Kosten von heute sind der Gewinn von morgen - Metapipe
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<strong>Kosten</strong> <strong>von</strong> <strong>heute</strong> <strong>sind</strong> <strong>der</strong> <strong>Gewinn</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>morgen</strong><br />
KARL-HEINZ FELDMANN<br />
Die EU-Kommission weist europaweit<br />
<strong>der</strong> Industrie den Weg zur Halbierung<br />
<strong>der</strong> Druckluftkosten. Im folgenden<br />
Kommentar nimmt Karl-<br />
Heinz Feldmann, Geschäftsführer<br />
<strong>der</strong> <strong>Metapipe</strong> Rohrsystem und Vertriebs<br />
GmbH und Autor zahlreicher<br />
Bücher und Veröffentlichungen zum<br />
Thema „Druckluftverteilung“, zu<br />
dieser EU-Studie Stellung. Redaktion<br />
Natürlich ist die EU-Kommission nicht ein<br />
Dienstleistungsunternehmen für die Industrie<br />
wie eine Energieagentur, um in teuren<br />
Studien unsinnige Energievergeudungen zu<br />
brandmarken. Der Anlass <strong>der</strong> vorerwähnten<br />
Studie, die für Deutschland vom renommierten<br />
Fraunhofer ISI in Karlsruhe erstellt<br />
wurde, ist die Einsparung <strong>von</strong> Ressourcen<br />
zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes,<br />
des Treibhauseffektes, <strong>der</strong> Ozonbildung<br />
– also zur Erhöhung unserer Lebensqualität.<br />
Als Nebenprodukt gibt es quasi die Bestätigung,<br />
dass in 80 <strong>von</strong> 100 Betrieben die<br />
teure Sekundärenergie Druckluft zuhauf<br />
vergeudet wird. Den am häufigsten angetroffenen<br />
Revisionsbedarf mit dem zugleich<br />
größten Spareffekt sieht die Studie in <strong>der</strong><br />
Druckluftverteilung, also auf dem Weg <strong>der</strong><br />
Luft vom Kompressor zum Verbraucher.<br />
Sehr mo<strong>der</strong>at werden für Leckagen 20%<br />
genannt und für Druckabfälle 3%. Letzteres<br />
muss aber ein Erhebungsfehler sein,<br />
denn diese 3% entsprechen einem Druckabfall<br />
<strong>von</strong> 0,3 bar. In <strong>der</strong> Praxis treffen wir<br />
aber Druckabfälle zwischen 1 und 3 bar, also<br />
zwischen 8 und 30% an. Die desolate Situation<br />
eines Teils <strong>der</strong> Drucklufttechnik ist<br />
eigentlich seit Jahrzehnten nicht neu, ebenso<br />
wenig wie die löchrigen Druckluftnetze<br />
als aktive Verkaufshilfe für Kompressoren.<br />
Die Nachfrage- als auch die Anbieterseite<br />
<strong>sind</strong> in ihren Zuständigkeiten bzw. in ihrem<br />
Angebotsprogramm so zersplittert, dass <strong>der</strong><br />
Käufer, wenn er nicht alles aus einer Hand<br />
bekommt, die Verantwortung für die<br />
Schnittstellen trägt. Der Verkäufer <strong>von</strong><br />
Kompressoren wird sich in <strong>der</strong> Regel nicht<br />
um den Zustand <strong>der</strong> Druckluftverteilung<br />
kümmern.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite möchte ich davor<br />
warnen,<br />
dass<br />
gleichzeitig<br />
mit Bekanntwerden<br />
<strong>der</strong><br />
Studie je<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong><br />
auch vorher<br />
im<br />
Markt<br />
Agierendenplötzlich<br />
zum<br />
Ganzheitstherapeuten<br />
für<br />
Karl-Heinz Feldmann<br />
Druckluft<br />
mutiert.<br />
Wenn die Fachkompetenz z. B. in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
fehlte, dann ist sie vermutlich<br />
auch jetzt nicht präsent. Wer jetzt unter<br />
dem Stichwort „Leckagen“ versucht, Kondensatabschei<strong>der</strong>,<br />
Aufbereitungsteile zu<br />
verkaufen o<strong>der</strong> gar zum Druckluft-Contracting<br />
zu raten, unterschätzt die Käufer.<br />
Denn eines wird die Studie in jedem Fall erreichen:<br />
Sie ist ein Anstoß, die Kenntnisse<br />
und Sensibilität <strong>der</strong> Verbraucher zu erhöhen.<br />
Die ziemlich bei allen anzutreffende Situation<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Schwachpunkte in<br />
<strong>der</strong> Drucklufttechnik hat den sonst kostenmäßigen<br />
Wettbewerb einer technischen<br />
und wirtschaftlichen Optimierung verhin<strong>der</strong>t,<br />
ebenso die nicht auf <strong>Kosten</strong>einsparung<br />
ausgerichtete betriebliche Organisation.<br />
Wer bei zurückgehen<strong>der</strong> Konjunktur,<br />
schärferem Wettbewerb, eventuell steigenden<br />
Energiepreisen bei Druckluftkosten<br />
in Höhe <strong>von</strong> 1 Mio. DM per anno 500000<br />
DM sparen kann, wird diesen Spareffekt<br />
nunmehr schneller realisieren.<br />
Die Studie trifft neben den Effizienzgewinnen<br />
eine sehr wesentliche Feststellung,<br />
nämlich dass die Wartungsleute in den Betrieben<br />
eigentlich nicht die richtigen Ansprechpartner<br />
für die Energieeinsparung<br />
<strong>sind</strong>. Ihr Ziel ist es, einen einwandfreien<br />
Lauf des Betriebes zu gewährleisten, und<br />
dazu gehören ausreichende und teure<br />
MW-Installationen bei <strong>der</strong> Erzeugung <strong>der</strong><br />
Luftmenge sowie eine hohe Verdichtungsstufe,<br />
um Leckagen und Druckabfälle alle<br />
zu kompensieren. Erschwerend kommt hinzu,<br />
dass oft die Zuständigkeit z. B. zwischen<br />
Drucklufterzeugung und Druckluftverteilung<br />
nicht zusammengefasst ist und die irrige<br />
Vorstellung vorherrscht, dass Betriebs-<br />
VERTEILUNG<br />
kosten bei <strong>der</strong> Druckluftverteilung eigentlich<br />
nicht anfallen. Hier legt die Studie nahe,<br />
den Geschäftsführungen und Betriebsleitern<br />
die Situation deutlich zu machen<br />
und Zuständigkeiten und <strong>Kosten</strong>kontrollen<br />
zu konzentrieren.<br />
Luftaufklärung tut Not<br />
Um zu wissen, auf welchen Wegen die Wirkung<br />
<strong>der</strong> Druckluftenergie verpufft, ist es<br />
notwendig, ein simples Rohrschema zu erstellen,<br />
ähnlich wie eine Straßenkarte mit<br />
Haupt- und Nebenstraßen. Eine erfahrene<br />
Fachfirma kann daraufhin ohne große<br />
Mühe unter Annahme <strong>von</strong> Druckabfällen<br />
nach dem Stand <strong>der</strong> Technik die Volumenströme<br />
aufzeigen, die durch diese Leitung<br />
gehen. Ein solches Rohrschema ist obligatorisch<br />
zur Diagnose und Verbesserung <strong>der</strong><br />
Leistungsstruktur eines Rohrnetzes. Überall<br />
dort, wo <strong>der</strong>artige Dokumentationen<br />
fehlen, dürfte die Druckluftverteilung im<br />
Argen liegen – nämlich in 80 <strong>von</strong> 100 Betrieben.<br />
Diese Rohrschemata können auch<br />
schrittweise untersucht werden, quasi <strong>von</strong><br />
den Hauptverkehrsstraßen bis hin zu den<br />
Nebenstraßen, und <strong>sind</strong> nur als Systemskizzen<br />
notwendig. Es interessieren bei<br />
dem Schema keine Formteile und keine Armaturen.<br />
Wem guter Rat bisher zu teuer<br />
war, <strong>der</strong> kann kostenlos (solange <strong>der</strong> Vorrat<br />
reicht) als freundliche Geste <strong>der</strong> Atlas Copco<br />
Tools Europe GmbH (E-Mail:<br />
actools.de@atlascopco.com) ein Taschenbuch<br />
(190 Seiten, reich bebil<strong>der</strong>t) mit dem<br />
Titel „Druckluftverteilung in <strong>der</strong> Praxis“ anfor<strong>der</strong>n.<br />
Sollten diese Informationen nicht<br />
reichen, gibt die Infobox im Internet unter<br />
www.metapipe.de weitere Hilfestellung<br />
über Literatur, Seminare und News.<br />
Die teuerste Luft ist die, die<br />
verloren geht<br />
Die Studie zeigt auf, dass bei 80% aller Betriebe<br />
Leckagen <strong>von</strong> 20% existieren. Nach<br />
meinen 25-jährigen Erfahrungen bewegt<br />
sich <strong>der</strong> Leckagenanteil eher zwischen 25<br />
und 35%. Das Leckagepotenzial festzustellen<br />
ist <strong>heute</strong> sehr einfach, das kann je<strong>der</strong><br />
Betrieb selbst. Darüber gibt es ausreichende<br />
Literatur o<strong>der</strong> die Hilfe <strong>von</strong> Spezialisten.<br />
Die Feststellung <strong>der</strong> Leckagen in <strong>der</strong> Gesamtheit<br />
sollte im Prinzip nicht teurer werden<br />
als 2000 DM. Bei <strong>der</strong> Schnellermittlung<br />
<strong>der</strong> Leckagen ist zu beachten, dass dort die<br />
Betriebsstundenzahl 8750 Bh/a beträgt, das<br />
DRUCKLUFTTECHNIK 7-8/2001 55
VERTEILUNG<br />
heißt die Leckagen <strong>sind</strong> die fleißigsten Arbeiter:<br />
ohne Krankheit und Urlaub und arbeiten<br />
das ganze Jahr!<br />
Überverdichtung ist wie<br />
Geldentwertung<br />
Hier gibt es in <strong>der</strong> Studie, wie schon erwähnt,<br />
einen Schwachpunkt, als festgestellt<br />
wird, dass 50% <strong>der</strong> Befragten jeweils einen<br />
Druckabfall <strong>von</strong> nur 3% angeben. Diese 3%<br />
Druckabfall entsprechen einem Wert <strong>von</strong><br />
etwa 0,3 bar beim Fließdruck. Das ist <strong>der</strong><br />
Druckabfall, <strong>der</strong> <strong>heute</strong> (lei<strong>der</strong>) überwiegend<br />
bei billigen Schnellkupplungen anfällt.<br />
Die „80-%-Betriebe“, die sich wahrscheinlich<br />
jahrzehntelang nicht um ihre Druckluftverteilung<br />
gekümmert haben, haben sicher<br />
auch die Flaschenhälse nicht beachtet.<br />
Insi<strong>der</strong> gehen da<strong>von</strong> aus, dass die<br />
Druckabfälle sich zwischen 1 und 3 bar bewegen<br />
und somit logischerweise zu Kompensationen<br />
zwischen 8 und 30% führen.<br />
Nicht alles was rund ist, ist als<br />
Druckluftrohr zu gebrauchen<br />
In <strong>der</strong> Praxis ist ein Materialmix üblich,<br />
z. B. Stahl, Kupfer, geschraubt, geschweißt,<br />
und nach dem Motto: je länger, je dünner.<br />
Zu empfehlen <strong>sind</strong> korrosions- und oxydationsfeste<br />
Premium-Rohrsysteme (speziell<br />
für Druckluft), z. B. aus Kunststoff, die<br />
auch in <strong>der</strong> Raumfahrt (Ariane 5) verwendet<br />
werden. Hohe mechanische Festigkeiten,<br />
erprobte chemische Beständigkeiten,<br />
hoher Sicherheitskoeffizient, lange Lebensdauer<br />
(z. B. 50 Jahre), einsetzbar innen und<br />
außen <strong>von</strong> –20 bis +50 °C, das komplette<br />
System aus einem Material, alles im bisherigen<br />
Preisrahmen reduzieren technische<br />
und wirtschaftliche Risiken (Stillstände,<br />
Ausfälle). Vor zweckentfremdeten Heißund<br />
Kaltwasserrohren sei gewarnt. Entwe<strong>der</strong><br />
besteht die Gefahr bei aggressiver<br />
Druckluft, dass es zu Problemen mit <strong>der</strong><br />
Festigkeit kommt o<strong>der</strong> sie nicht belastbar<br />
im Außeneinsatz bzw. nicht beständig gegen<br />
UV-Strahlen.<br />
<strong>Kosten</strong>günstige Druckluft beginnt<br />
mit dem richtigen Druckluftnetz<br />
So interessant die Feststellungen natürlich<br />
<strong>sind</strong>, dass rund 10% <strong>der</strong> elektrischen Energie<br />
in <strong>der</strong> Industrie für die Herstellung <strong>der</strong><br />
Sekundärenergie Druckluft angewendet<br />
werden und allein in Deutschland jährlich<br />
14000000000 kWh eingespart werden können,<br />
so interessiert den einzelnen Betrieb<br />
nur, in welchem Rahmen sich die Druckluftkosten<br />
bei ihm bewegen. Da 75% <strong>der</strong><br />
Druckluftkosten Energiekosten <strong>sind</strong>, ist es<br />
für jeden Energiemanager schnell möglich,<br />
über die installierte Leistung, die Betriebsstundenzahl<br />
und den kWh-Preis eine überschlägige<br />
<strong>Kosten</strong>berechnung anzustellen.<br />
Bewegen sich die Druckluftkosten in einer<br />
absoluten Höhe, wo eine Halbierung interessant<br />
erscheint, dann empfiehlt es sich<br />
die ersten Schritte zur Diagnose und Therapie<br />
zu tun.<br />
Die Sanierungskosten betragen oft nur<br />
einen Bruchteil <strong>der</strong> jährlichen Verluste.<br />
56 DRUCKLUFTTECHNIK 7-8/2001<br />
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Sanierungskosten<br />
sehr kurze Amortisierungszeiten<br />
haben, z. B. innerhalb <strong>von</strong> einem<br />
o<strong>der</strong> zwei Jahren. Das hängt da<strong>von</strong> ab, ob<br />
nur Teile eines Netzes ausgewechselt werden<br />
müssen o<strong>der</strong> es sich empfiehlt, ein<br />
ganzes Rohrnetz auszuwechseln. Es ist<br />
nicht damit getan, ein undichtes Rohrnetz<br />
abzudichten, um dann festzustellen, dass<br />
die Nennweiten nicht stimmen und dass<br />
<strong>der</strong> unzureichende Rohrwerkstoff die Luft<br />
durch Korrosion, Weißrost etc. so beeinträchtigt,<br />
dass ein zusätzlicher teurer Aufbereitungsaufwand<br />
notwendig ist.<br />
Zur Tat sollte erst geschritten werden,<br />
wenn die drei Punkte Luftqualität, Rohrwerkstoff<br />
und Druckabfall betrachtet wurden.<br />
Dann ist es möglich, im Sinne einer<br />
ganzheitlichen Sanierung, gleich ein korrosions-<br />
und oxydationsfreies Rohrsystem mit<br />
den richtigen Nennweiten und absolut<br />
dichten Rohrverbindungen zu installieren.<br />
Eine reine Leckagebeseitigung mit anschließen<strong>der</strong><br />
Engpassbeseitigung und folgendem<br />
Wechsel im Rohrwerkstoff hilft nur<br />
den Anbietern.<br />
Zusammenfassung<br />
Die EU-Studie zeigt, dass Druckluftkosten<br />
mit entsprechendem Know-how durchaus<br />
halbiert werden können. Der Hauptschwachpunkt<br />
<strong>der</strong> Energieverluste <strong>sind</strong><br />
vergessene Druckluftverteilungen. Vor dem<br />
Hintergrund <strong>der</strong> Unwissenheit bzw. organisatorischer<br />
Mängel <strong>der</strong> Betreiber wurden<br />
diese Verluste bisher teuer kompensiert<br />
durch die Investition zusätzlicher Kompressoren.<br />
Mit <strong>der</strong> Aktion „Druckluft effizient“<br />
(www.druckluft-effizient.de) sollen die Betreiber<br />
informiert und sensibilisiert werden.<br />
Der Akzent <strong>der</strong> Information muss in Richtung<br />
Geschäftsführer bzw. Betriebsleiter<br />
zielen, die solche sich schnell amortisierenden<br />
Investitionen initiieren können. Wenn<br />
dadurch bis 5% des Stromverbrauchs in<br />
<strong>der</strong> deutschen Industrie vor dem Hintergrund<br />
<strong>der</strong> auf lange Sicht doch wie<strong>der</strong> steigenden<br />
Energiekosten gesenkt werden<br />
können, dann hat <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong>standort<br />
Deutschland zumindest temporär einen beachtlichen<br />
<strong>Kosten</strong>vorteil.<br />
METAPIPE 245<br />
Literaturhinweis:<br />
Compressed Air Systems in the European Union,<br />
ISBN 3-932298-16-0, Stuttgart, 2001 (P. Radgen, E.<br />
Blaustein) zu beziehen über Fraunhofer ISI in<br />
Karlsruhe o<strong>der</strong> den Buchhandel; Preis: 78 DM; Online-Ausgabe<br />
unter www.isi.fhg.de/e/<br />
Werkbild: <strong>Metapipe</strong> Rohrsysteme und Vertriebs<br />
GmbH, D-44135 Dortmund