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Sessionsheft 2020 der KG Urgemütlich

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Gedanken zum „Fasselowend“*

Es stecken gleich mehrere Sachen in dieser Karnevals-Weisheit:

1. Etwas bekloppt sind wir alle .

2. Wir spinnen auf unterschiedliche Weisen.

3. Damit müssen wir leben, denn wer ist schon gerne normal?!

*Velberter Platt

„Jeder Jeck es angersch“

Ob „Jeder Jeck es angersch“ wirklich so bedingungslos gilt, wage ich anzuzweifeln.

Kostüme machen Menschen nicht automatisch zu besseren – aber auch nicht zu

schlechteren Menschen. Alkohol, laute Musik, Umzüge, Kostüme… Die fünfte Jahreszeit

tickt schon etwas anders, sie ist quasi ein Ausnahmezustand. Auf den einige Leute auch

verzichten könnten, viele davon verbringen diese Tage, zum Beispiel ruhig an der

Nordsee. Spaß auf Knopfdruck, Chaos in den Städten? Man muss kein Fan von Karneval

sein. Trotzdem gibt es auch dabei interessante Traditionen, die man genauer unter die

Lupe nehmen kann. Denn in dieser Zeit geht so einiges, was normalerweise nur schwer

möglich ist.Dazu gehört allen voran die sogenannte Narrenfreiheit. Denn seit langem wird

während des Karnevals Kritik geäußert, die sonst nicht laut wird. Oder die man sich nicht

traut, auszusprechen.Die Tradition reicht zurück bis ins Mittelalter und in die frühe

Neuzeit. Zunächst bezeichnete man jene Menschen als Narren, die geistige oder

körperliche Beeinträchtigungen hatten. Manche Fürsten hielten sich Narren zur

Belustigung an ihren Höfen. Die Bezeichnung Narr hatte eine negative Bedeutung, das

spiegelt sich noch heute in Wörtern wie „vernarrt“ oder „närrisch“ wieder. Später

übernahmen auch Menschen ohne Beeinträchtigungen die Rolle von Narren. Damit ging

zuweilen auch eine politische Funktion einher. Denn gerade zu Zeiten absolutistischer

Herrschaft waren Narren die einzigen, die die Fürsten noch kritisierten. Sie mussten keine

Bestrafung fürchten, weil die Herrscher ihr Gesagtes im Zweifelsfall als „Narretei“ abtaten.

Viele der Narren waren daher bestens über Zeitgeschehen informiert und im ständigen

Austausch mit Hofleuten.

Auch heute gehört zum Karneval, dass man den „Oberen“ seine Meinung sagt.

Regelmäßig werden Politiker*innen Zielscheibe von Spott: Sei es in Form von Parodien,

Motiven von Karnevalswagen oder als Inhalt von Büttenreden. Jede und jeder kriegt sein

Fett weg. Das konnte selbst in der DDR nicht völlig verhindert werden. Eine weitere

Tradition ist der sogenannte Rathaussturm. Bei diesem handelt es sich um eine

symbolische Besetzung des Rathauses durch die Narren. Oft rücken diese mit Musik an,

belagern und „erstürmen“ dann das Gebäude. Unter „Zwang“ händigen

Bürgermeister*innen die Schlüssel zum Rathaus an den Karnevalsprinzen aus. Somit

werden im Karneval die Machtverhältnisse umgekehrt. Die „Herrschenden“ sind abgesetzt,

die Narren (und das Volk) übernehmen die Macht. Wann diese Revolution auf Zeit

begann, ist im einzelnen nicht bekannt. Auch über historische Vorbilder lässt sich

vielerorts leider nichts mehr sagen.Klar ist aber, dass das Um- und Überwerfen von

Hierarchien seit langem zum Karneval gehört. Für viele hat es etwas befreiendes, mal aus

der üblichen Rolle zu fallen. Und vielleicht auch, zu wissen, dass es nach ein paar Tagen

in gewohnter Weise weitergeht.

Egal, ob verkleidet oder nicht, im Trubel oder aus dem Staub gemacht: Närrisch sind wir

alle ein bisschen. Und deshalb wünsche ich allen Jecken eine fröhliche Zeit

Ein Narr der so denkt

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