05.03.2020 Aufrufe

2020-Kuso-Motto-web_e

"Kompass Europa: Nordlichter" ist das Motto für den Kultursommer Rheinland-Pfalz 2020. 50 ausgewählte Projekte sind zusammen mit Texten und Illustrationen zu den verschiedenen Ländern in dieser Publikation „Nordlichter“ zu finden. Mehr unter www.kultursommer.de

"Kompass Europa: Nordlichter" ist das Motto für den Kultursommer Rheinland-Pfalz 2020. 50 ausgewählte Projekte sind zusammen mit Texten und Illustrationen zu den verschiedenen Ländern in dieser Publikation „Nordlichter“ zu finden. Mehr unter www.kultursommer.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

NORDLICHTER

ESTLAND

27

übertraf im Januar das Bruttosozialprodukt der Schweiz. Seit

einiger Zeit lässt sich außerdem beobachten, wie Konzerne der

Industrie 4.0 in der physischen Welt Aufgaben übernehmen, die

klassischerweise vom Gemeinwesen geleistet werden. So baut

Airbnb in Japan Gemeindezentren, Google modernisiert in den

USA die Verkehrsinfrastruktur. (…) Wenn aber IT-Firmen die Rolle

von Staaten übernehmen, sollten Staaten sich dann nicht umgekehrt

an den erfolgreichen Geschäftspraktiken der IT-Firmen

orientieren?

Die estnische Antwort lautet eindeutig ja. CAAS, Country

As A Service, heißt das Konzept, mit dem Estland sich als Plattform

anpreist und seine Bürger wie auch e-Bürger unverhohlen

als Kunden anspricht. „We run this country like a start-up“, heißt

es auf einer offiziellen Website der Regierung. (...) Ebenso wie

die estnische Erfindung Skype das globale Telefongeschäft revolutioniert

hat, soll e-Government das klassische Regierungsgeschäft

ablösen. Klassische Regierungen sind nämlich weder

effizient noch user friendly. Country As A Service macht dagegen

den Kunden zum König. Je nach Bedarf und Präferenz soll der

globale Bürger künftig seinen Staat „so einfach wie seinen

Mobilfunkanbieter wechseln“ können. Immer schön virtuell, versteht

sich. Wären die Esten nicht so wahnsinnig sympathische

Menschen, man würde denken, sie wollten die Demokratie abschaffen.

In Estland sieht man das selbstredend anders. Nach

einer Jahrhunderte währenden Unterdrückung des Volkes durch

Russen und Deutsche steht die Neuerfindung der Nation als

benutzerfreundliches Dienstleistungsunternehmen am Anfang

der erfolgreichen Selbstbestimmung des kleinen Landes. Der

Staat begreift sich als digital by default: 99 Prozent aller staatlichen

Services sind online, 900 Institutionen samt Datenbanken

vernetzt, jeder Este hat eine e-ID, es gibt e-Health-Care, e-Schools

und es wird online gewählt. Internetzugang ist in Estland ein

verbrieftes „soziales Recht“, in allen öffentlichen Gebäuden

und an vielen Landbushaltestellen gratis. Tatsächlich gibt es

in keinem europäischen Land pro Kopf so viele Start-ups wie

hier, und Firmen wie Skype und TransferWise haben dem Land

seit der Unabhängigkeit 1991 durchaus bescheidenen Reichtum

gebracht. Mit e-Residents ließe sich dieser exponentiell

steigern. (…)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!