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Jeunesse Abos Wien 2020-21

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abo 15<br />

Himmel und Hölle<br />

Musik berührt uns im Innersten, sie erhöht uns und sie<br />

hält der Welt den tönenden Spiegel vor – ein Selbstversuch<br />

in sechs Stationen zwischen »Himmel und Hölle«.<br />

10.4.<br />

Wiebke<br />

Lehmkuhl<br />

Moskau, 28. Jänner 1936: In der »Prawda«<br />

erscheint der Artikel »Chaos statt Musik«,<br />

in dem Dmitri Schostakowitsch öffentlich<br />

des Formalismus angeprangert wird;<br />

eine direkte Reaktion Stalins auf die<br />

Modernität in der Oper »Lady Macbeth<br />

von Mzensk«. Schostakowitsch befand<br />

sich in dieser Zeit mitten in der Komposition<br />

seiner Symphonie Nr. 4. Später<br />

sollte er gestehen, dass dieser Partitur die<br />

ganze Angst und der Schrecken dieser Zeit<br />

eingeschrieben sind. »In der Periode war<br />

ich dem Selbstmord nahe«, schrieb der<br />

Komponist in seinen Memoiren. »Die Gefahr<br />

schreckte mich und ich sah keinen Ausweg.«<br />

Schließlich zog Schostakowitsch das Werk<br />

im Dezember 1936 zurück; die Uraufführung<br />

sollte erst 1961 in Moskau stattfinden.<br />

Musik ist ein tönender Seismograph, der<br />

unsere stärksten Gefühle, tiefste Verzweiflung<br />

und höchstes Glück, in klingende Emotionen<br />

verwandelt. Richard Strauss war<br />

noch keine 25 Jahre alt, als er 1890 mit der<br />

Tondichtung Tod und Verklärung einen<br />

wahren Triumph feiern konnte. Drei Jahrzehnte<br />

später verarbeitete Maurice Ravel<br />

das Trauma des Ersten Weltkriegs in<br />

La Valse. Das Stück »ist wie ein Zug: viel<br />

Geschwindigkeit, direkt auf eine Wand zu<br />

– und die Wand ist der Erste Weltkrieg«,<br />

sagt der Dirigent Stéphane Denève. Er<br />

steht bei »La Valse« am Pult der <strong>Wien</strong>er<br />

Symphoniker. Diese musizieren mit<br />

Manfred Honeck das von tschechischen<br />

Volksliedern durchwobene Stabat Mater<br />

von Antonín Dvo ák, welches mit der<br />

Verheißung des Paradieses ausklingt. Turbulenter<br />

geht es beim Konzert für japanische<br />

Trommeln von Isao Matsushita zu, wenn<br />

das Waseda Symphony Orchestra »Die<br />

Rettung aus dem Himmel« verkündet; eine<br />

Vision, der sich auch Amarcord <strong>Wien</strong><br />

anschließt, in einer wienerischen Variante,<br />

dem »Leopoldstädter Testament«.<br />

28.5.<br />

Stéphane<br />

Denève<br />

46 | Himmel und Hölle

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