06.12.2019 Aufrufe

SIMACEK Magazin CHECK

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# the art of services

CHECK

BUSINESS MAGAZINE BY SIMACEK

Cover -Story

GLAS-JUWELEN

Die große Faszination der gigantischen

schimmernden Türme rund um die Welt

SEITE 10

CHECK Winter 2019/Frühjahr 2020

MIT IMMOBILIEN

DIE WELT RETTEN

Wie der Bausektor die aktuelle

Klimaschutzbewegung unterstützt

SEITE 24

SELBSTSTÄNDIG

Eine neue Studie zeigt, was

Unternehmerinnen in ganz

Österreich tagtäglich leisten

SEITE 60

GRÜNER FLUGHAFEN

EXKLUSIV-INTERVIEW MIT

DR. GÜNTHER OFNER

SEITE 6 6


Facility Services im Überblick

Facility services overview

Integriertes

Facility Management

and Services

24/7/365

Fassadenreinigung

Facade cleaning

Betriebsverpflegung

Care catering

Innenhof-Übernetzung, Dachrinnenreinigung,

Holz- & Bautenschutz

Patio protection, roof gutter cleaning,

wood & building protection

Verkehrsmittelreinigung

Public transport cleaning

Büroreinigung

Maintenance cleaning

Waschraumhygiene

Toilet facility services

Taubenabwehr

Pigeon defence

Hauswartservice &

Winterdienst

Caretaker service &

winter maintenance

Facility Management

Facility management

Rattenbekämpfung

Rat infestation

Abfallentsorgung

Waste management

Portier, Empfang

Concierge & reception service

Security Guard, Werkschutz

Plant protection

SIMACEK Facility Management Group

Ignaz-Köck-Straße 8, 1210 Wien

T. +43 1 211 66-0 • simacek@simacek.at • www.simacek.com


Industriekletterer

Industrial climber

Dachbegrünung

Roof landscaping

Sonderreinigung

Specialist cleaning

Höhenarbeit

Working at heights

Interner Transport & Logistik

Industrial transport & logistics

Lagerbewirtschaftung

Depot management

Industriereinigung

Industrial cleaning

Klinik- & Reinraumhygiene

Hospital hygiene & cleanroom services

Technische Services

Technical services

Sicherheitskonzepte

Security concepts

Sicherheit, Bewachung & Prävention

Security, site monitoring & prevention

Grünraumservice

Tending & maintaining

green spaces

Schädlingsbekämpfung

Pest control


IMMO GOES DIGITAL –

SMARTE LÖSUNGEN SPAREN

ZEIT UND RESSOURCEN

Die Digitalisierung macht auch vor

der Immobilienbranche nicht Halt

und gerade PropTech

und Building Information

Modeling (BIM)

sind derzeit in aller Munde.

Doch sind sie auch schon auf

dem Markt angekommen?

„Trotz aller Aufmerksamkeit, die diese neuen

Technologien und Möglichkeiten für die

Immobilienbranche gerade erfahren, werden

sie noch lange nicht flächendeckend eingesetzt,“

betont Bernd Winter, Leiter des

Branchencenters Immobilienunternehmen bei

BDO. „Viele Unternehmen haben die Digitalisierung

zwar bereits in ihrer Strategie verankert,

die Umsetzung erfolgt meiner Erfahrung

nach momentan aber vor allem in einzelnen

Projekten. Neben der Schulung der Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter in den neuen Anwendungsmöglichkeiten

ist vor allem die noch

nicht vorhandene Standardisierung von Prozessen

und Daten ein Hindernis,“ ergänzt Christoph

Pramböck, Leiter des Competence Center

Immobilienbewertung bei BDO.

Es gibt bereits die Möglichkeit, das Belegwesen

durch die Digitalisierung und seine

elektronische Weiterverarbeitung zu optimieren.

Außerdem kann nicht nur die Buchhaltung zu

großen Teilen automatisiert werden. Die standardisierte

und optimierte Verarbeitung dieser

Daten ermöglicht in weiterer Folge eine

zeiteffizientere Immobilienanalyse. Das Real-

Time-Reporting gibt jederzeit einen realen Blick

auf die Auslastungsdaten eines Objekts und

fließen in ein innovatives Managementsystem

der Mieter- und Lieferantenstammdaten

inklusive Zahlungsmodalitäten ein. Dieses erleichtert

nicht nur aufgrund der gemeinsamen

Datenbasis die interne Abstimmung, sondern

vereinfacht auch die Liquiditätsplanung.

CHRISTOPH PRAMBÖCK

Partner

+43 1 537 37 328

christoph.pramboeck@bdo.at

BERND WINTER

Partner

+43 1 537 37 406

bernd.winter@bdo.at


Darüber hinaus unterstützt BDO im Bereich

des Immobiliencontrollings und der -kostenrechnung,

indem eine dynamische Lebenszyklusbetrachtung

des Objekts erstellt wird, die

einerseits generell bessere Planung, andererseits

frühzeitige Strategieanpassung bei zu erwartenden

Problemstellungen ermöglicht. Das

von den BDO Immobilienexperten durchgeführte

Bechmarking gibt Kundinnen und Kunden

genügend Zeit, auf neue Trends am Markt zu

reagieren und die Kennzahlenimplementierung

mit inkludierten Abweichungsanalysen bringt

eine vereinfachte und rasche Erkennung von

Schwachstellen mit sich. „Wir bei BDO verfolgen

einen ganzheitlichen Ansatz: Von der

steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung bei

Immobilientransaktionen über die Entwicklung

von Finanzierungsmodellen bis hin zu einer Palette

von Services, die das Day-to-Day Business

in der Immobilienberatung optimieren und erleichtern

– bei uns erhalten unsere Kundinnen

und Kunden alles aus einer Hand“, betont Bernd

Winter.

IHRE CHANCEN MIT

DER DIGITALISIERUNG

► Mindestens doppelt so schnelle

Abarbeitung der laufenden Belegverarbeitung

► Fast-Close-Reports

(bereits am 5. des Folgemonats)

► Individuelle Dashboards mit finanzwirtschaftlichen

Kennzahlen pro

TOP/Objekt/Gesellschaft

► Liquiditätsplanerstellung innerhalb

weniger Minuten

Photo by BDO/Vanessa Hartmann-Gnong


# inhalt

INHALT

C H E C K 2 / 2 0 1 9

10

# coverstory

JUWELEN AUS GLAS

Da stehen sie, die gigantischen

40

# digitalisierung

EINE SCHÖNE NEUE WELT

Zur Digitalisierung der FM-Branche gibt es

Wolkenkratzer – und sehen so aus, als

keine Alternative mehr.

wären sie gerade frisch poliert worden.

18

# fassadenbegrünung

MEHR GRÜN STATT GRAU

Mit begrünten Fassaden und Dächern sind

44

# intelligente gebäude

ELEKTRONISCHER BODYGUARD

Online-Attacken als Herausforderung

für Sicherheitsprofis.

die Städte weniger heiß, grau und staubig.

24

# klima

MIT IMMOBILIEN DIE WELT RETTEN

Die Immobilienbranche kann einen Beitrag

50

# porträt + interview

BARM-HERZIG

Modernste Medizin und Menschlichkeit im

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.

in der Klimaschutzbewegung leisten.

30

# cäsar immoaward

DIE BESTEN DER BRANCHE

Ursula Simacek als Immobiliendienst-

56

# berufswelt

ARBEITEN FÜR ALLE GENERATIONEN

Alternsgerechtes Arbeiten ist mehr denn je

gefragt.

leisterin des Jahres ausgezeichnet.

34

# innovationen

DIE CMS IM ZEICHEN DER UMWELT

Die Trends der CMS Berlin 2019.

60

# studie

UNTERNEHMERIN IN ÖSTERREICH

Die spannenden Ergebnisse der Unter-

nehmerInnen-Studie der Volksbank.

Impressum: Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: SIMACEK Facility Management Group GmbH, 1210 Wien, Ignaz-Köck-Straße 8, Redaktion

und Anzeigenverwaltung (01) 211 66 14105, Konzept und Beratung: Christian W. Mucha, Gestaltung und Produktion: Mucha Verlag GmbH, 1072 Wien,

Zieglergasse 1, Coverfoto: Shutterstock/dade72, Chefredaktion: Ina Pfneizl, Redaktion: Beate Binder, Ute Fuith, Matthias Häusler, Martin Krake, Thomas Langer,

Karin Martin, Clemens Nechansky, Christian Prenger, Christian Sec, Walter Senk, Grafik: Gabriel Pall, Anzeigendisposition: Ina Pfneiszl (Ltg.), Druck: Ferdinand

Berger Söhne GesmbH, 3580 Horn, Wiener Straße 80, Bankverbindung: Raiffeisenbank NÖ-Wien IBAN: AT953200000000181800 BIC: RLNWATWW,

Blattlinie: Redaktionelles Firmenmagazin der SIMACEK Gruppe, Topinformationen rund um das Gebäudemanagement für KundInnen, MitarbeiterInnen, PartnerInnen,

LieferantInnen und InteressentInnen. Alle Artikel mit der Unterzeile „Werbung“ oder Beiträge, die den Vermerk „Anzeige“ tragen, sind bezahlte Einschaltungen.

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Geschäftsführung: KR Mag. Ursula Simacek, Mag. Rudolf Payer, Gesellschafter: 0,0095 % KR Mag. Ursula Simacek, 0,0095 %, Petra Simacek, 99,981% Simacek

Holding GmbH, die sich zu 100% im Besitz der Simacek Privatstiftung befindet. Geschäftsführung: KR Mag. Ursula Simacek, Mag. Rudolf Payer, Unternehmensgegenstand:

Integriertes Facility Management und gebäudebezogene Dienstleistungen, Erstauflage: 15.000, Änderungen, Druck- oder Satzfehler vorbehalten.

6 CHECK 2/2019


66

72

# nachhaltigkeit

DER GRÜNE AIRPORT

Der Flughafen Wien nimmt beim Thema

Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle ein und

hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt.

# katakomben

GEBAUT IN DIE TIEFE

Ob wegen Platznot oder ökologischen

Problemen: Die Zukunft der Städte

liegt unter der Erde.

Seite 10

78

# ÖGNI

ÖKOLOGISCH ZERTIFIZIERT

Ein Beitrag zur Etablierung

einer nachhaltigen Bau- und

Immobilienwirtschaft.

84

# gewerbeimmobilien

(VER)MIETER IM RECHT

Welche notwendigen Reparaturen

muss der Vermieter und welche

der Mieter bezahlen?

88

# wohlbefinden

REINIGUNGS-RITUALE

Bräuche, um die Seele, den Körper oder

die eigenen vier Wände zu „reinigen“.

Seite 72

Alexander Tuma, shutterstock/Trabantos, shutterstock/dade72

93

98

06

09

# ästhetik

ALLES FASSADE

Die „Haut“ von Gebäuden sollte regelmäßig

professionell gepflegt werden.

# austrian art award

KUNSTVOLLE INSZENIERUNG

Die Preisverleihung im Odeon Theater in

Wien war ein voller Erfolg.

# standards

INHALT & IMPRESSUM

EDITORIAL

Seite 98

CHECK 2/2019

7


NETZWERKEN MIT

ERFOLGSGARANTIE

Wir sorgen dafür, dass Sie mit den OPINION LEADERN zum richtigen Zeitpunkt in Dialog treten können

und schaffen damit die perfekte Basis für vertriebs- und verkaufsfördernde Marketingaktivitäten.

LEADERSNET.AT


# editorial

LIEBE LESERINNEN,

LIEBE LESER!

Sie halten die aktuelle Ausgabe in Händen – unser Redaktionsteam hat wieder alles

gegeben, um für Sie die lesenswerten Themen ansprechend zu gestalten. Wir danken

allen für ihre Leidenschaft und Begeisterung für unser CHECK. Die Digitalisierungsentwicklung

ist nicht aufzuhalten. Warum auch? Bringt diese doch für unsere KundInnen eine

Vielzahl von Vorteilen wie Transparenz, Effizienz und Komfort. Unser Artikel zum Thema

„Facility Management und Digitalisierung“ (Seite 40) zeigt, dass IoT-Services gerade in der

Gebäudebewirtschaftung Sinn machen. In der immer stärker technologisierten Arbeits- und

Lebenswelt ist es wichtig, Hackern und Datendieben schon vor dem Delikt das Handwerk zu

legen. Lesen Sie dazu ab Seite 44, welche Herausforderungen es zu den Online-Attacken gibt

und wie diese zu bewältigen sind. Dass auch die Immobilien-Branche ihren Anteil an einer

positiven Entwicklung des Klimas hat, unterstreichen die praktischen Beispiele zu CO 2

-Emmisions-senkenden

Maßnahmen (Seite 18). Welchen Beitrag wir alle zur Klimaschutzbewegung

leisten können, schildert der Artikel „Mit Immobilien die Welt retten“ (Seite 24) sehr

eindrucksvoll. Unsere aktuelle Coverstory (Seite 10) lässt die größten Gebäude-Glasjuwelen

strahlen. Die riesigen Kolosse sehen so aus, als würden sie tagtäglich aufpoliert werden.

Ein nachhaltiges österreichisches Beispiel: Der Science Tower in Graz ist auf einer Fläche von

1000 m 2 mit Energieglas ausgestattet. Aus Platznöten oder ökologischen Problemen – die Zukunft

der Städte liegt unter der Erde. Wie aus Katakomben wunderschöne Einkaufsstraßen

und Nutzflächen werden, zeigt der Artikel „Gebaut in die Tiefe“ (Seite 72). Dass sogar ein

Flughafen auf Ökologie baut und CO 2

reduziert, berichten wir anhand des Wiener Flughafens

ab Seite 66. Für das ökologisch zertifizierte Konzept zum Errichten oder Nachrüsten von

Gebäuden gibt es interessante Richtlinien. Weniger bekannt ist, welche Gebäude es in diese

Rankings schaffen und warum – den Beitrag zur Etablierung einer nachhaltigen Bau- und Immobilienwirtschaft

lesen Sie ab Seite 78. Sie sehen schon, unsere Autoren sind von der Klimabewegung

beseelt und zeigen (nicht nur) in dieser Ausgabe ihre grünen Daumen. ;-)

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit für sinnstiftende Momente und viel Spaß beim Lesen!

Ursula Simacek, CEO

Herzlichst,

Simacek

Ursula Simacek

CHECK 2/2019

9


# coverstory

Gigantische Glaskolosse

London schmückt wie viele Weltmetropolen sein

Portfolio mit mächtigen Türmen aus Glas wie

„The Shard“ (rechts) und „The Gherkin“ (links).

10 CHECK 2/2019


# coverstory

JUWELEN

AUS GLAS

Da stehen sie also, die riesigen Kolosse – und sehen so aus,

als wären sie gerade frisch poliert worden. Für’s Prestige

sind sie auch noch gut. Die Wolkenkratzer mit ihren riesigen

Fassaden aus Glas.

Von WALTER SENK

shutterstock/dade72

CHECK 2/2019

11


# coverstory

Sie sind es, die den Metropolen dieser Welt ihre unvergleichliche

Skyline geben. Sie lassen viel natürliches

Licht ins Innere und bieten eine großartige

Aussicht. Außen und Innen verschmelzen dank dieser

Glaskonstruktionen förmlich. Dadurch sind sie für den

Betrachter ebenso faszinierend wie für diejenigen, die darin

arbeiten oder wohnen.

Glashäuser schmücken die Stadt

Nicht nur diese erliegen der Faszination eines schimmernden

Turms. Auch bei den Investoren sind sie besonders

beliebt. Wer schmückt sein Portfolio nicht gerne mit einem

„Turm aus Glas“? Sei es der Burj Khalifa, The Shard

in London, der Shanghai Tower in China, das One World

Trade Center in New York oder das Lakhta Center in St.

Petersburg.

Vom Grossen und vom Kleinen

Glasbau ist mittlerweile zum Mainstream bei den Zweckbauten

geworden. Auch im Hausbau ist er bereits angekommen.

Vergleicht man Siedlungen von vor 20 Jahren

mit Neubaugebieten von heute, fällt neben der moderneren

Architektur der Häuser vor allem eines auf: der hohe

Glasanteil in den Fassaden. Früher war das Haus in erster

Linie ein Rückzugsort, um vor Wind und Wetter zu schützen.

Heute ist das eigene Heim zur privaten Wellness-

Zone gereift, in der man die Seele baumeln lassen kann.

Man genießt einen schönen Ausblick, und dank der

Transparenz wirkt auch der Wohnraum gleich größer.

Hoch, höher, am höchsten

Der Burj Khalifa in Dubai gilt als

höchstes (Glas-) Gebäude der Welt.

Aussen wird zu Innen

Nichts ist offensichtlich so faszinierend, wie in einem Aquarium

zu sitzen, aus dem man hinausschauen kann. Leider

wird oft vergessen, dass man da auch hineinschauen kann –

aber was lässt man sich nicht alles gefallen für das Prestige?

Selbst dass einem die Leute beim Essen in den Teller schauen.

Das ist bei den Glasmonstern natürlich etwas anders.

Da sind die Restaurants so weit oben angesiedelt, dass man

nur mehr dem Tischnachbarn auf den Teller blicken kann.

Wobei: Man sollte schwindelfrei sein, wenn man in dieser

Höhe seine Mahlzeiten einnimmt. Denn Glasfassaden verleiten

ja dazu, nach außen zu schauen – oder eben nach unten.

Das ist dann manchmal für das menschliche Auge und

Shutterstock

12 CHECK 2/2019


# coverstory

das menschliche Hirn schon einmal schwer zu verdauen.

Noch dazu, wenn man gerade beim Essen sitzt.

Ein Essen im Glaspalast

Aber was tut man nicht alles für das Prestige, einmal im

höchsten Restaurant der Welt zu speisen? Das ist übrigens

das At.Mosphere im Burj Khalifa, dem höchsten Gebäude

der Welt. Das Restaurant befindet sich 122. Stock in einer

Höhe von 442 Metern. Es verfügt über einen verglasten

Raum, der einen Panoramablick auf die Palmeninseln, die

Nachbarstadt und das Meer erlaubt.

Die grosse Herausforderung

Verglast ist aber nicht nur das Lokal, sondern der gesamte

828 Meter hohe Turm. Glasfassaden an Wolkenkratzern

mit einer Höhe von mehr als 600 Metern gelten für den

Laien als vergleichsweise unkomplizierte Selbstverständlichkeit.

Aber diese Verglasungen sind Hightech. Der Höhenunterschied

zwischen Erdgeschoss sowie Gebäudespitze

und die damit einhergehenden Temperaturunterschiede

können aufgrund der Druckdifferenz zu unterschiedlicher

Durchbiegung der Isoliergläser führen. Beim Bau des Burj

Khalifa kam sogar noch die Temperaturdifferenz zwischen

Herstellung und Einbau der Isoliergläser hinzu. Sie

wurden im Jänner bei 26°C produziert und dann im August

in Dubai eingebaut. Bei einer Temperatur von 48°C.

Shutterstock

250 Kilometer pro Stunde

Aufgrund der Höhe von Megawolkenkratzern können

sich auch enorme Windkräfte entwickeln. In der Nähe

des Erdbodens wird der Wind in der Regel von Bäumen

und anderen Gebäuden gebremst. Ab einer bestimmten

Höhe verschwinden diese Hindernisse. Das Hochhaus

muss dann der vollen, ungebremsten Energie des Windes

standhalten. Beim Burj Khalifa wurde daher die Fassade

so konstruiert, dass sie Windlasten mit Geschwindigkeiten

bis zu 250 Stundenkilometer aushält.

Nebenan, also in Saudi-Arabien, wird gerade der über einen

Kilometer hohe Jeddah-Tower gebaut. Dessen Glaskonstruktion

ist sogar dafür ausgerichtet, Schwankungen

von bis zu 2,5 Metern standzuhalten, ohne dass es

zu Glasbruch kommt. Eine technische Meisterleistung bei

rund 400.000 Quadratmetern Fassadengläser.

Markante Form in London

The Gherkin – die Essiggurke – gilt als architektonisches

Highlight der englischen Hauptstadt.

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13


# coverstory

Glanz für ein ganzes Jahr

„The Shard“ steht mitten in London, und der Name ist

typisch britisch untertrieben. Für „die Scherbe“ war nämlich

mehr als eine Glasscherbe notwendig. Das 310 Meter

hohe, pyramidenförmig aufgebaute Bürohaus ist mit

11.000 Scheiben komplett verglast. 56.000 Quadratmeter

Glasfläche müssen lediglich gereinigt, aber nicht regelmäßig

gestrichen oder neu verputzt werden. Dazu ein kleines

Rechenbeispiel: Würde man rund 30 Scheiben pro Tag putzen,

so bräuchte eine einzelne Person ein ganzes Jahr, um

den Turm zu säubern. Wobei es natürlich in den unteren

Stockwerken weitaus einfacher ist als in schwindelerregender

Höhe. Die Reinigungskraft eben mal rausschicken zum

Drüberwischen, damit ist es nicht getan. Mit herkömmlichem

Fensterputzen hat die Reinigung nicht mehr viel zu

tun. Die Glasfassaden der gigantischen Türme werden von

speziell zur Höhenarbeit ausgebildeten Kletterern gereinigt.

Eine Essiggurke aus Glas

Um einiges kleiner, aber dafür von seiner Form origineller

ist das Büro- und Wohnhaus in Londons „30 St.

Mary Ave.“ Aufgrund seiner Form wird es als „The

Gherkin“ bezeichnet. Mit dem Ausdruck „Essiggurke“

ist der Glasturm ohnehin gut weggekommen. Zu Beginn

der Bauarbeiten gab es noch ganz andere Ausdrücke.

Bereits seit 2004 ziert das 180 Meter hohe Bürohaus

die Londoner Skyline mit seiner markanten Form.

Vor fünfzehn Jahren noch angefeindet, gehört die Glasgurke

mittlerweile zu den architektonischen Highlights

der englischen Hauptstadt.

Das Lakhta Center

Mit 462 Metern Höhe sticht das Lakhta Center in St. Petersburg

heraus wie aus einem Nadelkissen. Auffällig ist

auch seine Form: Der Wolkenkratzer dreht sich von ganz

unten bis zur Spitze um 90 Grad um die eigene Achse.

Das ambitionierte Hochhaus ist weit über die Grenzen

der Stadt zu sehen und für einen Rekord gut: Der Glasturm

in der nördlichsten Millionenstadt der Welt ist

das höchste Gebäude Europas. Seit wenigen Monaten

dient es dem russischen Energiekonzern Gazprom als

neues Hauptquartier.

Shutterstock

14 CHECK 2/2019


# coverstory

Stil-Mix

Moderne Glasgebäude reihen sich entlang

der Themse an historische Schätze.

Nicht nur die Höhe zählt

Gigantische Häuser aus Glas müssen aber nicht unbedingt

hoch sein. Die Apple-Zentrale im kalifornischen

Cupertino ist faktisch ein Glashaus. Sie wurde mit den –

bis dato – größten gläsernen Fassadenelementen der Welt

verkleidet. Wirkt extrem beeindruckend, kommt aber

schlecht. Denn im Gegensatz zu einem Einfamilienhaus

hat man bei Apple Zeit, die Fenster zu putzen beziehungsweise

putzen zu lassen. Danach stellen die Glaselemente

eine nicht sichtbare, aber leider unüberwindbare Hürde

für manchen Mitarbeiter und Gast dar.

Glas ist durchsichtig

Offiziell wurde das Gebäude im Frühjahr des heurigen

Jahres eröffnet. Seit Februar 2018 ist „One Apple Park

Way“ Apples neue offizielle Firmenanschrift. Als die ersten

Mitarbeiter einzogen, zeigten sich unerwartete Probleme:

Die Glas-Architektur sorgt offenbar dafür, dass

regelmäßig Personen gegen die durchsichtigen Wände

laufen. Wie der „San Francisco Chronicle“ aus Notruf-Mitschnitten

zitierte, zogen sich einige sogar ernsthaftere

Verletzungen zu. „Wir haben schnell erkannt,

dass das ein Problem sein wird“, sagte Albert Salvador,

der Gebäudebeauftragte von Apple, der Zeitung: „Wenn

die Fenster gesäubert sind, kann man sie vielerorts gar

nicht mehr sehen.“ „Das beste Bürogebäude der Welt“,

wie es von offizieller Seite heißt, ist also auch das transparenteste.

Womit niemand gerechnet hat: Glas hat auch

seine Schattenseiten.

Ein Dach aus Glas in Wales ...

Viel Durchsicht, aber weniger Verletzungsgefahr besteht

für Menschen beim großen Glashaus im National Botanic

Garden von Wales. Der Grund: Es handelt sich um das

größte Glasdach der Welt mit einer Länge von 110 Metern

und einer Breite von 60 Metern. Von außen betrachtet sieht

es aus wie ein in der Gegend gelandetes UFO. Unter der

spektakulären Kuppel bietet sich den Besucherinnen und

Besuchern die größte Sammlung mediterraner Pflanzen auf

der Nordhalbkugel. Der botanische Garten ist aber nicht

nur eine faszinierende Attraktion für Gäste aus aller Welt,

sondern auch ein Zentrum für botanische Forschung.

CHECK 2/2019

15


# coverstory

Technische Meisterleistung

Die Römertherme in Baden bei Wien hat

das größte freihängende Glasdach Europas.

aus Glas bestehende Wolkenkratzerfassaden seien „unglaublich

ineffizient“, weil so viel Energie durch das

Glas entweiche. Der Bürgermeister sieht diese Gebäude

als die größten Verursacher von Treibhausgasemissionen

der Metropole. Nach seinem Wunsch kann ein Unternehmen

einen großen Wolkenkratzer bauen und viel

Glas nutzen, doch müssen alle Maßnahmen ergriffen

werden, um die Emissionen zu senken. Oder eben Energie

zu produzieren.

Energie aus den Glasfronten

Tatsächlich gibt es bereits Beispiele für klimafreundliche

Gebäude und besondere Materialien. Wie zum Beispiel

die Verwendung spezieller Glassorten, die bei heißem

Wetter undurchsichtiger werden können, um die Sonne

zu blockieren oder sogar selbst Strom zu erzeugen.

.. und eines in Österreich

Das größte freihängende Glasdach Europas befindet sich

allerdings in Niederösterreich. Eine 33 mal 77 Meter große

Stahl-Glas-Konstruktion überspannt die Römertherme in

Baden bei Wien. Dank dieser technischen Meisterleistung

konnte der Charakter des historischen Freibades erhalten

bleiben. Es befinden sich eben alle unter einem Dach.

Sind Glasfassaden zeitgemäss?

Nur gut, wer seine Schäfchen schon unter das Glas gebracht

hat. Zumindest in New York. Bürgermeister Bill

de Blasio will nämlich im Kampf um das Klima neue

Glashochhäuser im Big Apple verbieten lassen. Nur

Beispiele aus Europa

Zum Beispiel das Gebäude „The Edge“ in Amsterdam.

Es verbraucht etwa 70 Prozent weniger Energie als die

meisten Gebäude. Allerdings ist es nicht auf allen Seiten

mit Glas verkleidet. In Österreich wurde der Science Tower

in Graz auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern

mit Energieglas ausgestattet. In Darmstadt produzieren

die Fensterfronten des Pharmaherstellers Merck den

Strom, und auch die Glaslamellen des SwissTech-Convention-Centers

in Lausanne in der Schweiz erzeugen

selbst bei bedecktem Himmel elektrische Energie.

Glasfassaden faszinieren

Vielleicht sind Glasfassaden tatsächlich nur Zeitgeist,

wie einige Architekten meinen. Wer weiß? So wie sie

in der städtischen Architektur aufgetaucht sind, werden

sie auch wieder verschwinden. Bis dahin ändert das

aber nichts an der Faszination der großen Glaskolosse,

und so werden weiterhin die Glasfassaden der Hochhäuser

die Großstädte dieser Welt zieren – und die

Portfolios der Investoren.

Badener KurbetriebsgesmbH

16 CHECK 2/2019


24/7/365

# Gebäude-Infrastruktur

# Facility Management

# Analyse

# Consulting

# Services

# Monitoring

# Reporting

Jetzt downloaden: SIMACEK

Nachhaltigkeitsbericht 2020

unter simacek.com


# fassadenbegrünung

Vertikaler Garten

Neben dem ästhetischen Aspekt

haben begrünte Fassaden auch

vielfältige ökologische Vorteile.

Shutterstock

18 CHECK 2/2019


# fassadenbegrünung

MEHR GRÜN

STATT GRAU

Der Sommer in der Stadt ist heiß, grau und staubig. Eine der Möglichkeiten,

alle genannten Umstände mit einer Maßnahme zu verbessern, ist es,

Fassaden und Dächer begrünen.

Von CLEMENS NECHANSKY

B

raun statt Grün: Ein ungewohntes Bild gab es

Ende August am Gürtel in Wien. Die sonst in sattem

Grün erstrahlende Fassade der MA 48-Zentrale

(Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft, Straßenreinigung

und Fuhrpark) war plötzlich braun. Die

Gräser, Kräuter und Stauden wuchern üblicherweise in

kräftigem Grün die Wände hinauf. Aber von einem Tag

auf den anderen war alles trostlos verdorrt. Doch was

war passiert? Um die Pflanzen an der Fassade mit Wasser

zu versorgen, ist ein vollautomatisches Bewässerungssystem

mit Sensoren, die in Serie geschaltet sind, installiert.

„Das ist dann im Hochsommer, wo wir 3.500 Liter

Wasser pro Tag reinschicken, mitten in der Urlaubszeit

für drei Tage ausgefallen“, erzählt Mag. Ing. Karl

Sascha Haas von „Die Stadtbegrüner“, einem Zusammenschluss

dreier Partnerunternehmen mit Vertikalbegrünungs-Expertise.

Haas hat mit seinem Unternehmen

die Begrünung der MA 48-Fassade 2010 – als Pilotprojekt

der Stadt Wien – umgesetzt. „Das war eine Verkettung

von unglücklichen Umständen. So etwas kann einfach

auch einmal vorkommen“, so Haas weiter. Doch es

wurde rasch reagiert und der nächste, für den Frühling

geplante Rückschnitt vorgezogen. Mittlerweile steht die

Anlage erneut voll im Saft und schaut schon wieder sehr

grün aus.

Medial aufgebauscht

Die Medien sind, auch dank der eindrucksvollen Vorher-nachher-Fotos,

sofort auf das Thema aufgesprungen

und haben groß berichtet. „Witzig ist, dass uns dieser

Ausfall mehr Publicity gebracht hat als in den zehn

Jahren davor, wo die Anlage immer massiv grün war.

Aber ich sehe es im Nachhinein positiv. Jetzt kennt die

48er wirklich jeder“, so Haas, der die Episode mittlerweile

mit Humor nehmen kann. Auch, dass die Anlage,

wie von manchen Medien berichtet, kaputt gegangen

sei, stimmt nicht.

Ing. Gerold Steinbauer, Vorstandsvorsitzender des Verbandes

für Bauwerksbegrünung, erklärt: „Grundsätzlich

ist das kein Problem für diese Fassade. Die Pflanzen

haben sich in die Wurzeln zurückgezogen, die Blätter

sind braun geworden. In der Zwischenzeit sind die

oberirdischen Pflanzenteile schon zurückgeschnitten

worden und die Pflanzen werden nächstes Jahr wieder

komplett austreiben.“ Durch das Vorkommnis sollte

man sich aber nicht entmutigen oder verunsichern lassen:

„Es kann natürlich immer einmal etwas passieren.

Wenn dann auch noch das Backup-System nicht funktioniert…“,

sieht Steinbauer darin einen ungünstigen

Zufall. Denn die Vorteile von grünen Fassaden und Dächern

sind vielfältig und groß.

CHECK 2/2019

19


# fassadenbegrünung

Die MA 48-Zentrale

Seit zehn Jahren gibt sich

die Fassade in sattem Grün.

Drei Möglichkeiten der Begrünung

Aber was versteht man eigentlich unter Fassadenbegrünung?

Grob gesagt kann man zwischen drei unterschiedlichen

Arten unterscheiden. Die erste, die sich unter Umständen

sogar von alleine ergibt, ist die bodengebundene

Fassadenbegrünung. Hier können aus dem Erdreich, das

an die Fassade angrenzt, Pflanzen hinaufwachsen. „Zum

Beispiel der wilde Wein, als eine typische Pflanze, die

an einer Fassade sehr hoch hinaufwachsen kann. Das

ist die günstigste und ausfallsicherste Variante“, erklärt

Steinbauer. Als zweite Möglichkeit kann man mit Pflanzentrögen

arbeiten. Die platziert man entweder auch im

Erdgeschoß oder in verschiedenen Etagen. „Die aufwendigste

Variante ist das Anbringen von ganz kleinen Trögen

oder vollflächigen Substratkörben an der Fassade. So

wie zum Beispiel bei der MA 48“, schildert Steinbauer. In

diesen kleinen Trögen gibt es nur einen stark begrenzten

Wasser- und Nährstoffvorrat. Weshalb man sichergehen

muss, dass regelmäßig bewässert wird: „Da gibt es auch

Alarmsysteme, die anschlagen, wenn etwas ausfällt“, so

Steinbauer.

Grundsätzlich kann jede Fassade begrünt werden. Egal ob

Gründerzeithaus oder eine Wand mit Vollwärmeschutz.

Einschränkungen gibt es keine. Aber spezielle Situationen,

wie Haas erklärt: „Wirklich herausfordernd sind

denkmalgeschützte Fassaden, wo man nichts anbohren

darf. Solche Projekte haben wir in Wien schon gehabt.

In diesen Fällen muss man die Konstruktion vorständern

und die dahinter liegende Fassade unberührt lassen.“

Nicht gerade günstig

„Die Stadtbegrüner“ decken zirka 90 Prozent der in Österreich

erhältlichen Produkte ab. Daher kann Haas für die

Branche sprechen, wenn er die – zugegebenermaßen nicht

gerade günstigen – Errichtungskosten benennt: „Ein guter

Richtwert – je nach Größe und System – sind zwischen 750

und 1.000 Euro netto pro Quadratmeter.“ Zur Orientierung:

Die Fassade der MA 48-Zentrale hat 850 Quadratmeter. Für

die Betreibung und Wartung muss man zusätzlich mit jährlich

fünf bis acht Prozent der Errichtungskosten rechnen –

bei kleineren Anlagen mit etwas mehr. Instandhaltung der

Bewässerungsanlage und Pflanzenwartung mit Rückschnitt

und Düngung inkludiert. Die Kosten sind natürlich ein nicht

zu vernachlässigender Punkt, so Haas: „Im B2B-Geschäft

ist die Finanzierung ein großes Thema. Hier haben wir es

geschafft, Grünwände – egal ob innen oder außen – als Mietkauf

oder Leasingvariante zu finanzieren. Das ist insofern

interessant, weil die Kunden das Projekt dann nicht mehr

vorfinanzieren müssen, sondern es wie eine Miete mit bis zu

60 Monatsraten abzahlen können.“ Dass eine grüne Fassade

kostenintensiv ist, bestreitet niemand. Aber, so Steinbauer:

„Wenn man sich ansieht, was teilweise bei Bürobauten an

Glasfassaden oder Stein-Marmor-Fassaden gebaut wird,

dann ist man kostenmäßig auch bei dem, was eine begrünte

Fassade kostet.“ Allerdings sollen die Systeme in Zukunft

billiger werden: „Das zeigt ja auch die Erfahrung, dass Einzelprojekte

viel teurer sind, als wenn der Markt richtig Gas

gibt und viel gebaut wird. Je mehr Anlagen wir bauen, desto

günstiger wird es auch“, sagt Haas.

MA 48

20 CHECK 2/2019


# fassadenbegrünung

Philipp Heinzl

Keine Gefahr für die Fassade

Der Aufwand für die Pflege hängt von den Pflanzenarten

ab. „Efeu muss man schon ein wenig pflegen und zurückschneiden.

Der wächst sonst mit der Zeit von der Fassade

weg und kann dann zu schwer werden und von der

Fassade runterfallen“, erklärt Steinbauer. Wilden Wein

wiederum kann man wuchern lassen. Man muss nur die

Bereiche, auf denen er nicht wachsen soll, freihalten.

Bedenken, dass manche Pflanzen die Fassaden zerstören

können, kann man bei richtiger Handhabung ausräumen.

Da kommt es auf die Begebenheiten der Fassade an. Gibt

es zum Beispiel große Ritzen, wo die Pflanzen hineinwachsen

können, ist Vorsicht geboten. Aber Steinbauer

relativiert: „Meiner Erfahrung nach würde ich eher sagen,

dass die Pflanzen die Fassade am Haus halten, als dass sie

sie zerstören. Der Putz kann einfach nicht mehr abblättern,

wenn ein wilder Wein vollflächig darauf hängt. Der

hält ihn oben.“

Grüne Gründe

Errichtung, Betrieb, Wartung, Pflege: Warum sollte man

sich das alles antun? „Die Sommer werden immer heißer,

es muss mehr Grün in die Städte kommen. Und durch

die dichte Verbauung bleiben schlussendlich nur mehr

die Fassaden über“, meint Haas. Und auch wenn der

Aufwand für eine grüne Fassade nicht gerade gering ist,

sprechen vielfältige Gründe für die Pflanzen an der Wand.

Zum Beispiel erzeugt man mit einer bepflanzten Fassade

einen Luftpolster zwischen Laub und Wand. Da Luft

einer der besten Wärmeisolatoren ist, kann man so bei

den Kühl- und Heizkosten sparen. Im Sommer brennt die

Sonne dann auf die grüne Schutzschicht und nicht mehr

direkt auf die Fassade. Ein paar Grad können da schon

einen spürbaren Unterschied machen. Zur Temperatursenkung

tragt auch ein weiterer Punkt bei: Das Wasser zur

Bewässerung der Pflanzen wird durch die Wurzeln zu den

Blättern hinaufgezogen. Über die Blätter wird das Wasser

dann verdunstet. „Durch die Assimilation wird Sauerstoff

produziert, und die Wasserverdunstung bringt mehr

Feuchtigkeit und damit auch kühlere Luft“, erklärt Steinbauer.

Damit wird Hitze, die normalerweise direkt auf die

Fassade auftrifft, erstens durch die Blätter aufgefangen

und zweitens durch die Wasserverdunstung reduziert.

Das Haus des Meeres

Brandneu: Im Sommer 2019 wurde die

Nordfassade des ehemaligen Flakturms

auf 400 Quadratmetern begrünt.

Pflanzen machen Menschen ruhiger

Auch bei hohem Lärmaufkommen können Pflanzen helfen.

Trifft Schall auf eine unregelmäßige Oberfläche –

wie es bei einer begrünten Fassade der Fall ist – wird er

anders gebrochen und reflektiert und damit reduziert.

Blätter sind gleichzeitig auch Staubfilter. An jedem Blatt

kann sich Staub ansetzen. Damit wird er aus der Luft

genommen. Und zu guter Letzt die Farbe Grün: „Das

Grün der Pflanze ist – um es überspitzt zu sagen – ein

Aggressionshemmer. Es macht die Menschen einfach

ruhiger. Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen in

einer reinen Betonwüste aggressiver sind, als wenn sie

mehr Pflanzen, mehr Grün um sich haben“, sagt Steinbauer.

Negative Aspekte gibt es kaum zu bedenken. Fenster

werden komplett ausgespart, um jegliche Licht-Blockade

zu vermeiden. Wenn auf Dinge wie die Anschlussverblendung

geachtet wird, können sich auch keine

Wespen einnisten. „Wenn man die Anlagen bauphysikalisch

richtig baut, dann gibt es gegenüber unbegrünten

Fassaden kein erhöhtes Insektenvorkommen“, sagt

Haas. Auch Menschen mit Allergien können beruhigt

sein: „Wir haben bei unseren ersten großen Projekten

zwar nachgefragt, ob es Allergiker gibt, und haben

dann bewusst die betroffenen Pflanzen weggelassen. Allerdings

haben wir mit unserer zehnjährigen Erfahrung

in dieser Richtung noch nie Probleme gehabt“, so Haas

weiter. Fazit: Fassadenbegrünung hat viele Vorteile und

wird immer populärer.

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# fassadenbegrünung

Mehrfachwirkung

Grüne Fassaden sehen nicht nur von außen schön aus, sie haben

auch positive Auswirkungen auf die Menschen im Gebäude.

Ein Garten am Dach

SIMACEK bietet ebenso Begrünungen an. Allerdings nicht

an Fassaden, sondern auf Dächern. „Als wir vor zehn

Jahren angefangen haben, uns mit begrünten Dächern zu

beschäftigen, haben Leute angerufen und gefragt, ob wir

auch blaue Dächer machen. Die Menschen haben geglaubt,

es gehe um die Farbe, nicht um Pflanzen“, erinnert sich

Noémi Karácsonyi, Geschäftsführerin von SIMACEK in

Rumänien und Expertin für begrünte Dächer. Vor allem bei

Bürogebäuden und Einkaufszentren ist die Nachfrage nach

Dachbegrünung steigend. Wenn ein Unternehmen seine

Büros in einem Gebäude hat, das auf dem Dach mehrere

hundert Quadratmeter Garten bietet, dann kann das für

die Angestellten eine tolle Sache sein, sagt Karácsonyi: „An

einem sonnigen Tag auf dem grünen Dach ein paar Minuten

Pause machen und in einer erholsamen Umgebung einen

Kaffee trinken. Die Angestellten lieben das.“ Gleichzeitig

sei das eine gute Employer-Branding-Methode, um als

Unternehmen attraktiv für Mitarbeiter zu sein.

Ganzheitliche Lösungen

Auch für Einkaufszentren sind begrünte Dächer interessant.

Kunden können eine Shopping-Pause an der frischen Luft

einlegen und Kinder am Spielplatz spielen. Und die Besucher

müssen das Einkaufszentrum dafür nicht verlassen. „Das

sind Dinge, die man normalerweise in einer Stadt nicht einfach

so anbieten kann, wenn nicht gerade ein Park daneben

ist“, meint die Expertin. SIMACEK setzt die Dachbegrünungen

komplett selbst um. Von der Planung über den Bau bis

zur Pflege. „Wir sprechen viel mit den Architekten, um ganzheitliche

Lösungen für die Dächer zu finden. Und um Probleme

mit den Wasserspeichern und den Isolierungssystemen

zu verhindern. Wir setzen diese Gründächer-Systeme einfach

auf die existierenden Isolierungssysteme drauf. Dann ist das

sicher“, sagt Karácsonyi.

Das Gewicht spielt dabei natürlich eine Rolle. Die Systeme

fangen bei 150 Kilo pro Quadratmeter an und gehen bis zu

mehreren Tausend Kilo Gewicht. Bei großen Bäumen wird

auch eine entsprechende Menge an Substrat gebraucht.

Das wird selbst hergestellt: „Wir haben eine eigene Rezeptur

für die Erde. Eine spezielle Mischung. Das Substrat, das

wir verwenden, hat ganz wenig Humus und Nährstoffe.

Damit können wir auf den Gründächern verhindern, dass

Pflanzen wachsen, die dort nicht gewünscht sind“, erklärt

Karácsonyi.

Die Dächer funktionieren

Begrünte Dächer sind laut der Expertin beliebt: „Immer

mehr Bauträger wollen Gründächer haben, weil sie seit

zehn Jahren sehen, dass die Dächer funktionieren.“ Neben

den Vorteilen für die Menschen gibt es auch jede Menge

ökologischer und ökonomischer Argumente für ein grünes

Dach. Wie ihre vertikalen Verwandten produzieren begrünte

Dächer Sauerstoff, binden Staub und speichern Wasser.

Mehr als 70 Prozent des Wassers bleibt auf dem Dach und

kehrt in den natürlichen Kreislauf zurück. Ohne die Wasserableitungssysteme

zu belasten. Und selbstverständlich sind

Gründächer auch gute Isolierungssysteme. Karácsonyi

Shutterstock/Evannovostro

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# fassadenbegrünung

SIMACEK

sagt dazu: „Wenn man auf einem Industriegebäude mehrere

tausend Quadratmeter Dach begrünt, dann kann das

auch ökonomische Auswirkungen haben. Das macht sich

dann als langfristige Investition bezahlt, wenn man damit

Energiekosten sparen kann.“ Dieser Meinung schließt sich

Steinbauer an: „Eine intensive Dachbegrünung ist ja eine

Aufwertung des Gebäudes.“ Man könne die normalerweise

ungenutzten Flachdächer verwenden, vermieten oder vielleicht

sogar zusätzlich verkaufen: „Eine Dachgeschosswohnung

mit einem attraktiven Dachgarten hat einen wesentlich

höheren Wert, als wenn da oben nichts ist oder man nicht

hinausgehen kann“, so Steinbauer weiter.

Auswirkungen auf das (Mikro-) Klima

Die Anlagen haben auch Auswirkungen auf das Mikroklima

in der Umgebung. Man kann damit eine Abkühlung

um ein paar Grad erreichen, was wiederum vor allem den

Menschen zugute kommt.

In Rumänien beginnen die Kosten für die Errichtung eines

einfachen Gründach-Systems bei ungefähr 50 Euro pro

Quadratmeter. Bei aufwendigeren Gärten, speziellen Anfertigungen,

besonderen Pflanzen oder wenn es Möbel oder

Beleuchtung geben soll, ist das natürlich entsprechend teurer.

Es zahlt sich aber aus: „Wir haben sogar schon Vogeleier

auf unseren Gründächern entdeckt“, erzählt Karácsonyi.

Starke Nachfrage

Die Vorteile von Fassaden- und Dachbegrünung liegen

also auf der Hand. Aber wie sieht die wirtschaftliche Situation

aus? „Wir tragen vor, wir predigen, wir präsentieren

uns. Seit Anfang dieses Jahres gibt es eine massiv erhöhte

Nachfrage nach Fassadenbegrünung. Bei fast jedem Neubau

ist das Thema“, erzählt Haas. Die Nachfrage komme

zu 95 Prozent von Bauträgern, die restlichen fünf Prozent

von öffentlichen Einrichtungen und Privaten. Haas vermutet,

dass die Kostenfrage für die noch geringe Nachfrage

von privaten Interessenten verantwortlich ist. „Die

Menschen interessieren sich definitiv dafür. Und es tut

sich wirklich viel“, sagt auch Steinbauer, der mit Mitstreitern

das Start-up „Grün statt Grau“ gegründet hat und

damit die Vernetzung aller Beteiligten – von den Städten

über die Universitäten, die Bauherren, die Bauträger bis

zu den Hausverwaltungen – vorantreibt. „Wir wollen die

„Immer mehr

Bauträger wollen

Gründächer

haben.“

Noémi Karácsonyi

SIMACEK Rumänien

Vorteile stärker nach außen tragen. Damit die Hausbesitzer

und Bauherren sehen, welche Vorteile das hat“, so

Steinbauer weiter. Auch weil es in Europa nicht besonders

viele Hersteller für diese Anlagen gibt, sei die Nachfrage

nicht nur in Österreich, sondern international groß, wie

Haas erklärt: „Auftragsmäßig sind wir voll. Wir haben

Projekte bis ins Jahr 2022 hinein.“

Gerade angesichts der allgegenwärtigen Klimadebatte dürfte

das Thema in der Gesellschaft angekommen sein. „Es tut sich

wahnsinnig viel. Ich denke, dass das Thema Fassadenbegrünung

gelandet ist. Man muss niemandem mehr erklären, warum

man das braucht. In den nächsten drei bis fünf Jahren

wird sehr viel auf uns zukommen. Wir werden massiv bauen

dürfen“, blickt Haas optimistisch in die Zukunft. Auch der

ökologische Effekt wird eine gewichtige Rolle spielen, wie

Karácsonyi glaubt: „In einer zubetonierten Stadt werden

große Gründächer dann zu Orten, wo man Schmetterlinge

und andere Lebewesen beobachten kann. Hier können wir

eine kleine Fläche an die Natur zurückgeben.“ Auch Steinbauer

denkt, wertvolle Veränderung bewirken zu können:

„Wir wollen aufzeigen, dass man mit Gebäudebegrünung etwas

für den einzelnen Menschen, der im Gebäude lebt, machen

kann, aber auch für die gesamte Stadt. Damit man die

Hitzeinseln der Stadt so weit wie möglich reduzieren kann.

Wir möchten so viel Grün wie möglich zu den Menschen

bringen. Das ist unser Ziel.“

Weitere Informationen:

www.diestadtbegruener.com

www.gruenstattgrau.at

www.simacek.com

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# klima

Zukunftsträchtig

Raumplanung und Energieeffizienz

sind zentrale Themen in der Branche.

MIT IMMOBILIEN

DIE WELT RETTEN

(Flug-) Verkehr und Industrie heizen die Klimadebatte an.

Doch auch der Bausektor ist für CO 2 -Emissionen verantwortlich.

Von KARIN MARTIN

Die Themen Klima und Umwelt haben in den vergangenen

Monaten stark an medialer Brisanz gewonnen.

Das ist nicht zuletzt den vielen jungen

Klimaschutzaktivisten zu verdanken. Die bekannteste: die

16-jährige Greta Thunberg, diesjährige Preisträgerin des

Alternativen Nobelpreises.

Die Klimaschutzbewegung hat bereits neue Begriffe geprägt,

wie das „Flugschämen“ im Tourismus. Man spricht

auch vom Greta- bzw. Thunberg-Effekt: Menschen überdenken

und verändern ihr Verhalten in Folge der medienwirksamen

Auftritte der jungen Schwedin und der Fridays-For-Future-Demonstrationen.

xxxxx Shutterstock

24 CHECK 2/2019


# klima

Raumplanung & Siedlungswesen

Natürlich ist auch im Immobiliensektor die Klimadebatte

zu spüren. „Man muss allerdings sagen, dass

in diesem Bereich bereits seit den 1990er-Jahren starke

Anstrengungen unternommen wurden, um den

CO 2

-Ausstoß zu reduzieren, ganz im Gegensatz zu anderen

Bereichen wie dem Verkehr“, hält dazu Robert

Temel von der Plattform Baukulturpolitik fest. Deshalb

sei das Thema hier nicht neu.

Was neu ist, seien Aspekte der Klimawandelanpassung,

die in jüngster Zeit zum Klimaschutz dazukommen: „Dabei

geht es im Unterschied zum natürlich noch wichtigeren

Klimaschutz darum, die negativen Folgen des Klimawandels

zu reduzieren, z.B. Hitzeinseln in Städten zu

vermeiden“, erklärt der Architektur- und Stadtforscher

gegenüber CHECK. „Mit Immobilien allein lässt sich natürlich

die Welt nicht retten. Sie können aber einen entscheidenden

Beitrag leisten.“

Nach Ansicht des Experten geht es dabei nicht nur um die

klassischen Themen der Energieeffizienz von Gebäuden und

der Energieproduktion beim Gebäude, sondern ganz stark

um Raumplanung und Siedlungswesen: „Wenn wir unsere

Raumnutzung durch Gebäude nachhaltiger machen, weniger

zersiedeln, weniger versiegeln, weniger flächenextensive

Einfamilienhausteppiche und Gewerbegebiete auf der grünen

Wiese bauen, mehr Stadt- und Ortskerne stärken und

somit Städte und Orte der kurzen Wege schaffen, dann vermeiden

wir massiv motorisierten Verkehr und somit CO 2

.“

Verkehr ist das Problemkind

Laut dem Klimaschutzbericht 2018 des Umweltbundesamtes

hat der Verkehr in Österreich 2015 44 Prozent der

Treibhausgasemissionen ohne Emissionshandel (EH) und

28 Prozent der Emissionen mit EH ausgemacht. Traurige

Realität dabei ist: Während alle anderen Sektoren seit

dem Referenzjahr 1990 ihre Emissionen reduziert haben

– wenn auch teils nur gering –, sind die Verkehrsemissionen

seither um 60 Prozent gewachsen. „D.h. alle Erfolge,

die anderswo erreicht wurden, u.a. bei der Energieeffizienz

von Gebäuden, hat der Verkehr wieder zunichte gemacht“,

übt Temel Kritik. Zum Vergleich: Die Gebäude

liegen aktuell bei 16 Prozent der Treibhausgas-Emissionen

ohne EH bzw. 10 Prozent mit EH, also weit unter dem

Verkehr. Im Prinzip müsste man aber zum Bauen noch

einen Teil des Energie- und Industriesektors dazuzählen,

weil z.B. die Zementproduktion massiv CO 2

emittiert.

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# klima

Siedlungswesen

Die Raumnutzung sollte nachhaltiger werden:

weniger zersiedeln, weniger versiegeln.

Bauen schadet dem Klima

Das Verhältnis von grauer Energie (zur Errichtung von

Gebäuden) zu Betriebsenergie (zur Instandhaltung)

ist natürlich in der Praxis sehr unterschiedlich. Heute

nimmt man an, dass es bei einem durchschnittlichen

Gebäude etwa 1:1 beträgt. D.h. die Errichtung braucht

gleich viel Energie wie der Betrieb. Dieses Verhältnis

ändert sich aktuell allerdings mit zunehmender Energieeffizienz:

Die Graue Energie überwiegt zunehmend

die Betriebsenergie.

Neubauten sind heute wesentlich ökologischer als

noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten. „Dass

man sich deshalb nicht mehr mit Klimafragen befassen

muss, ist aber Unsinn“, stellt Temel klar: „Man

muss sich jedenfalls mit Fragen der Energieproduktion

am Gebäude, mit effizienter Energienutzung, mit

Verkehrsvermeidung befassen. Und die heute übliche

massive Dämmung mittels Kunststoffen ist besser

als nichts, aber ganz sicher nicht der Weisheit letzter

Schluss.“ Ob Wohn- oder Gewerbeprojekte: „Dem

Klima bringt es grundsätzlich sehr viel mehr, wenn

man Leerstand nützt, statt neuen Boden zu verbrauchen“,

so der Architektur- und Stadtforscher. Und:

Nutzungen sollten in Zukunft wieder stärker gemischt

werden. Will heißen: Eingeschoßige Gewerbebauten

sollten, wo immer möglich, mit anderen Nutzungen

überbaut werden.

Neue Zielgruppen

Franziska Trebut, Expertin im Bereich nachhaltiges Bauen

der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik

(ÖGUT), bestätigt, dass in der Bau- und Immobilienbranche

aktuell die Klima-Debatte verstärkt zu spüren ist. „Dabei

wird deutlich, dass viel Unsicherheit darüber herrscht,

wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen entwickeln

werden“, hebt sie hervor. Die Energiepreise allein seien aktuell

noch kein Motiv für entsprechend effiziente Baumaßnahmen

und den Umstieg auf erneuerbare Energien. Doch

der Diskurs erfasse neue Zielgruppen: Nachhaltige Gebäude

werden für entsprechende Veranlagungsformen viel

stärker als bisher nachgefragt. Wenn entsprechende Qualitätsstandards

gefordert werden, wie beim Umweltzeichen

für nachhaltige Immobilienfonds, dann setzen sich auch

Bauträger und Planer, die das Thema bisher nicht auf ihrer

Agenda hatten, ernsthaft mit klimagerechten Lösungen

am Bau auseinander. „Da bewegt sich durchaus etwas“,

so Trebut. „Die Welt lässt sich mit Immobilien allein nicht

retten, aber man kommt ein ordentliches Stück vorwärts.“

Hohe Ambitionen

Da der Gebäudesektor gute Voraussetzungen habe,

vollständig CO 2

-frei zu werden, würden ihm auch seitens

der EU entsprechend ambitionierte Reduktionsziele

vorgegeben. Um diese zu erreichen, gebe es noch

viel zu tun. „Beim Bau und bei der Sanierung sollte der

Shutterstock

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# klima

Gewerbebauten am Stadtrand

... sind kontraproduktiv. Besser ist Leerstand

zu nutzen, als neuen Boden zu verbrauchen.

Erneuerbare Energien

Die Kraft der Sonne muss in Zukunft

noch viel mehr genutzt werden.

Shutterstock

Fokus immer auf der Effizienz liegen“, so die Expertin.

„Jeden Quadratmeter, den ich nicht errichte, muss ich

später nicht bewirtschaften. Und jede Kilowattstunde,

die aufgrund einer guten Gebäudehülle im Betrieb nicht

benötigt wird, muss nicht erzeugt werden.“

In Zukunft wird es Trebut zufolge auch mehr Aufmerksamkeit

für die architektonisch-baulichen Anforderungen

in den zunehmend heißeren Sommermonaten

geben. Der Anteil an Gebäuden, die mit Strom

versorgt werden, wird steigen. Erneuerbarer Strom im

Netz wird zunehmen und gleichzeitig stark schwanken.

Gebäude, die flexibel darauf reagieren können, haben

einen Vorteil.

Vollständige Dekarbonisierung

In sämtlichen Untersuchungen wird Gebäuden eine

hohe Priorität zur Erreichung der Klimaziele 2030 und

2050 zugeschrieben. Kein Wunder, sind sie doch ein

wesentlicher Faktor im Energieverbrauch. Europaweit

werden 50 Prozent der Energie für Heizung und Kühlung

von Gebäuden verbraucht, weiß Dr. Jürgen Schneider,

Leiter der Sektion Klima des Bundesministeriums

für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), um konkrete

Zahlen. EU-weit stammen 75 Prozent der Energie

für Heizung und Kühlung aus fossilen Energieträgern.

Ziel ist es, Gebäude auf den Stand der Technik zu bringen

und auf erneuerbare Energieträger umzustellen, damit

der Sektor sobald wie möglich klimaneutral wird

(#mission2030). „Gebäude können mit bereits heute zu

marktfähigen Preisen verfügbaren Technologien vollständig

dekarbonisiert werden“, stellt Schneider klar.

„In der Wissenschaft rund um Alternativen zu fossilen

Energieträgern liegt viel Potenzial für Österreich – auch

was Wirtschaft und Arbeitsplätze betrifft.“

Treibhaus-Emissionen senken

Ein paar weitere interessante Zahlen: Der Sektor Gebäude

wies im Jahr 2017 Treibhausgas-Emissionen in Höhe

von 8,3 Mio. Tonnen CO 2

-Äquivalent auf. Davon entfallen

rund 7,1 Mio. Tonnen auf Wohngebäude (inklusive

mobile Quellen privater Haushalte) und rund 1,2 Mio.

Tonnen auf öffentliche und private Dienstleistungen.

Auch für Schneider liegt auf der Hand, dass – um die

Emissionen nachhaltig zu reduzieren – 1. möglichst

nachhaltig gebaut und 2. auf erneuerbare Energieträger

zurückgegriffen werden muss. Neue Wohn- und Gewerbegebiete

sollten etwa unter Bedachtsamkeit auf energiebezogene

Kriterien ausgewiesen werden, sagt er. Am

besten wäre es, in einem neuen Entwicklungsgebiet gleich

die Raumwärmeversorgungen (mittels Fernwärme oder

erneuerbaren Energieträgern) mitzudenken. Aus der

Sicht des Klimaschutzes sei die größte Herausforderung

aber die Verbesserung des Gebäudebestands mittels thermisch-energetischer

Sanierungen auf höchstem Niveau.

CHECK 2/2019

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# klima

Vorzeige-Projekt

Das erste Plus-Energie-Bürogebäude

in Simonsfeld/Niederösterreich.

Energie optimiert

durch SIM.ENERGY!

SIMACEK ist Experte beim betrieblichen

Energiemanagement. Zur Umsetzung des Energieeffizienz-

Gesetzes bietet das Unternehmen seinen Kunden ein

professionelles und nachhaltiges Energiemanagement-

System, zertifiziert nach ISO 50001.

Dieses umfasst die Potenzialanalyse und die

Umsetzung der Energieeffizienz-Maßnahmen, die

Schulung der Mitarbeiter, Installation und Betrieb

von Energiemonitoring-Systemen zur Messung und

nachhaltigen Senkung des Energieverbrauches sowie das

regelmäßige Monitoring des Energieverbrauches.

Nähere Infos dazu:

www.simacek.com

Langfristige Strategien

Die Bundesländer sind für das Bauwesen und die Förderung

einer effizienten Bauweise und Sanierungsaktivitäten

verantwortlich. „Wir gehen davon aus, dass sie in ihrer

,langfristigen Sanierungsstrategie‘, die laut EU-Richtlinie

bis April 2020 erstellt werden muss, ein ambitioniertes

Konzept und einen Fahrplan zur vollständigen Dekarbonisierung

des Gebäudesektors bis spätestens 2050 vorlegen

werden“, so der BMNT-Verantwortliche.

Das BMNT bietet mit dem von klimaaktiv entwickelten

Gebäudestandard und Qualitätskriterien eine gute Orientierung,

wenn es um energieeffizienten Neubau oder eine

qualitativ hochwertige Sanierung geht. Es gibt österreichweit

mittlerweile über 800 qualitätsgeprüfte Gebäude,

die zeigen, wie es geht. Alle Gebäude finden sich unter:

www.klimaaktiv-gebaut.at.

Best Practice Beispiele:

Verwaltungsgebäude Windkraft Simonsfeld AG

Das Bürogebäude der Windkraft Simonsfeld AG ist das

erste Plusenergie-Bürogebäude Niederösterreichs, das

nach dem Leitsatz „smart and simple“ errichtet wurde.

Die Gebäudehülle wurde in Passivhausqualität ausgeführt.

Die Südfassade nutzt aktive und passive solare

Energie durch Solarthermie- und Photovoltaik-Paneele.

Im Sommer dienen diese als Beschattungselemente.

Durch die direkte Verwendung der mechanischen Wind-

Windkraft Simonsfeld AG

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# klima

Eigenes Wasserkraftwerk

Das Plus-Energie-Bürogebäude mit

Kulturkraftwerk in Thalgau/Salzburg.

Kurt Hörbst, Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)

kraft wird die Lüftungsanlage unterstützt. Alle Bau-

stoffe wurden nach strengen bauökologischen Kriterien

ausgewählt. Das Gebäude erreicht mit 965 Punkten den

klimaaktiv Gold Standard.

Bauherrin: Windkraft Simonsfeld AG, Architektur:

Georg W. Reinberg, Fachplanung: BPS-Engineering,

IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie

GmbH.

Plusenergie-Bürogebäude und

Kulturkraftwerk oh456

Neben kreativer Energie wird im „Kulturkraftwerk“

in Thalgau auch erneuerbare Energie genutzt: Das eigene

Wasserkraftwerk und die Photovoltaikanlage decken

den Bedarf an Wärme und Betriebsstrom. Offen

und variabel sind die Grundrisse, nahezu rahmenlos

die innovativen Fenster in der hochgedämmten Fassade.

Altbewährtes und Innovatives wurden mit Lust am

Entwickeln zu einem einzigartigen Ort des Arbeitens,

Nachdenkens, kulturellen Austauschs und Wissens-

transfers verdichtet.

Bauherr & Architektur: sps-architekten zt gmbh & co kg,

Fachplanung: Zivilingenieur-ARGE Lukas & Graml

(Bauphysik), e+engineering.Ingenieurbüro.Sieberer

GmbH (Haustechnik), Blitz Power GmbH (Wasser-

kraft), ernst muthwill (Farbplanung), Reibenwein-

Forsthuber ZT GmbH (Statik).

Expertenstatement

Zukunfts-Visionen

„Mobilien statt

IMMObilien“

Matthias Horx,

Trend- und Zukunftsforscher

www.horx.com

„Die Bauweisen der Zukunft werden sich gewaltig von

den heutigen unterscheiden. Wir werden viel effizienter

und integrativer bauen, viele Gebäude werden in Fabriken

vor-fabriziert und dann erst errichtet, andere werden vor

Ort ,gedruckt‘. Das spart nicht nur Energie, sondern auch

Kosten, Zeit und Ärger. Die Materialien werden aus alten

Gebäuden ,gesourct‘ (Urban Mining) und nach der Lebenszeit

des Gebäudes recycelt, das ,Cradle-to-Cradle‘-Prinzip.

Die Materialien werden leichter, Fassaden UND Fenster

erzeugen Energie, und viele Gebäude lassen sich modular

demontieren und versetzen – Mobilien statt IMMObilien,

die immer mehr biologischen Organismen ähneln.“

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# cäsar immoaward

DIE BESTEN

DER BRANCHE

Der Immobilienaward Cäsar wurde heuer bereits zum 13. Mal für herausragende

Leistungen in der Immobilienwirtschaft vergeben. Mitte September fand im

Schlosstheater Schönbrunn die diesjährige Verleihung statt.

Von UTE FUITH

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# cäsar immoaward

Sponsoren und Ausgezeichnete

V.l.n.r.: Michael Schmidt (3Si Immogroup), Georg Flödl (ÖVI),

Roland Schmid (IMMOunited), Alexander Bosak (immQu),

Franz Pöltl (EHL Investment Consulting), Gerald Gollenz

(Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der

WKO), Ulrike Höreth (Brezina Real), Matthias Gass (FIABCI),

Ursula Simacek (Simacek Facililty Management), Brigitte Jank

(ehem. Präsidentin der WKW), Otto Bammer (Ehem. Vorstand

am Institut für Immobilienwirtschaft bei den FH Wien-Studiengängen

der WKW), Anton Holzapfel (ÖVI), Christoph

Stadlhuber (Signa Holding), Susanne Weinberger (Weinberger

Biletti Immobilien Graz), Dietmar Reindl (Immofinanz),

Wolfdieter Jarisch (S+B Gruppe), Frank Brün (RICS),

Karin Schmidt-Mitscher (Salon Real), Judith Kössner

(Willhaben) und Christian Wukovits (KONE).

Jana Madzigon

Seit 2006 wird der Cäsar Award an renommierte

Persönlichkeiten der Immobilienbranche verliehen.

Auch heuer war es wieder soweit. Die feierliche

Gala ging am 19. September 2019 im Schlosstheater

Schönbrunn über die Bühne. Mit dabei waren um die

300 Vertreterinnen und Vertreter der Immobilienbranche.

Acht davon konnten sich am Ende des Abends die begehrte

Auszeichnung mit heimnehmen. Unterstützt wird der

Cäsar Award von den sechs Branchenvereinen FIABCI,

immQu, ÖVI, RICS, Salon Real und dem Fachverband

der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKO.

Der Preis zählt zu den begehrtesten Auszeichnungen der

Branche. Heuer bewarben sich insgesamt 143 Unternehmen

darum. Von diesen konnten 21 Finalistinnen und Finalisten

die Verbandsjury mit ihren herausragenden Leistungen

im Jahr 2018/19 überzeugen.

Die Cäsaren 2019

Mit dem Cäsar ausgezeichnet wurden: die S+B Gruppe

mit Vorstand Wolfdieter Jarisch als Bauträger des Jahres,

Weinberger & Biletti Immobilien Graz mit Geschäftsführerin

Susanne Weinberger als Immobilienverwalterin des

Jahres, EHL Investment Consulting mit Geschäftsführer

Franz Pöltl als Makler des Jahres und die SIMACEK Facility

Management Group mit Geschäftsführerin Ursula

Simacek als Immobiliendienstleisterin des Jahres.

Brezina Real-Firmeninhaberin Ulrike Höreth erhielt den

Small Diamond des Jahres, SIGNA Holding-Geschäfts-

CHECK 2/2019

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# cäsar immoaward

„Der Cäsar bietet die

perfekte Gelegenheit,

außergewöhnliche

Persönlichkeiten

der Branche

auszuzeichnen.“

Judith Kössner

Head of Immobilien

bei willhaben

führer Christoph Stadlhuber wurde Immobilienmanager

des Jahres und Immofinanz-COO Dietmar Reindl

bekam den Cäsar International. Otto Bammer, der ehemalige

Vorstand am Institut für Immobilienwirtschaft

bei den Studiengängen der Wirtschaftskammer Wien an

der Fachhochschule Wien, wurde für sein Lebenswerk

ausgezeichnet.

Strenge Kriterien

Die Preisträgerinnen und Preisträger wurden anhand

ihrer Projekte und ihres Einsatzes von rund 35 Mitgliedern

der Immobilienbranche im Rahmen einer großen

Fachjurysitzung Ende Juni bei einer geheimen Wahl

und unter notarieller Aufsicht gewählt. „Es ist eine tolle

Leistung von allen Finalistinnen und Finalisten, in

einer der sieben Kategorien nominiert worden zu sein.

Großartige Performances verdienen Wertschätzung und

Anerkennung. Aus diesem Grund unterstütze ich den

Immoaward mit großer Freude nun schon seit fünf Jahren“,

sagte Roland Schmid anlässlich der Preisverleihung.

Der Eigentümer und CEO von IMMOunited ist

einer der vier Hauptsponsoren des Immoawards.

Der offizielle Teil des Gala-Abends begann mit einem

unterhaltsamen Video der vier Hauptsponsoren, die im

Anschluss auch gleich auf die Bühne geholt wurden.

„Von der Durchsicht der vielen kreativen Projekte und

Nominierten über die lustigen Dreharbeiten für den

jährlichen Sponsorenfilm bis zur glanzvollen Gala bietet

der Cäsar die perfekte Gelegenheit, außergewöhnliche

Persönlichkeiten der Branche auszuzeichnen und

sich darüber hinaus mit Freunden und liebgewonnenen

Kollegen auszutauschen“, resümierte Judith Kössner,

Head of Immobilien bei willhaben. Michael Schmidt,

geschäftsführender Gesellschafter der 3Si Immogroup,

unterstützt den Cäsar wie willhaben bereits das dritte

Jahr in Folge: „Durch die Auszeichnung dieser persönlichen

Leistungen werden die Motivation und das

willhaben

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# cäsar immoaward

„Großartige

Performances verdienen

Wertschätzung

und Anerkennung.

Deshalb unterstütze

ich den Immoaward.“

Roland Schmid

CEO IMMOunited

Der Cäsar Immoaward

Seit dem Jahr 2006 werden herausragende Leistungen in

der Immobilienwirtschaft mit dem Immobilienaward Cäsar

ausgezeichnet. Seit 2016 haben die Partnerverbände die

inhaltliche Leitung des Cäsar übernommen. Diese bilden

auch die kleine Verbandsjury, die die Nominierung der drei

Finalistinnen und Finalisten pro Kategorie übernimmt. Die

notariell beglaubigte Wahl der Cäsaren findet in Form einer

Fachjurysitzung mit circa 35 wahlberechtigten Experten der

Immobilienbranche statt.

Jana Madzigon, Immounited

Feierliche Preisübergabe

Ursula Simacek wurde als Immobiliendienstleisterin

des Jahres ausgezeichnet.

Streben nach Qualität branchenweit gefördert“, ist der

Sponsor überzeugt. Vierter Hauptsponsor und dieses

Jahr zum zweiten Mal dabei war KONE Österreich.

Christian Wukovits, Vorstandsvorsitzender von KONE

Österreich, sieht die Cäsar-Gala als eine tolle Möglichkeit

an, die großartigen Leistungen der Preisträgerinnen

und Preisträger in einem festlichen Ambiente entsprechend

würdigen zu können.

Unterstützt wird der Immobilienaward von einem Personenkomitee

und sechs Partnerverbänden, darunter ÖVI

(Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder),

FIABCI (Fédération Internationale des Administrateurs de

Biens Conseils et Agent Immobiliers), RICS (Royal Institution

of Chartered Surveyors), immQu (Verein zur Förderung

der Qualität in der Immobilienwirtschaft), Salon Real

(Netzwerk für Frauen in der Immobilienwirtschaft) und der

Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder

der WKO, sowie den vier Hauptsponsoren IMMOunited,

3SI Immogroup, Willhaben und KONE.

Info:

Cäsar 2019 – Der Immobilienpreis

www.immoaward.at

CHECK 2/2019

33


# innovationen

DIE CMS IM ZEICHEN

DER UMWELT

Die Trends der CMS Berlin 2019: Reinigungsroboter unterstützen zukünftig

die Arbeit der Gebäudedienstleister. Geschäftsprozesse werden komplett

digital. Reinigungssubstanzen erzielen eine nachhaltige Reinigungswirkung

und sind biologisch abbaubar.

Von CHRISTIAN SEC

Messe Berlin GmbH

34 CHECK 2/2019


# innovationen

Die Messe Cleaning.Management.Services (CMS) in

Berlin stand 2019 ganz im Zeichen der Megatrends

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz.

Das Interesse war so groß wie noch nie: 21.000

Fachbesucher aus allen Reinigungssegmenten informierten

sich an den vier Messetagen über das aktuelle Produkt- und

Dienstleistungsangebot der gewerblichen Reinigungsbranche.

Diese zeigte sich gerüstet für die Herausforderungen

des nächsten Jahrzehnts. Die Veranstalter konnten daher ein

überaus positives Messefazit ziehen. „Die CMS Berlin 2019

erfüllte die hochgesteckten Erwartungen der globalen Cleaning

Community. Sie zeigte, wie die Branche den Herausforderungen

der Zukunft mit der Entwicklung innovativer

und nachhaltiger Produkte begegnet und welche Chancen

dabei Digitalisierung und Nachhaltigkeit bieten“, erklärte

Dr. Christian Göke, Vorsitzender der Geschäftsführung

der Messe Berlin GmbH. Die CMS Berlin bietet dabei auch

den jungen, aufstrebenden Unternehmen eine einzigartige

Plattform, die sie zu nutzen wussten. Am Newcomer-Gemeinschaftsstand

stellten die jungen Wilden ihr Leistungsspektrum

an Produkten und technischen Neuentwicklungen

zur Schau. Dazu zählten beispielsweise Reinigungsroboter

für die Fassadenreinigung in großer Höhe, ein Heißwasser-/

Heißdampfsystem für die umweltschonende Wildkräuterbeseitigung

oder ein WC-Reinigungsstab mit einer Spitze aus

zusammengerolltem Zellstoff, der in der Toilette entsorgt

werden darf.

Umweltverträgliche Innovationen

Fast alle Produktbereiche beschäftigten sich bei ihren

Neuheiten mit dem Thema Umwelt. Recycling und biologische

Abbaubarkeit stehen dabei im Fokus bei den

innovativen Herstellern. Aber auch der umweltschonenden

Verpackung wurde viel Augenmerk geschenkt. So

zeigten Aussteller beispielsweise hochkonzentrierte Premium-Reinigungs-

und Pflege-Tabs, die vergleichsweise

wenig Verpackungsmüll produzieren und Transport- und

Lagerkosten reduzieren. Die Firma Fugenial stellte ihren

Fuginator vor. Statt wie üblich Materialien wie Polypropylen

zu verwenden, besteht die neue Fugenbürste aus

gänzlich recyceltem Material: Das Ziel dabei ist auch, die

Produkte in den Recycling-Kreislauf einzugliedern. Abena

Re-Seller präsentierte diverse nachhaltige Lösungen rund

um das umweltgerechte Reinigen, welche die Umwelt in

Bezug auf den Plastikverbrauch, die Materialzusammensetzung

und die Lebensdauer schonen. So bestehen deren

Reinigungs- und Hotelwägen aus recyceltem Kunststoff.

Reinigungsprodukte aus biologisch abbaubaren Substanzen

sind heute fast schon ein Muss, wenn neue Produkte

auf den Markt gebracht werden. Die Messe zeigte

vegane Bio-Reiniger, ausschließlich aus pflanzlichen und

mineralischen Inhaltsstoffen und frei von Mikroplastik,

Petrochemie, synthetischen Konservierungsstoffen oder

Farbstoffen. Die dazugehörigen Flaschen sind dabei sinngemäß

aus hundertprozentigem Recyclat.

Neue leichte Reinigungsmaschinen (Dry-Ice-Energie

GmbH) machen die Vorteile der Trockeneisreinigung

erstmals überall nutzbar – Trockeneis ermöglicht eine

CHECK 2/2019

35


# innovationen

Cleaning.Management.Services

Im Zeichen der Megatrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit

und künstliche Intelligenz.

rückstandslose Reinigung ohne Wasser und Chemie. Die

Anwendung ist, laut dem Erzeuger, umweltschonend, hygienisch

und deutlich schneller als konventionelle Reinigungsverfahren.

Ein Ökoreiniger (Firma Biosid) entfernt

Öl, Fett, Reifenabrieb und Schmutz jeglicher Art und wirkt

dabei, laut Angaben des Unternehmens, stärker als herkömmliche

chemische Reiniger. Trotzdem ist der Bio-Reiniger

kein Gefahrgut, dermatologisch unbedenklich, im

Lebensmittelbereich einsetzbar und für den ökologischen

Landbau zugelassen. Die Basis des Bio-Reinigers ist ein

selbst hergestelltes Bio-Polymer auf Grundlage nachwachsender

heimischer Rohstoffe. Der Reinigungsspezialist Dr.

Schnell stellte das System Ecolution als innovativen Ansatz

zum Umweltschutz vor. Ecolution besteht aus ultrahochkonzentrierten

Reinigern, die laut Angaben des Herstellers

fünfmal so intensiv wirken wie herkömmliche Konzentrate.

Sie werden sowohl flüssig als auch als wasserlösliche Sticks

geliefert. Beide Produktarten zielen darauf ab, Müll und

CO 2

-Emissionen beim Transport einzusparen. Die Sticks

sparen Lagerplatz und die aus zu hundert Prozent recyceltem

Kunststoff hergestellten Flaschen lassen sich vielfach

wiederverwenden. Auf diese Weise reduziert sich der Abfall

gegenüber Ready-to-use-Flaschen laut Dr. Schnell um 98

Prozent. Auch im Bereich der Körperhygiene wird zunehmend

auf biologisch abbaubare Produkte gesetzt. So wurden

auf der CMS Handreiniger ohne Mikroplastik (Buzil),

die speziell für die Anforderungen der umweltfreundlichen

Hand- und Hautreinigung konzipiert wurden, vorgestellt.

Das in der Handwaschfließcreme enthaltene extrafeine

Maiskolbenmehl unterstützt den Reinigungsvorgang auf

mechanische und trotzdem milde Weise, ohne Mikroverletzungen

zu verursachen. Das Maiskolbenmehl ist ein biologisch

abbaubarer Reibekörper.

Roboter im Vormarsch

Neben der Nachhaltigkeit waren bei der CMS vor allem

Innovationen im Bereich der künstlichen Intelligenz im Fokus.

Wobei auch in diesem Bereich die Umweltkomponente

nicht zu kurz kam, wie das Beispiel des Roboters Clearbot

zeigt. Dieser komplexe, sensorgesteuerte Glas- und Fassadenreinigungsroboter

für vertikale und geneigte Flächen

an Gebäuden entlastet den Menschen von gesundheitlich

belastender und gefährlicher Arbeit in großer Höhe. Die

zu reinigende Fassade und eventuell vorhandene Begrenzungselemente

werden automatisch erkannt und das Reinigungswasser

kommt sparsam und nachhaltig in einem

geschlossenen Kreislauf zum Einsatz. Für die Verwendung

mit einem industriellen Vertikal-Knickarmroboter wurde

Messe Berlin GmbH

36 CHECK 2/2019


# innovationen

Neuigkeiten aus der Branche

Das aktuelle Produkt- und Dienstleistungsangebot für

Gebäudedienstleister.

Messe Berlin GmbH

ein spezielles Reinigungswerkzeug entwickelt. Dieses besteht

aus einer Bürstenwalze, Wassereinspritzdüsen sowie

einer Abziehvorrichtung für die Reinigungsflotte.

Der Reinigungsroboter der Firma Solar Cleano mit einer

Reinigungskapazität von 1.000 Quadratmetern pro Stunde

ist eine schnelle und effiziente Lösung für die Reinigung

von Solarmodulen. Er wurde so entwickelt, dass eine einzige

Person alle Arbeiten verrichten kann. Der Roboter lässt

sich in vier Teile auseinanderbauen, jedes davon wiegt weniger

als 25 Kilogramm. Dies ermöglicht, dass die Maschine

ganz einfach von einer Person aufgebaut, transportiert

und wieder demontiert werden kann.

Modular aufbaubar ist auch der Multi-Equipment-App

Carrier Robot, der sich beispielsweise gleichzeitig als

Transportplattform oder auch als Wisch-Roboter nutzen

lässt. Durch den modularen Aufbau können mehrere

Aufgaben gleichzeitig eigenständig ausgeführt oder durch

den Austausch des Equipments für unterschiedliche Aufgaben

genutzt werden. Das Laden der autonomen Plattform

funktioniert induktiv und lässt sich am Boden platzsparend

montieren. Der Adlatus-Roboter, vom gleichnamigen Unternehmen

entwickelt, ist ein professioneller autonomer

Reinigungs-Roboter und speziell für den Einsatz bei der

Reinigung von glatten Böden gedacht. Der Roboter kann

eigenständig diese Böden reinigen und sich selbst rechtzeitig

zur Ladestation bewegen, um Frischwasser eigenständig

aufzufüllen und Schmutzwasser abzulassen. Personal ist

während des Reinigungsbetriebs nicht nötig. Das Fachpersonal

kann andere Aufgaben übernehmen. Die gewünschten

Reinigungsbereiche werden auf einem Gebäudeplan gespeichert

und auf dem Gerät hinterlegt. Eine Vereinfachung

für die Arbeit in niedrigen Höhen bietet das Produkt Ixolift

500. Über einen Wahlhebel wird der Ixolift vom handverschiebbaren

in den selbstfahrenden Modus gebracht. Ein

Highlight ist der praktische USB-Anschluss am Steuerpult.

Jederzeit können mit Smartphone, Tablet oder Laptop unterstützte

Tätigkeiten an Bord ausgeführt werden, ohne einen

leeren Akku befürchten zu müssen.

Digitalisierung auf allen Ebenen

Auch in der Digitalisierung zeigte die CMS neue und zeitgemäße

Lösungen, denn vernetzte und „smarte“ Geräte

halten auch im Reinigungssegment Einzug. Dafür hat

Nilfisk eine intelligente Softwarelösung für effizientes

Flottenmanagement entwickelt. Die Anwendung ist einfach:

Ein Sticker mit QR-Code wird auf das Gerät geklebt

und dieser per Smartphone gescannt. Über eine nutzerfreundliche

App werden die Maschinen noch im System

CHECK 2/2019

37


# innovationen

aussagekräftig sind. Im digitalen Zeitalter wird auch von

Reinigungswagen erwartet, mehr leisten zu können als

nur Reinigungsprodukte zu transportieren. Der Origo 2

(Vileda GmbH) stellt sich dieser Herausforderung mit

neuen innovativen Funktionen und nahtloser digitaler

Integration. Um dies sicherzustellen, wurde der Fokus in

der Entwicklung auf die Konnektivität bzw. die nahtlose

Zusammenführung von Reinigungsequipment und digitalen

Geräten gelegt.

Reinigungsequipment

Nahtlose Zusammenführung mit digitalen Geräten.

Umweltbewusst

Sanfte Reinigungsmittel sind im Trend.

registriert. Im Tagesgeschäft bedeutet das konkret, dass

alle relevanten Daten bei Bedarf abgerufen werden können.

In welchem Objekt wird welche Maschine eingesetzt?

Wo ist ihr exakter Standort? Wann war das Gerät

das letzte Mal bei der Wartung? Wie ist es um die Funktionsfähigkeit

bestellt? Das Sicherheitsplus: Durch definierte

Erfassungszyklen (per Scan des QR-Codes) ist sichergestellt,

dass die Daten stets aktuell, konsistent und

Innovation Award

Der CMS Purus Innovation Award (PIA) ist in diesem Jahr

in vier Kategorien verliehen worden: Sieger in der Kategorie

Großmaschinen wurde die Bodenreinigungsmaschine

Comac C85 NSC von Kentner. Die eingebaute Kläranlage

sorgt dafür, dass nur etwa einmal im Monat ein Wasserwechsel

erfolgen muss statt 20 bis 30 Mal, wie bisher bei

konventionellen Maschinen. Damit setzt Kentner ein deutliches

Zeichen für die Nachhaltigkeit, weil weit weniger

Wasser und Chemie verbraucht und in die Abwassersysteme

geleitet werden.

In der Kategorie Kleinmaschinen wurde der Automower

535 AWD von Husqvarna, der extreme Steigungen von bis

zu 70 Prozent befahren und mähen kann, ausgezeichnet.

Sämtliche Einstellungen am Gerät, wie Mähhöhe, Mähzeiten,

Start, Stopp und Parken nimmt der Nutzer mittels

der Fleet Services-App von Husqvarna vor. In der Kategorie

„Equipment“ gewann der Dust Stop der Firma Hako.

Die für den Einsatz auf Tellerbesen bei Kehrsaugmaschinen

konzipierte Hülle sorgt dafür, dass im Vergleich zu einem

herkömmlichen Tellerbesen bis zu 90 Prozent weniger

Feinstaub emittiert wird, was für den Arbeitsschutz und

die Gesundheit der Reinigungskräfte ein wahrer Quantensprung

sein soll. In der Kategorie: „Digitale Tools und Systeme“

war der Adlatus Teams 2020 nicht zu schlagen. Dieser

ist eine durch künstliche Intelligenz gestützte Mensch-Maschine-Schnittstelle,

die aus einem menschlichen Facility

Manager und seinen autonomen Roboterassistenten ein

Team schmiedet. Durch intelligente Vernetzung von Systemen

können umfangreiche Reinigungsaufgaben von variablen

Reinigungsflotten übernommen werden. Das führt

vor allem in großen Reinigungsbereichen zu einer extremen

Steigerung der Produktivität.

Messe Berlin GmbH, Hersteller

38 CHECK 2/2019


THE SUSA WAY

SOCCER FOR KIDS

Our Soccer stars are encouraged to express their talent with freedom, flair and endeavour - the “SUSA WAY”!

Of course each child is unique and therefore has different needs when it comes to starting out on their long and

winding soccer journey. The FUN and friendship environment we promote at the sessions helps to give the kids

that confidence to express themselves, and with a little “tweeking” from our dedicated coaching team they are

soon on their way to becoming a Soccer Star!

We are a Multi-Cultural, International Soccer Family comprising

Academy and League teams - based in Vienna

Our goal at SUSA is to improve each child‘s soccer talent in

an environment of learning, FUN & Friendship using the latest

pedagogical Methodology and neuro-scientific concepts

We are dedicated to providing a flexible and dynamic Training

program within a fully inclusive Community atmosphere

We focus on developing all the essential elements (Technical,

Physical/Motor skills, Tactical and emotional) that young players

need in competitive Team Sports and, further more, in life

Diversity is ‘Par for the course’ at SUSA with our strong links to

the International Community within Vienna.

SUSA programs unite Boys, Girls and dedicated Coaches from

across the globe, creating a rich and vibrant multi-cultural explosion

of „Rock‘n‘Roll“ Soccer; at SUSA, It’s never enough to just kick

a ball

FC SUSA, currently, has 6 Boys Teams, 2 Girls Teams and 1 Men’s

KM competing within the Viennese Football Federation

We have at the moment more than 200 active families originating

from over 50 different countries

Our full Family database comprising all SUSA Programs, Teams

and Camps totals approximately 500 families

Although our working language is English, our dedicated

Coaching Staff brings more than 12 different Countries together

speaking in total more than 10 different Languages.

For the 2020/21 Season, we plan to add 3 more Youth Teams to

our League Program.

Wether your interest (personal and/or private) lies with our

Developmental Academy Program, our Boys, Girls or Mens

League Teams, Holiday camps or General SUSA Family, we‘re

confident that we have opportunities to fit. For further

information on how you can join us at this exciting time in our

development, please contact us on the following emails:

General Queries: susasoccer@aol.com

Girls Program: susawf@gmail.com

www.susasoccer.rocks/ facebook.com/susasoccervienna/ instagram.com/susasocceracademy/ #susasocceracademy


# digitalisierung

EINE SCHÖNE

NEUE WELT

Zur Digitalisierung der FM-Branche gibt es keine Alternative mehr.

Themen wie Transparenz, Kosteneffizienz, Umwelt sowie die Chance auf

neue Geschäftsmodelle fördern diesen Megatrend zusätzlich.

Von CHRISTIAN SEC

Shutterstock

40 CHECK 2/2019


# digitalisierung

Als die Autos zu Beginn des vorigen Jahrhunderts

langsam die Straßen der Großstädte eroberten, haben

dies viele Pferdekutscher als tödliche Gefahr

für ihr Geschäftsmodell empfunden. Tatsächlich blieben

nur wenige Pferdekutscher übrig. Vor allem diejenigen, die

sich als Transportunternehmen sahen und weiterhin Personen

und Waren beförderten, nur eben nicht mit Pferden,

sondern mit motorisierten Fahrzeugen. Auch heute gibt es

für das Überleben von Unternehmen keine Alternative, als

sich mit der Digitalisierung „anzufreunden“.

Fünf vor zwölf

Wenn sogar im schläfrigen Kontinentaleuropa bereits

jeder über Digitalisierung spricht, dann ist davon auszugehen,

dass die digitale Revolution bereits voll im

Gange ist. Internet of Things, Big Data und Machine

Learning sind in aller Munde und bereits in vielen

Variationen im Immobilienmanagement marktfähig.

Die technologische Revolution verursachen dabei disruptive

Marktvorgänge: Branchenfremde drängen mit

digitalen Lösungen auf den Markt. Wer sich dieser Entwicklung

entzieht, wird sich bald als ausrangierter Fiaker

wiederfinden.

Dass es bereits fünf vor zwölf ist, was die Anpassung

an die neuen Verhältnisse angeht, wird anlässlich des

Vortrages von Jan Trionow, CEO von Hutchison, am

letzten IFM-Kongress klar. Er spricht in seinem Vortrag

davon, dass 5G, der neue Mobilfunkstandard, schon

bald Feldbus, EOTION, KNX ersetzen könnte und

eine Disruption am Markt in Gang setzen werde. Somit

könnten neue Player wie Telekomanbieter auf das

Facility-Management strömen und dieses auf den Kopf

stellen. „Wie lange die Umsetzung in Österreich dauert,

hängt nur noch von der Kooperation mit den Eigentümern

von Immobilien ab“, so Trionow. Auch Prof. Alexander

Redlein, Abteilungsleiter für Immobilien und

Facility Management an der TU Wien, sieht durch die

Digitalisierung immer mehr branchenfremde Technologiefirmen

in den Markt hineinbrechen, die hier Lösungen

anbieten. Zwar werden die Potenziale zur Effizienzsteigerung

von der Branche erkannt. Trotzdem macht

die erfolgreiche Digitalisierung bislang nur kleine Fortschritte,

wie die neue Lünendonk-Studie zeigt.

Organisationale Veränderungen

Durch die Digitalisierung des Kerngeschäfts entstehen

auch neue Arbeitswelten. Dabei ist es vor allem eine

neue Generation, die nun auf den Arbeitsmarkt drängt

und mit den Segnungen der digitalen Welt sozialisiert

wurde, die infrastrukturelle Anpassungen der Organisationen

verlangt. „Diese Generation Z ist nicht mehr

zufrieden mit einem kleinen 2er- oder 4er-Büro, sie

wollen kommunizieren, sich austauschen – unabhängig

von einem stationären Arbeitsplatz“, so Redlein. Probleme

sollten gemeinsam in einer anregenden Umgebung

gelöst werden – Lounge-Bereiche, Cafeteria etc. Zielvorgaben

statt Anwesenheitszeiten sind das neue Credo

für das Management. Verlangt wird eine Organisation,

die Arbeiten und Schreiben gegebenenfalls auch per

Homeoffice ermöglicht, mit gleichzeitiger Konnektivität

zu allen notwendigen Informationen und Dokumenten

per Internet/Cloud.

Dies sind auch Grundbedingungen für abteilungsübergreifendes

Arbeiten und Denken. Hierarchische Organisationsformen

sind dabei oft nicht mehr zeitgemäß,

da sie nur schwer eine Flexibilisierung der Geschäftsabläufe

zulassen. Jedoch sind diese nicht mehr linear

oder stationär, sondern veränderbar. Das fängt bei der

Arbeitszeit jedes Einzelnen an und steht auch tief in Zusammenhang

mit Kundenbeziehungen. „Mehrwerte in

Zeiten der Digitalisierung entstehen häufig in der horizontalen

Verknüpfung unterschiedlichster Fähigkeiten“,

erklärt dazu Herbert Stoffels, Change-Management-Berater

und Co-Autor des Buches „Die digitalen

Macher“.

Energieeffizienz

Das Zusammenspiel von IoT, künstlicher Intelligenz und

Big Data ist zukünftig unerlässlich, um die gesellschaftliche

Forderung nach Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit

zufriedenstellend umzusetzen.

So können in der Verbindung von Internet of Things

(IoT) mit Big Data die Informationen von Gebäuden und

Anlagen zwischengespeichert werden und damit Verbräuche

automatisch in Kennzahlen verwandelt werden.

Kommunen müssen dann beispielsweise nicht mehr einen

Spezialisten beauftragen, ein Gebäude zu begehen

CHECK 2/2019

41


# digitalisierung

xx

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xx

Praxistauglich

Die Firma SIMACEK nutzt bereits extensiv

die Möglichkeiten der Digitalisierung.

und Maßnahmen vorzuschlagen, sondern können dies

ausschließlich, direkt und vor allem kontinuierlich auf

Basis der Verbrauchsdaten in der Datenbank entscheiden.

„Teilweise lässt sich sogar eine direkte Steuerung

vornehmen. So konnte ein großer österreichischer Developer

auf diese Weise bei einem Bürogebäude rund

30 Prozent Energie ohne Komfortverlust einsparen“,

erklärt Redlein. An der TU Wien wurde in einem Forschungsprojekt

der Energieverbrauch der Klimatisierung

eines Gebäudes per IoT erfasst und mit Hilfe von Big

Data analysiert. Der Stromverbrauch im Jänner, Februar

und März war ident. Dabei gibt es aber im Februar

keinen Studentenbetrieb, also ist die Nutzung wesentlich

geringer. „Bei einem klassischen ein- bis zweitägigen

Energie-Monitoring wäre das nicht aufgefallen. Durch

die kontinuierliche Überwachung und Analyse war der

,Optimierungsbedarf‘ der Regelung dagegen einfach erkennbar“,

erklärt Redlein die Vorteile des digitalen Monitorings.

Predictive Maintenance

Auch die künstliche Intelligenz in Verbindung mit Big

Data wird im Bereich Predictive Maintenance immer

wichtiger. Damit können unangenehme Vorfälle, wie eine

Aufzugsstörung, schon im Vorfeld vermieden werden.

Sensoren liefern online den Zustand der Anlage an eine

Big Data-Datenbank. Dort können sie analysiert und Algorithmen

definiert werden, um zu erkennen, ob sich ein

Fehler anbahnt. Das Verfahren dazu nennt sich Machine

Learning. Es ermöglicht, die Betriebsdaten möglichst

vieler Aufzüge auszuwerten und selbstständig Muster zu

erkennen. Da die Algorithmen bei ausreichend großen

Datensätzen sehr genau sind, lässt sich ein Fehler über

Tage hinweg vorhersehen. Und statt eines Notfalleinsatzes

kann die „normale“ Einsatzplanung der Mitarbeiter

eine rechtzeitige Reparatur sicherstellen.

„Gerade Eigentümer und Developer zögern oftmals mit

dem Erwerb solcher Systeme, weil sie die Rendite nicht sehen“,

erklärt Redlein. „Aber wenn man sich über dieses

Simacek

42 CHECK 2/2019


# digitalisierung

Privat

Service einen Aufzug pro Gebäude erspart, da die anderen

immer verfügbar sind, dann rechnet sich es sofort.“

Auch bei SIMACEK werden Datenquellen so verknüpft,

dass Probleme frühzeitig über Dashboards oder andere

intuitive Visualisierungen sichtbar werden. Einerseits werden

dadurch Stillstandzeiten reduziert, andererseits kann

der Facility Manager, basierend auf Verschleißmodellen,

Ersatzteile in einer priorisierten Reihenfolge austauschen,

was eine effiziente Personaleinsatzplanung ermöglicht.

Chancen für Facility Management

Die Technologien haben sich so weit entwickelt, dass sie

beginnen, miteinander zu korrespondieren. Somit können

ganz neue Dienstleistungen und Geschäftsmodelle angeboten

werden. Für die Facility Manager bedeutet dies eine

große Chance. So können über digitale Plattformen nun

auch Kleinaufträge für die FM-Branche abgewickelt werden,

die bislang durch den hohen administrativen Aufwand

nicht profitabel waren.

Die Technologie ermöglicht, dass der Reinigungsbedarf

und die notwendige Reinigungsintensität in Form von

Sensorik, also unterstützender Technik, vollautomatisch

erkannt werden. Mit dieser Erkenntnis kann, ohne täglichen

Eintrag, eine dementsprechende Leistungsintensität

für das Reinigungspersonal erarbeitet werden. Mit dieser

Optimierung der Ressourcen bei gleichzeitiger Senkung

der Administrationskosten könnten neue Kundensegmente

erreicht werden, die zuvor nicht wirtschaftlich

waren. Hinzu kommt, dass durch die Digitalisierung der

Dokumentation für den Kunden klar ersichtlich wird,

dass das, was der Kunde bestellt, auch dokumentiert

und abgearbeitet wird – d.h. absolute Transparenz der

Leistungserfüllung. Weiters ist sichergestellt, dass die

Leistung dem tatsächlichen Bedarf entspricht, was eine

wirtschaftliche Optimierung mit sich bringt. All dies

könnte ein Outsourcing des Facility Managements für

viele Zielgruppen attraktiver machen.

Digitale Checkpoints

Auch SIMACEK nutzt bereits extensiv die Möglichkeiten

der Digitalisierung. So erhalten die Mitarbeiter über

mobile Endgeräte relevante Informationen zu Aufgaben

und akutem Handlungsbedarf, was die Arbeit effizienter

macht. Mit digitalen Checkpoints und entsprechend

intelligenten Software-Systemen lassen sich Service-Vorgänge

und Energieflüsse in Gebäuden für alle Beteiligten

sichtbar und nachvollziehbar dokumentieren. Das kann

Sicherheitsrundgänge ebenso betreffen wie Zeit, Ort und

Umfang der Reinigung oder die Wartung von Aufzügen.

Mit dem digitalen Produkt SIM.Care kann zwischen

Kosten und Nutzen abgewogen werden. Die aktuellen

Kosten der entsprechenden Immobilie werden auf Adäquanz,

Konformität und Effizienz geprüft und mit den

jeweiligen effizientesten, innovativsten Lösungen abgeglichen.

Dabei werden Synergien und Doppelgleisigkeiten

identifiziert und Kosten für den Kunden erspart.

Kein Widerspruch zum Datenschutz

„Immer mehr

branchenfremde

Technologiefirmen

brechen in den Markt

hinein. “

Prof. Alexander Redlein

Leiter Immobilien und Facility

Management, TU Wien

Das Sammeln eines Datenschatzes ist kein Widerspruch

zum Datenschutz, wie oftmals befürchtet wird. Sensoren

messen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Bewegungen in

einem ausgewählten Bereich. Sie haben aber keine Kamera

und machen auch keine Tonaufnahmen. Auch aus den

Reinigungsplänen sollten keine personenbezogenen Daten

interpretiert werden können. So werden bei SIMACEK

die Infrarot-Bewegungsdaten ausschließlich automatisiert

zur weiteren Berechnung der Reinigungspläne verwendet.

Diese Daten sind nicht einsehbar, um zu vermeiden, dass

daraus Sitzplatzbelegungen – und damit persönliche Daten

bei fixen Einzelplätzen – abgeleitet werden können.

Und auch die Übertragungswege der Daten werden bei

SIMACEK mit modernsten Sicherheitsstandards verschlüsselt.

Sämtliche dieser Daten werden darüber hinaus

nur auf Vertragslaufzeit und immer im Einklang mit der

aktuellen DSVGO gespeichert und verarbeitet.

CHECK 2/2019

43


# intelligente gebäude

ELEKTRONISCHER

BODYGUARD

Intelligent, effizient – und im Visier von Online-Attacken: Smart Buildings sind

nicht nur eine digitale Wohlfühlzone. Sondern auch eine Herausforderung für

Sicherheitsprofis, die hier ein wirksames IT-Schutzschild errichten müssen.

Von CHRISTIAN PRENGER

44 CHECK 2/2019


# intelligente gebäude

Gefahr durch Hacker

Solche Besucher will niemand im Smart Building: Hacker

sorgen auch in den digitalen Gebäuden der Zukunft für

komplexe Herausforderungen an die Sicherheit.

Shutterstock

Die Lage spitzt sich zu. Neue Methoden und Mechanismen

verleihen der Bedrohungslage eine bis

dato unbekannte Dimension, so die Botschaft von

ForeScout Technologies. Der überaus beklemmende Befund

jener IT-Sicherheits-Spezialisten dürfte keinen Profi

kalt lassen. Noch mehr Störfälle, noch raffiniertere Attacken,

noch mehr Risiken: Organisierte Cyber-Kriminalität

lässt sich offenbar kaum mehr stoppen auf ihrem Weg zum

ultimativen Alptraum.

Denn die Täter agieren heute zunehmend radikaler. Im Gegensatz

zu klassischen Taktiken geht es auch um Sabotage.

Hochgerüstete Hacker nutzen verschiedene Schadprogramme

und Angriffsmuster für das Ausschalten von Geräten,

Infrastruktur oder Applikationen. Dagegen wirken Delikte

wie Phishing, wo Gangster über gefälschte Mails Daten

stehlen möchten, vergleichsweise harmlos. Bei heiklen Objekten

aber, die für das Funktionieren der Gesellschaft unverzichtbar

sind, läuten alle Alarmglocken.

Dieses Schreckensszenario betrifft den unbefugten Zugriff

auf neuralgische Punkte wie Industrieanlagen, Kraftwerke,

staatliche Einrichtungen, Bürokomplexe, Spitäler, Kasernen

oder Flughäfen. Dort lässt sich maximaler Schaden

anrichten oder hohes Lösegeld erpressen. Für ForeScout

Technologies ist die Situation eindeutig: Entspannung

bleibt pure Illusion, forciert alleine durch das Wachstum

von vernetzten Geräten. In einer nahtlos durchdigitalisierten

Welt kommunizieren bereits zahllose Alltagsgegenstände

miteinander und tauschen Daten aus.

So wie auch im Smart Building, dem Gebäude der Zukunft,

ausgestattet mit feinster Technologie vom Parkplatz

über den Empfang bis unter das Dach. Dort messen

clevere Thermostate die Temperatur und starten im

richtigen Moment die Klimaanlage. Oder intelligente Beleuchtung

reagiert via Fernwartung automatisch auf die

Tageszeit. Das Gebäude wird auch permanent schlauer:

Gezieltes Sammeln von Daten bildet die Basis für optimale

Abläufe.

Frühe Problemerkennung

Für das Facility Management ergibt sich gleichermaßen

die Chance zur Optimierung. Sollte irgendwo im Gebäude

eine Baustelle auftauchen, sind die Verantwortlichen

rasch im Bild. Kontrolle und Monitoring machen

CHECK 2/2019

45


# intelligente gebäude

„Neue Sicherheitsrisiken

können sich im Falle

eines Angriffs auf die

gesamte Organisation

auswirken.“

Stephan von

Gündell-Krohne

ForeScout

Technologies

Die Hüter intelligenter Gebäude sind nicht hilflos

Mit effizienten und professionellen Abwehraktionen lassen

sich Problemzonen in den Griff bekommen.

die Verwaltung von Objekten spürbar einfacher. Alleine

durch frühe Erkennung beginnender Probleme können

zuständige Spezialisten unmittelbar eingreifen. Bevor

Sand in die Maschinerie gerät, der vielleicht viel Zeit,

Aufwand und Geld verschlingt.

Das Resultat aller Annehmlichkeiten und Prozesse sind

bessere Bedingungen für Arbeit und Alltag, reduzierte

Kosten sowie gesteigerte Nachhaltigkeit. Gegen solche

digitalen Wohlfühlzonen sehen traditionelle Behausungen

zwar alt aus, doch der elektronische Glanz hat eine

Schattenseite: Experten warnen davor, dass jene Objekte

vermehrt zu Zielen von Cyber-Kriminellen werden.

Komplexe Technologie erzeugt nämlich gleichzeitig

eine Menge Risiken. Smart Buildings sind keineswegs

uneinnehmbare Techno-Festungen, sondern teils fragile

Konstruktionen.

Das große Zittern beginnt oft schon an der Basis. Viele

Geräte in Netzwerken kommunizieren nämlich tatsächlich

immer noch über unverschlüsselte Protokolle.

Dadurch gehen für versierte Gangster rasch Türen und

Tore auf. Manche Zahlen dürften gestressten Abwehrkräften

zusätzliche schlaflose Nächten bescheren: Gemäß

der Computer-Suchmaschine Shodan existieren

weltweit tatsächlich fast 4,7 Millionen Geräte, die aufgrund

ihrer defizitären Abschirmung leichte Beute für

Banden sind.

Neue Sicherheitsrisiken

„Das Schlagwort Industrie 4.0 ist bereits seit Jahren in aller

Munde, und viele Anlagen sind über die Firmennetzwerke

hinaus vernetzt. IT-Leiter merken allerdings, dass hier

auch neue Sicherheitsrisiken entstehen, die sich im Falle eines

Angriffs auf die gesamte Organisation auswirken können.

Im Zuge der Attacken mit WannaCry standen in vielen

Werken sämtliche Bänder still“, erinnert Stephan von

Gündell-Krohne, Experte von ForeScout Technologies.

Dieses Schadprogramm hat immerhin mehr als 300.000 Unternehmen

in 150 Ländern massiven Ärger beschert. Solche

Schädlinge verschlüsseln auf einen Schlag den Inhalt von

Computern und infizieren dann über das interne Netzwerk

mit rasantem Tempo zahllose weitere Rechner. Plötzlich

kann kein Mitarbeiter mehr auf Daten zugreifen, die aber

dringlich benötigt werden. Was in jeder Hinsicht äußerst

heikle Situationen heraufbeschwören kann. Erst gegen die

Zahlung eines Lösegelds wird diese Sperre aufgehoben.

Spürbare Konsequenzen von Attacken sind also längst bittere

Realität, obwohl kaum darüber gesprochen wird. Wer

aber weiter wegschaut oder eine Marketingmasche gieriger

Sicherheitsfirmen vermutet, befindet sich im Irrtum:

39 Prozent der europäischen Unternehmen wurden in den

letzten fünf Jahren Opfer einer Cyberattacke. 64 Prozent

vermerken, dass sie möglicherweise unwissentlich gehackt

wurden, besagt der Bericht von RSM, einem Netzwerk von

ForeScout Technologies, Shutterstock

46 CHECK 2/2019


# intelligente gebäude

„Ein Kontrollverlust

kann erhebliche

Auswirkungen haben.“

Florian Brunner

Experte der Unternehmens-

beratung PwC Österreich

PwC Österreich

Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Beratungsunternehmen.

Ein Blick in das Nachbarland unterstützt allfällige kritische

Hinweise: Der Anlagensicherheits-Report 2019 des

deutschen TÜV-Verbandes macht nicht zuletzt am Beispiel

von Aufzügen deutlich, dass Wegschauen keine Lösung

sein kann. „Neben Risiken wie Materialermüdung und

Verschleiß entstehen mit zunehmender Vernetzung der

Anlagen neue Gefahren. Cyberangriffe können Aufzüge

zwischen Etagen zum Stehen bringen oder einen Absturz

herbeiführen“, warnt Joachim Bühler, Geschäftsführer im

TÜV-Verband.

Solche Visionen klingen nach einem billigen Horrorfilm,

sind aber keineswegs das Ende der Fahnenstange. Es könnte

noch schlimmer werden. Viele potenzielle Krisenzonen

im Smart Building sind noch nicht bekannt. Die generelle

Entwicklung macht Prophylaxe kaum einfacher. „IT-Vernetzung

bringt Organisationen massive Vorteile, bleibt

aber mit einem erhöhten Risiko verbunden. Die Welt besteht

aus Milliarden von Geräten, die viele Betriebssysteme

und Protokolle nutzen, um Daten über Branchen und

Grenzen hinweg auszutauschen“, weiß Elisa Costante, Senior

Director der Forescout Research Labs.

Manipulierte Kameras

Die Forschungseinrichtung soll sich mit den Schattenseiten

der oft zitierten Connectivity beschäftigen. Zur

Wie wichtig ist IT-Security für das Smart Building?

Gebäudesteuerungen sind so verwundbar wie Industrieanlagen.

Beide lassen sich im Netz oft aufspüren. In der Automatisierung

gelangen außerdem Technologien zum Einsatz, die meist

gar nicht konzipiert wurden für Online-Erreichbarkeit. Bei

Angriffen mit Schadsoftware hat niemand ein Gebäude im Sinn

– doch was passiert, wenn die Türen nicht mehr aufgehen oder

die Heizung im Winter streikt?

Was macht digitale Gebäude attraktiv für Hacker?

Angreifer können Geld fordern oder versuchen, über die

Gebäudesteuerung andere Systeme zu hacken. In den USA

werden Gefängnisse elektronisch verwaltet, die Zellen lassen

sich via Knopfdruck öffnen. Experten halten hier Angriffe

zumindest für möglich. In Österreich sind diese Szenarien kein

Thema, aber ein Kontrollverlust bei Gebäuden kann massive

Auswirkungen haben.

Was sind neuralgische Punkte im Smart Building?

Die Gebäudesteuerung kontrolliert unter anderem Licht, Strom

oder das Schließsystem. Neben möglichen Angriffen, auch auf

Systeme wie Brandmeldeanlagen, könnten Angreifer über das

Netzwerk andere Bereiche im Gebäude anvisieren. Von dort aus

kann eine beliebige Verbreitung erfolgen.

Wie muss das Facility Management gegensteuern?

Netzwerke sollten isoliert werden. Weiters dürfen die Zugriffspunkte

für sicherheitsrelevante Systeme nicht aus dem gleichen

Netzwerk wie etwa die Lichtsteuerung erreichbar sein.

Wo liegen dabei die Herausforderungen?

Betreiber, Hersteller und Integratoren sollen sich proaktiv mit

Cyber-Security beschäftigen. Oft benötigt es einen externen

Mentor, der die Materie ausreichend adressiert.

CHECK 2/2019

47


# intelligente gebäude

Sicherheitslücken

Die komfortable Bedienbarkeit birgt das Risiko,

dass Einfallstore übersehen werden.

Analyse potenzieller Krisenzonen in Gebäuden haben die

Profis deshalb ein eigenes Planspiel geschaffen. Die reale

Testumgebung mit Überwachung, smarten Gegenständen

und intelligenter Beleuchtung sollte sichtbar machen, was

so alles über gehackte Networks passieren kann. Oder welche

Wege Gangstern zur Verfügung stehen bei ihren Raubzügen

in das Innere von Betrieben und Häusern.

Ein Resultat betrifft manipulierte Überwachungskameras.

Hier wurde von den Forschern das Filmmaterial eines Videorekorders

durch zuvor aufgezeichnete gefälschte Inhalte

ersetzt. Auf diese Weise lassen sich bösartige Täuschungsmanöver

durchführen, um eine falsche Wirklichkeit vorzuspiegeln,

die Sicherheitskräfte blufft. Was Einbrechern ihre

Tätigkeit stark erleichtert, wenn luxuriöse Wohngegenden

das Ziel darstellen oder Industriespione in der Nacht sensible

Firmen-Dokumente entwenden wollen.

Mit solchen Aktionen bringen sich manche Kriminelle

nicht in Gefahr, doch erwischt zu werden. Sie spielen auf

der Tastatur neuer digitaler Trends. Laut dem IT-Security-

Lösungsanbieter Trend Micro gilt nämlich das Klonen

der Stimme eines Nutzers als neuer Trick. Dann erteilt der

Sprachassistent verhängnisvolle Befehle, ohne erkannt zu

werden. Oder Phantomvorrichtungen lösen Ärger aus, sollte

die Anwesenheitserkennung zum Entriegeln von Türen

versagen. Den Rest erledigen eingeschmuggelte Logikfehler.

Solche digitalen Nebelwerfer irritieren das Sicherheitssystem

und verhindern intelligente Alarme.

Reduzierte Schwachstellen

Trotzdem sind Krisen im Smart Building weder Schicksal

noch ein Grund zur Schockstarre. Hier kann modernes

Facility Management Unterstützung leisten als eine Art

elektronischer Bodyguard. Mit zeitgemäßer Technologie,

Know-how und rascher Reaktion lassen sich viele Angriffe

in den Griff bekommen – oder sogar entschärfen. Was nicht

nur eine effiziente Verwaltung aller Geräte im Netzwerk

erfordert. Auch Schwachstellen, die Hacker als Hintertüre

nutzen könnten, müssen ausnahmslos reduziert werden.

Kenner der Materie verweisen im Zuge von Maßnahmen

zur Absicherung ohnehin immer wieder auch auf

Shutterstock

48 CHECK 2/2019


# intelligente gebäude

„Normale User

können die neue

Malware-Spezies

nur schwer

bekämpfen.“

„Professionelle

Gebäudetechnik

präsentiert sich

heute ähnlich

komplex wie früher

Rechenzentren,

aber viel

heterogener.“

Jonathan Shimonovich

Check Point Software

Technologies

Udo Schneider

Trend Micro

Check Point Software Technologies, Trend Micro

externe Spezialisten. Nicht immer stehen intern genug

finanzielle, technische und personelle Ressourcen zur

Verfügung. Doch kompetente Wächter von außen können

solche Defizite nicht bloß kompensieren. Sondern

auch die Qualität der IT-Security entsprechend steigern,

etwa durch aktives Orten und Reagieren, sollten

Hacker an digitale Türen klopfen.

Dazu zählt auch der menschliche Faktor. Das Internet

der Dinge, der Online-Verbund von permanent

interagierenden Gegenständen, wird auch Gebäude

noch intelligenter machen. Deshalb verweisen Insider

regelmäßig auf die Notwendigkeit, das Bewusstsein

von Mitarbeitern und privaten Bewohnern zu schulen.

Schließlich erfordern die meisten Netz-Angriffe eine

menschliche Interaktion – den Klick auf einen Link, das

Bearbeiten von Dokumenten, das Herunterladen der

Software oder das Öffnen einer Datei.

Auf den Punkt bringt es Udo Schneider, Experte von

Trend Micro: „Professionelle Gebäudetechnik präsentiert

sich heute ähnlich komplex wie früher Rechenzentren,

aber viel heterogener. Security punktuell und rein

technologisch umzusetzen, ist deshalb zum Scheitern

verurteilt. Vielmehr muss Sicherheit holistisch im Gesamtsystem

betrieben werden, inklusive der jeweiligen

Menschen und Prozesse.“

Belohnte Mühe

Solcher Aufwand bei der Abwehr trägt Früchte. Nicht

nur, was das Nervenkostüm aller Beteiligten betrifft.

Eine Studie der Unternehmensberatung PwC unter

mehr als 3.000 Führungskräften und IT-Experten in 81

Ländern liefert jedenfalls klare Signale. Demnach sind

Betriebe mit einer klaren Cyber-Security-Strategie stark

im Vorteil: Sie erzielen bessere Ergebnisse, sind auf Angriffe

vorbereitet und besitzen hohe Vorteile gegenüber

ihrem Mitbewerb.

Das mobile Zeitalter wird in diesem Zusammenhang

eine Hauptrolle spielen. Tragbare Endgeräte gewinnen

auch für das Gebäudemanagement immer größere Bedeutung

– ebenso im Sicherheitsbereich. Tablets und

Smartphones generieren nicht nur eine neue Servicedimension,

sondern haben sich zum Objekt der Begierde

von Digitalbanden entwickelt. So hat etwa Check Point

Research, die Threat Intelligence-Abteilung des Cyber-

Sicherheitsanbieters Check Point Software Technologies,

eine völlig neue weltweite Spezies fataler Schadprogramme

entdeckt.

Diese Plage hat heimlich 25 Millionen Mobilgeräte infiziert.

Getarnt als mit Google verbundene Anwendung,

nutzt der Schädling Schwachstellen des Android-Betriebssystems

für seine Angriffe wie den Diebstahl

von Finanzdaten oder Lauschangriffe auf den Besitzer

des Telefons. „Die Malware greift Anwendungen im

Hintergrund an, was es für normale User schwierig

macht, solche Bedrohungen selbst zu bekämpfen“, unterstreicht

Jonathan Shimonovich, Experte von Check

Point Software Technologies. Auf die Fachkräfte des

Facility Managements wartet viel Arbeit.

CHECK 2/2019

49


# portrait

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder – die Fakten

Fläche

24.200 m 2

Gründung

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien wurde

1614 gegründet. Es ist das größte Ordensspital in der

Bundeshauptstadt.

Mitarbeiter

Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien arbeiten

mehr als 1.000 Mitarbeiter. Ein Großteil davon ist in

medizinischen und pflegerischen Berufen tätig.

Medizinisches Angebot

Mit mehr als 400 Betten, zehn Fachabteilungen samt

Ambulanzen, einer Gehörlosenambulanz, einer Ambulanz

für mehrfach- und schwerbehinderte Patienten, zwei

Instituten sowie der öffentlichen Apotheke ist das

Schwerpunktkrankenhaus der Barmherzigen Brüder ein

wichtiger Pfeiler in der Gesundheitsversorgung der Wiener

Bevölkerung.

Frequenz

Im Jahr 2018 wurden 32.000 Patienten stationär betreut.

In den Ambulanzen bekamen 140.000 Personen eine

medizinische Hilfeleistung, unabhängig von Religion,

Alter, Herkunft und Weltanschauung.

Service

SIMACEK betreut das Krankenhaus der Barmherzigen

Brüder in Wien bereits seit 1982. Mit 32 MitarbeiterInnen

sorgen wir von Montag bis Sonntag durch die Reinigung

und Pflege des Gebäudes für optimale Sauberkeit. Zu

weiteren Services, die erbracht werden, zählen z.B. die

Grundreinigung, Fensterreinigung, Deckenreinigung,

Vorhangreinigung und das Teeküchenservice.

Info

www.bbwien.at

www.simacek.com

Gabriel Pall

50 CHECK 2/2019


# portrait

BARM-

HERZIG

Modernste Medizin und Menschlichkeit müssen nicht im

Widerspruch stehen. Das Krankenhaus der Barmherzigen

Brüder ist der beste Beweis dafür.

Von THOMAS LANGER

Credits

CHECK 2/2019

51


# portrait

Operationssäle mit Vorbereitungs- und Aufwachzimmern.

Insgesamt gibt es heute sechs Operationsräume. Die letzte

große Umbauphase erlebte das Ordensspital zwischen

1994 und 2004: Da entstand ein Neubau entlang der

Schmelzgasse und ein Verwaltungsgebäude im Hof.

Aula des Spitals

Der lichtdurchflutete Eingangsbereich

schafft eine gute Stimmung bei Patienten,

Mitarbeitern und Angehörigen.

Die vierhundertjährige Geschichte ist dem Krankenhaus

der Barmherzigen Brüder in Wien nicht

anzusehen: Der Eingangsbereich mit dem bunten

Gemälde, der Galerie und dem Info-Desk erinnert fast an

eine Hotelrezeption. Tatsächlich wurde das Spital aber

1614 vom Chirurgen Frater Gabriel Ferrara OH gegründet

und hatte zu dieser Zeit gerade einmal zwölf Betten.

Heute sind es mehr als 400. Im Mittelpunkt steht seit den

Anfängen immer der Mensch mit seinen Bedürfnissen.

Gemäß dem Gründer des Ordens, dem heiligen Johannes

von Gott (1495-1550), widmet sich das Krankenhaus der

Behandlung nichtversicherter oder mittelloser Patienten.

Dies entspricht ganz der Intention des Heiligen Johannes

von Gott, des Ordensgründers der Barmherzigen Brüder:

Armen und Kranken zu helfen, ohne nach Religion, Alter,

Herkunft und Weltanschauung zu fragen.

Aufregende Geschichte

Um sich die Leistungen des Ordens und der Spitalsmitarbeiter

durch die Jahrhunderte vor Augen zu führen, ein paar historische

Details: Erst im Jahr 1876 wurde das Krankenhaus,

das zu dieser Zeit bereits 224 Betten hatte, an die städtische

Gas- und Wasserleitung angeschlossen. Der Krankenhausbetrieb

konnte auch während der Weltkriege trotz mehrerer

Bombentreffer die ganze Zeit weitergeführt werden.

Das Gebäude wurde mehrmals umgebaut und erweitert: In

den Jahren 1971 bis 1973 ist der Teil entlang der Großen

Mohrengasse aufgestockt worden. Es entstanden fünf neue

Moderne Medizintechnik

Heute sind viele wichtige Fachgebiete im Haus vertreten (siehe

Fakten). Ein Schwerpunkt der neurologischen Abteilung

mit Stroke-Unit etwa ist die Schlaganfallversorgung. An der

2011 installierten Augentagesklinik können Katarakt-Operationen

(Grauer Star) ambulant durchgeführt werden.

Tumore werden in allen Abteilungen, die chirurgisch tätig

sind, therapiert. Vor allem im Bereich der Hämato-Onkologie

– das sind gut- und bösartige Erkrankungen des Blutes

und des lymphatischen Systems – hat das Krankenhaus der

Barmherzigen Brüder eine Vorreiterrolle inne.

Seit 2011 stehen den Ärzten für spezielle Operationen, u.a.

im Bereich der Urologie, zwei „daVinci ® “-Operationsroboter

zur Verfügung.

Für besondere Bedürfnisse

Für gehörlose und schwerhörige Menschen gibt es seit 1999

eine eigene Gehörlosenambulanz. Neben der allgemeinen

medizinischen und pflegerischen Betreuung bietet diese die

Begleitung in Fachambulanzen, stationäre Betreuung, Sozialberatung,

psychologische Betreuung sowie einen psychiatrischen

und einen orthopädischen Konsiliardienst an. Zudem

findet sich im Ordensspital eine eigene Ambulanz für

mehrfach- und schwerbehinderte Patienten.

Ausbildung im Haus

Die Pflegeakademie der Barmherzigen Brüder Wien bildet

seit mehr als 40 Jahren in den unterschiedlichen Bereichen

der Pflege aus. Mehr als 2.000 Personen absolvierten bereits

erfolgreich eine Aus- oder Weiterbildung. Seit dem Studienjahr

2017/18 stellt die Pflegeakademie in Kooperation mit

der Fachhochschule Campus Wien 24 Studienplätze für das

Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege zur Verfügung.

Seit Herbst 2019 wird der neue Universitätslehrgang

Intensivpflege der MedUni Wien und der Pflegeakademie

durchgeführt. Darüber hinaus werden fachspezifische Weiterbildungen

im Pflegebereich angeboten.

Wolfstudios

52 CHECK 2/2019


# expertinnen-interview

Krankenhaus BB Wien

Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation

für Pflegefachkräfte im Krankenhaus der

Barmherzigen Brüder?

Die Personalsituation ist generell in Österreich sehr

herausfordernd. Es gibt einen enormen Pflegepersonalmangel,

der in der Gesellschaft leider nicht thematisiert

wird. Bei den Barmherzigen Brüdern haben wir aber

das Glück, dass wir alle offenen Planstellen innerhalb

von zwei bis drei Monaten nachbesetzen können.

Geht das auch deswegen, weil dem Spital die

Pflegeakademie angeschlossen ist?

Ja, das ist auf jeden Fall ein riesiger Benefit. Dadurch, dass

die Studenten den Großteil ihrer Praktika im Haus machen,

können sie die Teams besser kennenlernen und bewerben

sich dann unmittelbar für spezielle Stationen und

Bereiche.

Welche Werte werden den Pflegekräften und

den Patienten in Ihrem Ordensspital vermittelt?

Ich denke, das sind die Werte des Ordens der Barmherzigen

Brüder unter dem Dach der Hospitalität. Qualität,

Respekt, Verantwortung und Spiritualität sind Themen,

die der Pflege immanent sind. Es ist für die Pflege nicht

schwierig, die Werte der Barmherzigen Brüder zu leben.

Denn wenn ich den Beruf vollinhaltlich leben will, geht

es ja nicht nur um eine fachliche Qualifikation. Da gehören

Respekt und ein wertschätzender Umgang mit den

Menschen ganz selbstverständlich dazu. Dazu ist es aber

auch wichtig, dass man auf die individuellen körperlichen,

aber auch spirituellen Bedürfnisse der Patienten

eingeht. Von den Pflegekräften fordere ich diese Werte

explizit ein. Ich kann nicht eine fachlich und menschlich

gute Pflegeperson sein, wenn ich nicht diese Werte lebe.

Es soll auch kein Unterschied gemacht werden zwischen

Religionszugehörigkeiten oder der gesellschaftlichen

Stellung der Personen. Jeder Mensch, auch der Kriminelle,

wird in diesem Spital als Mensch in seiner Würde

behandelt. Jeder bekommt die fachliche, aber auch die

menschliche Zuwendung, die er braucht.

Stieg der Arbeitsaufwand des Pflegepersonals

aufgrund der vorgeschriebenen Dokumentationen

in den letzten Jahren, oder vereinfachen Computer

und Internet diese Tätigkeiten?

Wir konnten bereits vor 20 Jahren durchsetzen, dass es

„Respekt und ein

wertschätzender

Umgang.“

Mag. Therese Lutnik,

MSc, MAS, DGKP

Pflegedirektorin im

Krankenhaus der

Barmherzigen Brüder

eine Pflegedokumentation auf Computerbasis gibt. Wir

sind da absolute Vorreiter in Österreich. Es geht durch

die Computerdokumentation nicht schneller, aber in

einer ganz anderen Qualität. Alles ist nachvollziehbar,

auswertbar etc. Natürlich sind auch die gesetzlichen

Vorgaben da: Man muss dokumentieren. Denn alles,

was nicht dokumentiert ist, ist vor dem Gesetz nicht geschehen.

Gerade bei der Diagnose und bei der Anamnese

gibt es aber Vordrucke, die das Ausfüllen vereinfachen.

Sind auch die Hygienevorschriften für

Krankenpfleger in den letzten Jahren

verschärft worden?

Die waren schon immer hoch. Sie haben sich in den

letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Es gibt natürlich

von den Magistratsabteilungen immer genauere

Vorschriften. Bei den internationalen Patienten-Sicherheitszielen

ist ein Ziel die Hände-Hygiene. Das gilt beim

Betreten und Verlassen eines Patientenzimmers gleichermaßen.

Für die Reinigungsdienste hat sich schon einiges

geändert. Auch sie mussten sich den gesetzlichen Vorgaben

anpassen. So müssen sie etwa wissen, was alles in

einem „infektiösen Zimmer“ zu beachten ist.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der

Pflege?

Ich wünsche mir für das Haus, dass es immer genügend

Bewerber geben wird, die nicht nur die notwendige

fachliche, sondern auch die menschliche Qualität

mitbringen. Das wird in Zukunft immer schwieriger

werden. Generell wünsche ich mir einfach, dass sich

genügend Menschen für die Gesundheits- und Krankenpflege

entscheiden. Es ist ein wunderbarer Beruf.

Ich muss nicht ein Leben lang dasselbe tun. Ich kann

CHECK 2/2019

53


# experten-interview

z.B. nach zehn Jahren sagen: Ich habe eine Zusatzausbildung

in Wundmanagement, ich möchte jetzt von der

chirurgischen Fachkrankenpflege in die Intensivpflege

wechseln. Diese Möglichkeiten hat nur die Pflege. Ich

wünsche mir von Eltern, dass sie ihre Kinder in diesen

wunderbaren Beruf hineinschnuppern lassen.

Welche Erwartungen haben Sie an die

Regierung?

Die Politik sollte etwas für die Pflege tun: Wir haben

ein gutes Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Dazu

haben wir auch ein neues Berufsbild der Pflegefachassistenz

– mit einer Ausbildung von vier Semestern. Das

wurde in Österreich nur nicht groß publik gemacht.

Die Politik sollte mehr Werbung dafür machen. Eine

adäquate Bezahlung gehört natürlich auch dazu. Der

Wert der Gesundheits- und Krankenpflege sollte generell

für die Gesellschaft mehr publik gemacht werden.

Man musste schon Stationen in Pflegeheimen zusperren,

weil zu wenig Personal dafür vorhanden war. Auch

wenn das Gesundheitsbewusstsein gestiegen ist, wird es

immer genügend ältere Menschen geben, die eine hoch

qualifizierte Pflege benötigen, nicht nur eine Heimhilfe.

„Gutes tun und

es gut tun.“

Univ.-Doz. Dr.

Thomas Sautner

Ärztlicher Direktor des

Krankenhauses der

Barmherzigen Brüder Wien

Welche Bedeutung kommt dem Ordensspital heute zu?

Unser Spital besteht seit 1614. Es ist ein unverzichtbarer

Bestandteil der Wiener Gesundheitsversorgung für

diese Region, zum Beispiel auch für die hier beheimatete

jüdische Gemeinde. Es ist auch das einzige Schwerpunkt-Krankenhaus

unter den Ordensspitälern.

Welche medizinischen Schwerpunkte im Haus

würden Sie hervorheben?

Über die Jahre wurden herausragende Leistungen in unterschiedlichen

Schwerpunkten entwickelt. Generell sind

aber die medizinischen Leistungen aller Abteilungen unseres

Hauses auf einem sehr hohen Niveau.

Einer der Schwerpunkte ist die Augenheilkunde. Diese ist

eine der größten Abteilungen in Wien. Jährlich werden

rund 7.200 Operationen bei Grauem Star durchgeführt.

Ein zweiter „Leuchtturm“ ist die urologische Abteilung.

Hier wird schon seit mehreren Jahren roboterunterstützte

Chirurgie durchgeführt. Besonders im Bereich der Prostataoperationen

zählt unser Krankenhaus nicht nur in

Wien, sondern österreichweit zu den größten Einrichtungen.

Eine dritte herausragende Leistung ist die Schlaganfallversorgung

auf allen Ebenen, insbesondere aber die

der interventionellen, röntgengesteuerten Versorgung.

Wenn ein Gerinnsel eine Blutbahn zum Gehirn verstopft,

wird dieses durch diese Technik wieder entfernt oder

aufgelöst. Dadurch können die Folgen des Schlaganfalls

deutlich verringert oder komplett reversiert werden.

Große Erfahrung haben auch die chirurgischen Abteilungen

insbesondere im Bereich der laparoskopischen

und Darmchirurgie oder die Gynäkologie – mit einem

zertifizierten Endometriosezentrum.

Welche Unterschiede sehen Sie im Umgang mit

den Patienten zwischen einem Ordensspital

und den Krankenanstalten der Stadt Wien

beispielsweise?

Was uns meiner Meinung nach am meisten unterscheidet,

ist die Intention des Ordensgründers, alle Menschen

zu behandeln, Hilfe zu leisten, unabhängig vom

Ansehen der Person. Das Motto des Hauses ist: „Gutes

tun und es gut tun.“ Dieses Ideal ist der Geist, der in

diesem Haus lebt, und der steckt an. Die meisten der

hier Arbeitenden machen ihren Beruf nicht nur zum

Broterwerb, sondern mit viel Herzblut. Die Kommunikation

unter den Mitarbeitern und mit den Patienten ist

sehr wertschätzend. Ordenshäuser haben einen ganzheitlicheren

Zugang zu ihren Patienten.

Wie sieht die finanzielle Situation aus?

Der Orden hat natürlich keine uneingeschränkten Mittel

Krankenhaus BB Wien

54 CHECK 2/2019


# experten-interview

Ärzte und Pflegefachkräfte

Die Mitarbeiter des Krankenhauses pflegen

einen wertschätzenden, respektvollen Umgang.

Krankenhaus BB Wien/Schedl

zur Verfügung. Trotzdem steht er hinter einer umfassenden

Versorgung auch von Personen, die nicht versichert

bzw. mittellos sind. Unsere Ambulanz ist 24 Stunden an

sieben Tagen der Woche geöffnet. Das wurde bis vor einem

Jahr nur zu einem minimalen Teil abgegolten. Trotzdem

wird es vom Orden mit Hilfe von Privatspenden

finanziert. Dank Unterstützung unserer Spender können

diese Leistungen erbracht werden.

Hat das Krankenhaus genügend Ärzte, oder ist

ein „Mangel“ bereits spürbar?

Bei uns besteht derzeit kein Ärztemangel. Dennoch sind

die medizinischen und pflegerischen Leistungen für unsere

Mitarbeiter angesichts des kontinuierlich steigenden

Bedarfs und auch der Erwartungshaltung der Patienten

immer schwieriger zu erbringen.

Ist das Spital mit technischen Geräten optimal

ausgestattet, oder besteht noch ein Bedarf?

Wünschen kann man sich immer etwas. Gerade in den

drei genannten Schwerpunktbereichen und in vielen anderen

Abteilungen sind wir aber so gut ausgestattet, dass wir

Spitzenmedizin problemlos anbieten können. Es sind alle

Gerätschaften vorhanden, um eine optimale Versorgung

sicherzustellen. In einem Bereich haben wir sogar mehr als

viele andere Spitäler: nämlich die zwei Operationsroboter.

Werden beide in der Urologie eingesetzt?

Nein. Der zweite wurde angeschafft, weil die robotische

Operationstechnik auch auf andere Gebiete ausgedehnt

wurde. So ist jetzt einer der Roboter mehrheitlich in der

Urologie in Verwendung, während der andere auch in

der Chirurgie, der Gynäkologie und der HNO-Abteilung

eingesetzt wird.

Welche politischen Massnahmen wären aus Ihrer

Sicht notwendig, um die Gesundheitsversorgung

in Österreich auch für die Zukunft zu sichern?

Mir ist bewusst, dass Gesundheitsversorgung ein extrem

teurer Bereich ist. Man muss die Kostenentwicklung

daher jedenfalls im Auge behalten. Ordenskrankenhäuser

in Wien können nicht auf die Deckung eines

Budgetdefizits durch die öffentliche Hand zurückgreifen

und müssen daher besonders gewissenhaft wirtschaften.

Abseits der Spitalsfinanzierung wären aber Anliegen

wie die Gesundheitsvorsorge, eine entsprechende Bewusstseinsbildung

und ein sparsames Umgehen mit

Ressourcen wichtige Themen für die Politik.

Welche Massnahmen wären Ihrer Meinung

nach hilfreich?

Was ich mir in Bezug auf die finanziell angespannte Situation

in der Medizin wünschen würde, wäre die Schaffung

von Strukturen, die gegenwärtig bestehende Mehrgleisigkeiten

ausräumen. Würde die gesamte Gesundheitsversorgung

von niedergelassenem und stationärem Bereich aus

einer Hand und aus mehreren Töpfen finanziert werden,

hätten wir mehr Kostentransparenz.

CHECK 2/2019

55


# katakomben

berufswelt

Demografische Tendenz

Der Anteil älterer Beschäftigter

steigt auch in Österreich stetig an.

ARBEITEN FÜR ALLE

GENERATIONEN

Wir werden immer älter, und das oft bei guter Gesundheit. Damit steigt auch der

Altersdurchschnitt in den Belegschaften österreichischer Unternehmen. Diese

stehen vor der Herausforderung, gute Voraussetzungen für

generationenüberschreitendes Arbeiten zu schaffen.

Von MARTIN KRAKE

In den letzten Jahrzehnten sind die Geburtenraten in

Europa stetig zurückgegangen. Gleichzeitig steigt unsere

Lebenserwartung immer weiter an. Sowie die Aussichten,

unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit bis ins

hohe Alter zu erhalten. Der Anteil älterer Menschen an der

Bevölkerung wird weiterhin steigen – und damit auch der

Anteil erfahrener Menschen am Arbeitsmarkt.

Diese Entwicklung schlägt sich bereits deutlich in der Statistik

nieder: Der Anteil an Arbeitnehmern ab 55 Jahren

in Österreich ist zwischen 2008 und 2018 von 424.300

auf 712.700 Personen gestiegen – das entspricht einem

Anstieg von 10,6 % auf 16,5 %. Diese Gewichtung verschiebt

sich von Jahr zu Jahr weiter: Die sogenannte „Erwerbsprognose“

der Statistik Austria geht davon aus, dass

im Jahr 2050 mehr als 22 % der Erwerbstätigen über 55

Jahre alt sein werden.

Einerseits ist es für Unternehmen heute schon oft schwierig,

junge Arbeitnehmer zu finden. Andererseits wird

Shutterstock

56 CHECK 2/2019


## katakomben berufswelt

eine Anhebung des Pensionseintrittsalters wahrscheinlicher.

Die Unternehmen stehen damit vor der Aufgabe,

ihre Beschäftigten länger im Betrieb zu halten. Dadurch

wird auch das Thema „alternsgerechtes Arbeiten“ immer

aktueller.

Alternsgerechtes Arbeiten

Dabei gibt es einen Unterschied zwischen den sehr ähnlichen

Begriffen „altersgerechtes Arbeiten“ und „alternsgerechtes

Arbeiten“. Das kleine N ist leicht zu übersehen,

macht aber einen großen Unterschied in der Bedeutung: Altersgerechte

Maßnahmen (ohne N) sind solche, die ältere

Arbeitnehmer unterstützen und etwaige körperliche Mankos

– wie die verminderte Körperkraft oder ein schlechteres

Sehvermögen – nach einem kompensatorischen Ansatz ausgleichen,

indem sie die Arbeitsbedingungen an die individuelle

Leistungsfähigkeit anpassen.

Alternsgerechte Arbeitsbedingungen (mit N) sind dagegen

solche, die den Vorgang des Älterwerdens langfristig – das

heißt über die gesamte Dauer des Erwerbslebens – berücksichtigen

und so mithelfen, dass mögliche altersbedingte

„Defizite“ ausgeglichen und Vorteile genutzt werden können.

Einfacher ausgedrückt: Alternsgerechte Arbeitsbedingungen

sorgen dafür, dass Menschen aller Generationen

ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen vorfinden, untereinander

davon profitieren und ihre Motivation bis zur

Pension behalten. Dieser Ansatz verfolgt das Ziel, die körperliche

Arbeitsfähigkeit wie auch die emotionale Einsatzbereitschaft

durch lebensphasenorientiertes Arbeiten für

die gesamte Dauer des Erwerbslebens zu erhalten und ist

daher präventiv. Es geht also um Arbeitsbedingungen, die

Menschen eine lange und angenehme Berufstätigkeit erlauben

und die das Erfahrungswissen der Älteren zum Vorteil

der Betriebe nutzen. „Arbeit ist dann alternsgerecht, wenn

sie vom Einstieg ins Berufsleben bis zum Erreichen des Pensionseintrittsalters

ausgeübt werden kann – bei guter physischer

und psychischer Gesundheit“, heißt es bei der Initiative

„Arbeit und Alter“ (arbeitundalter.at).

Optimale Arbeitsbedingungen

In einer Zeit, in der Menschen immer älter werden – und

infolge dessen auch immer öfter über eine Anhebung des

Pensionseintrittsalters nachgedacht wird –, muss es das

Ziel sein, Menschen länger im Berufsleben zu halten. Und

dazu gehört eben auch, ihnen passende Arbeitsbedingungen

zu bieten.

Es lässt sich nicht leugnen, dass Menschen mit der Zeit

gewisse Leistungseinbußen erfahren können. Diese beschränken

sich aber überwiegend auf physische Fähigkeiten

wie Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit: Mit

zunehmendem Alter nehmen etwa Muskelmasse und

Ausdauer ab, die körperliche Leistungsfähigkeit lässt

nach. Dem kann aber mit Trainingsmaßnahmen effektiv

entgegengewirkt werden. Alternsgerechtes Arbeiten berücksichtigt

diese natürlichen Prozesse und setzt frühzeitig

geeignete Maßnahmen, um sie zu kompensieren.

Dafür muss bereits bei den jungen Arbeitnehmern angesetzt

werden, denn das Altern ist schließlich ein kontinuierlicher

Vorgang. Firmen können zum Beispiel gezielt

Anreize für Trainingsmaßnahmen setzen, um dem Verlust

an Kraft und Kondition entgegenzuwirken, etwa durch

Zuschüsse für Sportvereinsmitgliedschaften. Oft genügt

es auch, Arbeitsprozesse anders anzulegen. So hilft die Positionsveränderung

von Monitoren, Zwangshaltungen zu

vermeiden.

Alternsgerechtes Arbeiten beschränkt sich aber nicht auf

den Ausgleich auf körperlicher Ebene, sondern bezieht

ebenso die Psyche mit ein: Ältere Beschäftigte sind oft in

emotionaler Hinsicht weniger belastbar, haben ein höheres

Stressempfinden. Hier spielen vor allem arbeitsbedingte

psychische Belastungen eine Rolle wie hohe Wochenarbeitszeiten,

ständiger Zeitdruck oder geringe Autonomie.

Organisatorische Maßnahmen wie der Ausbau von Gestaltungsspielräumen

und mehr Zeitautonomie, kürzere

Arbeitszeiten, aber flexible Ausstiegsmöglichkeiten können

in diesem Kontext hilfreich sein.

Weiterbildung auch für Erfahrene

Ein wichtiger Punkt beim Thema alternsgerechtes Arbeiten

ist auch die Erhaltung geistiger Flexibilität. Dafür

ist es sinnvoll, Arbeitnehmer aller Generationen durch

neue Herausforderungen fit zu halten. So schicken viele

Betriebe erfahrene Mitarbeiter nicht mehr zu Fort- und

Weiterbildungsmaßnahmen – etwa weil man davon ausgeht,

dass „die eh schon alles können“ oder gar, dass es

sich „für die nicht mehr lohnt“. Ein Fehler, denn durch

CHECK 2/2019

57


#katakomben# berufswelt

Expertenwissen

Ältere Mitarbeiter verfügen oft

über ein unersetzbares Fachwissen.

immer wieder neue Anforderungen kann auch die geistige

Leistungsfähigkeit über lange Zeit erhalten werden.

Fort- und Weiterbildungen sollten nicht nur dazu dienen,

Defizite zu beseitigen, sondern Talente und Ressourcen

der Mitarbeiter aller Altersstufen weiterentwickeln und

fördern. Alternsgerechtes Arbeiten muss daher auch die

psychische Entwicklung berücksichtigen und alle Arbeitnehmer

unabhängig von ihrem Alter fordern und fördern.

Die Einrichtung von „Schonarbeitsplätzen“ ist eher

kontraproduktiv.

Eine besondere Herausforderung für Menschen in der

zweiten Lebenshälfte ist die ständig zunehmende Digitalisierung.

Jüngere Menschen können damit meist besser

umgehen, insbesondere dann, wenn sie als „Digital Natives“

in eine bereits digitalisierte Welt hineingeboren

wurden. Zur Bewältigung dieser Herausforderung können

altersgemischte Teams, die älteren und jüngeren Mitarbeitern

die Möglichkeit geben, voneinander zu lernen,

eine ebenso einfache wie effektive Lösung sein. Das Erfahrungswissen

der Älteren kann so mit der Neugier und

dem digitalen Geschick der Jüngeren kombiniert werden.

Wertewandel ist notwendig

Zum Thema alternsgerechtes Arbeiten gehört auch ein

Wertewandel in der Chefetage: Viele Betriebe bevorzugen

junges Personal, von dem sie mehr Leistungsfähigkeit,

mehr geistige Flexibilität und bessere Anpassungsfähigkeit

an die sich immer schneller verändernden Bedingungen

unserer Zeit erwarten. Dabei sind aber jede Menge

Klischees und Vorurteile im Spiel. So gelten Jüngere

landläufig als dynamischer, ehrgeiziger und aggressiver

– im positiven Sinn, ihnen wird „mehr Biss“ attestiert.

Ältere gelten hingegen als „verbraucht“ und nicht mehr

so anpassungsfähig. Oft wird ihnen unterstellt, sie würden

nur noch „die Tage bis zur Pension zählen“.

Experten bezeichnen diese Denkweise als „Defizitmodell“,

das erfahrenen Menschen unterstellt, in allen Belangen

stetig nur abzubauen. Es ist aber vielfach belegt,

dass die abnehmenden körperlichen Fähigkeiten (Kraft,

Ausdauer, Belastbarkeit) durch andere Faktoren kompensiert

werden: Gewisse psychische, geistige und soziale

Fähigkeiten – wie Erfahrungswissen, Selbstsicherheit,

Urteilsfähigkeit, soziale Kompetenz – nehmen mit den

Jahren zu und sind daher bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte

oft viel ausgeprägter. Alternsgerechtes Arbeiten

zielt darauf ab, diese Vorteile zu nutzen – zum Vorteil der

Arbeitnehmer, aber auch ihrer Betriebe.

Erfahrungswissen nutzen

Ältere Arbeitnehmer haben oft ein weitaus höheres

Maß an Expertenwissen, das die Summer ihrer langjährigen

Erfahrung im Beruf ist. Dies und andere mit dem

Älterwerden zunehmende Fähigkeiten – wie Loyalität

zum Betrieb oder Verantwortungsgefühl und innere Sicherheit

– sollten von Unternehmen positiver gewertet

werden. Im Laufe der Jahre etwaig abnehmende Fähigkeiten,

wie körperliche Leistungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit

oder Veränderungswillen, können durch

technologische und organisatorische Maßnahmen

kompensiert werden.

So sollte die Generation 50plus vor allem Wertschätzung

erfahren und darf nicht durch stetige Bevorzugung

der Jüngeren – etwa bei Weiterbildungen oder der

Vergabe interessanter Aufgaben – demotiviert werden.

Auch Altersgrenzen für interne Karrieren können sich

stark motivationsmindernd auswirken und sollten daher

abgeschafft werden. Wenn erfahrene Mitarbeiter

das Gefühl bekommen, „aufs Abstellgleis geschoben“

Shutterstock

58 CHECK 2/2019


# berufswelt

zu werden, weil ihnen niemand mehr zuhört, kann dies

auch zu einem Verlust für ihren Betrieb führen: Wichtiges

Know-how geht verloren, wenn Unternehmen das

über viele Jahre und Jahrzehnte gesammelte Wissen ihrer

Mitarbeiter ignorieren und ungenutzt „aussterben“

lassen. Auch hier sind gemischte Teams eine gute Lösung,

denn diese geben den Erfahrenen die Möglichkeit,

ihr Wissen rechtzeitig – das heißt lange vor Pensionseintritt

– an die jüngeren Generationen weiterzugeben.

Die Arbeitsinspektion fordert die „Förderung eines Klimas

der Anerkennung und Wertschätzung verschiedener

Altersgruppen“ und nennt den „Informationsaustausch

zwischen den Generationen“ als Schlüsselmaßnahme.

Altersgemischte Teams

Die verschiedenen Generationen

können viel voneinander lernen.

Gütesiegel NESTOR GOLD für SIMACEK

Shutterstock

Altersstrukturanalyse

Eine alternsgerechte Arbeitsgestaltung muss in jedem

Fall ein ganzes Paket von Maßnahmen umfassen, die

aufeinander abgestimmt sind. Oft ist den Betrieben

aber gar nicht bekannt, welche Altersstruktur in ihrer

Belegschaft überhaupt vorherrscht und wie sich diese

in Zukunft entwickeln wird. Dabei kann eine „Altersstrukturanalyse“

hilfreich sein – die AUVA bietet unter

https://altersstrukturcheck.auva.at eine Hilfestellung

dafür an. Dieses Tool erfasst den Ist-Stand und berechnet

auf dieser Basis auch gleich eine Prognose für die

Zukunft, und zwar für bis zu 50 Jahre. Mit Checklisten

und Evaluierungen körperlicher und psychischer arbeitsbedingter

Belastungen können Betriebe ermitteln,

welchen Bedingungen ihre Arbeitnehmer ausgesetzt

sind, und geeignete Maßnahmen für eine alternsgerechte

Arbeitsgestaltung setzen.

Alternsgerechtes Arbeiten ist für alle Betriebe eine ständige

Herausforderung, die sich nicht auf den kompensatorischen

Ausgleich möglicher körperlicher Defizite

älterer Menschen beschränken darf. Oft genügen schon

einfache organisatorische Maßnahmen, um ein besseres

Miteinander der Generationen im Betrieb zu erreichen.

Und um Arbeitnehmer im besten Alter über einen langen

Zeitraum nicht nur körperlich gesund, sondern

auch motiviert im Betrieb zu halten. Notwendig ist zudem

ein genereller Wertewandel, der das Älterwerden

nicht als Verlust, sondern als Gewinn ansieht und diesen

Gewinn für den Betrieb nutzbar macht.

Mit dem Gütesiegel NESTOR GOLD zeichnet das österreichische

Sozialministerium alle zwei Jahre Unternehmen

und Organisationen aus, die sich um das Thema alternsgerechtes

Arbeiten verdient gemacht haben. Die jüngste

Verleihung fand am 13.3.2019 statt. Die SIMACEK Facility

Management Group GmbH wurde dabei zum wiederholten

Mal ausgezeichnet.

Bei SIMACEK ist das Thema alternsgerechtes Arbeiten

schon lange Teil der strategischen Ausrichtung, da Arbeitnehmerschutz

und Arbeitssicherheit in den CSR-Inhalten

bereits enthalten sind. Ab 2010 setzte man erste konkrete

Schritte in Richtung eines alternsgerechten Arbeitens.

2024 war SIMACEK dann das erste Unternehmen der

Reinigungsbranche, welches sich zur Erreichung des

NESTOR GOLD -Siegels überprüfen hat lassen. In den folgenden

Jahren folgten mehrere Rezertifizierungen.

SIMACEK sieht die Zertifizierung auch nicht als einmaliges

Projekt, sondern als kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Dabei geht es konkret um Maßnahmen wie: Forcieren der

Tagesreinigung, Führungskräftetraining zum Generationenmanagement

sowie Ausbau der Gesundheitsangebote

und der betrieblichen Sozialberatung. Zentrales Ziel ist die

Vereinbarkeit der persönlichen Lebensumstände mit dem

Beruf, die Gesunderhaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

sowie der längere Verbleib der Arbeitnehmerinnen und

Arbeitnehmer im Erwerbsleben. Zusätzlich soll das Engagement

für alter(n)sgerechte Arbeit sowohl nach innen als auch

nach außen sichtbar gemacht und somit die Attraktivität als

Arbeitgeber erhöht werden.

CHECK 2/2019

59


# rubrik studie

Aufholpotenzial

Frauen sind in den Chefetagen

noch immer unterrepräsentiert.

UNTERNEHMERIN

IN ÖSTERREICH

Die Volksbank ist die UnternehmerInnenbank Österreichs. Um ihre Kundinnen

und Kunden besser kennenzulernen, führt sie seit 2018 jährlich die UnternehmerInnenstudie

durch. 2019 standen dabei die Frauen im Fokus.

Von MARTIN KRAKE

Die UnternehmerInnenstudie der Volksbank wurde

2018 zum ersten Mal durchgeführt und ging

2019 in die zweite Runde. Wie schon im Vorjahr

befragte das Gallup Institut zwischen Juni und Juli

2019 im Auftrag der Volksbank 1000 Unternehmerinnen

und Unternehmer in Österreich. In dieser repräsentativen

Stichprobe wurden alle Branchen und Unternehmensgrößen

berücksichtigt – was in dieser Form in

Österreich einzigartig ist. Sie hat das Ziel, Einblicke in

das Leben, die Motivation und die Herausforderungen

von Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich

zu gewinnen und soll eine Diskussionsgrundlage

für ein besseres Verständnis des Unternehmertums in

Österreich schaffen.

iStock

60 CHECK 2/2019


# studie

Volksbank/Foto Weinwurm

Im heurigen Jahr ging es dabei vor allem um Frauen als

Unternehmerinnen und Gründerinnen – und um die Unterschiede

im Unternehmertum zwischen Frauen und Männern.

Was unterscheidet sie in ihrer Motivation für die Führung

eines Unternehmens? Wo liegen die Unterschiede in

den Auswirkungen auf das Privatleben? Ist die Verbindung

von Karriere und Familie für Frauen eine größere Herausforderung

als für Männer? Und gibt es tatsächlich Branchen,

die „frauenlastiger“ sind als andere?

Die Studie ist in vier Themenbereiche eingeteilt: 1. Merkmale

& Unterschiede, 2. Leben & Herausforderungen, 3.

Antrieb & Erfolg, 4. Bilanz & Vision. Sie will aber nicht

nur nackte Zahlen und schön aufgemachte Diagramme liefern,

sondern auch einen „persönlichen Blick auf das Leben

der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich“

richten, wie es heißt. Dazu werden in der Präsentation der

Studie sechs erfolgreiche österreichische Unternehmerinnen

in Interviews nach ihren ganz persönlichen Herausforderungen

und Motivationen befragt, ergänzt durch ein Interview

mit einer Expertin.

Immer mehr Gründerinnen

Bei den Unternehmensgründungen ziehen die Frauen mit

den Männern immer mehr gleich: 2018 erfolgten 45,3 %

aller Unternehmensneugründungen durch Frauen – ein

deutlicher Anstieg gegenüber den vorhergehenden Jahren,

als die Frauenquote bei den Neugründungen nur zwischen

32 und 40 Prozent lag.

Klar erkennbare Unterschiede gibt es bei der Unternehmensgröße:

Frauen führen viel öfter kleine Firmen als

Männer. Rund 60 % der von Frauen geführten Unternehmen

liegen unter einem Umsatz von 300.000 Euro pro

Jahr. Je höher der Umsatz, umso geringer ist der Frauenanteil

in der Führungsebene. Auch zwischen den einzelnen

Branchen gibt es Unterschiede. So werden etwa Unternehmen

im Bereich Tourismus/Gastronomie weitaus

häufiger von Frauen geführt als von Männern, in den Bereichen

Industrie und produzierendes Gewerbe ist es umgekehrt.

Die Erwartung, dass Dienstleistungsbetriebe eher

von Frauen geführt werden, wogegen die Technikbranche

männerlastig ist, trifft in der Realität also durchaus zu.

Ziemlich genau gleichauf liegen die Geschlechter dagegen

im Handel.

„Wir wollten

herausarbeiten,

was unseren Kundinnen

wichtig ist.“

Judith Schrammel

Volksbank Wien,

Leitung Abteilung

Geschäftskunden

Was war die Motivation der Volksbank für die

UnternehmerInnenstudie?

Die Volksbank hat sich zur Aufgabe gesetzt, für Unternehmerinnen

und Unternehmer als Hausbank zur Verfügung

zu stehen. Wenn man Hausbank sein möchte, muss man die

Kunden kennen und eine Vertrauensbasis schaffen. Vertrauen

schafft man durch Nähe, und Nähe entsteht nur, wenn man

den anderen versteht. Daher haben wir zusätzlich zu unseren

individuellen Erfahrungen als Kundenbetreuer eine allgemeine

Studie in Auftrag gegeben.

Warum haben Sie diesmal den Schwerpunkt auf

das Thema „Frauen als Unternehmerinnen“ gelegt?

Das war uns wichtig, weil wir bemerkt haben, dass der Anteil

der Frauen in der Wirtschaft oder in der selbstständigen

Tätigkeit immer größer wird. Um besser mit den Kundinnen

umgehen zu können, wollten wir herausarbeiten, was ihnen

wichtig ist, wie sie ticken, worauf sie Wert legen und wie wir

uns noch besser auf sie einstellen können.

Waren die Ergebnisse der Studie eine

Überraschung für Sie?

Durch die Studie wurde das eine oder andere

Klischee bestätigt. Zum Beispiel, dass Frauen auch als

Unternehmerinnen den Hauptanteil der Hausarbeit

übernehmen. Überraschend war für uns dagegen, dass

auch über 50 % der befragten männlichen Unternehmer

Frauenquoten in Politik und Wirtschaft wollen. Interessant

waren auch die Antworten auf die Frage nach der

Hauptmotivation für die unternehmerische Tätigkeit. Was

in der letztjährigen Studie schon spürbar war, ist heuer, bei

den Unternehmerinnen, noch viel stärker deutlich geworden:

Dass der Hauptantrieb für sie nicht Geld ist oder Erfolg im

Allgemeinen, sondern Wertschätzung und Anerkennung.

CHECK 2/2019

61


# studie

Claudia Unterberger

Martha Schultz

Julia Fandler

Michelle Morik

„Familie und Unternehmen

„Bei Frauen beobachtet man

„Ich hoffe, dass es bald kei-

„Als Unternehmerin ist es

unter einen Hut zu bekom-

vermehrt einen empathischen

nen Unterschied mehr machen

sehr wichtig, eine gewisse

men, ist herausfordernd.“

Fokus.“

wird, wer in Karenz geht.“

Härte mitzubringen.“

Vor allem in großen Unternehmen sind Frauen in der Führungsebene

nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Sind

gesetzlich vorgegebene Frauenquoten ein passendes Mittel,

um das zu ändern? Auch diese Frage wurde im Rahmen

der Studie gestellt. Grundsätzlich ja, darüber besteht

weitgehend Einigkeit: Zwei Drittel der befragten Unternehmerinnen

befürworten Quoten, aber auch knapp die

Hälfte der Männer hält gesetzlichen Druck durch verbindliche

Vorgaben für sinnvoll. Eva Heckl, Gleichstellungsbeauftrage

der KMU Forschung Austria, mag Quoten

eigentlich nicht, sieht sie aber als notwendig an: „Ich bin

grundsätzlich gegen Zwang und für größtmögliche Freiheit,

sehe aber, dass sich in manchen Bereichen einfach zu

wenig bewegt. Da wird es wohl ohne nicht gehen.“

Karriere und Familie als Herausforderung

Das Spannungsfeld zwischen beruflicher Karriere und

Kinderbetreuung ist für Frauen weitaus fordernder als für

Männer. Für Unternehmerinnen scheint dies in besonderem

Maß zuzutreffen: Über 70 % von ihnen gaben in der Studie

an, dass die Balance zwischen den Aufgaben Kindererziehung

und Unternehmensführung schwierig sei, nur 28 %

sahen darin kein Problem. Auch bei den Unternehmerinnen

sind Kindererziehung und Haushalt eine Frauendomäne,

wie die Studie ergab: Sie geben ihren Anteil an den Aufgaben

in Haushalt und Familie mit rund zwei Dritteln an, die

Männer hingegen nur mit einem Drittel.

Martha Schultz etwa, die von ihren Eltern ein erfolgreiches

Touristik-Unternehmen in Tirol übernahm, bedauert

im Interview, dass sie sieben Tage nach der Geburt

ihres Sohnes schon wieder arbeiten musste: „Nicht die

Möglichkeit zu haben, sich diese wichtige und schöne

Anfangszeit frei zu nehmen, war durchaus hart.“ Sie ist

außerdem Vizepräsidentin der WKÖ und wünscht sich

ausgedehntere staatliche Kinderbetreuungsprogramme,

um jungen Müttern einen früheren Wiedereinstieg in den

Beruf zu ermöglichen.

„Wir müssen die geschlechtsspezifischen Rollenbilder hinterfragen“,

fordert Forscherin Heckl. Ihr Institut führte

2017 eine Studie durch, bei der Frauen nach Hürden im

Unternehmertum befragt wurden. Auch dabei wurde die

unterschiedliche Rollenverteilung deutlich: „Eine große

Herausforderung, die Männer kaum als solche benennen,

ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so Heckl.

Claudia Unterberger, Besitzerin eines Autohauses in St.

Pölten und Krems, bestätigt dies aus ihrer persönlichen

Erfahrung heraus: „Die Herausforderung liegt darin, Familie

und Unternehmen unter einen Hut zu bekommen.“

Auch Michelle Morik, die das Hotel „Alpencamp Nenzing“

von ihren Eltern übernahm, sieht „die fehlende Zeit

für Familie und Partnerschaft“ als problematisch an.

Julia Fandler, die die Ölmühle Fandler im steirischen

Pöllau in vierter Generation leitet, konnte das Problem

mit der Kinderbetreuung auf andere Art lösen: Ihr Part-

Privat, Schulz-Gruppe, Ölmühle Fandler/Wasserbauer, Sams

62 CHECK 2/2019


# studie

Volksbank

ner ging für die ersten zwei Lebensjahre des gemeinsamen

Sohnes in Karenz. Sie wünscht sich, dass Väterkarenz zur

Normalität wird: „Ich hoffe, dass es bald keinen Unterschied

mehr machen wird, wer in Karenz geht, damit das

jeweilige Familienmodell gut funktioniert.“

Führungsstil unterscheidet sich

Haben Frauen einen anderen Führungsstil als Männer?

Touristikerin Schultz sieht das durchaus so: „Bei Frauen

beobachtet man vermehrt einen empathischen Fokus, wohingegen

Männer oftmals einen hyperrationalen, zahlenbasierten

Stil an den Tag legen.“ Sie ist „ein Fan der dualen

Führungsspitze“ und leitet das Unternehmen gemeinsam

mit ihrem Bruder. Auch Ölmühlen-Besitzerin Fandler ist

der Ansicht, dass es Unterschiede im Führungsstil gibt. Sie

betrachtet dies aber durchaus als positiv: „Männer und

Frauen haben unterschiedliche Zugänge zu vielen Dingen.

Man muss die Stärken des anderen erkennen und nutzen

– gemischte Führungsebenen machen sich diese Diversität

meiner Erfahrung nach wunderbar zunutze.“

Frauen seien insgesamt konsensorientierter als Männer,

gibt auch Forscherin Heckl an. Und sie seien weniger risikofreudig,

was aber nicht unbedingt negativ sein müsse.

Die geringere Risikobereitschaft äußere sich nämlich auch

darin, dass von Frauen geführte Unternehmen stabiler seien

als die von Männern: „Männer weisen rasch größere

Erfolge auf, können dadurch aber auch tiefer fallen.“

Frauen müssen mehr beweisen

Probleme sieht aber Klaudia Bachinger, die die Jobvermittlung

WisR gründete, in der Art, wie Unternehmerinnen von

der Gesellschaft gesehen werden: Man traue ihnen viel weniger

zu, ein Unternehmen führen zu können. „Als Frau muss

man sich mehr erklären und sein Geschäftsmodell verteidigen,

während Männer eher Fragen in Richtung Vision gestellt

bekommen“, sagt sie dazu. Das habe auch ganz praktische

Probleme zur Folge: So sei es etwa für Frauen deutlich

schwieriger, Risikokapital aufzutreiben. Heckl bestätigt das:

„Die durchsetzungsstarke Unternehmerin, die Risiken eingeht,

gibt es in der Gesellschaft noch nicht.“ Bei Frauen werde

die fachliche Kompetenz oftmals zunächst angezweifelt,

„sie müssen sich stärker beweisen, bevor sie die nötige Anerkennung

erhalten.“ Vor allem jüngere Unternehmerinnen

Volksbank

UnternehmerInnen-

Studie 2019

Die Studie ist in gedruckter

Form in allen Volksbank-

Filialen sowie online unter

www.volksbank.at/unternehmerstudie

erhältlich.

seien mit diesem Problem konfrontiert. Hotelgeschäftsführerin

Morik kann das aus ihrer eigenen Erfahrung heraus bestätigen:

„Ich glaube, dass es als Unternehmerin sehr wichtig

ist, eine gewisse Härte mitzubringen. Sonst wird man in der

Unternehmerwelt von allen ausgenutzt.“

Hohe Zufriedenheit mit Selbstständigkeit

Selbstständigen wird oft unterstellt, „selbst und ständig“

zu arbeiten. Wie sieht es aber tatsächlich aus mit

Arbeitszeiten und Work-Life-Balance? Rund ein Drittel

der befragten Frauen gaben an, fünf Tage die Woche zu

arbeiten, ein weiteres Drittel gab ein Pensum von sechs

Tagen an, ein Drittel arbeitet sogar an allen sieben Wochentagen.

Die Arbeitsbelastung ist bei Unternehmerinnen

also deutlich höher als bei Angestellten.

Dennoch ist die Zufriedenheit hoch: 42 % gaben an, mit

ihrer Work-Life-Balance zufrieden zu sein. 92 % der befragten

Unternehmerinnen sind mit ihrer Berufswahl sehr

zufrieden, 76 % sehen ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit

nach wie vor als gute Wahl. Nur ein kleiner Anteil von

8 % würde sich „definitiv nicht mehr“ selbstständig machen

wollen. Offenbar kann die weitaus höhere Zufriedenheit

mit der Arbeit und die dadurch erhaltene Bestätigung

die höhere Belastung in den meisten Fällen ausgleichen.

Keine der Interviewten bedauert es, Unternehmerin zu

sein. Alle betonen, dass sie zwar eine viel höhere Arbeitsbelastung

hätten als Angestellte, dies jedoch durch eine

abwechslungsreichere und erfüllendere Arbeit ausgeglichen

werde. „Wenn man nicht jeden Tag das Gleiche tun

möchte, ist Selbstständigkeit etwas Großartiges“, sagt

dazu etwa Autohausbesitzerin Unterberger.

CHECK 2/2019

63


Frauen vs. Männer

Arbeitstage die Woche

28 %

43 % 24 %

30 % 27 % 33 % 49 %

30 % 21 %

5 Tage 6 Tage 7 Tage

?

30 %

25 % 24 %

8 %

18 %

20 %

Industrie

Handel &

Dienstleistungen

Tourismus &

Gastronomie

Entgeltliche Einschaltung


45,3 %

2018

40,4 %

39,5 %

2008

2010

35,2 %

32,5 %

2004

2000

Entgeltliche Einschaltung


# nachhaltigkeit

DER GRÜNE

AIRPORT

So wie unsere gesamte Gesellschaft müssen auch die Flughäfen den Weg zu

mehr Nachhaltigkeit finden. Der Flughafen Wien nimmt bei diesem Thema

eine Vorreiterrolle ein und hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt.

Von MARTIN KRAKE

Auf dem Weg zum „grünen Flughafen“

Der Flughafen Wien konnte seinen Energieverbrauch

bereits um 70 Prozent reduzieren.

66 CHECK 2/2019


# nachhaltigkeit

Shutterstock

CHECK 2/2019

67


# nachhaltigkeit

Hauseigene Stromerzeugung

Die Gebäude des Flughafens bieten

viel Platz für Photovoltaik-Anlagen.

In Zeiten, in denen Umweltverschmutzung und Klimawandel

zu immer drängenderen Problemen werden,

ist die gesamte Gesellschaft gefordert, den Ausstoß des

klimaschädlichen Kohlendioxids wesentlich zu reduzieren

und andere Umweltbelastungen einzuschränken. Dies betrifft

auch die Betreiber von Flughäfen. Die Flughafen Wien

AG hat schon vor Jahren den Weg zu einem nachhaltigen

Flughafenbetrieb eingeschlagen. Die Grundlage dafür ist die

vom Laboratorium für Umweltanalytik berechnete CO 2

-Bilanz

des Flughafens, die jährlich für das vorangegangene

Jahr veröffentlicht wird. In diese Bilanz fließt sowohl der

Flugverkehr im Bereich des Wiener Flughafens ein als auch

der Flughafenbetrieb. Also etwa die Energieversorgung der

Gebäude und Anlagen sowie die Fahrzeuge, die am Boden

im Einsatz sind. Die Ergebnisse dieser Bilanz zeigten, dass

der Flugverkehr mit 78 Prozent den größten Anteil an den

CO 2

-Emissionen aufweist. Diese Emissionen liegen außerhalb

des Einflusses der Flughafen Wien AG. Immerhin rund

11 Prozent der CO 2

-Emissionen (von denen der größte Teil

auf die Energieversorgung entfällt) sind aber vom Flughafenbetreiber

direkt beeinflussbar.

Auf dem Weg zur CO 2

-Neutralität

Der Flughafen Wien will seine direkt verursachten

CO 2

-Emissionen nicht nur wesentlich reduzieren, sondern

langfristig praktisch auf null bringen: Noch vor 2030 soll

der Wiener Airport als einer der ersten großen Flughäfen

CO 2

-neutral werden. Bislang ist man in Schwechat

auf einem guten Weg, um dieses ambitionierte Ziel zu

erreichen: Alleine von 2012 bis 2018 hat der Airport seinen

Gesamtenergiebedarf um 26,7 Prozent reduzieren

können, die CO 2

-Emissionen gingen sogar um knapp zwei

Drittel zurück. Und das, obwohl das Passagier- und Luftfrachtaufkommen

in diesem Zeitraum um mehr als 20 Prozent

gestiegen ist. Passagier- und Frachtaufkommen und

Energieverbrauch entwickeln sich seit Jahren gegenläufig:

So konnte der Stromverbrauch pro „Verkehrseinheit“ (das

entspricht einem Passagier oder 100 kg Luftfracht) von

2012 bis 2018 um ganze 26,7 Prozent reduziert werden.

Bis 2030 will der Flughafen trotz geplanter Kapazitätserweiterung

(vor allem durch die dritte Piste) sogar die

CO 2

-Neutralität erreichen. „Minus 70% an CO 2

-Ausstoß

und minus 40% an Energieverbrauch haben wir seit 2011

schon erreicht. Das ist gut, aber noch nicht genug. Denn

unser Ziel ist klar: Wir wollen noch vor 2030 einer der ersten

CO 2

-neutralen großen Airports werden“, erklärte Flughafen-Manager

Günther Ofner im Oktober 2019.

Ambitioniertes Ziel

Es ist also ein ambitioniertes Ziel, dass sich die Flughafen

Wien AG gesteckt hat. Das lässt sich nur mit einem ganzen

Programm an Einzelmaßnahmen erreichen:

# Weitere Verbesserung der Energieeffizienz

# Einsatz CO 2

-freier Energieträger

# Umstellung auf Elektromobilität am Vorfeld

# Ausbau der Erdwärmenutzung für Heizung und

Kühlung

# Ausbau des Photovoltaikeinsatzes

# Stärkere Belastung lauterer Flugzeuge – neues

Lärmgebührenmodell

„Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben für uns bereits

seit 2011 höchste Priorität. Durch unser umfassendes

Nachhaltigkeitsmanagement in allen Unternehmensbereichen

können wir das Ziel, bis 2030 einer der ersten

CO 2

-neutralen großen Airports zu werden, erreichen. Für

uns ist Klimaschutz kein Lippenbekenntnis, sondern gelebte,

tägliche Praxis“, erklärte Flughafen Wien AG-Vorstand

Dr. Günther Ofner.

Flughafen Wien AG/Oliver Topf

68 CHECK 2/2019


# nachhaltigkeit

Um diesen Fortschritt kontrollieren und managen

zu können, beteiligt sich die Flughafen Wien AG am

Programm „Airport Carbon Accreditation System“

(ACAS), das von der europäischen Flughafenbetreiber-Vereinigung

ACI Europe geführt wird. ACAS ist

ein speziell für Flughäfen entwickeltes System zur Erfassung

von Treibhausgasemissionen der Flughäfen.

Flughafen Wien AG/Oliver Topf

Energieeinsparung

Von den CO 2

-Emissionen, die vom Flughafen Wien direkt

beeinflussbar sind, entfällt der größte Teil auf die Energieversorgung

der Flughafenanlagen. Die Reduzierung des

Energieverbrauchs hat daher die höchste Priorität. Um

Einsparungspotenziale zu erkennen, gibt es hier ein eigenes

Energieeffizienz-Team. So konnte etwa alleine durch

die Reduzierung der Beleuchtungsstärke und -dauer in vielen

Bereichen eine nicht unerhebliche Energieeinsparung

realisiert werden. Außerdem wurden Lichtanlagen in den

Flughafen-Einrichtungen inzwischen weitestgehend auf

LED-Betrieb umgestellt. Veraltete Pumpenanlagen in den

Kältezentralen wurden durch moderne Fördermaschinen

ersetzt, die Klimatisierung in den Wartebereichen der Aufzüge

optimiert. Durch den Einsatz der „Smart City Steuerungssoftware“

kann der Energieverbrauch weiter gesenkt

werden. Außerdem wird der Flughafen über eine 4300 Meter

lange Fernwärmeleitung aus der Raffinerie Schwechat

mit Energie versorgt, die dort aus Abwärme entsteht. Die

CO 2

-Bilanz von Fernwärme ist um rund 50 % geringer als

bei einer direkten Beheizung mit Öl.

Photovoltaik

Neben der Nutzung von Einsparungspotenzialen hat

die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare

Energieträger die höchste Priorität. Und der einfachste

und effektivste Weg dazu ist es, den Strom gleich selbst

zu erzeugen – am besten mittels Photovoltaik, also der

Nutzung von Sonnenenergie. Das geht bei einem Flughafen

recht einfach, denn auf den Gebäuden gibt es ausgedehnte

Dachflächen, die sich für die Nutzung durch

Photovoltaik-Anlagen anbieten. Dieses Potenzial wurde

schon 2016 mit der Installation von drei ersten Photovoltaik-Anlagen

auf einer Gerätehalle genutzt. Im August

2019 wurde eine neue Photovoltaikanlage mit 8000

Minus 70 Prozent

Flughafen-Vorstand Dr. Günther Ofner

ist stolz auf das bereits Erreichte.

m 2 bebauter Fläche in Betrieb genommen. Derzeit sind

am Flughafen Wien bereits 23.700 m 2 an PV-Flächen in

Betrieb. Die damit erzeugte Strommenge von 1,8 Mio.

KWh würde zur Versorgung von 600 durchschnittlichen

Haushalten ausreichen.

Alleine von 2015 bis 2018 konnte der Anteil erneuerbarer

Energien am Gesamtstromverbrauch des Flughafens

auf diese Art von 32,2 auf 53,5 Prozent erhöht werden.

Bis Ende 2020 sollen im Rahmen der „Solarstromoffensive

2020“ drei weitere PV-Anlagen auf den Dächern des

Office Park 4 sowie auf den Parkhäusern 3 und 8 entstehen.

Damit will der Flughafen vom Stromkonsumenten

zum Stromproduzenten werden.

E-Autos und Schwungmassenspeicher

Weiterhin soll die Flotte der sogenannten Vorfeldfahrzeuge

schrittweise auf Elektroantrieb umgestellt werden.

Derzeit sind am Flughafen bereits 380 elektrisch

angetriebene Fahrzeuge im Einsatz. Cateringfahrzeuge

mit Verbrennungsmotoren werden nach und nach

durch elektrische Mobile ersetzt. Die Anschaffung von

40 elektrisch betriebenen Passagierbussen steht bevor.

Durch die neuen E-Fahrzeuge soll der Dieselverbrauch

um mindestens eine Million Liter pro Jahr reduziert

werden.

CHECK 2/2019

69


# nachhaltigkeit

E-Mobilität wird gefördert

Ein hochmoderner Schwungmassenspeicher

ermöglicht das schnelle und effektive Laden

von Elektrofahrzeugen.

E-Mobile nützen der Umwelt aber nur etwas, wenn sie mit

klimaneutralem Strom geladen werden. Dafür gibt es seit

Kurzem die weltweit erste E-Ladestation mit der Chakratec

Schwungmassenspeicher-Technologie am Kurzzeit-Parkplatz

K3, die hier in Kooperation mit Wien Energie getestet wird.

Diese Anlage ist aber nicht für die Vorfeldfahrzeuge gedacht:

Hier können alle Benutzer von E-Mobilen die Wartezeit

am Flughafen zum Schnellladen ihres E-Fahrzeuges nutzen.

„Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind für den Flughafen

Wien von höchster Bedeutung, und daher ist es für uns

selbstverständlich, als Raum für Innovationen zur Verfügung

zu stehen. Mit der Inbetriebnahme des Chakratec Schwungmassenspeichers

bieten wir unseren Passagieren und Besuchern

den höchsten technologischen Stand für die Schnellladung

von E-Fahrzeugen“, so Flughafen-Vorstand Ofner.

Ein Schwungmassen-Speicher ist eine Technologie, die

Strom in Bewegung und Bewegung in Strom verwandeln

kann. Zehn magnetisch im Vakuum gelagerte Schwungmassenspeicher,

von denen jeder einzelne 250 kg wiegt,

rotieren wie Kreisel mit bis zu 18.000 Umdrehungen pro

Minute und speichern auf diese Art Energie. Für einen

Entladungsvorgang wird die Schwungmasse abgebremst

und ihre Bewegungsenergie mithilfe eines Generators in

elektrische Energie umgewandelt, mit der das E-Auto geladen

wird. Dieses System wurde vom israelischen Start-up

Chakratec in Kooperation mit Wien Energie entwickelt.

Die Anlage am Flughafen ist ein Testbetrieb; bewährt sich

das System, könnten weitere damit ausgestattete Schnelllade-Stationen

in Wien und Umgebung entstehen.

Nachhaltige Gebäudetechnik

Neben dem Nutzen von Einsparungspotenzialen, der Umstellung

auf E-Mobilität und dem Ausbau der Photovoltaik

gibt es noch eine Reihe weiterer Maßnahmen. So werden

bei den aktuellen Bauprojekten am Flughafen die Themen

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz besonders ernst

genommen. Die Geothermie, das Heizen und Kühlen mit

thermischer Energie, spielt hier eine zentrale Rolle. Die Airport

City Vienna, ein Gewerbegebiet, in dem derzeit rund

230 Firmen angesiedelt sind, wurde dafür 2014 als erstes

Gewerbegebiet in Österreich mit dem ÖGNI-Zertifikat für

nachhaltige Immobilienentwicklung ausgezeichnet. Beim

Bürogebäude Office Park 4, das im Mai 2020 eröffnet

werden soll, kommen modernste Gebäudetechnik-Lösungen

und eine Wärmedämmung nach neuestem Maßstab

zum Einsatz. Dafür gab es quasi Vorschuss-Lorbeeren:

Flughafen Wien AG/Martin Steiger

70 CHECK 2/2019


# nachhaltigkeit

Flughafen Wien AG

Der Office Park 4 erhielt schon vorab das ÖGNI-Vorzertifikat

in Platin für die umfangreiche Integration von Nachhaltigkeit

und Energieeffizienz.

Bessere Lärmwerte & Abfallmanagement

Der Flughafen soll aber nicht nur klimaneutral, sondern

auch leiser werden. Neue Flugzeugtypen verzeichnen durch

fortschrittliche Triebwerkstechnologien deutlich bessere

Lärmwerte als ältere Modelle. Die Umstellung auf leisere

Flugzeuge liegt natürlich in der Verantwortung der Airlines;

das 2009 in Kraft getretene Lärmgebührenmodell des

Flughafens Wien motiviert diese aber dazu, für den Verkehr

nach Wien ihre modernsten Maschinen einzusetzen.

Für das Abfall-Management wurde eigens ein Öko-Modell

entwickelt, das nach dem Grundsatz „vermeiden,

vermindern, verwerten“ funktioniert: Je weniger Abfälle

anfallen, umso weniger müssen beseitigt werden. Was

beseitigt werden muss, wird nach Möglichkeit verwertet

– keine ganz leichte Aufgabe in einem Flughafenbetrieb,

wo verschiedenste Arten von Abfallstoffen anfallen, von

Essensresten aus dem Catering bis zu den im Winter unentbehrlichen

Enteisungsmitteln. Für die Enteisung der

Flugzeuge werden vollständig biologisch abbaubare Glykolgemische

eingesetzt.

Einheitlicher europäischer Luftraum

Aber auch Maßnahmen außerhalb des Flughafens werden

angeschoben: Ofner fordert die rasche Umsetzung des

einheitlichen europäischen Luftraumes „Single European

Sky“, der durch fortschrittliche Luftverkehrskontrolle

rund 10 Prozent an Kerosin einsparen könnte. „Dem

Klima helfen nur konkrete Maßnahmen, nicht aber vorurteilsgetriebene

Schuldzuweisungen oder Symbolpolitik.

Auf politischer Ebene wäre die rasche Umsetzung des einheitlichen

europäischen Luftraumes ‚Single European Sky‘

für die Luftverkehrskontrolle eine vorrangige Maßnahme“,

so der Flughafen-Manager. Darüber hinaus werden

alle dienstlichen Flüge der Flughafen-Betriebsgesellschaft

durch den Kauf von CO 2

-Zertifikaten, z.B. von Climate

Austria, kompensiert. „Als erster Industriezweig gibt es für

den Luftverkehr mit dem europäischen Zertifikatehandel

(ETS) und der weltweiten CORSIA-Regel ein System, um

CO 2

-neutral zu wachsen“, so Ofner.

„Wir verfolgen

konsequent

unseren Weg,

einer der ersten

CO 2 -neutralen Airports

zu werden.“

Dr. Günther Ofner

Vorstand der

Flughafen Wien AG

Sie möchten den Flughafen Wien bis zum Jahr

2030 zum CO 2

-neutralen Airport machen. Was

sind Ihre Gründe, Ihre Motivation dafür?

Für uns ist Klimaschutz kein Lippenbekenntnis, sondern

täglich gelebte Praxis. Unser Ziel ist, bis zum Jahr 2030

einer der ersten CO 2

-neutralen Airports zu werden. Eine

große Rolle spielt dabei die Optimierung unseres Energieverbrauchs

durch energieeffiziente Bauweise, den Ausbau

der Erdwärmenutzung für Heizung und Kühlung sowie

die Erweiterung von Photovoltaikanlagen am Standort.

Außerdem forcieren wir den Ausbau von E-Mobilität, die

Umstellung sämtlicher Beleuchtungsanlagen auf LED und

die Einführung eines neuen Lärmgebührenmodells.

Das Ziel scheint recht optimistisch. Gehen Sie

davon aus, dass es erreicht werden kann?

Natürlich sind viele Anstrengungen nötig, um unser Ziel

zu erreichen. Aber mit unserem umfassenden Nachhaltigkeitsmanagement,

das sich durch alle Unternehmensbereiche

zieht, sind wir sehr zuversichtlich.

In den letzten Jahren ist bereits viel geschehen,

z.B. der starke Ausbau der PV-Anlagen. Was sind

die nächsten Schritte auf diesem Weg?

Die hauseigene Stromproduktion durch unsere Photovoltaikanlagen

spielt eine große Rolle auf dem Weg zur

CO 2

-Neutralität. Aus diesem Grund haben wir unsere

Solarstromoffensive noch weiter forciert und errichten bis

Ende 2020 drei weitere Anlagen. Damit werden wir unsere

jährliche Stromproduktion nahezu verdoppeln auf mehr

als 3 Millionen Kilowattstunden. Eine weitere Maßnahme

ist etwa der konsequente Ausbau unserer E-Flotte mit

aktuell mehr als 380 E-Fahrzeugen. Die Anschaffung von

rund 40 E-Passagierbussen steht unmittelbar bevor.

CHECK 2/2019

71


# katakomben

GEBAUT

IN DIE TIEFE

Die Zukunft der Stadt liegt in der Erde. Platznot, ökologische Sorgen

und extreme klimatische Verhältnisse lassen die Stadtplaner immer

häufiger in die Tiefe graben.

Von CHRISTIAN SEC

72 CHECK 2/2019


# katakomben

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In der Tiefe Raum zu schaffen und dort ganze Infrastrukturanlagen

zu errichten, ist keine Erfindung der

Neuzeit, wie das Beispiel der Untergrundstadt in Paris

zeigt. In 35 Metern Tiefe erstreckt sich dort über 300 Kilometer

ein Geflecht aus Höhlen und Gängen, ein Reich der

Dunkelheit, von den Einheimischen liebevoll „schrecklicher

Keller“ genannt. Hier befanden sich einst die unterirdischen

Steinbrüche, aus deren Material die Stadt erbaut

wurde. Für das antike Paris, das damals noch Lutetia

hieß, wurde Baumaterial zur Errichtung von Thermen,

Tempeln und Palästen benötigt. Auch im Mittelalter war

Stein für den Bau repräsentativer Gebäude gefragt, z.B.

für die Stadtmauer, die Kathedrale Notre-Dame oder die

Louvre-Festung. Nachdem die Steinbrüche aufgrund der

Einsturzgefahr geschlossen wurden, wurden die Gänge

und Höhlen zu einem unterirdischen Friedhof umfunktioniert.

Seitdem beherbergen die Katakomben die Gebeine

von sechs Millionen Menschen. Aber auch als Wohnstätte

oder Partykeller wurden die unterirdischen Gänge genutzt.

Schmugglern und Straßenräubern diente das Stollensystem

schon seit jeher als Zuflucht. Die Résistance plante

im Schutz der Erde ihren Widerstand im Zweiten Weltkrieg.

In den 1980er-Jahren drangen Jugendliche in verbotene

Bereiche des Untergrunds ein, veranstalteten Partys

und errichteten sogar einen Kinosaal.

Jacques Chirac verbot das bunte Treiben im Untergrund,

denn zu groß sei die Gefahr, dass man von herabfallenden

Steinbrocken getroffen werden oder sich im Dunkeln

des verzweigten Höhlensystems verirren könnte. Heute

ist ein kleiner Teil der Katakomben für Besucher zugäng-

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#katakomben

Untergrundstadt in Paris

In einer Tiefe von 35 Metern erstreckt sich über 300 km ein

Geflecht aus Höhlen und Gängen – eine Besucherattraktion.

lich. Auch das Kanalisationsnetz kann von der Öffentlichkeit

besichtigt werden. Auf einem 500 Meter langen

Weg begleitet man dabei die Kanalarbeiter.

Wohnungen in Bunker

In Peking werden auch heute noch historische Tunnelanlagen

zweckentfremdet. Steigende Preise und die Wohnungsknappheit

in Chinas Hauptstadt zwingen immer

mehr Menschen, in die von Mao Tse Tung geschaffenen

Atombunkeranlagen und deren Tunnelsysteme auszuweichen.

Mittlerweile leben dort, laut inoffiziellen Schätzungen,

rund eine Million Menschen. Es ist eine Parallelwelt

unter der Hauptstadt Chinas. Die Bunkersiedler

leben manchmal auf nicht mehr als vier Quadratmetern

Fläche und gehen untertags ganz normaler Arbeit nach,

sind Kellner, Taxifahrer oder auch Banker. Sie zahlen für

vier Quadratmeter rund 80 Euro Miete, was einen stolzen

Preis von 20 Euro pro Quadratmeter ausmacht. Das

ist jedoch noch immer um einiges günstiger als in der

Oberstadt.

Und kein Wunder. Die Flächen für Städtewachstum werden

rarer. Andererseits stehen die Städte, als Arterien der

Wirtschaft, unter Immigrations- und damit unter einem

immensen Wachstumsdruck. Laut einer UN-Studie werden

im Jahr 2050 zwei Drittel der Menschen in Städten

wohnen. Um neuen Wohnraum zu schaffen, gibt es angesichts

des bestehenden Platzmangels eigentlich nur eine

Möglichkeit: die Tiefe.

Umgekehrte Pyramide

So könnte die Zukunft des Lebens unter der Erde vertikales

urbanes Wohnen bald umkrempeln. Architekten

haben vor ein paar Jahren einen Entwurf für einen Erdkratzer

vorgelegt, eine umgekehrte Pyramide, die sich

65 Stockwerke bzw. 300 Meter in die Tiefe von Mexiko

City bohren soll. Durch seine Form einer umgedrehten

Pyramide soll das Objekt auch Tageslicht einlassen.

Die ausgehöhlte Pyramide hätte Platz für Wohnungen,

Geschäfte und Theater geboten, begrünte Zwischendecks

und Terrassen sowie verglaste Passagen, die die

einzelnen Etagen miteinander verbunden hätten. Zur

Realisierung des Projektes kam es schlussendlich nicht,

da die Kosten mit 800 Millionen US-Dollar einfach zu

hoch waren.

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# katakomben

Oase in Masdar City

Die unterirdische Ökostadt ist ein riesiges Bauprojekt

in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Masdar City

In der geplanten Ökostadt Masdar City, einem riesigen

Stadtbauprojekt in den Vereinigten Arabischen

Emiraten, soll nicht nur der Energiebedarf für die rund

50.000 Einwohner vollständig durch erneuerbare Energie

abgedeckt werden. Masdar City soll zudem dank

eines ausschließlich unterirdischen Verkehrssystems

autofreie Straßen haben. Das Herzstück des gesamten

Systems befindet sich im Untergrund. Es hört auf den

schlichten Namen PRT – Personal Rapid Transit. Dabei

handelt es sich um spurgebundene, elektrisch betriebene

Kabinen für bis zu sechs Personen, die ganz

ohne Fahrer auskommen und deren Ziele vom Benutzer

individuell anwählbar sind. Während sich also der gesamte

Personenverkehr im Untergrund abspielt, soll der

Fußgänger nach Herzenslust durch die engen Straßen

und schattigen Gassen schlendern können, ohne von

Fahrzeugen dabei gestört zu werden.

In Hongkong ist es nicht das extreme Klima, das den

Bau unter die Erde treibt, sondern der extreme Platzmangel.

Die Stadtverwaltung unterstützt Unternehmen

aktiv beim Graben in die umgebenden Berge, um Logistik-

und Rechenzentren, Laboratorien, Reservoirs und

Freizeitclubs zu errichten. Mit der Nutzung dieses neugewonnenen

Platzes könnten zusätzlich bis zu 1.000

Hektar verfügbar gemacht werden.

Manchmal ist es nicht nur Platzmangel, der es nötig

macht, dass immer mehr Menschen nach unten ausweichen.

Auch New York wächst nicht nur in die Höhe,

sondern auch in die Tiefe. Die Stadt hat kürzlich Pläne

für den weltweit ersten unterirdischen Park genehmigt,

der in einem stillgelegten Zugtunnel auf der Lower East

Side entstehen soll. Durch ein innovatives System wird

Tageslicht eingelassen, sodass sogar ein Wald angelegt

werden kann. Der 5.500 Quadratmeter große Park soll

2021 fertiggestellt werden und könnte als Prototyp für

die Versorgung großer Gemeinden unter der Erde dienen.

80 Millionen Dollar wurden für die Errichtung veranschlagt.

Dabei soll es sich laut den Stadtentwicklern

nicht um einen klassischen Park, sondern eher um einen

botanischen Garten mit seltenen Pflanzen handeln, in

dem die Bürger der Stadt entspannen können. Das Projekt

könnte eine Vorlage für ähnliche Unterfangen in anderen

Städten sein, in denen der Platz für Grünflächen

langsam knapp wird.

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#katakomben

Schutz vor der Kälte

In Montréal wächst das Netzwerk von Fußgängertunneln

und unterirdischen Ladenpassagen in der Innenstadt stetig.

Kalter Winter im Untergrund

Es ist kalt in Montréal, zumindest in sechs von zwölf Monaten.

Für Iraner, die sich dort niedergelassen haben, sind

es dem subjektiven Empfinden nach gar acht Monate. „Das

Klima hier ist für Wölfe und Bären, nicht für den Menschen“,

erklärt ein Iraner, der bereits seit seinem Zuzug in

die kanadische Metropole vor 26 Jahren klimabedingt seinen

Rückzug in den Iran plant. Um den eisig kalten Winter

für die Bewohner der Stadt erträglicher zu machen, entwickelte

die Stadt im Laufe der Jahre ein immer verzweigteres

Netzwerk von Fußgängertunneln und unterirdischen

Ladenpassagen in der Innenstadt. Das über 32 Kilometer

lange Tunnelsystem erstreckt sich über eine Fläche von zwölf

Quadratkilometern im zentralen Stadtbezirk Ville-Marie.

Auf diese Weise werden unter anderem zehn U-Bahn-Stationen,

zwei Busbahnhöfe, die beiden Hauptbahnhöfe, Hunderte

von Läden, Restaurants und Kinos, Hotels, drei Veranstaltungshallen,

das Bell-Center – Heimat der Montréal

Canadiens –, diverse Büro- und Wohngebäude sowie zwei

Universitäten miteinander verbunden. Etwa 80 Prozent aller

Büro- und 35 Prozent aller Ladenflächen in der Innenstadt

sind an die Untergrundstadt angeschlossen.

In dieser Weise werden die Fußgänger, Bewohner und Angestellten

vor den strengen Wintern geschützt. Bereits Anfang

der 60er-Jahre, etwa zeitgleich mit der Planung des ersten

Wolkenkratzers der Stadt, entstand auch die Idee, Teile des

Stadtlebens unter die Erde zu verlagern. Jedoch war diese

Idee nicht von langer Hand geplant, sondern sie wuchs organisch.

Eine frühere Schneise für Eisenbahnschienen wurde

zu einem imposanten unterirdischen Einkaufszentrum

mit Kinos und Cafés. Vor allem in den kalten Wintertagen

entwickelte sich der Place Ville Marie schnell zum beliebten

Treffpunkt. Das führte dazu, dass sich bald schon weitere

Geschäfte in den unterirdischen Hohlräumen ansiedelten.

Bald wurde aus der ursprünglichen Keimzelle Place

Ville-Marie eine beeindruckende Stadt unter der Erde, die

„Ville souterraine“.

Auch die größte Stadt Kanadas versucht, durch unterirdische

Projekte den Platz besser zu nutzen. Mit mehr als 30

Kilometern Länge gilt der PATH in Toronto als das weltweit

längste Tunnelsystem unter der Erde. Über 50 Gebäude

sind an dieses System angeschlossen, darunter die

Hockey Hall of Fame oder der CN Tower. Laut einem aktuellen

Plan der Stadtregierung soll langfristig die weitere

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76 CHECK2/2019


# katakomben

Schritt in Richtung Klimaneutralität

In Helsinki soll der unterirdische Lebensraum so groß

wie der oberirdische werden. Das hilft der Umwelt.

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Expansion des Tunnelsystems auf 60 Kilometer erfolgen.

Dabei werden 45 neue Einstiegspunkte errichtet.

Verkehrsentlastung über der Erde

Auch in Skandinavien sind die Winter bitterkalt. Aber das

ist nicht der Hauptgrund dafür, dass die nordische Metropole

Helsinki in die Tiefe wächst. Die Stadtplaner Helsinkis

haben sich zum Ziel gesetzt, trotz Bevölkerungsexplosion

das Stadtbild zu bewahren und dieses nicht durch

den Ausbau von Hochhäusern radikal zu verändern. Die

Lösung ist der Ausbau der Stadt in zwei Lebensräume. Bis

2020 soll der unterirdische so groß sein wie der oberirdische:

Insgesamt neun Millionen Kubikmeter. Das Tunnelsystem

für Fahrzeuge ist mehr als 300 Kilometer lang. Für

die großen Warenhäuser und Restaurants gibt es sogar ein

eigenes Tunnelnetz mit speziellen Anlieferplattformen.

3000 LKWs nutzen die unterirdischen Tunnelanlagen zur

Belieferung täglich und entlasten den Verkehr über der

Erde. Die Projekte, die von der Stadtplanung koordiniert

werden, sind teils öffentlich und teils privat finanziert.

Große Untergrund-Projekte wie Kraftwerke sind genauso

vorgesehen wie Einkaufspassagen. Schon jetzt ist es nicht

mehr notwendig, in den kalten Wintertagen einen Fuß ins

Freie zu setzen, um zu shoppen oder zu dinieren.

Aber auch Kunst und Kultur werden in Helsinki tiefgelegt.

Weil oberirdisch kein Bauland mehr frei war, wurden

1300 Kubikmeter weggesprengt, um auf 2000 Quadratmetern

ein privates Kunstmuseum zu errichten. Kostenpunkt

des Museums: 50 Millionen Euro. Ein zentraler

Punkt in Helsinkis Untergrundsystem ist ein künstlicher

See, 40 Meter tief und 80 Meter breit. Er dient dazu, Energie

zu erzeugen und zu sparen. Der See ist Kältespeicher

und Teil der Anlage, die Immobilien in der Stadt beheizen

und kühlen soll. Das Wasser ist kalt, wenn es die Becken

und die mächtigen Kältemaschinen verlässt. Wenn es die

Räume klimatisiert und kühlt, erwärmt es sich und strömt

zurück in den Untergrund. Fernkälte heißt das Konzept,

das als ein großer Schritt in Richtung Klimaneutralität

gepriesen wird. Dass Helsinkis Luftqualität sich in den

vergangenen Jahren verbessert hat, liege auch am Ausbau

des Kühlungsnetzes. Auch andere Anlagen profitieren von

der Tiefe. Das unterirdische Gestein wirkt isolierend, und

die Erdwärme hält die Temperatur konstant warm. Die

Betreiber können dadurch Heizkosten sparen.

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# ÖGNI

ÖKOLOGISCH

ZERTIFIZIERT

Mit ihrem anerkannten Qualitätszertifikat trägt die ÖGNI zur Etablierung

der nachhaltigen Bau- und Immobilienwirtschaft bei. Ziel ist eine lange

Nutzbarkeit und das Wohlbefinden von Nutzern und Bewohnern.

Von BEATE BINDER

Projekt Viertel Zwei in Wien

...steht für hochwertige Architektur

und neue Standards in Energieeffizienz.

OLN/Value One

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# ÖGNI

ViE – Lände 3

Das Gebäude zeichnet sich

durch seine zentrale Lage aus.

CA Immobilien Anlagen AG

Nachhaltiges Handeln ist aus der Bau- und Immobilienwirtschaft

nicht mehr wegzudenken.

Beim Planen, Bauen und Betreiben der bebauten

Umwelt rücken Themen wie Ressourcenschonung, Wertgehalt

und Nutzerkomfort immer mehr in den Fokus.

Die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft,

kurz ÖGNI, hat sich zum Ziel gesetzt,

diese Aspekte in Einklang zu bringen. Mit dem DGNB

Zertifizierungssystem und der blueCARD (für Bestandsgebäude)

hilft die Organisation, die Qualität von Gebäuden

zu optimieren und transparent darzustellen.

Nachhaltigkeit

Eine nachhaltige Entwicklung muss ökologische, ökonomische

und gesellschaftliche Ziele vereinen. Die

Bau- und Immobilienwirtschaft kann dazu einen entscheidenden

Beitrag leisten. Rund ein Drittel des Ressourcenverbrauchs

wird in Österreich von Gebäuden

verursacht. Für Abfallaufkommen und CO 2

- Emissionen

gilt Ähnliches. Nachhaltiges Bauen zielt darauf ab, diese

Kennwerte systematisch zu reduzieren. Gleichzeitig sind

nachhaltige Lebensräume wirtschaftlich effizient und

entsprechen den Bedürfnissen der Nutzer.

Die ÖGNI wurde 2009 gegründet und ist Kooperationspartner

der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges

Bauen), deren Zertifizierungssystem übernommen

und an Österreich adaptiert wurde und seither stetig

weiterentwickelt wird. Die ÖGNI ist als einziges österreichisches

Council ein „established member“ des

WorldGBC (World Green Building Councils) und bestrebt,

das europäische Qualitätszertifikat auf internationaler

Ebene zu stärken.

Alle Aspekte der Zertif izierung

Im Mittelpunkt der Arbeit der ÖGNI steht die Zertifizierung

von nachhaltigen Gebäuden – sogenannten Blue Buildings.

Darunter versteht man Immobilien, bei denen alle drei Säulen

der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, indem neben

den ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen

Aspekten auch die Prozessqualität, die technische Qualität

und der Standort über den gesamten Lebenszyklus hinweg

bewertet werden. Darüber hinaus fördert der Verein mit

seiner stetig wachsenden Mitgliedergemeinschaft den Paradigmenwechsel

hin zur Nachhaltigkeit durch fundierten

Know-how-Transfer, die gezielte Weiterbildung und die Sensibilisierung

der Öffentlichkeit für das Thema.

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# ÖGNI

Moderne Architektur

Das Denk Drei B & C Bürogebäude

wurde mit einem Zertifikat in Platin

ausgezeichnet.

DGNB-System

Das DGNB-System der ÖGNI dient der objektiven Beschreibung

und Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden

und Quartieren.

Bewertet wird die Qualität über den kompletten Gebäudelebenszyklus

hinweg, unter Einbeziehung aller

Aspekte der Nachhaltigkeit. Diese umfassen die sechs

Themenfelder Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle

und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse und den

Standort. Dabei fließen die ersten vier Themenfelder

gleichgewichtet in die Bewertung ein. Damit ist das

DGNB-System das einzige, das die Ökologie genauso

gewichtet wie die anderen Faktoren, die zur Herstellung

eines nachhaltig erfolgreichen Gebäudes entscheidend

beitragen.

Kontinuierliche Weiterentwicklung

Je früher die DGNB-Kriterien in die Planungsphase

einbezogen werden können, desto besser. Die Vorzertifizierung

bietet die Möglichkeit, Immobilien bereits

von Anfang an unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit

zu optimieren und verbindlich zu dokumentieren.

Dies hat eine ganze Reihe von Vorteilen bei Planung,

Bau und Vermarktung: Durch die frühzeitige Definition

aller wesentlichen Kriterien verfügen alle Beteiligten

im Planungsteam über klare Vorgaben. Das sorgt für

Transparenz, unterstützt das Risiko-Management und

stellt die geplanten Leistungsziele auf eine sichere Basis.

Zudem erhöht die Auszeichnung mit dem anerkannten

Qualitätszeichen den Vermietungs- und Verkaufserfolg.

Das bedeutet für Bauherren und Investoren: Mehr finanzielle

Sicherheit zu einem frühen Zeitpunkt.

Die Bau- und Immobilienbranche befindet sich in stetigem

Wandel. Daher ist die Flexibilität des DGNB-Systems

von Vorteil: Grenz-, Referenz- und Zielwerte können

jederzeit auf aktuelle Entwicklungen hin angepasst

werden. So ist es möglich, bestehende Nutzungsprofile

kontinuierlich weiterzuentwickeln. Das DGNB-System

ist das einzige, das allen Aspekten des nachhaltigen

Bauens eine gleich große Bedeutung zumisst. Es wird

laufend an aktuelle Standards und neueste Erkenntnisse

angepasst und ist für unterschiedliche Gebäudetypen

anwendbar.

Das DGNB-System besteht aus unterschiedlichen

Kriterienkatalogen, entsprechend der jeweiligen Gebäudenutzung.

Je nach Erfüllungsgrad werden beim

DGNB-System Zertifikate in Platin, Gold und Silber

vergeben.

blueCARD

Mit der „blueCARD“ steht der nationalen Bau- und

Immobilienbranche ein komprimierter Gebäudepass

zur Bewertung der Nachhaltigkeit des Bestands zur

Verfügung. Die bC dient als Instrument zur Zustandsbewertung

und als wertvolle Grundlage zur Optimierung

des Gebäudebestandes. Im Mittelpunkt steht ein

umfassendes Qualitätskonzept. Als leistungsorientiertes,

übersichtliches und leicht verständliches Ratingsystem

deckt es alle relevanten Felder des nachhaltigen Bewirtschaftens

ab.

Moritz Reitmeyer & Marion Wagner/IC Development

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# ÖGNI

ÖGNI/Martinez-Flener

Geschäftsführer der ÖGNI ist Mag. Peter Engert. Mit

CHECK spricht er über die Bedeutung der Nachhaltigkeit

in der Immobilienbranche, über den Zertifizierungsprozess

und über tägliche Herausforderungen.

Sie sind bei der ÖGNI für nachhaltige Immobilienwirtschaft

zuständig. Welche Herausforderungen

gilt es für Sie tagtäglich zu

bewältigen?

Es gibt durchaus unterschiedliche! Da sich die Nachhaltigkeit

ständig weiterentwickelt und dadurch neue Fragen

auftreten, die es zu bewerten und unter nachhaltigen

Gesichtspunkten zu betrachten gilt. Das entscheidende

Moment ist natürlich die Digitalisierung. Denn hier kann

viel Unfug getrieben werden, es kann aber auch viel Gutes

entstehen. Das eine vom anderen zu trennen ist gar nicht

so einfach.

Der andere Aspekt ist der Klimawandel, der nicht mehr

abstreitbar ist und auf den reagiert werden muss. Das

Thema Hitze in der Stadt ist ein extremes Thema, zu dem

es Lösungen gibt, die aber nicht so einfach sind. Vor allem

das Thema Begrünung, wie Fassadenbegrünungen, ist

eine große Herausforderung. Man kann zwar begrünen,

nur muss es auch betrieben werden und in zehn Jahren

auch noch schön aussehen. Das sind Themen, die uns im

Moment sehr beschäftigen.

Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrem Unternehmen

tätig?

In der ÖGNI sind wir zu viert, mich eingeschlossen. Im

Verein gibt es keine Mitarbeiter, sondern nur Ehrenamtliche,

über 200 Menschen. Davon sind 30 ständig damit

beschäftigt, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen.

Wieso ist Nachhaltigkeit so wichtig für die

Bau- und Immobilienbranche?

Das Thema bei der Bau- und Immobilienbranche ist,

dass ich heute eine Idee habe, mir morgen ein Grundstück

kaufe und ich das Gebäude vielleicht in drei Jahren

in Betrieb nehmen kann. In drei Jahren ändert sich

enorm viel, es werden Dinge modern und unmodern.

Ich muss also schon heute, wenn ich plane, den Blick

auf die nächsten drei Jahre richten und an eine Gebäude-Lebenszeit

von mindestens 50 Jahren denken. Man

„Wir werden täglich

mit neuen Themen

und neuen Ideen

konfrontiert. Das ist

das Spannende an

unserem Job.“

Mag. Peter Engert

Geschäftsführer der ÖGNI

muss also einen weiten Blick in die Zukunft richten, damit

das Gebäude weiterhin attraktiv bleibt. Das heißt,

wenn ich nicht nachhaltig denke, verliert das Gebäude

an Wert.

Wie sieht der typische Ablauf einer Zertifizierung

aus?

Wir haben ca. 60 aktive, von uns geprüfte Auditoren in

Österreich, die freiberuflich tätig sind. Diese schließen

einen Vertrag mit den Bauherren ab und begleiten meistens

schon den Planungs- und Bauprozess bis hin zur Fertigstellung.

Während dieser Zeit wird das Gebäude von

ihnen auditiert. Dieser Audit wird dann am Ende eingereicht

und nach einem Vier-Augen-Prinzip der Qualitätskontrolle

sehr genau geprüft. Nach dieser Prüfung stellen

wir fest, welches Zertifikat gegeben ist: Silber, Gold oder

Platin. Hier habe ich dann die ehrenvolle Aufgabe, dieses

Zertifikat feierlich zu überreichen.

Wann ist bei der ÖGNI der späteste Zeitpunkt, um

eine Zertif izierung zu beantragten?

Beantragen kann man sie jederzeit während des Bauprozesses.

Es muss vor der Fertigstellung sein, sonst macht es

überhaupt keinen Sinn. Das wäre sonst nur eine Feststellung,

was gemacht wurde, und das ist nicht der Sinn. Für

Gebäude im Bestand, also die schon vor ein paar Jahren

errichtet wurden und jetzt ein Zertifikat brauchen, gibt es

bei uns die blueCARD. Das ist sozusagen ein „abgespecktes“

Format, bei dem ein Gebäude bewertet wird, wie es

dasteht. Bei einem normalen Zertifikat beginnt man aber

idealerweise mit dem Planungsanfang.

Was ist das spannendste Gebäude, das Sie am Weg

zum Zertif ikat begleiten durften?

Da gibt es viele. Es wäre ungerecht allen anderen gegenüber,

ein Gebäude hervorzuheben. Herausragende Sa-

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81


# ÖGNI

chen sind aber meistens Quartiere:

Wenn also nicht nur ein einzelnes

Gebäude, sondern ein ganzes

Quartier zertifiziert wird. Das ist

sehr spannend, denn man erkennt,

was Gebäude, wenn sie sich miteinander

vernetzen, alles möglich

machen: Angefangen von der

Energieversorgung und der Energieproduktion

über soziale Nachhaltigkeitselemente

bis hin zu den

Kommunikationszonen etc. Das

Schöne daran ist, dass man auf der

einen Seite eine hübsche Architektur

und toll gebaute Gebäude hat.

Auf der anderen Seite ist das Plus

das Zusammenspiel von vielen

Gebäuden, um letztendlich einen

Mehrwert für die Personen zu bieten,

die darin leben.

Gibt es konkrete Pläne von

ÖGNI für die Zukunft?

Wir hören nie auf und lernen auch

ständig. Das ist das Spannende an

unserem Job – wir werden täglich

mit neuen Themen und neuen

Ideen konfrontiert. Was wir gerne

möchten ist, dass die Zertifizierung

und dieser Nachhaltigkeits-

Gedanke wirklich in allen

Bereichen der Bauwirtschaft Fuß

fassen. Hier gibt es sicher noch

Lernmöglichkeiten im Wohnbau,

vor allem im sozialen, wo das noch

nicht genügend ausgeprägt ist.

Wir wollen dort hinkommen, dass

letztendlich auch Menschen, die

sich keine supertolle Lage mit einer

superteuren Miete leisten können,

nicht auf Nachhaltigkeit verzichten

müssen. Das sind Dinge, die allen

Menschen zustehen sollten, und

dafür arbeiten wir natürlich.

Herausragende Objekte (Beispiele):

Zertifikat in Platin

Zertifikat in Gold

JOYN Vienna

Post am Rochus

Das JOYN Vienna ist ein Aparthotel

mit 131 Apartments mit neun nimmt Anteil am Stadtleben des

Das Bürogebäude „Post am Rochus“

Ober- und zwei Untergeschossen. dritten Wiener Bezirks und verleiht

Das Gebäude bekam 2019 mit einer dem Grätzel neue Impulse. Seine

Objektbewertung von 80,3% und klar gerasterte Fassade ist markant,

einer Standortbewertung von 93,4 gleichzeitig fügt sich das Gebäude

das DGNB-Zertifikat in Platin. zeitlos elegant in die Umgebung ein.

Zertifikat in Platin

Zertifikat in Platin

Neubau Türkenwirt (TÜWI) Denk Drei

Das gesamte Gebäude ist barrierefrei Das Denk Drei Bürogebäude in

und mit umfassenden Maßnahmen Wien kombiniert moderne Architektur

und durchdachte Technik

bezüglich Energieeffizienz ausgestattet.

Für Nachhaltigkeit und gutes und ermöglicht somit zukunftsweisende

Arbeitsplätze. Der Standort

Raumklima sorgen die Holzfassade

sowie die Fassadenbegrünung im befindet sich im VIERTEL ZWEI –

Innenhof und hängende Gärten im einem der dynamischsten Businessstandorte

Inneren.

Wiens.

Philipp Lipiarski, Chrisitan Stemper/Österreichische Post AG, Hannes Buchinger, Moritz Reitmeyer & Marion Wagner/IC Development

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# ÖGNI

Zertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold

SRE/EGI, value One/OLN, FORESTAY, STRABAG Real Estate Kft, P. Teichmann & Compagnons Property Networks Hungary Kft. findmyhome.at GmbH

Milestone Budapest

Dieses Gebäude ist eines der wenigen

in Budapest, das mit einem ÖGNI-

Zertifikat in Gold ausgezeichnet wurde.

Die Regierung betonte den Wert

einer angemessenen Unterkunft für

Studenten und initiierte in diesem Zusammenhang

eine neue Strategie.

Silo Plus

Silo Plus ist Teil eines aus drei Objekten

geplanten Bürocampus am südlichen

Stadtrand von Wien. Durch

flexibel gestaltete Büroflächen sowie

eine energieoptimierte Gebäudetechnik

ist es speziell auf die Bedürfnisse

moderner Unternehmen ausgerichtet.

Korso

Im Frühjahr 2021 wird das exklusive

Wohnprojekt Korso im zweiten

Bezirk in Wien fertiggestellt. Das

Besondere daran: die spannende

Kombination aus bestehenden historischen

Gebäuden mit zeitgenössischer

Architektur.

Vorzertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold Vorzertifikat in Gold

Kerepesi Business Park

Das K27 Hotel- und Büroprojekt in

Budapest erfüllt die höchsten Ansprüche

für die zukünftigen Mieter und

Mitarbeiter. Ausgezeichnete Verkehrsanbindung

und grüne Umgebung,

kombiniert mit vielen Einkaufsmöglichkeiten,

ergeben eine perfekte

Symbiose an diesem Standort.

Alphagon

Das Alphagon Office ist ein modernes

Bürogebäude mit 4.700 m² Mietfläche

an einem der neuen Hotspots

von Budapest nahe der Technischen

Universität. Eine Lochfassade mit

viel natürlichem Licht sowie außenliegendem

Sonnenschutz hält den

Klimaenergiebedarf in Grenzen.

Südhang Oberlaa

Das frei finanzierte Wohnbauprojekt

vereint eine Vielzahl attraktiver

Adressen in direkter Nachbarschaft:

Von der Kurkonditorei bis zum

Heurigen, vom Liesingbach bis zur

Therme Wien, vom Autobahnanschluss

bis zur neuen U1-Anbindung

an die Wiener Innenstadt uvm.

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# gewerbeimmobilien

(VER)MIETER

IM RECHT

Viele Gewerbeimmobilien werden aus Kostengründen nicht gekauft,

sondern gemietet. Immer wieder kommt es dabei zu Streitigkeiten darüber,

ob eine notwendige Reparatur der Vermieter oder der Mieter zahlen muss.

Von THOMAS LANGER

Wenn ein Jungunternehmer eine zündende Geschäftsidee

hat, ist es in vielen Fällen sinnvoll,

eine Gewerbeimmobilie zu mieten. Denn er

kann meist schwer abschätzen, wie sich seine gewerbliche

Tätigkeit entwickelt. Für das Mieten und Herrichten

der geeigneten Räumlichkeiten muss in der Regel weniger

investiert werden als beim Kauf. Die Immobilie kann

auch, wenn sich der erhoffte wirtschaftliche Erfolg nicht

einstellt, relativ rasch wieder zurückgegeben werden. Allerdings

sind auch beim Mieten einer Gewerbeimmobilie

einige Aspekte zu beachten.

Zuständigkeit des Mietrechtsgesetzes

Für Gewerbeimmobilien kommt, anders als bei Privatwohnungen,

nur unter bestimmten Voraussetzungen das

Mietrechtsgesetz (MRG) zur Anwendung: Dem Vollanwendungsbereich

des MRG unterliegen Geschäftsräumlichkeiten

in mit öffentlichen Fördermitteln gebauten Gebäuden

sowie Geschäftsräumlichkeiten im Wohnungseigentum,

die nach 1945 errichtet wurden. Unter Vollanwendungsbereich

ist zu verstehen, dass der Mietzins den gesetzlich

vorgeschriebenen aktuellen Richtwerten entsprechen muss

(= Angemessenheit). Die Betriebskosten setzen sich aus

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# gewerbeimmobilien

vorgegebenen Bestandteilen wie unter anderem Wasser, Abfallentsorgung

und Verwaltungskosten zusammen. Zudem

müssen Kündigungsfristen eingehalten werden. Diese betragen

bei Geschäftsräumen drei Monate. Die Kündigung muss

zum letzten Tag eines Kalenderquartals erfolgen. Bei einem

befristeten Mietverhältnis kann es sein, dass wenn der Vermieter

nach Ablauf des Mietverhältnisses den vereinbarten

Mietzins weiter annimmt, die Befristung dadurch verlängert

wird. Sie gilt dann laut Mag. Martin Neuburger von

der Mieterhilfe „für drei Jahre, egal wie lange die Befristung

zuvor gedauert hat. Niemals wird aber aus einem befristeten

Mietvertrag stillschweigend ein unbefristeter!“

Unter Teilanwendung des MRG fallen in erster Linie frei finanzierte

Gebäude mit mehr als zwei Mietgegenständen, die

nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bewilligt wurden.

Hier bestehen aber keine Unterschiede zwischen privater

und gewerblicher Nutzung. Es gelten die Kündigungsschutzbestimmungen

des MRG, den Mietzins und die Betriebskosten

kann der Vermieter jedoch frei festsetzen.

Rechte und Pflichten

Wichtig zu wissen ist für den Mieter einer Gewerbeimmobilie

– wenn das Gebäude nicht oder nur teilweise unter das

MRG fällt –, dass er anders als ein Wohnungsmieter nicht

durch den Gesetzgeber geschützt ist. Denn in diesem Fall

müssen die Erhaltungspflichten des Mieters im Mietvertrag

festgehalten werden. Laut ABGB muss der Vermieter nur

dafür Sorge tragen, dass die Gewerbeimmobilie in einem

gebrauchsfähigen Zustand übergeben wird (§ 1096). Solange

das nicht der Fall ist, darf auch kein Mietzins verlangt

werden. Ansonsten hat der Vermieter freies Spiel, vor

allem was die Höhe des Mietzinses betrifft. „Daher sollte

der vereinbarte Mietzins in einem sinnvollen Verhältnis zu

den Erhaltungspflichten stehen“, erklärt Neuburger. Beim

Aufsetzen eines neuen Mietvertrags sollte deshalb ein erfahrener

Rechtsanwalt beigezogen werden.

Mängel rechtzeitig melden

Wenn die gemietete Gewerbeimmobilie unter das MRG

fällt, gelten während des Betriebs die einzelnen Bestimmungen

desselben sehr ähnlich wie für einen privaten Mieter.

So gehört beispielsweise die regelmäßige Wartung einer

Gastherme oder eines Durchlauferhitzers zu den Pflichten,

die ein Mieter zu erfüllen hat. Der Vermieter haftet zum

Beispiel nur, wenn bei der Übergabe der Gewerbeimmobilie

die vorhandene Heizung nicht funktionsfähig ist. In diesem

Fall muss er sie auf seine Kosten reparieren lassen und kann

erst anschließend den vereinbarten Mietzins verlangen.

Bei einem undichten Fenster, wenn es sich um ein Außenfenster

handelt, muss ebenfalls der Vermieter zahlen. Der

Mieter muss den Mangel nur rechtzeitig melden. Denn in

der Regel bestellt der Vermieter den Handwerker, um beispielsweise

das Fenster zu tauschen. Die Mietervereinigung

warnt eigens davor, gleich selbst zu handeln.

Bei Altbauten (errichtet vor 1945) ist der Mieter generell

für die Erhaltung des Mietobjekts zuständig. Nur bei

ernsten Hausschäden, die eine Gefahr für die Sicherheit

darstellen, ist laut Neuburger der Vermieter verantwortlich.

Darunter fallen beispielsweise leckgewordene Abwasserrohre

oder fehlerhafte Strom- oder Gasleitungen.

Eine Besonderheit bei Altbauten ist zudem, dass die Höhe

des vereinbarten Mietzinses (nach den Richtwerten angemessen)

nur bis zur Übernahme der Gewerbeimmobilie

„bekämpft“ werden kann. Danach greift die vereinbarte

Wertindexierung des Mietobjekts. Wenn die Angemessenheit

nicht gegeben ist, ist der vereinbarte Mietzins auch

nach diesem Zeitpunkt anfechtbar.

Antrag bei der Schlichtungsstelle

Generell lässt sich also für gewerblich genutzte Immobilien

sagen, dass der Vermieter für die Außenhaut des

Gebäudes (Dach, Fassade, Mauern, Außenfenster, Außentüren,

Hausbesorger-Dienstwohnungen), für die

Hausleitungen, das Stiegenhaus, für Gemeinschaftsräume

(Lift, Sauna, Garage, Waschküche), Zentralheizung,

Kanalanschluss und die Erfüllung der Verwaltungsvorschriften

zuständig ist. Wenn der Vermieter diesen Erhaltungspflichten

nicht nachkommt, kann der Mieter mit

einem Antrag bei der Mietrechts-Schlichtungsstelle dringend

notwendige Erhaltungsmaßnahmen erzwingen. Bei

besonders dringlichen Reparaturen können die Mieter

durch eine gerichtlich einzubringende einstweilige Verfügung

eine schnellere Durchsetzung ihrer Forderungen

erwirken. Allerdings kann das durch mehrere Instanzen

bis zum Obersten Gerichtshof gehen und dementsprechend

relativ lange dauern.

CHECK 2/2019

85


# rubrik gewerbeimmobilien

„Vorsteuer

kann zum

Kostenfaktor

werden.“

Dr. Christoph Pramböck,

Partner der Wirtschafts- und

Steuerberatungsgesellschaft

BDO Austria, erklärt steuerrechtliche

Fragen.

Was ist bezüglich Umsatzsteuer aus Sicht des

Vermieters zu beachten?

Generell ist der Verkauf und die Übertragung von

Grundstücken und Immobilien unecht von der Umsatzsteuerpflicht

befreit. Das heißt, sie werden ohne Umsatzsteuer

verkauft. Vom Gesetzgeber wurde insofern

vorgesorgt, als dem Vermieter das Recht eingeräumt

wurde, für die Vermietung – von beispielsweise Gewerbeimmobilien

– zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren.

Entsprechend erfolgt die Vorschreibung der Miete

vom Vermieter an den Mieter unter Ausweis von 20

Prozent Umsatzsteuer. Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht

ist jedoch nur dann möglich, wenn der Mieter

das Grundstück bzw. die Immobilie nahezu ausschließlich

für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug

nicht ausschließen. Notwendig für den Verzicht auf die

Steuerbefreiung ist eine mindestens 95-prozentige Verwendung

des Grundstücks durch den Mieter für Umsätze,

die seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht

ausschließen.

Was für Umsätze sind da gemeint?

Tätigt ein Unternehmer – hier der Mieter – sowohl steuer-

pflichtige als auch steuerfreie Umsätze, steht ihm der

Vorsteuerabzug nur anteilig für die mit den steuerpflichtigen

Umsätzen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen

zu. Ergibt sich aus der gesamten Aufteilung der

Vorsteuern, dass der Mieter zu mindestens 95 Prozent

vorsteuerabzugsberechtigt ist, so ist für den Vermieter

eine Option zur Umsatzsteuerpflicht gemäß § 6 Abs.

2 UStG möglich. Wird die genannte 95 Prozent-Grenze

unterschritten, ist eine Option nicht möglich. Ärzte,

Versicherungen, Banken oder Pflege- und Tagesmütter

erzielen in der Regel zu mehr als 95 Prozent Umsätze,

die nach § 6 Abs. 1 UStG der unechten Steuerbefreiung

unterliegen und somit den Vorsteuerabzug bei diesen

ausschließen; entsprechend kann vom Vermieter auch

nicht zur Steuerpflicht optiert werden. Man spricht in

diesem Zusammenhang von „bösen Mietern“.

Was ist beim Wechsel von umsatzsteuerpflichtiger

zu umsatzsteuerfreier Vermietung

zu beachten?

Im Falle eines Wechsels von umsatzsteuerpflichtiger zu

umsatzsteuerfreier Vermietung bzw. einer Veräußerung

ohne Umsatzsteuer innerhalb von 20 Jahren sind die geltend

gemachten Vorsteuern anteilig zu korrigieren. In der

Regel empfiehlt es sich, eine entsprechende schriftliche

Bestätigung des Mieters und eine Verpflichtung desselben,

Änderungen mitzuteilen, im Mietvertrag aufzunehmen.

Was ist aus Sicht des Erwerbers einer

Gewerbeimmobilie in Bezug auf die

Umsatzsteuer sinnvoll?

Aus Sicht des Erwerbers ist ein Kauf mit Umsatzsteuer

in der Regel dann vorteilhaft, wenn das Grundstück

bzw. die Immobilie in weiterer Folge zur Erzielung von

umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen verwendet wird. Dabei

ist jedoch zu beachten, dass Umsätze aus der Vermietung

sowie aus der Veräußerung von Grundstücken

und Immobilien – ausgenommen zu Wohnzwecken

oder zur Beherbergung – grundsätzlich gemäß § 6 Abs

1 Z 16 Umsatzsteuergesetz unecht von der Umsatzsteuer

befreit sind. Entsprechend stünde dem Erwerber

von Gewerbeimmobilien der Vorsteuerabzug aus dem

Erwerb nicht zu. Die Vorsteuer würde somit zum Kostenfaktor

werden.

Shutterstock, BDO Austria

86 CHECK 2/2019


Die moderne Villen Architektur fügt sich harmonisch in die grüne

Umgebung und bietet mit den zwischen 43m² und 97m² großen

Wohneinheiten individuellen Entfaltungsraum.

GRÜNER WOHNTRAUM

„LEOPOLD“

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mit Terrasse oder Garten, 2 Garagen.

Geschichte. Der Ort liegt am nördlichen Rand von Wien,

am rechten Ufer der Donau zwischen dem Nussberg und

dem Leopoldsberg im Waldbachtal. Im Norden grenzt

der Klosterneuburger Stadtteil Weidling an den Ort und

im Osten, jenseits der Donau, der Floridsdorfer Bezirksteil

Jedlesee. Im Süden des Kahlenbergerdorfs liegt der

Döblinger Bezirksteil Nussdorf, im Westen Josefsdorf.

In den Weinbergen oberhalb des Ortszentrums befindet

sich der Pfarrfriedhof Kahlenbergerdorf.

www.ipv-immo.at. Das Unternehmen I.P.V Immobilien

Projekte & Verkauf GmbH ist seit Jahren erfolgreich auf

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Kontakt.

I.P.V IMMOBILIEN PROJEKTE & VERKAUF GmbH.

Frauenstiftgasse 10/2

1210 Wien

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Ihre Ansprechpartnerin.

Anna Maria Neumayer

Mobil: +43 664 968 10 30


# wohlbefinden

REINIGUNGS-

RITUALE

Welche Bräuche hierzulande gepflegt wurden – und werden –,

um die Seele, den Körper oder die eigenen vier Wände zu „reinigen“.

Von UTE FUITH

Altes Brauchtum neu interpretiert

Räuchern soll frische Energie in Haus, Wohnung,

Büro und Gewerbeimmobilien bringen.

88 CHECK 2/2019


# wohlbefinden

Shutterstock

CHECK 2/2019

89


# wohlbefinden

Weihrauch

Das kostbare Harz aus

dem Orient ist seit alters

her das bevorzugte Mittel

für Räucher-Rituale.

Um ein Heim und seine Bewohner vor Unglück zu

schützen, findet man hierzulande immer noch

zahlreiche Inschriften an alten Bauernhäusern.

Der wohl bekannteste Haussegen ist jener der Heiligen

Drei Könige. Ihr Kürzel C+M+B entdeckt man nicht nur

auf dem Land, sondern auch an vielen Wohnungstüren in

der Stadt. Spezifischere Haussegen in der Form von frommen

Sprüchen oder Gebetsformeln und religiösen Symbolen

konnte man früher auf Jahrmärkten oder bei Wanderhändlern

kaufen.

Nach der Reformation, Anfang des 16. Jahrhunderts, entstanden

zusätzliche evangelische Haussegen. An die Stelle

der Anrufung Marias und der Heiligen traten Bibelsprüche.

Im 19. Jahrhundert stellte man katholische und evangelische

Haussegen massenhaft als Lithografien und in anderen

neuen Drucktechniken her, auch aus Blech, Glas oder Holz.

Dazu kamen selbst angefertigte Stickbilder. Zu den gängigen

Haussegens-Sprüche zählen heute noch: „Vertrau auf Gott

in jeder Noth“, „Gottes Ruh und Frieden sei deinem Haus

beschieden“ oder „Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein“.

Tradition des Räucherns

Zusätzlich zum Haussegen gibt es noch bestimmte

Rituale für die spirituelle „Grundreinigung“. Sie werden

in Österreich vor allem während der zwölf Raunächte

zwischen Weihnachten und Dreikönigstag praktiziert.

Den Raunächten wird seit jeher eine besondere

Bedeutung zugemessen. Nach dem Volksglauben zogen

sich die stürmischen Mächte der Mittwinterzeit am Ende

der Raunächte wieder zurück und „die Wilde Jagd“

begab sich zur Ruhe. Während dieser Zeit wird deshalb

an vielen Orten bis heute die Tradition des „Räucherns“

gepflegt. Daher haben die Raunächte auch ihren Namen.

Vertreibung böser Geister

Im Mostviertel wird das Räuchern „Ausrauka“ genannt.

Dabei werden Räume und Ställe mit Weihwasser besprengt

und mit Weihrauch geräuchert. So sollen böse

Geister vertrieben und das Haus und seine Bewohner

vor Unglück bewahrt werden. Dieser religiöse Brauch

mit heidnischen Wurzeln wird in vier bestimmten

Adobe Stock

90 CHECK 2/2019


# wohlbefinden

# interview

Grundreinigung

Das Ausräuchern von

Haus, Wohnung und

Büro soll uns neue

Energie verschaffen.

Adobe Stock

„Raunächten“ zelebriert: Von 21. auf 22. Dezember (der

längsten Nacht des Jahres), von 24. auf 25. Dezember

(Christnacht), von 31. Dezember auf 1. Jänner (Silvesternacht)

und von 5. auf 6. Jänner (Epiphaniasnacht). In

diesen Nächten trägt der Hausherr ein Räuchergefäß mit

Holzkohlenglut und Weihrauch, den sogenannten „Ausrauka-Tegl“

mit, durch sämtliche Wohnräume und Stallungen.

Danach wird der „Ausrauka-Tegl“ in der Stube

auf einen Stuhl gestellt und die ganze Familie betet sieben

Vaterunser. Die Holzkohlenreste vom Ausräuchern

werden am darauffolgenden Tag auf die Felder gestreut.

Wer sich Kopfschmerzen für ein ganzes Jahr ersparen

will, hält seinen Hut über den duftenden Weihrauch und

setzt ihn rasch wieder auf. Die Tradition des Räucherns

findet man auch im Salzkammergut oder in Tirol.

Glöcklerlauf in Ebensee

Im Salzkammergut wird seit hundertsechzig Jahren

der alte Raunachtsbrauch des Glöcklerlaufes praktiziert.

Ebensee ist das Zentrum und der Ursprung dieses

Rituals, das alljährlich am 5. Jänner, dem Vorabend

des Heiligdreikönigstages und der letzten Raunacht

– der feisten Raunacht Perchta – stattfindet. Sinn des

Glöcklerlaufes soll es sein, das Heil und den Segen

der guten Geister zu gewinnen und die bösen Geister

aus den Häusern zu vertreiben. Die Glöcklergruppen,

„Passen“ genannt, treffen von den verschiedenen Ortsteilen

Ebensees im Ortszentrum ein, um von dort aus

durch das Dorf zu ziehen. Für die Teilnehmer ist das

eine ziemliche Anstrengung, denn sie ziehen mit bis zu

20 Kilogramm schweren, bis zu zwei Meter hohen und

vier Meter langen Kappen durch den Ort. Damit die

bösen Geister auch wirklich vertrieben werden, haben

die Glöckler große, an Ledergürteln befestigten Glocken

umgebunden, deren dumpfer Klang das Licht unterstützen

soll. Durch seine Originalität und über all

die Jahrzehnte beibehaltene Traditionspflege wurde

der traditionelle Ebenseer Glöcklerlauf 2010 von der

UNESCO zum österreichischen immateriellen Kulturerbe

ernannt.

CHECK 2/2019

91


# wohlbefinden

„Bräuche werden

erfunden, wenn

man sie braucht.“

Helga Maria Wolf, 1951 in Wien geboren, studierte Europäische

Ethnologie und Kunstgeschichte und ist Autorin

zahlreicher Publikationen. Mit ihrem Buch „Verschwundene

Bräuche“ hat sie ein umfassendes Lexikon der untergehenden

Rituale verfasst. Im Gespräch mit CHECK

erklärt sie die Notwendigkeit von Ritualen und Bräuchen

in der heutigen Zeit.

Helga Maria Wolf

Autorin

Wie unterscheiden sich städtische von

ländlichen Bräuchen?

Die Landwirtschaft war extrem von der Natur abhängig.

Die Bräuche im Bauernjahr haben daher viel mit

der Jahreszeit und der jeweils nötigen Arbeit bzw. deren

Abschluss zu tun. Die Landbevölkerung erhoffte sich

von ihren Ritualen Schutz und Segen. Die bestehende

Gemeinschaft sollte nach bewährten Regeln funktionieren,

dazu gehörten auch soziale Kontrolle, Rüge- und

Heischebräuche. Heiligenverehrung, Patrone und Bauernfeiertage

waren wichtig. Wenn auch noch heute der

überwiegende Teil der staatlichen Feiertage auf kirchliche

zurückgeht, spielt doch in der Stadt der religiöse

Hintergrund eine geringere Rolle. Dafür entstanden

hier andere Bräuche, die speziell im adeligen oder bürgerlichen

Milieu verankert waren, z.B. die Zunftbräuche

der Handwerker.

Wie wichtig sind Bräuche und Rituale für das

menschliche Zusammenleben?

Traditionelle Rituale konnten auch in schwierigen Situationen

Lebenshilfe leisten – sonst würden jetzt Psychologen

und Therapeuten nicht so sehr nach ihrer Wieder-

entdeckung rufen. Wichtige Lebensereignisse wie Geburt,

Heirat oder Tod werden von der Kirche mit Sakramenten

begleitet. Man sollte aber auch im „weltlichen“ Leben

vielleicht wieder mehr daran denken. Bräuche haben zudem

eine soziale Dimension, denn Feste verbinden und bieten den

Individuen Höhepunkte des Lebens und des Jahreslaufes.

Buchtipp

„Verschwundene Bräuche“

von Helga Maria Wolf,

Brandstätter Verlag

Warum geraten manche Bräuche in

Vergessenheit?

Bräuche fallen nicht vom Himmel, sie kommen auch

nicht aus der „Volksseele“. Sie werden erfunden, wenn

man sie braucht. Bräuche wandern, entwickeln sich dynamisch

weiter, verschwinden, werden wieder belebt.

Keiner hat sich von mystischer Vorzeit bis in die Gegenwart

erhalten. Brauch-Erfinder – Einzelpersonen oder

Gruppen – kamen aus allen sozialen Schichten. Herrscher

und Kirche hatten gute Gründe, selbst Feste zu begehen

oder für andere festzulegen. Kreative Köpfe, wie

der Dichter Matthias Claudius, führten für ihre Familien

eigene Feiertage ein – als Journalist ermunterte er seine

Zeitgenossen dazu.

Die Gründe für die Entstehung von Traditionen sind

vielfältig. Meist kommen einige zusammen, wie wirtschaftliche

Notwendigkeiten, religiöse Gebote, ungeschriebene

Gesetze oder psychologische Ursachen.

Bräuche werden veränderten Gegebenheiten angepasst,

einzelne Elemente verschwinden, verbinden sich mit

anderen, es entsteht etwas Neues.

Bräuche sind flexibel und hybrid. Bräuche sind nicht

„ewig“ und vieles geht verloren, wenn die Grundlage

wegfällt. Und um manches, wie z.B. Rügebräuche, ist

es auch gar nicht schade.

pressefotoLACKINGER, Brandstätter Verlag

92 CHECK 2/2019


# ästhetik

ALLES

FASSADE

Hausfassaden sind wie die Haut des Menschen

sehr sensibel. Sie reagieren auf Umwelteinflüsse

und müssen immer wieder gepflegt werden.

Von THOMAS LANGER

Shutterstock

Historische Juwelen

Jeder Architekt wollte mit

seiner Fassade alleine schon

seinen Stil deutlich machen.

CHECK 2/2019

93


# ästhetik

H

ausfassaden sagen viel über den Erbauer eines Hauses

aus. Denn jeder Architekt will mit der Fassade

alleine schon seinen Stil und seine Formgebung

deutlich machen. Das beginnt beim verwendeten Material:

Während jahrzehntelang Putzfassaden, vor allem in

hellen Tönen (Weiß, Gelb oder Hellblau), vorherrschten,

sind in letzter Zeit wieder Fassaden aus Holz im Vormarsch,

weil es ein Naturmaterial ist. Dies betrifft nicht

nur den ländlichen Raum, sondern auch Stadtbauten. Beispielsweise

wird gerade in Wien in der Seestadt Aspern

das erste Holzhochhaus (das „HoHo Wien“) fertiggestellt.

In ihm wird ein Branchen-Mix von Büroräumen,

Appartements, einem Hotel und einem Restaurant sowie

ein Wellness-, Beauty- und Health-Bereich geboten.

Der Witterung ausgesetzt

Moderne Bauten, vor allem Bürogebäude, haben neben

einem Metallkern oft große Glasfassaden. Viele bestehen

nach Auskunft von Drasko Dzajic, Leiter der Fassadenreinigung

der Firma SIMACEK, auch aus Stein oder Aluminium.

Im städtischen Wohnbau werden zudem Klinkerfassaden

verwendet. Sie sind allerdings in Österreich nicht

besonders häufig anzutreffen. Seit einigen Jahrzehnten haben

sich bei Häuserfassaden auch Faserzementplatten, die

sehr witterungsbeständig sind, durchgesetzt. Dabei werden

Fasern aus Polyvinylalkohol zur Armierung (Verstärkung)

in den Zement eingebunden. Früher wurden dafür die gesundheitsgefährdenden

Asbestfasern verwendet.

Jede Hausfassade ist immer der Witterung ausgesetzt und

muss deshalb von Zeit zu Zeit gereinigt werden. Denn alle

Oberflächen – egal ob es sich um eine Putz-, Metall- oder

Glasfassade handelt – sind von verschiedenen Arten von

Verunreinigungen betroffen. So sollten etwa kaum sichtbare

Risse und andere Schäden an der Außenfassade ganz besonders

beobachtet werden. Denn sie können im schlimmsten

Fall zu einem Wassereintritt ins Gemäuer führen.

Schwindelfreiheit notwendig

Die größte Herausforderung bei der Fassadenreinigung

sind unterschiedliche Witterungsverhältnisse. Laut Dzajic

sind – wenn man in der Höhe in einer Befahranlage oder

Arbeitsbühne steht – der Wind und der Regen die größten

Probleme. Bei stärkerem Wind werden die Arbeiten sofort

abgebrochen, da das Risiko für ein unvorhergesehenes Ereignis

zu groß wird. Die Fassadenreiniger müssen absolut

schwindelfrei sein. Bei der Firma SIMACEK werden sie

für ihre Einsätze speziell vorbereitet, schildert Dzajic. Es

gebe eigene Absturzsicherungsschulungen. „Vor jedem

neuen Auftrag wird der Mitarbeiter zudem noch extra

eingeschult“, so der Fassadenreinigungsexperte. „Wir

haben außerdem fünf Sicherheitsfachkräfte im Unternehmen,

damit immer alle Beteiligten auf der sicheren

Seite sind.“ Da für die meisten Spachtelmassen, Verputze

und Farben Temperaturen unter fünf Grad Celsius Gift

sind, empfiehlt es sich generell, eine Fassadenreinigung in

der wärmeren Jahreszeit durchzuführen.

Von Algen befallen ...

Unter die häufig auftretenden Verunreinigungen, die nicht direkt

mit Straßenstaub oder Rußpartikeln in Zusammenhang

stehen, fallen beispielsweise Algen, die nicht nur optisch unschön

sind, sondern auch ein Nährboden für verschiedene

gesundheitsgefährdende Organismen – zum Beispiel für diverse

Schimmelpilzarten – sein können. Laut Dzajic tritt Algenbefall

vor allem bei Privathäusern mit Putzfassaden auf.

Mittels eines neuen Anstrichs kann er zwar kaschiert werden,

aber das Problem wird weiter bestehen und kann bei

den Bewohnern auch zu gesundheitlichen Problemen führen.

„Bei Stein-, Metall- und Glasfassaden tritt dieses Problem

nicht auf“, gibt der Experte Entwarnung.

frühzeitige Reinigung schützt

Algen entstehen durch Kondenswasser, das sich an der

Oberfläche bildet: Dabei wird der Verputz vom darunterliegenden

Mauerwerk wärmetechnisch abgekoppelt. Er

wird durch das Tauwasser feucht und bildet den Nährboden

für Algen und Pilze, die sich schnell ausbreiten und

meistens grünlich-schwarz oder rostbraun schimmern.

Hagel, Reifbildungen oder fehlende Dachüberstände begünstigen

das Wachstum zusätzlich. Der entstandene Bioteppich

scheidet im Zuge der eigenen Energiegewinnung

geringe Mengen Säure aus, die auf Dauer korrosiv wirken,

den Putz aufweichen und poröser machen können.

Außerdem kann es durch die begünstigte Adsorption von

Partikeln und Schadstoffen zu tiefliegenden Verfärbungen

kommen. Eine frühzeitige Reinigung verschafft hier Ab-

94 CHECK 2/2019


# ästhetik

Große Glasfassaden

... müssen regelmäßig von

Profis gereinigt werden.

Pachleitner Graz

hilfe und schützt vor Algen- und Pilzbefall. Dieser kann

jedoch trotz moderner Baukonstruktion und Bautechnik

und spezieller Beschichtungen nicht zu 100 Prozent

ausgeschlossen werden. Experten der Gebäudereinigung

unterscheiden zwischen drei Algenarten: Grünalgen treten

meist in der Umgebung von Bäumen und Sträuchern auf

und machen fast 50 Prozent der Verschmutzungen aus,

Schwarzalgen verursachen eine dunkle, flächige Verunreinigung,

die oft mit Straßenschmutz verwechselt wird, und

Rotalgen treten nur bei bestimmten Verputzarten in Form

von vertikalen roten Streifen auf. In jedem Fall hilft nur

eine professionelle Fassadenreinigung.

Fassaden mit Ausschlag

Eine andere Art von Verunreinigung kommt ebenfalls recht

häufig vor: Wenn eine Hausfassade aussieht, als hätte sie

einen Ausschlag, handelt es sich in den meisten Fällen um

die Mauerspinne (Fassadenspinne). Ihre Netze sind eigentlich

weiß. Nur verfängt sich darin leicht Straßenstaub und

anderer Schmutz und macht so die Fassade unansehnlich.

Die Mauerspinne ernährt sich von Insekten und siedelt sich

deshalb am liebsten dort an, wo sie geschützt vor Wettereinflüssen

ist und hohe Aussicht auf Beute hat. Die Verschmutzung

des Netzes hat zur Folge, dass es für die Spinne

unbrauchbar wird, die daraufhin ein neues Netz an anderer

Stelle der Fassade webt. So wird unter Umständen ein großer

Teil einer Hausfassade mit den Netzen dieser Spinne

überzogen. Professionelle Fassadenreinigungsfirmen können

mit speziellen Wirkstoffen in den verwendeten Reinigungsmitteln

dafür Sorge tragen, dass nicht nur die Netze

zu 100 Prozent zerstört werden, sondern auch die Eier abgetötet

werden. Manche Firmen gewähren sogar fünf Jahre

Garantie gegen einen Wiederbefall.

Individuelle Reinigung

Generell muss jede Fassade beziehungsweise jede Hausoberfläche

mit einer anderen Methode gereinigt werden.

„Oft kommen Hochdruckreiniger und Osmosegeräte zum

Einsatz, z.B. bei Glasfassaden“, erklärt Dzajic dazu. Klinkerfassaden

und Naturstein- oder Betonfassaden sind relativ

pflegeleicht und können mit einem Hochdruckreiniger auch

von einem Laien gereinigt werden. Dazu ist nur ein Gerüst

oder eine im Baumarkt ausleihbare Hebebühne und das entsprechende

Fassadenreinigungsmittel notwendig. Bei Klinkerfassaden

– Klinkersteine nehmen sehr wenig Wasser auf –

muss vor allem auf die verputzten Fugen aufgepasst werden.

Denn diese können vor allem bei älteren Häusern leicht beschädigt

werden. Bei Naturstein- oder Betonfassaden eignen

sich in erster Linie Hochdruckreiniger mit Sand- oder Trockenstrahlfunktion.

Bei Putzfassaden empfehlen Experten

hingegen, dass sie immer von einem Fassadenreinigungsfachbetrieb

behandelt werden. Zu bedenken ist auch: Nur

stabile Kalkputz- und Zementputzfassaden können mit einem

Hochdruckreiniger ohne Beschädigung der Dämmung

gereinigt werden.

Das richtige Mittel

Zur Entfernung von Ölen, Fetten, Schmutz, Staub, Ruß und

Emissionsverschmutzungen können Stein- und Fassadenreinigungsmittel

verschiedener Firmen empfohlen werden. Zur

CHECK 2/2019

95


# ästhetik

1907 errichtet wurde, erstrahlt durch die Behandlung

im Vorjahr in neuem Glanz. Projektentwickler Thomas

Urbanek erklärte gegenüber dem „Standard“, dass „der

neue Glanz des Hauses trotz starken Verkehrsaufkommens

mindestens 15 Jahre lang halten soll.“

Nervige Graffitis

Nach der Entfernung empfiehlt

sich die Anbringung

einer Schutzschicht.

Schonung der Umwelt können die Reinigungsmittel in einer

Wanne am unteren Ende der Fassade wieder aufgefangen

werden (mit Hilfe einer Absaugpumpe). Das verschmutzte

Wasser sollte vor der Kanalentleerung mit eigens dafür entwickelten

Mitteln neutralisiert werden. Die meisten Oberflächen

können am besten mit einem Hochdruckreiniger mit

Spezialdüsen gereinigt werden. Für den Schutz vor neuerlichem

Algen- oder Pilzbefall wurden spezielle Schutzlösungen

entwickelt, die eine desinfizierende Wirkung haben.

Diese enthalten meist eine spezielle Chlorverbindung. Daher

sollte bei Arbeiten mit derartigen Lösungsmitteln stets eine

Schutzausrüstung getragen werden: Sicherheitsschuhe, Sicherheitshandschuhe,

Schutzbrille und Atemmaske.

Ein Glanz-Beispiel

Nach der Reinigung der Fassaden mit Reinigungsmitteln

und viel Wasser trägt der Fachmann meist noch ein eigenes

Fassadenimprägniermittel auf Siloxan-Basis auf.

Dadurch bleibt die gereinigte Hauswand länger in einem

ansehnlichen Zustand. Ein gutes Beispiel für eine gelungene

Fassadenreinigung ist das Haus Mariahilfer Gürtel 1

(Ecke Gumpendorfer Straße). Das Jugendstilgebäude, das

Homogene Optik

Vor dem Auftragen eines neuen Fassadenanstrichs sollte

ein verdünnter Voranstrich verwendet werden, damit alle

Flecken vollständig verschwinden. So entsteht eine homogene

Optik. Als Farben eignen sich vor allem Dispersionsfarben,

die auf beinahe jedem Untergrund haften. Sie

erweisen sich als äußerst beständig, weisen die Feuchtigkeit

ab und besitzen nur eine geringe Diffusionsfähigkeit.

Silikatfarben hingegen sind diffusionsoffen. Sie wirken

aufgrund ihres pH-Wertes pilzhemmend, gehen eine feste

Verbindung mit dem Untergrund ein und entfalten eine

dauerhafte, effektive Schutzwirkung. Allerdings halten

solche Farben nur auf mineralischen Untergründen. Es

gibt aber auch Silikatdispersionsfarben, die beide Eigenschaften

vereinen. Diese haben laut Experten allerdings

nur eine geringe Wirkung gegen Schimmelbildung. Lange

Zeit waren Kalkfarben das natürliche Anstrichmittel.

Sie sind diffusionsoffen und schimmelhemmend. Nur

hält sich ihre Witterungsbeständigkeit in Grenzen. Besonders

wasserabweisend sind Silikonharzfarben. Nicht

nur Regenwasser perlt an ihnen ab, auch Verschmutzungen

haben es schwer, haften zu bleiben. Bei dieser Farbsorte

genügt ein einziger Anstrich.

Sonderfall: Graffiti-Entfernung

Graffiti kann zwar eine Kunstform sein, wird auf Häuserfassaden

aber oft als sinnlose Verunstaltung erlebt. Daher

gehen Hausbesitzer relativ streng gegen diese Art von „Verschmutzung“

vor. Am besten wird eine Graffitibemalung mit

einem Hochdruckreiniger mit viel Wasser oder mit einem

Heißdampfverfahren weggespült. Manche Firmen bieten

auch eine staubfreie Graffiti-Entfernung mit speziellen Sandstrahl-

oder Trockeneisstrahl-Verfahren an. Andere arbeiten

mit biologisch abbaubaren chemischen Mitteln. „Besonders

schwer sind Graffitis von offenporigen Untergründen wie

Sandstein zu entfernen“, erklärt Architekt Ulrich Zink vom

Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung in Berlin. Gewarnt

Pixabay

96 CHECK 2/2019


# ästhetik

wird allgemein vor dem eigenmächtigen Vorgehen von

Hausbesitzern gegen diese Art der Verunreinigung mit speziellen

Anti-Graffiti-Sprays oder Gels, die schnell besorgt werden

können. Denn mangels Fachkenntnissen könnten beim

„Do-it-yourself“-Verfahren Schäden am Mauerwerk entstehen.

Fassadenreinigungsexperte Dzajic: „Jede Oberfläche

muss mit einer anderen chemischen Lösung behandelt werden,

damit die Graffitibemalung dauerhaft verschwindet.“

Shutterstock/JJ Farq

Schutz vor neuerlichen „Bemalungen“

Nach der Entfernung der Bemalungen empfiehlt sich das

Auftragen einer Schutzschicht. Dafür gibt es spezielle Lacke

in Baumärkten, die ein neuerliches Anbringen von Graffitis

verhindern. Sie werden meist bis in eine Höhe bis drei

oder dreieinhalb Meter als farblose Imprägnierung aufgetragen,

sodass die Lacke der Spraydosen nicht haften können.

Manche Firmen führen auch Oberflächenversiegelungen

ganzer Fassaden durch. Diese verhindern nicht nur Graffitizeichnungen,

sondern ermöglichen einen Schutz vor Flüssigkeiten

jeglicher Art. Die Firma SIMACEK entfernt Graffiti

von Fassaden mit unterschiedlichen Oberflächen, auch von

Stromzählern und Verkehrsmitteln, im Umfang von etwa

20.000 m 2 pro Jahr. „Zuletzt wurde zum Beispiel die durch

Farbbomben verunreinigte denkmalgeschützte Fassade der

spanischen Botschaft gesäubert“, erzählt Dzajic.

Denkmalschutz mitberücksichtigen

Bei historischen Häuserfassaden passiert es sehr schnell,

dass beim Abklopfen des alten Verputzes auch Maueroder

Gesimsteile herausfallen. Damit der ursprüngliche

Charakter eines solchen Hauses erhalten bleibt, sollte

die Fassadensanierung unbedingt von einem Fachbetrieb

durchgeführt werden. Manchmal wird es sogar ratsam

sein, einen Experten vom Bundesdenkmalamt zu Rate

zu ziehen. Denn bei vielen Gründerzeithäusern in Wien

zum Beispiel ist auch das Denkmalschutzgesetz zu berücksichtigen.

Fazit: Die Fassadenreinigung und -sanierung ist eine

komplexe Materie. In den meisten Fällen ist es daher

sinnvoll, sie von ausgebildeten Fachkräften durchführen

zu lassen. Ein positiver Nebeneffekt: Der Wert des

Gebäudes steigt – ein Umstand, der bei einem späteren

Verkauf von Bedeutung sein kann.

Historische Gebäude

... sind besonders anfällig für

Schimmelbefall. Vorsorgen ist

besser als „heilen“.

Nachhaltige Schimmelentfernung

Gerhard Brandner, Geschäftsführer der BMB Gebäudehygiene,

arbeitet in der Schimmelentfernung mit der Firma

SIMACEK zusammen. Er hat ein Verfahren entwickelt,

das den Schimmel vollständig und ohne giftige Rückstände

beseitigen kann. „Das BMB-Verfahren entfernt Schimmel

und Schimmelmyzel sogar aus tiefen Schichten – bis zu

drei Zentimeter! Die unerwünschten Substanzen werden

in Wasser gebunden aus der Wand gedrückt und nach der

Behandlung aus der Wohnung vollständig entfernt“, erklärt

Brandner das Verfahren.

Das patentierte BMB®-Schimmelentfernungsverfahren setzt

der grundlegenden Schimmelproblematik ein Ende. Das

BMB®-Verfahren ist extrem schonend, das bedeutet:

# Keine Beschädigung der Fassade, Oberfläche oder

Materialzerstörung;

# gift-und gefahrstofffreie Innenräume;

# für alle saugenden Materialien geeignet;

# für denkmalgeschützte Bauwerke bestens geeignet;

# löst sogar abgeschlossene Biofilme.

Die behandelten Räume können selbst von Schimmelallergikern

wieder in vollem Umfang genutzt werden.

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97


# austrian art award

Models mit Christian Ludwig Attersee

Prototypen der Gewinnerentwürfe

Modedesign.

KUNSTVOLLE

INSZENIERUNG

Die Verleihung des Austrian Art Award DFG am 26. September im

Odeon Theater in Wien war ein voller Erfolg.

Von MATTHIAS HÄUSLER

98 CHECK 2/2019


# austrian art award

Musik trifft Schauspiel

Pierre Sarkozy alias DJ Mosey

(links) mit Werner Schreyer.

Perfekte Organisation

Wolfgang Reichl mit Journalistin und

Verlegerin Desiree Treichl-Stürgkh.

Alexander Tuma

Wer interessieren will, muss provozieren.“

Inspiriert durch dieses Zitat des spanischen

Malers Salvador Dalí, entstand das

Konzept des Austrian Art Award 2019 der Denkmal-,

Fassaden- und Gebäudereiniger Österreichs (DFG). Die

Initiatoren: Gerhard Komarek (Berufszweigobmann

DFG), Ursula Simacek (Vorsitzende Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit

DFG) und Creative Director Wolfgang

Reichl.

Als Partner konnten die führenden österreichischen

Institutionen „Modeschule Wien im Schloss Hetzendorf“

unter der Leitung der Direktorin Monika Kycelt

sowie die „Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt

Prominente Gäste

Natalia Ushakova, Christine Lugner,

Marika Lichter, Beatrice Körmer (v.l.n.r.).

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# austraian austrian art art award

And the winners are ...

Angewandte Kunst:

Judith Sturmlechner, Luise Knecht, Paulina Sommer,

Laura Rist, Victoria Böheim, Lilith Krausz, Zinajda Polic

Komposition:

Simon Öggl

Darstellende Kunst:

Anna Overbeck/Musical, Julia Posch/Schauspiel,

Lea Karnutsch/Tanz, Malcom Henry/Musical

Teil der DFG-Jury

Dr. Günther Reisinger, Ursula Simacek

und Gerhard Komarek (v.l.n.r.).

Die Austrian Art Award DFG-Jury

In der Runde der Juroren für den Preis der Denkmal-

Fassaden- und Gebäudereiniger waren viele bekannte

Gesichter mit dabei:

Christian Ludwig Attersee (österreichischer Maler,

Bühnenbildner, Musiker & Schriftsteller)

Gerhard Komarek (WKO-Berufszweigobmann)

Ursula Simacek (WKO-Vorsitzende Arbeitskreis

Öffentlichkeitsarbeit)

Monika Kycelt (Direktorin Modeschule Wien

im Schloss Hetzendorf)

Andreas Mailath-Pokorny (Rektor der Musik und Kunst

Privatuniversität der Stadt Wien)

Werner Sobotka (Schauspieler, Kabarettist & Regisseur)

Katharina Stemberger (Schauspielerin)

Jolantha Seyfried (ehem. Solistin des Wiener Staatsballetts)

Werner Schreyer (Topmodel & Künstler)

Alfons Haider (Moderator, Schauspieler & Sänger), war aus

beruflichen Gründen nicht anwesend

Sabine Karner (Modedesignerin)

Michel Mayer (Modedesignerin)

Lilli Hollein (Kuratorin, Kulturmanagerin und Designexpertin),

war aus beruflichen Gründen nicht anwesend

Pierre Sarkozy (DJ, Model, Designer)

Desiree Treichl-Stürgkh (Journalistin & Verlegerin)

Wien“ (MUK) unter der Leitung ihres Rektors Andreas

Mailath-Pokorny gewonnen werden sowie der international

bekannte österreichische Künstler Christian

Ludwig Attersee.

Grosse Gala für die Gewinner

Zum Finale des Austrian Art Award DFG 2019 wurde am

26. September ins Odeon Theater in Wien geladen. Bei der

Festgala präsentierten sich die Studenten der MUK im

Rahmen einer inszenierten Audition-Performance in der

Kategorie Darstellende Kunst der hochkarätigen Jury unter

der Leitung von Maler Attersee und Standesvertreter

Komarek. Begeistert verfolgten die zahlreichen Gäste die

hochkarätigen Performances der Studentinnen und Studenten

aus den Bereichen Schauspiel, Tanz und Gesang.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Präsentation

der „atterseeisierten“ Gewinner-Entwürfe der Studenten

der Modeschule Schloss Hetzendorf in der Kategorie

Angewandte Kunst aus den Bereichen Modedesign und

Grafik. Diese sind bereits Ende Juni bei einer Pressekonferenz

in der Modeschule Schloss Hetzendorf bewertet

und ausgewählt worden.

Attersee – der auch die Award-Trophäe „Wissensdurst“

(Wir erhalten Werte – mehr Wissen macht uns erfolgreich)

kreiert hat und als kreativer Mastermind des Projekts fun-

Alexander Tuma

100 CHECK 2/2019


# austrian art award

Gewinnerinnen

Schülerinnen und Direktorin der

Modeschule Hetzendorf mit Jury.

Alexander Tuma

giert – zeigte sich vom hohen Niveau der Darbietungen und

der Kreativität der mitwirkenden Studentinnen und Studenten

begeistert.

Parallelen: Reinigung & Kunst

Der Austrian Art Award DFG 2019 in der Kategorie

Angewandte Kunst ging an sieben Studenten der Modeschule

Wien im Schloss Hetzendorf sowie in der

Kategorie Darstellende Kunst & Komposition an fünf

Studenten der MUK (siehe Kasten). Sie werden in den

geplanten Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger

Art Image Kampagnen-Filmen unter der Regie von Attersee

mitwirken.

Denn das Projekt soll gleichzeitig ein Impuls dafür sein,

den Menschen klar zu machen, dass die Reinigung von

architektonischen Werken keineswegs nur mit Putzen zu

vergleichen ist.

WKO-Vertreterin Ursula Simacek weiß dies nur zu gut. In

ihrem Unternehmen, Simacek Facility Management, zeigt

sich im Gebäudemanagement Tag für Tag, dass Reinheit

viel mehr als nur Putzen bedeutet. Bei allen Reinigungslösungen

müssen unzählige Regelungen beachtet werden.

Und das ist nur mit den entsprechenden Fachkräften möglich.

In diesem Sinne ist Reinigung eine Kunst.

Kunst wiederum sei ein Kulturprodukt, zieht Ursula

Simacek Parallelen: „Das Ergebnis eines kreativen Prozesses.

Das Kunstwerk steht am Ende dieses Prozesses.“ Mit

der Imagekampagne wolle man die Menschen erreichen,

sie ansprechen. „Dafür haben wir die geeigneten Partner

gefunden“, freut sich die engagierte Unternehmerin.

Vorfreude auf Image-Kampagne

Die Kampagne wurde am 22. Oktober im Allianz Stadion

von Fußballklub Rapid Wien präsentiert. Der Sendebeginn

war im November. Zudem sollen die Spots auch

2020 eingesetzt werden.

„Wir sind sehr stolz darauf, dass dieser Award in dieser

Form zustande gekommen ist“, sagt Komarek abschließend.

„Und wir freuen uns schon sehr auf die Umsetzung

mit den Siegerentwürfen für die Denkmal-, Fassaden- und

Gebäudereiniger in unserer Art Image Kampagne.“

Direktorin Kycelt hält fest: „Es hat unseren Schülerinnen

und Schülern wahnsinnig viel Spaß gemacht, bei diesem

Projekt dabei zu sein. Die Gewinner-Entwürfe zeigen,

dass sich alle intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt

haben. Wir freuen uns schon auf die Umsetzung.“

Auch Rektor Mailath-Pokorny begrüßt, dass mit dem

Austrian Art Award „ein einzigartiger Kunstwettbewerb

ins Leben gerufen wurde, der angewandte und darstellende

Kunst auf besondere Weise miteinander verknüpft.“

CHECK 2/2019

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