unterirdische Ökostadt ist ein riesiges Bauprojekt
in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Masdar City
In der geplanten Ökostadt Masdar City, einem riesigen
Stadtbauprojekt in den Vereinigten Arabischen
Emiraten, soll nicht nur der Energiebedarf für die rund
50.000 Einwohner vollständig durch erneuerbare Energie
abgedeckt werden. Masdar City soll zudem dank
eines ausschließlich unterirdischen Verkehrssystems
autofreie Straßen haben. Das Herzstück des gesamten
Systems befindet sich im Untergrund. Es hört auf den
schlichten Namen PRT – Personal Rapid Transit. Dabei
handelt es sich um spurgebundene, elektrisch betriebene
Kabinen für bis zu sechs Personen, die ganz
ohne Fahrer auskommen und deren Ziele vom Benutzer
individuell anwählbar sind. Während sich also der gesamte
Personenverkehr im Untergrund abspielt, soll der
Fußgänger nach Herzenslust durch die engen Straßen
und schattigen Gassen schlendern können, ohne von
Fahrzeugen dabei gestört zu werden.
In Hongkong ist es nicht das extreme Klima, das den
Bau unter die Erde treibt, sondern der extreme Platzmangel.
Die Stadtverwaltung unterstützt Unternehmen
aktiv beim Graben in die umgebenden Berge, um Logistik-
und Rechenzentren, Laboratorien, Reservoirs und
Freizeitclubs zu errichten. Mit der Nutzung dieses neugewonnenen
Platzes könnten zusätzlich bis zu 1.000
Hektar verfügbar gemacht werden.
Manchmal ist es nicht nur Platzmangel, der es nötig
macht, dass immer mehr Menschen nach unten ausweichen.
Auch New York wächst nicht nur in die Höhe,
sondern auch in die Tiefe. Die Stadt hat kürzlich Pläne
für den weltweit ersten unterirdischen Park genehmigt,
der in einem stillgelegten Zugtunnel auf der Lower East
Side entstehen soll. Durch ein innovatives System wird
Tageslicht eingelassen, sodass sogar ein Wald angelegt
werden kann. Der 5.500 Quadratmeter große Park soll
2021 fertiggestellt werden und könnte als Prototyp für
die Versorgung großer Gemeinden unter der Erde dienen.
80 Millionen Dollar wurden für die Errichtung veranschlagt.
Dabei soll es sich laut den Stadtentwicklern
nicht um einen klassischen Park, sondern eher um einen
botanischen Garten mit seltenen Pflanzen handeln, in
dem die Bürger der Stadt entspannen können. Das Projekt
könnte eine Vorlage für ähnliche Unterfangen in anderen
Städten sein, in denen der Platz für Grünflächen
langsam knapp wird.
CHECK 2/2019
75
#katakomben
Schutz vor der Kälte
In Montréal wächst das Netzwerk von Fußgängertunneln
und unterirdischen Ladenpassagen in der Innenstadt stetig.
Kalter Winter im Untergrund
Es ist kalt in Montréal, zumindest in sechs von zwölf Monaten.
Für Iraner, die sich dort niedergelassen haben, sind
es dem subjektiven Empfinden nach gar acht Monate. „Das
Klima hier ist für Wölfe und Bären, nicht für den Menschen“,
erklärt ein Iraner, der bereits seit seinem Zuzug in
die kanadische Metropole vor 26 Jahren klimabedingt seinen
Rückzug in den Iran plant. Um den eisig kalten Winter
für die Bewohner der Stadt erträglicher zu machen, entwickelte
die Stadt im Laufe der Jahre ein immer verzweigteres
Netzwerk von Fußgängertunneln und unterirdischen
Ladenpassagen in der Innenstadt. Das über 32 Kilometer
lange Tunnelsystem erstreckt sich über eine Fläche von zwölf
Quadratkilometern im zentralen Stadtbezirk Ville-Marie.
Auf diese Weise werden unter anderem zehn U-Bahn-Stationen,
zwei Busbahnhöfe, die beiden Hauptbahnhöfe, Hunderte
von Läden, Restaurants und Kinos, Hotels, drei Veranstaltungshallen,
das Bell-Center – Heimat der Montréal
Canadiens –, diverse Büro- und Wohngebäude sowie zwei
Universitäten miteinander verbunden. Etwa 80 Prozent aller
Büro- und 35 Prozent aller Ladenflächen in der Innenstadt
sind an die Untergrundstadt angeschlossen.
In dieser Weise werden die Fußgänger, Bewohner und Angestellten
vor den strengen Wintern geschützt. Bereits Anfang
der 60er-Jahre, etwa zeitgleich mit der Planung des ersten
Wolkenkratzers der Stadt, entstand auch die Idee, Teile des
Stadtlebens unter die Erde zu verlagern. Jedoch war diese
Idee nicht von langer Hand geplant, sondern sie wuchs organisch.
Eine frühere Schneise für Eisenbahnschienen wurde
zu einem imposanten unterirdischen Einkaufszentrum
mit Kinos und Cafés. Vor allem in den kalten Wintertagen
entwickelte sich der Place Ville Marie schnell zum beliebten
Treffpunkt. Das führte dazu, dass sich bald schon weitere
Geschäfte in den unterirdischen Hohlräumen ansiedelten.
Bald wurde aus der ursprünglichen Keimzelle Place
Ville-Marie eine beeindruckende Stadt unter der Erde, die
„Ville souterraine“.
Auch die größte Stadt Kanadas versucht, durch unterirdische
Projekte den Platz besser zu nutzen. Mit mehr als 30
Kilometern Länge gilt der PATH in Toronto als das weltweit
längste Tunnelsystem unter der Erde. Über 50 Gebäude
sind an dieses System angeschlossen, darunter die
Hockey Hall of Fame oder der CN Tower. Laut einem aktuellen
Plan der Stadtregierung soll langfristig die weitere
Shutterstock
76 CHECK2/2019
# katakomben
Schritt in Richtung Klimaneutralität
In Helsinki soll der unterirdische Lebensraum so groß
wie der oberirdische werden. Das hilft der Umwelt.
Shutterstock
Expansion des Tunnelsystems auf 60 Kilometer erfolgen.
Dabei werden 45 neue Einstiegspunkte errichtet.
Verkehrsentlastung über der Erde
Auch in Skandinavien sind die Winter bitterkalt. Aber das
ist nicht der Hauptgrund dafür, dass die nordische Metropole
Helsinki in die Tiefe wächst. Die Stadtplaner Helsinkis
haben sich zum Ziel gesetzt, trotz Bevölkerungsexplosion
das Stadtbild zu bewahren und dieses nicht durch
den Ausbau von Hochhäusern radikal zu verändern. Die
Lösung ist der Ausbau der Stadt in zwei Lebensräume. Bis
2020 soll der unterirdische so groß sein wie der oberirdische:
Insgesamt neun Millionen Kubikmeter. Das Tunnelsystem
für Fahrzeuge ist mehr als 300 Kilometer lang. Für
die großen Warenhäuser und Restaurants gibt es sogar ein
eigenes Tunnelnetz mit speziellen Anlieferplattformen.
3000 LKWs nutzen die unterirdischen Tunnelanlagen zur
Belieferung täglich und entlasten den Verkehr über der
Erde. Die Projekte, die von der Stadtplanung koordiniert
werden, sind teils öffentlich und teils privat finanziert.
Große Untergrund-Projekte wie Kraftwerke sind genauso
vorgesehen wie Einkaufspassagen. Schon jetzt ist es nicht
mehr notwendig, in den kalten Wintertagen einen Fuß ins
Freie zu setzen, um zu shoppen oder zu dinieren.
Aber auch Kunst und Kultur werden in Helsinki tiefgelegt.
Weil oberirdisch kein Bauland mehr frei war, wurden
1300 Kubikmeter weggesprengt, um auf 2000 Quadratmetern
ein privates Kunstmuseum zu errichten. Kostenpunkt
des Museums: 50 Millionen Euro. Ein zentraler
Punkt in Helsinkis Untergrundsystem ist ein künstlicher
See, 40 Meter tief und 80 Meter breit. Er dient dazu, Energie
zu erzeugen und zu sparen. Der See ist Kältespeicher
und Teil der Anlage, die Immobilien in der Stadt beheizen
und kühlen soll. Das Wasser ist kalt, wenn es die Becken
und die mächtigen Kältemaschinen verlässt. Wenn es die
Räume klimatisiert und kühlt, erwärmt es sich und strömt
zurück in den Untergrund. Fernkälte heißt das Konzept,
das als ein großer Schritt in Richtung Klimaneutralität
gepriesen wird. Dass Helsinkis Luftqualität sich in den
vergangenen Jahren verbessert hat, liege auch am Ausbau
des Kühlungsnetzes. Auch andere Anlagen profitieren von
der Tiefe. Das unterirdische Gestein wirkt isolierend, und
die Erdwärme hält die Temperatur konstant warm. Die
Betreiber können dadurch Heizkosten sparen.
CHECK 2/2019
77
# ÖGNI
ÖKOLOGISCH
ZERTIFIZIERT
Mit ihrem anerkannten Qualitätszertifikat trägt die ÖGNI zur Etablierung
der nachhaltigen Bau- und Immobilienwirtschaft bei. Ziel ist eine lange
Nutzbarkeit und das Wohlbefinden von Nutzern und Bewohnern.
Von BEATE BINDER
Projekt Viertel Zwei in Wien
...steht für hochwertige Architektur
und neue Standards in Energieeffizienz.
OLN/Value One
78 CHECK 2/2019
# ÖGNI
ViE – Lände 3
Das Gebäude zeichnet sich
durch seine zentrale Lage aus.
CA Immobilien Anlagen AG
Nachhaltiges Handeln ist aus der Bau- und Immobilienwirtschaft
nicht mehr wegzudenken.
Beim Planen, Bauen und Betreiben der bebauten
Umwelt rücken Themen wie Ressourcenschonung, Wertgehalt
und Nutzerkomfort immer mehr in den Fokus.
Die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft,
kurz ÖGNI, hat sich zum Ziel gesetzt,
diese Aspekte in Einklang zu bringen. Mit dem DGNB
Zertifizierungssystem und der blueCARD (für Bestandsgebäude)
hilft die Organisation, die Qualität von Gebäuden
zu optimieren und transparent darzustellen.
Nachhaltigkeit
Eine nachhaltige Entwicklung muss ökologische, ökonomische
und gesellschaftliche Ziele vereinen. Die
Bau- und Immobilienwirtschaft kann dazu einen entscheidenden
Beitrag leisten. Rund ein Drittel des Ressourcenverbrauchs
wird in Österreich von Gebäuden
verursacht. Für Abfallaufkommen und CO 2
- Emissionen
gilt Ähnliches. Nachhaltiges Bauen zielt darauf ab, diese
Kennwerte systematisch zu reduzieren. Gleichzeitig sind
nachhaltige Lebensräume wirtschaftlich effizient und
entsprechen den Bedürfnissen der Nutzer.
Die ÖGNI wurde 2009 gegründet und ist Kooperationspartner
der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges
Bauen), deren Zertifizierungssystem übernommen
und an Österreich adaptiert wurde und seither stetig
weiterentwickelt wird. Die ÖGNI ist als einziges österreichisches
Council ein „established member“ des
WorldGBC (World Green Building Councils) und bestrebt,
das europäische Qualitätszertifikat auf internationaler
Ebene zu stärken.
Alle Aspekte der Zertif izierung
Im Mittelpunkt der Arbeit der ÖGNI steht die Zertifizierung
von nachhaltigen Gebäuden – sogenannten Blue Buildings.
Darunter versteht man Immobilien, bei denen alle drei Säulen
der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, indem neben
den ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen
Aspekten auch die Prozessqualität, die technische Qualität
und der Standort über den gesamten Lebenszyklus hinweg
bewertet werden. Darüber hinaus fördert der Verein mit
seiner stetig wachsenden Mitgliedergemeinschaft den Paradigmenwechsel
hin zur Nachhaltigkeit durch fundierten
Know-how-Transfer, die gezielte Weiterbildung und die Sensibilisierung
der Öffentlichkeit für das Thema.
CHECK 2/2019 1/2019
79
# ÖGNI
Moderne Architektur
Das Denk Drei B & C Bürogebäude
wurde mit einem Zertifikat in Platin
ausgezeichnet.
DGNB-System
Das DGNB-System der ÖGNI dient der objektiven Beschreibung
und Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden
und Quartieren.
Bewertet wird die Qualität über den kompletten Gebäudelebenszyklus
hinweg, unter Einbeziehung aller
Aspekte der Nachhaltigkeit. Diese umfassen die sechs
Themenfelder Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle
und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse und den
Standort. Dabei fließen die ersten vier Themenfelder
gleichgewichtet in die Bewertung ein. Damit ist das
DGNB-System das einzige, das die Ökologie genauso
gewichtet wie die anderen Faktoren, die zur Herstellung
eines nachhaltig erfolgreichen Gebäudes entscheidend
beitragen.
Kontinuierliche Weiterentwicklung
Je früher die DGNB-Kriterien in die Planungsphase
einbezogen werden können, desto besser. Die Vorzertifizierung
bietet die Möglichkeit, Immobilien bereits
von Anfang an unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit
zu optimieren und verbindlich zu dokumentieren.
Dies hat eine ganze Reihe von Vorteilen bei Planung,
Bau und Vermarktung: Durch die frühzeitige Definition
aller wesentlichen Kriterien verfügen alle Beteiligten
im Planungsteam über klare Vorgaben. Das sorgt für
Transparenz, unterstützt das Risiko-Management und
stellt die geplanten Leistungsziele auf eine sichere Basis.
Zudem erhöht die Auszeichnung mit dem anerkannten
Qualitätszeichen den Vermietungs- und Verkaufserfolg.
Das bedeutet für Bauherren und Investoren: Mehr finanzielle
Sicherheit zu einem frühen Zeitpunkt.
Die Bau- und Immobilienbranche befindet sich in stetigem
Wandel. Daher ist die Flexibilität des DGNB-Systems
von Vorteil: Grenz-, Referenz- und Zielwerte können
jederzeit auf aktuelle Entwicklungen hin angepasst
werden. So ist es möglich, bestehende Nutzungsprofile
kontinuierlich weiterzuentwickeln. Das DGNB-System
ist das einzige, das allen Aspekten des nachhaltigen
Bauens eine gleich große Bedeutung zumisst. Es wird
laufend an aktuelle Standards und neueste Erkenntnisse
angepasst und ist für unterschiedliche Gebäudetypen
anwendbar.
Das DGNB-System besteht aus unterschiedlichen
Kriterienkatalogen, entsprechend der jeweiligen Gebäudenutzung.
Je nach Erfüllungsgrad werden beim
DGNB-System Zertifikate in Platin, Gold und Silber
vergeben.
blueCARD
Mit der „blueCARD“ steht der nationalen Bau- und
Immobilienbranche ein komprimierter Gebäudepass
zur Bewertung der Nachhaltigkeit des Bestands zur
Verfügung. Die bC dient als Instrument zur Zustandsbewertung
und als wertvolle Grundlage zur Optimierung
des Gebäudebestandes. Im Mittelpunkt steht ein
umfassendes Qualitätskonzept. Als leistungsorientiertes,
übersichtliches und leicht verständliches Ratingsystem
deckt es alle relevanten Felder des nachhaltigen Bewirtschaftens
ab.
Moritz Reitmeyer & Marion Wagner/IC Development
80 CHECK 2/2019
# ÖGNI
ÖGNI/Martinez-Flener
Geschäftsführer der ÖGNI ist Mag. Peter Engert. Mit
CHECK spricht er über die Bedeutung der Nachhaltigkeit
in der Immobilienbranche, über den Zertifizierungsprozess
und über tägliche Herausforderungen.
Sie sind bei der ÖGNI für nachhaltige Immobilienwirtschaft
zuständig. Welche Herausforderungen
gilt es für Sie tagtäglich zu
bewältigen?
Es gibt durchaus unterschiedliche! Da sich die Nachhaltigkeit
ständig weiterentwickelt und dadurch neue Fragen
auftreten, die es zu bewerten und unter nachhaltigen
Gesichtspunkten zu betrachten gilt. Das entscheidende
Moment ist natürlich die Digitalisierung. Denn hier kann
viel Unfug getrieben werden, es kann aber auch viel Gutes
entstehen. Das eine vom anderen zu trennen ist gar nicht
so einfach.
Der andere Aspekt ist der Klimawandel, der nicht mehr
abstreitbar ist und auf den reagiert werden muss. Das
Thema Hitze in der Stadt ist ein extremes Thema, zu dem
es Lösungen gibt, die aber nicht so einfach sind. Vor allem
das Thema Begrünung, wie Fassadenbegrünungen, ist
eine große Herausforderung. Man kann zwar begrünen,
nur muss es auch betrieben werden und in zehn Jahren
auch noch schön aussehen. Das sind Themen, die uns im
Moment sehr beschäftigen.
Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrem Unternehmen
tätig?
In der ÖGNI sind wir zu viert, mich eingeschlossen. Im
Verein gibt es keine Mitarbeiter, sondern nur Ehrenamtliche,
über 200 Menschen. Davon sind 30 ständig damit
beschäftigt, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen.
Wieso ist Nachhaltigkeit so wichtig für die
Bau- und Immobilienbranche?
Das Thema bei der Bau- und Immobilienbranche ist,
dass ich heute eine Idee habe, mir morgen ein Grundstück
kaufe und ich das Gebäude vielleicht in drei Jahren
in Betrieb nehmen kann. In drei Jahren ändert sich
enorm viel, es werden Dinge modern und unmodern.
Ich muss also schon heute, wenn ich plane, den Blick
auf die nächsten drei Jahre richten und an eine Gebäude-Lebenszeit
von mindestens 50 Jahren denken. Man
„Wir werden täglich
mit neuen Themen
und neuen Ideen
konfrontiert. Das ist
das Spannende an
unserem Job.“
Mag. Peter Engert
Geschäftsführer der ÖGNI
muss also einen weiten Blick in die Zukunft richten, damit
das Gebäude weiterhin attraktiv bleibt. Das heißt,
wenn ich nicht nachhaltig denke, verliert das Gebäude
an Wert.
Wie sieht der typische Ablauf einer Zertifizierung
aus?
Wir haben ca. 60 aktive, von uns geprüfte Auditoren in
Österreich, die freiberuflich tätig sind. Diese schließen
einen Vertrag mit den Bauherren ab und begleiten meistens
schon den Planungs- und Bauprozess bis hin zur Fertigstellung.
Während dieser Zeit wird das Gebäude von
ihnen auditiert. Dieser Audit wird dann am Ende eingereicht
und nach einem Vier-Augen-Prinzip der Qualitätskontrolle
sehr genau geprüft. Nach dieser Prüfung stellen
wir fest, welches Zertifikat gegeben ist: Silber, Gold oder
Platin. Hier habe ich dann die ehrenvolle Aufgabe, dieses
Zertifikat feierlich zu überreichen.
Wann ist bei der ÖGNI der späteste Zeitpunkt, um
eine Zertif izierung zu beantragten?
Beantragen kann man sie jederzeit während des Bauprozesses.
Es muss vor der Fertigstellung sein, sonst macht es
überhaupt keinen Sinn. Das wäre sonst nur eine Feststellung,
was gemacht wurde, und das ist nicht der Sinn. Für
Gebäude im Bestand, also die schon vor ein paar Jahren
errichtet wurden und jetzt ein Zertifikat brauchen, gibt es
bei uns die blueCARD. Das ist sozusagen ein „abgespecktes“
Format, bei dem ein Gebäude bewertet wird, wie es
dasteht. Bei einem normalen Zertifikat beginnt man aber
idealerweise mit dem Planungsanfang.
Was ist das spannendste Gebäude, das Sie am Weg
zum Zertif ikat begleiten durften?
Da gibt es viele. Es wäre ungerecht allen anderen gegenüber,
ein Gebäude hervorzuheben. Herausragende Sa-
CHECK 2/2019
81
# ÖGNI
chen sind aber meistens Quartiere:
Wenn also nicht nur ein einzelnes
Gebäude, sondern ein ganzes
Quartier zertifiziert wird. Das ist
sehr spannend, denn man erkennt,
was Gebäude, wenn sie sich miteinander
vernetzen, alles möglich
machen: Angefangen von der
Energieversorgung und der Energieproduktion
über soziale Nachhaltigkeitselemente
bis hin zu den
Kommunikationszonen etc. Das
Schöne daran ist, dass man auf der
einen Seite eine hübsche Architektur
und toll gebaute Gebäude hat.
Auf der anderen Seite ist das Plus
das Zusammenspiel von vielen
Gebäuden, um letztendlich einen
Mehrwert für die Personen zu bieten,
die darin leben.
Gibt es konkrete Pläne von
ÖGNI für die Zukunft?
Wir hören nie auf und lernen auch
ständig. Das ist das Spannende an
unserem Job – wir werden täglich
mit neuen Themen und neuen
Ideen konfrontiert. Was wir gerne
möchten ist, dass die Zertifizierung
und dieser Nachhaltigkeits-
Gedanke wirklich in allen
Bereichen der Bauwirtschaft Fuß
fassen. Hier gibt es sicher noch
Lernmöglichkeiten im Wohnbau,
vor allem im sozialen, wo das noch
nicht genügend ausgeprägt ist.
Wir wollen dort hinkommen, dass
letztendlich auch Menschen, die
sich keine supertolle Lage mit einer
superteuren Miete leisten können,
nicht auf Nachhaltigkeit verzichten
müssen. Das sind Dinge, die allen
Menschen zustehen sollten, und
dafür arbeiten wir natürlich.
Herausragende Objekte (Beispiele):
Zertifikat in Platin
Zertifikat in Gold
JOYN Vienna
Post am Rochus
Das JOYN Vienna ist ein Aparthotel
mit 131 Apartments mit neun nimmt Anteil am Stadtleben des
Das Bürogebäude „Post am Rochus“
Ober- und zwei Untergeschossen. dritten Wiener Bezirks und verleiht
Das Gebäude bekam 2019 mit einer dem Grätzel neue Impulse. Seine
Objektbewertung von 80,3% und klar gerasterte Fassade ist markant,
einer Standortbewertung von 93,4 gleichzeitig fügt sich das Gebäude
das DGNB-Zertifikat in Platin. zeitlos elegant in die Umgebung ein.
Zertifikat in Platin
Zertifikat in Platin
Neubau Türkenwirt (TÜWI) Denk Drei
Das gesamte Gebäude ist barrierefrei Das Denk Drei Bürogebäude in
und mit umfassenden Maßnahmen Wien kombiniert moderne Architektur
und durchdachte Technik
bezüglich Energieeffizienz ausgestattet.
Für Nachhaltigkeit und gutes und ermöglicht somit zukunftsweisende
Arbeitsplätze. Der Standort
Raumklima sorgen die Holzfassade
sowie die Fassadenbegrünung im befindet sich im VIERTEL ZWEI –
Innenhof und hängende Gärten im einem der dynamischsten Businessstandorte
Inneren.
Wiens.
Philipp Lipiarski, Chrisitan Stemper/Österreichische Post AG, Hannes Buchinger, Moritz Reitmeyer & Marion Wagner/IC Development
82 CHECK 2/2019
# ÖGNI
Zertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold
SRE/EGI, value One/OLN, FORESTAY, STRABAG Real Estate Kft, P. Teichmann & Compagnons Property Networks Hungary Kft. findmyhome.at GmbH
Milestone Budapest
Dieses Gebäude ist eines der wenigen
in Budapest, das mit einem ÖGNI-
Zertifikat in Gold ausgezeichnet wurde.
Die Regierung betonte den Wert
einer angemessenen Unterkunft für
Studenten und initiierte in diesem Zusammenhang
eine neue Strategie.
Silo Plus
Silo Plus ist Teil eines aus drei Objekten
geplanten Bürocampus am südlichen
Stadtrand von Wien. Durch
flexibel gestaltete Büroflächen sowie
eine energieoptimierte Gebäudetechnik
ist es speziell auf die Bedürfnisse
moderner Unternehmen ausgerichtet.
Korso
Im Frühjahr 2021 wird das exklusive
Wohnprojekt Korso im zweiten
Bezirk in Wien fertiggestellt. Das
Besondere daran: die spannende
Kombination aus bestehenden historischen
Gebäuden mit zeitgenössischer
Architektur.
Vorzertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold
Kerepesi Business Park
Das K27 Hotel- und Büroprojekt in
Budapest erfüllt die höchsten Ansprüche
für die zukünftigen Mieter und
Mitarbeiter. Ausgezeichnete Verkehrsanbindung
und grüne Umgebung,
kombiniert mit vielen Einkaufsmöglichkeiten,
ergeben eine perfekte
Symbiose an diesem Standort.
Alphagon
Das Alphagon Office ist ein modernes
Bürogebäude mit 4.700 m² Mietfläche
an einem der neuen Hotspots
von Budapest nahe der Technischen
Universität. Eine Lochfassade mit
viel natürlichem Licht sowie außenliegendem
Sonnenschutz hält den
Klimaenergiebedarf in Grenzen.
Südhang Oberlaa
Das frei finanzierte Wohnbauprojekt
vereint eine Vielzahl attraktiver
Adressen in direkter Nachbarschaft:
Von der Kurkonditorei bis zum
Heurigen, vom Liesingbach bis zur
Therme Wien, vom Autobahnanschluss
bis zur neuen U1-Anbindung
an die Wiener Innenstadt uvm.
CHECK 2/2019
83
# gewerbeimmobilien
(VER)MIETER
IM RECHT
Viele Gewerbeimmobilien werden aus Kostengründen nicht gekauft,
sondern gemietet. Immer wieder kommt es dabei zu Streitigkeiten darüber,
ob eine notwendige Reparatur der Vermieter oder der Mieter zahlen muss.
Von THOMAS LANGER
Wenn ein Jungunternehmer eine zündende Geschäftsidee
hat, ist es in vielen Fällen sinnvoll,
eine Gewerbeimmobilie zu mieten. Denn er
kann meist schwer abschätzen, wie sich seine gewerbliche
Tätigkeit entwickelt. Für das Mieten und Herrichten
der geeigneten Räumlichkeiten muss in der Regel weniger
investiert werden als beim Kauf. Die Immobilie kann
auch, wenn sich der erhoffte wirtschaftliche Erfolg nicht
einstellt, relativ rasch wieder zurückgegeben werden. Allerdings
sind auch beim Mieten einer Gewerbeimmobilie
einige Aspekte zu beachten.
Zuständigkeit des Mietrechtsgesetzes
Für Gewerbeimmobilien kommt, anders als bei Privatwohnungen,
nur unter bestimmten Voraussetzungen das
Mietrechtsgesetz (MRG) zur Anwendung: Dem Vollanwendungsbereich
des MRG unterliegen Geschäftsräumlichkeiten
in mit öffentlichen Fördermitteln gebauten Gebäuden
sowie Geschäftsräumlichkeiten im Wohnungseigentum,
die nach 1945 errichtet wurden. Unter Vollanwendungsbereich
ist zu verstehen, dass der Mietzins den gesetzlich
vorgeschriebenen aktuellen Richtwerten entsprechen muss
(= Angemessenheit). Die Betriebskosten setzen sich aus
Adobe Stock
84 CHECK 2/2019
# gewerbeimmobilien
vorgegebenen Bestandteilen wie unter anderem Wasser, Abfallentsorgung
und Verwaltungskosten zusammen. Zudem
müssen Kündigungsfristen eingehalten werden. Diese betragen
bei Geschäftsräumen drei Monate. Die Kündigung muss
zum letzten Tag eines Kalenderquartals erfolgen. Bei einem
befristeten Mietverhältnis kann es sein, dass wenn der Vermieter
nach Ablauf des Mietverhältnisses den vereinbarten
Mietzins weiter annimmt, die Befristung dadurch verlängert
wird. Sie gilt dann laut Mag. Martin Neuburger von
der Mieterhilfe „für drei Jahre, egal wie lange die Befristung
zuvor gedauert hat. Niemals wird aber aus einem befristeten
Mietvertrag stillschweigend ein unbefristeter!“
Unter Teilanwendung des MRG fallen in erster Linie frei finanzierte
Gebäude mit mehr als zwei Mietgegenständen, die
nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bewilligt wurden.
Hier bestehen aber keine Unterschiede zwischen privater
und gewerblicher Nutzung. Es gelten die Kündigungsschutzbestimmungen
des MRG, den Mietzins und die Betriebskosten
kann der Vermieter jedoch frei festsetzen.
Rechte und Pflichten
Wichtig zu wissen ist für den Mieter einer Gewerbeimmobilie
– wenn das Gebäude nicht oder nur teilweise unter das
MRG fällt –, dass er anders als ein Wohnungsmieter nicht
durch den Gesetzgeber geschützt ist. Denn in diesem Fall
müssen die Erhaltungspflichten des Mieters im Mietvertrag
festgehalten werden. Laut ABGB muss der Vermieter nur
dafür Sorge tragen, dass die Gewerbeimmobilie in einem
gebrauchsfähigen Zustand übergeben wird (§ 1096). Solange
das nicht der Fall ist, darf auch kein Mietzins verlangt
werden. Ansonsten hat der Vermieter freies Spiel, vor
allem was die Höhe des Mietzinses betrifft. „Daher sollte
der vereinbarte Mietzins in einem sinnvollen Verhältnis zu
den Erhaltungspflichten stehen“, erklärt Neuburger. Beim
Aufsetzen eines neuen Mietvertrags sollte deshalb ein erfahrener
Rechtsanwalt beigezogen werden.
Mängel rechtzeitig melden
Wenn die gemietete Gewerbeimmobilie unter das MRG
fällt, gelten während des Betriebs die einzelnen Bestimmungen
desselben sehr ähnlich wie für einen privaten Mieter.
So gehört beispielsweise die regelmäßige Wartung einer
Gastherme oder eines Durchlauferhitzers zu den Pflichten,
die ein Mieter zu erfüllen hat. Der Vermieter haftet zum
Beispiel nur, wenn bei der Übergabe der Gewerbeimmobilie
die vorhandene Heizung nicht funktionsfähig ist. In diesem
Fall muss er sie auf seine Kosten reparieren lassen und kann
erst anschließend den vereinbarten Mietzins verlangen.
Bei einem undichten Fenster, wenn es sich um ein Außenfenster
handelt, muss ebenfalls der Vermieter zahlen. Der
Mieter muss den Mangel nur rechtzeitig melden. Denn in
der Regel bestellt der Vermieter den Handwerker, um beispielsweise
das Fenster zu tauschen. Die Mietervereinigung
warnt eigens davor, gleich selbst zu handeln.
Bei Altbauten (errichtet vor 1945) ist der Mieter generell
für die Erhaltung des Mietobjekts zuständig. Nur bei
ernsten Hausschäden, die eine Gefahr für die Sicherheit
darstellen, ist laut Neuburger der Vermieter verantwortlich.
Darunter fallen beispielsweise leckgewordene Abwasserrohre
oder fehlerhafte Strom- oder Gasleitungen.
Eine Besonderheit bei Altbauten ist zudem, dass die Höhe
des vereinbarten Mietzinses (nach den Richtwerten angemessen)
nur bis zur Übernahme der Gewerbeimmobilie
„bekämpft“ werden kann. Danach greift die vereinbarte
Wertindexierung des Mietobjekts. Wenn die Angemessenheit
nicht gegeben ist, ist der vereinbarte Mietzins auch
nach diesem Zeitpunkt anfechtbar.
Antrag bei der Schlichtungsstelle
Generell lässt sich also für gewerblich genutzte Immobilien
sagen, dass der Vermieter für die Außenhaut des
Gebäudes (Dach, Fassade, Mauern, Außenfenster, Außentüren,
Hausbesorger-Dienstwohnungen), für die
Hausleitungen, das Stiegenhaus, für Gemeinschaftsräume
(Lift, Sauna, Garage, Waschküche), Zentralheizung,
Kanalanschluss und die Erfüllung der Verwaltungsvorschriften
zuständig ist. Wenn der Vermieter diesen Erhaltungspflichten
nicht nachkommt, kann der Mieter mit
einem Antrag bei der Mietrechts-Schlichtungsstelle dringend
notwendige Erhaltungsmaßnahmen erzwingen. Bei
besonders dringlichen Reparaturen können die Mieter
durch eine gerichtlich einzubringende einstweilige Verfügung
eine schnellere Durchsetzung ihrer Forderungen
erwirken. Allerdings kann das durch mehrere Instanzen
bis zum Obersten Gerichtshof gehen und dementsprechend
relativ lange dauern.
CHECK 2/2019
85
# rubrik gewerbeimmobilien
„Vorsteuer
kann zum
Kostenfaktor
werden.“
Dr. Christoph Pramböck,
Partner der Wirtschafts- und
Steuerberatungsgesellschaft
BDO Austria, erklärt steuerrechtliche
Fragen.
Was ist bezüglich Umsatzsteuer aus Sicht des
Vermieters zu beachten?
Generell ist der Verkauf und die Übertragung von
Grundstücken und Immobilien unecht von der Umsatzsteuerpflicht
befreit. Das heißt, sie werden ohne Umsatzsteuer
verkauft. Vom Gesetzgeber wurde insofern
vorgesorgt, als dem Vermieter das Recht eingeräumt
wurde, für die Vermietung – von beispielsweise Gewerbeimmobilien
– zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren.
Entsprechend erfolgt die Vorschreibung der Miete
vom Vermieter an den Mieter unter Ausweis von 20
Prozent Umsatzsteuer. Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht
ist jedoch nur dann möglich, wenn der Mieter
das Grundstück bzw. die Immobilie nahezu ausschließlich
für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug
nicht ausschließen. Notwendig für den Verzicht auf die
Steuerbefreiung ist eine mindestens 95-prozentige Verwendung
des Grundstücks durch den Mieter für Umsätze,
die seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht
ausschließen.
Was für Umsätze sind da gemeint?
Tätigt ein Unternehmer – hier der Mieter – sowohl steuer-
pflichtige als auch steuerfreie Umsätze, steht ihm der
Vorsteuerabzug nur anteilig für die mit den steuerpflichtigen
Umsätzen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen
zu. Ergibt sich aus der gesamten Aufteilung der
Vorsteuern, dass der Mieter zu mindestens 95 Prozent
vorsteuerabzugsberechtigt ist, so ist für den Vermieter
eine Option zur Umsatzsteuerpflicht gemäß § 6 Abs.
2 UStG möglich. Wird die genannte 95 Prozent-Grenze
unterschritten, ist eine Option nicht möglich. Ärzte,
Versicherungen, Banken oder Pflege- und Tagesmütter
erzielen in der Regel zu mehr als 95 Prozent Umsätze,
die nach § 6 Abs. 1 UStG der unechten Steuerbefreiung
unterliegen und somit den Vorsteuerabzug bei diesen
ausschließen; entsprechend kann vom Vermieter auch
nicht zur Steuerpflicht optiert werden. Man spricht in
diesem Zusammenhang von „bösen Mietern“.
Was ist beim Wechsel von umsatzsteuerpflichtiger
zu umsatzsteuerfreier Vermietung
zu beachten?
Im Falle eines Wechsels von umsatzsteuerpflichtiger zu
umsatzsteuerfreier Vermietung bzw. einer Veräußerung
ohne Umsatzsteuer innerhalb von 20 Jahren sind die geltend
gemachten Vorsteuern anteilig zu korrigieren. In der
Regel empfiehlt es sich, eine entsprechende schriftliche
Bestätigung des Mieters und eine Verpflichtung desselben,
Änderungen mitzuteilen, im Mietvertrag aufzunehmen.
Was ist aus Sicht des Erwerbers einer
Gewerbeimmobilie in Bezug auf die
Umsatzsteuer sinnvoll?
Aus Sicht des Erwerbers ist ein Kauf mit Umsatzsteuer
in der Regel dann vorteilhaft, wenn das Grundstück
bzw. die Immobilie in weiterer Folge zur Erzielung von
umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen verwendet wird. Dabei
ist jedoch zu beachten, dass Umsätze aus der Vermietung
sowie aus der Veräußerung von Grundstücken
und Immobilien – ausgenommen zu Wohnzwecken
oder zur Beherbergung – grundsätzlich gemäß § 6 Abs
1 Z 16 Umsatzsteuergesetz unecht von der Umsatzsteuer
befreit sind. Entsprechend stünde dem Erwerber
von Gewerbeimmobilien der Vorsteuerabzug aus dem
Erwerb nicht zu. Die Vorsteuer würde somit zum Kostenfaktor
werden.
Shutterstock, BDO Austria
86 CHECK 2/2019
Die moderne Villen Architektur fügt sich harmonisch in die grüne
Umgebung und bietet mit den zwischen 43m² und 97m² großen
Wohneinheiten individuellen Entfaltungsraum.
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Geschichte. Der Ort liegt am nördlichen Rand von Wien,
am rechten Ufer der Donau zwischen dem Nussberg und
dem Leopoldsberg im Waldbachtal. Im Norden grenzt
der Klosterneuburger Stadtteil Weidling an den Ort und
im Osten, jenseits der Donau, der Floridsdorfer Bezirksteil
Jedlesee. Im Süden des Kahlenbergerdorfs liegt der
Döblinger Bezirksteil Nussdorf, im Westen Josefsdorf.
In den Weinbergen oberhalb des Ortszentrums befindet
sich der Pfarrfriedhof Kahlenbergerdorf.
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# wohlbefinden
REINIGUNGS-
RITUALE
Welche Bräuche hierzulande gepflegt wurden – und werden –,
um die Seele, den Körper oder die eigenen vier Wände zu „reinigen“.
Von UTE FUITH
Altes Brauchtum neu interpretiert
Räuchern soll frische Energie in Haus, Wohnung,
Büro und Gewerbeimmobilien bringen.
88 CHECK 2/2019
# wohlbefinden
Shutterstock
CHECK 2/2019
89
# wohlbefinden
Weihrauch
Das kostbare Harz aus
dem Orient ist seit alters
her das bevorzugte Mittel
für Räucher-Rituale.
Um ein Heim und seine Bewohner vor Unglück zu
schützen, findet man hierzulande immer noch
zahlreiche Inschriften an alten Bauernhäusern.
Der wohl bekannteste Haussegen ist jener der Heiligen
Drei Könige. Ihr Kürzel C+M+B entdeckt man nicht nur
auf dem Land, sondern auch an vielen Wohnungstüren in
der Stadt. Spezifischere Haussegen in der Form von frommen
Sprüchen oder Gebetsformeln und religiösen Symbolen
konnte man früher auf Jahrmärkten oder bei Wanderhändlern
kaufen.
Nach der Reformation, Anfang des 16. Jahrhunderts, entstanden
zusätzliche evangelische Haussegen. An die Stelle
der Anrufung Marias und der Heiligen traten Bibelsprüche.
Im 19. Jahrhundert stellte man katholische und evangelische
Haussegen massenhaft als Lithografien und in anderen
neuen Drucktechniken her, auch aus Blech, Glas oder Holz.
Dazu kamen selbst angefertigte Stickbilder. Zu den gängigen
Haussegens-Sprüche zählen heute noch: „Vertrau auf Gott
in jeder Noth“, „Gottes Ruh und Frieden sei deinem Haus
beschieden“ oder „Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein“.
Tradition des Räucherns
Zusätzlich zum Haussegen gibt es noch bestimmte
Rituale für die spirituelle „Grundreinigung“. Sie werden
in Österreich vor allem während der zwölf Raunächte
zwischen Weihnachten und Dreikönigstag praktiziert.
Den Raunächten wird seit jeher eine besondere
Bedeutung zugemessen. Nach dem Volksglauben zogen
sich die stürmischen Mächte der Mittwinterzeit am Ende
der Raunächte wieder zurück und „die Wilde Jagd“
begab sich zur Ruhe. Während dieser Zeit wird deshalb
an vielen Orten bis heute die Tradition des „Räucherns“
gepflegt. Daher haben die Raunächte auch ihren Namen.
Vertreibung böser Geister
Im Mostviertel wird das Räuchern „Ausrauka“ genannt.
Dabei werden Räume und Ställe mit Weihwasser besprengt
und mit Weihrauch geräuchert. So sollen böse
Geister vertrieben und das Haus und seine Bewohner
vor Unglück bewahrt werden. Dieser religiöse Brauch
mit heidnischen Wurzeln wird in vier bestimmten
Adobe Stock
90 CHECK 2/2019
# wohlbefinden
# interview
Grundreinigung
Das Ausräuchern von
Haus, Wohnung und
Büro soll uns neue
Energie verschaffen.
Adobe Stock
„Raunächten“ zelebriert: Von 21. auf 22. Dezember (der
längsten Nacht des Jahres), von 24. auf 25. Dezember
(Christnacht), von 31. Dezember auf 1. Jänner (Silvesternacht)
und von 5. auf 6. Jänner (Epiphaniasnacht). In
diesen Nächten trägt der Hausherr ein Räuchergefäß mit
Holzkohlenglut und Weihrauch, den sogenannten „Ausrauka-Tegl“
mit, durch sämtliche Wohnräume und Stallungen.
Danach wird der „Ausrauka-Tegl“ in der Stube
auf einen Stuhl gestellt und die ganze Familie betet sieben
Vaterunser. Die Holzkohlenreste vom Ausräuchern
werden am darauffolgenden Tag auf die Felder gestreut.
Wer sich Kopfschmerzen für ein ganzes Jahr ersparen
will, hält seinen Hut über den duftenden Weihrauch und
setzt ihn rasch wieder auf. Die Tradition des Räucherns
findet man auch im Salzkammergut oder in Tirol.
Glöcklerlauf in Ebensee
Im Salzkammergut wird seit hundertsechzig Jahren
der alte Raunachtsbrauch des Glöcklerlaufes praktiziert.
Ebensee ist das Zentrum und der Ursprung dieses
Rituals, das alljährlich am 5. Jänner, dem Vorabend
des Heiligdreikönigstages und der letzten Raunacht
– der feisten Raunacht Perchta – stattfindet. Sinn des
Glöcklerlaufes soll es sein, das Heil und den Segen
der guten Geister zu gewinnen und die bösen Geister
aus den Häusern zu vertreiben. Die Glöcklergruppen,
„Passen“ genannt, treffen von den verschiedenen Ortsteilen
Ebensees im Ortszentrum ein, um von dort aus
durch das Dorf zu ziehen. Für die Teilnehmer ist das
eine ziemliche Anstrengung, denn sie ziehen mit bis zu
20 Kilogramm schweren, bis zu zwei Meter hohen und
vier Meter langen Kappen durch den Ort. Damit die
bösen Geister auch wirklich vertrieben werden, haben
die Glöckler große, an Ledergürteln befestigten Glocken
umgebunden, deren dumpfer Klang das Licht unterstützen
soll. Durch seine Originalität und über all
die Jahrzehnte beibehaltene Traditionspflege wurde
der traditionelle Ebenseer Glöcklerlauf 2010 von der
UNESCO zum österreichischen immateriellen Kulturerbe
ernannt.
CHECK 2/2019
91
# wohlbefinden
„Bräuche werden
erfunden, wenn
man sie braucht.“
Helga Maria Wolf, 1951 in Wien geboren, studierte Europäische
Ethnologie und Kunstgeschichte und ist Autorin
zahlreicher Publikationen. Mit ihrem Buch „Verschwundene
Bräuche“ hat sie ein umfassendes Lexikon der untergehenden
Rituale verfasst. Im Gespräch mit CHECK
erklärt sie die Notwendigkeit von Ritualen und Bräuchen
in der heutigen Zeit.
Helga Maria Wolf
Autorin
Wie unterscheiden sich städtische von
ländlichen Bräuchen?
Die Landwirtschaft war extrem von der Natur abhängig.
Die Bräuche im Bauernjahr haben daher viel mit
der Jahreszeit und der jeweils nötigen Arbeit bzw. deren
Abschluss zu tun. Die Landbevölkerung erhoffte sich
von ihren Ritualen Schutz und Segen. Die bestehende
Gemeinschaft sollte nach bewährten Regeln funktionieren,
dazu gehörten auch soziale Kontrolle, Rüge- und
Heischebräuche. Heiligenverehrung, Patrone und Bauernfeiertage
waren wichtig. Wenn auch noch heute der
überwiegende Teil der staatlichen Feiertage auf kirchliche
zurückgeht, spielt doch in der Stadt der religiöse
Hintergrund eine geringere Rolle. Dafür entstanden
hier andere Bräuche, die speziell im adeligen oder bürgerlichen
Milieu verankert waren, z.B. die Zunftbräuche
der Handwerker.
Wie wichtig sind Bräuche und Rituale für das
menschliche Zusammenleben?
Traditionelle Rituale konnten auch in schwierigen Situationen
Lebenshilfe leisten – sonst würden jetzt Psychologen
und Therapeuten nicht so sehr nach ihrer Wieder-
entdeckung rufen. Wichtige Lebensereignisse wie Geburt,
Heirat oder Tod werden von der Kirche mit Sakramenten
begleitet. Man sollte aber auch im „weltlichen“ Leben
vielleicht wieder mehr daran denken. Bräuche haben zudem
eine soziale Dimension, denn Feste verbinden und bieten den
Individuen Höhepunkte des Lebens und des Jahreslaufes.
Buchtipp
„Verschwundene Bräuche“
von Helga Maria Wolf,
Brandstätter Verlag
Warum geraten manche Bräuche in
Vergessenheit?
Bräuche fallen nicht vom Himmel, sie kommen auch
nicht aus der „Volksseele“. Sie werden erfunden, wenn
man sie braucht. Bräuche wandern, entwickeln sich dynamisch
weiter, verschwinden, werden wieder belebt.
Keiner hat sich von mystischer Vorzeit bis in die Gegenwart
erhalten. Brauch-Erfinder – Einzelpersonen oder
Gruppen – kamen aus allen sozialen Schichten. Herrscher
und Kirche hatten gute Gründe, selbst Feste zu begehen
oder für andere festzulegen. Kreative Köpfe, wie
der Dichter Matthias Claudius, führten für ihre Familien
eigene Feiertage ein – als Journalist ermunterte er seine
Zeitgenossen dazu.
Die Gründe für die Entstehung von Traditionen sind
vielfältig. Meist kommen einige zusammen, wie wirtschaftliche
Notwendigkeiten, religiöse Gebote, ungeschriebene
Gesetze oder psychologische Ursachen.
Bräuche werden veränderten Gegebenheiten angepasst,
einzelne Elemente verschwinden, verbinden sich mit
anderen, es entsteht etwas Neues.
Bräuche sind flexibel und hybrid. Bräuche sind nicht
„ewig“ und vieles geht verloren, wenn die Grundlage
wegfällt. Und um manches, wie z.B. Rügebräuche, ist
es auch gar nicht schade.
pressefotoLACKINGER, Brandstätter Verlag
92 CHECK 2/2019
# ästhetik
ALLES
FASSADE
Hausfassaden sind wie die Haut des Menschen
sehr sensibel. Sie reagieren auf Umwelteinflüsse
und müssen immer wieder gepflegt werden.
Von THOMAS LANGER
Shutterstock
Historische Juwelen
Jeder Architekt wollte mit
seiner Fassade alleine schon
seinen Stil deutlich machen.
CHECK 2/2019
93
# ästhetik
H
ausfassaden sagen viel über den Erbauer eines Hauses
aus. Denn jeder Architekt will mit der Fassade
alleine schon seinen Stil und seine Formgebung
deutlich machen. Das beginnt beim verwendeten Material:
Während jahrzehntelang Putzfassaden, vor allem in
hellen Tönen (Weiß, Gelb oder Hellblau), vorherrschten,
sind in letzter Zeit wieder Fassaden aus Holz im Vormarsch,
weil es ein Naturmaterial ist. Dies betrifft nicht
nur den ländlichen Raum, sondern auch Stadtbauten. Beispielsweise
wird gerade in Wien in der Seestadt Aspern
das erste Holzhochhaus (das „HoHo Wien“) fertiggestellt.
In ihm wird ein Branchen-Mix von Büroräumen,
Appartements, einem Hotel und einem Restaurant sowie
ein Wellness-, Beauty- und Health-Bereich geboten.
Der Witterung ausgesetzt
Moderne Bauten, vor allem Bürogebäude, haben neben
einem Metallkern oft große Glasfassaden. Viele bestehen
nach Auskunft von Drasko Dzajic, Leiter der Fassadenreinigung
der Firma SIMACEK, auch aus Stein oder Aluminium.
Im städtischen Wohnbau werden zudem Klinkerfassaden
verwendet. Sie sind allerdings in Österreich nicht
besonders häufig anzutreffen. Seit einigen Jahrzehnten haben
sich bei Häuserfassaden auch Faserzementplatten, die
sehr witterungsbeständig sind, durchgesetzt. Dabei werden
Fasern aus Polyvinylalkohol zur Armierung (Verstärkung)
in den Zement eingebunden. Früher wurden dafür die gesundheitsgefährdenden
Asbestfasern verwendet.
Jede Hausfassade ist immer der Witterung ausgesetzt und
muss deshalb von Zeit zu Zeit gereinigt werden. Denn alle
Oberflächen – egal ob es sich um eine Putz-, Metall- oder
Glasfassade handelt – sind von verschiedenen Arten von
Verunreinigungen betroffen. So sollten etwa kaum sichtbare
Risse und andere Schäden an der Außenfassade ganz besonders
beobachtet werden. Denn sie können im schlimmsten
Fall zu einem Wassereintritt ins Gemäuer führen.
Schwindelfreiheit notwendig
Die größte Herausforderung bei der Fassadenreinigung
sind unterschiedliche Witterungsverhältnisse. Laut Dzajic
sind – wenn man in der Höhe in einer Befahranlage oder
Arbeitsbühne steht – der Wind und der Regen die größten
Probleme. Bei stärkerem Wind werden die Arbeiten sofort
abgebrochen, da das Risiko für ein unvorhergesehenes Ereignis
zu groß wird. Die Fassadenreiniger müssen absolut
schwindelfrei sein. Bei der Firma SIMACEK werden sie
für ihre Einsätze speziell vorbereitet, schildert Dzajic. Es
gebe eigene Absturzsicherungsschulungen. „Vor jedem
neuen Auftrag wird der Mitarbeiter zudem noch extra
eingeschult“, so der Fassadenreinigungsexperte. „Wir
haben außerdem fünf Sicherheitsfachkräfte im Unternehmen,
damit immer alle Beteiligten auf der sicheren
Seite sind.“ Da für die meisten Spachtelmassen, Verputze
und Farben Temperaturen unter fünf Grad Celsius Gift
sind, empfiehlt es sich generell, eine Fassadenreinigung in
der wärmeren Jahreszeit durchzuführen.
Von Algen befallen ...
Unter die häufig auftretenden Verunreinigungen, die nicht direkt
mit Straßenstaub oder Rußpartikeln in Zusammenhang
stehen, fallen beispielsweise Algen, die nicht nur optisch unschön
sind, sondern auch ein Nährboden für verschiedene
gesundheitsgefährdende Organismen – zum Beispiel für diverse
Schimmelpilzarten – sein können. Laut Dzajic tritt Algenbefall
vor allem bei Privathäusern mit Putzfassaden auf.
Mittels eines neuen Anstrichs kann er zwar kaschiert werden,
aber das Problem wird weiter bestehen und kann bei
den Bewohnern auch zu gesundheitlichen Problemen führen.
„Bei Stein-, Metall- und Glasfassaden tritt dieses Problem
nicht auf“, gibt der Experte Entwarnung.
frühzeitige Reinigung schützt
Algen entstehen durch Kondenswasser, das sich an der
Oberfläche bildet: Dabei wird der Verputz vom darunterliegenden
Mauerwerk wärmetechnisch abgekoppelt. Er
wird durch das Tauwasser feucht und bildet den Nährboden
für Algen und Pilze, die sich schnell ausbreiten und
meistens grünlich-schwarz oder rostbraun schimmern.
Hagel, Reifbildungen oder fehlende Dachüberstände begünstigen
das Wachstum zusätzlich. Der entstandene Bioteppich
scheidet im Zuge der eigenen Energiegewinnung
geringe Mengen Säure aus, die auf Dauer korrosiv wirken,
den Putz aufweichen und poröser machen können.
Außerdem kann es durch die begünstigte Adsorption von
Partikeln und Schadstoffen zu tiefliegenden Verfärbungen
kommen. Eine frühzeitige Reinigung verschafft hier Ab-
94 CHECK 2/2019
# ästhetik
Große Glasfassaden
... müssen regelmäßig von
Profis gereinigt werden.
Pachleitner Graz
hilfe und schützt vor Algen- und Pilzbefall. Dieser kann
jedoch trotz moderner Baukonstruktion und Bautechnik
und spezieller Beschichtungen nicht zu 100 Prozent
ausgeschlossen werden. Experten der Gebäudereinigung
unterscheiden zwischen drei Algenarten: Grünalgen treten
meist in der Umgebung von Bäumen und Sträuchern auf
und machen fast 50 Prozent der Verschmutzungen aus,
Schwarzalgen verursachen eine dunkle, flächige Verunreinigung,
die oft mit Straßenschmutz verwechselt wird, und
Rotalgen treten nur bei bestimmten Verputzarten in Form
von vertikalen roten Streifen auf. In jedem Fall hilft nur
eine professionelle Fassadenreinigung.
Fassaden mit Ausschlag
Eine andere Art von Verunreinigung kommt ebenfalls recht
häufig vor: Wenn eine Hausfassade aussieht, als hätte sie
einen Ausschlag, handelt es sich in den meisten Fällen um
die Mauerspinne (Fassadenspinne). Ihre Netze sind eigentlich
weiß. Nur verfängt sich darin leicht Straßenstaub und
anderer Schmutz und macht so die Fassade unansehnlich.
Die Mauerspinne ernährt sich von Insekten und siedelt sich
deshalb am liebsten dort an, wo sie geschützt vor Wettereinflüssen
ist und hohe Aussicht auf Beute hat. Die Verschmutzung
des Netzes hat zur Folge, dass es für die Spinne
unbrauchbar wird, die daraufhin ein neues Netz an anderer
Stelle der Fassade webt. So wird unter Umständen ein großer
Teil einer Hausfassade mit den Netzen dieser Spinne
überzogen. Professionelle Fassadenreinigungsfirmen können
mit speziellen Wirkstoffen in den verwendeten Reinigungsmitteln
dafür Sorge tragen, dass nicht nur die Netze
zu 100 Prozent zerstört werden, sondern auch die Eier abgetötet
werden. Manche Firmen gewähren sogar fünf Jahre
Garantie gegen einen Wiederbefall.
Individuelle Reinigung
Generell muss jede Fassade beziehungsweise jede Hausoberfläche
mit einer anderen Methode gereinigt werden.
„Oft kommen Hochdruckreiniger und Osmosegeräte zum
Einsatz, z.B. bei Glasfassaden“, erklärt Dzajic dazu. Klinkerfassaden
und Naturstein- oder Betonfassaden sind relativ
pflegeleicht und können mit einem Hochdruckreiniger auch
von einem Laien gereinigt werden. Dazu ist nur ein Gerüst
oder eine im Baumarkt ausleihbare Hebebühne und das entsprechende
Fassadenreinigungsmittel notwendig. Bei Klinkerfassaden
– Klinkersteine nehmen sehr wenig Wasser auf –
muss vor allem auf die verputzten Fugen aufgepasst werden.
Denn diese können vor allem bei älteren Häusern leicht beschädigt
werden. Bei Naturstein- oder Betonfassaden eignen
sich in erster Linie Hochdruckreiniger mit Sand- oder Trockenstrahlfunktion.
Bei Putzfassaden empfehlen Experten
hingegen, dass sie immer von einem Fassadenreinigungsfachbetrieb
behandelt werden. Zu bedenken ist auch: Nur
stabile Kalkputz- und Zementputzfassaden können mit einem
Hochdruckreiniger ohne Beschädigung der Dämmung
gereinigt werden.
Das richtige Mittel
Zur Entfernung von Ölen, Fetten, Schmutz, Staub, Ruß und
Emissionsverschmutzungen können Stein- und Fassadenreinigungsmittel
verschiedener Firmen empfohlen werden. Zur
CHECK 2/2019
95
# ästhetik
1907 errichtet wurde, erstrahlt durch die Behandlung
im Vorjahr in neuem Glanz. Projektentwickler Thomas
Urbanek erklärte gegenüber dem „Standard“, dass „der
neue Glanz des Hauses trotz starken Verkehrsaufkommens
mindestens 15 Jahre lang halten soll.“
Nervige Graffitis
Nach der Entfernung empfiehlt
sich die Anbringung
einer Schutzschicht.
Schonung der Umwelt können die Reinigungsmittel in einer
Wanne am unteren Ende der Fassade wieder aufgefangen
werden (mit Hilfe einer Absaugpumpe). Das verschmutzte
Wasser sollte vor der Kanalentleerung mit eigens dafür entwickelten
Mitteln neutralisiert werden. Die meisten Oberflächen
können am besten mit einem Hochdruckreiniger mit
Spezialdüsen gereinigt werden. Für den Schutz vor neuerlichem
Algen- oder Pilzbefall wurden spezielle Schutzlösungen
entwickelt, die eine desinfizierende Wirkung haben.
Diese enthalten meist eine spezielle Chlorverbindung. Daher
sollte bei Arbeiten mit derartigen Lösungsmitteln stets eine
Schutzausrüstung getragen werden: Sicherheitsschuhe, Sicherheitshandschuhe,
Schutzbrille und Atemmaske.
Ein Glanz-Beispiel
Nach der Reinigung der Fassaden mit Reinigungsmitteln
und viel Wasser trägt der Fachmann meist noch ein eigenes
Fassadenimprägniermittel auf Siloxan-Basis auf.
Dadurch bleibt die gereinigte Hauswand länger in einem
ansehnlichen Zustand. Ein gutes Beispiel für eine gelungene
Fassadenreinigung ist das Haus Mariahilfer Gürtel 1
(Ecke Gumpendorfer Straße). Das Jugendstilgebäude, das
Homogene Optik
Vor dem Auftragen eines neuen Fassadenanstrichs sollte
ein verdünnter Voranstrich verwendet werden, damit alle
Flecken vollständig verschwinden. So entsteht eine homogene
Optik. Als Farben eignen sich vor allem Dispersionsfarben,
die auf beinahe jedem Untergrund haften. Sie
erweisen sich als äußerst beständig, weisen die Feuchtigkeit
ab und besitzen nur eine geringe Diffusionsfähigkeit.
Silikatfarben hingegen sind diffusionsoffen. Sie wirken
aufgrund ihres pH-Wertes pilzhemmend, gehen eine feste
Verbindung mit dem Untergrund ein und entfalten eine
dauerhafte, effektive Schutzwirkung. Allerdings halten
solche Farben nur auf mineralischen Untergründen. Es
gibt aber auch Silikatdispersionsfarben, die beide Eigenschaften
vereinen. Diese haben laut Experten allerdings
nur eine geringe Wirkung gegen Schimmelbildung. Lange
Zeit waren Kalkfarben das natürliche Anstrichmittel.
Sie sind diffusionsoffen und schimmelhemmend. Nur
hält sich ihre Witterungsbeständigkeit in Grenzen. Besonders
wasserabweisend sind Silikonharzfarben. Nicht
nur Regenwasser perlt an ihnen ab, auch Verschmutzungen
haben es schwer, haften zu bleiben. Bei dieser Farbsorte
genügt ein einziger Anstrich.
Sonderfall: Graffiti-Entfernung
Graffiti kann zwar eine Kunstform sein, wird auf Häuserfassaden
aber oft als sinnlose Verunstaltung erlebt. Daher
gehen Hausbesitzer relativ streng gegen diese Art von „Verschmutzung“
vor. Am besten wird eine Graffitibemalung mit
einem Hochdruckreiniger mit viel Wasser oder mit einem
Heißdampfverfahren weggespült. Manche Firmen bieten
auch eine staubfreie Graffiti-Entfernung mit speziellen Sandstrahl-
oder Trockeneisstrahl-Verfahren an. Andere arbeiten
mit biologisch abbaubaren chemischen Mitteln. „Besonders
schwer sind Graffitis von offenporigen Untergründen wie
Sandstein zu entfernen“, erklärt Architekt Ulrich Zink vom
Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung in Berlin. Gewarnt
Pixabay
96 CHECK 2/2019
# ästhetik
wird allgemein vor dem eigenmächtigen Vorgehen von
Hausbesitzern gegen diese Art der Verunreinigung mit speziellen
Anti-Graffiti-Sprays oder Gels, die schnell besorgt werden
können. Denn mangels Fachkenntnissen könnten beim
„Do-it-yourself“-Verfahren Schäden am Mauerwerk entstehen.
Fassadenreinigungsexperte Dzajic: „Jede Oberfläche
muss mit einer anderen chemischen Lösung behandelt werden,
damit die Graffitibemalung dauerhaft verschwindet.“
Shutterstock/JJ Farq
Schutz vor neuerlichen „Bemalungen“
Nach der Entfernung der Bemalungen empfiehlt sich das
Auftragen einer Schutzschicht. Dafür gibt es spezielle Lacke
in Baumärkten, die ein neuerliches Anbringen von Graffitis
verhindern. Sie werden meist bis in eine Höhe bis drei
oder dreieinhalb Meter als farblose Imprägnierung aufgetragen,
sodass die Lacke der Spraydosen nicht haften können.
Manche Firmen führen auch Oberflächenversiegelungen
ganzer Fassaden durch. Diese verhindern nicht nur Graffitizeichnungen,
sondern ermöglichen einen Schutz vor Flüssigkeiten
jeglicher Art. Die Firma SIMACEK entfernt Graffiti
von Fassaden mit unterschiedlichen Oberflächen, auch von
Stromzählern und Verkehrsmitteln, im Umfang von etwa
20.000 m 2 pro Jahr. „Zuletzt wurde zum Beispiel die durch
Farbbomben verunreinigte denkmalgeschützte Fassade der
spanischen Botschaft gesäubert“, erzählt Dzajic.
Denkmalschutz mitberücksichtigen
Bei historischen Häuserfassaden passiert es sehr schnell,
dass beim Abklopfen des alten Verputzes auch Maueroder
Gesimsteile herausfallen. Damit der ursprüngliche
Charakter eines solchen Hauses erhalten bleibt, sollte
die Fassadensanierung unbedingt von einem Fachbetrieb
durchgeführt werden. Manchmal wird es sogar ratsam
sein, einen Experten vom Bundesdenkmalamt zu Rate
zu ziehen. Denn bei vielen Gründerzeithäusern in Wien
zum Beispiel ist auch das Denkmalschutzgesetz zu berücksichtigen.
Fazit: Die Fassadenreinigung und -sanierung ist eine
komplexe Materie. In den meisten Fällen ist es daher
sinnvoll, sie von ausgebildeten Fachkräften durchführen
zu lassen. Ein positiver Nebeneffekt: Der Wert des
Gebäudes steigt – ein Umstand, der bei einem späteren
Verkauf von Bedeutung sein kann.
Historische Gebäude
... sind besonders anfällig für
Schimmelbefall. Vorsorgen ist
besser als „heilen“.
Nachhaltige Schimmelentfernung
Gerhard Brandner, Geschäftsführer der BMB Gebäudehygiene,
arbeitet in der Schimmelentfernung mit der Firma
SIMACEK zusammen. Er hat ein Verfahren entwickelt,
das den Schimmel vollständig und ohne giftige Rückstände
beseitigen kann. „Das BMB-Verfahren entfernt Schimmel
und Schimmelmyzel sogar aus tiefen Schichten – bis zu
drei Zentimeter! Die unerwünschten Substanzen werden
in Wasser gebunden aus der Wand gedrückt und nach der
Behandlung aus der Wohnung vollständig entfernt“, erklärt
Brandner das Verfahren.
Das patentierte BMB®-Schimmelentfernungsverfahren setzt
der grundlegenden Schimmelproblematik ein Ende. Das
BMB®-Verfahren ist extrem schonend, das bedeutet:
# Keine Beschädigung der Fassade, Oberfläche oder
Materialzerstörung;
# gift-und gefahrstofffreie Innenräume;
# für alle saugenden Materialien geeignet;
# für denkmalgeschützte Bauwerke bestens geeignet;
# löst sogar abgeschlossene Biofilme.
Die behandelten Räume können selbst von Schimmelallergikern
wieder in vollem Umfang genutzt werden.
CHECK 2/2019
97
# austrian art award
Models mit Christian Ludwig Attersee
Prototypen der Gewinnerentwürfe
Modedesign.
KUNSTVOLLE
INSZENIERUNG
Die Verleihung des Austrian Art Award DFG am 26. September im
Odeon Theater in Wien war ein voller Erfolg.
Von MATTHIAS HÄUSLER
98 CHECK 2/2019
# austrian art award
Musik trifft Schauspiel
Pierre Sarkozy alias DJ Mosey
(links) mit Werner Schreyer.
Perfekte Organisation
Wolfgang Reichl mit Journalistin und
Verlegerin Desiree Treichl-Stürgkh.
Alexander Tuma
Wer interessieren will, muss provozieren.“
Inspiriert durch dieses Zitat des spanischen
Malers Salvador Dalí, entstand das
Konzept des Austrian Art Award 2019 der Denkmal-,
Fassaden- und Gebäudereiniger Österreichs (DFG). Die
Initiatoren: Gerhard Komarek (Berufszweigobmann
DFG), Ursula Simacek (Vorsitzende Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit
DFG) und Creative Director Wolfgang
Reichl.
Als Partner konnten die führenden österreichischen
Institutionen „Modeschule Wien im Schloss Hetzendorf“
unter der Leitung der Direktorin Monika Kycelt
sowie die „Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt
Prominente Gäste
Natalia Ushakova, Christine Lugner,
Marika Lichter, Beatrice Körmer (v.l.n.r.).
CHECK 2/2019
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# austraian austrian art art award
And the winners are ...
Angewandte Kunst:
Judith Sturmlechner, Luise Knecht, Paulina Sommer,
Laura Rist, Victoria Böheim, Lilith Krausz, Zinajda Polic
Komposition:
Simon Öggl
Darstellende Kunst:
Anna Overbeck/Musical, Julia Posch/Schauspiel,
Lea Karnutsch/Tanz, Malcom Henry/Musical
Teil der DFG-Jury
Dr. Günther Reisinger, Ursula Simacek
und Gerhard Komarek (v.l.n.r.).
Die Austrian Art Award DFG-Jury
In der Runde der Juroren für den Preis der Denkmal-
Fassaden- und Gebäudereiniger waren viele bekannte
Gesichter mit dabei:
Christian Ludwig Attersee (österreichischer Maler,
Bühnenbildner, Musiker & Schriftsteller)
Gerhard Komarek (WKO-Berufszweigobmann)
Ursula Simacek (WKO-Vorsitzende Arbeitskreis
Öffentlichkeitsarbeit)
Monika Kycelt (Direktorin Modeschule Wien
im Schloss Hetzendorf)
Andreas Mailath-Pokorny (Rektor der Musik und Kunst
Privatuniversität der Stadt Wien)
Werner Sobotka (Schauspieler, Kabarettist & Regisseur)
Katharina Stemberger (Schauspielerin)
Jolantha Seyfried (ehem. Solistin des Wiener Staatsballetts)
Werner Schreyer (Topmodel & Künstler)
Alfons Haider (Moderator, Schauspieler & Sänger), war aus
beruflichen Gründen nicht anwesend
Sabine Karner (Modedesignerin)
Michel Mayer (Modedesignerin)
Lilli Hollein (Kuratorin, Kulturmanagerin und Designexpertin),
war aus beruflichen Gründen nicht anwesend
Pierre Sarkozy (DJ, Model, Designer)
Desiree Treichl-Stürgkh (Journalistin & Verlegerin)
Wien“ (MUK) unter der Leitung ihres Rektors Andreas
Mailath-Pokorny gewonnen werden sowie der international
bekannte österreichische Künstler Christian
Ludwig Attersee.
Grosse Gala für die Gewinner
Zum Finale des Austrian Art Award DFG 2019 wurde am
26. September ins Odeon Theater in Wien geladen. Bei der
Festgala präsentierten sich die Studenten der MUK im
Rahmen einer inszenierten Audition-Performance in der
Kategorie Darstellende Kunst der hochkarätigen Jury unter
der Leitung von Maler Attersee und Standesvertreter
Komarek. Begeistert verfolgten die zahlreichen Gäste die
hochkarätigen Performances der Studentinnen und Studenten
aus den Bereichen Schauspiel, Tanz und Gesang.
Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Präsentation
der „atterseeisierten“ Gewinner-Entwürfe der Studenten
der Modeschule Schloss Hetzendorf in der Kategorie
Angewandte Kunst aus den Bereichen Modedesign und
Grafik. Diese sind bereits Ende Juni bei einer Pressekonferenz
in der Modeschule Schloss Hetzendorf bewertet
und ausgewählt worden.
Attersee – der auch die Award-Trophäe „Wissensdurst“
(Wir erhalten Werte – mehr Wissen macht uns erfolgreich)
kreiert hat und als kreativer Mastermind des Projekts fun-
Alexander Tuma
100 CHECK 2/2019
# austrian art award
Gewinnerinnen
Schülerinnen und Direktorin der
Modeschule Hetzendorf mit Jury.
Alexander Tuma
giert – zeigte sich vom hohen Niveau der Darbietungen und
der Kreativität der mitwirkenden Studentinnen und Studenten
begeistert.
Parallelen: Reinigung & Kunst
Der Austrian Art Award DFG 2019 in der Kategorie
Angewandte Kunst ging an sieben Studenten der Modeschule
Wien im Schloss Hetzendorf sowie in der
Kategorie Darstellende Kunst & Komposition an fünf
Studenten der MUK (siehe Kasten). Sie werden in den
geplanten Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger
Art Image Kampagnen-Filmen unter der Regie von Attersee
mitwirken.
Denn das Projekt soll gleichzeitig ein Impuls dafür sein,
den Menschen klar zu machen, dass die Reinigung von
architektonischen Werken keineswegs nur mit Putzen zu
vergleichen ist.
WKO-Vertreterin Ursula Simacek weiß dies nur zu gut. In
ihrem Unternehmen, Simacek Facility Management, zeigt
sich im Gebäudemanagement Tag für Tag, dass Reinheit
viel mehr als nur Putzen bedeutet. Bei allen Reinigungslösungen
müssen unzählige Regelungen beachtet werden.
Und das ist nur mit den entsprechenden Fachkräften möglich.
In diesem Sinne ist Reinigung eine Kunst.
Kunst wiederum sei ein Kulturprodukt, zieht Ursula
Simacek Parallelen: „Das Ergebnis eines kreativen Prozesses.
Das Kunstwerk steht am Ende dieses Prozesses.“ Mit
der Imagekampagne wolle man die Menschen erreichen,
sie ansprechen. „Dafür haben wir die geeigneten Partner
gefunden“, freut sich die engagierte Unternehmerin.
Vorfreude auf Image-Kampagne
Die Kampagne wurde am 22. Oktober im Allianz Stadion
von Fußballklub Rapid Wien präsentiert. Der Sendebeginn
war im November. Zudem sollen die Spots auch
2020 eingesetzt werden.
„Wir sind sehr stolz darauf, dass dieser Award in dieser
Form zustande gekommen ist“, sagt Komarek abschließend.
„Und wir freuen uns schon sehr auf die Umsetzung
mit den Siegerentwürfen für die Denkmal-, Fassaden- und
Gebäudereiniger in unserer Art Image Kampagne.“
Direktorin Kycelt hält fest: „Es hat unseren Schülerinnen
und Schülern wahnsinnig viel Spaß gemacht, bei diesem
Projekt dabei zu sein. Die Gewinner-Entwürfe zeigen,
dass sich alle intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt
haben. Wir freuen uns schon auf die Umsetzung.“
Auch Rektor Mailath-Pokorny begrüßt, dass mit dem
Austrian Art Award „ein einzigartiger Kunstwettbewerb
ins Leben gerufen wurde, der angewandte und darstellende
Kunst auf besondere Weise miteinander verknüpft.“
CHECK 2/2019
101
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