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Evangelische Kirchenzeitung Dez. 2019

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„Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Markus 9,24)<br />

Jedes Jahr wird von der Ökumenischen<br />

Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen ein Bibelvers als<br />

Jahreslosung ausgewählt. Für das Jahr 2020 fiel die<br />

Wahl auf das Markusevangelium – der kurze Vers hat<br />

den Glauben im Mittelpunkt, und das ist gut so!<br />

„Der Glaube ist der Anfang aller guten Werke” –<br />

dieses Zitat geht auf Martin Luther zurück. Für den<br />

Reformator war der Glaube an Gott zentral. Sola<br />

fide, was aus dem Lateinischen übersetzt „allein aus<br />

Glauben” bedeutet, wurde so zu einer Grundlage<br />

seiner reformatorischen Lehre, woraus sich die<br />

<strong>Evangelische</strong> Kirche entwickelte.<br />

Nun könnte man meinen, dass dieser Grundsatz<br />

Luthers im 21. Jahrhundert verloren gegangen ist. Es<br />

scheint so, als wäre der Glaube aus der Öffentlichkeit<br />

verschwunden, da er zu wenig Aussagekraft hat. In<br />

einer aufgeklärten Welt, die so rasant fortschreitet<br />

wie das aktuelle Zeitalter, passt der Glaube wohl<br />

nicht mehr ins Bild - denn „Glauben hat ja mit Wissen<br />

nichts zu tun.” Diese Vorurteile sind nicht selten zu<br />

bemerken. Umgangssprachlich ist „an etwas glauben“<br />

ein Ausdruck für Unentschlossenheit geworden: wir<br />

sind uns nicht ganz sicher, aber es könnte vielleicht,<br />

womöglich, irgendwie, doch so sein.<br />

Der Glaube, den Martin Luther vor über 500 Jahren<br />

in einer für die Menschen sehr schwierigen Zeit<br />

wiederentdeckte, hat mit dieser umgangssprachlichen<br />

Bedeutung nur wenig gemeinsam. Er ist eben kein<br />

Ausdruck für „weiß nicht genau, kann schon sein”,<br />

sondern eine besondere Sicht auf diese Welt, eine<br />

Lebenseinstellung, eine Grundmotivation und nicht<br />

selten auch ein Perspektivenwechsel.<br />

Das soll nicht bedeuten, dass der Glaube ein<br />

überhebliches Besserwissen über vermeintlich<br />

„Ungläubige” ist: ich kann dir genau sagen, wie es mit<br />

Gott bestellt ist. Das würde Martin Luther vehement<br />

zurückweisen. Denn Gott ist nicht ein gewöhnliches<br />

Objekt, das man unter der Lupe begutachten kann,<br />

um andren Menschen eine exakte Beschreibung zu<br />

geben. Vielmehr ist der Glaube an Gott etwas, das<br />

immer wieder neu entdeckt werden kann – das sich<br />

verändert, sich dem Leben stellt, auch ein Auf und<br />

Ab ist. Genau das macht den Glauben zu etwas<br />

Lebendigem und Aktivem, das den Menschen mit all<br />

seinen Sinnen motiviert und in den verschiedensten<br />

Lebenslagen zum Begleiter wird.<br />

„Glauben ist ein Geschenk Gottes in unsrem<br />

Herzen“ – auch diese Worte werden Martin Luther<br />

zugeschrieben. Und auch dieser Satz hat etwas<br />

Befreiendes. Ein Geschenk muss man nicht erst<br />

verdienen oder als Gegenleistung bekommen,<br />

sondern ein Gegenüber will dir damit etwas Gutes<br />

tun. Im Falle des Glaubens ist es eine Hilfe, die dem<br />

Menschen angeboten wird.<br />

Auf dieses Angebot einzugehen bedeutet auch ein<br />

Wagnis: ein Vertrauen auf etwas über den Dingen, so<br />

wie wir sie derzeit sehen können – ein Vertrauen auf<br />

Gott! Dieses Vertrauen und diese Hoffnung, die aus<br />

diesem Geschenk erwachsen, leben wir miteinander<br />

in unserer Pfarrgemeinde und in unserer Kirche. So<br />

machen wir gemeinsam unseren Glauben zu etwas,<br />

was uns stärkt und begleitet – es ist schön, dass dieses<br />

Geschenk für alle offen ist.<br />

Ihr Administrator Pfarrer Gregor Schmoly

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